Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 109/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 165/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Versichertenrente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger beantragte am 03.06.2013 bei der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbsminderung. Zur Prüfung des Antrags zog die Beklagte ärztliche Unterlagen bei und ließ am 07.08.2013 durch den Internisten, Pneumologen, Allergologen und Sozialmediziner C. ein rentenärztliches Gutachten erstellen. Mit Bescheid vom 17.09.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, sie habe festgestellt, dass der Kläger seit dem 22.04.2013 befristet voll erwerbsgemindert sei. Eine Rente wegen Erwerbsminderung könne der Kläger jedoch nur erhalten, wenn weitere Voraussetzungen vorlägen, u.a. sei eine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich. Diese "besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen" seien gegeben, wenn das Versicherungskonto • innerhalb der letzten 5 Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung • mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge enthalte (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 u. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Bestimmte Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen belegt seien, verlängerten den 5-Jahres-Zeitraum (§ 43 Abs. 4 SGB VI). Dadurch werde es leichter, die Mindestzahl von Pflichtbeiträgen zu erreichen. Die Beklagte habe geprüft, ob der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle. Sein Versicherungskonto enthalte Zeiten, die den Zeitraum von 5 Jahren verlängerten. Diese Zeiten seien berücksichtigt. Daraus folge, dass das Versicherungskonto des Klägers die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum von 01.01.2008 bis 21.04.2013 enthalten müsse. In diesem Zeitraum habe der Kläger jedoch nur 11 Monate mit Pflichtbeiträgen. Daher erfülle er die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27.09.2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig, denn im Schreiben vom 21.04.2009 habe die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass er bereits 18 Jahre Pflichtbeiträge gezahlte habe und er sich daher von der Versicherungspflicht befreien lassen könne. In diesem Schreiben habe die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass eine Befreiung zur Folge habe, dass er damit seine Ansprüche auf einen Rentenzahlung verliere. Wenn die Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen hätte, hätte er keinen Befreiungsantrag gestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit den im Wesentlichen gleichen Gründen wie im Ausgangsbescheid zurückgewiesen.
Am 27.05.2014 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben (Blatt 1-3 d.A.). Das Sozialgericht Düsseldorf hat sich mit Beschluss vom 20.06.2014 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, durch Rentenauskunft vom 10.11.2006 sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass die Wartezeit für die Rente wegen Erwerbsminderung, Regelaltersrente und Rente wegen Todes erfüllt sei. Es habe jeglicher Hinweis gefehlt, dass der Kläger die bereits einmal erreichten Anwartschaften wieder verlieren könne, falls er keine weiteren Beiträge zur Rentenversicherung mehr einzahle. Die gleiche Auskunft habe der Kläger im Bescheid vom 15.01.2010 mit der sogenannten Wartezeit-Auskunft erhalten. Auch in diesem Bescheid habe jeder Hinweis gefehlt, dass die bereits erworbenen Anwartschaften wieder entfallen könnten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre im Vorverfahren getroffenen Feststellungen und trägt ergänzend vor, auf den materiell-rechtlichen Vortrag des Klägers sei sie bereits ausführlich in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid eingegangen.
Das Gericht hat im Rahmen der gemäß § 103 SGG vorzunehmenden Sachverhaltsermittlungen Krankenunterlagen beigezogen aus der Praxis Dr. D. (Anlage zu Blatt 50 d.A.). Weiter beigezogen hat das Gericht die bei dem Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Kassel geführte Schwerbehindertenakte (Blatt 34-49 d.A.). Nach deren Inhalt war für die bei dem Kläger bestehenden Behinderungen nach § 69 SGB IX ab 11/2005 ein Grad der Behinderung von 30 festgesetzt, der ab 4/2008 auf 40 und ab 8/2013 auf 60 angehoben worden ist. Weiter beigezogen hat das Gericht die Akte des Jobcenter ME-aktiv Ratingen (Anlage zur Blatt 51 d.A.) und die Verwaltungsakte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Anlage zu Blatt 52 d.A.).
Bezüglich der weiteren Einzelheiten zur Sachverhaltsermittlung und dem Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht nach ordnungsgemäß durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Der Bescheid vom 17.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 hat sich nach Überprüfung durch das Gericht als rechtmäßig erwiesen.
