Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 2980/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2497/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Juni 2017 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen des Bescheides vom Juni 2017 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung ihrer eigenen Versichertenrente auf die ihr gewährte Witwenrente ab dem 1. September 2016.
Die am 1937 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. Januar 2001 eine Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung (Bescheid der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 21. Dezember 2000). Zum 1. Juli 2014 wurde diese wegen eines Zuschlags für Kindererziehung (sog. Mütterrente) neu berechnet auf monatlich EUR 1.490,06; nach Abzug der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 1.337,33 (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18. August 2014). Zum 1. Juli 2016 wurde die Rente auf EUR 1.585,89 (Auszahlungsbetrag EUR 1.405,89) und zum 1. Juli 2017 auf EUR 1.616,10 (Auszahlungsbetrag EUR 1.432,68) erhöht.
Mit ihrem Ehemann, dem am 1929 geborenen H. M. (im Folgenden HM), war die Klägerin durchgehend seit 21. Januar 1963 verheiratet. Dieser bezog seit dem 1. März 1992 von der Beklagten eine Altersrente für langjährige Versicherte (Bescheid vom 15. Oktober 1992), zuletzt im Mai 2016 mit einem Wert des Rentenrechts in Höhe von EUR 1.690,42 (aufgrund 57,8712 persönlichen Entgeltpunkten).
Nach dem Tod des HM am 11. Mai 2016 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag vom 2. Juni 2016 mit Bescheid vom 15. Juni 2016 große Witwenrente ab 1. Juni 2016 in Höhe von EUR 1.690,42 brutto im Juni 2016 und EUR 1.762,18 brutto in Juli und August 2016 (Rentenartfaktor 1,0) sowie für die Zeit ab dem 1. September 2016 monatlich EUR 1.057,31 (Rentenartfaktor 0,6). Hierauf sei die Versichertenrente der Klägerin (EUR 1.585,89) als Erwerbsersatzeinkommen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Berechnungs- und Freibetragsregelungen in Höhe von EUR 230,34 anzurechnen. Von dem so errechneten Bruttobetrag verblieb nach Berücksichtigung der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. September 2016 ein monatlicher Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 734,77.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, sie sei mit der Anrechnung ihrer eigenen Alters- auf die Witwenrente nicht einverstanden. Sie bitte um Prüfung, insbesondere ob sie eine gemeinsame Erklärung mit HM für das alte Hinterbliebenenrecht abgegeben habe.
Nach interner Feststellung, dass keine Erklärung nach dem bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrecht in der Verwaltungsakte dokumentiert sei, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2016 unter ausführlicher Darstellung der Anrechnung und der Anrechnungsvorschriften als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. September 2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung aus, sowohl sie als auch HM hätten jeweils 49,5 Jahre an Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, so dass sie auch ein Recht auf angemessene Auszahlung hätten, sie – die Klägerin – mithin auf eine 60%ige Witwenrente in Höhe von EUR 1.057,31. Mitarbeiter der Rentenstelle hätten ihr bestätigt, dass ihre Altersrente unangetastet bleibe und die Witwenrente 60% der Altersrente ihres Mannes betrage. Gleichwohl seien die angerechneten EUR 230,34 aus ihrer Rente berechnet worden. Ihre eigenen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung seien als Eigentum staatlich geschützt. Auf die Fortgeltung des alten Hinterbliebenenrechts aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Ehegatten sei die Beklagte nicht eingegangen. Insoweit verwies sie auf – vorgelegte – allgemeine Hinweise der Deutschen Rentenversicherung zur Einkommensanrechnung bei der Witwenrente.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Erläuterungen in den angefochtenen Bescheiden entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2017 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe die Witwenrente zutreffend berechnet. Die eigene Altersrente der Klägerin sei nach den aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen als Erwerbsersatzeinkommen auf die Witwenrente anzurechnen, soweit sie den jeweils geltenden Freibetrag übersteige. Auch insoweit treffe die Berechnung der Beklagten zu. Die Voraussetzungen für die weitere Anwendung des alten Hinterbliebenenrentenrechts nach § 314 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen unstreitig nicht vor.
