L 6 KR 1092/17 B ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 2280/17 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1092/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 25. Juli 2017 wird zurückgewiesen und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. R.-A., , , abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt auch im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin die einstweilige Versorgung mit Cannabisblütenmedikamenten zur Inhalation.

Die 1985 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Unter dem 1. April 2017 beantragte die behandelnde Allgemeinärztin M. bei der Antragsgegnerin die "Kostenübernahme für ein Cannabisarzneimittel" wegen Angststörungen bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und rezidivierenden Depressionen, ferner Schlafstörungen und chronifizierter Schmerzen zur Dauertherapie. Als Begleiterkrankungen wurden Asthma bronchiale, Neurodermitis und chronische Gastritis angegeben. Im Rahmen der Therapie sollten die Cannabissorten Bedrocan und Bediol eingesetzt werden. Auf den am 5. April 2017 eingegangenen Antrag beauftragte die Antragsgegnerin den M. D. der Krankenversicherung Th ... (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens und informierte die Antragstellerin hierüber mit Schreiben vom 7. April 2017. Mit Schreiben vom 12. April 2017 forderte der MDK bei der Antragsgegnerin weitere Befunde an und kam im Gutachten vom 3. Mai 2017 zum Ergebnis, dass bei der Antragstellerin weder die sozialrechtlichen noch die medizinischen Voraussetzungen für den Einsatz von Cannabis vorliegen würden. Mit Bescheid vom 4. Mai 2017 lehnte die Antragsgegnerin die Versorgung mit den begehrten Cannabisblüten ab. Gegen den Bescheid legte die Antragstellerin im Laufe des Mai 2017 Widerspruch ein und besorgte sich die streitgegenständlichen Cannabisblüten am 23. Juni 2017 bei der A. unter Vorlage eines Privatrezepts der behandelnden Ärztin M. vom 19. Juni 2017. Den Widerspruch begründete sie mit anwaltlichem Schriftsatz vom 17. Juli 2017. Am 6. Dezember 2017 beabsichtigt der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin, über den Widerspruch zu entschieden.