Vorliegend ist entsprechend dem Klageantrag über Versichertenrente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung zu entscheiden (§ 300 Abs. 2 SGB VI), denn der Rentenantrag ist am 03.06.2013 gestellt worden.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger erfüllt die in den §§ 50 und 51 SGB VI normierten Wartezeiten. Entgegen dem Vortrag der Klägerseite in der Klagebegründung (Schriftsatz zur Klageerhebung vom 24.05.2014) sind die rentenrechtlichen Wartezeiten der §§ 50 und 51 SGB VI vorliegend nicht die relevante Rechtsfrage. Der Kläger erfüllt unstreitig die in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vorgegebene Wartezeit von 5 Jahren für einen Anspruch auf Regelaltersrente bzw. auf die vorliegend beantragte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesbezüglich ist von Klägerseite in der Widerspruchsbegründung zu Recht auf das Schreiben der Beklagten vom 10.11.2006 an den Kläger Bezug genommen worden. Dieses als "Kurzauskunft – kein Rentenbescheid" bezeichnete Schreiben informierte den Kläger über die bei Vollendung des 65. Lebensjahres zu erwartende Rentenhöhe (monatlicher Zahlbetrag) und zudem enthielt es Hinweise zu den Wartezeiten. Hierin war ausgeführt, dass der Kläger im Zeitpunkt dieser Auskunft am 10.11.2006 die Wartezeit für die Rente wegen Erwerbsminderung, Regelaltersrente und Rente wegen Todes erfüllt hatte, denn er hatte – bezogen auf die unterschiedlichen Wartezeiten – 279 Monate bzw. 312 Monate erfüllt. Die nach § 50 Abs. 1 erforderlichen 180 Monate für die Erfüllung der Wartezeit waren damit klar erreicht und an den vorhandenen Beitragsmonaten ändert sich im Verlauf des weiteren Berufs- bzw. Versicherungslebens nichts mehr.
Vorliegend abgelehnt wurde die beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten, weil bei dem Kläger im Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 03.06.2013 bzw. im Zeitpunkt des von der Beklagten festgestellten Leistungsfalles am 22.04.2013 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht mehr gegeben waren. Nach dieser Vorschrift muss der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder für eine einer Pflichtbeitragszeit gleichgestellten Zeit (§ 55 Abs. 2 SGB VI) haben. Die Berechnung dieser Frist bestimmt sich nach § 26 SGB X, sowie nach §§ 187 Abs. 1 u. 188 Abs. 2 BGB. Der 5-Jahres-Zeitraum endet am Tag vor Eintritt der Erwerbsminderung, vorliegend wäre dies der 21.04.2013, denn die
Beklagte hatte – wie oben ausgeführt – aufgrund der medizinischen Unterlagen festgestellt, dass der Kläger seit dem 22.04.2013 befristet voll erwerbsgemindert war.
In dem ebenfalls von Klägerseite zur Klage- bzw. Widerspruchsbegründung herangezogenen Schreiben der Beklagten vom 16.09.2010 ist der Kläger von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass er zurzeit keine Pflichtbeiträge zahle, da er wegen Ausübung einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei war (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 8 SGB IV). Im weiteren Verlauf dieses Schreibens hat die Beklagten den Kläger in einer auch für einen Laien des Rentenversicherungsrechts verständlichen Sprache erläutert, dass sie zu prüfen habe, ob der Kläger aufgrund der geringfügigen selbständigen Tätigkeit weiterhin versicherungsfrei bleibe und ihn gebeten, einen entsprechenden Vordruck auszufüllen. Eine Rückmeldung des Klägers ist aus der Rentenakte der Beklagten nicht zu entnehmen. Allein dieses Schreiben hätte den Kläger veranlassen müssen, seinen Versicherungsstatus in der gesetzlichen Rentenversicherung – aus Eigeninteresse – in Verbindung mit der Beklagten genauer zu prüfen. Der Beklagten kann daher von Klägerseite jetzt nicht vorgeworfen werden, sie habe ihn nicht ausführlich genug über die rentenrelevanten Angelegenheiten informiert.
Festzustellen bleibt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 SGB VI bei Rentenantragstellung am 03.06.2013 bzw. bei dem festgestellten Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung am 22.04.2013 eindeutig nicht mehr vorlagen. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch 11 Monate Pflichtbeitragszeiten, erforderlich gewesen wären 36 Monate.
