Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 1286/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 168/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Einstufung eines rumänischen Subingenieurs in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17. September 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Zuordnung der Zeiten vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1996 zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anstelle der Qualifikationsgruppe II wegen einer Tätigkeit als Subingenieur in Rumänien.
Der 1949 geborene, aus Rumänien stammende Kläger absolvierte nach einer Fachhochschulreife zunächst eine Ausbildung an einer Technikerschule für zwei Jahre. Vom 01.10.1972 bis 30.06.1976 erfolgte eine Ausbildung zum Subingenieur im Rahmen eines Abendunterrichtes an einer Hochschule. Gleichzeitig war der Kläger als Fachschulabsolventbautechniker angestellt und von 1972 bis 1976 in Vollzeit tätig ohne Unterbrechungen. Nach dem Abschluss der Ausbildung zum Subingenieur war der Kläger in dieser Funktion weiterhin im gleichen Unternehmen in Vollzeit beschäftigt bis März 1990. Nach einer Bescheinigung des Arbeitgebers des Klägers, E. AG, vom 15.10.2003 war der Kläger dort vom 04.07.1972 bis 15.07.1976 als Entwurfstechniker und vom 15.07.1976 bis 02.03.1990 als Unteringenieur, Hauptentwerfer tätig. Seit 04.04.1990 hat der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland. Er ist im Besitz des Vertriebenenausweises "A" und ist seit Juli 1991 deutscher Staatsangehöriger. Ab 1992 war der Kläger bei der Stadt A. im Baureferat als Diplom-Ingenieur (FH) beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2005 die streitigen Zeiten als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) der Qualifikationsgruppe II, Bereich 12, sonstige produzierende Bereiche, gemäß Anlage 13 und 14 zum SGB VI zu. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers, wonach die Zeit zwischen Juli 1976 und März 1990 der Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sei, blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2006 wies die Beklagte den Widerspruch insoweit als unbegründet zurück. Die Zuordnung der Qualifikationsgruppe II für die Zeit vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 sei aufgrund der vom Kläger abgeschlossenen Ausbildung als Subingenieur nicht zu beanstanden. Diese Ausbildung sei eine verkürzte Hochschulausbildung von dreijähriger Dauer bzw. vierjähriger Dauer im Abendstudium. Die berufliche Qualifikation eines Subingenieurs entspreche nach dem Äquivalenzabkommen vom 10.04.1986 zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade einer abgeschlossenen Ausbildung im Sinne der Qualifikationsgruppe II. Das erworbene Diplom eines Subingenieurs stehe dem eines Ingenieurs nach voller Studiendauer nicht gleich, so dass die Einordnung in die Qualifikationsgruppe I nicht möglich sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die Arbeitszeit des Klägers vom 15.07.1976 bis 02.03.1990 in die Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI einzuordnen und einen Bescheid über die Feststellung zu erlassen. Auf Antrag des Klägers wurde das Verfahren mit Einverständnis der Beklagten zunächst ruhend gestellt, da der Kläger weitere Beweismittel beschaffen wollte, die bestätigen sollten, dass er eine reine ingenieurstechnische Tätigkeit ausgeübt habe.
Am 12.06.2013 hat die Beklagte die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen vom 30.07.2008 (B 5a R 114/07 R und B 5a/4 R 45/07 R) und vom 17.04.2008 (B 13 R 99/07 R) widersprüchlich seien. Es werde übersehen, dass ein mit Diplom regulär abgeschlossenes Hochschulstudium schon unmittelbar unter Ziffer 1 der Ausführung zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI falle. Es handele sich bei dem vom Kläger zurückgelegten Studium gerade nicht um ein verkürztes Sonder- oder Teilstudium. Allein der Abschluss einer solchen Hochschulausbildung im Herkunftsgebiet sowie die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit seien maßgeblich für die Anerkennung der Qualifikationsgruppe I, wie auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, entschieden habe.
