Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 5624/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3123/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Kindererziehung ihrer Tochter A.
Die 1947 geborene Klägerin ist italienische Staatsbürgerin und lebt seit 1963 in der Bundesrepublik Deutschland. Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung sind - mit Unterbrechungen - ab dem 20.05.1963 festgestellt.
Die Klägerin ist Mutter von vier Kindern; die Tochter F. wurde am 23.12.1965 geboren, die Tochter A. am 15.07.1967 und der Sohn D. am 01.08.1969. Die am 29.12.1970 geborene Tochter G. verstarb am 11.08.1971. Die Töchter A. und F. wurden im Dezember 1967 zur Betreuung zu den Großeltern und der Schwester der Klägerin L. D. nach Italien gebracht.
Im Rahmen eines Antrags auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 21.10.1998 gab die Klägerin an, die drei älteren Kinder während der gesamten 10 Jahre bis zum vollendeten 10. Lebensjahr erzogen zu haben. Die Kinder seien innerhalb der ersten 10 Jahre nach der Geburt nicht überwiegend von anderen Personen erzogen worden. Im Rahmen eines Antrags auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung holte die Beklagte bei der Gemeinde L. die Auskunft vom 13.06.2006 ein, wonach die Klägerin in der Gemeinde L. vom 13.05.1963 bis 17.11.1981 und ab dem 13.12.1995 wohnhaft gewesen sei. Hinsichtlich der Tochter F. ist vermerkt: "Zuzug am 23.12.1965 von W., Wegzug am 20.12.1967 nach A., Zuzug am 23.09.1968 von A.", hinsichtlich der Tochter A.: "Zuzug am 15.07.1967 seit Geburt, Wegzug am 20.12.1967 nach A., Zuzug am 01.09.1969 von A.".
Mit Bescheid vom 11.09.2006 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, mit Bescheid vom 08.03.2012 Altersrente für langjährig Versicherte. Bei der Berechnung der Rente wurden Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung vom 01.01.1966 bis 31.12.1966, vom 01.08.1967 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1969 bis 31.08.1971 sowie Berücksichtigungszeiten vom 01.01.1966 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1968 bis 31.07.1979 berücksichtigt. Für die Zeit vom 01.01.1968 bis 31.08.1968 wurden keine Zeiten wegen Kindererziehung in die Rentenberechnung eingestellt. Für die Tochter A. wurden Kindererziehungszeiten vom 01.08.1967 bis 31.12.1967 und Kinderberücksichtigungszeiten vom 15.07.1967 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1969 bis 31.07.1977 berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 08.08.2014 berechnete die Beklagte die Altersrente der Klägerin mit einem Zuschlag für Kindererziehung (sog. Mütterrente) ab dem 01.07.2014 neu. Ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung wurde für zwei Kinder (F. und D.) gewährt.
Mit Schreiben vom 09.10.2014 übersandte der Bevollmächtigte der Klägerin eine Bescheinigung der Gemeinde A./Italien vom 15.09.2014, aus der hervorgeht, dass A. dort nie gemeldet war. Sein Anliegen konkretisierte er schließlich mit Schreiben vom 05.02.2015. Er trug vor, A. habe ausschließlich von Dezember 1967 bis Juli 1968 in Italien gelebt. Im August 1968 sei sie wieder nach L. in den Haushalt der Mutter geholt worden. Beigefügt war eine schriftliche Bescheinigung des geschiedenen Ehemanns der Klägerin, Herrn G. F., in welcher dieser bestätigt, A. sei im Dezember 1967 nach Italien gebracht und im August 1968 wieder zurückgeholt worden. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, sie habe ihre Tochter A. in den Sommerferien 1968 zurückgeholt, dies sei etwa im Juli 1968 gewesen.
Mit Bescheid vom 01.07.2015 lehnte die Beklagte die Neuberechnung der Altersrente mit einem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung ab, weil bei der Rente keine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt für das Kind A. angerechnet worden sei. Für die Gewährung des Zuschlags wäre ein Aufenthalt der Tochter A. im Juli 1968 in Deutschland Voraussetzung gewesen. Nach Angaben der Klägerin sei das Kind aber erst im August 1968 nach Deutschland geholt worden.
Zur Begründung ihres hiergegen am 28.07.2015 eingelegten Widerspruchs ließ die Klägerin vortragen, A. sei entgegen des vorangegangenen Vortrags bereits in der Woche des 20.06.1968 nach Deutschland zurückgeholt worden. Da das Geschehen über 40 Jahre zurückliege, müssten die Zeitangaben, die ihr geschiedener Ehemann im Verwaltungsverfahren gemacht habe, in Zweifel gezogen werden. Ihre Schwester, Frau L. D., die beim Abholen zugegen gewesen sei, könne sich zweifelsfrei daran erinnern, dass A. vor den Sommerferien in der Woche des 20.06.1968 von Italien nach Deutschland zurückgebracht worden sei. Die D. teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, aus der Zeit von 1967 bis 1969 seien keine Unterlagen mehr vorhanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Voraussetzungen des § 307d Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten seien nur bezüglich der Kinder F. und D. erfüllt. Ein Zuschlag für A. könne nicht gewährt werden, da für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt keine Kindererziehungszeit anzurechnen sei. Die Auskunft des Einwohnermeldeamtes bestätige die Richtigkeit der Entscheidung. Auch sei aufgrund des Vorbringens der Klägerin nicht nachgewiesen, dass eine Erziehung im Inland im Juli 1968 stattgefunden habe. Noch im Schreiben vom 05.02.2015 habe der Bevollmächtigte der Klägerin selbst ausgeführt, A. sei im August 1968 zurück nach L. geholt worden. Ob dies nun tatsächlich im Jahr 1968 oder, wie aus der Bescheinigung des Einwohnermeldeamts hervorgehe, im Jahr 1969 gewesen sei, sei irrelevant, da dies in keinem Fall zur Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit für den zwölften Monat nach der Geburt führe.
