L 13 R 2414/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 680/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2414/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. April 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im Dezember 1955 in A. geborene Kläger hat laut eigenen Angaben von 1978 bis 1982 in der DDR eine Ausbildung zum Chemiefacharbeiter absolviert. Nach vorübergehender Rückkehr in sein Herkunftsland und dortiger Beschäftigung in der Landwirtschaft reiste er 1987 in die Bundesrepublik Deutschland ein, fand in seinem erlernten Beruf jedoch keine Anstellung. Er war zunächst als Betonhilfsarbeiter und zuletzt seit 1. November 1996 als Küchenhelfer im P. Z. N. (PZN) beschäftigt. Laut Arbeitgeberauskunft vom 29. April 2010 bestand die Tätigkeit des Klägers im Bedienen der Topfspüle, im Reinigen von großen Küchengeräten und Speisetransportwagen sowie der Unterstützung der Mitarbeiterinnen im Schöpfsystem. Diese Tätigkeiten erforderten laut Arbeitgeber für betriebsfremde ungelernte Kräfte eine Einweisung von zwei Wochen und wurden im allgemeinen nicht von Facharbeitern mit ordentlicher Berufsausbildung verrichtet. Seit 1. Februar 2010 war der Kläger arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis ist bislang nicht beendet.

Am 5. März 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit dem Rentenantrag wurden verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt. Unter anderem ein Bericht der Anfallsambulanz der neurologischen Klinik der Universitätsklinik H. vom 15. September 2006 über eine Vorstellung des Klägers am 13. September 2006, bei der er angegeben habe, erstmals am 13. Februar 2006 nach initialem Unwohlsein eine Verkrampfung aller Extremitäten und anschließend Bewusstseinsverlust erlitten zu haben. Diese Episode sei nicht fremdbeobachtet gewesen. Eine zweite solche Episode habe am 9. Juli 2006 seine Ehefrau bei ihm beobachtet. Am 2. August 2006 hätten sich während einer Kernspintomographieuntersuchung zwei generalisierte tonisch-klonische Anfälle ereignet. Ein Bericht über eine Kernspintomographie am 2. August 2006 ist nicht aktenkundig. Die neurologische Klinik der Universitätsklinik H. veranlasste am 15. September 2006 eine antiepileptische Medikation, die nach Anfallsfreiheit ab 15. Dezember 2006 fortgesetzt wurde. Laut Bericht der neurologischen Klinik der Universitätsklinik H. vom 5. März 2007 schilderte der Kläger zwei generalisierte tonisch-klonische Anfälle am 16. Dezember 2006 (in einer Gaststätte) und am 14. Februar 2007 – beobachtet von der Ehefrau. Am 25. Mai 2007 und am 10. Dezember 2007 berichtete der Kläger bei Vorstellungen in der neurologischen Universitätsklinik jeweils von Anfallsfreiheit. Anlässlich ambulanter Verlaufskontrollen am 23. Juni 2008, 10. Oktober 2008 und 13. Februar 2009 gab der Kläger an, er habe am 1. Mai 2008, im Juni und Juli 2008 und im Dezember 2008 generalisierte tonisch-klonische Anfälle aus dem Schlaf heraus erlitten – jeweils beobachtet von der Ehefrau. Mit dem Rentenantrag wurden außerdem folgende Unterlagen über stationäre Krankenhausaufenthalte nach berichteten Krampfanfällen vorgelegt: Diakonissen Stiftungskrankenhaus S. vom 2. Mai 2008 nach Krampfanfall vom selben Tag, Aufenthalt in der Asklepios S.-Klinik G. vom 26. bis 28. Juli 2008, Aufenthalte in der F.-S.-Klinik B. vom 20. bis 23. Dezember 2008 und vom 19. bis 20. Februar 2009, erneute Aufenthalte in der Asklepios S.-Klinik G. vom 26. Februar bis 2. März 2009. Laut ebenfalls mit Rentenantrag vorgelegtem Befundbericht des Dr. M., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 26. November 2009 war beim Kläger letztmals am 20. November 2009 ein Grand-Mal-Anfall im Beisein der Ehefrau aufgetreten.

Im Jahr 1990 wurde bei dem Kläger ein Diabetes mellitus festgestellt, der seit 2006 insulinpflichtig ist. In der Zeit vom 15. bis 24. Juni 2010 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Diabeteszentrum M ... Nach dem Bericht war zehn Tage vor Klinikaufnahme ein generalisierter Krampfanfall aufgetreten. Während des stationären Aufenthalts stabilisierten sich die Blutzuckerwerte und der Kläger wurde mit einem individuellen Therapieplan und mit der Empfehlung diabetologischer Routinekontrollen gemäß Leitlinien entlassen.

Die Beklagte veranlasste die Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens durch ihren ärztlichen Dienst. Dr. H. – Ärztin für Neurologie und Psychiatrie – kam am 21. April 2010 zum Ergebnis, bei dem Kläger bestehe eine kryptogene Epilepsie mit Grand-Mal-Anfällen bekannt seit 2006 und ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhelfer bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 30. April 2010 ab.

Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch – eingegangen bei der Beklagten am 19. Mai 2010 – veranlasste die Beklagte die Erstellung eines weiteren sozialmedizinischen Gutachtens. Dr. H. stellte am 8. Juli 2010 die Diagnosen funktionell leichtgradig relevante Epilepsie seit vier Jahren bislang unbekannter Ursache und funktionell leichtgradig relevanter Diabetes mellitus seit 20 Jahren mit beginnenden Sekundärkomplikationen. Das Gutachten bestätigte ein vollschichtiges Leistungsvermögen sowohl für die letzte Tätigkeit als Küchenhelfer als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2010 zurück.

Mit der am 24. November 2010 beim Sozialgericht K. eingegangenen Klage (S 4 SV 4986/10) hat der Kläger sein Rentenbegehren weiter verfolgt. Durch Beschluss vom 7. Februar 2011 hat das Sozialgericht K. den Rechtsstreit an das für Klageverfahren gegen die Beklagte örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) (S 2 R 680/11) verwiesen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört:

Die Hausärztin Dr. W.-S. hat am 31. November 2011 mitgeteilt, der Kläger habe Probleme mit der Diabeteseinstellung, Cephalgien und seit 2006 zerebrale Krampfanfälle. Trotz intensiver haus- und fachärztlicher Betreuung sei über Jahre keine Verbesserungen zu verzeichnen gewesen. Zu Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens könne sie sich nicht äußern.

Der Facharzt für Neurologie Dr. H. hat am 31. Januar 2012 angegeben, den Kläger von Februar 2006 bis Juni 2008 ambulant behandelt zu haben. Er selbst habe keinen cerebralen Krampfanfall des Klägers beobachtet. Es hätten nur die Angaben des Patienten zur Verfügung gestanden.

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hat am 2. Februar 2012 angegeben, den Kläger von Februar 2009 bis Februar 2010 behandelt zu haben. Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit habe er nicht festgestellt.

Der Facharzt für Neurologie Dr. T. hat am 9. Februar 2012 mitgeteilt, den Kläger vom 3. Juli 2008 bis 20. Januar 2011 und seitdem nicht mehr behandelt zu haben. Seines Wissens seien im Jahr 2008 vier und dann im November 2009 und im April 2010 jeweils noch ein Anfall aufgetreten.

Der Funktionsoberarzt der neurologischen Universitätsklinik der Universitätsmedizin M. Dr. C. hat am 21. Februar 2012 angegeben, der Kläger sei seit ca. 2006 in der Klinik bekannt und während der letzten Jahre – zuletzt im Januar 2011 – im Rahmen ambulanter Vorstellungen gesehen worden. Eine Ursache für die Epilepsie mit generalisierten tonisch-klonische Anfällen habe in der cerebralen Bildgebung oder im EEG nicht festgestellt werden können. Er habe die Anfälle des Klägers nicht selbst beobachtet und könne nur die fremdanamnestischen Angaben wiedergeben. Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit habe er nicht festgestellt.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin M. - Arzt im Diabeteszentrum W. - hat am 16. März 2012 mitgeteilt, den Kläger seit November 2011 fünfmal behandelt zu haben. Er sei wegen seines schweren Anfallsleidens mehrfach stationär in Behandlung gewesen. Die genauen Daten der Anfälle seien nicht bekannt.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie/Psychoanalyse, Allgemeinmedizin Dr. H. hat am 17. April 2012 angegeben, der Kläger könne wegen des seit 2006 bestehenden Anfallsleidens als Küchenhelfer nicht mehr berufstätig sein.

Der Kläger hat eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises vorgelegt, nach dem bei ihm ein GdB von 90 seit 29. März 2011 festgestellt ist.

Das SG hat von Amts wegen ein fachneurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt, das die Fachärztin O.-P. am 14. Januar 2013 erstellt hat. Die Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, bei dem Kläger bestehe ein Anfallsleiden, am ehesten im Sinne einer kryptogenen Epilepsie mit Grand-Mal-Anfällen und fraglich auch dokumentierten einzelnen fokalen Anfallsäquivalenten. Darüber hinaus bestehe ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, eine periphere Polyneuropathie, diskrete Wurzelreizzeichen L5 und es fänden sich psychischerseits generalisierte Ängste auf dem Boden dissoziativer Persönlichkeitszüge. Außerdem bestehe eine kompensierte Niereninsuffizienz und ein Katarakt. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne erhöhte Gefährdungsneigung (Möglichkeit sich an laufenden Maschinen zu verletzen) und möglichst nur in Tagschicht. Tätigkeiten im Fahrdienst seien nicht möglich. Die genannten Tätigkeiten könne der Kläger im Rahmen einer fünf-Tage-Woche sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Er könne täglich viermal einen Fußweg von mehr als 500 Metern zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Zur Verbesserung der die Leistungsfähigkeit einschränkenden Befunde sei die Anmeldung in einer Epilepsie-Spezialklinik zu empfehlen, wo 24-Stunden-EEG-Ableitungen mit entsprechender Verhaltensbeobachtung möglich seien. Auch das Diabetesprogramm könne intensiviert werden.

