S 10 KR 763/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 KR 763/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
Sprungrevision
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 10/13 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2011 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Der Streitwert wird auf 100,00 EUR festgesetzt.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erhebung einer Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR nebst Zinsen im Zusammenhang der im Auftrag der Beklagten erfolgten Prüfung der Krankenhausrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK).

Die bei der Beklagten versicherte Frau D. wurde am 03.02.2008 zur Entbindung nach mehr als 33-wöchiger Schwangerschaft in die Klinik der Klägerin aufgenommen, wo die Versicherte mittels Kaiserschnitt entbunden hatte. Letztlich wurde die Versicherte bis zum 25.02.2008 stationär behandelt. Die Krankenhausrechnung (vom 12.03.2008 i.H.v. 5.857,28 EUR) bezahlte die Beklagte umgehend vollständig, ordnete jedoch später ein Prüfung des MDK an, der jedoch ausdrücklich die Richtigkeit der Rechnungslegung bestätigt hatte.

Daraufhin stellte die Klägerin der Beklagten am 26.05.2009 eine weitere Rechnung über 100,00 EUR als sogenannte Aufwandspauschale aus, die die Beklagte zunächst ebenfalls umgehend zahlte. Allerdings nahm die Beklagte am 15.04.2011 eine Verrechnung dieser 100,00 EUR mit einer anderen - unstreitigen - Rechnung vor, da sie - gestützt auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (L 5 KR 184/09) - die Erhebung einer Aufwandspauschale in Fällen der stationären Aufnahme wegen Geburt eines Kindes für rechtswidrig hält.

Dementsprechend hat die Klägerin am 06. Dezember 2011 Klage auf Zahlung dieser Aufwandspauschale erhoben und dazu im wesentlichen geltend gemacht, dass es sich nicht um eine Entbindung im Sinne des § 197 Reichsversicherungsordnung (RVO) gehandelt hätte, sondern um eine "normale" Krankenhausbehandlung, so dass hier unabhängig davon, ob eine Aufwandspauschale nicht auch in den Fällen von stationären Schwangerschaftsbehandlungen zum Zuge kommt - ein Anspruch auf die Aufwandspauschale bestehe, weil die von der Beklagten eingeleitete Prüfung des MDK zu keiner Minderung des Rechnungsbetrages geführt habe. Im Übrigen müsse auch die stationäre Entbindung als Leistung der Krankenkasse bei Schwangerschaft den Regelungen einer "normalen" stationären Krankenhausbehandlung unterworfen werden. Die Aufnahme in der Reichsversicherungsordnung habe lediglich historische Gründe, weil früher damit dokumentiert werden sollte, dass es sich bei der Schwangerschaft nicht um eine Krankheit im engeren Sinne handele. Auch die Regelung, wonach Schwangere und Neugeborene für die Zeit der Aufnahme zur Entbindung keinen Anspruch auf Krankenhausbehandlung haben, solle nur verhindern, dass einer Schwangeren nicht zwei inhaltsgleiche Ansprüche gegenüber ihrer Krankenkasse zustehen; er regele jedoch nicht, dass die Aufnahme zur Entbindung keine stationäre Krankenhausbehandlung im Sinne des Fünften Buches Sozialgesetzbuch darstelle. Entsprechend sei der MDK - wie hier auch tatsächlich erfolgt - auch befugt, den stationären Krankenhausaufenthalt anlässlich einer Entbindung daraufhin zu überprüfen, ob er insbesondere zeitlich gerechtfertigt ist und seitens des Krankenhauses ordnungsgemäß abgerechnet wurde. Dies bedeute auch, dass die hier strittige Regelung des § 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) unter Berücksichtigung des vom Bundessozialgericht postulierten Gebots der Waffengleichheit zwischen den Parteien nicht nur zur Einhaltung der 6-Wochen-Frist, sondern auch - bei erfolgloser MDK-Prüfung - eine Pflicht zur Zahlung der Aufwandpauschale bestehe. Ansonsten wären Krankenhäuser einseitig benachteiligt. Dass es sich bei dem Aufenthalt um keine normale Entbindung gehandelt habe, zeige bereits die für eine Entbindung überlange Aufenthaltsdauer von insgesamt 22 Tagen. Damit gehe auch der Hinweis der Beklagten auf das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz an der Sache vorbei. Im Übrigen könne der Entscheidung auch dahingehend nicht gefolgt werden, weil der Wortlaut des § 275 Abs. 1 c SGB V nicht zwangsläufig eine Ausschlusswirkung bezüglich der Aufwandspauschale für Entbindungsfälle beinhaltet, so dass es einer gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung gar nicht bedürfe.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 100,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 15.04.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält sich dagegen für nicht verpflichtet, eine Aufwandspauschale zu zahlen, selbst wenn - was aber ausdrücklich bestritten wird - ein im Zusammenhang mit der Schwangerschaft stehender komplizierter Aufenthalt vorgelegen haben sollte. Im Einzelnen stützt sie sich dabei auf Entscheidungen des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, die aus dem Wortlaut der Regelung des § 275 Abs. 1 c SGB V die Möglichkeit einer erweiternden Auslegung ausdrücklich ablehnten. Tatsächlich handele es sich nach Ansicht der Beklagten bei einer zur Entbindung gedachten stationären Krankenhausaufnahme um keine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V, da es ansonsten einer, zumal nicht im SGB V, getroffenen Regelung gar nicht bedurft hätte. Sofern die Klägerin vortrage, dass gerade die vorliegende stationäre Aufnahme einer Schwangeren zur Entbindung die Voraussetzungen einer stationären Krankenhausbehandlung in besonderem Maße erfülle, da in diesen Fällen weit über das normale Maß hinausgehende ärztliche und pflegerische Leistungen zur Versorgung der Schwangeren wie des Neugeborenen erforderlich seien, sei dies irrelevant, da Schwangerschaft keine Krankheit sei und deshalb entsprechende stationäre Leistungen vom Gesetzgeber bewusst außerhalb des SGB V geregelt worden seien. Wenn deshalb Leistungen erbracht werden, welche überhaupt nicht auf den Vorschriften des SGB V beruhten, sei es auch konsequent die Bestimmung des § 275 Abs. 1 c SGB V nicht auf Leistungen nach der RVO anzuwenden; folgerichtig habe der Gesetzgeber die Krankenhausbehandlung nach § 275 Abs. 1 c SGB V auch explizit auf die nach § 39 SGB V gebotene Krankenhausbehandlung beschränkt. Schließlich habe es sich bei der während des hier vorliegenden Krankenhausaufenthaltes um eine gewöhnliche Entbindung mittels Kaiserschnitt gehandelt, selbst wenn es zu Problemen bzw. Komplikationen im Zusammenhang mit der Entbindung gekommen sein sollte.

Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und den medizinischen Einzelheiten des stationären Krankenhausaufenthaltes der Versicherten vom 03. bis 25.02.2008 wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Krankenhausakte der Klägerin und die hiesige Gerichtsakte verwiesen.

Im Übrigen haben sich die Beteiligten ausdrücklich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt sowie die Zulassung der Sprungrevision beantragt (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 26.11.2012 und des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 11.12.2012).

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter am 27.02.2013 entscheiden, weil die Beteiligten vorher mit Schriftsätzen vom 26.11. bzw. 11.12.2012 ihr ausdrückliches Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hatten (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Klage ist als reine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, da die Beteiligten sich nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüberstehen, so dass nicht mittels Verwaltungsaktes zu entscheiden ist und auch ein Vorverfahren nicht durchzuführen war (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R mit weiteren Nachweisen).

Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet, weil die Beklagte verpflichtet ist, eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2011 zu zahlen. Denn dadurch, dass die von der Beklagten beauftragte Prüfung des stationären Krankenhausaufenthaltes der Versicherten vom 03. bis 25.03.2008 nicht zu einer Minderung des von der Klägerin geltend gemachten Rechnungsbetrages geführt hat, war die Beklagte verpflichtet, die der Klägerin durch die Prüfung entstandenen Kosten durch Verwaltungsmehraufwand nach den gesetzlichen Bestimmungen pauschal in Höhe von 100,00 EUR zu vergüten.

Gemäß § 275 Abs. 1 c Satz 3 Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) - in der bis zum 24.03.2009 gültigen Fassung des Art. 1 Nr. 185 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG BGBl I 378) - hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR (ab dem 25.03.2009 in Höhe von 300,00 EUR gemäß Art. 1 Nr. 8 a Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 - Krankenhausfinanzierungsreformgesetz = KHRG - BGBl I 534) zu zahlen, wenn die vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) im Auftrag der Krankenkasse durchgeführte Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat. Dabei soll die Aufwandpauschale nach dem Regelungsansatz des GKV-WSG einen Anreiz dafür bieten, dass die nach Einschätzung des Gesetzgebers übermäßige Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) im Rahmen von Einzelfallprüfungen nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V zurückgedrängt wird; unnötige Bürokratie sowie zusätzlicher personeller und finanzieller Aufwand sollen auch dann vermieden werden, wenn keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleistet werden kann (Bundestagsdrucksache 16/3100 S 171 f). Demnach soll die Krankenkasse seit Einführung der Regelung (01.04.2007) dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale entrichten, wenn ihr Nachprüfungsauftrag nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Somit zielt die Regelung auf die Einschränkung von Prüfungen ab, die Krankenkassen ohne berechtigten Anlass oder gar missbräuchlich eingeleitet haben; nicht aber auf Verfahren, zu denen es nur durch ein Fehlverhalten des Krankenhauses gekommen ist (Krauskopf: Soziale Krankenversicherung / Pflegeversicherung, Kommentar, zu § 275 Rdz. 18).

