Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 190/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 945/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RE 3/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. September 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die Beschäftigung der Klägerin bei dem Beigeladenen ab 1. April 2011.
Die im September 1968 geborene Klägerin ist Volljuristin, seit 9. Februar 2000 zugelassene Rechtsanwältin, Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seit 8. März 2000 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg. Sie war vom 1. Juni 1998 bis 31. März 2011 bei der Gesellschaft für W mbH (GmbH) in S als Justitiarin beschäftigt.
Am 7. Mai 2004 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beantragt. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 befreite die Beklagte die Klägerin von der Beklagten mWv 5. Mai 2004 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – GRV – (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der GRV ("Beginn des Beschäftigungsverhältnisses 1. Juni 1998"; Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer: 1. April 2000; "Art der berufsständischen Beschäftigung bzw Tätigkeit: Rechtsanwältin"). Der Bescheid enthält ferner den Hinweis, die Befreiung sei nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen.
Im Anschluss an ihre Tätigkeit bei der GmbH wurde die Klägerin ab 1. April 2011 bei dem Beigeladenen (konkret im Landesamt für Umwelt Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg) - zunächst befristet bis zum 31. März 2014 - als Vollzeitbeschäftigte (Referentin für Rechtsangelegenheiten) eingestellt; auf den Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2011, der auf die anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder Bezug nimmt, wird verwiesen. Mit Schreiben vom 7. Februar 2014, bei der Beklagten eingegangen am 11. Februar 2014, bat die Klägerin um Auskunft darüber, ob die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV vom 5. Mai 2004 sich auch nach Entfristung mWv 1. April 2014 weiterhin auf diese Tätigkeit erstrecke. Sie gehe davon aus, dass der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 auch für ihre Tätigkeit als Referentin gelte und bitte deshalb um dahingehende Feststellung, hilfsweise sei ihr Schreiben vom 7. Februar 2014 als neuer Antrag zu werten (Schreiben vom 12. August 2014)
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2014 lehnte die Beklagte "den Antrag der Klägerin vom 11. Februar 2014 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin am 1. April 2011 aufgenommene und ab 1. April 2014 entfristete Beschäftigung als Referentin für Rechtsangelegenheiten" ab. Die Klägerin sei zwar aufgrund ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und zugleich des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte, diese Pflichtmitgliedschaft bestehe jedoch nicht wegen ihrer Beschäftigung als Referentin im Landesamt. Die Klägerin sei nicht als Rechtsanwältin beim Landesamt beschäftigt, denn Personen, die als ständige Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stünden (sog Syndikusanwälte), seien in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwälte tätig. Für die Ausübung derartiger Beschäftigungen sei daher eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht möglich. Auch komme eine Erstreckung der vormalig erteilten Befreiung für die Tätigkeit bei der GmbH gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die nunmehrige Tätigkeit der Klägerin als Referentin nicht in Betracht, weil für diese Tätigkeit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen und weil die Klägerin den Befreiungsantrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der zeitlich befristeten Tätigkeit beim Landesamt gestellt habe. Aufgrund der verspäteten Antragstellung seien unter Beachtung von § 6 Abs. 4 SGB VI Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Der Widerspruch der Klägerin hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. März 2015), ebenso die Klage bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus, mit der die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt hat, für die seit 1. April 2011 ausgeübte Beschäftigung von der GRV befreit zu sein (Urteil vom 19. September 2016). Das SG meinte, es fehle bereits an einem Befreiungsantrag für die in Rede stehende Beschäftigung. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr dahingehend konkretisiertes Begehren weiter, festzustellen, dass sie in der Beschäftigung bei dem Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV befreit ist, hilfsweise die erteilte Befreiung hierauf zu erstrecken.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. September 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 zu ändern und festzustellen, dass sie in der bei dem Beigeladenen für die Zeit ab 1. April 2011 ausgeübten Beschäftigung durch den Bescheid vom 25. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht befreit ist, hilfsweise, die ihr seinerzeit erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht auf diese Beschäftigung bis zum Befristungsende am 31. März 2014 zu erstrecken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
