S 3 KA 173/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 173/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. 3. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt ein höheres Honorar für die Quartale 2/2011 bis 4/2011. Dabei streiten die Beteiligten vor allem darüber, ob für die klägerische Praxis Besonderheiten wegen der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen anzuerkennen sind. Der Kläger nimmt seit dem Quartal 1/2009 als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten teil. Er war zunächst in Berufsausübungsgemeinschaft und in den streitbefangenen Quartalen mit einer angestellten Ärztin im Rahmen einer Praxisgemeinschaft tätig. Seit dem Quartal 1/2012 ist er wieder in Berufsausübungsgemeinschaft tätig. In den streitbefangenen Quartalen erbrachte der Kläger jeweils Leistungen nach den Nrn. 18331 (Zusatzpauschale Diagnostik und/oder Behandlung von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule bei Jugendlichen und bei Erwachsenen); 30712 (Anleitung des Patienten zur Selbstanwendung der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS)); 30721 (Sympathikusblockade (Injektion) am zervikalen Grenzstrang); 30722 (Sympathikusblockade (Injektion) am thorakalen oder lumbalen Grenzstrang); 30724 (Analgesie eines oder mehrerer Spinalnerven und der Rami communicantes an den Foramina intervertebralia); 30731 (Plexusanalgesie (Plexus zervikalis, brachialis, axilaris, lumbalis, lumbosakralis), Spinal- oder Periduralanalgesie (auch kaudal), einseitig oder mittels Katheter (auch als Voraussetzung zur Applikation zytostatischer, antiphlogistischer oder immunsuppressiver Substanzen) und 34221 EBM (Röntgenaufnahmen von Teilen der Wirbelsäule). Hinsichtlich der Häufigkeit, mit der diese Leistungen sowohl vom Kläger als auch im Durchschnitt seiner Arztgruppe im Bezirk der Beklagten jeweils erbracht wurden, wird auf das Schreiben der Beklagten vom 14. Mai 2013 (Teil 1 Bl. 14 ff. der Verwaltungsakte) Bezug genommen. Die Beklagte legte der Honorarfestsetzung für die streitbefangenen Quartale den mit den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen vereinbarten Verteilungsmaßstab vom 23. April 2010 in der Fassung des 4. Nachtrags vom 15. März 2011 (im Folgenden: VM aF) zugrunde. Danach wurde jeder Arztpraxis ein quartalsbezogenes Regelleistungsvolumen (RLV) zugewiesen, das je Arzt anhand seiner RLV–Fallzahl aus dem Vorjahresquartal ermittelt wurde. Gegebenenfalls wurde ein oder wurden mehrere quartalsbezogene qualitätsgebundene Zusatzvolumen (QZV) zusätzlich zugewiesen. Nur die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen, die innerhalb des RLV und etwaiger QZV blieben, wurden mit den Preisen der jeweils gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet. Darüber hinausgehende Leistungen wurden zu einem abgestaffelten Preis ("quotiert") vergütet. In Fällen von Praxisbesonderheiten konnte die Beklagte das RLV auf Antrag gemäß den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses und nach Genehmigung anpassen; über die Genehmigung entschied die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Beklagte setzte mit Bescheiden vom 21. November 2011, 21. Februar 2012 und 29. Mai 2012 für die vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers unter dem RLV und den QZV ein Honorar in Höhe von 68.054,67 Euro (Quartal 2/2011), 58.051,21 Euro (Quartal 3/2011) bzw. 69.448,18 Euro (Quartal 4/2011) fest. Dabei wurden Leistungen unter dem QZV "Teilradiologie Orthopäden" vergütet, das der klägerischen Praxis in den streitbefangenen Quartalen durchgehend zugewiesen war. Der Kläger legte Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2/2011 ein und beantragte jedenfalls mit Schreiben vom 26. Juni 2012 auch eine RLV-Anpassung wegen Praxisbesonderheiten. Mit Schreiben vom 24. September 2012 erweiterte die Berufsausübungsgemeinschaft, in der der Kläger inzwischen tätig war, den "für Herrn R. bereits gestellten Härtefallantrag" unter anderem auf die Quartale 3/2011 und 4/2011. Der Kläger versorge aufgrund seiner Spezialisierung überdurchschnittlich viele Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen. Er