Hiergegen hat die Klägerin am 16.11.2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe A. in der Woche des 20.06.1968 von Italien nach Deutschland gebracht. Dies könnten ihr geschiedener Ehemann, Herr G. F., sowie ihre Schwester, Frau L. D., bestätigen. Der geschiedene Ehemann habe sich bei seinen Angaben getäuscht, da das Geschehen über 40 Jahre zurückliege; dessen Zeitangaben seien zu berichtigen. Die Bescheinigung des Einwohnermeldeamts der Gemeinde L. sei nicht aussagekräftig, weil damals die Angaben bezüglich des Hin- und Rückzugs nicht weiter beachtet und nicht sorgfältig genug getätigt worden seien. Die Tochter habe den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht und hier Kindergarten und Schule besucht. Eine Verwehrung von Kindererziehungsleistungen sei unter diesen Umständen rechtswidrig.
Das SG hat zunächst im Rahmen eines Erörterungstermins am 22.04.2016 die Klägerin zur Sache gehört und Herrn G. F. als Zeugen befragt. Sodann hat es im Wege eines Rechtshilfeersuchens Frau L. D. als Zeugin in Italien vernehmen lassen. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf die beglaubigte Übersetzung des Vernehmungsprotokolls (Bl. 85 der SG-Akte) Bezug genommen.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.07.2017 abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 22.04.2013 (gemeint wohl Bescheid vom 08.08.2014) nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abzuändern, da sie bei Erlass dieses Bescheides weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei noch das Recht unrichtig angewandt habe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung der sogenannten "Mütterrente" für ihre Tochter A. Für den zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt der Tochter A. könne keine Kindererziehungszeit angerechnet werden, da das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass die Erziehung im Juli 1968 durch die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei. Wann genau A. wieder zurück zu ihren Eltern nach L. gekommen sei, habe indes nicht vollständig aufgeklärt werden können. Der Vortrag der Klägerin, dass dies im Juni 1968 gewesen sei, habe das Gericht nicht zu überzeugen vermocht. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren stets behauptet hätten, dies sei im August 1968 bzw. evtl. auch im Juli 1968 gewesen. Erst nachdem die Beklagte im Bescheid vom 01.07.2015 ausgeführt habe, dass eine Erziehung der A. im Juli 1968 Voraussetzung für die Gewährung der Mütterrente sei, habe die Klägerin umgeschwenkt und behauptet, dass A. ganz sicher im Juni 1968 zurückgeholt worden sei. Das Gericht gehe daher von einem nunmehr angepassten Vortrag aus. Gegen eine Abholung der A. im Juni 1968 spreche außerdem, dass die Klägerin im Termin zur mündlichen Erörterung angegeben habe, sich genau daran erinnern zu können, dass sie A. in der Woche vor Beginn der Sommerferien in Deutschland abgeholt hätten. Dies passe aber nicht zu dem Umstand, dass die Sommerferien in B. im Jahr 1968 am 25. Juli angefangen hätten. Das Vorbringen sei in keiner Weise objektivierbar. Der frühere Ehemann der Klägerin habe die Abholung der A. in Juni 1968 ebenfalls nicht bestätigten können, sondern wissen lassen, dass er sich nach so langer Zeit nicht mehr an die genauen Umstände erinnern könne. Auch die Aussage der Zeugin D. habe das Gericht nicht überzeugt. Dabei zweifle das Gericht nicht daran, dass die Zeugin A. während ihrer Zeit in Italien tatsächlich betreut habe und damit grundsätzlich Angaben zu dem streitigen Sachverhalt machen könne. Indes sei zum einen der Umstand zu berücksichtigen, dass die Zeugin als Schwester der Klägerin zu dieser in einem Näheverhältnis stehe. Zum anderen seien angesichts der Tatsache, dass der zu klärende Sachverhalt mittlerweile 49 Jahre zurückliege und damit die Erinnerungen naturgemäß nicht mehr frisch sein könnten, besonders hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Aussage zu stellen. Auf entsprechende Nachfrage, warum sie sich ganz sicher sei, dass A. im Juni 1968 abgeholt worden sei, habe die Zeugin lediglich mitgeteilt, dies sei deshalb der Fall, weil sie A. fünf Monate lang betreut habe. Diese Einlassung genüge insbesondere vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Aussagen der Klägerin sowie der fehlenden Objektivierbarkeit ihres Vortrags jedoch nicht, um sich eine hinreichende Überzeugung davon zu verschaffen, dass A. tatsächlich im Monat Juni 1968 abgeholt worden sei.
Gegen den ihr am 25.07.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 09.08.2017 Berufung einlegen lassen und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag hat sie ausgeführt, sie beantrage, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, damit dort geklärt und festgestellt werde, dass § 307d SGB VI eine unzulässige Diskriminierung von EU-Ausländern darstelle. Um die Voraussetzungen des § 307d SGB VI zu erfüllen, müsse nach fast 50 Jahren ein Monat im Leben eines damaligen Kindes lückenlos nachzuweisen sein, wobei bei EU-Ausländern die Bestätigung der Mutter, dass sie ihr Kind im zwölften Kalendermonat nach Ablaufs des Monats der Geburt betreut habe, nicht ausreiche. Es werde darauf hingewiesen, dass bei inländischen deutschen Müttern kein Beweis dafür gefordert werde, dass diese im zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt das Kind betreut und erzogen hätten. Es liege auf der Hand, dass dieser Nachweis, wie dies von den deutschen Gerichten gehandhabt werde, nur mit äußersten Mühen erbracht werden könne, da infolge des langen Zeitablaufes wichtige Zeugen verstorben seien, sich andere Zeugen nicht an weit zurückliegende Sachverhalte erinnern könnten und dem Umstand nicht Rechnung getragen werde, dass insbesondere EU-Ausländer infolge von Sprachschwierigkeiten und finanziellen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen seien, jeden Monat im Leben eines Kindes beispielsweise durch fotografische Aufnahmen zu dokumentieren. A. sei 1967 in Deutschland geboren, so dass von den deutschen Gerichten von der italienischen Mutter und Klägerin ein Nachweis verlangt werde, dass das Kind im zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt von ihr erzogen werde. Es liege auf der Hand, dass Kinder von ihren Müttern auch erzogen werden, so dass ein deutsches Gericht beweisen müsse, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Keinesfalls könne einem EU-Ausländer auferlegt werden, den Nachweis bezüglich eines einzelnen Monats nach so langer Zeit lückenlos zu dokumentieren. Insbesondere, da eine solche Dokumentations- und Beweispflicht auch nicht bei deutschen Inländern bestehe. Es liege daher ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot einer italienischen Staatsbürgerin und somit einer EU-Ausländerin vor, was unzulässig sei. § 307d SGB VI verstoße daher gegen europäisches Recht, so dass eine Nichtzahlung der Mütterrente nicht zulasten der Klägerin angewendet werden könne.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juli 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. August 2014 abzuändern und der Klägerin ab dem 1. Juli 2014 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung ihrer Tochter A. zu gewähren, hilfsweise, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, damit dort abgeklärt und festgestellt wird, dass § 307d SGB VI eine unzulässige Diskriminierung von EU-Ausländern darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Berichterstatterin hat am 26.10.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt; wegen der dort gemachten Angaben der Klägerin wird auf die Niederschrift über den Termin Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 21.07.2017 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2015 zu Recht die Gewährung einer höheren Altersrente ab dem 01.07.2014 unter Abänderung des Bescheids vom 08.08.2014 abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die beantragte Abänderung des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 08.08.2014 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 08.08.2014, mit dem ab dem 01.07.2014 die Altersrente der Klägerin unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung von zwei Kindern neu berechnet worden ist, weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist noch das Recht falsch angewandt hat.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Kindererziehung ihrer drei Kinder, also auch ihrer Tochter A.