Abschließend hat das SG von Amts wegen ein internistisches Gutachten eingeholt, das Dr. A., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I am Diakoniekrankenhaus M., am 30. Juli 2013 erstellt hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, bei dem Kläger bestehe ein Diabetes mellitus, am ehesten vom Typ II mit guter Stoffwechseleinstellung unter Berücksichtigung einer mäßigen generalisierten Arteriosklerose, intermittierend symptomatische Hypoglykämie ohne Anhalt für schwere Hypoglykämie, kein sicherer Nachweis einer chronischen Niereninsuffizienz und mäßige periphere Polyneuropathie der unteren Extremitäten, am ehesten im Sinne einer diabetischen Folgeerkrankung. Berufliche Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung seien ebenso wie Nachtschicht zu vermeiden. Bei einer gewissen Planbarkeit des Tagesablaufs, welche dem Kläger eine adäquate Selbstkontrolle des Stoffwechsels erlaube, könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden täglich und/oder mehr ausüben. Der Kläger könne viermal täglich einen Fußweg von mehr als 500 Metern in 15-18 Minuten zurücklegen. Er sei unter der antidiabetischen Therapie insgesamt ausreichend stabil eingestellt.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. April 2014 abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer vollen oder teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung und auch nicht auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe. Das SG hat sich in den Entscheidungsgründen insbesondere auf die Feststellungen der Sachverständigen O.-P. und Dr. A. gestützt.

Gegen den am 2. Mai 2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 2. Juni 2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen, das SG habe die Einschätzung der behandelnden Ärzte im Diabeteszentrum W., der Hausärztin W.-S. und der Fachärztin Dr. H. nicht ausreichend gewürdigt. Diese könnten das Krankheitsbild des Klägers sowie die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit aufgrund der langjährigen Behandlung jedoch besser einschätzen. Im Unterschied dazu hätten die Gutachter den Kläger jeweils nur einmal gesehen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29. April 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 2010 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. April 2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und geht weiterhin davon aus, dass das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nicht quantitativ eingeschränkt ist.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein nervenärztliches Gutachten bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. eingeholt. Im Gutachten vom 14. Oktober 2015 ist die Sachverständige zum Ergebnis gekommen, auf ihrem Fachgebiet bestehe beim Kläger eine Epilepsie mit Grand-Mal-Anfällen bekannt seit 2006, diabetologene Polyneuropathie, LWS-Syndrom ohne radikuläre Symptomatik, Dysthymie, spezifische (isolierte) Phobie und Verdacht auf benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel, DD: psychogener Schwindel. Fachfremd bestehe ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus. Der Kläger sei in der Lage, leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen oder überwiegend sitzend ohne permanente Zwangshaltung, insbesondere häufigen Rumpfvorneigungen auszuführen. Zu vermeiden seien häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit sowie Nachtschicht. Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder besonders hoher Verantwortung seien ebenfalls nicht möglich. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen könne der Kläger vollschichtig – acht Stunden täglich an fünf Tagen die Woche – arbeiten. Die Sachverständige hat sich den Leistungseinschätzungen in den Vorgutachten der Dr. H., der Fachärztin O.-P. und des Sachverständigen Dr. A. angeschlossen. Der Einschätzung der aktuell behandelnden Nervenärztin Dr. H. sei indes nicht zu folgen.

Nach fremdaggressivem Verhalten (Bedrohung von Personen in einer Rechtsanwaltskanzlei mit gezogenem Messer) wurde der Kläger am 27. Oktober 2015 in Polizeibegleitung notfallmäßig auf eine geschützte intensive Behandlungseinheit in der Klinik für allgemeine Psychiatrie Psychosomatik II des PZN W. eingewiesen. Es folgte ein stationärer Aufenthalt bis 25. November 2015. Nach dem vom Senat beigezogenen Entlassungsbericht vom 20. Juni 2016 haben die behandelnden Ärzte des PZN dem Kläger eine ambulante Weiterbehandlung in der psychiatrischen Fachambulanz empfohlen. Laut Mitteilung des PZN ist der Kläger nur zu einem vergebenen Ambulanztermin erschienen und hat weitere Termine nicht wahrgenommen.