Streitgegenstand war nach dem sinngemäß auszulegenden Vorbringen der Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Feststellungsbegehren, dass sie aufgrund der mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 verlautbarten Befreiung von der GRV auch in der Beschäftigung bei dem Beigeladenen ab 1. April 2011 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit sei, ferner hilfsweise die Erstreckung dieser Befreiungsentscheidung auf die genannte Beschäftigung. Demgemäß war und ist in Ansehung der Klagebegründung das in der Klageschrift vom 8. April 2015 formulierte Feststellungsbegehren zu verstehen und entsprechend hatte die Beklagte (neben der Ablehnung eines Antrages auf Befreiung von der GRV) auch eine überprüfbare ablehnende Verwaltungsentscheidung im angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 getroffen. Die so verstandene Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Darüber hinaus ist das prozessuale Begehren über die vom SG vorgenommene Eingrenzung des Streitgegenstandes hinaus dahingehend auszulegen, dass die Klägerin hilfsweise eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstreckung der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die ab 1. April 2011 bei dem Beigeladenen ausgeübte Beschäftigung bis zum Ende der Befristung am 31. März 2014 begehrt; insoweit ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Auch über die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ist vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 5/10 R = SozR 4-2600 § 231 Nr 5 – Rn 15).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die von der Klägerin seit 1. April 2011 ausgeübte abhängige Beschäftigung bei dem Beigeladenen unterliegt der Versicherungspflicht in der GRV gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Die Klägerin wurde insoweit auch nicht durch den Bescheid vom 25. Oktober 2004 von der Versicherungsplicht befreit. In dem genannten bestandskräftigen Bescheid ist für die Beteiligten und das Gericht bindend (vgl § 77 SGG) geregelt, dass die Klägerin in ihrer Beschäftigung als Justitiarin bei der GmbH von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Diese Regelungswirkung des Bescheides ist in der Folgezeit durch Wechsel des Arbeitgebers ab dem 1. April 2011 entfallen. Denn der Bescheid vom 25. Oktober 2004 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der eine die Beteiligten bindende bestandskräftige Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin regelte, so lange und soweit die Klägerin eine Beschäftigung bei der GmbH ausübte.
Die in § 77 SGG geregelte Bindungswirkung eines Verwaltungsakts bestimmt sich nach den in seinen Verfügungssätzen getroffenen Regelungen (vgl BSG, Urteil vom 20. Juni 1984, Az 7 RAr 91/83 = SozR 4100 § 112 Nr 23 mwN; Urteil vom 28. Juni 1990, Az 7 RAr 22/90 = SozR 3-4100 § 137 Nr 1; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013, - B 12 AL 2/11 R = SozR 4-2400 § 27 Nr 5). Maßstab für die Inhaltsbestimmung dieser Regelungen ist - wie generell bei Willenserklärungen (vgl §§ 133, 157 Bürgerlichen Gesetzbuch – BGB -) - die Auslegung der sprachlichen Äußerungen nach dem "Empfängerhorizont" eines verständigen (objektiven) Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, die die Behörde nach ihrem wirklichen (oder mutmaßlichen) Willen erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl BSG SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14 mwN). Zur Erforschung dieses Willens sind die Begründung der Entscheidung (sofern vorhanden), aber auch sonstige Umstände heranzuziehen, die erkennbar in Zusammenhang mit der getroffenen Regelung stehen. Will die Behörde die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes durch Zusätze einschränken, müssen diese inhaltlich bestimmt, klar, verständlich und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 f Nr 1). Lassen Begründung oder Zusätze bzw Hinweise mehrere Auslegungen zu, muss sich die Behörde diejenige entgegenhalten lassen, die der Bescheidempfänger vernünftigerweise zugrunde legen darf, ohne die Unklarheit, Unbestimmtheit oder Unvollständigkeit des Bescheides willkürlich zu seinen Gunsten auszunutzen (vgl BSGE 62, 32, 37 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 für die Klägerin ersichtlich geregelt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nur für ihre Tätigkeit bei der GmbH gelten soll ("Beschäftigungsbeginn: 01.06.1998"). In dem Datum ist als Beginn der maßgeblichen Tätigkeit das Datum des Beginns der Tätigkeit der Klägerin bei der GmbH genannt. Dementsprechend hatte die Klägerin in ihrem Antrag auf Befreiung auf diese Tätigkeit Bezug genommen und angegeben, bei der GmbH als Justitiarin angestellt zu sein. Auch die Rückfrage der Beklagten zum Inhalt der Tätigkeit bezog sich ausdrücklich auf ihre Tätigkeit bei der GmbH. Dementsprechend hat die Beklagte im Bescheid auch darauf hingewiesen, dass die Befreiung nicht "personen- sondern tätigkeitsbezogen" erfolgt.