Rechtsgrundlage für einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung ist § 307d SGB VI in der ab dem 01.07.2014 gültigen Fassung vom 23.06.2014. Bestand danach am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente, wird ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt der angerechnet wurde und kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a SGB VI besteht. Der Zuschlag beträgt für jedes Kind einen persönlichen Entgeltpunkt.
Kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 Abs. 1 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes. Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind endet gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 249 Abs. 1 SGB VI (in der bis 30.06.2014 gültigen Fassung) zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Für einen Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Die Erziehungszeit ist grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat (§ 56 Abs. 2 SGB VI). Eine Erziehung ist im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat (§ 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VI). Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 249 Abs. 5 SGB VI). Eine Tatsache ist in diesem Sinne als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche Beweismittel erstrecken sollten, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Es genügt die gute Möglichkeit, dass sich der Vorgang so wie behauptet abgespielt hat, wobei durchaus noch gewisse Zweifel bestehen können (Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 96. EL, September 2017, § 249 SGB VI Rdnr. 12). Der Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist durch eine gewisse Relativität gekennzeichnet. Denn anders als bei der Frage der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs muss nicht absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es genügt also, wenn bei mehreren ernsthaft in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhalten muss einem gegenüber dem anderen ein gewisses Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht aus (Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, § 23 Rdnr. 5, Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, Juris). Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen, mangels einer entsprechenden rechtsförmlichen Ermächtigung jedoch nicht verlangt werden (§ 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Es besteht aber keine gesetzliche Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der durch die eidesstattliche Versicherung bezeugten Tatsache; sie unterliegt vielmehr der freien Beweiswürdigung (Mutschler in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 96. EL, September 2017, § 23 SGB X, Rdnr. 7).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass im zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt der Tochter A., mithin im Juli 1968 die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kindererziehungszeit vorgelegen haben.
Für den Senat steht aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin, die sich mit der Auskunft des Einwohnermeldeamts der Gemeinde L. vom 13.06.2006 deckt, fest, dass die Tochter A. im Dezember 1967 zur Betreuung durch die Großeltern und die Zeugin D. nach Italien gebracht wurde. Dass eine Betreuung in Italien jedenfalls in der ersten Jahreshälfte 1968 erfolgt ist, ergibt sich aus den Aussagen der Klägerin, des Zeugen F. und der Zeugin D. Die Klägerin hat daher ab Dezember 1967 ihre Tochter A. nicht mehr erzogen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Erziehung die Gesamtheit des tatsächlichen Verhaltens der Eltern, das nach ihrem Verständnis und ihren Vorstellungen dazu bestimmt und darauf gerichtet ist, die körperliche, geistige, seelische, sittliche und charakterliche Entwicklung des Kindes zu beeinflussen (BSG, Urteil vom 28.02.1991, 4 RA 76/90, Juris). Der Begriff ist im tatsächlichen Sinne zu verstehen und weit auszulegen. Grundsätzlich steht auch eine räumliche Trennung vom Kind bei auswärtiger Unterbringung oder ein vorübergehendes Unvermögen zur Ausübung der Erziehung dem Fortbestand der Haushaltsaufnahme und der Annahme einer durchgehenden Erziehung nicht entgegen, solange von der grundsätzlichen Einwirkungsmöglichkeit auf das Kind Gebrauch gemacht werden kann und gemacht wird (BSG, Urteil vom 29.03.1978, 5 RJ 4/77, Juris). Im vorliegenden Fall hatten die Eltern die Betreuung und Erziehung ihrer Tochter A. nicht nur vorübergehend, etwa für die Dauer eines Urlaubsaufenthaltes, sondern jedenfalls für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten an die Großeltern und die Tante übertragen. Eine konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf das Kind bestand bereits aufgrund der ganz erheblichen räumlichen Distanz nicht mehr; ein Kontakt etwa durch Besuche am Wochenende war aufgrund dieser Distanz nicht möglich. Eine Erziehung durch die Klägerin fand daher für die Zeit des Aufenthalts ihrer Tochter in Italien nicht statt. Selbst dann, wenn man trotz des mehrmonatigen Aufenthalts der Tochter bei den Großeltern und der Tante von einem Fortbestand der Erziehung durch die Mutter ausgehen wollte, fand die Erziehung jedenfalls nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland statt. Voraussetzung hierfür wäre, dass sich Elternteil und Kind während des fraglichen Zeitraums der Kindererziehung dort gewöhnlich aufgehalten haben (Gürtner in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 56 SGB VI, Rdnr. 44). Nachdem sich die Tochter jedenfalls für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten in Italien aufgehalten hat, ist der Aufenthalt dort nicht nur als vorübergehend anzusehen und von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in Italien auszugehen.
