L 1 KR 77/15 KL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 77/15 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage gegen den Schiedsspruch der Beklagten vom 24. November 2014, ausgefertigt am 2. Februar 2015 (Verfahren 130b – SSt. 11-14), wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruches der beklagten Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der V P Vertriebs-GmbH (im Folgenden zur besseren Verständlichkeit: die Klägerin), über die mit Beschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 1. Februar 2016 –. das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Die Klägerin ist ein 1997 gegründetes Unternehmen, das zentral zugelassene Arzneimittel, die aufgrund der zentralen Zulassung europafrei handelbar sind, nach Deutschland importiert hat. Dazu gehörte auch das Arzneimittel Fycompa mit dem Wirkstoff Perampanel, das sie ab dem 15. Dezember 2012 in Deutschland in den Verkehr brachte. Dieses Arzneimittel ist aufgrund einer Zulassung der europäischen Zulassungsbehörde europaweit zugelassen als Zusatztherapie für fokale Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Epilepsiepatienten ab 12 Jahren. Die EGmbH hat dieses Arzneimittel in Deutschland erstmalig im September 2012 in den Verkehr gebracht. Mit zwei Beschlüssen vom 7. März 2013 und vom 6. November 2014 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entschieden, dass ein Zusatznutzen dieses Arzneimittels gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt sei. Nachdem sich der Zulassungsinhaber und der Beigeladene in den anschließenden Verhandlungen nicht auf einen Erstattungsbetrag für dieses Arzneimittel einigen konnten, hat die Beklagte mit Schiedsspruch vom 12. November 2013 den Erstattungsbetrag und den weiteren Vertragsinhalt festgesetzt. Danach wurde u. a. der einheitliche Erstattungsbetrag je angenommener täglicher Erhaltungsdosis für den Zeitraum vom 15. September 2013 bis 31. Dezember 2013 auf 0,7894 Euro und für die Zeit ab dem 1. Januar 2014 auf 0,7195 Euro festgesetzt.

Der Zulassungsinhaber hat in der Folgezeit Fycomba vom deutschen Markt genommen. Ab dem 1. Dezember 2017 ist Fycompa wieder regulär in Deutschland verfügbar. Der Hersteller und der Beigeladene haben sich auf einen Erstattungsbetrag geeinigt.

Die Klägerin vertrieb Fycompa als Parallelvertreiberin. Nachdem sie mehrere Einladungen der Beigeladenen zu Verhandlungen über die Höhe des Erstattungsbetrages für Fycompa nicht nachkam und schriftlich die Aufnahme von Verhandlungen verweigerte, stellte der Beigeladene am 30. September 2014 den Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens. Die Beklagte setzte mit Schiedsspruch vom 24. November 2014, ausgefertigt am 2. Februar 2015, den einheitlichen Erstattungsbetrag je angenommener täglicher Erhaltungsdosis für den Zeitraum vom 15. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 auf 0,7894 Euro und ab dem 1. Januar 2014 auf 0,7195 Euro fest. Bereits zum 15. April 2014 hat die Klägerin das Arzneimittel Fycompa zwei Milligramm in der Packungsgröße zu 28 Filmtabletten vom deutschen Markt genommen. Seit dem 1. August 2014 sind die anderen Fycompa-Arzneimittel ebenfalls von ihr "außer Vertrieb" gemeldet worden.

Gegen den Schiedsspruch hat die Klägerin am 25. Februar 2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass sie kein "pharmazeutischer Unternehmer" im Sinne von § 130b SGB V sei, sondern pharmazeutischer Großhändler. Als Parallelvertreiber gebe sie zentral zugelassene Arzneimittel als pharmazeutischer Großhändler ab, ohne selbst in regulatorischer Hinsicht für die Zulassung verantwortlich zu sein. Das Arzneimittel werde als zentral zugelassenes Arzneimittel des alleinigen Zulassungsinhabers abgegeben und nicht etwa im eigenen Namen. Sie sei damit keine taugliches Verfahrenssubjekt für ein Schiedsverfahren nach § 130b SGB V.