Dem entspricht auch die Rechtslage: Denn nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Bereits aus dem klaren Wortlaut ergibt sich, dass mit einer Befreiungsentscheidung wie derjenigen der Beklagten durch Bescheid vom 25. Oktober 2004 keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 12 R 3/11 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 9 - Rn 17 mwN). Der Hinweis der Beklagten auf eine Befreiung in der Tätigkeit als "Rechtsanwältin" in dem Bescheid vom 25. Oktober 2004 ändert hieran schon deshalb nichts, weil die Klägerin seit 1. April 2011 nicht als Rechtsanwältin, sondern als abhängige Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes (vgl Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2011) bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt ist. Diese Beschäftigung würde für sich allein auch keine Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und dem berufsständischen Versorgungswerk begründen. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin dort beruht auf ihrer Zulassung und Tätigkeit als freiberufliche Rechtsanwältin. Der weitere Hinweis in dem Bescheid, die Befreiung gelte unter bestimmten Umständen bei freiwilligem Fortbestand der Pflichtmitgliedschaft in der bisherigen Versorgungseinrichtung und mithin unter Umständen auch bei einem Wechsel der Tätigkeit, ist nicht Teil des Verfügungssatzes des Verwaltungsaktes (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 12 R 5/10 R – Rn 37 mwN aus der Rspr des BSG).
Die Beklagte war dabei nicht verpflichtet, den Befreiungsbescheid vom 24. Oktober 2004 mit Aufnahme der Beschäftigung bei dem Beigeladenen aufzuheben (zur möglichen deklaratorischen Aufhebung vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 8/10 R – Rn 18). Dieser ist vielmehr gegenstandslos geworden (vgl BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledigt sich auch nicht iS des § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfaltet und es insoweit keines (neuen) Befreiungsantrags bedürfte. Er muss indes nicht aufgehoben werden, weil die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt (vgl BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10).
Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die am 31. März 2011 beendete Tätigkeit bei der GmbH auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu "erstrecken". Für die Zeit bis zum Eingang des entsprechenden Antrags bei der Beklagten (11. Februar 2014) folgt dies bereits aus dem Fehlen dieses Antrags. Dass ein solcher Antrag auch für die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI erforderlich ist, ergibt sich schon daraus, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss (vgl in diesem Sinne BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 8/10 R – Rn 25; Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 5/10 Rn 40). Da die Klägerin einen solchen Antrag bei verständiger Würdigung ihres Schreibens an die Beklagte vom 7. Februar 2014 frühestens mit dessen Eingang am 11. Februar 2014 gestellt hat, kann dieser Wirkungen erst vom Antragseingang an entfalten (§ 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI).
Für den verbleibenden Zeitraum bis zum Ende der Befristung (11. Februar 2014 bis 31. März 2014) – und im übrigen auch bereits seit Beginn der Beschäftigung am 1. April 2011 – waren die tatbestandlichen Voraussetzungen einer "Erstreckung" indes nicht erfüllt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 mit dem Tätigkeitsende bei der GmbH gegenstandslos geworden ist und bereits aus diesem Grunde keine entsprechende Wirkung mehr entfalten kann; die Beklagte hatte auch zu keiner Zeit gegenüber der Klägerin den Eindruck erzeugt, für die neue Beschäftigung trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein.
