L 11 KR 3611/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 460/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3611/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 03.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung (KV, PV) aus der Kapitalzahlung einer Direktlebensversicherung für die Zeit ab 01.10.2009.

Der 1946 geborene Kläger ist bei der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert, seit 01.11.2009 in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Über den ehemaligen Arbeitgeber als Versicherungsnehmer wurde für den Kläger als Versicherter eine Lebensversicherung (Gruppenversicherung) mit Todesfallkapital bei der D. Koblenz abgeschlossen. Versicherungsnehmer war durchgehend der Arbeitgeber des Klägers.

Der Kläger erhielt am 28.10.2009 aus der Versicherung eine Kapitalleistung in Höhe von 30.011,04 EUR ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 22.12.2009 teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), dem Kläger mit, die an ihn ausgezahlte Kapitalleistung stelle einen für zehn Jahre beitragspflichtigen Versorgungsbezug dar. Ein Hundertzwanzigstel des Gesamtbetrages (250,09 EUR) gelte für die Dauer von zehn Jahren als monatlicher Ausgangswert für die Beitragsberechnung. Beiträge seien deshalb ab 01.11.2009 in Höhe von 37,26 EUR für die KV und 4,88 EUR für die PV (insgesamt monatlich 42,14 EUR) zu zahlen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er sehe sich durch die Anhebung des Beitragssatzes in seinen Grundrechten verletzt (Art 3 Abs 1 und Art 14 Abs 1 Grundgesetz [GG]). Bis zur höchstrichterlichen Klärung werde das Ruhen des Verfahrens beantragt. Dem kam die Beklagte nach. Im August 2016 teilte der Kläger mit, er halte seinen Widerspruch aufrecht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2017 wies die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Beitragsforderung beruhe auf §§ 237, 229, 248 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) iVm § 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI). Die im Oktober 2009 ausgezahlte Kapitalleistung stelle eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, weil ein Bezug zum früheren Berufsleben des Klägers gegeben sei. Die Beitragspflicht bestehe unabhängig davon, wer die Beiträge dafür bezahlt habe, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung durchgehend als Versicherungsnehmer geführt habe. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) in zwei Urteilen am 30.03.2011 (B 12 KR 24/09 R und B 12 KR 16/10 R) bestätigt. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mit Nichtannahmebeschluss vom 07.04.2008 (1 BvR 1924/07) und zuletzt mit Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08) die gesetzlichen Regelungen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Seit 01.01.2004 gelte für die Beitragsermittlung aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz; nicht mehr nur der halbe Beitragssatz. Diese Regelung habe das BVerfG schon mit Nichtannahmebeschluss vom 28.02.2008 (1 BvR 2137/06) als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet.

Hiergegen hat der Kläger am 16.02.2017 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und sich sowohl grundsätzlich gegen die Beitragserhebung aus Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung als auch die Berechnung der KV-Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz gewandt. In einem Rechtsstaat gelte die Regel "pacta sunt servanda". Wenn überhaupt, könnten die erhaltenen Leistungen aus Direktversicherungen nur mit dem halben Beitragssatz der Beitragspflicht unterliegen. Im Jahr 2016 sei eine Anfrage zur doppelten Verbeitragung im Bundestag Gegenstand gewesen. Die Verbeitragung sei kritisch zu sehen wegen des Verbots der doppelten Inanspruchnahmen, das im Steuerrecht gelte. In der Gesamtschau bezüglich Steuerlast und Sozialversicherungsbeiträgen werde ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht vorgenommen, was in den Entscheidungen des BSG und BVerfG nicht abgewogen worden sei.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben auf die Begründung des angefochtenen Bescheids und des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.

