L 3 U 51/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 11/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 51/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Mitursächlichkeit eines Unfallereignisses für die Manifestation einer schizoaffektiven Störung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine höhere Rente unter Anerkennung einer psychiatrischen Erkrankung als weitere Folge des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 14. November 1997.

Die 1974 geborene Klägerin ist ausgebildete Justizangestellte und war im Unfallzeitpunkt in der Kanzlei des Arbeitsgerichts in D-Stadt als Halbtagskraft angestellt. Sie befand sich am Unfalltag, dem 14. November 1997, gegen 11.25 Uhr auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, als sich an der Kreuzung E-Straße/F-Straße in D-Stadt an einem vorbeifahrenden Pkw der Anhänger von der Anhängerkupplung löste, rechts von der Fahrbahn abkam und die Klägerin erfasste (Verkehrsunfallanzeige vom 14. November 1997). Die Klägerin erlitt durch die Kollision ein stumpfes Bauchtrauma, eine offene dislozierte Oberschenkelfraktur links sowie eine distale Radiusfraktur mit Gelenkbeteiligung am rechten Arm.

In der Zeit vom 14. November bis 10. Dezember 1997 wurde sie durch den Leitenden Arzt der unfallchirurgischen Abteilung des Bürgerhospitals in Frankfurt am Main, Dr. med. G., stationär behandelt. Da sie durch den Unfall ein Milzhämatom erlitten hatte und die Gefahr einer Ruptur bestand, wurde der Klägerin am 26. November 1997 die Milz entfernt. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten neben den genannten Verletzungen auch eine posttraumatische reaktive Depression (Bericht des Krankenhauses vom 29. Dezember 1997) und empfahlen im Anschluss an die stationäre Behandlung eine psychiatrisch-neurologische Behandlung (Bericht vom 22. Januar 2008).

Die ambulant behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. H. diagnostizierte bei der Klägerin eine Angstsymptomatik, die direkt auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sei (Bericht vom 25. März 1998). Deswegen veranlasste sie eine verhaltenstherapeutische Behandlung bei der Psychologin Frau J. Beginnend ab 12. März 1998 fanden 11 Einzelsitzungen statt, in denen die Psychologin zu dem Ergebnis kam, durch den Unfall seien bei der Klägerin eine Reihe von Ängsten ausgelöst worden im Sinne spezifischer Phobien (Verlaufsbericht der Psychologin vom 29. September 1998). Am 15. März 1998 war die Klägerin nach Auffassung der behandelnden Ärzte wieder arbeitsfähig (Bericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. med. K.) und nahm ihre Arbeit am Arbeitsgericht am 16. März 1998 wieder auf.

Die Beklagte gab zur Rentenbeurteilung verschiedene Gutachten in Auftrag. Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 29. Juni 1998 eine bei Zustand nach knöchern konsolidierter Oberschenkelschaftfraktur linksseitig endgradige Behinderung der Außenrotation im Hüftgelenk, eine geringgradige linksverkürzte Beinlängendifferenz, eine bei Zustand nach Radiusfraktur rechtsseitig endgradige Behinderung der Handhebung und Handsenkung sowie einen Zustand nach Milzexstirpation bei stumpfem Bauchtrauma und eine hieraus resultierende Empfindungsstörung im Verlauf der Operationswunde. Die hieraus resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 20 v.H. Prof. Dr. L., Zentrum für Innere Medizin der Uniklinik in Frankfurt am Main, stellte in seinem Gutachten vom 29. Oktober 1998 die Entfernung der Milz der Klägerin als Unfallfolge fest und bewertete die MdE bis zum zweiten Unfalljahr mit 20 v.H., danach mit 10 v.H. Ein weiteres von der Beklagten von dem Psychiater Dr. M. eingeholtes Gutachten vom 10. Mai 1999 ergab, dass bei der Klägerin unfallabhängig nach Therapie noch Reste einer posttraumatischen Belastungsreaktion bestehen würden. Ab Eintritt der Arbeitsfähigkeit habe wegen der in Rückbildung begriffenen traumatischen Störung noch bis zum 30. Juni 1998 eine MdE rein auf psychiatrischem Fachgebiet in Höhe von 10 v.H. vorgelegen. Ab dem 1. Juli 1998 habe psychiatrisch keine MdE mehr vorgelegen. Im unfallchirurgischen Gutachten des Bürgerhospitals vom 29. Juni 1998 werde eine depressive Verstimmung ausdrücklich verneint.