Unter Anwendung des § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V in der bis zum 24.03.2009 gültigen Fassung steht der Klägerin die Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR zu, da es anlässlich der im Auftrag der Beklagten veranlassten Prüfung der stationären Behandlung der Versicherten vom 03. bis 25.02.2008 im von der Klägerin betriebenen Krankenhaus seitens des MDK nicht zu einer Rechnungskürzung gekommen war. Nicht nur dass die Beklagte die Rechnung über insgesamt 5.857,28 EUR umgehend vollständig ausgeglichen hatte, vielmehr hatte sie diese - auch nach Prüfung durch den MDK - nicht reduziert. Dementsprechend ist auch tatsächlich keine Rechnungskürzung erfolgt, weshalb die Klägerin Anspruch auf die Aufwandsentschädigung hat, die damals noch 100,00 EUR betrug.

Soweit die Beklagte, gestützt auf die Ausführungen des Sozialgerichts Koblenz im Urteil vom 05.08.2009 (S 6 KR 414/08), des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 19.08.2010 (L 5 KR 184/09), des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Urteil vom 29.11.2012 (L 5 KR 34/11) und - wenn auch in anderem Zusammenhang - das Landessozialgerichts für das Saarland im Urteil vom 01.03.2013 (L 2 KR 3/12 NZB) die Auffassung vertritt, dass § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V schon deshalb nicht auf stationäre Behandlungen in einem Krankenhaus wegen oder infolge Schwangerschaft anwendbar war/ist, weil es sich dabei gerade um keine "Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V" handele, scheint dies durch § 179 Satz 2 Reichsversicherungsordnung in der bis zum 29.10.2010 gültigen Fassung bestätigt zu werden. Denn danach hatten Schwangere wie Neugeborene für die Zeit der Aufnahme zur Entbindung keinen Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Dies erklärt sich jedoch allein aus der Tatsache, dass ursprünglich vom Gesetzgeber eine Schwangerschaft nicht als Krankheit definiert wurde und daher zu deren Behandlung auch keine "Krankenbehandlung" angezeigt war, sondern eine anderweitige Leistung der Krankenkasse darstellt, auch in Form stationärer Krankenhausbehandlung. Entsprechend diesem Verständnis wurde - trotz Einführung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20.12.2008 (BGBl I, S 2477) - die Regelungen der §§ 195 ff Reichsversicherungsordnung in der bis zum 20.10.2012 gültigen Fassung (künftig: RVO) beibehalten und erst Ende 2012 auch die - egal ob ambulanten oder stationären - Behandlungen "bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 11 Abs. 1 Nummer 1 SGB V in der ab dem 20.10.2012 gültigen Fassung)" in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch dahingehend integriert, dass sie als "normale" Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu betrachten sind. § 197 Satz 2 RVO machte insoweit Sinn, als damit verhindert wurde, dass einer Schwangeren bzw. einer gebärenden Mutter nicht zwei inhaltsgleiche Ansprüchen gegenüber ihrer Krankenkasse zustehen sollten.

Damit ist jedoch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht zwingend verbunden, dass der Gesetzgeber bewusst mit der Einführung des § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V die stationäre Krankenhausbehandlung wegen oder im Zusammenhang mit Schwangerschaft bzw. Mutterschaft nicht als Krankenhausbehandlung hatte ansehen wollen und insbesondere die Regelung zur Aufwandspauschale für solche stationären Krankenhausaufenthalte hätte ausnehmen wollen (anderer Auffassung: Sozialgericht Koblenz im Urteil vom 05.08.2009 - S 6 KR 414/08, Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 19.08.2010 - L 5 KR 184/09 und Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Urteil vom 29.11.2012 - L 5 KR 34/11).