Das Schiedsstellenverfahren sei darüber hinaus in rechtsstaatswidriger Weise durchgeführt worden. Ihre grundgesetzlich geschützten Rechte seien in erheblicher Weise verletzt worden. So heiße es auf S. 3 (gemeint S. 23) des Schiedsspruches unter Ziff. 3, dass sich im Verlauf der Schiedsstellensitzung herausgestellt habe, dass "die Vereinbarung in dem vom (Beigeladenen) gestellten Antrag noch einiger Modifizierungen" bedurft hätte. Diese sogenannten Modifizierungen beträfen nach den Feststellungen der Schiedsstelle u. a. die §§ 4, 5 und 7 der Erstattungsvereinbarung und damit den Bereich der Meldungen, der Nacherstattung sowie der Kündigung. Da die Anträge nach der Definition des § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung (GO) der Beklagten Beratungsunterlagen seien, hätten die Anträge in ihrer modifizierten Fassung vor der Sitzung den Mitgliedern der Schiedsstelle und vor allem den Parteien vorliegen müssen. Die Eingabefrist nach § 16 Abs. 3 GO sei damit nicht gewahrt.

Mit dem Schiedsspruch sei auch nicht der von dem Beigeladenen beantragte Vertragsinhalt festgelegt worden, über den die Beklagte in der Verhandlung am 24. November 2014 abgestimmt habe. Auf S. 9 des Schiedsspruches vom 2. Februar 2015 heiße es, dass in der festgesetzten Vereinbarung folgende drei redaktionelle Fehler wie folgt korrigiert worden seien:

- § 4 (Meldung) führte zweimal den Absatz (3), nun untergliedert sich § 4 in die Absätze (1) bis (4).

- Die Tabelle gem. § 3 (Erstattungsbetrag), (5), wurde unter der Kopfzeile in den Zeilen 1 und 3 jeweils um die fehlende Fußnote 2 ergänzt.

- Der auf § 7 (Kündigung) folgende Paragraph lautet nunmehr richtig § 8 (Schlussbestimmung).

Diese Änderungen der beantragten Fassung seien offenbar ausschließlich durch den Vorsitzenden der Beklagten erfolgt. Damit seien sie nicht Gegenstand der Beratungen der Mitglieder der Beklagten zur Beschlussfassung am 24. November 2014 gewesen. Der Schiedsspruch sei außerdem wegen unverhältnismäßiger Festsetzungen rechtswidrig und deshalb aufzuheben. So finde sich unter § 6 eine Regelung zur Vertraulichkeit, die es den Parteien gebiete, Vertragsinhalte sowie Inhalte der Vertragsverhandlungen sowie alle Informationen und Unterlagen, die ihnen im Rahmen der Vertragsverhandlungen von dem oder über den Vertragspartner zugehen oder bekannt werden, vertraulich zu behandeln. Eine solche Regelung sei offensichtlich unangemessen, da keinerlei schutzwürdige Interessen bestünden, die eine solche Regelung zu ihren Lasten rechtfertigen könnten. Unter § 7 werde eine Kündigungsfrist von 3 Monaten vereinbart. Nach § 130b Abs. 7 Satz 1 SGB V sei eine Kündigung jedoch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Diese Regelung sei nicht dispositiv und könne insbesondere nicht gegen ihren Willen eingeschränkt werden. Die entsprechende Einschränkung verletze damit ihre Rechte und führe zur Rechtswidrigkeit des Schiedsspruches.

Schließlich werde im § 4 Abs. 1 eine Meldepflicht begründet, nach der sie u. a. verpflichtet sei, den geltenden Erstattungsbetrag zur Erfüllung ihrer Pflichten aus § 131 Abs. 4 SGB V unverzüglich an die IFA-GmbH zu melden. Diese Regelung sei in grobem Maße unverhältnismäßig.