Nach Vorschusszahlungen ohne Bescheid an die Klägerin holte die Beklagte zur Rentennachprüfung ein Gutachten von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. med. N. vom 15. November 1999 ein. Dieser schätzte die MdE auf rein unfallchirurgischem Fachgebiet auf 15 v.H. und unter Berücksichtigung der Unfallfolgen auf internistischem Fachgebiet auf 20 v. H. Dr. O. schloss in seinem von der Beklagten eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 10. Dezember 1999 hinsichtlich der von der Klägerin angegebenen Missempfindungen im Bereich der linken unteren Extremität eine Nervenschädigung aus. Die psychische Situation der Klägerin sei ausgeglichen. Trotz der erheblichen Polytraumatisierung sei es nicht zur Entwicklung schwerwiegender psychischer Beeinträchtigungen, etwa im Sinne einer posttraumatischen Anpassungsstörung oder einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) gekommen. Eine MdE auf neuro-psychiatrischem Fachgebiet sei damit nicht anzugeben.

Auf dieser Grundlage bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 25. Februar 2000 beginnend ab dem 16. März 1998 eine Rente auf unbestimmte Zeit in der Zeit vom 16. März bis 30. Juni 1998 nach einer MdE von 40 v.H., in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 13. November 1999 nach einer MdE von 30 v.H. und ab 14. November 1999 bis auf weiteres nach einer MdE von 20 v.H. Als Unfallfolgen wurden festgestellt:

Endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk, röntgenologisch nachweisbare Veränderungen im rechten Handgelenk, geringe Muskelminderung am rechten Unterarm, Konturvergröberung der rechten Handgelenksregion rechts nach knöchern stabil durchbautem körperfernem Speichenbruch.

Innenrotationsfehlstellung linker Oberschenkel mit Einschränkung der Außenrotation im Bereich des linken Hüftgelenkes, Kalksalzminderung des linken Oberschenkelknochens, leichte Gefühlsstörungen im Bereich des rechten Beines, Verkalkungsverformung oberhalb der Nageleinschlagstelle am linken Oberschenkel nach knöchern stabil durchbautem hüftgelenksnahem Oberschenkelbruch links. Milzentfernung mit gehäufter Infektanfälligkeit nach stumpfem Bauchtrauma. Vorübergehende psychische Belastungsreaktion.

Die Klägerin arbeitete bis zum 15. August 1999 als Justizangestellte beim Arbeitsgericht D Stadt. Ab dem 16. August 1999 absolvierte sie eine Ausbildung zum Beruf der Fremdsprachensekretärin, die sie im Juni 2001 erfolgreich abschloss. Ab dem 15. August 2001 war sie bei der Amtsanwaltschaft D-Stadt tätig. Diese Stelle kündigte sie zum 19. März 2002. In der Zeit vom 3. Februar 2003 bis zum 2. August 2003 nahm sie an einer Maßnahme der Beklagten zur beruflichen Wiedereingliederung auf dem 1. Arbeitsmarkt teil und erhielt dadurch zum 17. Februar 2003 eine (zunächst befristete) Stelle als Rechtsanwaltsgehilfin.

Am 16. Juli 2003 stellte die Klägerin einen Antrag auf Neufeststellung der Unfallfolgen, den sie damit begründete, die Schwere ihrer mittlerweile eingetretenen Krebserkrankung sei ursächlich auf den Milzverlust zurückzuführen. Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Chefarzt der Inneren Medizin der Klinik am Nordwest Krankenhaus Frankfurt am Main, Prof. Dr. P., ein. In seinem Gutachten vom 8. April 2004 kam dieser zu dem Ergebnis, dass der Milzverlust keine dauerhafte MdE auf seinem Fachgebiet rechtfertige. Einen Zusammenhang zwischen dem Milzverlust einerseits und der im Januar 1999 erstmals nachgewiesenen Infektion der Klägerin mit humanen Papillomviren der high risk-Gruppe (HPV) sowie der Entstehung zweier Vulvakarzinome (Operationen September 2002 und Juli 2003) andererseits verneinte er. Zum einen habe eine Literaturrecherche keine Hinweise auf einen solchen Zusammenhang ergeben. Zum anderen sei es äußerst unwahrscheinlich, dass der Milzverlust unter Berücksichtigung der relevanten Latenzzeiten Ursache für die weiteren Erkrankungen der Klägerin sei, zumal bereits vor dem Unfall im April 1997 eine im Hinblick auf eine HPV-Infektion auffällige Veränderung des Gebärmutterhalses festgestellt worden sei. Schließlich bestehe infolge der Milzentfernung bei der Klägerin eine gestörte Abwehr gegenüber Infektionen, die auf dem Blutweg übertragen werden. Bei der HPV-Infektion handele es sich jedoch um eine venerische Schmierinfektion. Bei dieser Einschätzung blieb er auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2004.

Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte den Neufeststellungsantrag durch Bescheid vom 27. Oktober 2004 ab, da die HPV-Infektion und die Krebserkrankung der Klägerin weder als solche noch deren Ausmaß auf den Unfall vom 14. November 1997 zurückzuführen seien.

Im Rahmen des hiergegen geführten Widerspruchsverfahrens forderte die Beklagte auf Anregung der Klägerin ein fachinternistisches Gutachten bei dem Arzt für Innere Medizin, Infektionskrankheiten, Prof. Dr. med. Q. an, das am 21. Dezember 2005 bei ihr einging. Darin kommt Prof. Dr. Q. zu dem Ergebnis, dass ein Zusammenhang zwischen der chronischen HPV-Infektion und dem Milzverlust derzeit nicht ausgeschlossen werden könne. Es gebe bislang weder kasuistische Berichte noch Untersuchungen über den Verlauf einer HPV-Infektion bei Personen mit Milzentfernung.

Mit Schreiben vom 10. Januar 2007 nahm die Klägerin den Widerspruch zurück.

Bereits am 2. März 2006 hatte die Klägerin die Berücksichtigung ihrer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet geltend gemacht. Die Klägerin war vom 17. Juni 2003 bis 15. Februar 2005 bei dem Dipl.-Psych. R. in Behandlung gewesen. In seinem Bericht vom 7. September 2006 teilte der Psychologe gestützt auf seine Eindrücke und die Selbstangaben der Klägerin mit, vor dem Unfall hätten sich, abgesehen von frühen Beziehungsschwierigkeiten und vorübergehendem Substanzmissbrauch, keine klinisch relevanten psychischen Auffälligkeiten gezeigt. Nach dem Unfall sei es zur Ausbildung von Ängsten gekommen, die die Teilnahme am Verkehr und die sichtbaren Unfallfolgen betroffen hätten. Diese Ängste hätten allerdings recht schnell mit Hilfe weniger psychiatrischer Konsultationen und einer Verhaltenstherapie abgefangen werden können. In Verbindung mit einer dann aufgetretenen ausgeprägten Infektionsanfälligkeit, damit einhergehender Konflikte bei der Arbeit und der Diagnose einer HPV-Infektion mit high risk-Serotypen, der wahrscheinlich damit zusammenhängenden Ausbildung eines Carcinoma in situ des Cervix uteri und zweier Operationen seien vermehrt vegetative Symptome aufgetreten, die von einer depressiv-ängstlichen Symptomatik begleitet worden seien.

Nachdem es zur Trennung vom Partner gekommen sei und die Klägerin wieder ins elterliche Haus habe ziehen müssen, habe sich die psychische Symptomatik zugespitzt mit weitgehendem sozialem Rückzug. Die Klägerin habe sodann eine wahnhaft-psychotische Symptomatik u. a. mit Bedrohungserleben, illusionären Verkennungen entwickelt (Krisensitzung am 17. November 2005).

In der Folgezeit begab sich die Klägerin in stationär-psychiatrische Behandlung in das Zentrum der Psychiatrie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main vom 9. Dezember 2005 bis 31. März 2006 sowie vom 4. bis 10. April 2006. Dort wurde die Diagnose einer schizoaffektiven Störung, gegenwärtig depressiv, ICD-10 F 25.1 gestellt (Bericht der Klinik vom 15. Mai 2006). Am 8. Juni 2006 nahm sie die Behandlung bei dem Dipl.-Psych. R. wieder auf (Bericht des Psychologen vom 26. Juli 2006). In der Zeit vom 10. bis 12. Juni 2006 erfolgte erneut eine stationäre Behandlung in den Kliniken des Main-Taunus-Kreises (Bericht der Klinik vom 26. Juni 2006).