Zwar hat der Gesetzgeber in § 275 Abs. 1 c Satz 1 SGB V geregelt, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung durch den MDK zeitnah durchzuführen ist und diese spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist (§ 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V). Während jedoch § 275 Abs. 1 c Satz 2 SGB V sich ausdrücklich auf den Satz 1 bezieht, fehlt es im Satz 3, der die Verpflichtung zur Zahlung einer Aufwandspauschale enthält, an einer solchen, sich im Wortlaut wiederfindenden Bezugnahme, so dass nicht "zwingend" davon ausgegangen werden kann, dass sich die Regelung über die Aufwandspauschale ebenfalls nur auf eine Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V bezieht.

Im Übrigen weist die Klägerin zur Recht darauf hin, dass auch eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Entbindung eine Krankenhausbehandlung darstellt, die im Rahmen des § 39 SGB V zu sehen ist. Denn unter § 39 Abs. 1 SGB V wird Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant durch ein nach §§ 107, 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus erbracht. Die Regelung dient - gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Ziffern 1 und 5 SGB V - damit nur der Abgrenzung zur ambulanter Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 SGB V und setzt nicht zwingend eine Leistung nach § 11 SGB V (in der bis zum 23.10.2012 gültigen Fassung) voraus. Während sich für eine "übliche" Krankenbehandlung der Anspruch auf Krankenhausbehandlung sich aus §§ 11, 27 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 5 in Verbindung mit § 39 SGB V ableitet, ergab sich dies - bis zum 30.10.2012 - aus § 197 Satz 3 RVO in Verbindung mit § 39 SGB V und § 21 Abs. 1 Nr. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - -Allgemeiner Teil des SGB – (SGB I), da eine Definition der Krankenhausbehandlung sich in der RVO nicht finden lässt.

Für diese Auslegung spricht auch § 21 Abs. 1 Nr. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil des SGB - (SGB I), wonach als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft ärztliche Betreuung, Hebammenhilfe, stationäre Entbindung, häusliche Pflege, Haushaltshilfe, Betriebshilfe für Landwirte und Mutterschaftsgeld in Anspruch genommen werden können. Unter Einbeziehung des bis zum 29.10.2012 gültigen § 195 Abs. 1 Nr. 3 RVO ergibt sich, dass die stationäre Behandlung auch im Falle der Schwangerschaft als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 39 SGB V anzusehen ist. Damit ist auch eine unmittelbare Anwendung des § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V bei stationären Behandlungen im Zusammenhang mit Schwangerschaften und Entbindungen angezeigt.

Zu dem gleichen Ergebnis führt auch die Tatsache, dass - was selbst zwischen den beiden Beteiligten unstreitig ist - § 275 Abs. 1 Satz 1 SGB V, der die Krankenkasse verpflichtet, in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie bei Auffälligkeiten der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Obwohl auch diese Regelung allein Gegenstand des SGB V ist, wird dessen Anwendung auch im Rahmen der stationären Behandlung von Schwangerschaft und Mutterschaft in einem (zugelassenen) Krankenhaus (nach § 195 Abs. 2 RVO) nicht in Abrede gestellt.

Erst recht wird man dieses Ergebnis - auch rückwirkend - als "Wille des Gesetzgebers" ansehen müssen, nachdem durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz, PNG vom 23.10.2012 - BGBl I S. 2246 ff) mit Wirkung ab dem Tag nach der Verkündung /Art. 16 Abs 1 des PNG) eine komplette Integration der Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch mit der Folge vorgenommen hat, dass die Regelungen der RVO zu Schwangerschaft und Mutterschaft (insbesondere der Zweite Abschnitt des Zweiten Buches RVO) vollständig aufgehoben wurden (Art. 7 PNG). Bezeichnenderweise wurde eine Änderung des § 39 SGB V dadurch nicht für notwendig erachtet, so dass daraus zwingend zu schließen ist, dass davon ausgegangen wurde, dass es sich auch bei der stationären Behandlung von Schwangerschaft und Mutterschaft in einem Krankenhaus um eine Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V gehandelt hatte, so dass diese bei der Integration in das SGB V auch keiner ergänzenden Regelung im § 39 SGB V bedurfte.

Sollte man dennoch zu der Einschätzung gelangen, dass es sich bei der ursprünglich nach § 197 Nr. 3 RVO durchgeführten stationären Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus nicht um eine "Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V" gehandelt hätte, ergäbe sich der Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachte Aufwandsentschädigung dennoch aus einer analogen Anwendung des § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V.

