Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 963/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 841/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1959 geborene Klägerin, die im Laufe ihres Berufslebens verschiedene angelernte Tätigkeiten verrichtet hat, nach den vorliegenden Angaben zuletzt als Küchenhilfe, war im Zeitraum von September 1975 bis August 2008 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie arbeitslos. Seit 1. November 2009 bezieht sie - unterbrochen durch eine Beschäftigung vom 1. April bis 30. September 2011 - Arbeitslosengeld II. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Gesamtkontospiegel vom 8. September 2015 verwiesen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 3. September 2015 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2015 und Widerspruchsbescheid vom 26. April 2016 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidung waren Berichte behandelnder Ärzte sowie ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und u.a. Sozialmedizin Dr. R. vom 9. November 2015 (psychischer Befund: u.a. bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich, zur Situation und Person orientiert, Stimmungslage euthym, affektive Schwingungsfähigkeit regelrecht, keine Störung der Vitalgefühle, kein Hinweis auf gesteigerte Ängstlichkeit oder gesteigerte Reizbarkeit, zwanghafte Züge, Antrieb und Eigeninitiative nicht beeinträchtigt, keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, keine überwertigen Ideen oder Ich-Störungen, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Störungen der formalen Denkabläufe, in den Ausführungen sehr weitschweifend, und ins Detail gehend, verhaftend in der Überbewertung geringer gesundheitlicher Veränderungen, keine mnestischen Störungen, weder im Langzeit-/Kurzzeitgedächtnis noch der Merkfähigkeit, keine Störung der Aufmerksamkeit, Konzentration oder des Reaktionsvermögens, Psychomotorik regelrecht; Diagnosen: akzentuierte Persönlichkeitszüge; ansonsten keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen; Einschränkungen, die bei der zuletzt ausgeübten oder vergleichbaren Tätigkeiten zum Tragen kämen, lägen nicht vor; die Klägerin könne Tätigkeiten einer Haushaltshilfe oder entsprechende Arbeiten sowie bis zu mittelschwere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten).
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat die Klägerin am 2. Mai 2016 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und auf Diagnosen in den vorliegenden diversen Arztberichten verwiesen sowie geltend gemacht, auf Grund dessen sei ihre Leistungsfähigkeit aufgehoben. Im Übrigen sei auch keine Tätigkeit benannt, die sie noch zu verrichten in der Lage sein sollte. Es bestehe bei ihr eine schwere spezifische Leistungseinschränkung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Ferner habe die Beklagte keine Ermittlungen zur Frage der Berufsunfähigkeit angestellt. Auf Nachfrage hat sie erklärt, sie sei nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat Auskünfte von benannten behandelnden Ärzten als sachverständige Zeugen eingeholt. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben unter Beifügung von Arztbriefen der Allgemeinmediziner Dr. S. am 22. Juli 2016 (die Leiden auf orthopädischem Gebiet stünden im Vordergrund, eine Beurteilung des Leistungsvermögens sei nicht möglich), die Gynäkologin Dr. K. am 24. Juli 2016 (sporadisch gynäkologische Betreuung, aus gynäkologischer Sicht keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit erkennbar) und der Orthopäde Dr. N. am 8. August 2016 (u.a. chronisches HWS-Syndrom, rezidivierende HWS-Blockierung, sternosymphysale Belastungshaltung, Rizarthrose, beginnende Gonarthrose, retropatellare und mediale Chondropathie, Coxarthrose II. Grades beidseits, Hallux regidus rechts, Tallonaviculararthrose links, chronische Achillodynie links, Senkspreizfüße, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Postmenopausesyndrom, chronischer Stress; eine leichte körperliche Tätigkeit könne drei bis unter sechs Stunden durchgeführt werden) berichtet.
Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie (mit Qualifikation in der psychosomatischen Grundversorgung) Dr. B. vom 27. Dezember 2016 eingeholt. Dieser hat die Angaben der Klägerin u.a. zu ihren Beschwerden sowie die von ihm und den behandelnden Ärzten erhobenen relevanten Befunde referiert. Nach Auswertung dessen hat er die Diagnosen chronisches ortsständiges cervicales Wirbelsäulen (WS)-Syndrom ohne Funktionsbehinderung der HWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, geringfügige funktionell bedeutsame WS-Fehlstatik, funktionelles Schulter-Arm-Syndrom ohne Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei initialer Schultereckgelenksarthrose beidseits, initiale Radiocarpalarthrose und initiale Rhizarthrose sowie vereinzelte diskrete Fingergelenksarthrosen beidseits ohne Funktionsbehinderung der Handgelenke und der Hände, Coxalgie rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks bei initialer Coxarthrose beidseits, initiale Gonarthrose beidseits ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch synoviale Reizerscheinungen bei Patelladysplasie beidseits und Spreizfuß-Deformität beidseits bei Zehendeformität ohne Funktionsbehinderung der Füße gestellt. Außerhalb des orthopädischen Fachgebietes bestünden ein V.a. Persönlichkeitsstörung, eine Anpassungsstörung, rezidivierende tachykarde Rhythmusstörungen (nicht gesichert) und eine Dranginkontinenz sowie eine allergische Diathese, klimakterische Beschwerden und ein Z.n. Hysteroskopie und Abrasio bei Polypenentfernung, ein Z.n. Appendektomie (2013) und ein Z.n. Entfernung eines Atheroms am Kopf (2013) gestellt. Zusammenfassend sei auch nach ausführlicher und sorgfältiger retrospektiver Analyse des gesamten medizinischen Akteninhalts letztlich keine plausible medizinische Begründung für eine Herabminderung des zeitlichen Leistungsvermögens erkennbar. Die Funktion der WS sei unauffällig. Auch im Bereich der oberen Gliedmaßen fänden sich keine wesentlichen Einschränkungen und auch an den unteren Extremitäten bestünden nur qualitative Einschränkungen und sei eine quantitative Leistungsminderung zweifellos nicht begründbar. Die relevanten Befunde im Bereich des Haltungs- und Bewegungsapparates könnten keine zeitliche Leistungsminderung begründen. Der orthopädische Befund sei relativ banal und rechtfertige insofern allenfalls qualitative Einschränkungen. Die Klägerin könne aus orthopädischer Sicht zweifelsfrei leichte körperliche Tätigkeiten - ohne Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, gebückte, vornüber geneigte oder sonstige Zwangshaltung des Achsorgans, Tätigkeiten in Rückneigung des Kopfes und Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten mit Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, ständiges Knien oder Hocken, überwiegendes Stehen oder Gehen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen sowie auf unebenem Untergrund, Einwirkungen durch Nässe, Kälte und Zugluft, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung - wie z.B. auch Tätigkeiten einer Bürogehilfin, Tätigkeiten in der Lampenmontage, wie früher ausgeübt, sowie Kontrolltätigkeiten, noch vollschichtig verrichten. Dr. R. habe bereits akzentuierte Persönlichkeitszüge angenommen. Dem sei zuzustimmen. Allerdings ergäben sich keine Hinweise auf eine hochgradig krankheitswertige psychopathologische Störung. Es dürfte vielmehr von einer Anpassungsstörung auszugehen sein. Ob hier eine weitere gutachterliche Klärung vorzunehmen sei, werde ins Ermessen der Kammer gestellt. Er gehe davon aus, dass sich die Verdachtsdiagnosen einer Persönlichkeitsstörung und Anpassungsstörung sehr wahrscheinlich bestätigen lassen werde. Gleichwohl dürfte daraus allenfalls eine qualitative Leistungseinschränkung abzuleiten sein. Hinweise für eine schwere krankhafte psychische Störung als Grundlage einer zeitlichen Leistungsminderung ergäben sich weder anhand der Aktenlage, noch anhand seiner Begutachtung. Eine zwingende Notwendigkeit einer entsprechenden Begutachtung sehe er nicht.