erbringe Leistungen nach den Nrn. 18331 und 34221 EBM im Umfang von jeweils deutlich mehr als 120 Prozent des Fachgruppendurchschnitts. Leistungen nach den Nrn. 30712 und 30722 EBM setze er eher selten ein, das sei zur Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen auch nicht üblich. Leistungen nach Nr. 30731 rechne er mindestens im durchschnittlichen Umfang ab. Leistungen nach den Nrn. 30721 und 30724 EBM erbringe er wiederum überdurchschnittlich häufig. Selbst wenn man die Grundpauschalen außer Acht lasse, würden seine zur Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen erbrachten Leistungen insgesamt 26,52 Prozent des Gesamtumsatzes der klägerischen Praxis im Quartal 2/2011 ausmachen. Für die Folgequartale möge man ihm die aufbereiteten Daten zur Verfügung stellen. Mit Bescheid vom 10. April 2013 lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Anpassung des RLV wegen Praxisbesonderheiten für die Quartale 2/2011 bis 1/2012 ab. Es sei zwar festzustellen, dass er Leistungen nach den Nrn. 18331 und 34221 EBM überdurchschnittlich häufig erbringe. Diese Leistungen würden aber im Verhältnis zu seinem Gesamtleistungsbedarf keinen ausreichend großen Anteil darstellen. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und bat erneut um Mitteilung, aufgrund welcher Zahlen man den Anteil des Spezialisierungsbereichs am Gesamtumsatz errechnet habe. Im erwähnten Schreiben vom 14. Mai 2013 erläuterte die Beklagte ihre Berechnung und teilte mit, eine Praxisbesonderheit erst anzunehmen, wenn die besonderen Leistungen 20 Prozent des Gesamtleistungsbedarfs ausmachen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2013 wies sie den Widerspruch zurück. Bei der Prüfung einer Praxisbesonderheit seien lediglich diejenigen Leistungen in den Blick zu nehmen, die jeweils für sich genommen häufiger erbracht würden als im Fachgruppendurchschnitt. Der Kläger erbringe die schmerztherapeutischen Leistungen aber bei isolierter Betrachtung nicht überdurchschnittlich häufig. Der Widerspruchsbescheid wurde nicht vor dem 22. August 2013 zur Post gegeben. Mit seiner am 17. September 2013 erhobenen Klage, die zunächst auch die Quartale 1/2012, 3/2012 und 4/2012 betroffen hat, verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Aufgrund des Trennungsbeschlusses vom 9. Mai 2014 bildet das auf die Anerkennung von Praxisbesonderheiten gerichtete klägerische Begehr für das Quartal 1/2012 bzw. die Quartale 3/2012 und 4/2012 nunmehr den Gegenstand der Klagen S 3 KA 65/14 und S 3 KA 66/14. Der Kläger ist der Auffassung, zur Prüfung einer Praxisbesonderheit seien im Wege einer Gesamtbetrachtung sämtliche Leistungen in den Blick zu nehmen, die dem speziellen Versorgungsbereich zuzuordnen seien. Das umfasse bei ihm alle Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen, die er bereits im Widerspruchsverfahren aufgeführt habe. Sollte die Beklagte seine individuellen Abrechnungen mit den durchschnittlichen Abrechnungen pro Honorareinheit verglichen haben, sei dies ebenfalls fehlerhaft; richtigerweise müsse auf den Durchschnittswert pro Arzt abgestellt werden. Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2013 aufzuheben, soweit er die Quartale 2/2011 bis 4/2011 betrifft, und die Beklagte zu verpflichten, die Honoraranforderungen des Klägers für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält an ihren Bescheiden fest und ergänzt, letztlich könne dahin stehen, welchen Anteil die vom Kläger herausgestellten Leistungen an seiner Gesamthonoraranforderung hätten. Es handele sich ausnahmslos um fachgruppentypische Leistungen, mit denen eine Praxisbesonderheit nicht begründet werden könne. Die Leistungen würden auch in keinem versorgungsrelevanten Zusammenhang stehen. Auf die Morbidität der Patienten könne nicht abgestellt werden, entscheidend seien die erbrachten Leistungen. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn die vertragsärztliche Versorgung von Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen nicht sichergestellt sei. Sicherstellungsaspekte seien hier jedoch nicht berührt. Die Beklagte hat klargestellt, sie habe von Anbeginn des Verwaltungsverfahrens an die Häufigkeit der klägerischen Leistungen mit der Häufigkeit der entsprechenden Leistungen verglichen, die pro Arzt in seiner Arztgruppe erbracht worden seien. Der Kläger hat erwidert, der Großteil der von ihm zur Behandlung von Wirbelsäulen-beschwerden abgerechneten Leistungen sei gerade nicht fachgruppentypisch; diese Leistungen würden nur von wenigen orthopädischen Praxen erbracht. Gegenüber seinen überdurchschnittlich vielen Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen erbringe er naturgemäß auch die orthopädischen Grundleistungen, was alleine zum "Mehr" dieser Leistungen führe. Das Gericht hat den Verwaltungsvorgang beigezogen. Die mündliche Verhandlung hat am 19. Juli 2017 stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Neubescheidungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 10. April 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2013 ist, soweit er den Gegenstand dieser Klage bildet, rechtmäßig, so dass der Kläger durch ihn nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert ist. Der Bescheid, dem in formeller Hinsicht keine Bedenken begegnen, ist auch materiell rechtmäßig. Im Ergebnis zutreffend lehnte die Beklagte eine RLV-Anpassung wegen Praxisbesonderheiten in den streitbefangenen Quartalen ab. 1. Der Kläger könnte den geltend gemachten Anspruch allein auf § 8 Abs. 1, 3. Spiegelstrich iVm Abs. 2 Satz 2 VM aF stützen. Diese Vorschrift war mit höherrangigen Recht vereinbar. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte von Fall zu Fall im Ermessenswege über die Anerkennung von Praxisbesonderheiten zu entscheiden hatte, ohne dass der VM aF dazu über die Anknüpfung an die Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses hinaus Vorgaben enthielt. Der Bewertungsausschuss hatte es den Partnern der Gesamtverträge überlassen, die Praxisbesonderheiten zu regeln (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.7 Satz 1 des Beschlusses vom 26. März 2010, der mit Wirkung zum 1. Juli 2010 galt) und sich über das Verfahren der Umsetzung zu einigen (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.7 Satz 3 des Beschlusses vom 26. März 2010). Diese Ermächtigungsgrundlage deckte es auch ab, die Beklagte zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten im Einzelfall zu ermächtigen (siehe dazu, dass die Vertragspartner den Vorstand der betroffenen Kassenärztlichen Vereinigung zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen ermächtigen können, BSG Urt. v. Urt. v. 3. März 1999, B 6 KA 15/98 R, juris-Rn. 35; Urt. v. 3. Febr. 2010, B 6 KA 1/09 R, juris-Rn. 27; Urt. v. 29. Juni 2011, B 6 KA 20/10 R, juris-Rn. 18). Ebenso wenig begegnet es rechtlichen Bedenken, dass es letztlich der Beklagten überlassen blieb, in welchem Umfang sie bei anerkannten Praxisbesonderheiten eine RLV-Anpassung vornahm. Den Vertragspartnern, die schon nicht alle denkbaren atypischen Versorgungssituationen vorab erfassen konnten, wäre es noch weniger möglich gewesen, deren honorarmäßige Behandlung abstrakt-generell zu regeln. 2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 1, 3. Spiegelstrich iVm Abs. 2 Satz 2 VM aF waren nicht erfüllt, weil in den streitbefangenen Quartalen keine Praxisbesonderheit iSd Vorgaben des Bewertungsausschusses vorlag. a. Nach Überzeugung der Kammer kommen als besondere Leistungen in der klägerischen Praxis allenfalls diejenigen nach den Nrn. 30712, 30721, 30722, 30724 und 30731 EBM in Betracht. aa. Der Bewertungsausschuss hatte die regionalen Vertragspartner, die diese Ermächtigung wie ausgeführt auf die Beklagte übertrugen durften, nur zur Berücksichtigung von Be-sonderheiten ermächtigt, die sich aus einem besonderen Versorgungauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.7 Satz 2 des Beschlusses vom 26. März 2010). Die Beklagte konnte demnach nur die RLV-Überschreitungen berücksichtigen, die gerade auf besonderen, versorgungsrelevanten Leistungen beruhten. Dabei wird es sich in aller Regel um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Quali-fikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern (BSG, Urt. v. 29. Juni 2011, B 6 KA 17/10 R, juris-Rn. 22). Praxisbesonderheiten sind mithin atypische Umstände, die eine ermessensgeleitete Härtefallentscheidung in Abweichung von den generellen Verteilungsregelungen auslösen (BSG, Urt. v. 22. Juni 2005, B 6 KA 80/03 R, juris-Rn. 47). bb. Gemessen an diesem Maßstab handelt es sich bei den vom Kläger angeforderten Leistungen nach Nr. 18331 EBM nicht um Spezialleistungen. Diese orthopädische Zusatzpauschale kann nicht arztgruppenübergreifend berechnet werden, sondern ausschließlich von Fachärzten für Orthopädie und Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie. Sie zählt zum durchschnittlichen Leistungsspektrum jeder orthopädischen Praxis, ebenso wie die übrigen orthopädischen Zusatzpauschalen und die orthopädische Grundpauschale. Dass der Kläger die Zusatzpauschale nach Nr. 18331 EBM in den Quartalen 2/2011 und 3/2011 überdurchschnittlich häufig anforderte, nämlich 327-mal bzw. 314-mal gegenüber einem Arztgruppendurchschnitt von 303-mal bzw. 299-mal, begründet keine versorgungsrelevante Besonderheit. Hierfür genügt es nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen (BSG, Urt. v. 29. Juni 2011, B 6 KA 17/10 R, juris-Rn. 22). Im Quartal 4/2011 forderte der Kläger die Pauschale im Übrigen seltener an als der Arztgruppendurchschnitt (241-mal gegenüber 289-mal). cc. Ebenso wenig können die radiologischen Leistungen nach Nr. 34221 hier als Spezialleistungen des Klägers angesehen werden. Röntgenaufnahmen von Teilen der Wirbelsäule sind zwar arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation in Form einer Genehmigung der Beklagten zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der radiologischen Diagnostik sowie eine entsprechende Praxisausstattung erfordern. Der Kläger konnte sie aber bereits unter seinen QZV abrechnen und QZV-Leistungen können in aller Regel nicht zusätzlich zur Begründung einer Praxisbesonderheit herangezogen werden. (1) Der Bewertungsausschuss hatte bestimmte QZV vorgesehen (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 2.1 Absatz 2 Satz 1 iVm Anlage 3 des Beschlusses vom 26. März 2010), die regionalen Vertragspartner aber gleichzeitig ermächtigt, die Vorgaben zu modifizieren und insbesondere QZV für weitere Arztgruppen und Leistungen zu vereinbaren (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 2.1 Absatz 2 Satz 2 und die gleichlautende Ziff. 3.3 Abs. 3 des Beschlusses vom 26. März 2010). Die Beklagte und die Krankenkassen(Verbände) in ihrem Bezirk machten von dieser Ermächtigung Gebrauch und übertrugen die Ausgestaltung der QZV auf die Beklagte (vgl. § 4 Abs. 7 Satz 1, 5. Spiegelstrich VM aF), was rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hatte ihre Regelung in entsprechenden QZV-Listen zu veröffentlichen (vgl. § 4 Abs. 7 Satz 2 VM aF). (2) Im Bezirk der Beklagten existierte in allen streitbefangenen Quartalen für Orthopäden, wie für weitere Arztgruppen, das QZV "Teilradiologie", das unter anderem Leistungen nach Nr. 34221 EBM umfasste (vgl. § 7 Abs. 2 und 3 der Anlage 1 zum VM aF iVm mit der QZV-Liste der Beklagten für das Quartal 2/2011, die im Quartal 3/2011 fortgalt, bzw. iVm der insoweit unveränderten QZV-Liste für das Quartal 4/2011). Das QZV "Teilradiologie Orthopäden" war der klägerischen Praxis auch in allen streitbefangenen Quartalen zugewiesen; unter ihm wurden die erbrachten Leistungen nach Nr. 34221 durchgehend abgerechnet und dem Kläger nach Maßgabe der Abrechnungsbestimmungen vergütet. (3) Nach Überzeugung der Kammer war es damit unter der RLV-/QZV-Systematik ausgeschlossen, diese Leistungen zugunsten des Klägers auch noch als Praxisbesonderheit zu qualifizieren. Die QZV waren gerade für qualifikationsgebundene Leistungen gedacht. In ihnen wurden Leistungen abgebildet, deren Erbringung qualifikationsgebundene Voraussetzungen hatte, die über die Arztgruppenzugehörigkeit hinausgehen konnten. Sie wurden deswegen nur Vertragsärzten zugewiesen, die über die leitungsspezifischen Qualifikationsnachweise verfügten (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.3 Abs. 1 Satz 2, 2. Spiegelstrich