Sie sehe sich in ein "sogenanntes Schiedsverfahren gezwungen, in dem sie mangels entsprechender Informationen ihre Rechte" nicht habe wahrnehmen können. So habe sie beantragt, Unterlagen aus dem Verfahren der Nutzenbewertung des streitgegenständlichen Arzneimittels beizuziehen und ihr Akteneinsicht zu gewähren. Dies sei ohne Begründung nicht erfolgt.

Der angefochtene Schiedsspruch und die zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen verletzten sie zudem in ihrem Recht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG). So werde nicht festgelegt, dass ein Arzneimittel unabhängig von seinem vom abgebenden Unternehmen festgelegten Preis nur bis zu einer bestimmten Kostenhöhe erstattet werde. Nur dies sehe das bisherige Festbetragssystem vor. Die Regelungen führten vielmehr unmittelbar dazu, dass dem Anbieter eines Arzneimittels dessen Abgabepreis verbindlich vorgeschrieben werde. Es handele sich damit um Preis- bzw. Vergütungsregelungen, die auf die von der Klägerin zu erzielenden Einnahmen und damit auch im Hinblick auf deren Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss seien. Ein solcher Eingriff sei nicht gerechtfertigt und damit unverhältnismäßig. Das Ziel des Gesetzgebers, die Stabilität der gesetzlichen Krankenkassen sowie die Sicherung der privaten Krankenversicherer vor steigenden Arzneimittelpreisen sei auch ohne einen derartigen Eingriff in die freie Preisfestsetzung zu erreichen, z. B. durch auf die autonom festzusetzenden Preise zu gewährenden Zwangsrabatte.

Schließlich sei der Schiedsspruch wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Mit der zur Überprüfung gestellten Entscheidung würden Erstattungsbeträge für die Zeit zwischen dem 15. September 2013 und dem 31. Dezember 2013 sowie ab dem 1. Januar 2014 festgesetzt. Die Festsetzung erfolge für alle Arzneimittel mit dem Wirkstoff Perampanel, die die Klägerin vor der Schiedsvereinbarung in den Verkehr gebracht habe. Damit erstrecke sich die angeordnete Preisfestsetzung auch auf bereits abgeschlossene Sachverhalte.

Die Klägerin beantragt,

den Schiedsspruch der Beklagten vom 24. November 2014, ausgefertigt am 2. Februar 2015 (Verfahren 130 b – SSt. 11-14), aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig. Die Klägerin sei pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des § 130b Abs. 1 SGB V. Aus Sinn und Zweck des § 130 b SGB V folge, dass pharmazeutischer Unternehmer derjenige sei, der ein Arzneimittel in Deutschland in den Verkehr bringe. Die Klägerin habe das Arzneimittel Fycompa ab dem 15. Dezember 2012 in Deutschland in den Verkehr gebracht. Maßgeblich sei, dass es sich um ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff (Perampanel) handele und dass für dieses Arzneimittel bereits ein Erstattungsbetrag festgesetzt worden sei. Der Gesetzgeber habe in der amtlichen Begründung zu § 130b Abs. 3a SGB V ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in diesem Fall der Erstattungsbetrag auch für weitere Arzneimittel mit dem selben Wirkstoff anzuwenden sei und dabei Re- und Parallelimporte oder den Mitvertrieb erwähnt.

Ein Verstoß gegen ihre GO liege nicht vor. Ihr Vorsitzender habe der Klägerin sämtliche Beratungsunterlagen übersandt. Die Unterlagen seien der Klägerin vollständig zur Verfügung gestellt worden. Richtig sei, dass sich im Rahmen der Verhandlung herausgestellt habe, dass der Antrag des Beigeladenen in einigen Punkten habe modifiziert werden müssen. Diese Änderungen seien aufgrund des Verhandlungsergebnisses in der Sitzung der Schiedsstelle notwendig geworden. Der Beigeladene habe deshalb entsprechende Änderungen in seinem Vertragsentwurf vorgenommen und den Antrag modifiziert. Der Einwand der Klägerin, dass diese Änderungsanträge als Beratungsunterlagen nach § 16 GO ihr vorab hätten übersandt werden müssen, verkenne den Charakter und Ablauf einer Schiedsstellenverhandlung. In ihr würden die gestellten Anträge erörtert, diskutiert und ggf. modifiziert. Die den Antrag stellende Vertragspartei habe jedenfalls die Möglichkeit, ihren Antrag entsprechend dem Ergebnis der Diskussion zu modifizieren. Dieses Verfahren sei in der Schiedsstellenverhandlung beachtet worden.