Die Beklagte hat hierzu noch eine Stellungnahme von Dr. Jöst vom 26. Januar 2017 vorgelegt, der sich im Wesentlichen Dr. B. angeschlossen hat und ebenfalls von keiner quantitativen oder wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkung ausgegangen ist. Soweit Dr. B. auf die auch von Dr. R. beschriebene Persönlichkeitsakzentuierung verwiesen habe, resultiere daraus allenfalls eine qualitative Einschränkung. Dr. R. habe keine leistungsmindernde psychische Störung festgestellt. Ein psychiatrisches Gutachten sei insofern auch nicht erforderlich.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2017 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Die Klägerin könne bei Beachtung - weiter dargelegter - qualitativer Einschränkungen jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufs, der allenfalls als Anlerntätigkeit des unteren Bereiches zu qualifizieren sei, zumutbar seien, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Im Übrigen wären ihr auch Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiterin unter Berücksichtigung ihrer Einschränkungen möglich, ebenso die Tätigkeit einer Pförtnerin an der Nebenpforte. Sie sei auch in der Lage, einen Arbeitsplatz zu erreichen und es liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten des Dr. B., der lediglich eine qualitative Leistungsminderung, nicht aber eine solche quantitativer Art festgestellt habe. Soweit er auf mögliche Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet hingewiesen habe, begründeten solche auch keine weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens und bestehe auch kein Anlass zu weiteren Ermittlungen, zumal die Klägerin weder in nervenärztlicher Behandlung sei, noch eine entsprechende Therapie stattfinde und auch die zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten auf nervenärztlichem Gebiet nicht versucht bzw. nicht ausgeschöpft wären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 1. März 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. März 2017 Berufung eingelegt. Sie zitiert die in vorliegenden ärztlichen Äußerungen genannten Diagnosen und macht geltend, sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen keine sechs Stunden täglich arbeiten. Auf Grund der von Dr. B. beschriebenen Einschränkungen bestehe auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die die Benennung einer konkreten Tätigkeit erforderlich mache. Im Übrigen hätte das SG auch ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten einholen müssen, nachdem Dr. B. von einer Persönlichkeitsstörung und einer Anpassungsstörung ausgehe. Ergänzend hat sie hierzu auf Nachfrage angegeben, sie sei seit der Rentenantragstellung nicht in psychiatrischer Behandlung. Außerdem hat die Klägerin ein Schreiben des Arztes für Augenheilkunde Dr. Ö. vom 23. Mai 2017 vorgelegt (Diagnosen: Sicca-Syndrom, Hyperopie beidseits; Empfehlung: jährliche Kontrollen bei altersentsprechendem Befund, Tränenersatzmittel zur Befeuchtung der Hornhaut).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2017 und den Bescheid vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. September 2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr Vorbringen vor dem SG und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Ergänzend hat sie eine sozialmedizinische Stellungnahmen der Dr. Jöst vom 21. Juni 2017 zum vorgelegten Befund des Dr. Ö. (altersentsprechender Befund bei normaler Sehtüchtigkeit, behandelbares Sikka-Syndrom; keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens aufgrund des augenärztlichen Befundes) und vom 10. Oktober 2017 zur Berufungsbegründung (Dr. B. habe keine besonderen qualitativen Einschränkungen festgestellt, nachdem die Klägerin nicht in psychiatrischer Behandlung sei, spreche dies gegen ein die Erwerbsfähigkeit einschränkendes psychisches Leiden) vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässig eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil, entscheidet, ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit - §§ 43 und 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und insoweit auch die einschlägige Rechtsprechung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufs auch zumutbar sind, bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht vorliegt und die Klägerin in der Lage ist, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist voranzustellen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein müssen, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag auch der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass seit Rentenantragstellung eine rentenrechtlich relevante qualitative oder quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich besteht.
Ferner ist anzumerken, dass der Sachverständige Dr. B. - wie schon Dr. R. - keine wesentlichen Gesundheitsstörungen festgestellt hat, die zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich führen würden. Er hat ein chronisches ortsständiges cervicales WS-Syndrom ohne Funktionsbehinderung der HWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, eine geringfügige funktionell bedeutsame WS-Fehlstatik, ein funktionelles Schulter-Arm-Syndrom ohne Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei initialer Schultereckgelenksarthrose beidseits, eine initiale Radiocarpalarthrose und eine initiale Rhizarthrose sowie vereinzelte diskrete Fingergelenksarthrosen beidseits ohne Funktionsbehinderung der Handgelenke und der Hände, eine Coxalgie rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks bei initialer Coxarthrose beidseits, eine initiale Gonarthrose beidseits ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch synoviale Reizerscheinungen bei Patelladysplasie beidseits und eine Spreizfuß-Deformität beidseits bei Zehendeformität ohne Funktionsbehinderung der Füße diagnostiziert. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um beginnende und keineswegs für das berufliche Leistungsvermögen erhebliche oder gar schwerwiegende Gesundheitsstörungen ohne für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes relevante Einschränkungen. Außerhalb des orthopädischen Fachgebietes hat er einen V.a. eine Persönlichkeitsstörung geäußert und rezidivierende tachykarde Rhythmusstörungen (nicht gesichert) genannt und ferner eine Anpassungsstörung, eine Dranginkontinenz, eine allergische Diathese, klimakterische Beschwerden, einen Z.n. Hysteroskopie und Abrasio bei Polypenentfernung, einen Z.n. Appendektomie (2013) sowie einen Z.n. Entfernung eines Atheroms am Kopf (2013) festgestellt. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ist für den Senat auf Grund des Gutachtens des Dr. B., der dies anhand der erhobenen Befunde und der in den Akten beschriebenen Befunde plausibel dargetan hat, festzustellen. Darüber hinausgehende weitere Gesundheitsstörungen dauerhafter Art, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären sind dagegen auch unter Berücksichtigung der Äußerungen der behandelnden Ärzte nicht nachgewiesen.