Mit Urteil vom 03.08.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Richtige Passivlegitimierte sei nicht nur die Krankenkasse (Beklagte zu 1), sondern auch deren Pflegekasse (Beklagte zu 2). Denn die Bescheide habe jeweils die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2017 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe von der D. aus der Versicherung am 28.10.2009 einen Kapitalbetrag von 30.011,04 EUR erhalten. Diese Kapitalzahlung sei für die Zeit ab 01.11.2009 der Beitragsberechnung zugrunde zu legen, da es sich um eine betriebliche Altersversorgung gehandelt habe. Der Umfang der Beitragspflicht beurteile sich nach dem Versichertenstatus ab dem 01.11.2009, dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben würden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger als versicherungspflichtiger Rentner bei den Beklagten versicherungspflichtiges Mitglied gewesen. Für die Beitragspflicht gelte § 223 Abs 2 Satz 1 SGB V, wonach die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen würden. Für versicherungspflichtige Rentner bestimme § 237 Satz 1 Nr 2 SGB V, dass der Beitragsbemessung ua der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde zu legen sei. Damit sei im Rahmen des § 237 SGB V auch § 229 SGB V über Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen anzuwenden. Als Versorgungsbezüge gälten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt worden seien, auch Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder sei eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gelte ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Da die Versicherung von dem Arbeitgeber des Klägers als Versicherungsnehmer geführt worden sei, sei die gesamte Kapitalsumme zu berücksichtigen. Ein Hundertzwanzigstel dieser Leistung sei 250,09 EUR. Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung als einmaliger Versorgungsbezug verstoße weder hinsichtlich der Heranziehung von Versorgungsbezügen, wenn das entsprechende Rechtsverhältnis bereits vor dem 01.01.2004 abgeschlossen worden sei, noch hinsichtlich der Typisierung, wonach auch die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (auch) arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung, bei der aber weiterhin der Arbeitgeber Versicherungsnehmer sei, gegen Verfassungsrecht. Die Beitragserhebung verstoße auch insoweit nicht gegen Grundrechte, als die Versicherungsbeiträge aus Einkommen zu leisten seien, das bereits der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterlegen habe. Denn es sei in diesem Fall nicht der steuerrechtliche Grundsatz anwendbar, dass steuerbares Einkommen nur beim ersten Zufluss zu versteuern sei. Auf den beitragspflichtigen Versorgungsbezug sei der volle Beitragssatz anzuwenden (§ 248 Satz 1 SGB V). Bei Versicherungspflichtigen gelte für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz. Die Erhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nach dem allgemeinen Beitragssatz sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift des § 248 SGB V in den ab 01.01.2004 geltenden Fassungen sei nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstoße die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, wie das BSG (Urteil vom 10.05.2006, B 12 KR 3/05 R) ausgeführt habe.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.08.2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 13.09.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten. Die Erhebung des vollen Beitragssatzes auf Kapitalleistungen der Direktversicherung sei nicht rechtmäßig. Die Ausführungen in der Entscheidung des SG seien vollumfänglich zu überprüfen. Es gebe zwar in der Sozialgerichtsbarkeit eine Reihe von Gerichtsentscheidungen zur Rechtmäßigkeit der Beitragserhebungen nach § 229 SGB V, insbesondere auch des Bundessozialgerichts. Auf diese Urteile beziehe sich das SG in seiner Urteilsbegründung. Dies möge zwar aus sozialrichterlicher Sicht als tragfähige Begründung einer Entscheidung ausreichen. Es werde aber nicht dem Umstand Rechnung getragen, dass auch noch steuerliche Belastungen auf diese Kapitalleistungen zu zahlen seien. Der Gesetzgeber habe sowohl den Zugriff der Sozialversicherungsträger als auch die Besteuerung zugelassen, wodurch sich der tatsächlich Netto verbleibende Kapitalertrag für den Kläger erheblich reduziert habe gegen über seinen ursprünglichen Berechnungen bei Abschluss der entsprechenden Altersvorsorge. Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes sei daher verletzt. Die Summe der Verbreiterung der Einnahmesituation durch Zugriff auf die Versicherungsleistungen führe zu einem Eingriff in das Eigentum des Klägers nach Artikel 14 GG. Ob die Summe der Abzüge und Steuern einen Eingriff des Gesetzgebers nach Artikel 14 Abs 1 Grundgesetz darstellten, sei bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Das Bundesverfassungsgericht habe mehrere Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 03.08.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2017 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nehmen auf die Begründungen ihrer Bescheide und die Ausführungen des SG Bezug.

Mit Schreiben des Berichterstatters vom 27.11.2017 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22.12.2017 gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Der Senat nimmt vollumfänglich auf die ausführliche und in allen rechtlichen Aspekten zutreffende Begründung des Sozialgerichts im Urteil vom 03.08.2017 Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Lediglich aufgrund der Berufungsbegründung fasst der Senat nochmals zusammen:

Das SG hat die Grundsätze der Beitragsbemessung nach den hier anwendbaren §§ 223 Abs 2 Satz 1, 237 Satz 1 Nr 2, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V ausführlich und zutreffend dargelegt. Die ausgezahlte Kapitalleistung aus der Direktversicherung ist eine Einnahme der betrieblichen Altersversorgung (vgl zur für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung BSG 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R mwN). Vorliegend war der Arbeitgeber des Klägers durchgehend Versicherungsnehmer, weshalb die erwirtschafteten Erträge von den Beklagten der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt werden durften (BVerfG, 28.09.2010, 1 BvR 1660/08).

Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl ua Entscheidungen vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10; vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11; vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; vom 12.03.2013, L 11 KR 1029/11; vom 14.05.2013, L 11 KR 46080/11; vom 25.06.2013, L 11 KR 4271/12; vom 17.03.2014, L 11 KR 3839/13; vom 24.06.2014, L 11 KR 5461/13; vom 23.06.2015, L 11 KR 452/15; vom 26.01.2016, L 11 KR 571/15 und vom 26.10.2017, L 11 KR 2422/17). Der Senat schließt sich weiterhin der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, aaO) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10) an.