Soweit die Klägerin rüge, dass redaktionelle Fehler korrigiert worden seien, greife dies nicht durch. Es habe sich ausschließlich um die Korrektur redaktioneller Fehler gehandelt. Den materiellen Inhalt des Schiedsspruches hätten diese Korrekturen nicht berührt. Ihr Vorsitzender sei berechtigt, entsprechende Korrekturen auch selbst vorzunehmen.

Soweit die Klägerin rüge, dass sie inhaltliche Fragen (Nutzenbewertung, zweckmäßige Vergleichstherapie) nicht geprüft habe, verkenne sie, dass das Verfahren der früheren Nutzenbewertung und der entsprechende Beschluss des G-BA von der Schiedsstelle nicht geprüft werden könne. Im Übrigen habe der Beigeladene mit seinem Antrag zur Einleitung eines Schiedsverfahrens alle Unterlagen zur Verfügung gestellt, mittels denen die von der Klägerin gestellten Fragen hätten hinreichend beantwortet werden können. Die Klägerin habe es jedoch abgelehnt, mit dem Beigeladenen Preisverhandlungen zu führen, in deren Rahmen solche Fragen hätten erörtert werden können.

Der Schiedsspruch enthalte auch keine unverhältnismäßigen Festsetzungen. Die Regelungen zur Vertraulichkeit in § 6, zur Kündigung in § 7 und zu den Meldepflichten in § 4 Abs. 1 seien rechtmäßig und stützen sich jeweils auf eine gesetzliche Grundlage. Der Schiedsspruch sei auch nicht wegen ungerechtfertigten Eingriffs in die Berufsfreiheit rechtswidrig.

Der Schiedsspruch und die zugrundeliegenden Regelungen seien nicht verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in seiner Entscheidung zu den Festbeträgen einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG verneint.

Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruches wegen fehlender Ermächtigungsgrundlage rüge, treffe dies nicht zu. Für die ab dem 1. April 2013 abgegebenen Arzneimittel beruhe der Schiedsspruch auf § 130b Abs. 3a SGB V in Verbindung mit § 78 Abs. 3a Arzneimittelgesetz (AMG). Diese Regelungen seien ab 1. April 2013 in Kraft getreten und sie seien deshalb für die ab diesem Zeitpunkt abgegebenen Arzneimittel maßgeblich. Die Zulassungsinhaberin, die E GmbH habe das Arzneimittel Fycompa mit dem Wirkstoff Perampanel zum 15. September 2012 in den Verkehr gebracht. Die durch den Schiedsspruch vom 28. November 2013 festgesetzte Erstattungsbeträge für Perampanel gölten ab dem 13. Monat des erstmaligen Inverkehrbringens, also ab dem 15. September 2013 (§ 130b Abs. 4 Satz 3 SGB V). Dieser Schiedsspruch sei zwar gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer E GmbH ergangen, gelte aber Kraft Gesetzes (§ 130b Abs. 3a Sätze 1 und 2 SGB V) für alle in den Verkehr gebrachten Arzneimittel mit dem neuen Wirkstoff Perampanel, also auch für das von der Klägerin in Verkehr gebrachte Importarzneimittel. Wenn somit das von der Klägerin vertriebene Arzneimittel ab dem 15. Dezember 2012 in Deutschland in den Verkehr gebracht worden sei, gelte ab dem 15. September 2013 der von der Schiedsstelle zu diesem Wirkstoff festgesetzte Erstattungsbetrag. Die § 130b Abs. 3a Sätze 1 und 2 SGB V gölten im Übrigen für alle ab dem 1. April 2014 abgegebenen Arzneimittel, ohne dass es einen neuen Schiedsverfahrens bedarf. Da sich die Klägerin mit dem Beigeladenen nicht über die Erstattungsbeträge für die zwischen dem 15. September 2013 und dem 31. März 2014 abgegebenen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Perampanel habe einigen können, hätte nach § 130b Abs. 4 SGB V die Schiedsstelle angerufen werden müssen. Im Übrigen habe die Klägerin während des gesamten Verfahrens keine Argumente vorgetragen, die einen anderen Erstattungsbetrag habe rechtfertigen können, als den Erstattungsbetrag, den sie im Verfahren am 28. November 2013 festgesetzt habe. Die Fakten, die zu diesem Schiedsspruch führten, seien auch im vorliegenden Schiedsverfahren unverändert. Für den hier maßgeblichen Zeitraum gelte damit der Beschluss des G-BA vom 7. März 2013.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass die Klägerin pharmazeutisches Unternehmen und damit Adressat des § 35a SGB V und des § 130b SGB V sei. Der Wortlaut "pharmazeutische Unternehmer" enthalte keinerlei Einschränkungen auf bestimmte Vertriebsformen. Nach dem Wortlaut der Norm seien vielmehr alle Personen vom Anwendungsbereich erfasst, die in Deutschland pharmazeutische Produkte auf eigenes Risiko vertrieben. Darunter falle auch die Klägerin. Ziel dieser Regelungen sei es, die Kosten für Arzneimittel zu senken, die zwar einen neuen Wirkstoff, aber keinen Zusatznutzen zu anderen Arzneimitteln hätten. Dafür sei es unerheblich, auf welchem Vertriebsweg das Arzneimittel in Deutschland in den Verkehr gebracht werde. Andernfalls wäre es ein leichtes, die gesetzlichen Regelungen durch die Wahl des Betriebsweges zu umgehen. Denn die für eine bestimmte Indikation zugelassenen Arzneimittel seien unabhängig von dem zugrundeliegenden Vertriebsweg erstattungsfähig. Der Wille des Gesetzgebers, alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen von der Erstattungspflicht zu erfassen, manifestiere sich schließlich auch in der Regelung des § 130b Abs. 3a SGB V. Dort werde besonders deutlich, dass gerade auch die Importeure von der Erstattungspflicht erfasst würden. So ordne auch § 7 Abs. 4 Satz 5 der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) an, dass der Nutzenbewertungsbeschluss für alle Arzneimittel mit dem geprüften Wirkstoff Grundlage für Vereinbarungen nach § 130b SGB V sei. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten sei auch nicht wegen Verstoßes gegen die Verfahrensordnung rechtswidrig. Bei dem Schiedsstellenverfahren handele es sich um ein justizförmig ausgestaltetes förmliches (Verwaltungs-)Verfahren. Es gölten die Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit. Der Grundsatz der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit bedeute, dass die Grundlage der Entscheidung der Schiedsstelle Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sein müsse. Die mündliche Verhandlung sei damit das Kernstück des Schiedsverfahrens. Der von ihr zuletzt gestellte Antrag sei Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Alle Mitglieder der Schiedsstelle seien bereit gewesen, über den Antrag abzustimmen. Insofern sei der zur Entscheidung gestellte Antrag des Beigeladenen ordnungsgemäßer Gegenstand und ordnungsgemäße Grundlage der Verhandlung und der Entscheidung gewesen. Die Pflicht, die Anträge vor der mündlichen Verhandlung zu konkretisieren, bedeute nicht, dass weitere Argumente oder Änderungen des Antrages nicht möglich seien. Denn nur so könne auf die Argumente der Gegenseite reagiert werden und weiterhin alle Versuche einer einvernehmlichen Einigung unternommen werden. Dies sei auch noch während eines Schiedsverfahrens möglich, weil die Vertragspartner nach § 130b Abs. 1 SGB auch während dieses Verfahrens "Herren des Verfahrens" blieben. So können sie insbesondere das Verfahren einvernehmlich wieder an sich ziehen und auch nach Ergehen eines Schiedsspruches eine von ihm abweichende Vereinbarung treffen. Schließlich könne durch den Grundsatz der Mündlichkeit das rechtliche Gehör besonders wirksam gewährt werden. Die Klägerin habe sich umfassend äußern und auf die Argumente des Beigeladenen eingehen können. Sie habe einen Sachvortrag gehalten und ihre Argumente ausführlich dargelegt. Über diesen Sachvortrag sei intensiv diskutiert worden. Gerade wegen des Verfahrensrechts "rechtliches Gehör" gelte der Grundsatz der Mündlichkeit und nicht, wie die Klägerin meint, der Grundsatz der Schriftlichkeit.