Gegen diesen ihr am 7. Juni 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Juni 2017 Berufung beim SG eingelegt.
Für die Zeit ab dem 1. Juli 2017 ist die Witwenrente neuberechnet worden (undatierte Rentenanpassungsmitteilung vom Juni 2017). Die monatliche Witwenrente betrage vor Einkommensanrechnung EUR 1.077,45. Anzurechnen sei aus der zum gleichen Zeitpunkt erhöhten Altersrente für Frauen ein Betrag in Höhe von EUR 234,73, so dass sich nach Anrechnung ein monatlicher Rentenbetrag von EUR 842,72 und nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein Auszahlungsbetrag von EUR 747,07 ergebe.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 sowie des Bescheides vom Juni 2017 zu verurteilen, ihr ab dem 1. September 2016 um EUR 230,34 monatlich sowie ab dem 1. Juli 2017 um EUR 234,73 monatlich höhere Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheides vom Juni 2017 abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide und den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer höheren Witwenrente ab dem 1. September 2016. Sie wendet sich gegen die teilweise Anrechnung ihrer Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung. Streitbefangen ist damit zunächst der Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016, mit dem die Beklagte erstmals die Witwenrente unter Anrechnung von Einkommen gewährte. Die weiteren dort getroffenen Regelungen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. März 2013 – B 5 R 16/12 R – juris, Rn. 16) über Rentenart, Rentenbeginn und die Höhe der Hinterbliebenenrente im Sinne des Wert des Rentenrechts (persönliche Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert x Rentenartfaktor) hat die Klägerin nicht angefochten. Sie wendet sich allein gegen die Bestimmung des monatlichen Einzelanspruchs auf Zahlung unter Anrechnung von Einkommen. Aufgrund der Rentenanpassung zum 1. Juli 2017 wurde auch das anzurechnende Einkommen neu berechnet und damit die Höhe des Auszahlungsbetrages neu geregelt. Diese in der Rentenanpassungsmitteilung vom Juni 2017 für den konkreten Einzelfall der Klägerin getroffene Regelung stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Da dieser Bescheid die bisherige Regelung im Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 abänderte, ist er nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Senat entscheidet über diesen auf Klage.
3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 und der Bescheid vom Juni 2017 sind im Umfang ihrer Anfechtung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a) Aufgrund der nicht angefochtenen Regelungen im Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 steht für die Beteiligten und den Senat bindend fest, dass die Klägerin nach § 46 Abs. 2 SGB VI ab dem 1. Juni 2016 Anspruch auf große Witwenrente hat und der Wert dieser Rente ab dem 1. September 2016 EUR 1.057,31 (ab dem 1. Juli 2017 EUR 1.077,45) betrug. Dieser Wert errechnet sich als Produkt aus den persönlichen Entgeltpunkten des verstorbenen Versicherten (hier 57,8712), dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenartfaktor (§§ 64, 66 Abs. 2 Nr. 1, 67 Nr. 6, 68 SGB VI), der bei der Klägerin aufgrund der Sonderregelung des § 255 Abs. 1 SGB VI nach dem Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, also ab dem 1. September 2016 0,6 (statt 0,55) beträgt. Ebenso steht aufgrund bestandskräftiger Regelung die Höhe der Altersrente für Frauen der Klägerin fest (EUR 1.585,89 ab 1. Juli 2016; EUR 1.616,10 ab 1. Juli 2017).
b) Zu Recht hat die Beklagte auf die Witwenrente eigenes Einkommen der Klägerin angerechnet.
aa) Die Einkommensanrechnung entfällt nicht aufgrund einer Erklärung über die weitere Anwendung des früheren Hinterbliebenenrentenrechts.
Ist der Versicherte vor dem 1. Januar 1986 gestorben oder haben die Ehegatten bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben, werden auf eine Witwenrente oder Witwerrente die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht angewendet (§ 314 Abs. 1 SGB VI).
