Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 4655/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 278/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.12.2013 aufgehoben, soweit die Beklagte zur Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. auch für den Zeitraum vom 26.06.2012 bis 31.10.2012 verurteilt worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren sind in vollem Umfang zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Höhe einer Verletztenrente im Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.10.2012.
Die 1969 geborene Klägerin fuhr am 16.12.2005 mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zu Ihrer Arbeitsstelle als Erzieherin an einigen geparkten Fahrzeugen vorbei, als sich plötzlich eine Fahrertüre öffnete und die Klägerin u.a. an der rechten Wange traf (Bl. 1, 38, 42 VA). Hierdurch zog sich die Klägerin eine Fraktur des rechten Gelenkfortsatzes des Collum (Unterkiefer) zu. Die Fraktur heilte in Dislokation (Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 252 VA) aus.
Die Beklagte holte das mund-, kiefer- und gesichtschirurgische (mkg) Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. ein (Bl. 248 VA). Gegenüber diesem gab die Klägerin chronische Kopf- und Gelenkschmerzen an. Prof. Dr. Dr. M. diagnostizierte auf Grund seiner Untersuchung vom 17.08.2007 eine tiefe Gelenkfortsatzfraktur rechts, in Dislokation verheilt, mit zirkulär offenem Biss (die Klägerin okkludiere nur im hinteren Molarenbereich) und Rücklage des Unterkiefers sowie chronische Kopf- und Gelenkschmerzen. Diese unfallbedingten Beeinträchtigungen seien mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. zu bewerten. Mit Bescheid vom 04.10.2007 gewährte die Beklagte ab 14.01.2006 zunächst eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Als Unfallfolge anerkannte sie "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage des Unterkiefers, röntgenologische Veränderungen". In ihrem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin weitere Unfallfolgen, u.a. im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS), Gelenkblockierungen und eine Beinlängendifferenz geltend.
Daraufhin holte die Beklagte zunächst beim Facharzt für Orthopädie (Zusatzbezeichnung u.a. Chirotherapie, Osteopathie) Dr. F. ein Gutachten auf Grund Untersuchung vom 21.12.2007 ein (Bl. 363 VA). Die Klägerin gab neben den bereits genannten Beeinträchtigungen im Bereich des Kopfes auch Nackenbeschwerden, die bis in die Brustwirbelsäule (BWS) und LWS zögen, an. Sie leide darüber hinaus an einer Fehlstellung der Wirbelsäule und des Beckens, wenn sie ihre Bissschiene nicht trage. Dr. F. diagnostizierte eine in Verkürzung ausgeheilte Collumfraktur rechte mandibula und eine dadurch ausgelöste kraniomandibuläre Dysfunktion (Sammelbezeichnung für Beschwerden im Kopf-Hals-Bereich mit besonderer Betroffenheit der Kaumuskulatur und Kiefergelenke, vgl. Pschyrembel Online, fortan: KMD), eine Gesichtsskoliose und Verschiebungen des Os temporale (Schläfenbein) und des Os sphenoidale (Keilbein) durch Druckbelastung im Schädelbereich, eine kompensatorische Rotation und Seitneigung der Wirbelkörper der HWS, BWS und LWS, Blockaden und Dysfunktionen des Iliosakralgelenks (ISG) links bei Ileum anterior links und funktioneller Beinverlängerung links. Sämtliche Gesundheitsstörungen führte er - als Folgen der KMD - auf das Unfallereignis zurück, da die Klägerin vor diesem gesund gewesen sei und über keinerlei Beschwerden - insbesondere des Bewegungsapparates - geklagt habe (ergänzende Stellungnahme, Bl. 387 VA). Die MdE betrage 60 v.H.
Während des Widerspruchsverfahrens gab Prof. Dr. Dr. M. in seinem zweiten Rentengutachten (Bl. 428 VA) auf Grund Untersuchung vom 15.09.2008 an, die Klägerin habe über Kopfschmerzen, Druck auf den Ohren, ein Pfeifen im rechten Ohr, Schwierigkeiten beim Beißen und einen Druckschmerz am Jochbein geklagt. Als weitere Unfallfolgen nannte der Gutachter Beeinträchtigungen beim Beißen, Ohrgeräusche, ein Druckgefühl über dem Mittelgesicht, ein Gelenkknacken im linken Kiefergelenk und - auf Nachfrage - eine Gesichtsasymmetrie (Bl. 430, 448 VA) und bewertete die MdE nach wie vor um 30 v.H. Hierauf gestützt gewährte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 25.11.2008 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 30 v.H. und anerkannte als Unfallfolgen nunmehr "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial".
Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein unfallchirurgisches Gutachten bei PD Dr. B. (Bl. 764 VA), damals kommissarischer Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. , und ein Gutachten bei Prof. Dr. Dr. R. (Bl. 740 VA), Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums T. , ein, jeweils auf Grund einer Untersuchung am 15.12.2010. Gegenüber PD Dr. B. gab die Klägerin an, dass sie hauptsächlich unter Beschwerden im Kieferbereich leide. Im Bereich der gesamten Wirbelsäule habe sie ebenfalls Beschwerden und im Nacken verspüre sie permanent Verspannungen. Unter Berücksichtigung der von ihm veranlassten Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule führte PD Dr. B. aus, dass bei der Klägerin eine Torsionsskoliose bestehe, welche durch die Beinverkürzung auf der rechten Seite mit Beckenschiefstand bedingt sei. Auf Grund der Torsionskomponente gehe er von einer anlagebedingten Veränderung aus. Unfallbedingte Veränderungen, die eine MdE bedingen könnten, seien nicht festzustellen. Prof. Dr. Dr. R. gab bei ähnlicher Beschwerdeschilderung im Bereich des Kopfes bzw. Gesichts wie bisher (Kopfschmerzen, Spannungsgefühle im Bereich des Mittelgesichts, Knacken im linken Kiefergelenk) sowie angegebenen Blockaden der HWS und Schmerzen in der LWS, bei weiter bestehender Okklusionsstörung mit Schmerzsymptomatik im Bereich der Kaumuskulatur, Kiefergelenke und der HWS neben den schon früher beschriebenen Unfallfolgen im Bereich des Kiefers als weitere Unfallfolge eine KMD an. Die Gesichtsasymmetrie bestehe nicht mehr (Bl. 767 VA). Die MdE sei weiterhin mit 30 v.H. einzuschätzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung der mit Bescheid vom 25.11.2008 zusätzlich anerkannten Unfallfolgen zurück. Die Anerkennung der weiteren Gesundheitsstörungen begründete sie mit der unfallbedingt aufgetretenen KMD.
Die Klägerin unterzog sich auf Veranlassung der D. Allgemeine Versicherungs AG weiteren Begutachtungen: Gegenüber dem Orthopäden Dr. L. (Bl. 109 LSG-Akte) gab die Klägerin anlässlich seiner Untersuchung vom 05.09.2007 neben Beeinträchtigungen im Bereich des Kopfes (Kopfschmerzen, Druckgefühl auf den Ohren mit Pfeifton rechts, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Schmerzen am Kiefer) Blockierungen der HWS, LWS und des Beckens an. Ihr Becken sei nach links gekippt, das linke Bein sei verkürzt und sie laufe schief. Wenn sie die vom Zahnarzt verordnete, derzeit aber defekte, Bissschiene trage, richte sich ihr Körper auf. Dr. L. stellte anhand aktueller Röntgenaufnahmen eine flachbogig rechts/linkskonvexe LWS/BWS-Torsionsskoliose, einen Morbus Scheuermann im Bereich Th12 bis L2, eine kyphotische Fehlstellung der oberen HWS und eine eventuell inkomplett ossifizierte Fraktur des rechten Ramus mandibulae fest. Er gab als Unfallfolge auf seinem Fachgebiet eine Blockade der HWS und LWS an, ohne dies weiter zu begründen. Auf Veranlassung von Dr. L. erstattete Dr. B. sein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten auf Grund Untersuchung vom 09.08.2007 (Bl. 130 LSG-Akte). Bei gleichem Beschwerdevorbringen der Klägerin diagnostizierte Dr. B. einen kompensierten subjektiven Tinnitus aurium und eine dissoziative Bewegungsstörung bei Anpassungsstörung, die er als unfallbedingt ansah. Seines Erachtens habe die Klägerin eine erhebliche Verunsicherung durch die widersprüchlich diskutierten Behandlungsoptionen bei unbefriedigenden Behandlungsergebnissen erfahren und hierdurch die von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen entwickelt. Prof. Dr. S. von der Orthopädischen Universitätsklinik H. erstattete ein orthopädisches Gutachten auf Grund Untersuchung vom 25.11.2008 (Bl. 89 LSG-Akte). Diesem gegenüber gab die Klägerin an, bereits im frühen Verlauf der zahn-, mund- und kieferchirurgischen Behandlung sei es zu einer Verbiegung der Wirbelsäule mit gleichzeitigem Beckenschiefstand gekommen. Sie habe Schmerzen in der HWS und im Gesichtsbereich, ferner Beschwerden im Bereich der linken Kreuzdarmbeinfuge, der Beckenschaufel und des Hüftgelenks. Zusätzlich bestehe ein Tinnitus rechts. Prof. Dr. S. führte aus, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Bereich der HWS durch die degenerativen Veränderungen in diesem Bereich objektivieren ließen, jedoch damit nicht unfallbedingt seien. Aus orthopädischer Sicht habe der Unfall keine Dauerfolgen hinterlassen. Bei der festgestellten Körperfehlstellung im Bereich der Wirbelsäule, des Beckens und des linken Beines handle es sich um eine funktionelle Störung, die voll ausgleichbar sei.
Am 10.11.2011 hat die Klägerin im Hinblick auf die Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben.
Im Juni 2012 ist bei der Klägerin eine Umstellungsosteotomie des Oberkiefers (Entlassungsbericht H. Klinikum E. , Bl. 908 VA) erfolgt, durch die ihre fehlerhafte Okklusion korrigiert wurde (nunmehr Regelokklusion) und wobei sich auch die Schiefstandsymptomatik im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule deutlich gebessert hat (Bericht des H. Klinikums E. über die Vorstellungen der Klägerin am 26.06. und 23.07.2012, Bl. 931 VA). Entsprechend hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. R. (mkg-Gutachten für die Beklagte Bl. 986 VA) anlässlich der Untersuchung am 17.09.2012 eine Besserung ihrer Beschwerden seit diesem operativen Eingriff angegeben. Die Kopfschmerzen hätten abgenommen, die Blockaden in der HWS und die Schmerzen in der LWS hätten deutlich abgenommen, die Spannungsgefühle im Bereich des Mittelgesichts seien nicht mehr so ausgeprägt. Prof. Dr. Dr. R. hat eine regelrechte Okklusion bei in Fehlstellung knöchern konsolidierter Unterkieferfraktur rechts und eine KMD diagnostiziert. Auf Grund der eingetretenen Verbesserung des Gesundheitszustandes der Klägerin sei die MdE nunmehr mit 20 v.H. zu bewerten. Bei einer für das Landgericht K. (Az.: 8 O 273/09) erfolgten Begutachtung hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. N. (Bl. 1136 VA) am 12.12.2012 angegeben, die Fehlhaltung der Wirbelsäule und des Beckens sei nach der Operation völlig verschwunden. Der Gutachter hat hinsichtlich der Wirbelsäule keinerlei Auffälligkeiten beschrieben.