Es ergibt sich auch kein Verstoß gegen Grundrechte, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, juris) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verstößt. Es bestehen keine Bedenken gegen die Einbeziehung von Versicherungsverträgen, die bereits vor dem 01.01.2004 geschlossen waren (BVerfG 07.04.2008, 1 BvR 1924/07; BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08).

Fehler bei der Berechnung der Beiträge sind nicht ersichtlich. Auf den beitragspflichtigen Versorgungsbezug ist der volle Beitragssatz anzuwenden (§ 248 Satz 1 SGB V). Bei Versicherungspflichtigen gilt für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz.

Auch die Erhebung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen nach dem allgemeinen Beitragssatz ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG 10.05.2006, B 12 KR 3/05 R, juris). Insbesondere verstößt die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG und die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG (BVerfG 28.02.2008, 1 BvR 2137/06, SozR 4-2500 § 248 Nr 3; BVerfG 28.05.2008, 1 BvR 2257/06; BSG 10.05.2006, B 12 KR 3/05 R; Senatsurteil vom 20.01.2015, L 11 KR 3392/14).

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG 28.02.2008, 1 BvR 2137/06, SozR 4-2500 § 248 Nr 3), dem der Senat folgt, hat hierzu ausgeführt (Rn 28 ff. der Entscheidung): "Die bis zum 31. Dezember 2003 geltende Regelung, die Versorgungsbezüge anders als Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit dem halben allgemeinen Beitragssatz zur Beitragsbemessung heranzog, war aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Traditionell gilt im Krankenversicherungsrecht, dass alle beitragspflichtigen Einnahmen mit dem vollen Beitragssatz erfasst werden und reduzierte Beitragssätze nur da angeordnet werden, wo der Gesetzgeber ein typischerweise geringeres Risiko oder eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit annimmt, wie zum Beispiel bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, Studenten und Praktikanten (vgl. Bieback, VSSR 1997, S. 118 (140)). Bei den Versorgungsbezügen war nach § 248 SGB V alter Fassung Anknüpfungspunkt für den reduzierten Beitragssatz aber lediglich die Einkommensart. Die durch das Rentenanpassungsgesetz 1982 vorgenommene erstmalige Einbeziehung der Versorgungseinkünfte nach Maßgabe nur des halben Beitragssatzes wurde durch den Gesetzgeber dementsprechend auch nicht versicherungsrechtlich, sondern sozialpolitisch mit der Erwägung begründet, dass auch Arbeitnehmer nur die Hälfte der Beiträge aus ihrem Arbeitsentgelt zu tragen hätten (BTDrucks 9/458, S. 29, 36). Systematisch handelte es sich damit aber um eine Sondervorschrift, aus der kein rechtlicher und erst recht kein verfassungsrechtlicher Grundsatz abgeleitet werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 15. März 2000 (vgl. BVerfGE 102, 68 (95)) darauf hingewiesen, dass die durch § 248 SGB V alter Fassung begründete unterschiedliche beitragsrechtliche Belastung der Versorgungsbezüge bei Pflichtversicherten, welche nur den halben Beitrag zahlten, und den mit dem vollen Beitrag belasteten freiwillig Versicherten einer Überprüfung bedürfe. Denn es handele sich für beide Versichertengruppen um Leistungen mit Entgeltersatzcharakter. Aus Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich kein verfassungsrechtliches Gebot ableiten, dass die Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis so zu stellen sind, dass sie auf ihre beitragspflichtigen Einkünfte stets nur den halben Beitragssatz zu entrichten haben. Im Bereich der Sozialversicherung hat der Gesetzgeber einen großen Spielraum, wie er die Finanzierung ausgestaltet (vgl. bereits BVerfGE 11, 105 (115 ff.)). Das gilt auch für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 113,167 (218 f.)). [ ...] Schließlich ist es vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass die Beiträge aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz erhoben werden, obwohl Rentner im Allgemeinen keinen Anspruch auf Krankengeld haben. [ ...] § 248 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 148 Buchstabe a GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Die Heranziehung der Versorgungsbezüge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz enthält die Auferlegung einer allgemeinen öffentlich-rechtlichen Abgabepflicht und ist als solche an den Freiheitsrechten, insbesondere also am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu messen (vgl. BVerfGE 75, 108 (155); 78, 232 (245)). Der Eingriff muss zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet und erforderlich sein und darf schließlich nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen (vgl. BVerfGE 96, 10 (21)). Diesen Vorgaben genügt § 248 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 148 Buchstabe a GMG." Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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