HM ist nicht vor dem 1. Januar 1986 gestorben. Eine Erklärung i.S.d. § 314 Abs. 1 SGB VI konnten die Klägerin und HM nicht wirksam abgegeben. Die Regelung bezieht sich auf die Erklärungen nach Art. 2 § 18 Abs. 3 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) und Art. 2 § 17a Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG). Erklärungen über die weitere Anwendbarkeit des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Rechts der Hinterbliebenenrenten konnten danach Ehegatten abgeben, die beide vor dem 1. Januar 1936 geboren sind und deren Ehe vor dem 1. Januar 1986 geschlossen worden ist (Haack in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 314 SGB VI Rn. 8). Die Klägerin ist nicht vor dem 1. Januar 1936 geboren, so dass die Eheleute eine gemeinsame Erklärung in diesem Sinne nicht abgeben konnten. Die Beschränkung des Erklärungsrechts auf vor dem 1. Januar 1936 geborene Ehegatten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Februar 1987 – 1 BvR 79/86 – SozR 5750 Art. 2 § 18 Nr. 1).
bb) Nach dem danach anzuwendenden, bei Eintritt des Versicherungsfalls geltenden Recht ist eine Einkommensanrechnung auf die Witwenrente vorzunehmen.
Nach § 97 Abs. 1 SGB VI wird Einkommen (§ 18a Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente, Witwerrente oder Erziehungsrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt nicht bei Witwenrenten oder Witwerrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt. Ab dem 1. September 2016 betrug, wie oben dargelegt, der Rentenartfaktor der Witwenrente der Klägerin nicht mehr 1,0, sondern nur noch 0,6 (vgl. §§ 67 Nr. 6, § 255 Abs. 1 SGB VI).
Bei Renten wegen Todes sind nach § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV als Einkommen zu berücksichtigen Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen). Erwerbsersatzeinkommen in diesem Sinne sind u.a. Renten der Rentenversicherung wegen Alters (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV), hier also die der Klägerin gewährte Altersrente für Frauen.
cc) Die gesetzlichen Regelungen über die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind verfassungsgemäß. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
(1) Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1986 – 1 BvL 39/83 – juris, Rn. 35).
(2) Aus diesem Grund ist die Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung der Klägerin grundsätzlich vom Eigentumsschutz erfasst. Diese wird allerdings auch unvermindert ausgezahlt. Der Einkommensanrechnung unterliegt nicht diese Altersrente, sondern allein die Witwenrente. Soweit im angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 in den dort ausgeführten Berechnungen Abzüge von der Altersrente für Frauen vorgenommen werden, dient dies lediglich der Berechnung der Höhe, in der diese Rente auf die Witwenrente anzurechnen ist. Dies führt aber gerade nicht dazu, dass die Altersrente in geminderter Höhe ausgezahlt würde.
(3) Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen unterliegen nicht dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs. 1 GG. Die Hinterbliebenenversorgung beruht auch nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung. Es fehlt hierfür an einem hinreichenden personalen Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente. Jeder Versicherte trägt über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hinterbliebenen bei, ohne das der verheiratete Versicherte – trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten – einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten muss. Auch wer keine unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, zahlt gleiche Beiträge. Die Hinterbliebenenrente ist daher eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 – juris, Rn. 61, 63 f.). Die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen auf die Witwenrente der Klägerin stellt somit keinen Eingriff in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition dar.
(4) Die Einkommensanrechnung ist auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beinhaltet weder einen Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Da die Hinterbliebenenrente Unterhaltsersatzfunktion hat, ist die Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Hinterbliebenen als Anknüpfungspunkt sachgerecht. Die vom Gesetzgeber gewählte Regelung ist darüber hinaus erforderlich und belastet den betroffenen Personenkreis nicht übermäßig (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 – juris, Rn. 65 ff., 81 ff.).
c) Die Beklagte hat die Höhe des anzurechnenden Einkommens und damit die Höhe des monatlichen Einzelanspruches zutreffend berechnet.