Es liege auch kein Verfahrensfehler wegen der Korrektur der redaktionellen Fehler vor. Nach § 8 Abs. 5 der Schiedsstellenverordnung (SchStV) erlasse der Vorsitzende die Entscheidung und begründe sie. Im Rahmen dessen könne er redaktionelle Fehler korrigieren, die einer Vertragspartei unterlaufen seien. Die von dem Vorsitzenden der Beklagten vorgenommenen Änderungen berührten auch nicht im Geringsten den Inhalt der Entscheidung. Bei den vorgenommenen Änderungen handele es sich nicht einmal um Schreib- oder Rechenfehler. Es handele sich vielmehr um schlichte rein redaktionelle Änderungen, die im "Rang" deutlich unter dem Schreib- und Rechenfehler im Sinne des § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen.

Soweit die Klägerin rüge, dass ihr das Schiedsverfahren "aufgezwungen" worden sei, könne sie damit keinen Erfolg haben. Die Klägerin sei in kein Schiedsstellenverfahren gedrängt worden, sondern sie sei aufgefordert worden, eine gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen. Da sie dieser nicht nachgekommen sei, sei das Schiedsstellenverfahren durchgeführt und ein Erstattungsbetrag festgesetzt worden. Die Beklagte habe zudem zu Recht vorgetragen, dass der Nutzungsbewertungsbeschluss des G-BA veröffentlicht worden sei. Insofern hätte die Klägerin sowohl die Nutzenbewertung als auch den Nutzenbewertungsbeschluss lesen und nachvollziehen können. Wenn die Klägerin dennoch nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse zu dem Arzneimittel Fycompa verfüge, hätte sie schlicht davon absehen müssen, das Arzneimittel in Deutschland in den Verkehr zu bringen. Dann wäre sie auch nicht in ein Schiedsverfahren "gedrängt" worden.

Der Schiedsspruch enthalte auch keine unverhältnismäßigen Festsetzungen. Die festgesetzten Vertragsinhalte seien sachgerecht und rechtmäßig. Die Vertraulichkeits- und die Kündigungsregelung sowie die Regelung über die Meldepflichten seien rechtmäßig und entsprächen den gesetzlichen Bestimmungen.

Der angefochtene Schiedsspruch und die zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen seien auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere die Pflicht zur Vereinbarung eines Erstattungsbetrages, der sich nach dem Zusatznutzen des Medikamentes richtet, sei ein legitimes Mittel zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Ferner könne der pharmazeutische Unternehmer durch seine Mitwirkung und die Verhandlung des Erstattungsbetrages dessen Höhe maßgeblich beeinflussen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Schiedsspruch des Beklagten vom 24. November 2014, ausgefertigt am 2. Februar 2015, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klage ist zulässig.