Mit Urteil vom 17.09.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe im Juni 1976 eine Ausbildung zum Subingenieur erfolgreich abgeschlossen bei einer verkürzten Hochschulausbildung. Mit einer dreijährigen bzw. im Abendstudium vierjährigen Ausbildung an einer Universität bzw. Hochschule liege im Vergleich zu der sonst längeren Studiendauer für den Erwerb eines Abschlusses als Ingenieur lediglich ein verkürztes Sonderstudium bzw. Teilstudium vor. Dies erfülle nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Voraussetzungen für die Qualifikationsgruppe I.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat erneut darauf abgestellt, dass den Urteilen des Bundessozialgerichts nicht zu folgen sei. Die Urteile würden bestehende Auslegungsräume unzulässig überschreiten. Auch das am 03.10.1990 außer Kraft getretene Äquivalenzabkommen zwischen Rumänien und der DDR könne nicht als Grund für eine abweichende Bewertung herangezogen werden. Weder § 256b SGB VI noch die Anlage 13 zum SGB VI nähmen auf diese nicht mehr gültige Verordnung Bezug. Es sei auf das qualitative Selbstverständnis im Herkunftsgebiet abzustellen. Im Amtsblatt Rumäniens Nr. 1832 vom 06.07.2011 sei die Einstufungs- und Gleichwertigkeitsverordnung der Berufsgruppen in Rumänien veröffentlicht. Unter Nr. 2142 02 werde ausdrücklich der vom Kläger erworbene Diplomabschluss Subingenieur gleichwertig mit anderen Ingenieursdiplomen genannt. Damit sei eindeutig nachgewiesen, dass der Kläger ein vollständiges Hochschulstudium abgeschlossen habe. Es bestehe daher ein Anspruch auf Einstufung in die Qualifikationsgruppe I. Es lägen zu dieser Problematik unterschiedliche Entscheidungen der Senate des BSG und abweichende Entscheidungen der Landessozialgerichte vor.
Mit Bescheid vom 08.07.2014 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente unter Bestätigung der mit Bescheid vom 17.10.2005 getroffenen Feststellungen bewilligt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 08.07.2014 zu verurteilen, die Rente des Klägers unter Zuordnung der Zeit vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 zur Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI neu zu berechnen und eine entsprechende Nachzahlung zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI. Der Rentenbescheid vom 08.07.2014, der den auf § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI beruhenden Vormerkungsbescheid der Beklagten vom 17.10.2005 ersetzt, ist nicht zu beanstanden. Nach Erlass des Rentenbescheides gilt dieser kraft Gesetzes als angegriffen, soweit er auf den ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (vgl. BSG, B 13 R 23/14 R). Vorliegend hat der Altersrentenbescheid vom 08.07.2014 die Feststellungen des Vormerkungsbescheides vom 17.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2006 in Bezug auf die Zuordnung der streitigen Zeiten ersetzt.
Der Kläger ist Spätaussiedler im Sinne von § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVG). Für die von ihm in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten finden daher die Vorschriften des FRG Anwendung (§ 1 Buchst. a FRG). Die Beklagte hat die hier streitigen Zeiten vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 als nachgewiesene bzw. glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG berücksichtigt. Für diese Zeiten werden Entgeltpunkte (EP) gemäß § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Sätze 2 und 9 SGB VI ermittelt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FRG). Danach werden für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittswerte berücksichtigt, die sich u.a. nach Einstufung der Beschäftigung in eine der im SGB VI, Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen ergeben.
Versicherte sind in eine dieser Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und wenn sie eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (Anlage 13 Definition der Qualifikationsgruppen Satz 1). Zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 gehören Hochschulabsolventen, die in Form eines Studiums u.a. an einer Universität ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben (Satz 1 Nr. 1).
Der Kläger, der das Diplom eines Subingenieurs erworben hat, fällt nicht unter die Hochschulabsolventen im Sinne des Satzes 1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.04.2008, B 13 R 99/07 R; BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 5a/4 R 45/07 R und B 5a R 114/07 R) ist mit dieser Prüfung kein Hochschulstudium im Sinne der Qualifikationsgruppe I Satz 1 Nr. 1 der Anlage 13 zum SGB VI abgeschlossen. Die Einstufung von Versicherten in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 richtet sich nach folgendem Maßstab: Ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation ist unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln, welcher Qualifikationsgruppe diese berufliche Ausbildung und Qualifikation - übertragen auf die Verhältnisse der DDR - materiell entspricht. Denn die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen in der Anlage 13 zum SGB VI sind dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen. Der Gesetzgeber hat insoweit die vor der Wiedervereinigung maßgebende Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der alten Bundesländer aufgegeben und stellt auf diejenigen der DDR ab. Dies vermeidet Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens kann es nicht darauf ankommen, welche Bedeutung das Herkunftsgebiet der fraglichen Ausbildung beimisst. Soweit der Kläger daher vorbringt, der Subingenieur sei im Amtsblatt Rumäniens Nr. 1832 den Bauingenieuren gleichgestellt, ist dies für die vorliegende Beurteilung nicht maßgebend. Das Bundessozialgericht hat dargelegt, dass eine Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der DDR auch deshalb sachgerecht ist, weil die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Herkunftsländer in Osteuropa eher mit denen der DDR übereinstimmten als mit denen der alten Bundesländer (BSG, B 5a/4 R 45/07 R m.w.N.).