Abschließend hat der Senat von Amts wegen ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. A., Facharzt für Neurologie, klinische Geriatrie Rehabilitationswesen, am 8. Mai 2017 erstellt hat. Der Sachverständige hat für sein Fachgebiet folgende Diagnosen gestellt: Kryptogene Epilepsie mit vereinzelten Grand-Mal-Anfällen und komplex-fokalen Anfällen und sensomotorische Polyneuropathie überwiegend diabetogener Genese. Der Kläger könne aus neurologisch-psychiatrischer Sicht noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Vermeidung des Steigens auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten an gefährlichen Maschinen, ohne Fahren von Fahrzeugen, ohne Nachtschicht oder Schichtdienst weiterhin ausüben. Diese Tätigkeiten könnten noch sechs Stunden und mehr täglich ausgeübt werden. Der Kläger könne sowohl 500 m in bis zu 20 Minuten zurücklegen als auch täglich zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten nutzen. Entgegen der Einschätzung der behandelnden Ärztin Dr. H. seien keinerlei Anhaltspunkte für eine Angststörung mit Panikattacken bei dem Kläger zu finden. Es bestehe lediglich die isolierte Angst vor einem Anfall während des Alleinseins. Der Einschätzung von Dr. H., der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar, sei nicht zu folgen. Mit der Einschätzung der Dr. E. bestehe absolute Übereinstimmung. Auf Veranlassung von Prof. Dr. A. hat die Diplom-Psychologin Dr. rer. nat. B. ein neuropsychologisches Zusatzgutachten erstellt und den Kläger einer testpsychologischen Untersuchung unterzogen. Die Diplom-Psychologin ist am 13. Mai 2017 zum Ergebnis gekommen, aus der Verhaltensbeobachtung und dem psychischen Befund ließen sich keine dauerhaften Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit ableiten.

Durch Verzichtserklärung vom 13. September 2016 hat der Kläger gegenüber dem Landratsamt K. - Amt für Straßenverkehr, Ordnung und Recht - unwiderruflich auf seine Fahrerlaubnis verzichtet.

In einem beim Sozialgericht K. anhängigen Rechtsstreit (S 11 SB 3523/15) betreffend die Höhe des Grades der Behinderung sowie die Zuerkennung von Merkzeichen hat Prof. Dr. B. am 21. Juli 2017 ein nervenärztliches Gutachten erstellt, das der Kläger dem Senat vorgelegt hat.

Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger noch mehrfach zahlreiche, bereits aktenkundige ärztliche Befundberichte über ambulante und stationäre Behandlungen vorgelegt. Neu eingereicht wurden Berichte über stationäre Aufenthalte in der Asklepios S.-Klinik G. vom 2. bis 5. März 2015, 20. bis 22. Oktober 2015, 6. bis 8. Januar 2016, 7. bis 8. Juli 2016, 13. bis 14. Juli 2016, 11. bis 12. August 2016 und 24. bis 26. Oktober 2017. Laut den Klinikberichten war der Kläger jeweils nach Krampfanfall notärztlich eingeliefert und nach beschwerdefreiem Aufenthalt entlassen worden. Darüber hinaus hat der Kläger zahlreiche ärztliche Befundberichte und Atteste vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Senatsakte verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten und der Prozesssakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung - § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat, weil er in der Lage ist, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihm unter Berücksichtigung seines bisherigen beruflichen Werdegangs sozial zumutbar sind, bei Beachtung näher aufgeführter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dem schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist noch anzumerken, dass auch der klägerische Vortrag im Berufungsverfahren nicht dazu führt, dass der angefochtene Gerichtsbescheid zu beanstanden wäre.

Der Senat stellt hierzu zunächst fest, dass der Kläger unter folgenden neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen leidet: diabetogene sensomotorische Polyneuropathie, Epilepsie mit Grand-Mal-Anfällen bekannt seit 2006, LWS-Syndrom ohne radikuläre Symptomatik, Dysthymie, spezifische (isolierte) Phobie ohne Hinweis für eine Angststörung, dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung und Verdacht auf benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel, DD: psychogener Schwindel. Zur Feststellung dieser Gesundheitsstörungen ist der Senat aufgrund der urkundlich verwerteten Sachverständigengutachten der Dr. H. vom 21. April 2010 und 8. Juli 2010, des vom SG eingeholten Sachverständigengutachtens der Fachärztin O.-P. vom 14. Januar 2013, des auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachtens der Dr. E. vom 14. Oktober 2015 und des Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. A. vom 8. Mai 2017 sowie des von ihm veranlassten testpsychologischen Zusatzgutachtens der Diplom-Psychologin B. vom 13. Mai 2017 gelangt. Alle Sachverständigen haben die oben genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Fachgebiet übereinstimmend festgestellt – wenn auch teilweise etwas abweichend bezeichnet. Die Tatsache, dass die Fachärztin O.-P. noch diskrete Wurzelreizzeichen L5 diagnostiziert hat, die bereits Dr. E. im Oktober 2015 nicht mehr bestätigen konnte, ist vorliegend nicht relevant. Die von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. in der Vergangenheit mehrfach gestellte Diagnose einer Angststörung mit Panikattacken hat die Beweisaufnahme indes nicht zur Überzeugung des Senats bestätigt. Sowohl die vom Kläger benannte Sachverständige Dr. E. als auch Prof. Dr. A. haben in Auswertung der diesbezüglichen Atteste von Dr. H. darauf hingewiesen, der Kläger habe bei der gutachterlichen Anamneseerhebung Angst ausschließlich in Bezug auf die Möglichkeit eines neuen Anfalls geäußert. Die Schlussfolgerung beider Gutachter, dass vor diesem Hintergrund das Vorliegen einer generalisierten Angststörung nicht angenommen werden kann, ist für den Senat überzeugend.