Der Senat hat insofern auch keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen, insbesondere auch nicht auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Dies ergibt sich auch aus dem von Dr. R. erhobenen psychischen Befund (u.a. bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich, zur Situation und Person orientiert, Stimmungslage euthym, affektive Schwingungsfähigkeit regelrecht, keine Störung der Vitalgefühle, kein Hinweis auf gesteigerte Ängstlichkeit oder gesteigerte Reizbarkeit, zwanghafte Züge, Antrieb und Eigeninitiative nicht beeinträchtigt, keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, überwertigen Ideen oder Ich-Störungen, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Störungen der formalen Denkabläufe, in den Ausführungen sehr weitschweifend, und ins Detail gehend, verhaftend in der Überbewertung geringer gesundheitlicher Veränderungen,, keine mnestischen Störungen, weder im Langzeit/Kurzzeitgedächtnis noch der Merkfähigkeit, keine Störung der Aufmerksamkeit, Konzentration oder des Reaktionsvermögens, Psychomotorik regelrecht). Die Klägerin ist im Übrigen unverändert nicht in psychiatrischer Behandlung. Die insoweit von Dr. R. und Dr. B. angesprochenen Auffälligkeiten mit massivem, wohl aber doch unbewusstem bzw. unterschwelligem Verdeutlichungsverhalten (Dr. B.) sind eher Ausdruck eines Rentenbegehrens als einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Wesentliche psychiatrische Befunde, die eine erhebliche qualitative oder quantitative Einschränkung der Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, begründen könnten, sind weder ersichtlich noch ärztlich belegt. Offenbar haben auch die behandelnden Ärzte keine Veranlassung gesehen, die Klägerin einer psychiatrischen Untersuchung oder Behandlung zuzuführen, sodass insofern auch kein Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen besteht.
Aus den relativ banalen (so Dr. B.) orthopädischen Leiden resultieren allenfalls qualitative Einschränkungen.
So hat Dr. B. leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, gebückte, vornüber geneigte oder sonstige Zwangshaltung des Achsorgans, Tätigkeiten in Rückneigung des Kopfes und Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten mit Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, ständiges Knien oder Hocken, überwiegendes Stehen oder Gehen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen sowie auf unebenem Untergrund, Einwirkungen durch Nässe, Kälte und Zugluft, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung - wie z.B. auch Tätigkeiten einer Bürogehilfin, Tätigkeiten in der Lampenmontage, wie früher ausgeübt, sowie Kontrolltätigkeiten, noch vollschichtig für zumutbar und möglich erachtet. Diese Einschätzung ist für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er keine Veranlassung hat, sie in Zweifel zu ziehen. Auch der von der Klägerin bei Dr. B. beschriebene Tagesablauf bestätigt dies, so dass nicht erkennbar ist, warum sie entsprechende Tätigkeiten keine sechs Stunden arbeitstäglich verrichten können soll, wenn eine Motivation hierfür besteht. Bei zumutbarer Willensanstrengung nicht überwindbare Hinderungsgründe sind nicht ersichtlich.
Der vorgelegte augenärztliche Befund ist gleichfalls nicht geeignet, eine rentenrechtlich relevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens zu belegen.
Unter Berücksichtigung dessen liegt auch weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, da es Arbeiten, wie von Dr. B. dargelegt, gibt, die die Klägerin zu verrichten in der Lage ist. Im Übrigen kann sie auch bei diesen Einschränkungen die vom SG z.B. genannten Tätigkeiten einer Pförtnerin an der Nebenpforte verrichten. Dass sie dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollte, ist nicht feststellbar.
Die Klägerin, die für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit ("bisheriger Beruf") weder eine förmliche Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf noch eine wesentliche Anlernzeit (über eine kurze Einweisung von wenigen Wochen hinaus) benötigt hat, weswegen ihr alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar sind, ist mithin weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1959 geborene Klägerin, die im Laufe ihres Berufslebens verschiedene angelernte Tätigkeiten verrichtet hat, nach den vorliegenden Angaben zuletzt als Küchenhilfe, war im Zeitraum von September 1975 bis August 2008 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie arbeitslos. Seit 1. November 2009 bezieht sie - unterbrochen durch eine Beschäftigung vom 1. April bis 30. September 2011 - Arbeitslosengeld II. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Gesamtkontospiegel vom 8. September 2015 verwiesen.