Für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe I Satz 1 Nr. 1 ist daher maßgeblich, ob das Niveau des beruflichen Bildungsabschlusses im Herkunftsgebiet materiell dem eines Hochschulabschlusses in der DDR entspricht (BSG, Urteil vom 17.04.2008, B 13 R 99/07 R). Handelt es sich um eine in Rumänien absolvierte Ausbildung, lässt sich dies unter Zugrundelegung des Abkommens der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade (Äquivalenzabkommen) vom 10.04.1986 beurteilen. Das BSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Abkommen als Quelle für die Beurteilung herangezogen werden kann, welche rumänischen Bildungsabschlüsse im Niveau mit welchen Bildungsabschlüssen in der DDR vergleichbar sind. Denn den damaligen Regierungen dieser Staaten waren die Qualität und der Standard ihrer jeweiligen Ausbildungsgänge bekannt, so dass sie am besten deren Vergleichbarkeit beurteilen konnten.
Nach Art. 4 Abs. 1 des Äquivalenzabkommens werden der akademische Grad "Diplom" eines Wirtschaftszweiges, der von den Universitäten und Hochschulen der DDR nach mindestens vierjährigem Studium verliehen wird und das Diplom über den Hochschulabschluss, das von den Universitäten und Hochschulen der Sozialistischen Republik Rumänien nach mindestens vierjährigem Studium verliehen wird, gegenseitig als gleichwertig anerkannt. Art. 3 des Abkommens bestimmt hingegen, dass das Abschlusszeugnis der Ingenieurschulen und ökonomischen Fachschulen der DDR, das nach mindestens dreijährigem Studium vergeben wird und das Abschlusszeugnis als Subingenieur sowie die Zeugnisse anderer Studienrichtungen der Universitäten und Hochschulen der Sozialistischen Republik Rumänien, die nach mindestens dreijährigem Studium erworben werden, gegenseitig als gleichwertig anerkannt werden. Ausweislich dieser Normen steht das Abschlusszeugnis als Subingenieur gerade nicht einem Hochschulabschluss der DDR gleich, sondern ist vielmehr ausdrücklich einem Abschlusszeugnis an Schulen der DDR gleichgestellt, die kein Universitäts- oder Hochschulniveau erreichen.
Das BSG hat auch überzeugend dargelegt, dass eine Einstufung der Tätigkeit als Subingenieur in die Qualifikationsgruppe I sich auch nicht unter Berücksichtigung des Satzes 2 der Bestimmungen zur Qualifikationsgruppe I rechtfertigt. Danach zählen nicht zu den Hochschulabsolventen im Sinne von Satz 1 Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium, das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss. Daraus ist nichts zugunsten des Klägers abzuleiten, weil lediglich geregelt wird, wer nicht zum Personenkreis der Qualifikationsgruppe gehört. Die Vorschrift trifft keine (positive) Aussage dazu, wer außer den in Satz 1 genannten Versicherten ebenfalls als Hochschulabsolvent anzuerkennen ist. Auch die Tatsache, dass der Kläger in der Bundesrepublik den Titel eines Diplom-Ingenieurs mit Fachhochschulausbildung führen darf, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil diese Genehmigung ohne Bezug zu den Verhältnissen in der DDR ist (BSG, Urteil vom 17.04.2008, a.a.O.).
Soweit der Kläger auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, verweist, betrifft diese Entscheidung nicht die Einstufung eines Subingenieurs. Zu dieser Problematik bestätigt das LSG vielmehr ebenfalls die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.02.2007, L 13 R 2185/03).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Zuordnung der Zeiten vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1996 zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) anstelle der Qualifikationsgruppe II wegen einer Tätigkeit als Subingenieur in Rumänien.