Unter Zugrundelegung der aufgezeigten Anforderungen an die Glaubhaftmachung hält es der Senat zwar für möglich, dass die Klägerin ihre Tochter A., wie vorgetragen, am 20.06.1968 wieder aus Italien zurückgeholt und damit im zwölften Monat nach ihrer Geburt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen hat, aber nicht für überwiegend wahrscheinlich. Für die Erziehung durch die Klägerin selbst im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Juli 1968 sprechen die Angaben der Klägerin und die Aussage der Zeugin D. In Übereinstimmung mit der schriftlichen Aussage des Zeugen F. hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren allerdings zunächst vortragen lassen, sie habe die Tochter im August 1968 wieder nach Deutschland geholt. Erst, nachdem die Beklagte im Bescheid vom 01.07.2015 ausgeführt hatte, dass eine Erziehung der A. im Juli 1968 Voraussetzung für einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten sei, hat sie behauptet, sie habe A. in der Woche des 20.06.1968 zurückgeholt; erst seit dem Klageverfahren trägt sie vor, das Kind genau am 20.06.1968 aus Italien zurückgeholt zu haben. Wie bereits das SG hält auch der Senat die Angaben vor diesem Hintergrund nicht für glaubhaft und geht von einem angepassten und zielgerichteten Vortrag aus. Der ersten Angabe gegenüber der Behörde, die noch nicht von zielgerichteten Überlegungen geleitet war, kommt nach Auffassung des Senats eine besondere Glaubwürdigkeit zu. Hinzu kommt, dass das Vorbringen der Klägerin in keiner Weise objektivierbar ist. Es liegen keinerlei Unterlagen, wie etwa Pass- oder sonstige Reisedokumente, Kalender, Fotografien oder ähnliches vor, die die Angaben der Klägerin bestätigten könnten. Weitere Ereignisse, die am 20.06.1968 oder in der Zeit davor oder danach stattgefunden haben und die konkrete Erinnerung gerade an dieses Datum nach mehr als 40 Jahren erklären könnten, konnte die Klägerin trotz mehrfacher Nachfrage nicht benennen. Warum ihr ausgerechnet dieses Datum in Erinnerung blieb, ist in keiner Weise nachvollziehbar gemacht worden. Für den Senat ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum der Klägerin gerade das Datum, an dem sie A. wieder abgeholt hat, im Gedächtnis geblieben ist, sie aber etwa zur Ausgestaltung der Feier des ersten Geburtstags keine konkreten Angaben mehr machen konnte. Zu einer anderen Einschätzung führt auch nicht die Aussage der im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens als Zeugin gehörten Schwester der Klägerin. Es bestehen nach den insoweit glaubwürdigen Angaben der Klägerin und der Zeugin keine Zweifel daran, dass die Zeugin A. während ihres Aufenthalts in Italien gemeinsam mit der Großmutter betreut hat und damit auch Angaben zum streitigen Sachverhalt machen kann. Bei der Würdigung ihrer Aussage ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Zeugin in einem Näheverhältnis zur Klägerin steht. Die Zeugin konnte auf Nachfrage, warum sie ganz sicher sei, dass A. in der Woche des 20.06.1968 abgeholt worden sei, keine konkreten Angaben machen. Sie hat lediglich mitgeteilt, dies sei deshalb der Fall, weil sie A. fünf Monate lang betreut habe. Warum A. dann gerade in der Woche des 20.06.1968 abgeholt wurde, konnte auch nicht durch objektivierbare Umstände erläutert werden, insbesondere, da sich A. zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als fünf Monate in Italien aufgehalten haben muss. Die Einlassung der Zeugin lässt den Vortrag der Klägerin daher ebenfalls nicht als glaubhaft erscheinen. Gegen den Vortrag der Klägerin spricht die Aussage des Zeugen F. Der frühere Ehemann der Klägerin hat im Termin zur mündlichen Erörterung am 22.04.2016 die Abholung der A. in Juni 1968 ebenfalls nicht bestätigten können, sondern wissen lassen, dass er sich nach so langer Zeit nicht mehr an die genauen Umstände erinnern könne. Schriftlich hatte er gegenüber der Beklagten aber angegeben, die Tochter im August 1968 abgeholt zu haben. Letztlich ist für den Senat die Auskunft der Gemeinde L., wonach die Tochter A. erst am 01.09.1969 wieder aus Italien zuzog, ausschlaggebend, um eine Rückkehr frühestens im August 1968 als überwiegend wahrscheinliche Alternative anzusehen. Eine Rückkehr im August entspricht auch den ersten Angaben der Klägerin und der ersten Aussage des Ehemanns.
Eine Vorlage beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) kam vorliegend nicht in Betracht. Wird eine Frage über die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union (Art. 267 Abs. 1 a und b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorlegen (Art. 267 Abs. 2 AEUV). Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Union verpflichtet.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, welche Fragen über die Auslegung der Verträge sich stellen sollten; ein europarechtlicher Bezug ist nicht ersichtlich und folgt nicht allein daraus, dass die Klägerin Ausländerin ist. Vorliegend ist allein streitig, ob die Tochter der Klägerin im zwölften Lebensmonat durch die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen wurde. Der Maßstab der Glaubhaftmachung für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 erheblich sind, ist für Deutsche und (EU-)Ausländer einheitlich in § 249 Abs. 5 SGB VI geregelt. Insoweit handelt es sich um einen innerdeutschen Vorgang, der europäisches Recht nicht berührt. Der Senat hält daher eine Entscheidung des EuGH nicht für erforderlich. Eine Vorlagepflicht besteht ohnehin nicht, da die Anfechtung von Entscheidungen eines nationalen Gerichts mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts auch dann möglich ist, wenn die Anfechtung nur nach vorheriger Zulassungserklärung durch das oberste Gericht geprüft werden kann (EuGH, Urteil vom 04.06.2002, C-99/00, Lyckeskog, Juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 10.12.2012, B 13 R 361/12 B, Juris), so dass die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Kindererziehung ihrer Tochter A.
Die 1947 geborene Klägerin ist italienische Staatsbürgerin und lebt seit 1963 in der Bundesrepublik Deutschland. Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung sind - mit Unterbrechungen - ab dem 20.05.1963 festgestellt.
