L 1 KR 320/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1378/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 320/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Erstattung bzw. Kostenübernahme für das Medikament Concerta® mit dem Wirkstoff Methylphenidat zur Behandlung einer Hypersomnie.

Der 1953 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger leidet an einer Hypersomnie, deren Ursache trotz umfangreicher Untersuchungen bislang nicht abschließend geklärt ist. Die Erkrankung führt zu einer erhöhten Tagesmüdigkeit mit Einschlagneigung sowohl in monotonen als auch in nicht monotonen Situationen.

Nachdem sich die Erkrankung zuvor als nicht therapierbar erwiesen hatte, wird der Kläger seit 2012 mit dem Medikament Concerta® in unterschiedlichen Wirkstärken behandelt. Diese Behandlung hatte nach den Angaben des den Kläger behandelnden Arztes des Schlafmedizinischen Zentrums der C, Dr. G, Erfolg. Unter der Wirkung des Medikaments haben sich eine deutlich verkürzte Einschlaflatenz und ein auffällig früherer REM-Schlafbeginn gezeigt. Es liege die Verdachtsdiagnose der Narkolepsie ohne Kataplexie nahe, ohne dass die erforderlichen Diagnosekriterien erfüllt seien. Die Kosten für das Medikament trägt der Kläger seit 2012 selbst. Hierfür hat er zusätzlich zu den gesetzlichen Zuzahlungen von je 5,00 EUR je Packung im Jahr 2012 262,89 EUR, im Jahr 2013 179,82 EUR, im Jahr 2014 179,16 EUR und im Jahr 2015 178,50 EUR aufgewendet.

Der Kläger beantragte am 18. Februar 2014 die Kostenübernahme für das Medikament als Einzelfallentscheidung. Beigefügt war dem Antrag ein Attest des Dr. G vom 4. Oktober 2012. Dieser befürwortete die Therapie des Klägers mit insgesamt 54 mg Methylphenidat täglich, verteilt auf zwei Einzeldosen. Eine medikamentöse Dauertherapie sei notwendig, da diese zumindest eine Besserung der Symptomatik zur Folge habe. Als Alternative kämen lediglich Amphetamine in Betracht, die jedoch aus Gründen des Nebenwirkungsprofils und wegen des suchterzeugenden Charakters kontraindiziert seien.

Im Auftrag der Beklagten kam der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) durch die Gutachterin Dr. Sr in der Stellungnahme vom 13. März 2014 zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine Versorgung des Klägers mit dem Medikament Concerta® nicht vorlägen. Das Medikament sei lediglich zur Behandlung der ADHS bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen zugelassen. Unter Berücksichtigung der Datenlage sei auch eine Weiterführung der Therapie in das Erwachsenenalter zulässig. Für die Behandlung einer Narkolepsie mit oder ohne Kataplexie im Kindes- oder Erwachsenenalter sei das Medikament nicht zugelassen. Bezogen auf dieses Anwendungsgebiet existiere jedoch eine indikationsbezogene Zulassung für das ebenfalls metylphenidathaltige Arzneimittel Ritalin®, das wirkstoffidentisch zu Concerta® sei, lediglich ohne verzögert freisetzende Wirkstoffkomponente. Zur Behandlung einer idiopathischen Hypersomnie sei keines der in Deutschland oder europaweit zugelassenen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat zugelassen. Es liege ein zulassungsüberschreitenden Einsatz vor, für den weder ein entsprechender Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) noch die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Es handele sich zwar bei der idiopathischen Hypersomnie mit oder ohne Verlängerung des Hauptnachtschlafes um eine schwerwiegende, die Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung. Eine durch akute Lebensbedrohlichkeit notstandsähnliche Situation sei jedoch nicht gegeben. Die idiopathische Hypersomnie sei mit einer Prävalenz zwischen 1: 10.000 und 1: 100.000 auch nicht extrem selten. Zur Untersuchung der Wirksamkeit von Methylphenidat in der Behandlung einer idiopathischen Hypersomnie seien aktuell keine Daten aus kontrollierten Studien veröffentlicht, aufgrund derer in Kürze mit einer Erweiterung der Zulassung gerechnet werden könne oder die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 20. März 2014 eine Kostenübernahme ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, zu dessen Begründung er ein weiteres Attest des Dr. G vom 10. Juni 2014 einreichte. Dieser wies darauf hin, dass der Kläger nicht unter einer idiopathischen Hypersomnie leide, sondern an einer hiermit nicht gleichzusetzenden Hypersomnie unklarer Ursache. Die Symptome ließen am ehesten auf eine Narkolepsie ohne Kataplexie schließen, ohne dass die Diagnosekriterien vollständig erfüllt seien.