Den Rentenantrag der Klägerin vom 3. September 2015 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2015 und Widerspruchsbescheid vom 26. April 2016 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.
Grundlage der Entscheidung waren Berichte behandelnder Ärzte sowie ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und u.a. Sozialmedizin Dr. R. vom 9. November 2015 (psychischer Befund: u.a. bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich, zur Situation und Person orientiert, Stimmungslage euthym, affektive Schwingungsfähigkeit regelrecht, keine Störung der Vitalgefühle, kein Hinweis auf gesteigerte Ängstlichkeit oder gesteigerte Reizbarkeit, zwanghafte Züge, Antrieb und Eigeninitiative nicht beeinträchtigt, keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, keine überwertigen Ideen oder Ich-Störungen, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Störungen der formalen Denkabläufe, in den Ausführungen sehr weitschweifend, und ins Detail gehend, verhaftend in der Überbewertung geringer gesundheitlicher Veränderungen, keine mnestischen Störungen, weder im Langzeit-/Kurzzeitgedächtnis noch der Merkfähigkeit, keine Störung der Aufmerksamkeit, Konzentration oder des Reaktionsvermögens, Psychomotorik regelrecht; Diagnosen: akzentuierte Persönlichkeitszüge; ansonsten keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen; Einschränkungen, die bei der zuletzt ausgeübten oder vergleichbaren Tätigkeiten zum Tragen kämen, lägen nicht vor; die Klägerin könne Tätigkeiten einer Haushaltshilfe oder entsprechende Arbeiten sowie bis zu mittelschwere Arbeiten im Stehen, Gehen oder Sitzen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten).
Wegen der die Gewährung von Rente versagenden Entscheidung hat die Klägerin am 2. Mai 2016 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und auf Diagnosen in den vorliegenden diversen Arztberichten verwiesen sowie geltend gemacht, auf Grund dessen sei ihre Leistungsfähigkeit aufgehoben. Im Übrigen sei auch keine Tätigkeit benannt, die sie noch zu verrichten in der Lage sein sollte. Es bestehe bei ihr eine schwere spezifische Leistungseinschränkung bzw. eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Ferner habe die Beklagte keine Ermittlungen zur Frage der Berufsunfähigkeit angestellt. Auf Nachfrage hat sie erklärt, sie sei nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat Auskünfte von benannten behandelnden Ärzten als sachverständige Zeugen eingeholt. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben unter Beifügung von Arztbriefen der Allgemeinmediziner Dr. S. am 22. Juli 2016 (die Leiden auf orthopädischem Gebiet stünden im Vordergrund, eine Beurteilung des Leistungsvermögens sei nicht möglich), die Gynäkologin Dr. K. am 24. Juli 2016 (sporadisch gynäkologische Betreuung, aus gynäkologischer Sicht keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit erkennbar) und der Orthopäde Dr. N. am 8. August 2016 (u.a. chronisches HWS-Syndrom, rezidivierende HWS-Blockierung, sternosymphysale Belastungshaltung, Rizarthrose, beginnende Gonarthrose, retropatellare und mediale Chondropathie, Coxarthrose II. Grades beidseits, Hallux regidus rechts, Tallonaviculararthrose links, chronische Achillodynie links, Senkspreizfüße, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Postmenopausesyndrom, chronischer Stress; eine leichte körperliche Tätigkeit könne drei bis unter sechs Stunden durchgeführt werden) berichtet.
Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie (mit Qualifikation in der psychosomatischen Grundversorgung) Dr. B. vom 27. Dezember 2016 eingeholt. Dieser hat die Angaben der Klägerin u.a. zu ihren Beschwerden sowie die von ihm und den behandelnden Ärzten erhobenen relevanten Befunde referiert. Nach Auswertung dessen hat er die Diagnosen chronisches ortsständiges cervicales Wirbelsäulen (WS)-Syndrom ohne Funktionsbehinderung der HWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, geringfügige funktionell bedeutsame WS-Fehlstatik, funktionelles Schulter-Arm-Syndrom ohne Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei initialer Schultereckgelenksarthrose beidseits, initiale Radiocarpalarthrose und initiale Rhizarthrose sowie vereinzelte diskrete Fingergelenksarthrosen beidseits ohne Funktionsbehinderung der Handgelenke und der Hände, Coxalgie rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks bei initialer Coxarthrose beidseits, initiale Gonarthrose beidseits ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch synoviale Reizerscheinungen bei Patelladysplasie beidseits und Spreizfuß-Deformität beidseits bei Zehendeformität ohne Funktionsbehinderung der Füße gestellt. Außerhalb des orthopädischen Fachgebietes bestünden ein V.a. Persönlichkeitsstörung, eine Anpassungsstörung, rezidivierende tachykarde Rhythmusstörungen (nicht gesichert) und eine Dranginkontinenz sowie eine allergische Diathese, klimakterische Beschwerden und ein Z.n. Hysteroskopie und Abrasio bei Polypenentfernung, ein Z.n. Appendektomie (2013) und ein Z.n. Entfernung eines Atheroms am Kopf (2013) gestellt. Zusammenfassend sei auch nach ausführlicher und sorgfältiger retrospektiver Analyse des gesamten medizinischen Akteninhalts letztlich keine plausible medizinische Begründung für eine Herabminderung des zeitlichen Leistungsvermögens erkennbar. Die Funktion der WS sei unauffällig. Auch im Bereich der oberen Gliedmaßen fänden sich keine wesentlichen Einschränkungen und auch an den unteren Extremitäten bestünden nur qualitative Einschränkungen und sei eine quantitative Leistungsminderung zweifellos nicht begründbar. Die relevanten Befunde im Bereich des Haltungs- und Bewegungsapparates könnten keine zeitliche Leistungsminderung begründen. Der orthopädische Befund sei relativ banal und rechtfertige insofern allenfalls qualitative Einschränkungen. Die Klägerin könne aus orthopädischer Sicht zweifelsfrei leichte körperliche Tätigkeiten - ohne Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, gebückte, vornüber geneigte oder sonstige Zwangshaltung des Achsorgans, Tätigkeiten in Rückneigung des Kopfes und Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten mit Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, ständiges Knien oder Hocken, überwiegendes Stehen oder Gehen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen sowie auf unebenem Untergrund, Einwirkungen durch Nässe, Kälte und Zugluft, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung - wie z.B. auch Tätigkeiten einer Bürogehilfin, Tätigkeiten in der Lampenmontage, wie früher ausgeübt, sowie Kontrolltätigkeiten, noch vollschichtig verrichten. Dr. R. habe bereits akzentuierte Persönlichkeitszüge angenommen. Dem sei zuzustimmen. Allerdings ergäben sich keine Hinweise auf eine hochgradig krankheitswertige psychopathologische Störung. Es dürfte vielmehr von einer Anpassungsstörung auszugehen sein. Ob hier eine weitere gutachterliche Klärung vorzunehmen sei, werde ins Ermessen der Kammer gestellt. Er gehe davon aus, dass sich die Verdachtsdiagnosen einer Persönlichkeitsstörung und Anpassungsstörung sehr wahrscheinlich bestätigen lassen werde. Gleichwohl dürfte daraus allenfalls eine qualitative Leistungseinschränkung abzuleiten sein. Hinweise für eine schwere krankhafte psychische Störung als Grundlage einer zeitlichen Leistungsminderung ergäben sich weder anhand der Aktenlage, noch anhand seiner Begutachtung. Eine zwingende Notwendigkeit einer entsprechenden Begutachtung sehe er nicht.