Das Sozialgericht hat zunächst das orthopädische Gutachten des Dr. von S. (Chefarzt der Abteilung Orthopädie der V.-Klinik Bad R. , Bl. 94 SG-Akte) eingeholt. Bei ihrer Untersuchung am 26.02.2013 hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen bestätigt, dass es nach der Umstellungsosteotomie im Juni 2012 zu einer deutlichen Beschwerdebesserung im Hinblick auf die Okklusion gekommen sei. Seit Entfernung der Dauerschienung im Oktober 2012 habe sie auch keine Probleme mit der HWS mehr. Auch die Fehlstellung der Wirbelsäule sei in dieser Form nicht mehr aufgetreten. Sie leide noch unter einer Bewegungseinschränkung des Kiefergelenks, Kopfschmerzen und einer verringerten Sprechfähigkeit. Nach Auswertung der vorliegenden Röntgenbefunde hat Dr. von S. eine leichte Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der Brustkyphose im Sinne eines Flachrückens sowie eine leichte Muskeltonuserhöhung der paravertebralen Muskulatur der LWS rechts bei früher nachgewiesener leichter Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS, Bandscheibenverschleißerscheinungen im Bereich L1/2 und L5/S1 und eine in zwischenzeitlich korrigierter Stellung befindliche Gelenkfortsatzfraktur des Unterkiefers rechts diagnostiziert. Seines Erachtens seien die zwischenzeitlich nicht mehr vorhandenen Blockierungen und Verspannungen der Muskulatur und die Fehlhaltung der Wirbelsäule unfallbedingt, da sich diese nach der Korrektur der Fehlstellung im Kiefergelenksbereich zurückgebildet hätten. Zwar habe eine Torsionsskoliose vorbestanden. Diese sei jedoch minimal und auf Grund dieses Ausmaßes durch eine funktionelle temporäre Beinlängendifferenz bei vorhandener Blockierung des ISG bedingt. Untypisch für die Torsionsskoliose sei ohnehin, dass diese rechtskonvex sei, während die meisten Lumbalskoliosen anlagebedingt links aufträten. Die MdE hat er unter Beachtung der Beeinträchtigungen des Kopfes mit insgesamt 30 v.H. ab 14.09.2006 bewertet. Hiergegen hat PD Dr. B. (Bl. 211 ff. SG-Akte) unter Vorlage medizinischen Schrifttums Einwände erhoben. Es gäbe nur manualmedizinische Publikationen über Auswirkungen einer KMD auf die Wirbelsäule. Bei der Klägerin lägen auch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule vor, welche ebenfalls solche Beschwerden verursachen könnten.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus das neurologische Gutachten des Prof. Dr. D. (Bl. 124 SG-Akte) eingeholt. Gegenüber diesem hat die Klägerin bei der Untersuchung am 20.03.2013 angegeben, unter einer eingeschränkten Mundöffnung, Schmerzen beim Kauen und Kopfschmerzen zu leiden. Sie müsse eine Schiene tragen und könne damit nicht richtig sprechen. Darüber hinaus bestünden Verspannungen im Nackenbereich und Gefühlsstörungen am rechten Unterkiefer und an der Unterlippe. Prof. Dr. D. hat Gefühlsstörungen im sensiblen Versorgungsgebiet des Nervus mandibularis rechts, Myogelosen der Schulter und Nackenmuskulatur beidseits und eine Migräne diagnostiziert. Seines Erachtens sei die Migräne nicht unfallbedingt, die Gefühlsstörungen jedoch Folge des unfallbedingt notwendigen operativen Eingriffs im Bereich des rechten Unterkiefers und damit als Unfallfolgen zu berücksichtigen. Die Myogelosen seien nach den mkg- und orthopädischen Gutachten Folgen der KMD.
Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das Sozialgericht unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide als Unfallfolgen eine KMD, eine vorübergehende zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der physiologischen Brustkyphose, Bewegungseinschränkungen der HWS, Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur und Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS festgestellt und die Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Das Sozialgericht hat sich hierbei auf das Gutachten des Dr. von S. gestützt. Die vorübergehenden Beeinträchtigungen der Wirbelsäule seien auf die KMD zurückzuführen. Die degenerativen Veränderungen der HWS und LWS hätten hingegen keine überragende Bedeutung. Die Funktionsstörungen, wie sie Dr. F. in seinem Gutachten beschrieben habe, hätten bereits im selben Umfang Anfang August 2007 (zeitliche Mitte seines Befundberichtes vom 01.03.2007 - Bl. 188 VA - und dem die funktionellen Einschränkungen objektivierenden Gutachten) vorgelegen. Eine Besserung sei mit Entfernung der Dauerschienen im Oktober 2012 eingetreten. Die temporären Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien mit einer MdE um 20 v.H. einzuschätzen, so dass die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung einer weiteren Einzel-MdE um 30 v.H. auf mkg-Fachgebiet 40 v.H. betrage.
Gegen das am 23.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.01.2014 Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Feststellung weiterer - bislang nicht anerkannter - Unfallfolgen und die Gewährung einer höheren Rente. Sie ist der Ansicht, dass die Gesundheitsstörungen im Bereich der Rumpfwirbelsäule nicht Folge der bereits im Widerspruchsbescheid anerkannten KMD seien und das Gutachten des Dr. von S. mangels Zugrundelegung des medizinischen Wissenstandes nicht verwertbar sei. Auch die langjährige Erfahrung des Sachverständigen Dr. von S. könne einen Kausalzusammenhang nicht begründen. Dieser habe sich nicht mit den bei der Klägerin vorliegenden anlagebedingten und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auseinandergesetzt. Auch die Ausführungen des behandelnden Orthopäden Zimmer und des Gutachters Dr. F. seien nicht geeignet, einen Kausalzusammenhang zu belegen.
In der Folgezeit hat die Klägerin wieder - zeitweise - eine Okklusionsstörung entwickelt und parallel hierzu auch über Fehlhaltungen im Bereich des Oberkörpers geklagt. So hat Prof. Dr. Dr. H. (Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik H. , Bl. 30 LSG-Akte) in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten u.a. für den 28.10.2014 im intraoralen Befund eine Okklusionsstörung mit Verlagerung des Unterkiefers beschrieben und im extraoralen Befund eine ausgeprägte Fehlhaltung mit Wirbelsäulenkippung nach rechts dokumentiert. Bei der Untersuchung im September 2014 ist beides nicht der Fall gewesen. Auf seinem Fachgebiet betrage die MdE 10 v.H., wobei es - wie am 28.10.2014 - auch Phasen mit deutlich schlechterem Befinden gebe. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte mittlerweile mit Bescheid vom 21.07.2015 (Bl. 44 LSG-Akte) den Bescheid vom 25.11.2008 mit Wirkung ab 01.08.2015 aufgehoben und einen Rentenanspruch abgelehnt. Auf den - zwischenzeitlich zurückgenommenen - Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Klinikums der J. W. G.-Universität F., mit der Begutachtung (Bl. 215 LSG-Akte) beauftragt. In der Untersuchung im Januar 2017 hat die Klägerin aktuell über Kiefergelenksschmerzen und Nackenverspannungen mit Ausstrahlung von Schmerzen in die Arme und begleitenden Parästhesien berichtet. Die ab Herbst 2014 wieder aufgetretene Kieferfehlstellung mit begleitender Wirbelsäulenfehlhaltung habe sich nach Eingliederung von Table-tops (Kunststoff-Onlays zur Bissregulierung) im Juli 2016 vollständig zurückgebildet. Der Gutachter hat keine Auffälligkeiten im Bereich der Wirbelsäule gefunden und keine Funktionsstörung des Gebisses. Er hat die von Prof. Dr. Dr. H. angenommene MdE um 10 v.H. bestätigt, aber darauf hingewiesen, dass es nach dessen Begutachtung zu einer vorübergehenden Verschlechterung gekommen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.12.2013 aufzuheben, soweit unter Abänderung der Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 über die kraniomandibuläre Dysfunktion hinaus weitere Unfallfolgen festgestellt und die Verurteilung zu einer höheren Rente erfolgt ist, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat u.a. ergänzende Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. von S. eingeholt (Bl. 45, 57 LSG-Akte). Dieser hat die MdE alleine auf orthopädischem Fachgebiet für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 nunmehr mit 20 v.H. eingeschätzt. Die Gesamt-MdE betrage unter Berücksichtigung der MdE für das mkg-Fachgebiet 40 v.H. Es habe in seiner klinischen Praxis zahlreiche Patienten mit KMD oder Verletzungen im Bereich der Kopfgelenke mit sekundären Wirbelsäulenfunktionseinbußen gesehen. PD Dr. B. (Bl. 72 LSG-Akte) hat in seiner Stellungnahme für die Beklagte weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht für wahrscheinlich gehalten, weil sich die orthopädische Standardliteratur ebenso wenig wie die Gutachtenliteratur mit solchen Zusammenhängen beschäftige.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 04.10.2007 in der Fassung des - nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen - Bescheides vom 25.11.2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011, mit dem die Beklagte als Unfallfolgen "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial" anerkannte und eine Rente nach einer MdE um 30 v.H. gewährte, allerdings nur insoweit, als die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte Problematik der Wirbelsäule, und ein höherer Rentenanspruch abgelehnt wurde. Dabei beschränkt sich die Prüfung des Senats auf die vom Sozialgericht zusätzlich als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen (vorübergehende, zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der physiologischen Brustkyphose, Bewegungseinschränkungen der HWS, Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur und Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS) und die Verurteilung der Beklagten, für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Denn alleine hiergegen wendet sich die Beklagte und nur sie hat Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Berufung nicht auf die Feststellung der KMD als Unfallfolge erstreckt, da sie - ebenso wie das Sozialgericht - davon ausgegangen ist, dass sie diese im Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 bereits anerkannte (vgl. Bl. 20, 68 LSG-Akte). Insoweit ist das Urteil, ebenso wie hinsichtlich der Abweisung der Klage im Übrigen, rechtskräftig geworden.
Zu Recht hat das Sozialgericht der nach §§ 54 Abs. 1, Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässigen kombinierten Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage teilweise stattgegeben und unter teilweiser Abänderung der Bescheide vom 04.10.2007 und vom 25.11.2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011, die weiteren Unfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet festgestellt und die Beklagte zur zeitweisen Gewährung einer Rente nach einer MdE um 40 v.H. verurteilt, denn die Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Wie das Sozialgericht bejaht auch der Senat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Unfallfolgen im Bereich des Kiefers und den vorübergehend bestehenden Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule (hierzu später) und dem entsprechend einen vorübergehenden Anspruch auf höhere Verletztenrente (hierzu sogleich). Allerdings ist es zu der vom Sozialgericht zu Recht angenommenen Besserung der Wirbelsäulensymptomatik bereits im Juni 2012 gekommen, so dass bereits ab dem 26.06.2012 kein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. mehr bestanden hat.
Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf höhere Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Hat ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, so ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77 in SozR 3870 § 3 Nr. 4), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle, teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a. a. O.).
Die durch die Beklagte bereits anerkannten Unfallfolgen im Kopf- und Gesichtsbereich (offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial) haben jedenfalls im hier streitigen Zeitraum durchgehend eine Einzel-MdE von 30 v.H. bedingt. Zu diesem Ergebnis sind die eingeholten mkg-Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. (Untersuchung 06.09.2007, Bl. 248 VA, Untersuchung 15.09.2008, Bl. 432, 448 VA) und des Prof. Dr. Dr. R. (Untersuchung 15.12.2010, Bl. 764 VA) übereinstimmend gelangt (vgl. Bl. 253, 430, 770 VA). Dieser Einschätzung hat sich die Beklagte ausweislich ihrer Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 vollumfänglich angeschlossen und auch im Berufungsverfahren nochmals bestätigt (Bl. 22 LSG-Akte). Auch der Senat stimmt dieser Einschätzung der MdE nach eigener Prüfung zu, da nicht ersichtlich ist, dass die Bewertung der MdE unzutreffend erfolgte.
Die vom Sozialgericht als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule rechtfertigen eine MdE um 20 v.H., so dass die Gesamt-MdE 40 v.H. beträgt.
Das Sozialgericht ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. von S. zu Recht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin vorübergehend an diesen Gesundheitsstörungen gelitten hat. Auch der Senat geht hiervon aus. Denn dies hat Dr. von S. auf Grund der Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen einschließlich der bildgebenden Verfahren überzeugend dargelegt. Auch die Beklagte hat nicht behauptet, die Klägerin leide nicht an diesen Störungen. Vielmehr legt sie ihrer Argumentation diese Gesundheitsstörungen zu Grunde und bestreitet lediglich den ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass dem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten von Dr. B. nicht zu folgen ist, der (alleine) von einer dissoziativen Bewegungsstörung bei Anpassungsstörung ausging, die er auf das Unfallereignis zurückführte (Bl. 143 ff. LSG-Akte). Dr. B. beachtete bei seiner Einschätzung nicht, dass auf orthopädischem Fachgebiet - Gutachten von Dr. F. , Gutachten von Dr. B. , Gutachten von Prof. Dr. S. - und in den bildgebenden Verfahren (vgl. nur die Auswertung von Dr. von S. ) somatische Befunde erhoben wurden. Damit ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb er trotz somatischer Störungen von einer dissoziativen Bewegungsstörung ausging.
Das Sozialgericht hat das Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigungen (mittelgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation, Seitneigung und Beugung, endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der BWS, keine wesentliche Einschränkung der Entfaltbarkeit der LWS) der Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule ausführlich dargelegt und nachvollziehbar unter "analoger" Anwendung der in der unfallmedizinischen Literatur vorgeschlagenen Sätze für Funktionseinschränkungen der LWS (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, zwischenzeitlich 9. Auflage, S. 548, entsprechend den sog. Konsensempfehlungen von Bolm-Audorff u.a., Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005, 211 ff.) ausgeführt, dass die dadurch vorhandenen Funktionseinschränkungen die Annahme einer Einzel-MdE um 20 v.H. rechtfertigen und die Gesamt-MdE aller Unfallfolgen damit 40 v.H. beträgt. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der ursprüngliche Einwand der Beklagten, der Sachverständige Dr. von S. , auf den sich das Sozialgericht im Übrigen berufe, habe in seinem Gutachten die MdE unter Einbeziehung aller Gesundheitsstörungen im Bereich des Kopfes bzw. Gesichts und der Wirbelsäule mit 30 v.H. angegeben (vgl. Bl. 117 SG-Akte), weshalb die Einschätzung des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar sei, ist überholt. Denn Dr. von S. hat an dieser Einschätzung im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat nicht mehr festgehalten, sondern sich den Ausführungen des Sozialgerichts im Hinblick auf die Einzel- und Gesamt-MdE angeschlossen (Bl. 54 ff. LSG-Akte). Er hat dies zutreffend damit begründet, dass in diesem Zeitraum eine deutlich verstärkte Linkseinschränkung der HWS und zum Teil der Restwirbelsäule (Gutachten Dr. F. , Bl. 364 f. VA, Gutachten PD Dr. B. , Bl. 742 f. VA) bestanden hat, die er allerdings bei seiner Untersuchung - auf Grund zwischenzeitlich eingetretener Besserung - nicht mehr hat feststellen können. Einwände hiergegen hat die Beklagte nicht mehr erhoben.