Die Klägerin ist Mutter von vier Kindern; die Tochter F. wurde am 23.12.1965 geboren, die Tochter A. am 15.07.1967 und der Sohn D. am 01.08.1969. Die am 29.12.1970 geborene Tochter G. verstarb am 11.08.1971. Die Töchter A. und F. wurden im Dezember 1967 zur Betreuung zu den Großeltern und der Schwester der Klägerin L. D. nach Italien gebracht.
Im Rahmen eines Antrags auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 21.10.1998 gab die Klägerin an, die drei älteren Kinder während der gesamten 10 Jahre bis zum vollendeten 10. Lebensjahr erzogen zu haben. Die Kinder seien innerhalb der ersten 10 Jahre nach der Geburt nicht überwiegend von anderen Personen erzogen worden. Im Rahmen eines Antrags auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung holte die Beklagte bei der Gemeinde L. die Auskunft vom 13.06.2006 ein, wonach die Klägerin in der Gemeinde L. vom 13.05.1963 bis 17.11.1981 und ab dem 13.12.1995 wohnhaft gewesen sei. Hinsichtlich der Tochter F. ist vermerkt: "Zuzug am 23.12.1965 von W., Wegzug am 20.12.1967 nach A., Zuzug am 23.09.1968 von A.", hinsichtlich der Tochter A.: "Zuzug am 15.07.1967 seit Geburt, Wegzug am 20.12.1967 nach A., Zuzug am 01.09.1969 von A.".
Mit Bescheid vom 11.09.2006 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, mit Bescheid vom 08.03.2012 Altersrente für langjährig Versicherte. Bei der Berechnung der Rente wurden Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung vom 01.01.1966 bis 31.12.1966, vom 01.08.1967 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1969 bis 31.08.1971 sowie Berücksichtigungszeiten vom 01.01.1966 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1968 bis 31.07.1979 berücksichtigt. Für die Zeit vom 01.01.1968 bis 31.08.1968 wurden keine Zeiten wegen Kindererziehung in die Rentenberechnung eingestellt. Für die Tochter A. wurden Kindererziehungszeiten vom 01.08.1967 bis 31.12.1967 und Kinderberücksichtigungszeiten vom 15.07.1967 bis 31.12.1967 und vom 01.09.1969 bis 31.07.1977 berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 08.08.2014 berechnete die Beklagte die Altersrente der Klägerin mit einem Zuschlag für Kindererziehung (sog. Mütterrente) ab dem 01.07.2014 neu. Ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung wurde für zwei Kinder (F. und D.) gewährt.
Mit Schreiben vom 09.10.2014 übersandte der Bevollmächtigte der Klägerin eine Bescheinigung der Gemeinde A./Italien vom 15.09.2014, aus der hervorgeht, dass A. dort nie gemeldet war. Sein Anliegen konkretisierte er schließlich mit Schreiben vom 05.02.2015. Er trug vor, A. habe ausschließlich von Dezember 1967 bis Juli 1968 in Italien gelebt. Im August 1968 sei sie wieder nach L. in den Haushalt der Mutter geholt worden. Beigefügt war eine schriftliche Bescheinigung des geschiedenen Ehemanns der Klägerin, Herrn G. F., in welcher dieser bestätigt, A. sei im Dezember 1967 nach Italien gebracht und im August 1968 wieder zurückgeholt worden. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, sie habe ihre Tochter A. in den Sommerferien 1968 zurückgeholt, dies sei etwa im Juli 1968 gewesen.
Mit Bescheid vom 01.07.2015 lehnte die Beklagte die Neuberechnung der Altersrente mit einem Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung ab, weil bei der Rente keine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt für das Kind A. angerechnet worden sei. Für die Gewährung des Zuschlags wäre ein Aufenthalt der Tochter A. im Juli 1968 in Deutschland Voraussetzung gewesen. Nach Angaben der Klägerin sei das Kind aber erst im August 1968 nach Deutschland geholt worden.
Zur Begründung ihres hiergegen am 28.07.2015 eingelegten Widerspruchs ließ die Klägerin vortragen, A. sei entgegen des vorangegangenen Vortrags bereits in der Woche des 20.06.1968 nach Deutschland zurückgeholt worden. Da das Geschehen über 40 Jahre zurückliege, müssten die Zeitangaben, die ihr geschiedener Ehemann im Verwaltungsverfahren gemacht habe, in Zweifel gezogen werden. Ihre Schwester, Frau L. D., die beim Abholen zugegen gewesen sei, könne sich zweifelsfrei daran erinnern, dass A. vor den Sommerferien in der Woche des 20.06.1968 von Italien nach Deutschland zurückgebracht worden sei. Die D. teilte auf Nachfrage der Beklagten mit, aus der Zeit von 1967 bis 1969 seien keine Unterlagen mehr vorhanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Voraussetzungen des § 307d Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten seien nur bezüglich der Kinder F. und D. erfüllt. Ein Zuschlag für A. könne nicht gewährt werden, da für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt keine Kindererziehungszeit anzurechnen sei. Die Auskunft des Einwohnermeldeamtes bestätige die Richtigkeit der Entscheidung. Auch sei aufgrund des Vorbringens der Klägerin nicht nachgewiesen, dass eine Erziehung im Inland im Juli 1968 stattgefunden habe. Noch im Schreiben vom 05.02.2015 habe der Bevollmächtigte der Klägerin selbst ausgeführt, A. sei im August 1968 zurück nach L. geholt worden. Ob dies nun tatsächlich im Jahr 1968 oder, wie aus der Bescheinigung des Einwohnermeldeamts hervorgehe, im Jahr 1969 gewesen sei, sei irrelevant, da dies in keinem Fall zur Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit für den zwölften Monat nach der Geburt führe.
Hiergegen hat die Klägerin am 16.11.2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe A. in der Woche des 20.06.1968 von Italien nach Deutschland gebracht. Dies könnten ihr geschiedener Ehemann, Herr G. F., sowie ihre Schwester, Frau L. D., bestätigen. Der geschiedene Ehemann habe sich bei seinen Angaben getäuscht, da das Geschehen über 40 Jahre zurückliege; dessen Zeitangaben seien zu berichtigen. Die Bescheinigung des Einwohnermeldeamts der Gemeinde L. sei nicht aussagekräftig, weil damals die Angaben bezüglich des Hin- und Rückzugs nicht weiter beachtet und nicht sorgfältig genug getätigt worden seien. Die Tochter habe den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht und hier Kindergarten und Schule besucht. Eine Verwehrung von Kindererziehungsleistungen sei unter diesen Umständen rechtswidrig.