(1) Für die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ist maßgebend das für denselben Zeitraum erzielte monatliche Einkommen (§ 18b Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Bei Erwerbsersatzeinkommen nach § 18a Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 bis 10 SGB IV gilt als monatliches Einkommen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 das laufende Einkommen (§ 18b Abs. 4 1. Halbsatz SGB IV). Maßgebend ist somit die laufende Altersrente der Klägerin in Höhe von EUR 1.585,89 für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 30. Juni 2017 sowie in Höhe von EUR 1.616,10 ab dem 1. Juli 2017.
(2) Das monatliche Einkommen ist zu kürzen bei Leistungen nach § 18a Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB IV um 13 vom Hundert bei Leistungsbeginn vor dem Jahre 2011 und um 14 vom Hundert bei Leistungsbeginn nach dem Jahre 2010 (§ 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 SGB IV). Die Bruttoeinkommen werden mithin in Nettoeinkommen umgerechnet und dann der Einkommensanrechnung zugrunde gelegt. Dies geschieht in der Weise, dass vom Brutto-Einkommen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität pauschal die darauf entfallenden Steuern und die vom Berechtigten zu tragenden Teile der Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Eine Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Steuern und Aufwendungen für die soziale Sicherheit ist nicht zulässig (Paulus in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 18b Rn. 44 ff.).
Da der Bezug der Altersrente der Klägerin vor dem Jahr 2011 begann, ist ein Abzugsbetrag von 13% maßgeblich. Für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis 30. Juni 2017 ist daher von der laufenden Altersrente ein Betrag von EUR 206,17 (13% von EUR 1.858,89) abzuziehen und ab dem 1. Juli 2017 ein Betrag von EUR 210,09 (13% von EUR 1.616,10). Der weiteren Berechnung ist danach ein Betrag von EUR 1.379,72 zugrunde zu legen bzw. ab dem 1. Juli 2017 in Höhe von EUR 1.406,01.
(3) Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Das nicht anrechenbare Einkommen erhöht sich um das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts für jedes Kind des Berechtigten, das Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deshalb nicht hat, weil es nicht ein Kind des Verstorbenen ist. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom Hundert angerechnet (§ 97 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB VI).
Der aktuelle Rentenwert nach §§ 68, 69 SGB VI betrug ab dem 1. Juli 2016 EUR 30,45 und beträgt seit dem 1. Juli 2017 EUR 31,03, der Grenzbetrag nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB VI somit EUR 803,88 ab dem 1. September 2016 und EUR 819,19 ab dem 1. Juli 2017. Die Voraussetzungen für die Erhöhung dieses Wertes nach Satz 2 liegen bei der Klägerin nicht vor. Danach verbleibt ein anrechenbares Einkommen ab dem 1. September 2016 in Höhe von EUR 575,84 und ab dem 1. Juli 2017 in Höhe von EUR 586,82. Von diesen Beträgen sind jeweils 40% anzurechnen, mithin ab dem 1. September 2016 EUR 230,34 sowie ab dem 1. Juli 2017 EUR 234,73. In dieser Höhe hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Altersrente der Klägerin jeweils angerechnet.
(4) Der monatliche Einzelbetrag von EUR 826,97 (EUR 1.057,31 - EUR 230,34) ab dem 1. September 2016 und EUR 842,72 (EUR 1.077,45 - EUR 234,73) ab dem 1. Juli 2017, wie von der Beklagten gewährt, ist somit rechtmäßig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den aus der Witwenrente zu zahlenden Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung um solche der Klägerin für ihre eigene Kranken- und Pflegeversicherung handelt (vgl. § 237 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch), nicht für ihren verstorbenen Ehemann.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung ihrer eigenen Versichertenrente auf die ihr gewährte Witwenrente ab dem 1. September 2016.