Der Senat folgt dem Sozialgericht auch darin, dass diese Gesundheitsstörungen ab dem 01.08.2007 vorlagen. Die Auffassung des Sozialgerichts wird durch das Gutachten des Dr. L. bestätigt. Er hat die Klägerin Anfang September 2007 untersucht und einen Schultertiefstand von 2 cm, einen Beckenschiefstand, eine Beckenverkippung nach vorne, eine Fehlstellung der HWS, eine Torsionsskoliose der LWS/BWS und Bewegungseinschränkungen, insbesondere im Bereich der HWS (hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der Senat auf Bl. 113 LSG-Akte Bezug) beschrieben. Damit ist der vom Sozialgericht im Rahmen der Schätzung für den 01.08.2007 angenommene Zustand für Anfang September 2007 nachgewiesen. Da keinerlei Hinweise vorliegen, dass sich dieser Zustand erst im Verlaufe des Monats August 2007 einstellte, ist es nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht den 01.08.2007 als nachgewiesener Beginn dieser Funktionseinschränkungen festgelegt hat. Auch hiergegen hat die Beklagte keine Einwände erhoben.
Nicht zu folgen vermag der Senat dem Sozialgericht in Bezug auf die Dauer des Vorliegens dieser Gesundheitsstörungen. Ausweislich des Berichtes des H. Klinikums E. über die Vorstellungen der Klägerin am 26.06. und 23.07.2012 (Bl. 931 VA) ist es bereits unmittelbar nach der erneuten Umstellungsosteotomie (stationärer Aufenthalt vom 11.06. bis 16.06.2012, vgl. Bl. 930 VA) zu einer deutlichen Besserung der Schiefstandsymptomatik im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule gekommen. Die vom Sozialgericht für September 2012, der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. R., in der die Klägerin ebenfalls eine deutliche Besserung der Wirbelsäulensymptomatik angegeben hat, angenommene Besserung hat somit bereits am 26.06.2012 vorgelegen. Wegen der damit für den 26.06.2012 nachgewiesenen Besserung des Gesundheitszustandes ist eine MdE ab diesem Zeitpunkt für die der Wirbelsäulensymptomatik nicht mehr anzunehmen. Da über die höhere Rente keine bescheidmäßige Festsetzung erfolgt ist, kommt § 73 Abs. 1 SGB VII, der auf den Ablauf des Monats abstellt, nicht zur Anwendung. Auf die Berufung der Beklagten ist somit das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben, soweit es der Klägerin einen Anspruch auf höhere Verletztenrente für die Zeit vom 26.06.2012 bis 31.10.2012 zugesprochen hat.
Das Sozialgericht hat zu Recht einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den vorübergehenden Wirbelsäulenbeschwerden und dem Arbeitsunfall bejaht.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden - wie bereits dargelegt - die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem unfallbedingten Gesundheitserstschaden - hier der KMD - und dem weiteren Gesundheitsschaden - hier den Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule - voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der weitere Gesundheitsschaden auch ohne den Gesundheitserstschaden eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob neben dem versicherten Gesundheitserstschaden weitere Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn (erste Stufe) zu dem weiteren Gesundheitsschaden beitrug. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war der versicherte Gesundheitserstschaden wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Dabei muss der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.).
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule, Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS und Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die KMD - genauer: die Okklusionsstörung - und damit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Es hat sich dabei auf die von PD Dr. B. angeführte und seiner Stellungnahme in Kopie beigefügte Literatur, die einen solchen Zusammenhang beschreibt, und das Gutachten des Dr. von S. gestützt und dargelegt, dass auf Grund des zeitlichen Verlaufs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen Zusammenhang besteht. Es hat dabei wesentlich darauf abgestellt, dass sich diese orthopädischen Beeinträchtigungen vollständig zurückgebildet haben, als bei der Klägerin im Juni 2012 die Osteotomie des Kiefers durchgeführt worden ist. Auch insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Einwände der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
Soweit die Beklagte den naturwissenschaftlichen Kausalitätszusammenhang (erste Stufe der Kausalitätsprüfung) bezweifelt, folgt ihr der Senat nicht. Insbesondere trifft es nicht zu, dass keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer KMD - und insbesondere einer Okklusionsstörung - und Wirbelsäulenbeschwerden sprechen.
Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat (vgl. Bl. 20 LSG-Akte), ist Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind hierbei die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also - von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen - Konsens besteht (BSG, Urteil vom 30.03.2017, B 2 U 6/15 R zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, Urteil vom 30.03.2017 a.a.O.; BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O.).
Das Sozialgericht hat sich zutreffend - mangels eines herrschenden aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes - auf eine zumindest nicht nur vereinzelt vertretene Auffassung in der medizinischen Wissenschaft berufen. So hat es dargelegt, dass manualmedizinische Publikationen (Obert et al., "Okklusionsstörungen und Auswirkungen auf den funktionellen Bewegungsraum der Lendenwirbelsäule, Manuelle Medizin 2012, Seite 124; Heymann/Smolenski, "Die kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD)", Manuelle Medizin 2011, Seite 347) eine KMD als eine Störung des Zusammenspiels zwischen Unter- und Oberkiefer und daraus resultierenden strukturellen, funktionellen, biochemischen und psychischen Fehlregulationen der Muskel- und Kiefergelenke beschreiben, hierdurch hervorgerufene Verspannungen in der Kaumuskulatur sich auf Wirbelsäule und Becken fortsetzen und, wenn auch nicht per se und stets, Beschwerden der HWS und LWS verursachen. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass PD Dr. B. in seiner weiteren Stellungnahme für die Beklagte im Berufungsverfahren noch weitere Veröffentlichungen zu solchen Zusammenhängen anführt.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass PD Dr. B. selbst auf diese - von ihm auch vorgelegten - manualmedizinischen Publikationen, die von einem generellen Zusammenhang zwischen einer KMD und Wirbelsäulenbeeinträchtigungen ausgehen, hingewiesen hat (Bl. 211 f., 219 ff. SG-Akte, Bl. 73 ff. LSG-Akte). In der vorgenannten Veröffentlichung führte Obert (a.a.O., Seite 124) auch Studien an, die - so die Autoren - einen Zusammenhang zwischen den klinischen Symptomen einer KMD und Erkrankungen der HWS, aber auch anderer Körperregionen außerhalb des kraniozervikalen Systems und die Beeinflussung der gesamten Wirbelsäulenstabilität durch einen systematischen Einsatz von Aufbissbehelfen beschreiben, so dass die "funktionelle Wechselwirkung" zwischen kraniomandibulärem und dem Bewegungssystem gesichert sei. Vor allem aber wies Obert auf eine tierexperimentelle Studie hin (Festa et al., Effects of horizontal oscillation of the mandible on the spinal column of the rat in vivo using radiographic monitoring, Ortognatodonzia Ital 6, Seite 539), wonach eine einseitige Okklusionsstörung bei Ratten innerhalb einer Woche zu einer Wirbelsäulendeviation führte, die sich nach anschließender Anpassung der kontralateralen Seite wieder ausgleichen ließ (Obert, a.a.O., Seite 124). Diese Tierversuche weisen erstaunliche Parallelen zum Fall der Klägerin auf. So entstanden nicht nur bei den untersuchten Tieren nach einer fehlerhaften Okklusion Beeinträchtigungen der Wirbelsäule, sondern auch die Klägerin litt - als Teil der KMD - an einer Okklusionsstörung (offener Biss, vgl. nur Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 251, 429 VA, so auch von der Beklagten als Unfallfolge anerkannt, Bl. 274 VA) und - zeitgleich - an Beeinträchtigungen - insbesondere einer Fehlstatik - der Wirbelsäule (vgl. Gutachten Dr. F. , Bl. 367 VA, Gutachten PD Dr. B. , Bl. 742 VA). Sowohl die in der medizinischen Wissenschaft zur Klärung medizinischer Zusammenhänge gebräuchlichen Tierversuche mit dem hier dokumentierten Ergebnis als auch die Parallelen dieser tierexperimentellen Studie mit dem Krankheitsverlauf der Klägerin kommentiert PD Dr. B. nicht. Soweit er in Bezug auf die von ihm gefundene weitere Literatur in seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren anmerkt, dass "bis auf wenige, sich immer wiederholende Daten keine wissenschaftliche Grundlage" bestehe, räumt er - für die in Bezug genommenen Daten - selbst eine wissenschaftliche Grundlage ein. Dabei relativiert er diese Erkenntnisse zu Unrecht als "sich wiederholende Daten". Tatsächlich, dies ergibt sich aus der vorangehenden Textpassage in der Stellungnahme, wurden "in einem neuen Kollektiv die Erkenntnisse, welche bereits in der Arbeit von 2012 festgestellt wurden, wiederholt". Damit aber wurden nicht Daten wiederholt, sondern es wurden in einer neuen Studie im Jahr 2015 dieselben Erkenntnisse erzielt, wie Jahre zuvor.
Soweit die Beklagte - unter Verweis auf die Ausführungen des PD Dr. B. (Bl. 72 ff. LSG-Akte) - meint, dass "es eine wissenschaftliche Grundlage [ ] so nicht gibt" (Bl. 69 LSG-Akte), die manualmedizinischen Publikationen mithin nicht Teil der medizinischen Wissenschaft seien, trifft dies nicht zu. So liegt das Hauptaugenmerk der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin/Chirotherapie (DGMM) auf der wissenschaftlichen Erforschung und Weiterentwicklung der Manuellen Medizin (vgl. Ausdruck der Homepage der DGMM, Bl. 141 LSG-Akte). Die DGMM ist bereits seit 1970 Mitglied der AWMF, wobei die AWMF nur Fachgesellschaften aufnimmt, die sich ausschließlich oder vorwiegend wissenschaftlichen Fragen der Medizin einschließlich ihrer praktischen Anwendungen widmet (Auszug aus der Satzung der AWMF, Bl. 142 f. LSG-Akte). Schließlich ist in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern die Zusatzweiterbildung "Manuelle Medizin/Chirotherapie" geregelt (vgl. nur Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern Baden-Württemberg und Bayern, Bl. 144 ff. LSG-Akte), so dass der Senat keinen Zweifel daran hat, dass die Manualmedizin Teil der medizinischen Wissenschaften ist.
Soweit PD Dr. B. (vgl. nur Bl. 73 f. LSG-Akte) - und ihm folgend die Beklagte - den manualmedizinischen Publikationen das Fehlen von orthopädischer Literatur zu solche Zusammenhängen gegenüberstellt, begründet dies keine Zweifel an den Erkenntnissen der Fachrichtung manuelle Medizin. Vielmehr wird ein solcher Zusammenhang - dies ergibt sich wiederum aus den Ausführungen von PD Dr. B. , die auf mehrmaliger umfangreicher Literaturrecherche beruhen - in der orthopädischen Literatur gerade nicht in Abrede gestellt. Hieraus folgt, dass es keine (anderen) medizinischen Lehrmeinungen gibt, die einen solchen Ursachenzusammenhang ausschließen. Die Tatsache, dass ein Zweig der medizinischen Wissenschaft sich schlicht nicht mit "dieser Symptomatik beschäftigt" (PD Dr. B. , Bl. 73 LSG-Akte), vermag Erkenntnisse eines anderen Zweigs der medizinischen Wissenschaft nicht zu relativieren. Gleiches gilt für die Gutachtenliteratur, die - so PD Dr. B. nach seinen Recherchen - sich ebenfalls mit solchen Zusammenhängen nicht auseinandersetzt.
Im Übrigen hat auch PD Dr. B. nicht prinzipiell ausgeschlossen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer KMD und den Wirbelsäulenbeschwerden besteht. So hat er dargelegt, dass es "allenfalls in wenigen begründeten Einzelfällen [ ] dazu kommen [kann], dass funktionelle Auswirkungen im Bereich der Wirbelsäule als unfallbedingt im Rahmen einer kraniomandibulären Dysfunktion anzuerkennen sind" (Bl. 216 f. SG-Akte). Wenn PD Dr. B. insoweit allerdings weiter fordert, dass "außer den objektiv nachweisbaren Verletzungen im Gesichtsbereich keine weiteren Pathologien im Bereich der Wirbelsäule feststellbar sind", verkennt er die Grundsätze der Kausalitätsprüfung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Es bedarf keiner alleinigen Ursächlichkeit der KMD - hier in Form der Okklusionsstörung - mit den Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin, sondern es genügt auf der ersten Stufe der Kausalitätsbetrachtung, wenn die Okklusionsstörung - unabhängig vom etwaigen Vorliegen anderer unversicherter Ursachen - nicht hinweggedacht werden kann, ohne das die Wirbelsäulenbeschwerden entfielen. Erst auf der zweiten Stufe (hierzu später) ist zu prüfen, ob die KMD als versicherte Ursache wesentlich war, also eine etwaig vorliegende unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine Alleinkausalität ist nicht Voraussetzung für die Bejahung eines Kausalzusammenhangs.