Die Beklagte hat hierzu noch eine Stellungnahme von Dr. Jöst vom 26. Januar 2017 vorgelegt, der sich im Wesentlichen Dr. B. angeschlossen hat und ebenfalls von keiner quantitativen oder wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkung ausgegangen ist. Soweit Dr. B. auf die auch von Dr. R. beschriebene Persönlichkeitsakzentuierung verwiesen habe, resultiere daraus allenfalls eine qualitative Einschränkung. Dr. R. habe keine leistungsmindernde psychische Störung festgestellt. Ein psychiatrisches Gutachten sei insofern auch nicht erforderlich.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2017 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Die Klägerin könne bei Beachtung - weiter dargelegter - qualitativer Einschränkungen jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufs, der allenfalls als Anlerntätigkeit des unteren Bereiches zu qualifizieren sei, zumutbar seien, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Im Übrigen wären ihr auch Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiterin unter Berücksichtigung ihrer Einschränkungen möglich, ebenso die Tätigkeit einer Pförtnerin an der Nebenpforte. Sie sei auch in der Lage, einen Arbeitsplatz zu erreichen und es liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten des Dr. B., der lediglich eine qualitative Leistungsminderung, nicht aber eine solche quantitativer Art festgestellt habe. Soweit er auf mögliche Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet hingewiesen habe, begründeten solche auch keine weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens und bestehe auch kein Anlass zu weiteren Ermittlungen, zumal die Klägerin weder in nervenärztlicher Behandlung sei, noch eine entsprechende Therapie stattfinde und auch die zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten auf nervenärztlichem Gebiet nicht versucht bzw. nicht ausgeschöpft wären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 1. März 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. März 2017 Berufung eingelegt. Sie zitiert die in vorliegenden ärztlichen Äußerungen genannten Diagnosen und macht geltend, sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen keine sechs Stunden täglich arbeiten. Auf Grund der von Dr. B. beschriebenen Einschränkungen bestehe auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die die Benennung einer konkreten Tätigkeit erforderlich mache. Im Übrigen hätte das SG auch ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten einholen müssen, nachdem Dr. B. von einer Persönlichkeitsstörung und einer Anpassungsstörung ausgehe. Ergänzend hat sie hierzu auf Nachfrage angegeben, sie sei seit der Rentenantragstellung nicht in psychiatrischer Behandlung. Außerdem hat die Klägerin ein Schreiben des Arztes für Augenheilkunde Dr. Ö. vom 23. Mai 2017 vorgelegt (Diagnosen: Sicca-Syndrom, Hyperopie beidseits; Empfehlung: jährliche Kontrollen bei altersentsprechendem Befund, Tränenersatzmittel zur Befeuchtung der Hornhaut).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 16. Februar 2017 und den Bescheid vom 30. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. September 2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihr Vorbringen vor dem SG und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Ergänzend hat sie eine sozialmedizinische Stellungnahmen der Dr. Jöst vom 21. Juni 2017 zum vorgelegten Befund des Dr. Ö. (altersentsprechender Befund bei normaler Sehtüchtigkeit, behandelbares Sikka-Syndrom; keine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens aufgrund des augenärztlichen Befundes) und vom 10. Oktober 2017 zur Berufungsbegründung (Dr. B. habe keine besonderen qualitativen Einschränkungen festgestellt, nachdem die Klägerin nicht in psychiatrischer Behandlung sei, spreche dies gegen ein die Erwerbsfähigkeit einschränkendes psychisches Leiden) vorgelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässig eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil, entscheidet, ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit - §§ 43 und 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - und insoweit auch die einschlägige Rechtsprechung dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil sie in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihr unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufs auch zumutbar sind, bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten, eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht vorliegt und die Klägerin in der Lage ist, einen Arbeitsplatz zu erreichen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist voranzustellen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere das Vorliegen einer rentenberechtigenden Leistungsminderung im Wege des Vollbeweises festgestellt sein müssen, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag auch der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass seit Rentenantragstellung eine rentenrechtlich relevante qualitative oder quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich besteht.
Ferner ist anzumerken, dass der Sachverständige Dr. B. - wie schon Dr. R. - keine wesentlichen Gesundheitsstörungen festgestellt hat, die zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich führen würden. Er hat ein chronisches ortsständiges cervicales WS-Syndrom ohne Funktionsbehinderung der HWS und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, eine geringfügige funktionell bedeutsame WS-Fehlstatik, ein funktionelles Schulter-Arm-Syndrom ohne Bewegungseinschränkung der Schultergelenke bei initialer Schultereckgelenksarthrose beidseits, eine initiale Radiocarpalarthrose und eine initiale Rhizarthrose sowie vereinzelte diskrete Fingergelenksarthrosen beidseits ohne Funktionsbehinderung der Handgelenke und der Hände, eine Coxalgie rechts ohne Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks bei initialer Coxarthrose beidseits, eine initiale Gonarthrose beidseits ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch synoviale Reizerscheinungen bei Patelladysplasie beidseits und eine Spreizfuß-Deformität beidseits bei Zehendeformität ohne Funktionsbehinderung der Füße diagnostiziert. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um beginnende und keineswegs für das berufliche Leistungsvermögen erhebliche oder gar schwerwiegende Gesundheitsstörungen ohne für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes relevante Einschränkungen. Außerhalb des orthopädischen Fachgebietes hat er einen V.a. eine Persönlichkeitsstörung geäußert und rezidivierende tachykarde Rhythmusstörungen (nicht gesichert) genannt und ferner eine Anpassungsstörung, eine Dranginkontinenz, eine allergische Diathese, klimakterische Beschwerden, einen Z.n. Hysteroskopie und Abrasio bei Polypenentfernung, einen Z.n. Appendektomie (2013) sowie einen Z.n. Entfernung eines Atheroms am Kopf (2013) festgestellt. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ist für den Senat auf Grund des Gutachtens des Dr. B., der dies anhand der erhobenen Befunde und der in den Akten beschriebenen Befunde plausibel dargetan hat, festzustellen. Darüber hinausgehende weitere Gesundheitsstörungen dauerhafter Art, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären sind dagegen auch unter Berücksichtigung der Äußerungen der behandelnden Ärzte nicht nachgewiesen.