Die Beklagte veranlasste eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme durch den MDK. In ihrem Gutachten vom 31. Juli 2014 hielt Dr. S an ihrer Einschätzung fest. Auch bei der Anwendung von Methylphenidat zur Behandlung einer Hypersomnie unklarer Ursache handele es sich um einen sogenannten Off-Label-Use, dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Mit Schreiben/Bescheid vom 6. August 2014 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme daraufhin abermals ab. Der Kläger hielt an seinem Widerspruch fest.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2015 den Widerspruch des Klägers zurück. Sie übernahm zur Begründung die Argumentation des MDK.

Hiergegen hat der Kläger am 19. Mai 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die MDK-Gutachterin habe seine Erkrankung unzutreffend eingestuft. Diese sei extrem selten und nicht erforschbar. Andere Therapien stünden nicht zur Verfügung. Die Behandlung mit Concerta® habe sich als erfolgreich erwiesen. Seine Lebensqualität habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Die Einnahme von Ritalin® komme für ihn aufgrund erheblicher Nebenwirkungen nicht in Betracht. Er hat eine weitere ärztliche Stellungnahme des Dr. G vom 13. Oktober 2015 zu den Akten gereicht. Darin führt dieser u. a. aus, die vorliegenden MDK-Gutachten orientierten sich lediglich an den formalen Zulassungsvoraussetzungen ohne zu bedenken, dass es darüber hinaus aufgrund der bekannten Wirkmechanismen und der Pathophysiologie der Erkrankung eine sinnvolle Pharmakotherapie geben könne, ohne dass hierfür eine Zulassung vorliege. Insofern werde bei der Gegenüberstellung der Narkolepsie ohne Kataplexie und der idiopathischen Hypersomnie übersehen, dass es sich insofern nicht um grundverschiedene Erkrankungen handele, sondern sich beide Krankheitsentitäten lediglich in dem Vorhandensein von sleep-onset-REM unterschieden. Auf der Basis dieser Erkenntnis werde bereits seit langem unter Fachwissenschaftlern diskutiert, ob es nicht sinnvoller sei, beide Erkrankungen zu einer Krankheitsentität zusammenzufassen und dieser das echte Orexin-Mangelsyndrom, d. h. der Narkolepsie mit Kataplexie, gegenüberzustellen. Im Übrigen gelte die Verabreichung von Methylphenidat in retardierter Form zur Behandlung von Patienten mit idiopathischer Hypersomnie international als Standard und erscheine nur logisch um die Frequenz der Einnahmezeitpunkte zu reduzieren.