Damit besteht aber nach den Feststellungen des Senats eine zumindest nicht nur vereinzelt vertretene Auffassung in der medizinischen Wissenschaft, die einen Ursachenzusammenhang zwischen einer KMD - insbesondere einer Okklusionsstörung - und von Wirbelsäulenbeschwerden beschreibt. Ein solcher Ursachenzusammenhang ist somit - davon geht, wie dargelegt, auch PD Dr. B. aus - grundsätzlich möglich.
Vorliegend bejaht der Senat darüber hinaus wegen der Besonderheiten des Falles der Klägerin auch die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.
Entscheidend für die Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass die Okklusionsstörung - als Teil der KMD - zu den zeitweise aufgetretenen Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin führte, ist für den Senat der auffällige Zusammenhang, den bereits das Sozialgericht unter Bezugnahme auf den Sachverständigen Dr. von S. zutreffend beschrieben hat, dass nämlich mit Beseitigung des Fehlbisses auch die Wirbelsäulenbeschwerden wegfielen. Gerade solche Vorgänge werden in der Medizin anderenorts als beweisend für eine (zunächst nur vermutete) Ursache angesehen. So werden z.B. Schmerzzustände im Bereich der Wirbelsäule - zur Klärung der Ursache - diagnostisch durch Betäubung des vermuteten, die Schmerzen verursachenden Nervs abgeklärt. Sind die Schmerzen nach Analgetisierung weggefallen, gilt dies als beweisführend für die vermutete Ursache.
Dem entsprechend hat der Sachverständige Dr. von S. den Ursachenzusammenhang damit begründet, dass es auf Grund der Beseitigung der fehlerhaften Okklusion im Juni 2012 durch die H. Klinik E. zu einem Wegfall der Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule kam (Bl. 115 f. SG-Akte). Er schließt also nicht aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Wirbelsäulenbeschwerden und der Okklusion auf die Kausalität (auf der ersten Stufe), sondern zieht seine Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass die Beseitigung der Okklusion - hier durch einen gezielten operativen Eingriff - zum Wegfall der Wirbelsäulenbeeinträchtigungen geführt hat.
Vor dem Eingriff litt die Klägerin unter einem zirkulär offenen Biss (vgl. nur Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 430 VA) und unter Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule. So stellte PD Dr. B. im Rahmen seiner Untersuchung bei dementsprechenden Beschwerden der Klägerin (Bl. 741 VA) Bewegungseinschränkungen der HWS, BWS und LWS, eine Torsionsskoliose der gesamten Wirbelsäule, einen Beckenschiefstand rechts, eine Seitneigung des gesamten Oberkörpers und eine Beinverkürzung rechts um 1 cm fest (Bl. 742 ff. VA).
Tatsächlich ist die Okklusion bei der Klägerin durch die Umstellungsosteotomie im Juni 2012 (zunächst) behoben worden ("stabile Regelokklusion", Befundbericht H. Klinik, Bl. 931 VA). Die Klägerin hat unmittelbar nach dem Eingriff gegenüber der behandelnden Helios-Klinik eine deutliche Besserung der multiplen Beschwerden angegeben, insbesondere des Becken- und Wirbelsäulenschiefstandes (Bl. 931 VA). Auch im Rahmen des mkg-Gutachtens des Prof. Dr. Dr. R. mit Untersuchung im September 2012 hat eine "Normokklusion mit Neutralbisslage" (Bl. 990 VA) bestanden und die Klägerin hat angegeben, dass die vor dem Eingriff bestehenden Blockaden der HWS und Schmerzen der LWS deutlich abgenommen hätten (Bl. 989 VA). Zudem hat Prof. Dr. Dr. N. in seinem mkg-Gutachten nach Untersuchung der Klägerin im Dezember 2012 eine regelgerechte Okklusion ohne Mittellinienabweichung festgestellt (Bl. 1139 VA) und die Klägerin hat auch ihm gegenüber geäußert, dass "die Schon- und Fehlhaltung der Wirbelsäule und des Beckens nach der Operation völlig verschwunden" sei (Bl. 1137 VA). Prof. Dr. Dr. N. hat dem entsprechend festgestellt, dass das Gangbild der Klägerin unauffällig ohne Schonhinken, die HWS frei beweglich und die Wirbelsäule insgesamt nicht druckschmerzhaft sei (Bl. 1138 f. VA). Gegenüber dem Sachverständigen Dr. von S. hat die Klägerin im Rahmen der Untersuchung vom Februar 2013 angegeben, dass es nach der Umstellungsosteotomie zu einer "deutlichen Beschwerdebesserung" (Bl. 102 SG-Akte) gekommen sei und seit Entfernung der Dauerschiene im Oktober 2012 weder Probleme mit der HWS bestünden noch die Fehlstellung der Wirbelsäule aufgetreten sei (Bl. 102 f. SG-Akte). Dem entsprechend hat Dr. von S. keine Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule, keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen oder eine Fehlhaltung festgestellt (Bl. 105 f. SG-Akte).
Hinzu kommt, dass es bei der Klägerin zu einer Wiederholung dieses Phänomens gekommen ist. Auf Grund erneut gestörter Okklusion ist bei ihr wieder eine Wirbelsäulenfehlhaltung aufgetreten. So hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. H. im Oktober 2014 (mkg-Gutachten, Bl. 30 LSG-Akte) über einen deutlichen Fehlbiss geklagt (Bl. 34 LSG-Akte), den der Gutachter im Rahmen der Befunderhebung bestätigt hat (Bl. 37 LSG-Akte). Gleichzeitig hat Prof. Dr. Dr. H. entsprechend der Beschwerdeschilderung der Klägerin eine "ausgeprägte Fehlhaltung des Oberkörpers mit Wirbelsäulenkippung nach rechts" beschrieben (Bl. 37 LSG-Akte). Erst nach Behebung des Fehlbisses durch Eingliederung von Table-tops im Juli 2016 hat die Klägerin im Hinblick auf die Wirbelsäulensymptomatik keine Beeinträchtigungen mehr geltend gemacht (vgl. mkg-Gutachten Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Bl. 223 LSG-Akte). Entsprechend hat Prof. Dr. Dr. Dr. S. im Januar 2017 eine regelgerechte Okklusion festgestellt (Bl. 225 f. LSG-Akte) und ein unauffälliges Gangbild, eine freie Beweglichkeit der HWS und einen Fingerspitzen-Boden-Abstand von 0 cm beschrieben. Ein Schiefstand des Beckens, des Kopfes oder eine Beinlängendifferenz habe nicht bestanden (Bl. 225 LSG-Akte).
Soweit PD Dr. B. diesbezüglich auf die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule hinweist (Bandscheibenverschleißerscheinungen im Bereich L5/S1 und L1/2 mit körpereigenen Abstützreaktionen, Bl. 214, 216 SG-Akte) und ausführt, diese könnten die Symptomatik der Klägerin erklären, mag dies allgemein zutreffen. Im vorliegenden Fall ist es aber nicht wahrscheinlich, dass diese - röntgenologisch (Gutachten Dr. von S. , (Bl. 113 SG-Akte) festgestellten - degenerativen Veränderungen zu den vom Sozialgericht festgestellten Veränderungen geführt oder auch nur beigetragen haben.
So erklärt das Vorhandensein degenerativer Veränderungen gerade nicht, dass sich die Wirbelsäulenbeschwerden gebessert haben, als die Okklusionsstörung beseitigt worden ist. Es ist, wie bereits oben ausführlich dargestellt, unmittelbar nach dem operativen Eingriff im Juni 2012 zur Beseitigung des Fehlbisses der Klägerin zu einer Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden gekommen. Ein "spontaner" Wegfall dieser Beschwerden auf Grund anlagebedingter Veränderungen, zudem noch in auffälligem zeitlichen Zusammenhang mit dieser operativen Maßnahme, erscheint dem Senat demgegenüber nicht wahrscheinlich. Dies umso mehr, als es auch in der Folgezeit im Zusammenhang mit erneuter Okklusionsstörung wiederum zu den vom Sozialgericht festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden gekommen ist. So hat bei der Klägerin - auch hierauf hat der Senat bereits hingewiesen - im Oktober 2014 erneut ein Fehlbiss bestanden und eine "ausgeprägte Fehlhaltung des Oberkörpers mit Wirbelsäulenkippung nach rechts" (Gutachten Prof. Dr. H. mkg-Gutachten, Bl. 30 LSG-Akte). Erst mit erneuter Behebung des Fehlbisses durch Eingliederung von Table-tops im Juli 2016 hat die Klägerin im Hinblick auf die Wirbelsäulensymptomatik weder Beeinträchtigungen geltend gemacht noch sind solche festgestellt worden (vgl. mkg-Gutachten Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Bl. 223, 225 LSG-Akte). Es mag daher allenfalls möglich sein, dass degenerative Veränderungen zu den Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin beigetragen haben.
Zusammenfassend ist damit hinreichend wahrscheinlich, dass es ohne die Okklusionsstörung - als Teil der KMD - nicht zu den vom Sozialgericht festgestellten Beeinträchtigungen der Wirbelsäule gekommen wäre.
Die Okklusionsstörung ist darüber hinaus mit hinreichender Wahrscheinlichkeit "wesentlich" für die (zeitweise) aufgetretenen Wirbelsäulenbeschwerden gewesen (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung).
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R a.a.O., auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R).
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass (auch) die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule zu den Beschwerden der Klägerin beigetragen haben, wäre die Okklusionsstörung gleichwohl wesentlich für die vom Sozialgericht festgestellten Wirbelsäulenbeeinträchtigungen.
Weder ist in den Akten dokumentiert noch haben die Beklagte oder PD Dr. B. dargelegt, dass die Klägerin in Zeiträumen ohne die Okklusionsstörung an vergleichbaren Wirbelsäulenbeschwerden litt. So ist es vielmehr zu einer deutlichen Abnahme der Beschwerden gekommen, soweit ein Fehlbiss nicht bestanden hat, wie die bereits zitierten Befundberichte und Gutachten nach der Umstellungsosteotomie im Juni 2012 zeigen. Dem entsprechend kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die anlagebedingten Veränderungen mitursächlich gewesen sind. Maßgebend - und damit wesentlich - für die Wirbelsäulenbeschwerden ist dann aber die Okklusionsstörung gewesen, denn es war der Wegfall der Okklusion im Juli 2012, der zu einer deutlichen Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden geführt hat. Erst das erneute Auftreten eines Fehlbisses im Oktober 2014 hat wieder Beschwerden bei der Klägerin hervorgerufen. Erst mit erneuter Beseitigung des Fehlbisses im Juli 2016 hat die Klägerin keine Wirbelsäulenbeschwerden mehr gehabt.
Soweit die Beklagte darüber hinaus im Berufungsverfahren eingewendet hat, dass die von Dr. von S. dargelegte praktische Erfahrung (Bl. 69 LSG-Akte) keinen Unfallzusammenhang begründen könne, kommt es hierauf nicht an, denn der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass es infolge der Behebung der Okklusionsstörung zu dem Wegfall der vom Sozialgericht festgestellten Gesundheitsstörungen gekommen ist, mithin sich hieraus der kausale Zusammenhang ableitet. Soweit die Beklagte Einwendungen gegen die Ausführungen des behandelnden Orthopäden Zimmer und den Gutachter Dr. F. erhebt (Bl. 21 f. LSG-Akte), können diese ebenfalls dahinstehen, da sich weder der Senat noch das Sozialgericht im Hinblick auf den Kausalzusammenhang auf diese gestützt haben.
Zusammenfassend sind die zeitlich befristet aufgetretenen Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule auf das Unfallereignis zurückzuführen und zutreffend durch das Sozialgericht festgestellt worden. Auf Grund dieser Beeinträchtigungen hat die Klägerin Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um 40 v.H., jedoch lediglich im Zeitraum vom 01.08.2007 bis 25.06.2012.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringe Obsiegen der Beklagten rechtfertigt keine Kostenquotelung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren sind in vollem Umfang zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Höhe einer Verletztenrente im Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.10.2012.
Die 1969 geborene Klägerin fuhr am 16.12.2005 mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zu Ihrer Arbeitsstelle als Erzieherin an einigen geparkten Fahrzeugen vorbei, als sich plötzlich eine Fahrertüre öffnete und die Klägerin u.a. an der rechten Wange traf (Bl. 1, 38, 42 VA). Hierdurch zog sich die Klägerin eine Fraktur des rechten Gelenkfortsatzes des Collum (Unterkiefer) zu. Die Fraktur heilte in Dislokation (Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 252 VA) aus.