Unter Auswertung dieser Behandlungsunterlagen führte der Neurologe und Psychiater Dr. med. S. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2006 aus, zur Entstehung der hier als gesichert vorliegenden schizoaffektiven Psychose spielten vor allem anlagebedingte Faktoren eine wesentliche Rolle neben sehr ungünstigen Bedingungen in der frühen Kindheit. Dem Unfall vom 14. November 1997 hingegen könne nach dem geltenden wissenschaftlichen Kenntnisstand keine wesentliche Bedeutung zugemessen werden. Bei der schizoaffektiven Störung handele es sich nach ICD-10 um eine Erkrankung, bei der schizophrene Symptome, wie z.B. Wahn und Halluzination, in der gleichen Krankheitsphase wie affektive Symptome auftreten. Die ätiologische Zuordnung sei nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand schwierig, da keine einheitliche Auffassung bestehe, ob die schizoaffektive Störung als Variante der Schizophrenie oder der affektiven Störung zu sehen sei oder als eine dritte endogene Psychose neben den affektiven und schizophrenen Erkrankungen. Auch darüber hinausgehende Erwägungen fänden in der Wissenschaft Raum. Ein eigenes Konzept der Entwicklung der schizoaffektiven Psychose könne demnach nicht formuliert werden, sondern es müssten hierzu die Vererbungsprinzipien der schizophrenen Psychose und der bipolaren affektiven Psychose betrachtet werden und von einer Ätiologie in der Mitte dieses Spektrums ausgegangen werden. Für die schizophrenen Psychosen gebe es eine überzeugende Evidenz, dass sie einen genetischen Ursprung haben. Darauf wiesen Familienstudien hin. Dieser erkläre aber nur einen Teil des Erkrankungsrisikos, da eineiige Zwillinge eine maximal 70%ige Konkordanzrate aufwiesen. Daneben ergebe sich aber eine Vulnerabilität für affektive Erkrankungen aus frühkindlichen Traumata, insbesondere Verlusterlebnissen. Hinsichtlich der Faktoren kritischer Lebensereignisse könne nicht von einer unidirektalen Beziehung zwischen Lebensereignis und Ausbruch der Erkrankung ausgegangen werden. Im Ergebnis müsse davon ausgegangen werden, dass genetische, also anlagebedingte Faktoren, eine wesentliche Rolle spielen. Ferner spielten die Entwicklungsbedingungen in der frühen Kindheit als Vulnerabilitätsfaktor zur Depression eine bedeutsame Rolle. Biografische Belastungen im Erwachsenenalter seien demgegenüber nachgeordnet. In der Schizophrenieforschung seien sie gänzlich unbedeutend, könnten höchstens den Auslösezeitpunkt determinieren.

Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 23. März 2007 die Erhöhung der Rente und die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund der Erkrankung der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet ab, da diese nicht auf den Unfall zurückzuführen sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2007 zurück.

Mit ihrer am 10. Januar 2008 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung psychiatrischer Unfallfolgen und Erhöhung ihre Rente weiter verfolgt.

Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. T. vom 3. April 2013 eingeholt. Nach Auffassung dieses Sachverständigen ist auf Grund der Beschwerdeschilderungen der Klägerin davon auszugehen, dass seit dem Unfall im Jahre 1997 psychische Störungen unterschiedlicher Ausprägung vorgelegen hätten, die schließlich zur Manifestation der schizoaffektiven Störung geführt hätten. Die MdE für die psychiatrische Erkrankung hat er mit 20 v.H. bewertet.