Das SG hat zunächst im Rahmen eines Erörterungstermins am 22.04.2016 die Klägerin zur Sache gehört und Herrn G. F. als Zeugen befragt. Sodann hat es im Wege eines Rechtshilfeersuchens Frau L. D. als Zeugin in Italien vernehmen lassen. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf die beglaubigte Übersetzung des Vernehmungsprotokolls (Bl. 85 der SG-Akte) Bezug genommen.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.07.2017 abgewiesen. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 22.04.2013 (gemeint wohl Bescheid vom 08.08.2014) nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abzuändern, da sie bei Erlass dieses Bescheides weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei noch das Recht unrichtig angewandt habe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Altersrente unter Berücksichtigung der sogenannten "Mütterrente" für ihre Tochter A. Für den zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt der Tochter A. könne keine Kindererziehungszeit angerechnet werden, da das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass die Erziehung im Juli 1968 durch die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei. Wann genau A. wieder zurück zu ihren Eltern nach L. gekommen sei, habe indes nicht vollständig aufgeklärt werden können. Der Vortrag der Klägerin, dass dies im Juni 1968 gewesen sei, habe das Gericht nicht zu überzeugen vermocht. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren stets behauptet hätten, dies sei im August 1968 bzw. evtl. auch im Juli 1968 gewesen. Erst nachdem die Beklagte im Bescheid vom 01.07.2015 ausgeführt habe, dass eine Erziehung der A. im Juli 1968 Voraussetzung für die Gewährung der Mütterrente sei, habe die Klägerin umgeschwenkt und behauptet, dass A. ganz sicher im Juni 1968 zurückgeholt worden sei. Das Gericht gehe daher von einem nunmehr angepassten Vortrag aus. Gegen eine Abholung der A. im Juni 1968 spreche außerdem, dass die Klägerin im Termin zur mündlichen Erörterung angegeben habe, sich genau daran erinnern zu können, dass sie A. in der Woche vor Beginn der Sommerferien in Deutschland abgeholt hätten. Dies passe aber nicht zu dem Umstand, dass die Sommerferien in B. im Jahr 1968 am 25. Juli angefangen hätten. Das Vorbringen sei in keiner Weise objektivierbar. Der frühere Ehemann der Klägerin habe die Abholung der A. in Juni 1968 ebenfalls nicht bestätigten können, sondern wissen lassen, dass er sich nach so langer Zeit nicht mehr an die genauen Umstände erinnern könne. Auch die Aussage der Zeugin D. habe das Gericht nicht überzeugt. Dabei zweifle das Gericht nicht daran, dass die Zeugin A. während ihrer Zeit in Italien tatsächlich betreut habe und damit grundsätzlich Angaben zu dem streitigen Sachverhalt machen könne. Indes sei zum einen der Umstand zu berücksichtigen, dass die Zeugin als Schwester der Klägerin zu dieser in einem Näheverhältnis stehe. Zum anderen seien angesichts der Tatsache, dass der zu klärende Sachverhalt mittlerweile 49 Jahre zurückliege und damit die Erinnerungen naturgemäß nicht mehr frisch sein könnten, besonders hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Aussage zu stellen. Auf entsprechende Nachfrage, warum sie sich ganz sicher sei, dass A. im Juni 1968 abgeholt worden sei, habe die Zeugin lediglich mitgeteilt, dies sei deshalb der Fall, weil sie A. fünf Monate lang betreut habe. Diese Einlassung genüge insbesondere vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Aussagen der Klägerin sowie der fehlenden Objektivierbarkeit ihres Vortrags jedoch nicht, um sich eine hinreichende Überzeugung davon zu verschaffen, dass A. tatsächlich im Monat Juni 1968 abgeholt worden sei.
Gegen den ihr am 25.07.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 09.08.2017 Berufung einlegen lassen und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag hat sie ausgeführt, sie beantrage, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, damit dort geklärt und festgestellt werde, dass § 307d SGB VI eine unzulässige Diskriminierung von EU-Ausländern darstelle. Um die Voraussetzungen des § 307d SGB VI zu erfüllen, müsse nach fast 50 Jahren ein Monat im Leben eines damaligen Kindes lückenlos nachzuweisen sein, wobei bei EU-Ausländern die Bestätigung der Mutter, dass sie ihr Kind im zwölften Kalendermonat nach Ablaufs des Monats der Geburt betreut habe, nicht ausreiche. Es werde darauf hingewiesen, dass bei inländischen deutschen Müttern kein Beweis dafür gefordert werde, dass diese im zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt das Kind betreut und erzogen hätten. Es liege auf der Hand, dass dieser Nachweis, wie dies von den deutschen Gerichten gehandhabt werde, nur mit äußersten Mühen erbracht werden könne, da infolge des langen Zeitablaufes wichtige Zeugen verstorben seien, sich andere Zeugen nicht an weit zurückliegende Sachverhalte erinnern könnten und dem Umstand nicht Rechnung getragen werde, dass insbesondere EU-Ausländer infolge von Sprachschwierigkeiten und finanziellen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen seien, jeden Monat im Leben eines Kindes beispielsweise durch fotografische Aufnahmen zu dokumentieren. A. sei 1967 in Deutschland geboren, so dass von den deutschen Gerichten von der italienischen Mutter und Klägerin ein Nachweis verlangt werde, dass das Kind im zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt von ihr erzogen werde. Es liege auf der Hand, dass Kinder von ihren Müttern auch erzogen werden, so dass ein deutsches Gericht beweisen müsse, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Keinesfalls könne einem EU-Ausländer auferlegt werden, den Nachweis bezüglich eines einzelnen Monats nach so langer Zeit lückenlos zu dokumentieren. Insbesondere, da eine solche Dokumentations- und Beweispflicht auch nicht bei deutschen Inländern bestehe. Es liege daher ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot einer italienischen Staatsbürgerin und somit einer EU-Ausländerin vor, was unzulässig sei. § 307d SGB VI verstoße daher gegen europäisches Recht, so dass eine Nichtzahlung der Mütterrente nicht zulasten der Klägerin angewendet werden könne.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 21. Juli 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. August 2014 abzuändern und der Klägerin ab dem 1. Juli 2014 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung ihrer Tochter A. zu gewähren, hilfsweise, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, damit dort abgeklärt und festgestellt wird, dass § 307d SGB VI eine unzulässige Diskriminierung von EU-Ausländern darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die Berichterstatterin hat am 26.10.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt; wegen der dort gemachten Angaben der Klägerin wird auf die Niederschrift über den Termin Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 21.07.2017 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2015 zu Recht die Gewährung einer höheren Altersrente ab dem 01.07.2014 unter Abänderung des Bescheids vom 08.08.2014 abgelehnt.