Nach alledem ist der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 17.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 rechtmäßig ergangen und die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Rechtsmittelbelehrung auf §§ 143, 144 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Versichertenrente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger beantragte am 03.06.2013 bei der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbsminderung. Zur Prüfung des Antrags zog die Beklagte ärztliche Unterlagen bei und ließ am 07.08.2013 durch den Internisten, Pneumologen, Allergologen und Sozialmediziner C. ein rentenärztliches Gutachten erstellen. Mit Bescheid vom 17.09.2013 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, sie habe festgestellt, dass der Kläger seit dem 22.04.2013 befristet voll erwerbsgemindert sei. Eine Rente wegen Erwerbsminderung könne der Kläger jedoch nur erhalten, wenn weitere Voraussetzungen vorlägen, u.a. sei eine Mindestzahl von Pflichtbeiträgen erforderlich. Diese "besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen" seien gegeben, wenn das Versicherungskonto • innerhalb der letzten 5 Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung • mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge enthalte (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 u. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Bestimmte Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen belegt seien, verlängerten den 5-Jahres-Zeitraum (§ 43 Abs. 4 SGB VI). Dadurch werde es leichter, die Mindestzahl von Pflichtbeiträgen zu erreichen. Die Beklagte habe geprüft, ob der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle. Sein Versicherungskonto enthalte Zeiten, die den Zeitraum von 5 Jahren verlängerten. Diese Zeiten seien berücksichtigt. Daraus folge, dass das Versicherungskonto des Klägers die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum von 01.01.2008 bis 21.04.2013 enthalten müsse. In diesem Zeitraum habe der Kläger jedoch nur 11 Monate mit Pflichtbeiträgen. Daher erfülle er die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27.09.2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der ablehnende Bescheid sei rechtswidrig, denn im Schreiben vom 21.04.2009 habe die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass er bereits 18 Jahre Pflichtbeiträge gezahlte habe und er sich daher von der Versicherungspflicht befreien lassen könne. In diesem Schreiben habe die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass eine Befreiung zur Folge habe, dass er damit seine Ansprüche auf einen Rentenzahlung verliere. Wenn die Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen hätte, hätte er keinen Befreiungsantrag gestellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2014 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit den im Wesentlichen gleichen Gründen wie im Ausgangsbescheid zurückgewiesen.
Am 27.05.2014 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben (Blatt 1-3 d.A.). Das Sozialgericht Düsseldorf hat sich mit Beschluss vom 20.06.2014 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Marburg verwiesen. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, durch Rentenauskunft vom 10.11.2006 sei ihm von der Beklagten mitgeteilt worden, dass die Wartezeit für die Rente wegen Erwerbsminderung, Regelaltersrente und Rente wegen Todes erfüllt sei. Es habe jeglicher Hinweis gefehlt, dass der Kläger die bereits einmal erreichten Anwartschaften wieder verlieren könne, falls er keine weiteren Beiträge zur Rentenversicherung mehr einzahle. Die gleiche Auskunft habe der Kläger im Bescheid vom 15.01.2010 mit der sogenannten Wartezeit-Auskunft erhalten. Auch in diesem Bescheid habe jeder Hinweis gefehlt, dass die bereits erworbenen Anwartschaften wieder entfallen könnten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihre im Vorverfahren getroffenen Feststellungen und trägt ergänzend vor, auf den materiell-rechtlichen Vortrag des Klägers sei sie bereits ausführlich in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid eingegangen.
Das Gericht hat im Rahmen der gemäß § 103 SGG vorzunehmenden Sachverhaltsermittlungen Krankenunterlagen beigezogen aus der Praxis Dr. D. (Anlage zu Blatt 50 d.A.). Weiter beigezogen hat das Gericht die bei dem Hessischen Amt für Versorgung und Soziales Kassel geführte Schwerbehindertenakte (Blatt 34-49 d.A.). Nach deren Inhalt war für die bei dem Kläger bestehenden Behinderungen nach § 69 SGB IX ab 11/2005 ein Grad der Behinderung von 30 festgesetzt, der ab 4/2008 auf 40 und ab 8/2013 auf 60 angehoben worden ist. Weiter beigezogen hat das Gericht die Akte des Jobcenter ME-aktiv Ratingen (Anlage zur Blatt 51 d.A.) und die Verwaltungsakte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Anlage zu Blatt 52 d.A.).
Bezüglich der weiteren Einzelheiten zur Sachverhaltsermittlung und dem Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht nach ordnungsgemäß durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Der Bescheid vom 17.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 hat sich nach Überprüfung durch das Gericht als rechtmäßig erwiesen.