Der 1949 geborene, aus Rumänien stammende Kläger absolvierte nach einer Fachhochschulreife zunächst eine Ausbildung an einer Technikerschule für zwei Jahre. Vom 01.10.1972 bis 30.06.1976 erfolgte eine Ausbildung zum Subingenieur im Rahmen eines Abendunterrichtes an einer Hochschule. Gleichzeitig war der Kläger als Fachschulabsolventbautechniker angestellt und von 1972 bis 1976 in Vollzeit tätig ohne Unterbrechungen. Nach dem Abschluss der Ausbildung zum Subingenieur war der Kläger in dieser Funktion weiterhin im gleichen Unternehmen in Vollzeit beschäftigt bis März 1990. Nach einer Bescheinigung des Arbeitgebers des Klägers, E. AG, vom 15.10.2003 war der Kläger dort vom 04.07.1972 bis 15.07.1976 als Entwurfstechniker und vom 15.07.1976 bis 02.03.1990 als Unteringenieur, Hauptentwerfer tätig. Seit 04.04.1990 hat der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland. Er ist im Besitz des Vertriebenenausweises "A" und ist seit Juli 1991 deutscher Staatsangehöriger. Ab 1992 war der Kläger bei der Stadt A. im Baureferat als Diplom-Ingenieur (FH) beschäftigt.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens ordnete die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2005 die streitigen Zeiten als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) der Qualifikationsgruppe II, Bereich 12, sonstige produzierende Bereiche, gemäß Anlage 13 und 14 zum SGB VI zu. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers, wonach die Zeit zwischen Juli 1976 und März 1990 der Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen sei, blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2006 wies die Beklagte den Widerspruch insoweit als unbegründet zurück. Die Zuordnung der Qualifikationsgruppe II für die Zeit vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 sei aufgrund der vom Kläger abgeschlossenen Ausbildung als Subingenieur nicht zu beanstanden. Diese Ausbildung sei eine verkürzte Hochschulausbildung von dreijähriger Dauer bzw. vierjähriger Dauer im Abendstudium. Die berufliche Qualifikation eines Subingenieurs entspreche nach dem Äquivalenzabkommen vom 10.04.1986 zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade einer abgeschlossenen Ausbildung im Sinne der Qualifikationsgruppe II. Das erworbene Diplom eines Subingenieurs stehe dem eines Ingenieurs nach voller Studiendauer nicht gleich, so dass die Einordnung in die Qualifikationsgruppe I nicht möglich sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die Arbeitszeit des Klägers vom 15.07.1976 bis 02.03.1990 in die Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI einzuordnen und einen Bescheid über die Feststellung zu erlassen. Auf Antrag des Klägers wurde das Verfahren mit Einverständnis der Beklagten zunächst ruhend gestellt, da der Kläger weitere Beweismittel beschaffen wollte, die bestätigen sollten, dass er eine reine ingenieurstechnische Tätigkeit ausgeübt habe.
Am 12.06.2013 hat die Beklagte die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in den zwischenzeitlich ergangenen Urteilen vom 30.07.2008 (B 5a R 114/07 R und B 5a/4 R 45/07 R) und vom 17.04.2008 (B 13 R 99/07 R) widersprüchlich seien. Es werde übersehen, dass ein mit Diplom regulär abgeschlossenes Hochschulstudium schon unmittelbar unter Ziffer 1 der Ausführung zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI falle. Es handele sich bei dem vom Kläger zurückgelegten Studium gerade nicht um ein verkürztes Sonder- oder Teilstudium. Allein der Abschluss einer solchen Hochschulausbildung im Herkunftsgebiet sowie die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit seien maßgeblich für die Anerkennung der Qualifikationsgruppe I, wie auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, entschieden habe.