Der Senat hat insofern auch keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen gesehen, insbesondere auch nicht auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Dies ergibt sich auch aus dem von Dr. R. erhobenen psychischen Befund (u.a. bewusstseinsklar, örtlich, zeitlich, zur Situation und Person orientiert, Stimmungslage euthym, affektive Schwingungsfähigkeit regelrecht, keine Störung der Vitalgefühle, kein Hinweis auf gesteigerte Ängstlichkeit oder gesteigerte Reizbarkeit, zwanghafte Züge, Antrieb und Eigeninitiative nicht beeinträchtigt, keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen, überwertigen Ideen oder Ich-Störungen, keine Wahrnehmungsstörungen, keine Störungen der formalen Denkabläufe, in den Ausführungen sehr weitschweifend, und ins Detail gehend, verhaftend in der Überbewertung geringer gesundheitlicher Veränderungen,, keine mnestischen Störungen, weder im Langzeit/Kurzzeitgedächtnis noch der Merkfähigkeit, keine Störung der Aufmerksamkeit, Konzentration oder des Reaktionsvermögens, Psychomotorik regelrecht). Die Klägerin ist im Übrigen unverändert nicht in psychiatrischer Behandlung. Die insoweit von Dr. R. und Dr. B. angesprochenen Auffälligkeiten mit massivem, wohl aber doch unbewusstem bzw. unterschwelligem Verdeutlichungsverhalten (Dr. B.) sind eher Ausdruck eines Rentenbegehrens als einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung. Wesentliche psychiatrische Befunde, die eine erhebliche qualitative oder quantitative Einschränkung der Fähigkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, begründen könnten, sind weder ersichtlich noch ärztlich belegt. Offenbar haben auch die behandelnden Ärzte keine Veranlassung gesehen, die Klägerin einer psychiatrischen Untersuchung oder Behandlung zuzuführen, sodass insofern auch kein Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen besteht.
Aus den relativ banalen (so Dr. B.) orthopädischen Leiden resultieren allenfalls qualitative Einschränkungen.
So hat Dr. B. leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, gebückte, vornüber geneigte oder sonstige Zwangshaltung des Achsorgans, Tätigkeiten in Rückneigung des Kopfes und Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten mit Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, besondere Anforderungen an die Kraftentfaltung und volle Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände, ständiges Knien oder Hocken, überwiegendes Stehen oder Gehen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen sowie auf unebenem Untergrund, Einwirkungen durch Nässe, Kälte und Zugluft, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung, hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung - wie z.B. auch Tätigkeiten einer Bürogehilfin, Tätigkeiten in der Lampenmontage, wie früher ausgeübt, sowie Kontrolltätigkeiten, noch vollschichtig für zumutbar und möglich erachtet. Diese Einschätzung ist für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er keine Veranlassung hat, sie in Zweifel zu ziehen. Auch der von der Klägerin bei Dr. B. beschriebene Tagesablauf bestätigt dies, so dass nicht erkennbar ist, warum sie entsprechende Tätigkeiten keine sechs Stunden arbeitstäglich verrichten können soll, wenn eine Motivation hierfür besteht. Bei zumutbarer Willensanstrengung nicht überwindbare Hinderungsgründe sind nicht ersichtlich.
Der vorgelegte augenärztliche Befund ist gleichfalls nicht geeignet, eine rentenrechtlich relevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens zu belegen.
Unter Berücksichtigung dessen liegt auch weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, da es Arbeiten, wie von Dr. B. dargelegt, gibt, die die Klägerin zu verrichten in der Lage ist. Im Übrigen kann sie auch bei diesen Einschränkungen die vom SG z.B. genannten Tätigkeiten einer Pförtnerin an der Nebenpforte verrichten. Dass sie dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollte, ist nicht feststellbar.
Die Klägerin, die für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit ("bisheriger Beruf") weder eine förmliche Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf noch eine wesentliche Anlernzeit (über eine kurze Einweisung von wenigen Wochen hinaus) benötigt hat, weswegen ihr alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar sind, ist mithin weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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