Denn der in § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V niedergelegte Rechtsgedanke, dass die Krankenkassen für von ihr im Rahmen von - unnötigen, weil nicht zur besseren Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung führenden - veranlassten Begutachtungen den Krankenhäusern entstandenen Kosten pauschal in Form einer Aufwandspauschale zu erstatten haben, trifft auch auf eine im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft notwendigen stationären Behandlung in einem Krankenhaus (sei nach § 179 Nr. 3 Reichsversicherungsordnung in der bis zum 23.10.2012 gültigen Fassung oder nach den § 11 Abs. 1 Nummer 1, § 17 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 4 Satz 1 und §§ 24 c - i SGB V in der ab dem 24.10.2012 gültigen Fassung) zu. Auch hier stellt sich das Problem, ob dem Krankenhaus für den Mehraufwand durch Heraussuchen und Übersendung der Behandlungsdaten an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen wegen einer, letztlich ungerechtfertigten weil nicht zur Herabsetzung der Krankenhausrechnung führenden Prüfung der Krankenkasse Kosten – diese etwa in pauschalierter Form - erstatten werden sollen. Angesichts der Tatsache identischer Sachverhalte und entgegen der Entscheidungen des Sozialgerichts Koblenz im Urteil vom 05.08.2009 (S 6 KR 414/08), des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 19.08.2010 (L 5 KR 184/09), des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Urteil vom 29.11.2012 (L 5 KR 34/11) - mangels eines eindeutigen entgegenstehenden Wortlautes/Willens des Gesetzgebers muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber, sei es, dass er eine ausdrückliche Regelung im Rahmen der RVO für nicht erforderlich hielt, weil er ohnehin die Anwendbarkeit des § 39 SGB V auch in Fällen stationärer Krankenhausbehandlung bei und im Zusammenhang von Schwangerschaft und Mutterschaft angenommen hatte (s.O.), oder sei es, dass er eine entsprechende Regelung/Verweisung im Rahmen der - ohnehin zur Aufhebung vorgesehenen Vorschriften - der RVO einfach vergessen hatte.

Angesichts dieses Ergebnisses kommt es nicht mehr darauf an, ob der hier strittige konkrete stationäre Krankenhausaufenthalt der Versicherten vom 03. bis 25.02.2008 ohnehin nicht aufgrund der zeitlichen Dimension (ca. drei Wochen stationärer Aufenthalt), der aufgetretenen Komplikationen den Rahmen eines "normalen" stationären Krankenhaus-Aufenthaltes zur "Behandlung von Schwangerschaft und Mutterschaft" überstiegen hat, weil - etwa durch Komplikationen oder durch das Auftreten sonstiger Gesundheitsstörungen - zusätzliche stationäre Behandlungen notwendig wurden. Ob es in diesen Fällen überhaupt gerechtfertigt ist, den gesamten Krankenhausaufenthalt von der Regelung des § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V auszunehmen, oder zwischen der reinen Behandlung wegen Schwangerschaft/Mutterschaft einerseits und der "normalen" Krankenbehandlung andererseits zu unterscheiden wäre (was sicherlich mit erheblichem Aufwand aller Beteiligten verbunden wäre und möglicherweise auch gar nicht genau abzugrenzen sein könnte), braucht angesichts des oben skizzierten Ergebnisses nicht weiter erörtert werden. Immerhin hat das Landessozialgericht für das Saarland im Urteil vom 01.03.2013 (L 2 KR 3/12 NZB) entschieden, dass auch beim Auftreten von Komplikationen (dort ging es um die Behandlung des sogenannten "Kindbettfiebers") sich die stationäre Behandlung, selbst wenn diese auch noch nach Ablauf von sechs Tagen erforderlich gewesen war, allein nach den §§ 196, 197 RVO und nicht nach § 39 SGB V richtet.

Da dem Kläger anlässlich der Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, die nicht zu einer Herabsetzung des Rechnungsbetrages geführt hatte, ein Mehraufwand entstanden war, steht ihm nach § 275 Abs. 1 c Satz 3 SGB V - in der bis zum 25.03.2009 gültigen Fassung - eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100,00 EUR zu. Der - zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht strittige - Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit dem gültigen Vertrag (30-tägige Zahlungsfrist). Der Klage war daher in vollem Umfang statt zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, weil keiner der Beteiligten zu den nach § 183 SGG privilegierten Personengruppen gehört.

Die Sprungrevision wurde zugelassen, da einerseits beide Beteiligten dies ausdrücklich beantragt haben und andererseits die hier zu entscheidende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat und schließlich mit der Entscheidung von Urteilen verschiedener Landessozialgerichte abgewichen wird, so dass eine einheitliche Rechtsprechung erzielt werden kann (§ 161 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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