Die Beklagte hat hierzu eine weitere sozialmedizinische Stellungnahme des MDK veranlasst. In ihrem Gutachten vom 12. Februar 2016 hält Dr. S abermals an ihrer Einschätzung fest. Unabhängig von der Diskussion hinsichtlich der sicheren differenzialdiagnostischen Zuordnung des beim Kläger vorliegenden Krankheitsbildes sei jedenfalls Concerta® weder zur Behandlung der idiopathischen Hypersomnie noch der Narkolepsie ohne Kataplexie zugelassen. Es lägen insofern auch die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nicht vor. Allenfalls komme eine Verordnung des (unretardierten) Ritalin® in Betracht.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. Mai 2016 abgewiesen. Deren Klagegegenstand sei ein Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich des Medikamentes Concerta® für die Vergangenheit ab 2012 und die Geltendmachung einer Kostenübernahme für die Zukunft. Für die Vergangenheit bis zur Bekanntgabe des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 20. März 2014 stehe einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bereits entgegen, dass sich der Kläger das Medikament auf eigene Kosten beschafft habe, ohne zuvor eine Entscheidung der Beklagten einzuholen und abzuwarten, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Dem Kläger stehe jedoch auch abgesehen davon und für die Zeit ab danach kein Anspruch auf Versorgung mit dem Medikament Concerta® zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) setze wie der Sachleistungsanspruch voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemeiner Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Versorgung mit vertragsärztlich verordneten Fertigarzneimitteln könnten Versicherte – abgesehen von weiteren gesetzlich geregelten Einschränkungen – nur beanspruchen, wenn eine arzneimittelrechtliche Zulassung für das Indikationsgebiet bestehe, in dem sie angewendet werden sollen. Mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit seien Fertigarzneimittel hingegen nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst, wenn ihnen die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehle (Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BSG). Das begehrte Fertigarzneimittel Concerta® sei zulassungspflichtig. Ungeachtet der konkreten Einordnung der Erkrankung des Klägers sei es aber weder zur Behandlung einer idiopathischen Hypersomnie, einer Hypersomnie unklarer Ursache noch einer Narkolepsie ohne Kataplexie in Deutschland oder EU-weit zugelassen. Dies habe die Gutachterin des MDK nach Auswertung der aktuellen Fachinformation (zuletzt vom März 2015) festgestellt. Dies werde weder vom Kläger noch dessen Behandler Dr. G in Zweifel gezogen. Abgesehen hiervon lägen auch nicht die Voraussetzungen eines ausnahmsweise bestehenden Anspruches im Rahmen eines Off-Label-Use vor. Ein solcher komme nur in Betracht, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlich oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe und wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Abzustellen sei dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse (BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 25/11 R – Rdnr. 15 ff. mit weiteren Nachweisen). Sollte sich die Erkrankung des Klägers als Narkolepsie ohne Kataplexie einordnen lassen, stünde mit dem ebenfalls metylphenidathaltigen Medikament Ritalin® ein zugelassenes Alternativpräparat zur Verfügung. Allein der Umstand, dass Methylphenidat in retadierter Form für den Kläger möglicherweise vorteilhafter sei oder dass Ritalin® möglicherweise ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil aufweise, rechtfertige ein Off-Label-Use nicht. Dass der Kläger Ritalin® nicht vertrage sei weder dargelegt noch ersichtlich. Sollte es sich beim Kläger um eine idiopathische Hypersomnie oder eine Hypersomnie unklarer Ursache handeln, fehle es an einer ausreichend validen Datenlage. Von hinreichenden Erfolgsaussichten als der dritten Voraussetzung im vorgenannten Sinne sei nur dann auszugehen, wenn Forschungsergebnisse vorlägen, die erwarten ließen, dass das betroffene Arzneimittel für die relevante Indikation zugelassen werden könne. Es müssten also Erkenntnisse in der Qualität einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht sein und einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen (Bezugnahme auf BSG-Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 4/13 R – Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen). Dies sei vorliegend nach den Ausführungen der Gutachterin Dr. Sr nicht der Fall. Im Hinblick auf das Vorbringen des Dr. G sei lediglich ergänzend darauf hinzuweisen, dass die strengen Anforderungen des arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens und die daran anknüpfenden strengen Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach der Rechtsprechung des BSG keinen Selbstzweck dienten, sondern ihren Ursprung in den Erfahrungen in den 1960er Jahren mit den nicht ausreichend analysierten Nebenwirkungen von Contergan hätten. Es liege auch kein sogenannter Seltenheitsfall vor, in dem ausnahmsweise keine valide Datenlage erforderlich sei. Diese setze voraus, dass die Erkrankung weltweit so selten sei, dass es sich einer systematischen Erforschung von vornherein entziehe. Ein solcher Fall liege nach den Ausführungen der Gutachterin des MDK Dr. Sr, die auch von Dr. G nicht in Zweifel gezogen würden, nicht vor. Weder die idiopathische Hypersomnie noch die Narkolepsie ohne Kataplexie seien danach aufgrund ihrer Seltenheit unerforschbar. Dass sich die Erkrankung des Klägers möglicherweise nicht klar zu einem der beiden Typen zuordnen lasse, rechtfertige keine hiervon abweichende Einschätzung, zumal im Vordergrund – wie der Behandler selbst darlege – weniger die Ursache der erhöhten Einschlafneigung als vielmehr die Symptomatik stehe und insoweit auch alle symptombezogene Erforschung und Zulassung der Pharmakotherapie in Betracht käme bzw. ggf. das Klassifikationssystem geändert werden könnte. Schließlich sei die Krankheit des Klägers auch weder lebensbedrohlich noch regelmäßig tödlich und auch nicht wertungsmäßig mit einer solchen vergleichbar, so dass auch nach den in § 2 Abs. 1a SGB V festgeschriebenen Grundsätzen eines grundrechtsorientierten Leistungsanspruches ein Anspruch ausscheide.