Vorliegend ist entsprechend dem Klageantrag über Versichertenrente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung zu entscheiden (§ 300 Abs. 2 SGB VI), denn der Rentenantrag ist am 03.06.2013 gestellt worden.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger erfüllt die in den §§ 50 und 51 SGB VI normierten Wartezeiten. Entgegen dem Vortrag der Klägerseite in der Klagebegründung (Schriftsatz zur Klageerhebung vom 24.05.2014) sind die rentenrechtlichen Wartezeiten der §§ 50 und 51 SGB VI vorliegend nicht die relevante Rechtsfrage. Der Kläger erfüllt unstreitig die in § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI vorgegebene Wartezeit von 5 Jahren für einen Anspruch auf Regelaltersrente bzw. auf die vorliegend beantragte Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesbezüglich ist von Klägerseite in der Widerspruchsbegründung zu Recht auf das Schreiben der Beklagten vom 10.11.2006 an den Kläger Bezug genommen worden. Dieses als "Kurzauskunft – kein Rentenbescheid" bezeichnete Schreiben informierte den Kläger über die bei Vollendung des 65. Lebensjahres zu erwartende Rentenhöhe (monatlicher Zahlbetrag) und zudem enthielt es Hinweise zu den Wartezeiten. Hierin war ausgeführt, dass der Kläger im Zeitpunkt dieser Auskunft am 10.11.2006 die Wartezeit für die Rente wegen Erwerbsminderung, Regelaltersrente und Rente wegen Todes erfüllt hatte, denn er hatte – bezogen auf die unterschiedlichen Wartezeiten – 279 Monate bzw. 312 Monate erfüllt. Die nach § 50 Abs. 1 erforderlichen 180 Monate für die Erfüllung der Wartezeit waren damit klar erreicht und an den vorhandenen Beitragsmonaten ändert sich im Verlauf des weiteren Berufs- bzw. Versicherungslebens nichts mehr.
Vorliegend abgelehnt wurde die beantragte Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Beklagten, weil bei dem Kläger im Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 03.06.2013 bzw. im Zeitpunkt des von der Beklagten festgestellten Leistungsfalles am 22.04.2013 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht mehr gegeben waren. Nach dieser Vorschrift muss der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder für eine einer Pflichtbeitragszeit gleichgestellten Zeit (§ 55 Abs. 2 SGB VI) haben. Die Berechnung dieser Frist bestimmt sich nach § 26 SGB X, sowie nach §§ 187 Abs. 1 u. 188 Abs. 2 BGB. Der 5-Jahres-Zeitraum endet am Tag vor Eintritt der Erwerbsminderung, vorliegend wäre dies der 21.04.2013, denn die
Beklagte hatte – wie oben ausgeführt – aufgrund der medizinischen Unterlagen festgestellt, dass der Kläger seit dem 22.04.2013 befristet voll erwerbsgemindert war.
In dem ebenfalls von Klägerseite zur Klage- bzw. Widerspruchsbegründung herangezogenen Schreiben der Beklagten vom 16.09.2010 ist der Kläger von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass er zurzeit keine Pflichtbeiträge zahle, da er wegen Ausübung einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei war (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI i.V.m. § 8 SGB IV). Im weiteren Verlauf dieses Schreibens hat die Beklagten den Kläger in einer auch für einen Laien des Rentenversicherungsrechts verständlichen Sprache erläutert, dass sie zu prüfen habe, ob der Kläger aufgrund der geringfügigen selbständigen Tätigkeit weiterhin versicherungsfrei bleibe und ihn gebeten, einen entsprechenden Vordruck auszufüllen. Eine Rückmeldung des Klägers ist aus der Rentenakte der Beklagten nicht zu entnehmen. Allein dieses Schreiben hätte den Kläger veranlassen müssen, seinen Versicherungsstatus in der gesetzlichen Rentenversicherung – aus Eigeninteresse – in Verbindung mit der Beklagten genauer zu prüfen. Der Beklagten kann daher von Klägerseite jetzt nicht vorgeworfen werden, sie habe ihn nicht ausführlich genug über die rentenrelevanten Angelegenheiten informiert.
Festzustellen bleibt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 SGB VI bei Rentenantragstellung am 03.06.2013 bzw. bei dem festgestellten Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung am 22.04.2013 eindeutig nicht mehr vorlagen. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt nur noch 11 Monate Pflichtbeitragszeiten, erforderlich gewesen wären 36 Monate.
Nach alledem ist der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 17.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2014 rechtmäßig ergangen und die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Rechtsmittelbelehrung auf §§ 143, 144 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved