Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 KR 824/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Krankengeld im Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Die 1986 geborene Klägerin war ab dem 01.06.2016 als Arbeitnehmerin bei der J Handelsgesellschaft mbH & Co. KG tätig und bei der Beklagten krankenversichert. Der Arbeitsvertrag war bis zum 31.05.2017 befristet.
Am 10.06.2016 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig. Die Gemeinschaftspraxis E/T attestierte an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit bis 01.07.2016 aufgrund der Diagnose F43.0G (akute Überlastungsreaktion).
Am 16.06.2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2016.
Sie legte der Beklagten am 01.07.2016 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.06.2016 vor und beantragte die Gewährung von Krankengeld.
Ab dem 01.07.2016 bezog die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
Für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 30.06.2016 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.07.2016 die Zahlung von Krankengeld ab. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät vorgelegt habe.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie macht geltend, sie habe nicht gewusst, dass die Arbeitgeberin innerhalb der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung leisten müsse. Dies sei ihr erst Ende Juni 2016 im Rahmen der Lohnabrechnung aufgefallen. Auch sei ihr nicht klar gewesen, dass es nicht ausreiche, die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeberin anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 05.08.2016 lehnte es die Beklagte ab, für den 01.07.2016 Krankengeld zu zahlen. Sie führte aus, die Klägerin habe durch ihre Kündigung zum 30.06.2016 auf ihre Entgeltfortzahlungsansprüche ab dem 01.07.2016 verzichtet. Dies wirke sich auch auf den Krankengeldanspruch aus.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2016 als unbegründet zurück. Sie verbleibt bei ihrer Einschätzung, wonach der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 wegen verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit ruhe.
Am 30.09.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Anzeige nicht hinreichend hingewiesen worden zu sein. Ausweislich der für sie bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei lediglich im unteren Bereich ein kleingeschriebener Hinweis zum Krankengeld zu finden. Auf diesem Formular habe der behandelnde Arzt für den Krankengeldfall kein Kreuz gesetzt. Ein Verschulden des behandelnden Arztes sei insoweit der Beklagten zuzurechnen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage bezüglich des Bescheides der Beklagten vom 05.08.2016 zurückgenommen und ihre Ansprüche auf den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 begrenzt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ist § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Danach haben Versicherte unter anderem Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld versichert und war nach den ärztlichen Feststellungen der Gemeinschaftspraxis E/T arbeitsunfähig aufgrund der Diagnose F43.0G.
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht jedoch der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Vorliegend hat die Klägerin die am 10.06.2016 attestierte Arbeitsunfähigkeit der Beklagten erstmals am 01.07.2016 angezeigt. An diesem Tag übersandte sie der Beklagten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Eine vorherige Meldung ist nicht aktenkundig und wurde von der Klägerin auch nicht behauptet. Rechtsfolge ist das Ruhen des Krankengeldanspruchs während des hier streitigen Zeitraumes. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des folgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolges und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Die Meldung ist rechtlich als Obliegenheit des Versicherten einzuordnen. Versäumt der Versicherte die Meldung, führt dies zu einem regelmäßig endgültigen Verlust eines entstandenen und fälligen Anspruchs. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen für die Krankengeldzahlung zweifelsfrei gegeben sind und dem Versicherten kein Verschulden trifft (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R; BSGE 85, 271-278).
Trotz der grundsätzlich strikten Anwendung der Vorschrift hat die Rechtsprechung in engen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen. Hat der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und gegebenenfalls rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1981, 3 Rk 59/80; BSGE 52, 254-261).
Einen derartigen Ausnahmefall vermochte die Kammer hier nicht zu erkennen. Eine ärztliche Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Eine fehlerhafte Information der Beklagten an die Klägerin ist nicht aktenkundig und wurde von der Klägerin auch nicht behauptet. Die verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit beruht auch nicht auf Organisationsmängeln der Beklagten. Die von der Klägerin an die Beklagte übersandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trägt den eindeutigen Hinweis: "Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse". Insoweit hätte es der Klägerin klar sein müssen, dass sie eine Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Krankenkasse zu übersenden hat. Soweit diesbezüglich Zweifel aufgekommen sein sollten, wären diese nach einem Telefonat mit der Beklagten zu klären gewesen.
Eine Verurteilung der Beklagten lässt sich auch nicht aufgrund der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 5 des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG) begründen. Nach dieser Regelung muss die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde, wenn der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei.
Vorliegend stand der Klägerin kein Anspruch nach dem EFZG zu. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG entsteht nach § 3 Abs. 3 EFZG erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. Zum Zeitpunkt der Attestierung der Arbeitsunfähigkeit am 10.06.2016 dauerte das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der J Handelsgesellschaft mbH & Co. KG noch nicht vier Wochen an.