des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010) und mindestens eine Leistung des betroffenen QZV im jeweiligen Vorjahresquartal erbracht hatten (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.3 Abs. 1 Satz 2, 1. Spiegelstrich des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010). Die Versorgung mit den QZV-Leistungen musste zudem – vorbehaltlich abweichender regionaler Vereinbarungen insbesondere für neue Praxen – aus Sicherstellungsgründen notwendig sein (vgl. Teil F Abschnitt I Ziff. 3.3 Abs. 1 Satz 2, 3. Spiegelstrich des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010). Leistungen, für die QZV gebildet worden waren, ähnelten mithin sowohl hinsichtlich ihrer Versorgungsrelevanz als auch der (Zusatz-)Qualifikation der Leistungserbringer stark den speziellen Leistungen im Sinne einer Praxisbesonderheit. Sie würden zweifach berücksichtigt, wenn man mit ihrer Hilfe eine RLV-Anpassung wegen Praxisbesonderheiten begründen wollte. Das gilt jedenfalls bei Ärzten, die wie der Kläger die Leistungen nach Nr. 34221 EBM unter den zugewiesenen QZV abrechneten. Eine solche doppelte Berücksichtigung wäre nicht mit der RLV-/QZV-Systematik vereinbar. Die mit Wirkung zum 1. Juli 2010 eingeführten QZV waren ebenso wie die bereits zuvor eingeführten RLV zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit gedacht (vgl. Teil F Abschnitt I. Ziff. 1.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010). Sie wurden arztbezogen berechnet und sodann praxisbezogen zugewiesen (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 1.3.2 des Beschlusses vom 26. März 2010). Ihre Höhe fußte auf den Fallzahlen des entsprechenden Quartals in 2008. Fallzahlsteigerungen verhalfen grundsätzlich zu höheren RLV bzw. QZV, allerdings erst im entsprechenden Quartal des Folgejahres. Das QZV "Teilradiologie Orthopäden" war auch fallbezogen berechnet worden (vgl. die QZV-Listen der Beklagten für 2/2011, die im Quartal 3/2011 fortgalt, und für 4/2011). Da die Beklagte, wie gerichtsbekannt ist, im interessierenden Zeitraum von keinen Steuerungsmaßnahmen nach § 2 VM aF Gebrauch machte, zogen etwaige Fallzahlsteigerungen in der klägerischen Praxis in den streitbefangenen Quartalen ein höheres QZV "Teilradiologie Orthopäden" in den Quartalen 2/2012 bis 4/2012 nach sich. Diese Mechanik, insbesondere die erst zeitversetzte Auswirkung von Fallzahlsteigerungen, würde gestört, wenn man mit den nämlichen Leistungen zusätzlich eine RLV-Anpassung wegen Praxisbesonderheiten begründen wollte (vgl. bezogen auf Quartale vor Einführung der QZV bereits LSG Hamburg, Urt. v. 7. Okt. 2015, L 5 KA 50/14, juris-Rn. 22, wonach Leistungen, deren Vergütung außerhalb des RLV erfolgt, für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit irrelevant sind). dd. Die Leistungen nach den Nrn. 30712, 30721, 30722, 30724 und 30731 EBM kommen nach Überzeugung der Kammer hingegen als besondere Leistungen in Betracht. Es handelt sich um arztgruppenübergreifende spezifische Leistungen im Rahmen der schmerztherapeutischen Behandlung. Zwar hatte der Bewertungsausschuss hierfür das QZV "schmerztherapeutische spezielle Versorgung" unter anderem für Fachärzte für Orthopädie vorgesehen (vgl. Anlage 3 zum Beschluss vom 26. März 2010). Im Bezirk der Beklagten war dieses QZV – was rechtlich nicht zu beanstanden ist – indes nur für Anästhesisten, Chirurgen, Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin sowie Neurochirurgen vorgesehen, nicht für Orthopäden. Dem Kläger war es folgerichtig auch nicht zugewiesen worden. Da er die schmerztherapeutischen Leistungen (nur) unter dem zugewiesenen RLV abrechnen konnte, währende Angehörige anderer Arztgruppen hierfür QZV zugewiesen bekommen hatten, spricht aus Sicht der Kammer viel dafür, diese als spezielle Leistungen des Klägers anzusehen. b. Letztlich kann dahin stehen, ob die schmertherapeutischen Leistungen als besondere Leistungen des Klägers gelten. Ihr Anteil am budgetierten Leistungsgeschehen der klägerischen Praxis war nicht so signifikant, dass sie in den streitbefangenen Quartalen als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen waren. aa. Der Bewertungsausschuss hatte den regionalen Vertragspartnern ab dem Quartal 3/2010 kein bestimmtes Verhältnis der besonderen Leistungen zu den insgesamt erbrachten Leistungen mehr vorgegeben (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 3.7 Satz 2 des Beschlusses vom 26. März 2010), anders als zuvor, als grundsätzlich nur Leistungen als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden konnten, die zu einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallwerts der Arztgruppe um mindestens 30 Prozent geführt hatten (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 3.6 Satz 1 des Beschlusses vom 27./28. August 2008). Vielmehr blieb den regionalen Vertragspartnern die Regelung der Praxisbesonderheiten überlassen (vgl. Teil F Abschnitt 1 Ziff. 3.7 Satz 1 des Beschlusses vom 26. März 2010) und damit auch die Festlegung, in welchem Verhältnis die im speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte zur Gesamtpunktzahl stehen musste. Der VM aF enthielt hierzu keine ausdrückliche Regelung. Dass die Beklagte die Grenze bei 20 Prozent des Gesamtleistungsbedarfs ansetzte, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Mit der Anerkennung einer Praxisbesonderheit wird die Deckung eines besonderen Versorgungsbedarfs berücksichtigt, der zu einer Verengung des Leistungsspektrums infolge einer Spezialisierung geführt hat (BSG, Urt. v. 29. Juni 2011, B 6 KA 17/10 R, juris-Rn. 23; Beschl. v. 28. Aug. 2013, B 6 KA 24/13 B, juris-Rn. 4, auch zum Folgenden). Eine solche Praxisausrichtung, bei der nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die am Durchschnitt orientierte Fallpunktzahl das Leistungsgeschehen adäquat abbildet, kann nur bei einer überdurchschnittlichen Konzentration auf einen speziellen Leistungsbereich vorliegen. Ist der Anteil der in einem speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl besonders hoch, erlaubt dies Rückschlüsse auf einen besonderen Versorgungsbedarf. Als überdurchschnittlich in diesem Sinne ist ein Anteil der Spezialleistungen von mindestens 20 Prozent anzusehen (vgl. BSG, Urt. v. 29. Juni 2011, B 6 KA 17/10 R, juris-Rn. 23; Beschl. v. 28. August 2013, B 6 KA 24/13 B, juris-Rn. 4). bb. Die in der klägerischen Praxis erbrachten schmerztherapeutischen Leistungen bleiben dahinter zurück. Gemessen an den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung entsprachen die Leistungen nach den Nrn. 30712, 30721, 30722, 30724 und 30731 EBM selbst in ihrer Summe lediglich 16 Prozent (Quartal 2/2011) bzw. 13 Prozent (Quartal 3/2011 und 4/2011) der gesamten Honoraranforderung des Klägers für seine RLV-bezogene vertragsärztliche Tätigkeit. cc. Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, wegen eines Versorgungszusammenhangs seien die angeforderten Zusatzpauschalen und Leistungen für die radiologischen Untersuchungen zu den speziellen schmerztherapeutischen Leistungen zu addieren, um so einen Anteil von mindestens 20 Prozent zu erreichen. Eine derartige Addition ist hier schon deswegen ausgeschlossen, weil es sich wie ausgeführt bei den Leistungen nach Nr. 18331 EBM nicht um spezielle, sondern typische orthopädische Leistungen handelt und die Leistungen nach Nr. 34221 EBM bereits unter dem zugewiesenen QZV erfasst waren. Im Übrigen standen die vom Kläger angeführten Leistungen nicht notwendig in einem versorgungsrelevanten Zusammenhang. Obgleich sie bei der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen häufig nebeneinander zur Anwendung gelangen können, bilden sie nicht zwangsläufig eine Einheit. Das zeigt sich schon daran, dass der Kläger die Zusatzpauschale nach Nr. 18331 EBM häufiger anforderte als die gegenüber seinen Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen jeweils am häufigsten erbrachte schmerztherapeutische Leistung, das war in jedem der streitbefangenen Quartale die Leistung nach Nr. 30724 EBM. II. Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, 3. Teilsatz SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, 1. Teilsatz SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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