Bereits zuvor, nämlich am 7. Juli 2017, hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Gotha (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, sie leide unter einem komplexen psychiatrischen Krankheitsbild. Einzig die Gabe der begehrten Cannabisblüten habe bislang Linderung gebracht und zu keinen Nebenwirkungen geführt. Im MDK-Gutachten seien nicht alle Krankheiten aufgenommen worden und auch eine sozialmedizinische Empfehlung fehle. Zudem sei dort nicht mit in Betracht gezogen worden, dass durch die Gabe von Cannabis bereits positive Wirkungen aufgetreten seien. Sie habe einen Anspruch nach § 31 Abs. 6 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auf die Versorgung mit den Cannabisblüten, da sie die Erkrankungen in ihrer Lebensführung massiv einschränkten und somit als schwerwiegend einzustufen seien. Eine anderweitige Therapie zur Linderung ihrer Beschwerden habe ihr die Antragsgegnerin bislang nicht angeboten. Es liege auch eine ärztliche Verordnung vor und sie habe bereits ein breites Spektrum unterschiedlicher Behandlungsansätze durchlaufen, die jedoch entweder wegen Wirkungslosigkeit oder unzumutbar starker Nebenwirkungen nicht fortgeführt worden seien. Aufgrund ihrer finanziell schwierigen Situation und der Kostenintensität der Cannabis-Therapie sei es ihr nicht weiter zumutbar, die Kosten hierfür zu übernehmen. Deshalb habe sie auch Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Dem ist die Antragsgegnerin entgegen getreten und hat geltend gemacht, dass nach dem Er-gebnis der MDK-Begutachtung bei den bei der Antragstellerin festgestellten psychiatrischen Diagnosen keine nicht ganz entfernt liegende Aussicht bestehe, dass durch die begehrte inha-lative Anwendung von Cannabisblüten spürbar positiv auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome eingewirkt werden könne. Auch lägen bei der Antragstellerin keine chronischen neuropathischen Schmerzen vor. Zudem sei die Gabe von Cannabis bei vorliegendem Borderline-Syndrom, bei PTBS und bei rezidivierend auftretenden Angstattacken medizinisch kontraindiziert. Schließlich liege auch kein Anordnungsgrund vor, da die Antragstellerin nicht dargelegt habe, welche Nachteile ihr bei einem Abwarten der Hauptsa-chentscheidung drohten.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 25. Juli 2017 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen der ab 13. Mai 2017 geltenden Vorschrift des § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V lägen bereits nach Aktenlage nicht vor. Die Stellungnahme der behandelnden Ärztin M. vom 23. April 2017 sei zur Begründung eines Leistungsantrages auf Versorgung mit einem Cannabisprodukt nicht aussagekräftig. Insbesondere sei nicht prüffähig, welche Maßnahmen der Krankenbehandlung, einschließlich Arzneimittelversorgung, in der Vergangenheit bereits durchgeführt worden seien und welche Therapieziele hätten erreicht oder nicht erreicht werden können. Damit gehe aus dem Antrag schon nicht hervor, dass aktuell keine Behandlungsmaßnahmen mehr zur Verfügung stünden. Der MDK habe ausgeführt, dass Cannabisprodukte, die THC und CBD enthielten, nach vorliegenden Fachinformationen bei Patienten mit schwerer Persönlichkeitsstörung oder anderen erheblichen psychiatrischen Störungen kontraindiziert seien. Hinsichtlich der diagnostizierten Schmerzstörung müsse im Hauptsacheverfahren ein medizinisches Fachgutachten eingeholt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass und warum es der Antragstellerin nicht zumutbar sein solle, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 8. August 2017 zugestellten Beschluss hat die Antrag-stellerin am 7. September 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass ein Anordnungsgrund vorliege, da sie nicht in der Lage sei, sich das regel-mäßig benötigte Cannabis auf eigene Kosten zu verschaffen. Ohne den vorläufigen Rechtsschutz entstünden ihr schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, nämlich erhebliche Schmerzen und Schlafstörungen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Fall des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre. Auch der Anordnungsanspruch liege vor. So habe die behandelnde Ärztin im Antrag dargelegt, dass bislang alle möglichen Therapien nicht den gewünschten Erfolg gebracht hätten. Die Anwendung der hier streitgegenständlichen medizinischen Cannabisblüten wirke sich positiv auf ihr Stimmungs- und Krankheitsbild aus. Anderweitige Therapien zur Linderung ihrer Beschwerden habe die Antragsgegnerin nicht vorgeschlagen. Auch genüge die Begründung der Antragsgegnerin nicht, dass sie an einer Persönlichkeitsstörung leide und die Einnahme von Cannabis daher eventuell kontraindiziert sein könnte. Nachweislich seien laut den Ausführungen ihrer behandelnden Ärztin seit der Einnahme von Cannabis positive Wirkungen eingetreten. Das SG gehe selbst davon aus, dass hier ein medizinisches Fachgutachten eingeholt werden müsse. Letztlich begründe die Antragsgegnerin nicht, worin in ihrem Falle die Ausnahme liege, die eine Abweichung von der Regel, die ärztliche Therapiehoheit zu respektieren und die Verordnung von Cannabis zu genehmigen, legitimiere. Zumindest hätte das SG wie beantragt eine Folgenabwägung vornehmen müssen. Das im Beschwerdeverfahren von der Antragsgegnerin vorgelegte MDK-Gutachten könne nicht als unabhängiges Sachverständigengutachten gewertet werden, da es lediglich auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen erstellt worden sei. Sie rege an, das Gutachten ihrer behandelnden Ärztin hinsichtlich der Frage der Medikamentenverordnung und Vorwurfs, es seien nicht alle Möglichkeiten einer Behandlung mittels Heilmitteln und Schmerzmedikamenten im Vorfeld ausgeschöpft worden, zur Stellungnahme vorzulegen. Da nach alledem die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg habe und nicht mutwillig sei, habe sie auch Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 25. Juli 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig, längstens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung, unzerkleinerte Cannabisblüten der Sorte Bedrocan in maximaler Tagesdosis von 500 mg sowie einer momentanen Verordnungsmenge von 5 g gemäß den Dosierungsangaben ihres betreuenden Arztes als Sachleistung zu gewähren, sowie ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. R.-A., , , zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses des SG und bezieht sich zudem auf die mitübersandte sozialmedizinische Stellungnahme des MDK vom 22. September 2017. Dort führt die Fachärztin für Neurologie B.-B. für den MDK aus, dass die in § 31 SGB V für die Cannabistherapie formulierten Voraussetzungen aus den Unterlagen nicht hervorgingen und deshalb eine entsprechende sozialmedizinische Empfehlung weiterhin nicht gegeben werden könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch un-begründet. Das SG hat im angefochtenen Beschluss zu Recht entschieden, dass die Antrag-stellerin keinen Anspruch auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hat.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige An-ordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, sog. Regelungsanordnung). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 4).

Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsa-chenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Antragsteller unzumutbar erscheint, auf den (rechtskräftigen) Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.

Die Antragstellerin hat bereits keinen Anordnungsanspruch für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht.

Nach § 31 Abs. 6 SGB V haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a. nicht zur Verfügung steht oder b. im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, 2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist.

Ein Anordnungsanspruch auf Versorgung mit Cannabisblüten nach § 31 Abs. 6 SGB V besteht zum einen schon deshalb nicht, weil es an einer vertragsärztlichen Verordnung fehlt. Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf zu seiner Realisierung der Konkretisierung im Einzelfall, die eine vertragsärztliche Verordnung gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V auf dem entsprechenden Formblatt erfordert. Bei der hier streitigen Versorgung mit Cannabisarzneimitteln, die seit 10.03.2017 zum Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, muss die Verordnung zudem auf einem Betäubungsmittelrezept erfolgen (§ 11 Abs. 5 Satz 1 der Arzneimittel-Richtlinie [AM-RL] i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 des Betäubungsmittelgesetzes [BtmG] und § 8 Abs. 1 Satz 1 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung [BtMVV]), das die in § 9 BtMVV vorgeschriebenen Angaben enthält. Ein, wie im Falle der Antragstellerin ausgestelltes, einfaches Privatrezept genügt hierfür jedenfalls nicht.