Die am 1937 geborene Klägerin bezieht seit dem 1. Januar 2001 eine Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung (Bescheid der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 21. Dezember 2000). Zum 1. Juli 2014 wurde diese wegen eines Zuschlags für Kindererziehung (sog. Mütterrente) neu berechnet auf monatlich EUR 1.490,06; nach Abzug der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich ein Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 1.337,33 (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18. August 2014). Zum 1. Juli 2016 wurde die Rente auf EUR 1.585,89 (Auszahlungsbetrag EUR 1.405,89) und zum 1. Juli 2017 auf EUR 1.616,10 (Auszahlungsbetrag EUR 1.432,68) erhöht.
Mit ihrem Ehemann, dem am 1929 geborenen H. M. (im Folgenden HM), war die Klägerin durchgehend seit 21. Januar 1963 verheiratet. Dieser bezog seit dem 1. März 1992 von der Beklagten eine Altersrente für langjährige Versicherte (Bescheid vom 15. Oktober 1992), zuletzt im Mai 2016 mit einem Wert des Rentenrechts in Höhe von EUR 1.690,42 (aufgrund 57,8712 persönlichen Entgeltpunkten).
Nach dem Tod des HM am 11. Mai 2016 gewährte die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag vom 2. Juni 2016 mit Bescheid vom 15. Juni 2016 große Witwenrente ab 1. Juni 2016 in Höhe von EUR 1.690,42 brutto im Juni 2016 und EUR 1.762,18 brutto in Juli und August 2016 (Rentenartfaktor 1,0) sowie für die Zeit ab dem 1. September 2016 monatlich EUR 1.057,31 (Rentenartfaktor 0,6). Hierauf sei die Versichertenrente der Klägerin (EUR 1.585,89) als Erwerbsersatzeinkommen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Berechnungs- und Freibetragsregelungen in Höhe von EUR 230,34 anzurechnen. Von dem so errechneten Bruttobetrag verblieb nach Berücksichtigung der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. September 2016 ein monatlicher Auszahlungsbetrag in Höhe von EUR 734,77.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin aus, sie sei mit der Anrechnung ihrer eigenen Alters- auf die Witwenrente nicht einverstanden. Sie bitte um Prüfung, insbesondere ob sie eine gemeinsame Erklärung mit HM für das alte Hinterbliebenenrecht abgegeben habe.
Nach interner Feststellung, dass keine Erklärung nach dem bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrecht in der Verwaltungsakte dokumentiert sei, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2016 unter ausführlicher Darstellung der Anrechnung und der Anrechnungsvorschriften als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. September 2016 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung aus, sowohl sie als auch HM hätten jeweils 49,5 Jahre an Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, so dass sie auch ein Recht auf angemessene Auszahlung hätten, sie – die Klägerin – mithin auf eine 60%ige Witwenrente in Höhe von EUR 1.057,31. Mitarbeiter der Rentenstelle hätten ihr bestätigt, dass ihre Altersrente unangetastet bleibe und die Witwenrente 60% der Altersrente ihres Mannes betrage. Gleichwohl seien die angerechneten EUR 230,34 aus ihrer Rente berechnet worden. Ihre eigenen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung seien als Eigentum staatlich geschützt. Auf die Fortgeltung des alten Hinterbliebenenrechts aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Ehegatten sei die Beklagte nicht eingegangen. Insoweit verwies sie auf – vorgelegte – allgemeine Hinweise der Deutschen Rentenversicherung zur Einkommensanrechnung bei der Witwenrente.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Erläuterungen in den angefochtenen Bescheiden entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juni 2017 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe die Witwenrente zutreffend berechnet. Die eigene Altersrente der Klägerin sei nach den aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen als Erwerbsersatzeinkommen auf die Witwenrente anzurechnen, soweit sie den jeweils geltenden Freibetrag übersteige. Auch insoweit treffe die Berechnung der Beklagten zu. Die Voraussetzungen für die weitere Anwendung des alten Hinterbliebenenrentenrechts nach § 314 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen unstreitig nicht vor.
Gegen diesen ihr am 7. Juni 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Juni 2017 Berufung beim SG eingelegt.