Der Schiedsspruch des Beklagen ist als vertragsgestaltender Verwaltungsakt im Wege der (isolierten) Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG angreifbar (Beschlüsse des Senats vom 19. März 2015 – L 1 KR 499/14 KL ER –, zitiert nach juris, RdNr 29 und vom 14. März 2017 – L 1 KR 372/16 KL ER –, zitiert nach juris, RdNr. 21). Ein Vorverfahren findet nicht statt (§ 130b Abs. 4 Satz 6 SGB V). Die Klagefrist von einem Monat (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist mit der Klageerhebung am 25. Februar 2015 gewahrt.

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Schiedsspruch ist nicht bereits aus formellen Gründen rechtswidrig.

Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen § 16 Abs. 2 und Abs. 3 GO der Beklagten rügt, trifft dies nicht zu. Nach § 16 Abs. 2 GO der Beklagten sind Beschlussvorlagen, Anträge und sonstiges Beratungsmaterial (Beratungsunterlagen) den Mitgliedern, ihren Stellvertretern, den Vertragsparteien und dem Bundesministerium für Gesundheit durch die Geschäftsstelle zuzusenden. Der Klägerin sind sämtliche Beratungsunterlagen zugesandt worden. Dies bestreitet die Klägerin auch nicht. Sie trägt lediglich vor, dass der Beigeladene aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung seinen Antrag modifiziert habe und insoweit gegen § 16 Abs. 3 GO der Beklagten verstoßen worden sei, nach dem Beratungsunterlagen spätestens 14 Kalendertage vor der Sitzung (Eingabefrist) zu versenden seien.

Im Kern vertritt die Klägerin damit die Auffassung, dass ausschließlich die fristwahrend übersandten Beratungsunterlagen, zu denen nach § 16 Abs. 2 GO auch die Anträge des Beigeladenen gehören, Beratungsgegenstand der Verhandlung vor der beklagten Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V sein können und es bei einer Modifizierung der Anträge, aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung, einer unter Wahrung der Eingabefristfrist neu einzuberufenden Verhandlung bedarf. Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Das Schiedsverfahren hat nicht in erster Linie die Funktion, im Falle des Nichtzustandekommens einer Einigung zwischen den Beteiligten eine streitige Entscheidung herbeizuführen, sondern zunächst und vor allem, nach Art einer Mediation möglichst doch noch eine einvernehmliche Einigung herbeizuführen (vgl. Wiegand in jurisPK, § 89 SGB V RdNr. 11, m. w. Nachw.). Dies korrespondiert mit der Dispositionsbefugnis der Beteiligten des Schiedsverfahrens. Diese bleiben, worauf der Beigeladene zu Recht hingewiesen hat, die "Herren des Verfahrens." Das bedeutet, dass die Beteiligten jederzeit, auch noch während des Schiedsverfahren, eine einvernehmliche Lösung herbeiführen können. Um dieses Ziel zu erreichen entscheidet die Schiedsstelle nach § 8 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Schiedsstelle für Arzneimittelversorgung und Arzneimittelabrechnung (Schiedsstellenverordnung) aufgrund mündlicher Verhandlung. Daher liegt eine Modifikation des Antrages aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung in der Natur der Sache. Warum über eine aufgrund der Erörterung des Antrages der Beigeladenen festgestellte Notwendigkeit einer Modifizierung des Antrages nochmals mündlich verhandelt werden muss, erschließt sich nicht. Der Vortrag der Klägerin erschöpft sich insoweit in Formalismus. Im Übrigen gewährleisten gerade das Mündlichkeitsprinzip und auch das Unmittelbarkeitsprinzip, nach der die Verhandlung vor den Mitgliedern der Beklagten erfolgt, den Anspruch des pharmazeutischen Unternehmers auf rechtliches Gehör.