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift zudem lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 8/10 R – Rn 27).
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt (BT-Dr 11/4124). Diese Regelung soll insbesondere für Zeiten des Wehrdienstes gelten. Hieraus ergibt sich, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann auf eine infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzte andere versicherungspflichtige Tätigkeit erstreckt, wenn diese die Beschäftigung, für die der Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit wurde, unterbricht (vgl Boecken in: GK-SGB VI, Stand 1/15, Rdz 182 zu § 6; Eckstein in: Löschau, Gesetzliche Rentenversicherung -SGB VI-, Stand Mai 2015, Rdz 53f zu § 6; aA Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Juni 2015, Rdz 133 zu § 6). Schon das in der Gesetzesbegründung benannte Beispiel (Zeit des Wehrdienstes) stützt diese Rechtsauffassung. Während der Ableistung des Wehrdienstes wird typischerweise der "eigentliche" Beruf nicht ausgeübt; denn ein Arbeitsverhältnis ruht während dieser Zeit (§ 1 Abs 1 Arbeitsplatzschutzgesetz - ArbPlSchG -). Eine derartige Unterbrechung liegt hier jedoch nicht vor. Die als freiberufliche Rechtsanwältin tätige Klägerin hat vielmehr am 1. April 2011 ein neues versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber aufgenommen. Da durch die "Erstreckung der Befreiung" ein vorübergehender "Wechsel" in ein anderes Alterssicherungssystem vermieden werden soll, der nur dann eintritt, wenn ein Alterssicherungssystem verlassen wird und der Eintritt in ein anderes Alterssicherungssystem erfolgt, erfasst diese nicht Fälle wie den vorliegenden, wenn zwei unterschiedlichen Alterssicherungssystemen zugehörige "Tätigkeiten" nebeneinander ausgeübt werden. Bleibt die Zugehörigkeit zu einem Alterssicherungssystem auf Grund der Ausübung einer Tätigkeit (hier als freiberufliche Rechtsanwältin) bestehen und wird darüber hinaus durch die Aufnahme einer Beschäftigung die Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem begründet, liegt kein "Wechsel" vor (vgl Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juli 2015 – L 3 R 442/12 – juris).
Dieser Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI steht nicht entgegen, dass § 6 Abs. 1 SGB VI eine doppelte Beitragsbelastung auf Grund der Zugehörigkeit zu zwei Alterssicherungssystemen vermeiden soll. § 6 Abs. 1 SGB VI ermöglicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nur, wenn die Ausübung einer Tätigkeit die Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und auch Versicherungspflicht in der GRV begründet. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt sich – wie dargelegt - auf die ihr zugrundeliegende "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit. Wird darüber hinaus eine andere "Tätigkeit" ausgeübt, ist deren versicherungsrechtlicher Status selbständig zu beurteilen und es kann daher zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen (vgl BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 5 RE 13/14 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 12 mwN)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die Beschäftigung der Klägerin bei dem Beigeladenen ab 1. April 2011.
Die im September 1968 geborene Klägerin ist Volljuristin, seit 9. Februar 2000 zugelassene Rechtsanwältin, Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seit 8. März 2000 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg. Sie war vom 1. Juni 1998 bis 31. März 2011 bei der Gesellschaft für W mbH (GmbH) in S als Justitiarin beschäftigt.
Am 7. Mai 2004 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV beantragt. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 befreite die Beklagte die Klägerin von der Beklagten mWv 5. Mai 2004 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – GRV – (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der GRV ("Beginn des Beschäftigungsverhältnisses 1. Juni 1998"; Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer: 1. April 2000; "Art der berufsständischen Beschäftigung bzw Tätigkeit: Rechtsanwältin"). Der Bescheid enthält ferner den Hinweis, die Befreiung sei nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen.