Mit Urteil vom 28. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Klage auf Feststellung psychiatrischer Unfallfolgen/Dauerfolgen und Erhöhung der Rente abgelehnt. Der Klageantrag sei nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialdatenschutz und Verwaltungsverfahren – SGB X nicht begründet, da die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 25. Februar 2000 das Recht nicht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei. Gestützt auf die Ausführungen der Gutachter Dr. M. (Gutachten vom 10. Mai 1999) und Dr. O. (Gutachten vom 10. Dezember 1999) habe die Beklagte zu Recht nur eine vorübergehende psychische Belastungsreaktion im Sinne eines Primärschadens bei der Klägerin festgestellt, die sich unter der von Dr. H. und der Psychologin J. durchgeführten Behandlung 1998 zurückgebildet habe. Nachvollziehbar habe Dr. O. bei seiner Untersuchung der Klägerin im Dezember 1999 eine ausgeglichene psychische Situation beschrieben; zur Entwicklung schwerwiegender psychischer Beeinträchtigungen sei es durch das Unfallereignis nicht gekommen. Auch eine Neufeststellung von Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet nach § 48 SGB X im Sinne einer Verschlimmerung komme nicht in Betracht. Zwar liege bei der Klägerin nach den übereinstimmenden Feststellungen der gehörten Psychiater, u. a. von Priv.-Doz. Dr. U. (Bericht vom 15. Mai 2006), Dr. S. (beratungsärztliche Stellungnahme vom 18. Dezember 2006) und Dr. T. (Sachverständigengutachten vom 3. April 2013) nunmehr eine schizoaffektive Störung im Vollbeweis vor. Diese Erkrankung sei indes angesichts des fehlenden zeitlichen Zusammenhangs nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis vom 14. November 1997 bzw. auf die durch dieses Ereignis verursachten Gesundheitsschäden zurückzuführen. Die HPV-Infektion der Klägerin mit der späteren Ausbildung eines Karzinoms in 2003 und dem Wegfall haltgebender beruflicher und privater Aspekte habe zwar zu einem erneuten Auftreten einer psychischen Symptomatik in 2003 geführt. Da die Krebserkrankung ihrerseits indes nicht auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne, sondern als konkurrierende Ursache anzusehen sei, lasse sich ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der aktuellen psychiatrischen Erkrankung nicht darstellen.

Gegen das ihr am 21. Februar 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. März 2014 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt mit der Begründung, das Unfallereignis sei eine wesentliche Teilursache für die Entwicklung der bei ihr vorliegenden schizoaffektiven Störung gewesen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine schizoaffektive Störung als weitere Folge des Unfalls vom 14. November 1997 festzustellen und die die Rente begründende MdE um mindestens 10 v. H. zu erhöhen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und bestätigt durch die Ermittlungen des Senats.

Der Senat hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin am 12. Januar 2016 durchgeführt und sodann Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. V., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Geschäftsführender Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Gießen-Marburg GmbH (Eingang bei Gericht am 7. März 2017) sowie einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 22. Juni 2017. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens und der Stellungnahme in der Gerichtsakte (Band 2) verwiesen.

Zum Sach- und Streitstand und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten (Band 1 und 2) sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten (Band I IV) Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Das erstinstanzliche Urteil ist zu Recht ergangen. Die Beklagte hat zu Recht die Korrektur ihres ursprünglichen Bescheides aus dem Jahr 2000 bzw. eine Neufeststellung abgelehnt. Psychiatrische Gesundheitsstörungen sind hier nicht als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 14. November 1997 anzuerkennen und die der Klägerin zuerkannte MdE sowie die ihr gezahlte Rente demzufolge nicht zu erhöhen.

Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X für eine rückwirkende Korrektur hier nicht vorliegen. Die Beklagte ist in ihrem ursprünglichen Bescheid vom 25. Februar 2000 weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen noch hat sie das Recht unrichtig angewandt. Vielmehr hat die Beklagte auf Grund der medizinischen Unterlagen und Gutachten zutreffend nur das Vorliegen einer vorübergehenden psychischen Belastungsreaktion bei der Klägerin anerkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen und Würdigungen in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die hier als Unfallfolge geltend gemachte schizoaffektive Störung zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Bescheides noch nicht vorlag. Diese ist vielmehr erst Jahre nach dem ursprünglichen Bescheid ärztlicherseits festgestellt worden. So hat der Dipl.-Psych. R., bei dem die Klägerin von Juni 2003 bis Februar 2005 eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt hat, psychotische Symptome erstmals bei der letzten probatischen Sitzung erwähnt; in der Klinik für Psychiatrie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Zentrum der Psychiatrie, erfolgte durch Priv.-Doz. Dr. U. dann erstmals die Diagnose einer schizoaffektiven Psychose (vgl. Attest vom 17. Februar 2006). In Betracht kommt schon von daher nur eine Neufeststellung und nicht Änderung des ursprünglichen Bescheides.

Die Klägerin hat auf Grund ihres Antrages vom 22. März 2006 aber auch keinen Anspruch auf Neufeststellung der Rente und Änderung des ursprünglichen Rentenbescheides wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 73 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII. Bei der hier geltend gemachten schizoaffektiven Störung handelt es sich nicht um eine weitere Unfallfolge.

Gesundheitsstörungen müssen, um als Unfallfolge anerkannt zu werden, zunächst im Vollbeweis nachgewiesen sein, d. h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (§ 128 SGG; BSGE 103, 99, 104).

Wie schon das Sozialgericht ausgeführt hat, ist hier davon auszugehen, dass bei der Klägerin aktuell eine schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressive Episode, ICD-10 F 25.1, im Vollbeweis vorliegt. Der im Berufungsverfahren gehörte Sachverständige Prof. Dr. V. hat diese Diagnose nochmals bestätigt. Eine PTBS (ICD-10 F 43.1) liegt indes nicht (mehr) vor. Schon Dr. M. hat in seinem Gutachten im Verwaltungsverfahren vom 10. Mai 1999 nach der Therapie nur noch "Reste" dieses Krankheitsbildes feststellen können, die ab dem 1. Juli 1998 keine MdE mehr bedingt haben. Prof. Dr. V. hat das Vorliegen der Kriterien für diese Diagnose wie das Vermeidungsverhalten bei seiner aktuellen Untersuchung der Klägerin nachvollziehbar verneint. Im Übrigen macht die Klägerin das Vorliegen einer solchen Störung auch nicht mehr geltend.

Die bei der Klägerin aktuell vorliegende schizoaffektive Störung (gegenwärtig depressive Episode) ist keine Unfallfolge, da sie nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückzuführen ist bzw. weil der Unfall nicht mitursächlich für ihre Entwicklung ist. Für die Kausalitätsfeststellung zwischen den durch ein Ereignis unmittelbar hervorgerufenen Gesundheitserstschäden (haftungsbegründende Kausalität) und den als Unfallfolgen geltend gemachten länger andauernden Gesundheitsstörungen (haftungsausfüllende Kausalität) gilt wie für alle Kausalitätsfeststellungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der gegenüber dem Vollbeweis geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 B 2 U 1/05 R - juris). Die Kausalitätsfeststellungen zwischen den einzelnen Gliedern des Versicherungsfalles basieren auf der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach geht es auf einer ersten Stufe der Kausalitätsprüfung um die Frage, ob ein Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne vorliegt, d. h. - so die neueste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ob eine objektive Verursachung zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass der möglicherweise aus mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 194/97 - Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg.), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, S. 630). In einer zweiten Prüfungsstufe ist sodann durch Wertung die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die wesentlich sind, weil sie rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris).

Im vorliegenden Fall liegt die Kausalität schon im naturwissenschaftlichen Sinne nicht vor. Ein Ursachenzusammenhang mit dem Unfallereignis lässt sich nicht positiv feststellen, und zwar entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht in dem Sinne, dass der Arbeitsunfall kausal für die später aufgetretene psychische/psychiatrische Erkrankung ist, nachdem weitere Stressfaktoren wie die Tumorerkrankung 2003 hinzugetreten sind.