Rechtsgrundlage für die beantragte Abänderung des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 08.08.2014 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 08.08.2014, mit dem ab dem 01.07.2014 die Altersrente der Klägerin unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung von zwei Kindern neu berechnet worden ist, weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist noch das Recht falsch angewandt hat.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung eines Zuschlags an persönlichen Entgeltpunkten für die Kindererziehung ihrer drei Kinder, also auch ihrer Tochter A.
Rechtsgrundlage für einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung ist § 307d SGB VI in der ab dem 01.07.2014 gültigen Fassung vom 23.06.2014. Bestand danach am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente, wird ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt der angerechnet wurde und kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a SGB VI besteht. Der Zuschlag beträgt für jedes Kind einen persönlichen Entgeltpunkt.
Kindererziehungszeiten sind gemäß § 56 Abs. 1 SGB VI Zeiten der Erziehung eines Kindes. Die Kindererziehungszeit für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind endet gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 249 Abs. 1 SGB VI (in der bis 30.06.2014 gültigen Fassung) zwölf Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt. Für einen Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Die Erziehungszeit ist grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat (§ 56 Abs. 2 SGB VI). Eine Erziehung ist im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat (§ 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VI). Für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 erheblich sind, genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 249 Abs. 5 SGB VI). Eine Tatsache ist in diesem Sinne als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche Beweismittel erstrecken sollten, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Es genügt die gute Möglichkeit, dass sich der Vorgang so wie behauptet abgespielt hat, wobei durchaus noch gewisse Zweifel bestehen können (Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 96. EL, September 2017, § 249 SGB VI Rdnr. 12). Der Beweismaßstab der Glaubhaftmachung ist durch eine gewisse Relativität gekennzeichnet. Denn anders als bei der Frage der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs muss nicht absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es genügt also, wenn bei mehreren ernsthaft in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhalten muss einem gegenüber dem anderen ein gewisses Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht aus (Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, § 23 Rdnr. 5, Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, Juris). Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen, mangels einer entsprechenden rechtsförmlichen Ermächtigung jedoch nicht verlangt werden (§ 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Es besteht aber keine gesetzliche Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der durch die eidesstattliche Versicherung bezeugten Tatsache; sie unterliegt vielmehr der freien Beweiswürdigung (Mutschler in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 96. EL, September 2017, § 23 SGB X, Rdnr. 7).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass im zwölften Monat nach Ablauf des Monats der Geburt der Tochter A., mithin im Juli 1968 die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kindererziehungszeit vorgelegen haben.
Für den Senat steht aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin, die sich mit der Auskunft des Einwohnermeldeamts der Gemeinde L. vom 13.06.2006 deckt, fest, dass die Tochter A. im Dezember 1967 zur Betreuung durch die Großeltern und die Zeugin D. nach Italien gebracht wurde. Dass eine Betreuung in Italien jedenfalls in der ersten Jahreshälfte 1968 erfolgt ist, ergibt sich aus den Aussagen der Klägerin, des Zeugen F. und der Zeugin D. Die Klägerin hat daher ab Dezember 1967 ihre Tochter A. nicht mehr erzogen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Erziehung die Gesamtheit des tatsächlichen Verhaltens der Eltern, das nach ihrem Verständnis und ihren Vorstellungen dazu bestimmt und darauf gerichtet ist, die körperliche, geistige, seelische, sittliche und charakterliche Entwicklung des Kindes zu beeinflussen (BSG, Urteil vom 28.02.1991, 4 RA 76/90, Juris). Der Begriff ist im tatsächlichen Sinne zu verstehen und weit auszulegen. Grundsätzlich steht auch eine räumliche Trennung vom Kind bei auswärtiger Unterbringung oder ein vorübergehendes Unvermögen zur Ausübung der Erziehung dem Fortbestand der Haushaltsaufnahme und der Annahme einer durchgehenden Erziehung nicht entgegen, solange von der grundsätzlichen Einwirkungsmöglichkeit auf das Kind Gebrauch gemacht werden kann und gemacht wird (BSG, Urteil vom 29.03.1978, 5 RJ 4/77, Juris). Im vorliegenden Fall hatten die Eltern die Betreuung und Erziehung ihrer Tochter A. nicht nur vorübergehend, etwa für die Dauer eines Urlaubsaufenthaltes, sondern jedenfalls für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten an die Großeltern und die Tante übertragen. Eine konkrete Einwirkungsmöglichkeit auf das Kind bestand bereits aufgrund der ganz erheblichen räumlichen Distanz nicht mehr; ein Kontakt etwa durch Besuche am Wochenende war aufgrund dieser Distanz nicht möglich. Eine Erziehung durch die Klägerin fand daher für die Zeit des Aufenthalts ihrer Tochter in Italien nicht statt. Selbst dann, wenn man trotz des mehrmonatigen Aufenthalts der Tochter bei den Großeltern und der Tante von einem Fortbestand der Erziehung durch die Mutter ausgehen wollte, fand die Erziehung jedenfalls nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland statt. Voraussetzung hierfür wäre, dass sich Elternteil und Kind während des fraglichen Zeitraums der Kindererziehung dort gewöhnlich aufgehalten haben (Gürtner in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 56 SGB VI, Rdnr. 44). Nachdem sich die Tochter jedenfalls für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten in Italien aufgehalten hat, ist der Aufenthalt dort nicht nur als vorübergehend anzusehen und von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in Italien auszugehen.