Nur rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Kammer die Regelung in § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG die Obliegenheit des Versicherten nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht suspendieren kann (andere Auffassung: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.12.2003, L 16 KR 159/02 und vom 26.08.2004, L 16 KR 324/03; zitiert nach www.juris.de). Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aus den Urteilen vom 21.10.2015, L 5 KR 5457/13 und vom 22.11.2017, L 5 KR 2067/17; zitiert nach www.juris.de) an. Dort wird zusammenfassend wie folgt ausgeführt: "Gemäß § 1 EFZG regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit für gesetzliche Feiertage und im Krankheitsfall. Gemäß § 3 EFZG ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber dem Arbeitgeber begrenzt. Bereits aus diesem begrenzten Anwendungsbereich ergibt sich, dass die Regelung in § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG nicht von der Obliegenheitsverpflichtung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V suspendieren will. Von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber ist vielmehr der nachfolgende Zeitraum der Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse zu unterscheiden. Dies wird auch durch § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V deutlich, wenn dort ein Anspruch auf Krankengeld im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen wird. Ein Nebeneinander der Regelungen des EFZG und der §§ 44 ff. SGB V sieht das Gesetz nicht vor. Diese stehen vielmehr in einem Ausschließungsverhältnis. Jedes andere Verständnis würde den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auch derart einschränken, dass für diesen quasi kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Übrigen die Beklagte nur dann mit dem Einwand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgeschlossen, wenn die Nichtvorlage in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Unerheblich ist insoweit, ob den Versicherten ein Verschuldensvorwurf trifft. Selbst wenn man damit über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG die Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigungen entnehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt der Beklagten zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung hierfür findet sich freiwillig nicht, denn ein vertragsärztliches Fehlverhalten ist nicht ohne weiteres den Krankenkassen zuzurechnen. Auch § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG ist keine entsprechende Regelung zu entnehmen. Denn dies würde voraussetzen, dass die genannte Norm eine Wertungsentscheidung im Verhältnis Versicherter, Arzt und Krankenkasse im Bereich des SGB V trifft. Dies aber lässt sich weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen."
Im Ergebnis verbleibt es dabei, dass der Krankengeldanspruch der Klägerin im Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhte. Ein Auszahlungsanspruch der Klägerin besteht mithin nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Krankengeld im Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Die 1986 geborene Klägerin war ab dem 01.06.2016 als Arbeitnehmerin bei der J Handelsgesellschaft mbH & Co. KG tätig und bei der Beklagten krankenversichert. Der Arbeitsvertrag war bis zum 31.05.2017 befristet.
Am 10.06.2016 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig. Die Gemeinschaftspraxis E/T attestierte an diesem Tag Arbeitsunfähigkeit bis 01.07.2016 aufgrund der Diagnose F43.0G (akute Überlastungsreaktion).
Am 16.06.2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2016.
Sie legte der Beklagten am 01.07.2016 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.06.2016 vor und beantragte die Gewährung von Krankengeld.
Ab dem 01.07.2016 bezog die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
Für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 30.06.2016 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.07.2016 die Zahlung von Krankengeld ab. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät vorgelegt habe.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie macht geltend, sie habe nicht gewusst, dass die Arbeitgeberin innerhalb der ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung leisten müsse. Dies sei ihr erst Ende Juni 2016 im Rahmen der Lohnabrechnung aufgefallen. Auch sei ihr nicht klar gewesen, dass es nicht ausreiche, die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitgeberin anzuzeigen.
Mit Bescheid vom 05.08.2016 lehnte es die Beklagte ab, für den 01.07.2016 Krankengeld zu zahlen. Sie führte aus, die Klägerin habe durch ihre Kündigung zum 30.06.2016 auf ihre Entgeltfortzahlungsansprüche ab dem 01.07.2016 verzichtet. Dies wirke sich auch auf den Krankengeldanspruch aus.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2016 als unbegründet zurück. Sie verbleibt bei ihrer Einschätzung, wonach der Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 wegen verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit ruhe.
Am 30.09.2016 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Anzeige nicht hinreichend hingewiesen worden zu sein. Ausweislich der für sie bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei lediglich im unteren Bereich ein kleingeschriebener Hinweis zum Krankengeld zu finden. Auf diesem Formular habe der behandelnde Arzt für den Krankengeldfall kein Kreuz gesetzt. Ein Verschulden des behandelnden Arztes sei insoweit der Beklagten zuzurechnen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage bezüglich des Bescheides der Beklagten vom 05.08.2016 zurückgenommen und ihre Ansprüche auf den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 begrenzt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ist § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Danach haben Versicherte unter anderem Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht.
Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld versichert und war nach den ärztlichen Feststellungen der Gemeinschaftspraxis E/T arbeitsunfähig aufgrund der Diagnose F43.0G.