Die Beklagte holte das mund-, kiefer- und gesichtschirurgische (mkg) Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. ein (Bl. 248 VA). Gegenüber diesem gab die Klägerin chronische Kopf- und Gelenkschmerzen an. Prof. Dr. Dr. M. diagnostizierte auf Grund seiner Untersuchung vom 17.08.2007 eine tiefe Gelenkfortsatzfraktur rechts, in Dislokation verheilt, mit zirkulär offenem Biss (die Klägerin okkludiere nur im hinteren Molarenbereich) und Rücklage des Unterkiefers sowie chronische Kopf- und Gelenkschmerzen. Diese unfallbedingten Beeinträchtigungen seien mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. zu bewerten. Mit Bescheid vom 04.10.2007 gewährte die Beklagte ab 14.01.2006 zunächst eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. Als Unfallfolge anerkannte sie "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage des Unterkiefers, röntgenologische Veränderungen". In ihrem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin weitere Unfallfolgen, u.a. im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und der Lendenwirbelsäule (LWS), Gelenkblockierungen und eine Beinlängendifferenz geltend.
Daraufhin holte die Beklagte zunächst beim Facharzt für Orthopädie (Zusatzbezeichnung u.a. Chirotherapie, Osteopathie) Dr. F. ein Gutachten auf Grund Untersuchung vom 21.12.2007 ein (Bl. 363 VA). Die Klägerin gab neben den bereits genannten Beeinträchtigungen im Bereich des Kopfes auch Nackenbeschwerden, die bis in die Brustwirbelsäule (BWS) und LWS zögen, an. Sie leide darüber hinaus an einer Fehlstellung der Wirbelsäule und des Beckens, wenn sie ihre Bissschiene nicht trage. Dr. F. diagnostizierte eine in Verkürzung ausgeheilte Collumfraktur rechte mandibula und eine dadurch ausgelöste kraniomandibuläre Dysfunktion (Sammelbezeichnung für Beschwerden im Kopf-Hals-Bereich mit besonderer Betroffenheit der Kaumuskulatur und Kiefergelenke, vgl. Pschyrembel Online, fortan: KMD), eine Gesichtsskoliose und Verschiebungen des Os temporale (Schläfenbein) und des Os sphenoidale (Keilbein) durch Druckbelastung im Schädelbereich, eine kompensatorische Rotation und Seitneigung der Wirbelkörper der HWS, BWS und LWS, Blockaden und Dysfunktionen des Iliosakralgelenks (ISG) links bei Ileum anterior links und funktioneller Beinverlängerung links. Sämtliche Gesundheitsstörungen führte er - als Folgen der KMD - auf das Unfallereignis zurück, da die Klägerin vor diesem gesund gewesen sei und über keinerlei Beschwerden - insbesondere des Bewegungsapparates - geklagt habe (ergänzende Stellungnahme, Bl. 387 VA). Die MdE betrage 60 v.H.
Während des Widerspruchsverfahrens gab Prof. Dr. Dr. M. in seinem zweiten Rentengutachten (Bl. 428 VA) auf Grund Untersuchung vom 15.09.2008 an, die Klägerin habe über Kopfschmerzen, Druck auf den Ohren, ein Pfeifen im rechten Ohr, Schwierigkeiten beim Beißen und einen Druckschmerz am Jochbein geklagt. Als weitere Unfallfolgen nannte der Gutachter Beeinträchtigungen beim Beißen, Ohrgeräusche, ein Druckgefühl über dem Mittelgesicht, ein Gelenkknacken im linken Kiefergelenk und - auf Nachfrage - eine Gesichtsasymmetrie (Bl. 430, 448 VA) und bewertete die MdE nach wie vor um 30 v.H. Hierauf gestützt gewährte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 25.11.2008 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 30 v.H. und anerkannte als Unfallfolgen nunmehr "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial".
Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein unfallchirurgisches Gutachten bei PD Dr. B. (Bl. 764 VA), damals kommissarischer Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. , und ein Gutachten bei Prof. Dr. Dr. R. (Bl. 740 VA), Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums T. , ein, jeweils auf Grund einer Untersuchung am 15.12.2010. Gegenüber PD Dr. B. gab die Klägerin an, dass sie hauptsächlich unter Beschwerden im Kieferbereich leide. Im Bereich der gesamten Wirbelsäule habe sie ebenfalls Beschwerden und im Nacken verspüre sie permanent Verspannungen. Unter Berücksichtigung der von ihm veranlassten Röntgenaufnahme der gesamten Wirbelsäule führte PD Dr. B. aus, dass bei der Klägerin eine Torsionsskoliose bestehe, welche durch die Beinverkürzung auf der rechten Seite mit Beckenschiefstand bedingt sei. Auf Grund der Torsionskomponente gehe er von einer anlagebedingten Veränderung aus. Unfallbedingte Veränderungen, die eine MdE bedingen könnten, seien nicht festzustellen. Prof. Dr. Dr. R. gab bei ähnlicher Beschwerdeschilderung im Bereich des Kopfes bzw. Gesichts wie bisher (Kopfschmerzen, Spannungsgefühle im Bereich des Mittelgesichts, Knacken im linken Kiefergelenk) sowie angegebenen Blockaden der HWS und Schmerzen in der LWS, bei weiter bestehender Okklusionsstörung mit Schmerzsymptomatik im Bereich der Kaumuskulatur, Kiefergelenke und der HWS neben den schon früher beschriebenen Unfallfolgen im Bereich des Kiefers als weitere Unfallfolge eine KMD an. Die Gesichtsasymmetrie bestehe nicht mehr (Bl. 767 VA). Die MdE sei weiterhin mit 30 v.H. einzuschätzen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung der mit Bescheid vom 25.11.2008 zusätzlich anerkannten Unfallfolgen zurück. Die Anerkennung der weiteren Gesundheitsstörungen begründete sie mit der unfallbedingt aufgetretenen KMD.
Die Klägerin unterzog sich auf Veranlassung der D. Allgemeine Versicherungs AG weiteren Begutachtungen: Gegenüber dem Orthopäden Dr. L. (Bl. 109 LSG-Akte) gab die Klägerin anlässlich seiner Untersuchung vom 05.09.2007 neben Beeinträchtigungen im Bereich des Kopfes (Kopfschmerzen, Druckgefühl auf den Ohren mit Pfeifton rechts, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, Schmerzen am Kiefer) Blockierungen der HWS, LWS und des Beckens an. Ihr Becken sei nach links gekippt, das linke Bein sei verkürzt und sie laufe schief. Wenn sie die vom Zahnarzt verordnete, derzeit aber defekte, Bissschiene trage, richte sich ihr Körper auf. Dr. L. stellte anhand aktueller Röntgenaufnahmen eine flachbogig rechts/linkskonvexe LWS/BWS-Torsionsskoliose, einen Morbus Scheuermann im Bereich Th12 bis L2, eine kyphotische Fehlstellung der oberen HWS und eine eventuell inkomplett ossifizierte Fraktur des rechten Ramus mandibulae fest. Er gab als Unfallfolge auf seinem Fachgebiet eine Blockade der HWS und LWS an, ohne dies weiter zu begründen. Auf Veranlassung von Dr. L. erstattete Dr. B. sein neurologisch-psychiatrisches Zusatzgutachten auf Grund Untersuchung vom 09.08.2007 (Bl. 130 LSG-Akte). Bei gleichem Beschwerdevorbringen der Klägerin diagnostizierte Dr. B. einen kompensierten subjektiven Tinnitus aurium und eine dissoziative Bewegungsstörung bei Anpassungsstörung, die er als unfallbedingt ansah. Seines Erachtens habe die Klägerin eine erhebliche Verunsicherung durch die widersprüchlich diskutierten Behandlungsoptionen bei unbefriedigenden Behandlungsergebnissen erfahren und hierdurch die von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen entwickelt. Prof. Dr. S. von der Orthopädischen Universitätsklinik H. erstattete ein orthopädisches Gutachten auf Grund Untersuchung vom 25.11.2008 (Bl. 89 LSG-Akte). Diesem gegenüber gab die Klägerin an, bereits im frühen Verlauf der zahn-, mund- und kieferchirurgischen Behandlung sei es zu einer Verbiegung der Wirbelsäule mit gleichzeitigem Beckenschiefstand gekommen. Sie habe Schmerzen in der HWS und im Gesichtsbereich, ferner Beschwerden im Bereich der linken Kreuzdarmbeinfuge, der Beckenschaufel und des Hüftgelenks. Zusätzlich bestehe ein Tinnitus rechts. Prof. Dr. S. führte aus, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Bereich der HWS durch die degenerativen Veränderungen in diesem Bereich objektivieren ließen, jedoch damit nicht unfallbedingt seien. Aus orthopädischer Sicht habe der Unfall keine Dauerfolgen hinterlassen. Bei der festgestellten Körperfehlstellung im Bereich der Wirbelsäule, des Beckens und des linken Beines handle es sich um eine funktionelle Störung, die voll ausgleichbar sei.
Am 10.11.2011 hat die Klägerin im Hinblick auf die Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben.
Im Juni 2012 ist bei der Klägerin eine Umstellungsosteotomie des Oberkiefers (Entlassungsbericht H. Klinikum E. , Bl. 908 VA) erfolgt, durch die ihre fehlerhafte Okklusion korrigiert wurde (nunmehr Regelokklusion) und wobei sich auch die Schiefstandsymptomatik im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule deutlich gebessert hat (Bericht des H. Klinikums E. über die Vorstellungen der Klägerin am 26.06. und 23.07.2012, Bl. 931 VA). Entsprechend hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. R. (mkg-Gutachten für die Beklagte Bl. 986 VA) anlässlich der Untersuchung am 17.09.2012 eine Besserung ihrer Beschwerden seit diesem operativen Eingriff angegeben. Die Kopfschmerzen hätten abgenommen, die Blockaden in der HWS und die Schmerzen in der LWS hätten deutlich abgenommen, die Spannungsgefühle im Bereich des Mittelgesichts seien nicht mehr so ausgeprägt. Prof. Dr. Dr. R. hat eine regelrechte Okklusion bei in Fehlstellung knöchern konsolidierter Unterkieferfraktur rechts und eine KMD diagnostiziert. Auf Grund der eingetretenen Verbesserung des Gesundheitszustandes der Klägerin sei die MdE nunmehr mit 20 v.H. zu bewerten. Bei einer für das Landgericht K. (Az.: 8 O 273/09) erfolgten Begutachtung hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. N. (Bl. 1136 VA) am 12.12.2012 angegeben, die Fehlhaltung der Wirbelsäule und des Beckens sei nach der Operation völlig verschwunden. Der Gutachter hat hinsichtlich der Wirbelsäule keinerlei Auffälligkeiten beschrieben.
Das Sozialgericht hat zunächst das orthopädische Gutachten des Dr. von S. (Chefarzt der Abteilung Orthopädie der V.-Klinik Bad R. , Bl. 94 SG-Akte) eingeholt. Bei ihrer Untersuchung am 26.02.2013 hat die Klägerin gegenüber dem Sachverständigen bestätigt, dass es nach der Umstellungsosteotomie im Juni 2012 zu einer deutlichen Beschwerdebesserung im Hinblick auf die Okklusion gekommen sei. Seit Entfernung der Dauerschienung im Oktober 2012 habe sie auch keine Probleme mit der HWS mehr. Auch die Fehlstellung der Wirbelsäule sei in dieser Form nicht mehr aufgetreten. Sie leide noch unter einer Bewegungseinschränkung des Kiefergelenks, Kopfschmerzen und einer verringerten Sprechfähigkeit. Nach Auswertung der vorliegenden Röntgenbefunde hat Dr. von S. eine leichte Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der Brustkyphose im Sinne eines Flachrückens sowie eine leichte Muskeltonuserhöhung der paravertebralen Muskulatur der LWS rechts bei früher nachgewiesener leichter Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS, Bandscheibenverschleißerscheinungen im Bereich L1/2 und L5/S1 und eine in zwischenzeitlich korrigierter Stellung befindliche Gelenkfortsatzfraktur des Unterkiefers rechts diagnostiziert. Seines Erachtens seien die zwischenzeitlich nicht mehr vorhandenen Blockierungen und Verspannungen der Muskulatur und die Fehlhaltung der Wirbelsäule unfallbedingt, da sich diese nach der Korrektur der Fehlstellung im Kiefergelenksbereich zurückgebildet hätten. Zwar habe eine Torsionsskoliose vorbestanden. Diese sei jedoch minimal und auf Grund dieses Ausmaßes durch eine funktionelle temporäre Beinlängendifferenz bei vorhandener Blockierung des ISG bedingt. Untypisch für die Torsionsskoliose sei ohnehin, dass diese rechtskonvex sei, während die meisten Lumbalskoliosen anlagebedingt links aufträten. Die MdE hat er unter Beachtung der Beeinträchtigungen des Kopfes mit insgesamt 30 v.H. ab 14.09.2006 bewertet. Hiergegen hat PD Dr. B. (Bl. 211 ff. SG-Akte) unter Vorlage medizinischen Schrifttums Einwände erhoben. Es gäbe nur manualmedizinische Publikationen über Auswirkungen einer KMD auf die Wirbelsäule. Bei der Klägerin lägen auch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule vor, welche ebenfalls solche Beschwerden verursachen könnten.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus das neurologische Gutachten des Prof. Dr. D. (Bl. 124 SG-Akte) eingeholt. Gegenüber diesem hat die Klägerin bei der Untersuchung am 20.03.2013 angegeben, unter einer eingeschränkten Mundöffnung, Schmerzen beim Kauen und Kopfschmerzen zu leiden. Sie müsse eine Schiene tragen und könne damit nicht richtig sprechen. Darüber hinaus bestünden Verspannungen im Nackenbereich und Gefühlsstörungen am rechten Unterkiefer und an der Unterlippe. Prof. Dr. D. hat Gefühlsstörungen im sensiblen Versorgungsgebiet des Nervus mandibularis rechts, Myogelosen der Schulter und Nackenmuskulatur beidseits und eine Migräne diagnostiziert. Seines Erachtens sei die Migräne nicht unfallbedingt, die Gefühlsstörungen jedoch Folge des unfallbedingt notwendigen operativen Eingriffs im Bereich des rechten Unterkiefers und damit als Unfallfolgen zu berücksichtigen. Die Myogelosen seien nach den mkg- und orthopädischen Gutachten Folgen der KMD.
Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das Sozialgericht unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide als Unfallfolgen eine KMD, eine vorübergehende zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der physiologischen Brustkyphose, Bewegungseinschränkungen der HWS, Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur und Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS festgestellt und die Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Das Sozialgericht hat sich hierbei auf das Gutachten des Dr. von S. gestützt. Die vorübergehenden Beeinträchtigungen der Wirbelsäule seien auf die KMD zurückzuführen. Die degenerativen Veränderungen der HWS und LWS hätten hingegen keine überragende Bedeutung. Die Funktionsstörungen, wie sie Dr. F. in seinem Gutachten beschrieben habe, hätten bereits im selben Umfang Anfang August 2007 (zeitliche Mitte seines Befundberichtes vom 01.03.2007 - Bl. 188 VA - und dem die funktionellen Einschränkungen objektivierenden Gutachten) vorgelegen. Eine Besserung sei mit Entfernung der Dauerschienen im Oktober 2012 eingetreten. Die temporären Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien mit einer MdE um 20 v.H. einzuschätzen, so dass die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung einer weiteren Einzel-MdE um 30 v.H. auf mkg-Fachgebiet 40 v.H. betrage.
Gegen das am 23.12.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.01.2014 Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Feststellung weiterer - bislang nicht anerkannter - Unfallfolgen und die Gewährung einer höheren Rente. Sie ist der Ansicht, dass die Gesundheitsstörungen im Bereich der Rumpfwirbelsäule nicht Folge der bereits im Widerspruchsbescheid anerkannten KMD seien und das Gutachten des Dr. von S. mangels Zugrundelegung des medizinischen Wissenstandes nicht verwertbar sei. Auch die langjährige Erfahrung des Sachverständigen Dr. von S. könne einen Kausalzusammenhang nicht begründen. Dieser habe sich nicht mit den bei der Klägerin vorliegenden anlagebedingten und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auseinandergesetzt. Auch die Ausführungen des behandelnden Orthopäden Zimmer und des Gutachters Dr. F. seien nicht geeignet, einen Kausalzusammenhang zu belegen.
In der Folgezeit hat die Klägerin wieder - zeitweise - eine Okklusionsstörung entwickelt und parallel hierzu auch über Fehlhaltungen im Bereich des Oberkörpers geklagt. So hat Prof. Dr. Dr. H. (Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsklinik H. , Bl. 30 LSG-Akte) in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten u.a. für den 28.10.2014 im intraoralen Befund eine Okklusionsstörung mit Verlagerung des Unterkiefers beschrieben und im extraoralen Befund eine ausgeprägte Fehlhaltung mit Wirbelsäulenkippung nach rechts dokumentiert. Bei der Untersuchung im September 2014 ist beides nicht der Fall gewesen. Auf seinem Fachgebiet betrage die MdE 10 v.H., wobei es - wie am 28.10.2014 - auch Phasen mit deutlich schlechterem Befinden gebe. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte mittlerweile mit Bescheid vom 21.07.2015 (Bl. 44 LSG-Akte) den Bescheid vom 25.11.2008 mit Wirkung ab 01.08.2015 aufgehoben und einen Rentenanspruch abgelehnt. Auf den - zwischenzeitlich zurückgenommenen - Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Klinikums der J. W. G.-Universität F., mit der Begutachtung (Bl. 215 LSG-Akte) beauftragt. In der Untersuchung im Januar 2017 hat die Klägerin aktuell über Kiefergelenksschmerzen und Nackenverspannungen mit Ausstrahlung von Schmerzen in die Arme und begleitenden Parästhesien berichtet. Die ab Herbst 2014 wieder aufgetretene Kieferfehlstellung mit begleitender Wirbelsäulenfehlhaltung habe sich nach Eingliederung von Table-tops (Kunststoff-Onlays zur Bissregulierung) im Juli 2016 vollständig zurückgebildet. Der Gutachter hat keine Auffälligkeiten im Bereich der Wirbelsäule gefunden und keine Funktionsstörung des Gebisses. Er hat die von Prof. Dr. Dr. H. angenommene MdE um 10 v.H. bestätigt, aber darauf hingewiesen, dass es nach dessen Begutachtung zu einer vorübergehenden Verschlechterung gekommen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.12.2013 aufzuheben, soweit unter Abänderung der Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011 über die kraniomandibuläre Dysfunktion hinaus weitere Unfallfolgen festgestellt und die Verurteilung zu einer höheren Rente erfolgt ist, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat u.a. ergänzende Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. von S. eingeholt (Bl. 45, 57 LSG-Akte). Dieser hat die MdE alleine auf orthopädischem Fachgebiet für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 nunmehr mit 20 v.H. eingeschätzt. Die Gesamt-MdE betrage unter Berücksichtigung der MdE für das mkg-Fachgebiet 40 v.H. Es habe in seiner klinischen Praxis zahlreiche Patienten mit KMD oder Verletzungen im Bereich der Kopfgelenke mit sekundären Wirbelsäulenfunktionseinbußen gesehen. PD Dr. B. (Bl. 72 LSG-Akte) hat in seiner Stellungnahme für die Beklagte weiterhin einen Kausalzusammenhang nicht für wahrscheinlich gehalten, weil sich die orthopädische Standardliteratur ebenso wenig wie die Gutachtenliteratur mit solchen Zusammenhängen beschäftige.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 04.10.2007 in der Fassung des - nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen - Bescheides vom 25.11.2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011, mit dem die Beklagte als Unfallfolgen "Nach in Fehlstellung verheiltem Bruch des Unterkieferfortsatzgelenks rechts: Offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial" anerkannte und eine Rente nach einer MdE um 30 v.H. gewährte, allerdings nur insoweit, als die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte Problematik der Wirbelsäule, und ein höherer Rentenanspruch abgelehnt wurde. Dabei beschränkt sich die Prüfung des Senats auf die vom Sozialgericht zusätzlich als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen (vorübergehende, zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule mit Abflachung der physiologischen Brustkyphose, Bewegungseinschränkungen der HWS, Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur und Torsionsskoliose der LWS mit kompensatorischer Gegenkrümmung der BWS) und die Verurteilung der Beklagten, für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2012 eine Rente nach einer MdE um 40 v.H. zu gewähren. Denn alleine hiergegen wendet sich die Beklagte und nur sie hat Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihre Berufung nicht auf die Feststellung der KMD als Unfallfolge erstreckt, da sie - ebenso wie das Sozialgericht - davon ausgegangen ist, dass sie diese im Widerspruchsbescheid vom 12.10.2011 bereits anerkannte (vgl. Bl. 20, 68 LSG-Akte). Insoweit ist das Urteil, ebenso wie hinsichtlich der Abweisung der Klage im Übrigen, rechtskräftig geworden.
Zu Recht hat das Sozialgericht der nach §§ 54 Abs. 1, Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässigen kombinierten Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage teilweise stattgegeben und unter teilweiser Abänderung der Bescheide vom 04.10.2007 und vom 25.11.2008, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2011, die weiteren Unfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet festgestellt und die Beklagte zur zeitweisen Gewährung einer Rente nach einer MdE um 40 v.H. verurteilt, denn die Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Wie das Sozialgericht bejaht auch der Senat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Unfallfolgen im Bereich des Kiefers und den vorübergehend bestehenden Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule (hierzu später) und dem entsprechend einen vorübergehenden Anspruch auf höhere Verletztenrente (hierzu sogleich). Allerdings ist es zu der vom Sozialgericht zu Recht angenommenen Besserung der Wirbelsäulensymptomatik bereits im Juni 2012 gekommen, so dass bereits ab dem 26.06.2012 kein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. mehr bestanden hat.
Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf höhere Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Hat ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, so ist die MdE im Ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (BSG, Beschluss vom 24.11.1988, 2 BU 139/88 unter Hinweis auf Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht). Dementsprechend sind mathematische Formeln kein rechtlich zulässiges oder gar gebotenes Beurteilungsmittel zur Feststellung der Gesamt-MdE (BSG, Urteil vom 15.03.1979, 9 RVs 6/77 in SozR 3870 § 3 Nr. 4), vielmehr muss bei der Gesamtbeurteilung bemessen werden, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle, teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSG, a. a. O.).
Die durch die Beklagte bereits anerkannten Unfallfolgen im Kopf- und Gesichtsbereich (offener Biss mit Rücklage und rechtsseitiger Abweichung des Unterkiefers, Gesichtsasymmetrie, Gelenkknacken des linken Kiefergelenkes, röntgenologische Veränderungen und damit einhergehende chronische Kopf- und Gelenkschmerzen, Sensibilitätsstörungen über dem Mittelgesicht, noch einliegendes Operationsmaterial) haben jedenfalls im hier streitigen Zeitraum durchgehend eine Einzel-MdE von 30 v.H. bedingt. Zu diesem Ergebnis sind die eingeholten mkg-Gutachten des Prof. Dr. Dr. M. (Untersuchung 06.09.2007, Bl. 248 VA, Untersuchung 15.09.2008, Bl. 432, 448 VA) und des Prof. Dr. Dr. R. (Untersuchung 15.12.2010, Bl. 764 VA) übereinstimmend gelangt (vgl. Bl. 253, 430, 770 VA). Dieser Einschätzung hat sich die Beklagte ausweislich ihrer Bescheide vom 04.10.2007 und 25.11.2008 vollumfänglich angeschlossen und auch im Berufungsverfahren nochmals bestätigt (Bl. 22 LSG-Akte). Auch der Senat stimmt dieser Einschätzung der MdE nach eigener Prüfung zu, da nicht ersichtlich ist, dass die Bewertung der MdE unzutreffend erfolgte.
Die vom Sozialgericht als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule rechtfertigen eine MdE um 20 v.H., so dass die Gesamt-MdE 40 v.H. beträgt.
Das Sozialgericht ist auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. von S. zu Recht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin vorübergehend an diesen Gesundheitsstörungen gelitten hat. Auch der Senat geht hiervon aus. Denn dies hat Dr. von S. auf Grund der Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen einschließlich der bildgebenden Verfahren überzeugend dargelegt. Auch die Beklagte hat nicht behauptet, die Klägerin leide nicht an diesen Störungen. Vielmehr legt sie ihrer Argumentation diese Gesundheitsstörungen zu Grunde und bestreitet lediglich den ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass dem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten von Dr. B. nicht zu folgen ist, der (alleine) von einer dissoziativen Bewegungsstörung bei Anpassungsstörung ausging, die er auf das Unfallereignis zurückführte (Bl. 143 ff. LSG-Akte). Dr. B. beachtete bei seiner Einschätzung nicht, dass auf orthopädischem Fachgebiet - Gutachten von Dr. F. , Gutachten von Dr. B. , Gutachten von Prof. Dr. S. - und in den bildgebenden Verfahren (vgl. nur die Auswertung von Dr. von S. ) somatische Befunde erhoben wurden. Damit ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb er trotz somatischer Störungen von einer dissoziativen Bewegungsstörung ausging.
Das Sozialgericht hat das Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigungen (mittelgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation, Seitneigung und Beugung, endgradige Einschränkung der Beweglichkeit der BWS, keine wesentliche Einschränkung der Entfaltbarkeit der LWS) der Gesundheitsstörungen der Wirbelsäule ausführlich dargelegt und nachvollziehbar unter "analoger" Anwendung der in der unfallmedizinischen Literatur vorgeschlagenen Sätze für Funktionseinschränkungen der LWS (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, zwischenzeitlich 9. Auflage, S. 548, entsprechend den sog. Konsensempfehlungen von Bolm-Audorff u.a., Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005, 211 ff.) ausgeführt, dass die dadurch vorhandenen Funktionseinschränkungen die Annahme einer Einzel-MdE um 20 v.H. rechtfertigen und die Gesamt-MdE aller Unfallfolgen damit 40 v.H. beträgt. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Der ursprüngliche Einwand der Beklagten, der Sachverständige Dr. von S. , auf den sich das Sozialgericht im Übrigen berufe, habe in seinem Gutachten die MdE unter Einbeziehung aller Gesundheitsstörungen im Bereich des Kopfes bzw. Gesichts und der Wirbelsäule mit 30 v.H. angegeben (vgl. Bl. 117 SG-Akte), weshalb die Einschätzung des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar sei, ist überholt. Denn Dr. von S. hat an dieser Einschätzung im Rahmen seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber dem Senat nicht mehr festgehalten, sondern sich den Ausführungen des Sozialgerichts im Hinblick auf die Einzel- und Gesamt-MdE angeschlossen (Bl. 54 ff. LSG-Akte). Er hat dies zutreffend damit begründet, dass in diesem Zeitraum eine deutlich verstärkte Linkseinschränkung der HWS und zum Teil der Restwirbelsäule (Gutachten Dr. F. , Bl. 364 f. VA, Gutachten PD Dr. B. , Bl. 742 f. VA) bestanden hat, die er allerdings bei seiner Untersuchung - auf Grund zwischenzeitlich eingetretener Besserung - nicht mehr hat feststellen können. Einwände hiergegen hat die Beklagte nicht mehr erhoben.