Für die Zeit ab dem 1. Juli 2017 ist die Witwenrente neuberechnet worden (undatierte Rentenanpassungsmitteilung vom Juni 2017). Die monatliche Witwenrente betrage vor Einkommensanrechnung EUR 1.077,45. Anzurechnen sei aus der zum gleichen Zeitpunkt erhöhten Altersrente für Frauen ein Betrag in Höhe von EUR 234,73, so dass sich nach Anrechnung ein monatlicher Rentenbetrag von EUR 842,72 und nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ein Auszahlungsbetrag von EUR 747,07 ergebe.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 sowie des Bescheides vom Juni 2017 zu verurteilen, ihr ab dem 1. September 2016 um EUR 230,34 monatlich sowie ab dem 1. Juli 2017 um EUR 234,73 monatlich höhere Witwenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheides vom Juni 2017 abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide und den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung. Denn die Klägerin begehrt laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer höheren Witwenrente ab dem 1. September 2016. Sie wendet sich gegen die teilweise Anrechnung ihrer Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung. Streitbefangen ist damit zunächst der Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016, mit dem die Beklagte erstmals die Witwenrente unter Anrechnung von Einkommen gewährte. Die weiteren dort getroffenen Regelungen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 20. März 2013 – B 5 R 16/12 R – juris, Rn. 16) über Rentenart, Rentenbeginn und die Höhe der Hinterbliebenenrente im Sinne des Wert des Rentenrechts (persönliche Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert x Rentenartfaktor) hat die Klägerin nicht angefochten. Sie wendet sich allein gegen die Bestimmung des monatlichen Einzelanspruchs auf Zahlung unter Anrechnung von Einkommen. Aufgrund der Rentenanpassung zum 1. Juli 2017 wurde auch das anzurechnende Einkommen neu berechnet und damit die Höhe des Auszahlungsbetrages neu geregelt. Diese in der Rentenanpassungsmitteilung vom Juni 2017 für den konkreten Einzelfall der Klägerin getroffene Regelung stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Da dieser Bescheid die bisherige Regelung im Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 abänderte, ist er nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Senat entscheidet über diesen auf Klage.
3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 und der Bescheid vom Juni 2017 sind im Umfang ihrer Anfechtung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
a) Aufgrund der nicht angefochtenen Regelungen im Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 steht für die Beteiligten und den Senat bindend fest, dass die Klägerin nach § 46 Abs. 2 SGB VI ab dem 1. Juni 2016 Anspruch auf große Witwenrente hat und der Wert dieser Rente ab dem 1. September 2016 EUR 1.057,31 (ab dem 1. Juli 2017 EUR 1.077,45) betrug. Dieser Wert errechnet sich als Produkt aus den persönlichen Entgeltpunkten des verstorbenen Versicherten (hier 57,8712), dem aktuellen Rentenwert und dem Rentenartfaktor (§§ 64, 66 Abs. 2 Nr. 1, 67 Nr. 6, 68 SGB VI), der bei der Klägerin aufgrund der Sonderregelung des § 255 Abs. 1 SGB VI nach dem Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist, also ab dem 1. September 2016 0,6 (statt 0,55) beträgt. Ebenso steht aufgrund bestandskräftiger Regelung die Höhe der Altersrente für Frauen der Klägerin fest (EUR 1.585,89 ab 1. Juli 2016; EUR 1.616,10 ab 1. Juli 2017).
b) Zu Recht hat die Beklagte auf die Witwenrente eigenes Einkommen der Klägerin angerechnet.
aa) Die Einkommensanrechnung entfällt nicht aufgrund einer Erklärung über die weitere Anwendung des früheren Hinterbliebenenrentenrechts.
Ist der Versicherte vor dem 1. Januar 1986 gestorben oder haben die Ehegatten bis zum 31. Dezember 1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Hinterbliebenenrentenrechts abgegeben, werden auf eine Witwenrente oder Witwerrente die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes nicht angewendet (§ 314 Abs. 1 SGB VI).