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht jedoch der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Vorliegend hat die Klägerin die am 10.06.2016 attestierte Arbeitsunfähigkeit der Beklagten erstmals am 01.07.2016 angezeigt. An diesem Tag übersandte sie der Beklagten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Eine vorherige Meldung ist nicht aktenkundig und wurde von der Klägerin auch nicht behauptet. Rechtsfolge ist das Ruhen des Krankengeldanspruchs während des hier streitigen Zeitraumes. Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass die Krankenkasse möglichst frühzeitig über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit informiert und in die Lage versetzt wird, vor der Entscheidung über den Krankengeldanspruch und ggf. auch während des folgenden Leistungsbezugs den Gesundheitszustand des Versicherten durch den Medizinischen Dienst überprüfen zu lassen, um Zweifel an der ärztlichen Beurteilung zu beseitigen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Heilerfolges und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Die Meldung ist rechtlich als Obliegenheit des Versicherten einzuordnen. Versäumt der Versicherte die Meldung, führt dies zu einem regelmäßig endgültigen Verlust eines entstandenen und fälligen Anspruchs. Dies gilt selbst dann, wenn die Voraussetzungen für die Krankengeldzahlung zweifelsfrei gegeben sind und dem Versicherten kein Verschulden trifft (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R; BSGE 85, 271-278).
Trotz der grundsätzlich strikten Anwendung der Vorschrift hat die Rechtsprechung in engen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen. Hat der Versicherte alles in seiner Macht stehende und ihm zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehleinschätzung gehindert und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen und gegebenenfalls rückwirkend Krankengeld beanspruchen. Eine Krankenkasse kann sich auch nicht auf den späteren Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1981, 3 Rk 59/80; BSGE 52, 254-261).
Einen derartigen Ausnahmefall vermochte die Kammer hier nicht zu erkennen. Eine ärztliche Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Eine fehlerhafte Information der Beklagten an die Klägerin ist nicht aktenkundig und wurde von der Klägerin auch nicht behauptet. Die verspätete Meldung der Arbeitsunfähigkeit beruht auch nicht auf Organisationsmängeln der Beklagten. Die von der Klägerin an die Beklagte übersandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trägt den eindeutigen Hinweis: "Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse". Insoweit hätte es der Klägerin klar sein müssen, dass sie eine Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Krankenkasse zu übersenden hat. Soweit diesbezüglich Zweifel aufgekommen sein sollten, wären diese nach einem Telefonat mit der Beklagten zu klären gewesen.
Eine Verurteilung der Beklagten lässt sich auch nicht aufgrund der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 5 des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG) begründen. Nach dieser Regelung muss die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt werde, wenn der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sei.
Vorliegend stand der Klägerin kein Anspruch nach dem EFZG zu. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG entsteht nach § 3 Abs. 3 EFZG erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. Zum Zeitpunkt der Attestierung der Arbeitsunfähigkeit am 10.06.2016 dauerte das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der J Handelsgesellschaft mbH & Co. KG noch nicht vier Wochen an.
Nur rein vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Kammer die Regelung in § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG die Obliegenheit des Versicherten nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nicht suspendieren kann (andere Auffassung: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.12.2003, L 16 KR 159/02 und vom 26.08.2004, L 16 KR 324/03; zitiert nach www.juris.de). Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aus den Urteilen vom 21.10.2015, L 5 KR 5457/13 und vom 22.11.2017, L 5 KR 2067/17; zitiert nach www.juris.de) an. Dort wird zusammenfassend wie folgt ausgeführt: "Gemäß § 1 EFZG regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit für gesetzliche Feiertage und im Krankheitsfall. Gemäß § 3 EFZG ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber dem Arbeitgeber begrenzt. Bereits aus diesem begrenzten Anwendungsbereich ergibt sich, dass die Regelung in § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG nicht von der Obliegenheitsverpflichtung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V suspendieren will. Von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber ist vielmehr der nachfolgende Zeitraum der Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse zu unterscheiden. Dies wird auch durch § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V deutlich, wenn dort ein Anspruch auf Krankengeld im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausgeschlossen wird. Ein Nebeneinander der Regelungen des EFZG und der §§ 44 ff. SGB V sieht das Gesetz nicht vor. Diese stehen vielmehr in einem Ausschließungsverhältnis. Jedes andere Verständnis würde den Anwendungsbereich des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auch derart einschränken, dass für diesen quasi kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Übrigen die Beklagte nur dann mit dem Einwand des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ausgeschlossen, wenn die Nichtvorlage in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt. Unerheblich ist insoweit, ob den Versicherten ein Verschuldensvorwurf trifft. Selbst wenn man damit über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG die Verpflichtung des Arztes zur Vorlage der AU-Bescheinigungen entnehmen würde, wäre dies nur dann relevant, wenn die unterbliebene Vorlage durch den Arzt der Beklagten zuzurechnen wäre. Eine entsprechende normative Zurechnung hierfür findet sich freiwillig nicht, denn ein vertragsärztliches Fehlverhalten ist nicht ohne weiteres den Krankenkassen zuzurechnen. Auch § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG ist keine entsprechende Regelung zu entnehmen. Denn dies würde voraussetzen, dass die genannte Norm eine Wertungsentscheidung im Verhältnis Versicherter, Arzt und Krankenkasse im Bereich des SGB V trifft. Dies aber lässt sich weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen."
Im Ergebnis verbleibt es dabei, dass der Krankengeldanspruch der Klägerin im Zeitraum vom 10.06.2016 bis zum 28.06.2016 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruhte. Ein Auszahlungsanspruch der Klägerin besteht mithin nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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