Der Senat folgt dem Sozialgericht auch darin, dass diese Gesundheitsstörungen ab dem 01.08.2007 vorlagen. Die Auffassung des Sozialgerichts wird durch das Gutachten des Dr. L. bestätigt. Er hat die Klägerin Anfang September 2007 untersucht und einen Schultertiefstand von 2 cm, einen Beckenschiefstand, eine Beckenverkippung nach vorne, eine Fehlstellung der HWS, eine Torsionsskoliose der LWS/BWS und Bewegungseinschränkungen, insbesondere im Bereich der HWS (hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der Senat auf Bl. 113 LSG-Akte Bezug) beschrieben. Damit ist der vom Sozialgericht im Rahmen der Schätzung für den 01.08.2007 angenommene Zustand für Anfang September 2007 nachgewiesen. Da keinerlei Hinweise vorliegen, dass sich dieser Zustand erst im Verlaufe des Monats August 2007 einstellte, ist es nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht den 01.08.2007 als nachgewiesener Beginn dieser Funktionseinschränkungen festgelegt hat. Auch hiergegen hat die Beklagte keine Einwände erhoben.
Nicht zu folgen vermag der Senat dem Sozialgericht in Bezug auf die Dauer des Vorliegens dieser Gesundheitsstörungen. Ausweislich des Berichtes des H. Klinikums E. über die Vorstellungen der Klägerin am 26.06. und 23.07.2012 (Bl. 931 VA) ist es bereits unmittelbar nach der erneuten Umstellungsosteotomie (stationärer Aufenthalt vom 11.06. bis 16.06.2012, vgl. Bl. 930 VA) zu einer deutlichen Besserung der Schiefstandsymptomatik im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule gekommen. Die vom Sozialgericht für September 2012, der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. R., in der die Klägerin ebenfalls eine deutliche Besserung der Wirbelsäulensymptomatik angegeben hat, angenommene Besserung hat somit bereits am 26.06.2012 vorgelegen. Wegen der damit für den 26.06.2012 nachgewiesenen Besserung des Gesundheitszustandes ist eine MdE ab diesem Zeitpunkt für die der Wirbelsäulensymptomatik nicht mehr anzunehmen. Da über die höhere Rente keine bescheidmäßige Festsetzung erfolgt ist, kommt § 73 Abs. 1 SGB VII, der auf den Ablauf des Monats abstellt, nicht zur Anwendung. Auf die Berufung der Beklagten ist somit das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben, soweit es der Klägerin einen Anspruch auf höhere Verletztenrente für die Zeit vom 26.06.2012 bis 31.10.2012 zugesprochen hat.
Das Sozialgericht hat zu Recht einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den vorübergehenden Wirbelsäulenbeschwerden und dem Arbeitsunfall bejaht.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden - wie bereits dargelegt - die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem unfallbedingten Gesundheitserstschaden - hier der KMD - und dem weiteren Gesundheitsschaden - hier den Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule - voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der weitere Gesundheitsschaden auch ohne den Gesundheitserstschaden eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob neben dem versicherten Gesundheitserstschaden weitere Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn (erste Stufe) zu dem weiteren Gesundheitsschaden beitrug. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war der versicherte Gesundheitserstschaden wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Dabei muss der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.).
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die zwischenzeitlich zurückgebildete Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule, Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS und Blockierungen und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die KMD - genauer: die Okklusionsstörung - und damit auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Es hat sich dabei auf die von PD Dr. B. angeführte und seiner Stellungnahme in Kopie beigefügte Literatur, die einen solchen Zusammenhang beschreibt, und das Gutachten des Dr. von S. gestützt und dargelegt, dass auf Grund des zeitlichen Verlaufs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen Zusammenhang besteht. Es hat dabei wesentlich darauf abgestellt, dass sich diese orthopädischen Beeinträchtigungen vollständig zurückgebildet haben, als bei der Klägerin im Juni 2012 die Osteotomie des Kiefers durchgeführt worden ist. Auch insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Einwände der Beklagten hiergegen greifen nicht durch.
Soweit die Beklagte den naturwissenschaftlichen Kausalitätszusammenhang (erste Stufe der Kausalitätsprüfung) bezweifelt, folgt ihr der Senat nicht. Insbesondere trifft es nicht zu, dass keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer KMD - und insbesondere einer Okklusionsstörung - und Wirbelsäulenbeschwerden sprechen.
Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat (vgl. Bl. 20 LSG-Akte), ist Grundlage für die Kausalitätsbeurteilung der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind hierbei die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also - von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen - Konsens besteht (BSG, Urteil vom 30.03.2017, B 2 U 6/15 R zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, Urteil vom 30.03.2017 a.a.O.; BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O.).
Das Sozialgericht hat sich zutreffend - mangels eines herrschenden aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes - auf eine zumindest nicht nur vereinzelt vertretene Auffassung in der medizinischen Wissenschaft berufen. So hat es dargelegt, dass manualmedizinische Publikationen (Obert et al., "Okklusionsstörungen und Auswirkungen auf den funktionellen Bewegungsraum der Lendenwirbelsäule, Manuelle Medizin 2012, Seite 124; Heymann/Smolenski, "Die kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD)", Manuelle Medizin 2011, Seite 347) eine KMD als eine Störung des Zusammenspiels zwischen Unter- und Oberkiefer und daraus resultierenden strukturellen, funktionellen, biochemischen und psychischen Fehlregulationen der Muskel- und Kiefergelenke beschreiben, hierdurch hervorgerufene Verspannungen in der Kaumuskulatur sich auf Wirbelsäule und Becken fortsetzen und, wenn auch nicht per se und stets, Beschwerden der HWS und LWS verursachen. Insoweit sieht der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass PD Dr. B. in seiner weiteren Stellungnahme für die Beklagte im Berufungsverfahren noch weitere Veröffentlichungen zu solchen Zusammenhängen anführt.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass PD Dr. B. selbst auf diese - von ihm auch vorgelegten - manualmedizinischen Publikationen, die von einem generellen Zusammenhang zwischen einer KMD und Wirbelsäulenbeeinträchtigungen ausgehen, hingewiesen hat (Bl. 211 f., 219 ff. SG-Akte, Bl. 73 ff. LSG-Akte). In der vorgenannten Veröffentlichung führte Obert (a.a.O., Seite 124) auch Studien an, die - so die Autoren - einen Zusammenhang zwischen den klinischen Symptomen einer KMD und Erkrankungen der HWS, aber auch anderer Körperregionen außerhalb des kraniozervikalen Systems und die Beeinflussung der gesamten Wirbelsäulenstabilität durch einen systematischen Einsatz von Aufbissbehelfen beschreiben, so dass die "funktionelle Wechselwirkung" zwischen kraniomandibulärem und dem Bewegungssystem gesichert sei. Vor allem aber wies Obert auf eine tierexperimentelle Studie hin (Festa et al., Effects of horizontal oscillation of the mandible on the spinal column of the rat in vivo using radiographic monitoring, Ortognatodonzia Ital 6, Seite 539), wonach eine einseitige Okklusionsstörung bei Ratten innerhalb einer Woche zu einer Wirbelsäulendeviation führte, die sich nach anschließender Anpassung der kontralateralen Seite wieder ausgleichen ließ (Obert, a.a.O., Seite 124). Diese Tierversuche weisen erstaunliche Parallelen zum Fall der Klägerin auf. So entstanden nicht nur bei den untersuchten Tieren nach einer fehlerhaften Okklusion Beeinträchtigungen der Wirbelsäule, sondern auch die Klägerin litt - als Teil der KMD - an einer Okklusionsstörung (offener Biss, vgl. nur Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 251, 429 VA, so auch von der Beklagten als Unfallfolge anerkannt, Bl. 274 VA) und - zeitgleich - an Beeinträchtigungen - insbesondere einer Fehlstatik - der Wirbelsäule (vgl. Gutachten Dr. F. , Bl. 367 VA, Gutachten PD Dr. B. , Bl. 742 VA). Sowohl die in der medizinischen Wissenschaft zur Klärung medizinischer Zusammenhänge gebräuchlichen Tierversuche mit dem hier dokumentierten Ergebnis als auch die Parallelen dieser tierexperimentellen Studie mit dem Krankheitsverlauf der Klägerin kommentiert PD Dr. B. nicht. Soweit er in Bezug auf die von ihm gefundene weitere Literatur in seiner Stellungnahme im Berufungsverfahren anmerkt, dass "bis auf wenige, sich immer wiederholende Daten keine wissenschaftliche Grundlage" bestehe, räumt er - für die in Bezug genommenen Daten - selbst eine wissenschaftliche Grundlage ein. Dabei relativiert er diese Erkenntnisse zu Unrecht als "sich wiederholende Daten". Tatsächlich, dies ergibt sich aus der vorangehenden Textpassage in der Stellungnahme, wurden "in einem neuen Kollektiv die Erkenntnisse, welche bereits in der Arbeit von 2012 festgestellt wurden, wiederholt". Damit aber wurden nicht Daten wiederholt, sondern es wurden in einer neuen Studie im Jahr 2015 dieselben Erkenntnisse erzielt, wie Jahre zuvor.
Soweit die Beklagte - unter Verweis auf die Ausführungen des PD Dr. B. (Bl. 72 ff. LSG-Akte) - meint, dass "es eine wissenschaftliche Grundlage [ ] so nicht gibt" (Bl. 69 LSG-Akte), die manualmedizinischen Publikationen mithin nicht Teil der medizinischen Wissenschaft seien, trifft dies nicht zu. So liegt das Hauptaugenmerk der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin/Chirotherapie (DGMM) auf der wissenschaftlichen Erforschung und Weiterentwicklung der Manuellen Medizin (vgl. Ausdruck der Homepage der DGMM, Bl. 141 LSG-Akte). Die DGMM ist bereits seit 1970 Mitglied der AWMF, wobei die AWMF nur Fachgesellschaften aufnimmt, die sich ausschließlich oder vorwiegend wissenschaftlichen Fragen der Medizin einschließlich ihrer praktischen Anwendungen widmet (Auszug aus der Satzung der AWMF, Bl. 142 f. LSG-Akte). Schließlich ist in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern die Zusatzweiterbildung "Manuelle Medizin/Chirotherapie" geregelt (vgl. nur Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern Baden-Württemberg und Bayern, Bl. 144 ff. LSG-Akte), so dass der Senat keinen Zweifel daran hat, dass die Manualmedizin Teil der medizinischen Wissenschaften ist.
Soweit PD Dr. B. (vgl. nur Bl. 73 f. LSG-Akte) - und ihm folgend die Beklagte - den manualmedizinischen Publikationen das Fehlen von orthopädischer Literatur zu solche Zusammenhängen gegenüberstellt, begründet dies keine Zweifel an den Erkenntnissen der Fachrichtung manuelle Medizin. Vielmehr wird ein solcher Zusammenhang - dies ergibt sich wiederum aus den Ausführungen von PD Dr. B. , die auf mehrmaliger umfangreicher Literaturrecherche beruhen - in der orthopädischen Literatur gerade nicht in Abrede gestellt. Hieraus folgt, dass es keine (anderen) medizinischen Lehrmeinungen gibt, die einen solchen Ursachenzusammenhang ausschließen. Die Tatsache, dass ein Zweig der medizinischen Wissenschaft sich schlicht nicht mit "dieser Symptomatik beschäftigt" (PD Dr. B. , Bl. 73 LSG-Akte), vermag Erkenntnisse eines anderen Zweigs der medizinischen Wissenschaft nicht zu relativieren. Gleiches gilt für die Gutachtenliteratur, die - so PD Dr. B. nach seinen Recherchen - sich ebenfalls mit solchen Zusammenhängen nicht auseinandersetzt.