Gegen diesen ihm am 3. Juni 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. Juli 2016 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ergänzend ausgeführt, aus seiner Sicht gehe es um eine für ihn erfolgreiche Behandlung. Der Behandler und die Gutachterin des MDK seien völlig verschiedener Meinung. Eine erfolgreiche Behandlung sollte seines Erachtens ausreichen, auch wenn die gängigen Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nicht vorlägen. Sein Behandler behandle andere Patienten zu Lasten der gesetzlichen Kassen mit Concerta®, allerdings nicht solche der Beklagten. Eine Umstellung auf Ritalin mit unbekanntem Ausgang sei ihm nicht zumutbar. Der MDK urteile aus seiner Sicht nicht vollumfänglich objektiv. Ein externes Gutachten sei erforderlich. Die Kostenübernahme für Cannabis sei aus seiner Sicht ein vergleichbarer Fall, da dort ohne klare Indikation und Zulassung in begründeten Fällen die Kosten übernommen würden.

Der Kläger beantragt der Sache nach,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2016 und die Bescheide vom 20. März 2014 und 6. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Versorgung des Klägers mit dem Medikament Concerta® seit 2012 zu erstatten und den Kläger künftig mit dem Medikament Concerta® zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter allein entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beide Beteiligten haben sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt.

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Im Hinblick hierauf hat der Senat darauf verzichtet, dem Kläger aufzugeben, seinen Klageantrag für die Vergangenheit zu beziffern.

Zur Begründung in der Sache kann zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die umfassende Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen werden.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen:

Soweit der Kläger eine Behandlung mit Methylphenidat in nicht-retadierter Form für unzumutbar hält, ist darauf hinzuweisen, dass sein Behandler Dr. G in seiner Stellungnahme vom 13. Oktober 2015 diese Auffassung nicht teilt. Dieser hat lediglich ausgeführt, die Verabreichung einer retadierten Substanz erscheine logisch, um die Frequenz der Einnahmezeitpunkte zu reduzieren, die Compliance der Patienten zu erhöhen und eine kontinuierliche Verbesserung der Lebensqualität über den Tag herbeizuführen. Im Vordergrund stehen danach die Verbesserung der Lebensqualität und die Compliance, also der Wunsch, die möglichst konsequente therapietreue Einnahme zu erleichtern. Soweit der Kläger auf die Seltenheit seiner Erkrankung abstellt, ist diese weder vom MDK noch vom SG missachtet worden. Maßgeblich ist jedoch, ob eine Erkrankung aufgrund ihrer Seltenheit im Hinblick auf die Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit neuer Therapiestrategien unerforschbar ist. Eine solche Situation liegt nach den auch aus Sicht des Senats überzeugenden Ausführungen im sozialmedizinischen Gutachten des MDK durch Dr. S vom 12. Februar 2016 nicht vor. Insoweit ist eine weitere Sachaufklärung nicht veranlasst. Die Gutachterin hat dies durch Nachweis veröffentlichter Studien belegt. Zweifel an den Aussagen sind nicht ersichtlich. Eine weitere Recherche durch einen unabhängigen Gutachter ist deshalb nicht geboten.

Die neue Regelung zur Sachleistung von Cannabis-Arzneimitteln ab 10,. März 2017 (§ 31 Abs. 6: SGB V, eingeführt durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetztes vom 6. März 2017 [BGBI I S. 403]) ist nicht verallgemeinerungsfähig. Soweit andere Krankenkassen in gleich gelagerten Fällen hiesigen Erachtens rechtswidrigerweise das Medikament übernehmen sollten, könnte sich der Kläger hierauf nicht berufen. Die -zwingend zu beachtenden- gesetzlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.

Abschließen sei darauf hingewiesen, dass selbst bei einer Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Concerta® die Beklagte nach der Gesetzeslage nur den entsprechenden Festbetrag übernehmen dürfte, so dass der Kläger immer noch eine Zuzahlung pro Packung des Medikaments mit der Wirkstärke 27 mg von ca. 14,50 EUR leisten müsste, mit der 18 mg-Wirkstärke pro Packung ca. 25,15 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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