Im Anschluss an ihre Tätigkeit bei der GmbH wurde die Klägerin ab 1. April 2011 bei dem Beigeladenen (konkret im Landesamt für Umwelt Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg) - zunächst befristet bis zum 31. März 2014 - als Vollzeitbeschäftigte (Referentin für Rechtsangelegenheiten) eingestellt; auf den Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2011, der auf die anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder Bezug nimmt, wird verwiesen. Mit Schreiben vom 7. Februar 2014, bei der Beklagten eingegangen am 11. Februar 2014, bat die Klägerin um Auskunft darüber, ob die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV vom 5. Mai 2004 sich auch nach Entfristung mWv 1. April 2014 weiterhin auf diese Tätigkeit erstrecke. Sie gehe davon aus, dass der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 auch für ihre Tätigkeit als Referentin gelte und bitte deshalb um dahingehende Feststellung, hilfsweise sei ihr Schreiben vom 7. Februar 2014 als neuer Antrag zu werten (Schreiben vom 12. August 2014)
Mit Bescheid vom 21. Oktober 2014 lehnte die Beklagte "den Antrag der Klägerin vom 11. Februar 2014 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die von der Klägerin am 1. April 2011 aufgenommene und ab 1. April 2014 entfristete Beschäftigung als Referentin für Rechtsangelegenheiten" ab. Die Klägerin sei zwar aufgrund ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und zugleich des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte, diese Pflichtmitgliedschaft bestehe jedoch nicht wegen ihrer Beschäftigung als Referentin im Landesamt. Die Klägerin sei nicht als Rechtsanwältin beim Landesamt beschäftigt, denn Personen, die als ständige Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stünden (sog Syndikusanwälte), seien in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwälte tätig. Für die Ausübung derartiger Beschäftigungen sei daher eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht möglich. Auch komme eine Erstreckung der vormalig erteilten Befreiung für die Tätigkeit bei der GmbH gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die nunmehrige Tätigkeit der Klägerin als Referentin nicht in Betracht, weil für diese Tätigkeit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen und weil die Klägerin den Befreiungsantrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der zeitlich befristeten Tätigkeit beim Landesamt gestellt habe. Aufgrund der verspäteten Antragstellung seien unter Beachtung von § 6 Abs. 4 SGB VI Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Der Widerspruch der Klägerin hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. März 2015), ebenso die Klage bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus, mit der die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt hat, für die seit 1. April 2011 ausgeübte Beschäftigung von der GRV befreit zu sein (Urteil vom 19. September 2016). Das SG meinte, es fehle bereits an einem Befreiungsantrag für die in Rede stehende Beschäftigung. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr dahingehend konkretisiertes Begehren weiter, festzustellen, dass sie in der Beschäftigung bei dem Beigeladenen von der Versicherungspflicht in der GRV befreit ist, hilfsweise die erteilte Befreiung hierauf zu erstrecken.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. September 2016 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 zu ändern und festzustellen, dass sie in der bei dem Beigeladenen für die Zeit ab 1. April 2011 ausgeübten Beschäftigung durch den Bescheid vom 25. Oktober 2004 von der Versicherungspflicht befreit ist, hilfsweise, die ihr seinerzeit erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht auf diese Beschäftigung bis zum Befristungsende am 31. März 2014 zu erstrecken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