HM ist nicht vor dem 1. Januar 1986 gestorben. Eine Erklärung i.S.d. § 314 Abs. 1 SGB VI konnten die Klägerin und HM nicht wirksam abgegeben. Die Regelung bezieht sich auf die Erklärungen nach Art. 2 § 18 Abs. 3 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) und Art. 2 § 17a Abs. 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG). Erklärungen über die weitere Anwendbarkeit des bis zum 31. Dezember 1985 geltenden Rechts der Hinterbliebenenrenten konnten danach Ehegatten abgeben, die beide vor dem 1. Januar 1936 geboren sind und deren Ehe vor dem 1. Januar 1986 geschlossen worden ist (Haack in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 314 SGB VI Rn. 8). Die Klägerin ist nicht vor dem 1. Januar 1936 geboren, so dass die Eheleute eine gemeinsame Erklärung in diesem Sinne nicht abgeben konnten. Die Beschränkung des Erklärungsrechts auf vor dem 1. Januar 1936 geborene Ehegatten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Februar 1987 – 1 BvR 79/86 – SozR 5750 Art. 2 § 18 Nr. 1).
bb) Nach dem danach anzuwendenden, bei Eintritt des Versicherungsfalls geltenden Recht ist eine Einkommensanrechnung auf die Witwenrente vorzunehmen.
Nach § 97 Abs. 1 SGB VI wird Einkommen (§ 18a Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente, Witwerrente oder Erziehungsrente zusammentrifft, hierauf angerechnet. Dies gilt nicht bei Witwenrenten oder Witwerrenten, solange deren Rentenartfaktor mindestens 1,0 beträgt. Ab dem 1. September 2016 betrug, wie oben dargelegt, der Rentenartfaktor der Witwenrente der Klägerin nicht mehr 1,0, sondern nur noch 0,6 (vgl. §§ 67 Nr. 6, § 255 Abs. 1 SGB VI).
Bei Renten wegen Todes sind nach § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV als Einkommen zu berücksichtigen Leistungen, die erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen). Erwerbsersatzeinkommen in diesem Sinne sind u.a. Renten der Rentenversicherung wegen Alters (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV), hier also die der Klägerin gewährte Altersrente für Frauen.
cc) Die gesetzlichen Regelungen über die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind verfassungsgemäß. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
(1) Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist; diese genießt den Schutz der Eigentumsgarantie dann, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruht und zudem der Sicherung seiner Existenz dient (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1986 – 1 BvL 39/83 – juris, Rn. 35).
(2) Aus diesem Grund ist die Altersrente für Frauen aus eigener Versicherung der Klägerin grundsätzlich vom Eigentumsschutz erfasst. Diese wird allerdings auch unvermindert ausgezahlt. Der Einkommensanrechnung unterliegt nicht diese Altersrente, sondern allein die Witwenrente. Soweit im angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2016 in den dort ausgeführten Berechnungen Abzüge von der Altersrente für Frauen vorgenommen werden, dient dies lediglich der Berechnung der Höhe, in der diese Rente auf die Witwenrente anzurechnen ist. Dies führt aber gerade nicht dazu, dass die Altersrente in geminderter Höhe ausgezahlt würde.
(3) Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen unterliegen nicht dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs. 1 GG. Die Hinterbliebenenversorgung beruht auch nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung. Es fehlt hierfür an einem hinreichenden personalen Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente. Jeder Versicherte trägt über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hinterbliebenen bei, ohne das der verheiratete Versicherte – trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten – einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten muss. Auch wer keine unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, zahlt gleiche Beiträge. Die Hinterbliebenenrente ist daher eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 – juris, Rn. 61, 63 f.). Die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen auf die Witwenrente der Klägerin stellt somit keinen Eingriff in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition dar.
(4) Die Einkommensanrechnung ist auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beinhaltet weder einen Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Da die Hinterbliebenenrente Unterhaltsersatzfunktion hat, ist die Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Hinterbliebenen als Anknüpfungspunkt sachgerecht. Die vom Gesetzgeber gewählte Regelung ist darüber hinaus erforderlich und belastet den betroffenen Personenkreis nicht übermäßig (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 – juris, Rn. 65 ff., 81 ff.).
c) Die Beklagte hat die Höhe des anzurechnenden Einkommens und damit die Höhe des monatlichen Einzelanspruches zutreffend berechnet.