Mit Urteil vom 17.09.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe im Juni 1976 eine Ausbildung zum Subingenieur erfolgreich abgeschlossen bei einer verkürzten Hochschulausbildung. Mit einer dreijährigen bzw. im Abendstudium vierjährigen Ausbildung an einer Universität bzw. Hochschule liege im Vergleich zu der sonst längeren Studiendauer für den Erwerb eines Abschlusses als Ingenieur lediglich ein verkürztes Sonderstudium bzw. Teilstudium vor. Dies erfülle nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Voraussetzungen für die Qualifikationsgruppe I.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er hat erneut darauf abgestellt, dass den Urteilen des Bundessozialgerichts nicht zu folgen sei. Die Urteile würden bestehende Auslegungsräume unzulässig überschreiten. Auch das am 03.10.1990 außer Kraft getretene Äquivalenzabkommen zwischen Rumänien und der DDR könne nicht als Grund für eine abweichende Bewertung herangezogen werden. Weder § 256b SGB VI noch die Anlage 13 zum SGB VI nähmen auf diese nicht mehr gültige Verordnung Bezug. Es sei auf das qualitative Selbstverständnis im Herkunftsgebiet abzustellen. Im Amtsblatt Rumäniens Nr. 1832 vom 06.07.2011 sei die Einstufungs- und Gleichwertigkeitsverordnung der Berufsgruppen in Rumänien veröffentlicht. Unter Nr. 2142 02 werde ausdrücklich der vom Kläger erworbene Diplomabschluss Subingenieur gleichwertig mit anderen Ingenieursdiplomen genannt. Damit sei eindeutig nachgewiesen, dass der Kläger ein vollständiges Hochschulstudium abgeschlossen habe. Es bestehe daher ein Anspruch auf Einstufung in die Qualifikationsgruppe I. Es lägen zu dieser Problematik unterschiedliche Entscheidungen der Senate des BSG und abweichende Entscheidungen der Landessozialgerichte vor.
Mit Bescheid vom 08.07.2014 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente unter Bestätigung der mit Bescheid vom 17.10.2005 getroffenen Feststellungen bewilligt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 08.07.2014 zu verurteilen, die Rente des Klägers unter Zuordnung der Zeit vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 zur Qualifikationsgruppe 1 der Anlage 13 zum SGB VI neu zu berechnen und eine entsprechende Nachzahlung zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.09.2015 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen der Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 zum SGB VI. Der Rentenbescheid vom 08.07.2014, der den auf § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI beruhenden Vormerkungsbescheid der Beklagten vom 17.10.2005 ersetzt, ist nicht zu beanstanden. Nach Erlass des Rentenbescheides gilt dieser kraft Gesetzes als angegriffen, soweit er auf den ursprünglich streitigen Feststellungen beruht (vgl. BSG, B 13 R 23/14 R). Vorliegend hat der Altersrentenbescheid vom 08.07.2014 die Feststellungen des Vormerkungsbescheides vom 17.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2006 in Bezug auf die Zuordnung der streitigen Zeiten ersetzt.
Der Kläger ist Spätaussiedler im Sinne von § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVG). Für die von ihm in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten finden daher die Vorschriften des FRG Anwendung (§ 1 Buchst. a FRG). Die Beklagte hat die hier streitigen Zeiten vom 15.07.1976 bis 02.04.1979 und vom 24.09.1979 bis 02.03.1990 als nachgewiesene bzw. glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten nach dem FRG berücksichtigt. Für diese Zeiten werden Entgeltpunkte (EP) gemäß § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Sätze 2 und 9 SGB VI ermittelt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FRG). Danach werden für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittswerte berücksichtigt, die sich u.a. nach Einstufung der Beschäftigung in eine der im SGB VI, Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen ergeben.
Versicherte sind in eine dieser Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und wenn sie eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (Anlage 13 Definition der Qualifikationsgruppen Satz 1). Zur Qualifikationsgruppe I der Anlage 13 gehören Hochschulabsolventen, die in Form eines Studiums u.a. an einer Universität ein Diplom erworben oder ein Staatsexamen abgelegt haben (Satz 1 Nr. 1).
Der Kläger, der das Diplom eines Subingenieurs erworben hat, fällt nicht unter die Hochschulabsolventen im Sinne des Satzes 1. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.04.2008, B 13 R 99/07 R; BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 5a/4 R 45/07 R und B 5a R 114/07 R) ist mit dieser Prüfung kein Hochschulstudium im Sinne der Qualifikationsgruppe I Satz 1 Nr. 1 der Anlage 13 zum SGB VI abgeschlossen. Die Einstufung von Versicherten in die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 richtet sich nach folgendem Maßstab: Ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation ist unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems zu ermitteln, welcher Qualifikationsgruppe diese berufliche Ausbildung und Qualifikation - übertragen auf die Verhältnisse der DDR - materiell entspricht. Denn die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen in der Anlage 13 zum SGB VI sind dem System der beruflichen Bildung der DDR entnommen. Der Gesetzgeber hat insoweit die vor der Wiedervereinigung maßgebende Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der alten Bundesländer aufgegeben und stellt auf diejenigen der DDR ab. Dies vermeidet Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens kann es nicht darauf ankommen, welche Bedeutung das Herkunftsgebiet der fraglichen Ausbildung beimisst. Soweit der Kläger daher vorbringt, der Subingenieur sei im Amtsblatt Rumäniens Nr. 1832 den Bauingenieuren gleichgestellt, ist dies für die vorliegende Beurteilung nicht maßgebend. Das Bundessozialgericht hat dargelegt, dass eine Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der DDR auch deshalb sachgerecht ist, weil die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Herkunftsländer in Osteuropa eher mit denen der DDR übereinstimmten als mit denen der alten Bundesländer (BSG, B 5a/4 R 45/07 R m.w.N.).