Streitgegenstand war nach dem sinngemäß auszulegenden Vorbringen der Klägerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren das Feststellungsbegehren, dass sie aufgrund der mit Bescheid vom 25. Oktober 2004 verlautbarten Befreiung von der GRV auch in der Beschäftigung bei dem Beigeladenen ab 1. April 2011 von der Versicherungspflicht in der GRV befreit sei, ferner hilfsweise die Erstreckung dieser Befreiungsentscheidung auf die genannte Beschäftigung. Demgemäß war und ist in Ansehung der Klagebegründung das in der Klageschrift vom 8. April 2015 formulierte Feststellungsbegehren zu verstehen und entsprechend hatte die Beklagte (neben der Ablehnung eines Antrages auf Befreiung von der GRV) auch eine überprüfbare ablehnende Verwaltungsentscheidung im angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 getroffen. Die so verstandene Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Darüber hinaus ist das prozessuale Begehren über die vom SG vorgenommene Eingrenzung des Streitgegenstandes hinaus dahingehend auszulegen, dass die Klägerin hilfsweise eine Verpflichtung der Beklagten zur Erstreckung der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die ab 1. April 2011 bei dem Beigeladenen ausgeübte Beschäftigung bis zum Ende der Befristung am 31. März 2014 begehrt; insoweit ist die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Auch über die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI ist vom Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Ein solcher ist mit der Verpflichtungsklage zu erstreiten (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 5/10 R = SozR 4-2600 § 231 Nr 5 – Rn 15).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die von der Klägerin seit 1. April 2011 ausgeübte abhängige Beschäftigung bei dem Beigeladenen unterliegt der Versicherungspflicht in der GRV gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Die Klägerin wurde insoweit auch nicht durch den Bescheid vom 25. Oktober 2004 von der Versicherungsplicht befreit. In dem genannten bestandskräftigen Bescheid ist für die Beteiligten und das Gericht bindend (vgl § 77 SGG) geregelt, dass die Klägerin in ihrer Beschäftigung als Justitiarin bei der GmbH von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Diese Regelungswirkung des Bescheides ist in der Folgezeit durch Wechsel des Arbeitgebers ab dem 1. April 2011 entfallen. Denn der Bescheid vom 25. Oktober 2004 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, der eine die Beteiligten bindende bestandskräftige Entscheidung über die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin regelte, so lange und soweit die Klägerin eine Beschäftigung bei der GmbH ausübte.
Die in § 77 SGG geregelte Bindungswirkung eines Verwaltungsakts bestimmt sich nach den in seinen Verfügungssätzen getroffenen Regelungen (vgl BSG, Urteil vom 20. Juni 1984, Az 7 RAr 91/83 = SozR 4100 § 112 Nr 23 mwN; Urteil vom 28. Juni 1990, Az 7 RAr 22/90 = SozR 3-4100 § 137 Nr 1; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013, - B 12 AL 2/11 R = SozR 4-2400 § 27 Nr 5). Maßstab für die Inhaltsbestimmung dieser Regelungen ist - wie generell bei Willenserklärungen (vgl §§ 133, 157 Bürgerlichen Gesetzbuch – BGB -) - die Auslegung der sprachlichen Äußerungen nach dem "Empfängerhorizont" eines verständigen (objektiven) Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, die die Behörde nach ihrem wirklichen (oder mutmaßlichen) Willen erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl BSG SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14 mwN). Zur Erforschung dieses Willens sind die Begründung der Entscheidung (sofern vorhanden), aber auch sonstige Umstände heranzuziehen, die erkennbar in Zusammenhang mit der getroffenen Regelung stehen. Will die Behörde die Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes durch Zusätze einschränken, müssen diese inhaltlich bestimmt, klar, verständlich und widerspruchsfrei sein. Unklarheiten gehen zu ihren Lasten (vgl BSGE 37, 155, 160 = SozR 4600 § 143 f Nr 1). Lassen Begründung oder Zusätze bzw Hinweise mehrere Auslegungen zu, muss sich die Behörde diejenige entgegenhalten lassen, die der Bescheidempfänger vernünftigerweise zugrunde legen darf, ohne die Unklarheit, Unbestimmtheit oder Unvollständigkeit des Bescheides willkürlich zu seinen Gunsten auszunutzen (vgl BSGE 62, 32, 37 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 für die Klägerin ersichtlich geregelt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nur für ihre Tätigkeit bei der GmbH gelten soll ("Beschäftigungsbeginn: 01.06.1998"). In dem Datum ist als Beginn der maßgeblichen Tätigkeit das Datum des Beginns der Tätigkeit der Klägerin bei der GmbH genannt. Dementsprechend hatte die Klägerin in ihrem Antrag auf Befreiung auf diese Tätigkeit Bezug genommen und angegeben, bei der GmbH als Justitiarin angestellt zu sein. Auch die Rückfrage der Beklagten zum Inhalt der Tätigkeit bezog sich ausdrücklich auf ihre Tätigkeit bei der GmbH. Dementsprechend hat die Beklagte im Bescheid auch darauf hingewiesen, dass die Befreiung nicht "personen- sondern tätigkeitsbezogen" erfolgt.