Zum anderen liegen aber auch die übrigen Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V im Falle der Antragstellerin nicht vor. Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob bei der Klägerin überhaupt eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt. Der Begriff der schwerwiegenden Erkrankung wird in § 31 SGB V nicht definiert. Nach der Gesetzesbegründung soll der Anspruch auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln nur in "eng begrenzten Ausnahmefällen" gegeben sein (Bundestagsdrucksache 18/8965 S. 14 und 23). Da die Versorgung mit Cannabis als Ersatz für eine nicht zur Verfügung stehende oder im Einzelfall nicht zumutbare allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung eingeführt worden ist, hält es der Senat für sachgerecht, den Begriff der schwerwiegenden Erkrankung ebenso wie den in § 35c Abs. 2 Satz 1 SGB V beim sogenannten Off-Label-Use verwendeten Erkrankungsbegriff zu verstehen. Auch bei dieser Bestimmung geht es um die Verwendung von Arzneimitteln als Alternative zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten, ohne dass bereits ausreichendes wissenschaftliches Erkenntnismaterial in Bezug auf den Nachweis einer Wirksamkeit zur Verfügung steht. Es muss sich daher um eine Erkrankung handeln, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt und die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (vgl. z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 14/06 R nach juris).

Inwieweit die bei der Antragstellerin diagnostizierte Angststörungen bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) sowie die rezidivierenden Depressionen, Schlafstörungen und chronifizierten Schmerzen diese Voraussetzung erfüllen, bedürfte auf jeden Fall noch weiterer Aufklärung. Allerdings begründen die Ausführungen des MDK im Gutachten vom 22. September 2017 bereits erhebliche Zweifel am Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung. So hat die Antragstellerin zuletzt im Jahre 2015 eine stationäre psychiatrische Behandlung absolviert, Psychopharmaka wurden ihr im Jahr 2015 ausweislich ihres Arzneimittelabgabekontos überhaupt nicht verordnet. Für 2016 sind keine nervenärztlichen Verordnungen dokumentiert, lediglich die behandelnde Hausärztin verordnete ihr Antidepressiva. Schmerzmedikamente wurden der Antragstellerin seit 2012 nur im Jahr 2013 verordnet. Regelmäßige physiotherapeutische Abrechnungen fehlen ebenfalls. Für den MDK hält die Fachärztin für Neurologie B.-B. deshalb den behaupteten Schweregrad der psychiatrischen Erkrankungen der Antragstellerin für nicht nachvollziehbar. Dem schließt sich der Senat an und erachtet die Zweifel der Antragstellerin an der Verwertbarkeit des MDK-Gutachtens für nicht durchgreifend. Dem MDK lagen sämtliche, insbesondere medizinischen Unterlagen, darunter das Medikationskonto, vor, so dass er eine ausreichende Grundlage zur Erstellung eines Aktenlagegutachtens hatte. Weshalb dies unzureichend mit der Folge sein soll, dass das MDK-Gutachten nicht als unabhängiges Gutachten gewertet werden könne, begründet die Antragstellerin nicht. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, das Gutachten der behandelnden Hausärztin zur Stellungnahme vorzulegen, zumal dem MDK deren ärztliches Attest vom 28. April 2017 vorgelegen hat. Aus dem zuvor Gesagten folgt zudem, dass die Antragstellerin die zur Verfügung stehenden allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen in der Vergangenheit nur unzureichend in Anspruch genommen hat.

Schließlich, und diesen Umstand hält der Senat für entscheidend, erachtet der MDK in dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten vom 3. Mai 2017 die Gabe von Cannabis (u.a.) bei der durch die Antragstellerin geltend gemachten PTBS und bei rezidivierend auftretenden Angstattacken für medizinisch kontraindiziert. Dass durch die bereits erfolgte Einnahme von Cannabis positive Wirkungen eingetreten sein sollen, wie die Antragstellerin geltend macht, ändert an der Kontraindikation nichts.

Nachdem hiernach bereits das Bestehen eines Anordnungsanspruchs zu verneinen ist, kommt es weder auf das Vorliegen eines ausreichenden Anordnungsrundes an, noch ist hier eine, wie von der Antragstellerin geforderte Folgenabwägung vorzunehmen. Letzterer bedarf es nämlich nur dann, wenn das Ergebnis der Prüfung, ob eine Anordnungsanspruch besteht oder nicht, letztlich offen bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Entsprechend dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens war auch der gestellte Antrag auf Bewilligung von PKH mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abzulehnen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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