Darüber hinaus ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen, dass bei dem Kläger ein primärer insulinabhängiger Diabetes am ehesten vom Typ II, eine Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, eine arterielle Hypertonie und ein Zustand nach Katarakt-Operation beidseits besteht. Dies ergibt sich aufgrund des vom SG eingeholten Sachverständigengutachtens des Dr. A. vom 30. Juli 2013 und dem ärztlichen Attest der Hausärztin Dr. K. vom 3. Februar 2017.

Aufgrund dieser festgestellten Erkrankungen ist das berufliche Leistungsvermögen des Klägers auch qualitativ eingeschränkt: Er kann nur noch leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen oder überwiegend sitzend, ohne permanente Zwangshaltung (insbesondere häufige Rumpfvorneige) ausführen. Zu vermeiden sind außerdem häufiges Bücken und häufiges Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten. Nicht mehr möglich sind Arbeiten an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- oder Fließbandarbeit und keine Nachtschicht. Tätigkeiten, die besondere geistige Beanspruchung oder die Übernahme besonders hoher Verantwortung erfordern, sind nicht mehr möglich. Zu vermeiden sind ferner Fahrertätigkeiten sowie Flickerlichtbelastungen. Soweit diese qualitativen Einschränkungen beachtet werden, ist das berufliche Leistungsvermögen des Klägers jedoch zeitlich nicht eingeschränkt. Leichte Tätigkeiten, die dem oben genannten Leistungsbild entsprechen, sind dem Kläger täglich 6 Stunden und mehr zumutbar. Dies entspricht der Einschätzung der im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren tätig gewesenen Gutachterin Dr. H., der vom SG gehörten Sachverständigen O.-P. und Dr. A. sowie der vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. E. (ausgewählt vom Kläger selbst), Prof. Dr. A. und Diplom-Psychologin B ...

Schlüssig und nachvollziehbar ist diese von allen Sachverständigen getroffene Einschätzung des Leistungsvermögens als zeitlich nicht rentenrechtlich relevant eingeschränkt für den Senat bereits unter Berücksichtigung des normalen Tagesablaufs und der Freizeitgestaltung des Klägers. Der Kläger hat zuletzt bei Dr. E. und bei Prof. Dr. A. insoweit übereinstimmend geschildert, einen großen Freundes- bzw. Bekanntenkreis zu haben und seinen Alltag im Wesentlichen in der Öffentlichkeit – im Mehrfamilienhaus, in der Nachbarschaft und "in der ganzen Stadt" – zu verbringen. Er treffe regelmäßig viele Freunde und Bekannte, mit denen er Kaffee trinke, essen gehe und sich unterhalte. Im Oktober 2015 hat der Kläger bei Dr. E. noch angegeben, gemeinsam mit seiner Ehefrau öfters in der Woche mit befreundeten Ehepaaren sportlichen Aktivitäten nachzugehen. Nach seinen Angaben im Mai 2017 bei Prof. Dr. A., hat er seine Sportarten Fußball und Tennis inzwischen wegen der Verletzungsgefahr aufgegeben - nicht jedoch wegen psychischer Beeinträchtigung. Eine Flugreise in sein Heimatland A. hat er zuletzt im März 2017 unternommen. Unabhängig davon, dass der Kläger seit 2010 bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis keine Berufstätigkeit mehr ausübt, ergibt sich bereits aus dieser Schilderung des normalen Tagesablaufs keine gravierende Antriebsschwäche.

Begründete Zweifel daran, dass aufgrund neurologisch-psychiatrischer Erkrankungen rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkungen des Klägers bestehen, ergeben sich insbesondere auch aus den in allen oben genannten Sachverständigengutachten beschriebenen inkonsistenten Angaben und Verdeutlichungstendenzen des Klägers: Sämtliche Anfallsereignisse, die seit Februar 2006 erwähnt sind, beruhen ausschließlich auf eigenen Angaben des Klägers bzw. fremdanamnestischen Angaben seiner Ehefrau. Keiner der vom SG als sachverständige Zeugen befragten Ärzte hat angegeben, selbst einmal einen Anfall des Klägers beobachtet zu haben. Weder während eines der zahlreichen Klinikaufenthalte noch in einer Arztpraxis oder in Anwesenheit nichtärztlicher Zeugen ist einer der Krampfanfälle des Klägers je beobachtet worden. Soweit die Ehefrau des Klägers bei der Anamneseerhebung durch Prof. Dr. B. (Sachverständigengutachten vom 21. Juli 2017 im Klageverfahren wegen Schwerbehinderung) angegeben hat, bei dem Kläger sei es nach Einlieferung in die Asklepios S.-Klinik G. am 14. Juni 2017 dort zu einem "dritten Anfall gekommen", ist dies nicht zutreffend. Aus dem Entlassungsbericht der Klinik vom 14. Juni 2017 ergibt sich aus Seite 2, dass während des stationären Aufenthaltes vom 8. bis 10. Juli 2017 "ein erneuter Krampfanfall nicht dokumentiert" wurde. Auch die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau gegenüber Prof. Dr. B., der Kläger sei in der Vergangenheit wegen Krampfanfällen zweimal mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht worden und er sei einmal im Anfall auf Zuggleise gestürzt, wird in keinem der zahlreichen aktenkundigen Krankenhausberichte bestätigt.