Im Übrigen hat auch PD Dr. B. nicht prinzipiell ausgeschlossen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer KMD und den Wirbelsäulenbeschwerden besteht. So hat er dargelegt, dass es "allenfalls in wenigen begründeten Einzelfällen [ ] dazu kommen [kann], dass funktionelle Auswirkungen im Bereich der Wirbelsäule als unfallbedingt im Rahmen einer kraniomandibulären Dysfunktion anzuerkennen sind" (Bl. 216 f. SG-Akte). Wenn PD Dr. B. insoweit allerdings weiter fordert, dass "außer den objektiv nachweisbaren Verletzungen im Gesichtsbereich keine weiteren Pathologien im Bereich der Wirbelsäule feststellbar sind", verkennt er die Grundsätze der Kausalitätsprüfung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Es bedarf keiner alleinigen Ursächlichkeit der KMD - hier in Form der Okklusionsstörung - mit den Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin, sondern es genügt auf der ersten Stufe der Kausalitätsbetrachtung, wenn die Okklusionsstörung - unabhängig vom etwaigen Vorliegen anderer unversicherter Ursachen - nicht hinweggedacht werden kann, ohne das die Wirbelsäulenbeschwerden entfielen. Erst auf der zweiten Stufe (hierzu später) ist zu prüfen, ob die KMD als versicherte Ursache wesentlich war, also eine etwaig vorliegende unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine Alleinkausalität ist nicht Voraussetzung für die Bejahung eines Kausalzusammenhangs.
Damit besteht aber nach den Feststellungen des Senats eine zumindest nicht nur vereinzelt vertretene Auffassung in der medizinischen Wissenschaft, die einen Ursachenzusammenhang zwischen einer KMD - insbesondere einer Okklusionsstörung - und von Wirbelsäulenbeschwerden beschreibt. Ein solcher Ursachenzusammenhang ist somit - davon geht, wie dargelegt, auch PD Dr. B. aus - grundsätzlich möglich.
Vorliegend bejaht der Senat darüber hinaus wegen der Besonderheiten des Falles der Klägerin auch die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.
Entscheidend für die Annahme der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass die Okklusionsstörung - als Teil der KMD - zu den zeitweise aufgetretenen Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin führte, ist für den Senat der auffällige Zusammenhang, den bereits das Sozialgericht unter Bezugnahme auf den Sachverständigen Dr. von S. zutreffend beschrieben hat, dass nämlich mit Beseitigung des Fehlbisses auch die Wirbelsäulenbeschwerden wegfielen. Gerade solche Vorgänge werden in der Medizin anderenorts als beweisend für eine (zunächst nur vermutete) Ursache angesehen. So werden z.B. Schmerzzustände im Bereich der Wirbelsäule - zur Klärung der Ursache - diagnostisch durch Betäubung des vermuteten, die Schmerzen verursachenden Nervs abgeklärt. Sind die Schmerzen nach Analgetisierung weggefallen, gilt dies als beweisführend für die vermutete Ursache.
Dem entsprechend hat der Sachverständige Dr. von S. den Ursachenzusammenhang damit begründet, dass es auf Grund der Beseitigung der fehlerhaften Okklusion im Juni 2012 durch die H. Klinik E. zu einem Wegfall der Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule kam (Bl. 115 f. SG-Akte). Er schließt also nicht aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Wirbelsäulenbeschwerden und der Okklusion auf die Kausalität (auf der ersten Stufe), sondern zieht seine Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass die Beseitigung der Okklusion - hier durch einen gezielten operativen Eingriff - zum Wegfall der Wirbelsäulenbeeinträchtigungen geführt hat.
Vor dem Eingriff litt die Klägerin unter einem zirkulär offenen Biss (vgl. nur Gutachten Prof. Dr. Dr. M. , Bl. 430 VA) und unter Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule. So stellte PD Dr. B. im Rahmen seiner Untersuchung bei dementsprechenden Beschwerden der Klägerin (Bl. 741 VA) Bewegungseinschränkungen der HWS, BWS und LWS, eine Torsionsskoliose der gesamten Wirbelsäule, einen Beckenschiefstand rechts, eine Seitneigung des gesamten Oberkörpers und eine Beinverkürzung rechts um 1 cm fest (Bl. 742 ff. VA).
Tatsächlich ist die Okklusion bei der Klägerin durch die Umstellungsosteotomie im Juni 2012 (zunächst) behoben worden ("stabile Regelokklusion", Befundbericht H. Klinik, Bl. 931 VA). Die Klägerin hat unmittelbar nach dem Eingriff gegenüber der behandelnden Helios-Klinik eine deutliche Besserung der multiplen Beschwerden angegeben, insbesondere des Becken- und Wirbelsäulenschiefstandes (Bl. 931 VA). Auch im Rahmen des mkg-Gutachtens des Prof. Dr. Dr. R. mit Untersuchung im September 2012 hat eine "Normokklusion mit Neutralbisslage" (Bl. 990 VA) bestanden und die Klägerin hat angegeben, dass die vor dem Eingriff bestehenden Blockaden der HWS und Schmerzen der LWS deutlich abgenommen hätten (Bl. 989 VA). Zudem hat Prof. Dr. Dr. N. in seinem mkg-Gutachten nach Untersuchung der Klägerin im Dezember 2012 eine regelgerechte Okklusion ohne Mittellinienabweichung festgestellt (Bl. 1139 VA) und die Klägerin hat auch ihm gegenüber geäußert, dass "die Schon- und Fehlhaltung der Wirbelsäule und des Beckens nach der Operation völlig verschwunden" sei (Bl. 1137 VA). Prof. Dr. Dr. N. hat dem entsprechend festgestellt, dass das Gangbild der Klägerin unauffällig ohne Schonhinken, die HWS frei beweglich und die Wirbelsäule insgesamt nicht druckschmerzhaft sei (Bl. 1138 f. VA). Gegenüber dem Sachverständigen Dr. von S. hat die Klägerin im Rahmen der Untersuchung vom Februar 2013 angegeben, dass es nach der Umstellungsosteotomie zu einer "deutlichen Beschwerdebesserung" (Bl. 102 SG-Akte) gekommen sei und seit Entfernung der Dauerschiene im Oktober 2012 weder Probleme mit der HWS bestünden noch die Fehlstellung der Wirbelsäule aufgetreten sei (Bl. 102 f. SG-Akte). Dem entsprechend hat Dr. von S. keine Verspannungen im Bereich der Wirbelsäule, keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen oder eine Fehlhaltung festgestellt (Bl. 105 f. SG-Akte).
Hinzu kommt, dass es bei der Klägerin zu einer Wiederholung dieses Phänomens gekommen ist. Auf Grund erneut gestörter Okklusion ist bei ihr wieder eine Wirbelsäulenfehlhaltung aufgetreten. So hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. H. im Oktober 2014 (mkg-Gutachten, Bl. 30 LSG-Akte) über einen deutlichen Fehlbiss geklagt (Bl. 34 LSG-Akte), den der Gutachter im Rahmen der Befunderhebung bestätigt hat (Bl. 37 LSG-Akte). Gleichzeitig hat Prof. Dr. Dr. H. entsprechend der Beschwerdeschilderung der Klägerin eine "ausgeprägte Fehlhaltung des Oberkörpers mit Wirbelsäulenkippung nach rechts" beschrieben (Bl. 37 LSG-Akte). Erst nach Behebung des Fehlbisses durch Eingliederung von Table-tops im Juli 2016 hat die Klägerin im Hinblick auf die Wirbelsäulensymptomatik keine Beeinträchtigungen mehr geltend gemacht (vgl. mkg-Gutachten Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Bl. 223 LSG-Akte). Entsprechend hat Prof. Dr. Dr. Dr. S. im Januar 2017 eine regelgerechte Okklusion festgestellt (Bl. 225 f. LSG-Akte) und ein unauffälliges Gangbild, eine freie Beweglichkeit der HWS und einen Fingerspitzen-Boden-Abstand von 0 cm beschrieben. Ein Schiefstand des Beckens, des Kopfes oder eine Beinlängendifferenz habe nicht bestanden (Bl. 225 LSG-Akte).
Soweit PD Dr. B. diesbezüglich auf die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule hinweist (Bandscheibenverschleißerscheinungen im Bereich L5/S1 und L1/2 mit körpereigenen Abstützreaktionen, Bl. 214, 216 SG-Akte) und ausführt, diese könnten die Symptomatik der Klägerin erklären, mag dies allgemein zutreffen. Im vorliegenden Fall ist es aber nicht wahrscheinlich, dass diese - röntgenologisch (Gutachten Dr. von S. , (Bl. 113 SG-Akte) festgestellten - degenerativen Veränderungen zu den vom Sozialgericht festgestellten Veränderungen geführt oder auch nur beigetragen haben.
So erklärt das Vorhandensein degenerativer Veränderungen gerade nicht, dass sich die Wirbelsäulenbeschwerden gebessert haben, als die Okklusionsstörung beseitigt worden ist. Es ist, wie bereits oben ausführlich dargestellt, unmittelbar nach dem operativen Eingriff im Juni 2012 zur Beseitigung des Fehlbisses der Klägerin zu einer Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden gekommen. Ein "spontaner" Wegfall dieser Beschwerden auf Grund anlagebedingter Veränderungen, zudem noch in auffälligem zeitlichen Zusammenhang mit dieser operativen Maßnahme, erscheint dem Senat demgegenüber nicht wahrscheinlich. Dies umso mehr, als es auch in der Folgezeit im Zusammenhang mit erneuter Okklusionsstörung wiederum zu den vom Sozialgericht festgestellten Wirbelsäulenbeschwerden gekommen ist. So hat bei der Klägerin - auch hierauf hat der Senat bereits hingewiesen - im Oktober 2014 erneut ein Fehlbiss bestanden und eine "ausgeprägte Fehlhaltung des Oberkörpers mit Wirbelsäulenkippung nach rechts" (Gutachten Prof. Dr. H. mkg-Gutachten, Bl. 30 LSG-Akte). Erst mit erneuter Behebung des Fehlbisses durch Eingliederung von Table-tops im Juli 2016 hat die Klägerin im Hinblick auf die Wirbelsäulensymptomatik weder Beeinträchtigungen geltend gemacht noch sind solche festgestellt worden (vgl. mkg-Gutachten Prof. Dr. Dr. Dr. S. , Bl. 223, 225 LSG-Akte). Es mag daher allenfalls möglich sein, dass degenerative Veränderungen zu den Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin beigetragen haben.
Zusammenfassend ist damit hinreichend wahrscheinlich, dass es ohne die Okklusionsstörung - als Teil der KMD - nicht zu den vom Sozialgericht festgestellten Beeinträchtigungen der Wirbelsäule gekommen wäre.
Die Okklusionsstörung ist darüber hinaus mit hinreichender Wahrscheinlichkeit "wesentlich" für die (zeitweise) aufgetretenen Wirbelsäulenbeschwerden gewesen (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung).
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R a.a.O., auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R).
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass (auch) die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule zu den Beschwerden der Klägerin beigetragen haben, wäre die Okklusionsstörung gleichwohl wesentlich für die vom Sozialgericht festgestellten Wirbelsäulenbeeinträchtigungen.
Weder ist in den Akten dokumentiert noch haben die Beklagte oder PD Dr. B. dargelegt, dass die Klägerin in Zeiträumen ohne die Okklusionsstörung an vergleichbaren Wirbelsäulenbeschwerden litt. So ist es vielmehr zu einer deutlichen Abnahme der Beschwerden gekommen, soweit ein Fehlbiss nicht bestanden hat, wie die bereits zitierten Befundberichte und Gutachten nach der Umstellungsosteotomie im Juni 2012 zeigen. Dem entsprechend kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die anlagebedingten Veränderungen mitursächlich gewesen sind. Maßgebend - und damit wesentlich - für die Wirbelsäulenbeschwerden ist dann aber die Okklusionsstörung gewesen, denn es war der Wegfall der Okklusion im Juli 2012, der zu einer deutlichen Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden geführt hat. Erst das erneute Auftreten eines Fehlbisses im Oktober 2014 hat wieder Beschwerden bei der Klägerin hervorgerufen. Erst mit erneuter Beseitigung des Fehlbisses im Juli 2016 hat die Klägerin keine Wirbelsäulenbeschwerden mehr gehabt.
Soweit die Beklagte darüber hinaus im Berufungsverfahren eingewendet hat, dass die von Dr. von S. dargelegte praktische Erfahrung (Bl. 69 LSG-Akte) keinen Unfallzusammenhang begründen könne, kommt es hierauf nicht an, denn der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass es infolge der Behebung der Okklusionsstörung zu dem Wegfall der vom Sozialgericht festgestellten Gesundheitsstörungen gekommen ist, mithin sich hieraus der kausale Zusammenhang ableitet. Soweit die Beklagte Einwendungen gegen die Ausführungen des behandelnden Orthopäden Zimmer und den Gutachter Dr. F. erhebt (Bl. 21 f. LSG-Akte), können diese ebenfalls dahinstehen, da sich weder der Senat noch das Sozialgericht im Hinblick auf den Kausalzusammenhang auf diese gestützt haben.
Zusammenfassend sind die zeitlich befristet aufgetretenen Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule auf das Unfallereignis zurückzuführen und zutreffend durch das Sozialgericht festgestellt worden. Auf Grund dieser Beeinträchtigungen hat die Klägerin Anspruch auf eine Rente nach einer MdE um 40 v.H., jedoch lediglich im Zeitraum vom 01.08.2007 bis 25.06.2012.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringe Obsiegen der Beklagten rechtfertigt keine Kostenquotelung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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