Für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe I Satz 1 Nr. 1 ist daher maßgeblich, ob das Niveau des beruflichen Bildungsabschlusses im Herkunftsgebiet materiell dem eines Hochschulabschlusses in der DDR entspricht (BSG, Urteil vom 17.04.2008, B 13 R 99/07 R). Handelt es sich um eine in Rumänien absolvierte Ausbildung, lässt sich dies unter Zugrundelegung des Abkommens der Regierung der DDR und der Regierung der Sozialistischen Republik Rumänien über die Äquivalenz der Dokumente der verschiedenen Bildungsstufen und der akademischen Grade (Äquivalenzabkommen) vom 10.04.1986 beurteilen. Das BSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Abkommen als Quelle für die Beurteilung herangezogen werden kann, welche rumänischen Bildungsabschlüsse im Niveau mit welchen Bildungsabschlüssen in der DDR vergleichbar sind. Denn den damaligen Regierungen dieser Staaten waren die Qualität und der Standard ihrer jeweiligen Ausbildungsgänge bekannt, so dass sie am besten deren Vergleichbarkeit beurteilen konnten.
Nach Art. 4 Abs. 1 des Äquivalenzabkommens werden der akademische Grad "Diplom" eines Wirtschaftszweiges, der von den Universitäten und Hochschulen der DDR nach mindestens vierjährigem Studium verliehen wird und das Diplom über den Hochschulabschluss, das von den Universitäten und Hochschulen der Sozialistischen Republik Rumänien nach mindestens vierjährigem Studium verliehen wird, gegenseitig als gleichwertig anerkannt. Art. 3 des Abkommens bestimmt hingegen, dass das Abschlusszeugnis der Ingenieurschulen und ökonomischen Fachschulen der DDR, das nach mindestens dreijährigem Studium vergeben wird und das Abschlusszeugnis als Subingenieur sowie die Zeugnisse anderer Studienrichtungen der Universitäten und Hochschulen der Sozialistischen Republik Rumänien, die nach mindestens dreijährigem Studium erworben werden, gegenseitig als gleichwertig anerkannt werden. Ausweislich dieser Normen steht das Abschlusszeugnis als Subingenieur gerade nicht einem Hochschulabschluss der DDR gleich, sondern ist vielmehr ausdrücklich einem Abschlusszeugnis an Schulen der DDR gleichgestellt, die kein Universitäts- oder Hochschulniveau erreichen.
Das BSG hat auch überzeugend dargelegt, dass eine Einstufung der Tätigkeit als Subingenieur in die Qualifikationsgruppe I sich auch nicht unter Berücksichtigung des Satzes 2 der Bestimmungen zur Qualifikationsgruppe I rechtfertigt. Danach zählen nicht zu den Hochschulabsolventen im Sinne von Satz 1 Teilnehmer an einem verkürzten Sonderstudium, das nicht mit dem Erwerb eines Diploms oder Staatsexamens abschloss. Daraus ist nichts zugunsten des Klägers abzuleiten, weil lediglich geregelt wird, wer nicht zum Personenkreis der Qualifikationsgruppe gehört. Die Vorschrift trifft keine (positive) Aussage dazu, wer außer den in Satz 1 genannten Versicherten ebenfalls als Hochschulabsolvent anzuerkennen ist. Auch die Tatsache, dass der Kläger in der Bundesrepublik den Titel eines Diplom-Ingenieurs mit Fachhochschulausbildung führen darf, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil diese Genehmigung ohne Bezug zu den Verhältnissen in der DDR ist (BSG, Urteil vom 17.04.2008, a.a.O.).
Soweit der Kläger auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.10.2003, L 13 RA 4254/00, verweist, betrifft diese Entscheidung nicht die Einstufung eines Subingenieurs. Zu dieser Problematik bestätigt das LSG vielmehr ebenfalls die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27.02.2007, L 13 R 2185/03).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1, Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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