Darüber hinaus hat der Kläger in den Begutachtungssituationen bei den Sachverständigen O.-P., Dr. E., Prof. Dr. A. und Diplom-Psychologin B. jeweils auffallendes und verdeutlichendes Verhalten gezeigt: Bereits im November 2011 zeigte er sich bei der Fachärztin O.-P. "klagsam und ausgestaltend ( ) mit deutlich dissoziativen Elementen und einer Verdeutlichungstendenz". Im Beck’schen Depressionsinventar erreichte der Kläger im November 2011 einen signifikant erhöhten Wert von 44 Punkten und zeigte damit eine Diskrepanz in der Selbsteinschätzung zum eigentlichen Untersuchungsbefund. Im Rahmen der Untersuchung durch Dr. E. konnte im Oktober 2015 der Mehrfachwahl-Wortschatztest nicht durchgeführt werden, da der Kläger darauf verwiesen hat, er könne keinen Stift halten. Bei der orientierend neuropsychologischen Testung hat der Kläger auffällig mangelhafte Kooperation gezeigt. Er hat Aufgaben ausgeführt ohne überhaupt nachzudenken, wobei der Eindruck völlig wahlloser Angaben entstanden ist. Im Symptom-Validierungstest bei Dr. E. hat der Kläger ein derartig falsches Ergebnis erzielt, das eine gewisse Anstrengungsbereitschaft voraussetzt und auf bewusstseinsnahe Verdeutlichung schließen lässt. Im Minimental-Status-Test und im DemTect-Test hat der Kläger bei Dr. E. Werte erreicht, die den Schluss auf eine Demenz bzw. mittelschwere Demenz zulassen, die jedoch bei der Begutachtung nicht zu diagnostizieren gewesen ist. Bei der testpsychologischen Untersuchung durch die Diplom-Psychologin B. hat sich der Kläger ebenfalls auffällig gezeigt: Bei Schreibversuchen (Nachschreiben einer L-Schleife) hat er bei dreifachem Versuch kein reliables Störungsmuster im Sinne gleicher Schwierigkeiten gezeigt sondern wenig ausdauernd gearbeitet und die Richtung variiert. Dies obwohl feinmotorische Einschränkungen dann jedoch ausgeschlossen werden konnten, da der Kläger bei einer einfachen Würfelkonstruktionsaufgabe zwar mit deutlicher Zeitverlängerung und unsystematisch gearbeitet hat, die einzelnen Holzwürfel jedoch ohne Anzeichen von feinmotorischen Einschränkungen aufnehmen, loslassen und ohne Zittern der Hand gezielt platzieren konnte. Bei Prüfung der basalen Aufmerksamkeitsleistung (bei Erscheinen eines Kreuzes mittig auf dem Bildschirm muss so schnell wie möglich eine einfache Taste kurz gedrückt werden) hat der Kläger erst nach Aufforderung reagiert und dann die Taste immer so lange festgehalten, bis er zum Lösen des Tastendrucks noch einmal aufgefordert wurde. Im Test zur Arbeitsgeschwindigkeit hat der Kläger Werte von Patienten mit chronischen Hirnschädigungen und sehr weit unter dem Leistungsbereich von gesunden älteren Personen erreicht. Beim Vorlesen von Zahlen hat sich der Kläger zunächst wie ein Patient mit Sprachstörungen verhalten und hat dann – nach Ankündigung, dass nun zunächst das Zahlenlesen geübt werde, bis es zuverlässig sei – die Zahlen ohne weitere Verwechslungen richtig vorgelesen. Insgesamt hat die statistische Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger in den neuropsychologischen Untersuchungen kooperativ und anstrengungsbereit mitgewirkt hätte, nur einen Wert von 1 % erreicht. Schlüssig und für den Senat nachvollziehbar ist die Diplom-Psychologin B. daher zum Ergebnis gekommen, dass sowohl bei der von ihr durchgeführten Untersuchung als auch bei der testpsychologischen Untersuchung durch Dr. E. im Jahr 2015 ein Täuschungsverhalten vorgelegen hat. Die Werte der Untersuchungen bilden kognitive Leistungen auf dem Niveau einer schweren Demenz ab, die mit der Verhaltensbeobachtung nicht in Einklang zu bringen waren. Vor diesem Hintergrund schließt sich der Senat der in den Gutachten der Dr. E., des Prof. Dr. A. und der Diplom-Psychologin B. dargelegten Feststellung an, dass bei dem Kläger kognitive Leistungsminderungen, die im Zuge einer epileptischen Erkrankung vorliegen könnten, nicht erkennbar und nicht objektivierbar sind.