Für diese Feststellung stützt sich der Senat insbesondere auf das von ihm eingeholte Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. V ... Der Sachverständige hat in seinem Gutachten im Berufungsverfahren den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand in Literatur und Leitlinien zur Ursache schizophrener und affektiver Störungen sowie zur Ätiopathogenese schizoaffektiver Störungen dargelegt, wobei er insoweit mit den Ausführungen des Vorgutachters Dr. T. und des Beratungsarztes Dr. S. übereinstimmt. Demnach werden für die Entstehung affektiver Erkrankungen sowie schizophrener Psychosen integrative bio-psycho-soziale Modellvorstellungen im Sinne eines Vulnerabilitäts-Stress-Konzeptes herangezogen, welches neurobiologische, psychologische und soziale Faktoren berücksichtigt (vgl. entsprechend die Leitlinie zur Schizophrenie AWMF-Leitlinienregister Nr. 038/009 in der Kurzfassung unter 1. Allgemeine Grundlagen sowie die Kurzversion der Behandlungsleitlinie Affektive Erkrankungen Leitlinie 1: Grundlagen Seite 81). Dieses Modell der multifaktoriellen Genese ist ebenso bei dem Mischbild der schizoaffektiven Erkrankung anzuwenden, bei dem sowohl schizophrene als auch affektive Störungen während derselben Krankheitsepisode auftreten (ICD-10 F 25.-). Bei der multifaktoriellen Entstehung der psychotischen Störung steht eine Vulnerabilität im Sinne einer Disposition für die Manifestation der Erkrankung im Zentrum, deren Ursache in genetischen und/oder nicht genetischen Einflüssen gesehen wird, bei der Schizophrenie z. B. durch Geburtskomplikationen, bei affektiven Störungen, insbesondere einer Depression, auch auf Grund frühkindlicher Traumata. Die Disposition erklärt das Erkrankungsrisiko nur zum Teil. Mit dieser Vulnerabilität stehen, so die Beschreibung durch Prof. Dr. V., kritische Lebensereignisse sowie sog. High-Expressed-Emotion-Muster der familiären Kommunikation in einem sich wechselseitig verstärkenden "Teufelskreis" und führen bei nicht ausreichenden Bewältigungsmöglichkeiten zu akuter psychotischer Symptomatik und in die manifeste Erkrankung hinein.

Der Sachverständige hat die Krankheitsbiographie der Klägerin nach Untersuchung und Auswertung der Akten ausführlich zusammengefasst und zieht für den Senat überzeugend den Schluss, dass das Unfallereignis nicht ein Glied in der Kette von Ereignissen ist, die zu dem aktuellen psychotischen Beschwerdebild (mit) beigetragen haben. Eine Vulnerabilität für affektive Erkrankungen hat bei der Klägerin vorgelegen. Als frühkindliches Trauma beschreibt der Sachverständige den frühen Tod des leiblichen Vaters und den Ersatz durch einen brachial-aggressiven Stiefvater und eine zumindest zeitweise von Gewalterfahrung in der Familie geprägte Kindheit. Eine Erstmanifestation der affektiven Störung ergibt sich einige Jahre vor dem Unfall. Die Klägerin befand sich bereits 1992 aufgrund einer Depression in psychotherapeutischer Behandlung, wobei als psychoreaktiver Auslösefaktor ein Beziehungskonflikt beschrieben wird. Zudem lag seinerzeit ein vorübergehender Substanzmissbrauch (Cannabis) vor. Das Unfallereignis am 14. November 1997 hätte nach Prof. Dr. V. als kritisches Lebensereignis im Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Modells zwar durchaus ein Faktor für einen erneuten Ausbruch der Erkrankung sein können. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall gewesen. Durch das Unfallereignis entwickelte die Klägerin Ängste im Wesentlichen bezogen auf den Straßenverkehr. Diese wurden mit Hilfe einer Verhaltenstherapie behandelt, die zur vollständigen Erholung führte. Prof. Dr. V. stimmt insoweit mit Dr. M. und Dr. O. überein, die die Klägerin im Jahr 1999 nach der Therapie durch die Psychologin J. begutachtet hatten und eine vollständige Remission auf psychiatrischem Fachgebiet bis zum 1. Juli 1998 dokumentiert haben. Der Sachverständige weist darauf hin, dass sich seinerzeit keinerlei Hinweise auf eine psychotische Störung wie Wahrnehmungsstörungen gefunden haben. Schlüssig und nachvollziehbar führt Prof. Dr. V. als weiteres Argument für die vollständige Kompensation der Belastungen durch den Unfall an, dass der Klägerin nach dem Unfall eine berufliche Umorientierung und später auch eine Integration in den Arbeitsmarkt gelungen sei. Sie hat 2003 entsprechend der Aktionsberichte des Aktionsbüros für Arbeit-W-Stadt (VA III Bl. 446 - 459) und ihres Schreibens an die Beklagte vom 13. März 2003 (VA III Bl. 449) erfolgreich ein Arbeitsverhältnis eingehen können, welches letztendlich verlängert werden sollte. In den Jahren von 2000 bis 2003 war die Klägerin auch nicht in psychotherapeutischer Behandlung bzw. ist eine solche Behandlung nicht dokumentiert, was der Sachverständige ebenfalls und überzeugend als Argument für eine gute Belastbarkeit der Klägerin und die vollständige Remission der Folgen des Unfallereignisses anführt. Ein bedeutsamer Stressfaktor für die jetzigen Beschwerden war nach den Feststellungen von Prof. Dr. V. die Entwicklung und Diagnose einer Krebserkrankung, die zeitnah im Jahr 2003 zu einer psychotherapeutischen Behandlung zunächst wegen depressiver Symptomatik führte. Zusätzlich kam es sodann im Jahr 2005 zu einem Beziehungskonflikt (Trennung vom Partner) mit der Notwendigkeit für die Klägerin, wieder ins Elternhaus zurückkehren zu müssen (problematische Beziehung zur Mutter), und nach einer Verschlechterung der psychischen Symptomatik, dem Auftreten einer psychotischen Symptomatik (Wahnvorstellungen) und zwei Suizidversuchen in 2005 zur stationären Aufnahme in das Zentrum der Psychiatrie des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität im Dezember 2005 (vgl. dazu die Behandlungsunterlagen des Dipl.-Psych. R. und die Berichte über Klinikaufenthalte in dem Zentrum der Psychiatrie in der Johann Wolfgang Goethe-Universität vom 15. Mai 2006 und in den Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH vom 26. Juni 2006). Diese Stressfaktoren in den Jahren 2003 und 2005 sind nach den Ausführungen von Prof. Dr. V. unabhängig von dem Unfall im Jahr 1997 zu sehen und diesem Unfall schon zeitlich nicht mehr zuzuordnen.