(1) Für die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ist maßgebend das für denselben Zeitraum erzielte monatliche Einkommen (§ 18b Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Bei Erwerbsersatzeinkommen nach § 18a Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 bis 10 SGB IV gilt als monatliches Einkommen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 das laufende Einkommen (§ 18b Abs. 4 1. Halbsatz SGB IV). Maßgebend ist somit die laufende Altersrente der Klägerin in Höhe von EUR 1.585,89 für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis zum 30. Juni 2017 sowie in Höhe von EUR 1.616,10 ab dem 1. Juli 2017.
(2) Das monatliche Einkommen ist zu kürzen bei Leistungen nach § 18a Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB IV um 13 vom Hundert bei Leistungsbeginn vor dem Jahre 2011 und um 14 vom Hundert bei Leistungsbeginn nach dem Jahre 2010 (§ 18b Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 SGB IV). Die Bruttoeinkommen werden mithin in Nettoeinkommen umgerechnet und dann der Einkommensanrechnung zugrunde gelegt. Dies geschieht in der Weise, dass vom Brutto-Einkommen aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität pauschal die darauf entfallenden Steuern und die vom Berechtigten zu tragenden Teile der Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden. Eine Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Steuern und Aufwendungen für die soziale Sicherheit ist nicht zulässig (Paulus in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 18b Rn. 44 ff.).
Da der Bezug der Altersrente der Klägerin vor dem Jahr 2011 begann, ist ein Abzugsbetrag von 13% maßgeblich. Für den Zeitraum vom 1. September 2016 bis 30. Juni 2017 ist daher von der laufenden Altersrente ein Betrag von EUR 206,17 (13% von EUR 1.858,89) abzuziehen und ab dem 1. Juli 2017 ein Betrag von EUR 210,09 (13% von EUR 1.616,10). Der weiteren Berechnung ist danach ein Betrag von EUR 1.379,72 zugrunde zu legen bzw. ab dem 1. Juli 2017 in Höhe von EUR 1.406,01.
(3) Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Das nicht anrechenbare Einkommen erhöht sich um das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts für jedes Kind des Berechtigten, das Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deshalb nicht hat, weil es nicht ein Kind des Verstorbenen ist. Von dem danach verbleibenden anrechenbaren Einkommen werden 40 vom Hundert angerechnet (§ 97 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB VI).
Der aktuelle Rentenwert nach §§ 68, 69 SGB VI betrug ab dem 1. Juli 2016 EUR 30,45 und beträgt seit dem 1. Juli 2017 EUR 31,03, der Grenzbetrag nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB VI somit EUR 803,88 ab dem 1. September 2016 und EUR 819,19 ab dem 1. Juli 2017. Die Voraussetzungen für die Erhöhung dieses Wertes nach Satz 2 liegen bei der Klägerin nicht vor. Danach verbleibt ein anrechenbares Einkommen ab dem 1. September 2016 in Höhe von EUR 575,84 und ab dem 1. Juli 2017 in Höhe von EUR 586,82. Von diesen Beträgen sind jeweils 40% anzurechnen, mithin ab dem 1. September 2016 EUR 230,34 sowie ab dem 1. Juli 2017 EUR 234,73. In dieser Höhe hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden die Altersrente der Klägerin jeweils angerechnet.
(4) Der monatliche Einzelbetrag von EUR 826,97 (EUR 1.057,31 - EUR 230,34) ab dem 1. September 2016 und EUR 842,72 (EUR 1.077,45 - EUR 234,73) ab dem 1. Juli 2017, wie von der Beklagten gewährt, ist somit rechtmäßig. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den aus der Witwenrente zu zahlenden Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung um solche der Klägerin für ihre eigene Kranken- und Pflegeversicherung handelt (vgl. § 237 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch), nicht für ihren verstorbenen Ehemann.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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