Dem entspricht auch die Rechtslage: Denn nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die "jeweilige" Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Bereits aus dem klaren Wortlaut ergibt sich, dass mit einer Befreiungsentscheidung wie derjenigen der Beklagten durch Bescheid vom 25. Oktober 2004 keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen in Betracht kommt, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 12 R 3/11 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 9 - Rn 17 mwN). Der Hinweis der Beklagten auf eine Befreiung in der Tätigkeit als "Rechtsanwältin" in dem Bescheid vom 25. Oktober 2004 ändert hieran schon deshalb nichts, weil die Klägerin seit 1. April 2011 nicht als Rechtsanwältin, sondern als abhängige Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes (vgl Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2011) bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt ist. Diese Beschäftigung würde für sich allein auch keine Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und dem berufsständischen Versorgungswerk begründen. Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin dort beruht auf ihrer Zulassung und Tätigkeit als freiberufliche Rechtsanwältin. Der weitere Hinweis in dem Bescheid, die Befreiung gelte unter bestimmten Umständen bei freiwilligem Fortbestand der Pflichtmitgliedschaft in der bisherigen Versorgungseinrichtung und mithin unter Umständen auch bei einem Wechsel der Tätigkeit, ist nicht Teil des Verfügungssatzes des Verwaltungsaktes (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 12 R 5/10 R – Rn 37 mwN aus der Rspr des BSG).
Die Beklagte war dabei nicht verpflichtet, den Befreiungsbescheid vom 24. Oktober 2004 mit Aufnahme der Beschäftigung bei dem Beigeladenen aufzuheben (zur möglichen deklaratorischen Aufhebung vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 8/10 R – Rn 18). Dieser ist vielmehr gegenstandslos geworden (vgl BSGE 83, 74, 78 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 59). Ein solcher Befreiungsbescheid erledigt sich auch nicht iS des § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf andere Weise, da er bei der erneuten Aufnahme der ursprünglichen Beschäftigung Wirkungen entfaltet und es insoweit keines (neuen) Befreiungsantrags bedürfte. Er muss indes nicht aufgehoben werden, weil die Versicherungspflicht in einer anderen Beschäftigung kraft Gesetzes eintritt (vgl BSG SozR 3-2600 § 6 Nr 5 S 10).
Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die ursprüngliche Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV für die am 31. März 2011 beendete Tätigkeit bei der GmbH auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung als andere versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI zu "erstrecken". Für die Zeit bis zum Eingang des entsprechenden Antrags bei der Beklagten (11. Februar 2014) folgt dies bereits aus dem Fehlen dieses Antrags. Dass ein solcher Antrag auch für die Erstreckung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI erforderlich ist, ergibt sich schon daraus, dass nach der Systematik des Befreiungsrechts ggf auch die Erstreckung auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit in der Dispositionsfreiheit des Versicherungspflichtigen liegen muss (vgl in diesem Sinne BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 8/10 R – Rn 25; Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 5/10 Rn 40). Da die Klägerin einen solchen Antrag bei verständiger Würdigung ihres Schreibens an die Beklagte vom 7. Februar 2014 frühestens mit dessen Eingang am 11. Februar 2014 gestellt hat, kann dieser Wirkungen erst vom Antragseingang an entfalten (§ 6 Abs. 4 Satz 1 SGB VI).