Dass aufgrund der neurologisch-psychiatrischen Befunde eine zeitliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens nicht gegeben ist, ergibt sich schließlich auch aus der Tatsache, dass der Kläger seit Februar 2006 bis Februar 2010 über mehrere Jahre trotz der in diesem Zeitraum von ihm beschriebenen Anfallsereignisse seine letzte berufliche Tätigkeit als Küchenhelfer durchgehend hat ausüben können. Den eigenen Angaben des Klägers lässt sich auch nicht entnehmen, dass er sich zur Verrichtung seiner letzten Berufstätigkeit nicht mehr im Stande sieht. Bei Dr. E. hat er angegeben, bezüglich seiner Arbeit in der Küche keine Einschränkungen zu sehen. Als Grund für die Arbeitsaufgabe hat er im Oktober 2015 seine Fahruntauglichkeit genannt. Bei Prof. Dr. A. hat er angegeben, in den letzten Berufsjahren von 2006 bis 2010 wegen des Fahrverbots aufgrund Epilepsie dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Wegstrecke von 30 km zu seinem Arbeitsplatz zurückgelegt zu haben. Als Grund für die Arbeitsaufgabe hat er die vom Arbeitgeber dann plötzlich vorgesehene Schichtarbeit genannt, für die ihn der Hausarzt krankgeschrieben habe. Ebenso wie der Kläger selbst halten die Fachärztin O.-P., Dr. E. und Prof. Dr. A. die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhelfer für weiterhin zumutbar und möglich. Bereits bei der Untersuchung in der neurologischen Universitätsklinik der Universitätsmedizin M. durch Dr. C. am 21. Februar 2012 und auch bei den Untersuchungen durch Dr. E. und Prof. Dr. A. haben die durchgeführten EEG-Ableitungen jeweils keine Allgemeinveränderung, keinen Herdbefund und keine spezifisch epilepsietypischen Potenziale ergeben. Die Gutachter haben übereinstimmend darauf hingewiesen, dass ein Anfallsleiden bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen grundsätzlich einer Berufstätigkeit nicht entgegensteht, wobei gegebenenfalls nach einem Anfall für zumindest einen Tag Arbeitsunfähigkeit bestehen werde. Schlüssig, nachvollziehbar und übereinstimmend sind die Sachverständigen zum Ergebnis gekommen, dass eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens durch die neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen nicht bedingt ist. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an.

Im Rahmen der Beweiswürdigung war schließlich zu berücksichtigen, dass der Kläger trotz langjährig beschriebener Anfallserkrankung ihm wiederholt angebotene Diagnose- und Behandlungsmethoden abgelehnt bzw. nicht wahrgenommen hat. Dem Kläger wurde in der Vergangenheit mehrfach zu einem stationären Aufenthalt in einem Epilepsiezentrum zur Diagnostik und zur besseren medikamentösen Einstellung der Anfälle geraten. Die behandelnde Ärztin Dr. H. wollte den Kläger bereits 2012 zur stationären Behandlung in eine Fachklinik einweisen, was dieser jedoch abgelehnt hat. Gegenüber der Sachverständigen Dr. E. hat der Kläger im September 2015 angegeben, nun zu einem solchen Klinikaufenthalt bereit zu sein, was dann jedoch bis zur Untersuchung durch den Sachverständigen Prof. Dr. A. im April 2017 nicht umgesetzt worden ist, da der Kläger eine Behandlung in einer Epilepsieklinik nun doch wieder verweigerte. Gleiches gilt für die seitens des PZN nach Einweisung des Klägers wegen fremdaggressiven Verhaltens und Bedrohung von Personen empfohlene ambulante Weiterbehandlung in der psychiatrischen Fachambulanz in W ... Zu dem bereits durch die Klinik vereinbarten Termin am 30. November 2015 ist der Kläger zwar erschienen, hat den dann auf den 4. Januar 2016 vergebenen Folgetermin jedoch nicht wahrgenommen und seither keinen Kontakt mehr zur Ambulanz des PZN gesucht. Auch diese Umstände sprechen dafür, dass der Kläger nicht unter einer Krankheit leidet, die trotz zumutbarer eigener Anstrengung sowie Inanspruchnahme und Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten dauerhaft zu einer rentenrechtlich relevanten Einschränkung des Leistungsvermögens führen würde. Dass die auf internistischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen des Klägers nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen, ergibt sich aus dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr. A ... Schlüssig und nachvollziehbar ist Dr. A. zum Ergebnis gekommen, dass der Diabetes mellitus medikamentös gut eingestellt ist und aus der Nierenerkrankung keine Leistungseinschränkungen resultieren. Aus den zahlreichen vorliegenden Befundberichten der behandelnden Ärzte ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund des Diabetes und der Niereninsuffizienz das berufliche Leistungsvermögen des Klägers in rentenrechtlich relevanter Weise eingeschränkt wäre. Wenn Nachtschicht vermieden wird und dem Kläger bei gewisser Planbarkeit des Tagesablaufs eine adäquate Selbstkontrolle des Stoffwechsels möglich ist, sind zeitliche Leistungseinschränkungen nicht erkennbar. Soweit in der Vergangenheit ärztlicherseits keine Einigkeit bestand, ob bei dem Kläger ein Diabetes mellitus Typ I oder Typ II vorliegt, ist dies für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant. Unabhängig von der differenzialdiagnostischen Einordnung ist für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nur das Maß der tatsächlichen Beeinträchtigung ausschlaggebend, nicht jedoch die Bezeichnung der Diagnose selbst. Nach den durchgeführten Katarakt-Operationen ist das Sehvermögen des Klägers - bei Versorgung mit einer Brille - offenbar ungestört. Dies ergibt sich bereits daraus, dass während der wiederholten mehrstünden Begutachtungen keinerlei Beeinträchtigungen des Klägers bezüglich der Augen geschildert worden sind oder erkennbar waren. Bei Gesamtwürdigung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen besteht keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen bezogen auf die dokumentierten internistischen und augenärztlichen Befunde.