Der Senat hat keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen des Sachverständigen, die nachvollziehbar und schlüssig sind und im Übrigen mit den Ausführungen des Neurologen und Psychiater Dr. S. im Verwaltungsverfahren vom 18. Dezember 2006 übereinstimmen. Prof. Dr. V. hat aufgezeigt, dass die Auffassung des Sachverständigen Dr. T., seit dem Unfall hätten durchgehend unfallbedingte psychische Störungen bestanden, die schließlich zur Manifestation der schizoaffektiven Störung geführt hätten, nicht überzeugt. Dr. T. hat seine Auffassung vor allem auf die Beschwerdeschilderungen der Klägerin gestützt, denn für die Jahre 2000 bis 2003 liegen diesbezüglich keine Behandlungsberichte vor. Wie Prof. Dr. V. überzeugend ausgeführt hat, spricht aber die Tatsache, dass die Klägerin es vermocht hat, sich in der Zeit nach dem Unfall und vor der Diagnose der Krebserkrankung beruflich selbständig umzuorientieren, eine Umschulung erfolgreich abzuschließen, um dann in ihrem ursprünglichen Beruf wieder erfolgreich zu arbeiten und belastbar zu sein, für die Remission der Folgen des Unfallereignisses.

Entgegen dem Vortrag der Klägerin kann auch ein Zusammenhang zwischen der unfallbedingten Milzentfernung, der Entwicklung der Krebserkrankung und letztlich der psychischen/psychiatrischen Erkrankung nicht angenommen werden. Darauf hat schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen. Denn der internistische Gutachter Dr. P. hat im Verwaltungsverfahren überzeugend schon einen Zusammenhang zwischen dem Milzverlust, der HPV-Infektion und der Krebserkrankung ausgeschlossen. Nach Prof. Dr. W. ist im Übrigen auf psychiatrischem Gebiet ein Zusammenhang zwischen einer Milzentfernung allein und dem Entstehen einer psychischen/psychiatrischen Erkrankung nicht herstellbar.

Da die Kausalität hier schon auf der 1. Prüfungsstufe zu verneinen ist, kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob das Unfallereignis wesentliche oder unwesentliche Mitursache (Gelegenheitsursache) gewesen ist. Die von der Klägerin gewünschte mündliche Befragung des Sachverständigen im Hinblick auf die Bewertung des Unfallereignisses als Gelegenheitsursache ist daher auch nicht sachdienlich; zu Recht hat der Sachverständige die Beantwortung der entsprechenden Frage zu 3.b) der Beweisfragen in seinem Gutachten unterlassen ("entfällt").

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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