Für den verbleibenden Zeitraum bis zum Ende der Befristung (11. Februar 2014 bis 31. März 2014) – und im übrigen auch bereits seit Beginn der Beschäftigung am 1. April 2011 – waren die tatbestandlichen Voraussetzungen einer "Erstreckung" indes nicht erfüllt. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass der Befreiungsbescheid vom 25. Oktober 2004 mit dem Tätigkeitsende bei der GmbH gegenstandslos geworden ist und bereits aus diesem Grunde keine entsprechende Wirkung mehr entfalten kann; die Beklagte hatte auch zu keiner Zeit gegenüber der Klägerin den Eindruck erzeugt, für die neue Beschäftigung trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein.
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI "erstreckt" sich die Befreiung in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Die systematische Stellung der Vorschrift im Anschluss an die gesetzliche Definition des auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkten Bezugspunkts der Befreiung von der Versicherungspflicht in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI verdeutlicht im Zusammenhang mit der in ihr genannten Tatbestandsvoraussetzung einer zeitlich begrenzten anderen Tätigkeit, dass die Vorschrift zudem lediglich eine Regelung enthält, die sich auf eine andere vorübergehende selbstständige Tätigkeit bzw Beschäftigung bezieht, und daher keinen von den grundlegenden Voraussetzungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI losgelösten eigenständigen Befreiungstatbestand darstellt (vgl BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 8/10 R – Rn 27).
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt (BT-Dr 11/4124). Diese Regelung soll insbesondere für Zeiten des Wehrdienstes gelten. Hieraus ergibt sich, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann auf eine infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzte andere versicherungspflichtige Tätigkeit erstreckt, wenn diese die Beschäftigung, für die der Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit wurde, unterbricht (vgl Boecken in: GK-SGB VI, Stand 1/15, Rdz 182 zu § 6; Eckstein in: Löschau, Gesetzliche Rentenversicherung -SGB VI-, Stand Mai 2015, Rdz 53f zu § 6; aA Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Juni 2015, Rdz 133 zu § 6). Schon das in der Gesetzesbegründung benannte Beispiel (Zeit des Wehrdienstes) stützt diese Rechtsauffassung. Während der Ableistung des Wehrdienstes wird typischerweise der "eigentliche" Beruf nicht ausgeübt; denn ein Arbeitsverhältnis ruht während dieser Zeit (§ 1 Abs 1 Arbeitsplatzschutzgesetz - ArbPlSchG -). Eine derartige Unterbrechung liegt hier jedoch nicht vor. Die als freiberufliche Rechtsanwältin tätige Klägerin hat vielmehr am 1. April 2011 ein neues versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber aufgenommen. Da durch die "Erstreckung der Befreiung" ein vorübergehender "Wechsel" in ein anderes Alterssicherungssystem vermieden werden soll, der nur dann eintritt, wenn ein Alterssicherungssystem verlassen wird und der Eintritt in ein anderes Alterssicherungssystem erfolgt, erfasst diese nicht Fälle wie den vorliegenden, wenn zwei unterschiedlichen Alterssicherungssystemen zugehörige "Tätigkeiten" nebeneinander ausgeübt werden. Bleibt die Zugehörigkeit zu einem Alterssicherungssystem auf Grund der Ausübung einer Tätigkeit (hier als freiberufliche Rechtsanwältin) bestehen und wird darüber hinaus durch die Aufnahme einer Beschäftigung die Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem begründet, liegt kein "Wechsel" vor (vgl Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juli 2015 – L 3 R 442/12 – juris).
Dieser Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI steht nicht entgegen, dass § 6 Abs. 1 SGB VI eine doppelte Beitragsbelastung auf Grund der Zugehörigkeit zu zwei Alterssicherungssystemen vermeiden soll. § 6 Abs. 1 SGB VI ermöglicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV nur, wenn die Ausübung einer Tätigkeit die Mitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und auch Versicherungspflicht in der GRV begründet. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt sich – wie dargelegt - auf die ihr zugrundeliegende "jeweilige" Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit. Wird darüber hinaus eine andere "Tätigkeit" ausgeübt, ist deren versicherungsrechtlicher Status selbständig zu beurteilen und es kann daher zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen (vgl BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 5 RE 13/14 R = SozR 4-2600 § 6 Nr 12 mwN)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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