Soweit Dr. H., die den Kläger bis zu seinem auch ihr gegenüber gezeigten fremdaggressiven Verhalten im November 2015 behandelt hat, dem Kläger mehrfach ein aufgehobenes berufliches Leistungsvermögen attestiert hat, so ist dem nicht zu folgen. Schlüssig, überzeugend und übereinstimmend haben die Sachverständigen Dr. E. und Professor Dr. A. darauf hingewiesen, dass bereits die von Dr. H. gestellte Diagnose einer vorliegenden generalisierten Angststörung nicht übernommen werden kann und dass das beschriebene Anfallsleiden nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führt.

Soweit das SG auch einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint hat, ist dies zutreffend. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts in vollem Umfang. Bezüglich der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wurde im Lauf des Berufungsverfahrens von klägerischer Seite nichts vorgetragen und es haben sich auch sonst hierzu keinerlei neue Erkenntnisse ergeben. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher.

Schließlich ist noch festzustellen, dass die Wegefähigkeit des Klägers nicht in rentenrechtlich relevanter Weise eingeschränkt ist. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger am 13. September 2016 durch unwiderrufliche Erklärung gegenüber dem Landratsamt K. auf seine Fahrerlaubnis verzichtet hat. Selbst wenn der Kläger nicht mehr selbst Auto fährt, ist ihm nach überzeugender und übereinstimmender Einschätzung der befasst gewesenen Sachverständigen die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wege zum und vom Arbeitsplatz zumutbar, ebenso das Zurücklegen einer Gehstrecke von etwas über 500 m in 20 Minuten. Unter Berücksichtigung der Schilderung seines normalen Tagesablaufs mit täglichen Spaziergängen "in der ganzen Stadt" ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wegefähigkeit des Klägers eingeschränkt wäre.

Auch das vom Kläger noch vorgelegte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. rechtfertigt keine für den Kläger günstigere Entscheidung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei dem Kläger ein GdB von 90 festgestellt ist und Merkzeichen beantragt sind. Die im Verfahren wiederholt geäußerte Auffassung des Klägers, mit dem bei ihm zuerkannten GdB von 90 müsse er "nicht mehr arbeiten gehen" entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die Feststellungen der Versorgungsverwaltung über bestehende Behinderungen und die Höhe des Grades der Behinderung sowie die Zuerkennung von Merkzeichen erfolgen nach den besonderen Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - SGB IX - (§§ 2, 69 SGB IX) und haben keine unmittelbaren Auswirkungen auf die hier im Streit stehende Entscheidung der Beklagten über das Vorliegen von Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung.

Damit kann der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden sind permanente Zwangshaltungen (insbesondere häufige Rumpfvorneige), häufiges Bücken und häufiges Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten. Nicht mehr möglich sind Arbeiten an gefährdenden Maschinen, keine Akkord- oder Fließbandarbeit und keine Nachtschicht. Tätigkeiten, die besondere geistige Beanspruchung oder die Übernahme besonders hoher Verantwortung erfordern, sind nicht mehr möglich. Zu vermeiden sind ferner Fahrertätigkeiten sowie Flickerlichtbelastungen. Eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt damit nicht vor; dem Kläger sind beispielsweise einfache Bürotätigkeiten oder einfache Sortier-, Montier- oder Verpackungstätigkeiten mit leichten Industrie- und Handelsprodukten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 1999, B 5 RJ 30/98 R, Juris) vollschichtig möglich, so dass sich Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes beschreiben lassen, weshalb es der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedarf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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