Unter Zugrundelegung der aufgezeigten Anforderungen an die Glaubhaftmachung hält es der Senat zwar für möglich, dass die Klägerin ihre Tochter A., wie vorgetragen, am 20.06.1968 wieder aus Italien zurückgeholt und damit im zwölften Monat nach ihrer Geburt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen hat, aber nicht für überwiegend wahrscheinlich. Für die Erziehung durch die Klägerin selbst im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland im Juli 1968 sprechen die Angaben der Klägerin und die Aussage der Zeugin D. In Übereinstimmung mit der schriftlichen Aussage des Zeugen F. hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren allerdings zunächst vortragen lassen, sie habe die Tochter im August 1968 wieder nach Deutschland geholt. Erst, nachdem die Beklagte im Bescheid vom 01.07.2015 ausgeführt hatte, dass eine Erziehung der A. im Juli 1968 Voraussetzung für einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten sei, hat sie behauptet, sie habe A. in der Woche des 20.06.1968 zurückgeholt; erst seit dem Klageverfahren trägt sie vor, das Kind genau am 20.06.1968 aus Italien zurückgeholt zu haben. Wie bereits das SG hält auch der Senat die Angaben vor diesem Hintergrund nicht für glaubhaft und geht von einem angepassten und zielgerichteten Vortrag aus. Der ersten Angabe gegenüber der Behörde, die noch nicht von zielgerichteten Überlegungen geleitet war, kommt nach Auffassung des Senats eine besondere Glaubwürdigkeit zu. Hinzu kommt, dass das Vorbringen der Klägerin in keiner Weise objektivierbar ist. Es liegen keinerlei Unterlagen, wie etwa Pass- oder sonstige Reisedokumente, Kalender, Fotografien oder ähnliches vor, die die Angaben der Klägerin bestätigten könnten. Weitere Ereignisse, die am 20.06.1968 oder in der Zeit davor oder danach stattgefunden haben und die konkrete Erinnerung gerade an dieses Datum nach mehr als 40 Jahren erklären könnten, konnte die Klägerin trotz mehrfacher Nachfrage nicht benennen. Warum ihr ausgerechnet dieses Datum in Erinnerung blieb, ist in keiner Weise nachvollziehbar gemacht worden. Für den Senat ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum der Klägerin gerade das Datum, an dem sie A. wieder abgeholt hat, im Gedächtnis geblieben ist, sie aber etwa zur Ausgestaltung der Feier des ersten Geburtstags keine konkreten Angaben mehr machen konnte. Zu einer anderen Einschätzung führt auch nicht die Aussage der im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens als Zeugin gehörten Schwester der Klägerin. Es bestehen nach den insoweit glaubwürdigen Angaben der Klägerin und der Zeugin keine Zweifel daran, dass die Zeugin A. während ihres Aufenthalts in Italien gemeinsam mit der Großmutter betreut hat und damit auch Angaben zum streitigen Sachverhalt machen kann. Bei der Würdigung ihrer Aussage ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Zeugin in einem Näheverhältnis zur Klägerin steht. Die Zeugin konnte auf Nachfrage, warum sie ganz sicher sei, dass A. in der Woche des 20.06.1968 abgeholt worden sei, keine konkreten Angaben machen. Sie hat lediglich mitgeteilt, dies sei deshalb der Fall, weil sie A. fünf Monate lang betreut habe. Warum A. dann gerade in der Woche des 20.06.1968 abgeholt wurde, konnte auch nicht durch objektivierbare Umstände erläutert werden, insbesondere, da sich A. zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als fünf Monate in Italien aufgehalten haben muss. Die Einlassung der Zeugin lässt den Vortrag der Klägerin daher ebenfalls nicht als glaubhaft erscheinen. Gegen den Vortrag der Klägerin spricht die Aussage des Zeugen F. Der frühere Ehemann der Klägerin hat im Termin zur mündlichen Erörterung am 22.04.2016 die Abholung der A. in Juni 1968 ebenfalls nicht bestätigten können, sondern wissen lassen, dass er sich nach so langer Zeit nicht mehr an die genauen Umstände erinnern könne. Schriftlich hatte er gegenüber der Beklagten aber angegeben, die Tochter im August 1968 abgeholt zu haben. Letztlich ist für den Senat die Auskunft der Gemeinde L., wonach die Tochter A. erst am 01.09.1969 wieder aus Italien zuzog, ausschlaggebend, um eine Rückkehr frühestens im August 1968 als überwiegend wahrscheinliche Alternative anzusehen. Eine Rückkehr im August entspricht auch den ersten Angaben der Klägerin und der ersten Aussage des Ehemanns.
Eine Vorlage beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) kam vorliegend nicht in Betracht. Wird eine Frage über die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union (Art. 267 Abs. 1 a und b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorlegen (Art. 267 Abs. 2 AEUV). Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Union verpflichtet.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, welche Fragen über die Auslegung der Verträge sich stellen sollten; ein europarechtlicher Bezug ist nicht ersichtlich und folgt nicht allein daraus, dass die Klägerin Ausländerin ist. Vorliegend ist allein streitig, ob die Tochter der Klägerin im zwölften Lebensmonat durch die Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen wurde. Der Maßstab der Glaubhaftmachung für die Feststellung der Tatsachen, die für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 erheblich sind, ist für Deutsche und (EU-)Ausländer einheitlich in § 249 Abs. 5 SGB VI geregelt. Insoweit handelt es sich um einen innerdeutschen Vorgang, der europäisches Recht nicht berührt. Der Senat hält daher eine Entscheidung des EuGH nicht für erforderlich. Eine Vorlagepflicht besteht ohnehin nicht, da die Anfechtung von Entscheidungen eines nationalen Gerichts mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts auch dann möglich ist, wenn die Anfechtung nur nach vorheriger Zulassungserklärung durch das oberste Gericht geprüft werden kann (EuGH, Urteil vom 04.06.2002, C-99/00, Lyckeskog, Juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 10.12.2012, B 13 R 361/12 B, Juris), so dass die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorliegen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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