Soweit die Klägerin rügt, dass mit dem Schiedsspruch nicht der von der Beigeladenen beantragte Vertragsinhalt festgelegt worden sei, sondern der Vorsitzende die zitierten "drei redaktionellen Fehler korrigiert" habe, vermag auch dieses Vorbringen die Rechtswidrigkeit des Beschlusses nicht zu begründen. Die Beklagte hat zu Recht vorgetragen, dass es sich bei dieser Korrektur lediglich um redaktionelle Korrekturen handelt, die den materiellen Inhalt der Vereinbarung nicht verändert haben. Die Klägerin vertritt auch in diesem Punkt eine ausgeprägte formalistische Position. Weshalb redaktionelle Änderungen, wie die richtige Nummerierung der Absätze eines Paragraphen oder die korrekte zahlenmäßige Benennung eines Paragraphen unzulässig oder sie gar in subjektiven Rechten verletzt sein soll, erschließt sich jedenfalls nicht.

Soweit die Klägerin rügt, dass sie in das Schiedsstellenverfahren "gezwungen" worden sei, obwohl ihr die fachlichen Kenntnisse hinsichtlich der Nutzenbewertung des streitgegenständlichen Arzneimittels fehlten, greift auch dieses Vorbringen nicht durch. Die Klägerin ist nicht in das Schiedsstellenverfahren gezwungen worden, sondern nach § 130b SGB V vereinbart der Beigeladene mit dem jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen auf der Grundlage des Beschlusses des gemeinsamen Bundesausschusses über die Nutzenbewertung nach § 35a SGB V Erstattungsbeträge für Arzneimittel. Die Beklagte und Beigeladene haben unter Vorlage der entsprechenden Schriftsätze dargelegt, dass die Klägerin sich entsprechenden Gesprächen und einer konsensualen Lösung verweigert hat. Nach § 130b Abs. 4 Satz 1 SGB V sieht für diesen Fall, in dem eine Vereinbarung nicht zustande kommt, vor, dass die Schiedsstelle den Vertragsinhalt innerhalb von drei Monaten festsetzt.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass sie in diesem Schiedsverfahren u. a. beantragt habe, Unterlagen aus dem Verfahren der Nutzenbewertung des streitgegenständlichen Arzneimittels beizuziehen, ihr entsprechende Akteneinsicht zu gewähren und diesem Antrag die Beklagte nicht nachgekommen sei, vermag dies Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des Beschlusses ebenfalls nicht zu begründen. Das Schiedsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Schiedsstellenentscheidung ein Verwaltungsakt (Baierl in Juris PK – SGB V, § 130b RdNr. 178). Damit haben die Beteiligten auch einen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X. Dieses Akteneinsichtsrecht betrifft aber die "das Verfahren betreffenden Akten". Dies sind die Akten des Schiedsverfahrens. Die Klägerin hat somit grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf Einsicht in die Akten dieses Verfahrens. Einen Anspruch auf Einsicht in die Akten eines anderen Verfahrens, also hier des Verfahrens des G-BA über die Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V, hat die Klägerin im Rahmen dieses Verfahrens nicht. Eine Beiziehung der Akten des Verfahrens des G-BA ist auch entbehrlich, weil diese Entscheidung normative Wirkung hat (s. u.) und damit für die Vertragspartner, aber auch für die Schiedsstelle verbindlich ist. Im Übrigen wird der Nutzenbewertungsbeschluss nach § 35a SGB V veröffentlicht. Die Klägerin war somit in der Lage, die Nutzenbewertung als auch den Nutzenbewerbungsbeschluss sich selbst zu beschaffen.

Die Klage hat auch in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V vereinbart der Beigeladene mit pharmazeutischen Unternehmern im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung auf Grundlage des Beschlusses des gemeinsamen Bundesausschusses über die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 mit Wirkung für alle Krankenkassen Erstattungsbeträge für Arzneimittel, die mit diesem Beschluss keiner Festbetragsgruppe zugeordnet wurden. Nach § 130b Abs. 3a SGB V gilt der nach Abs. 1 vereinbarte Erstattungsbetrag einschließlich der Vereinbarung für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nach Abs. 2 für alle Arzneimittel mit dem gleichen neuen Wirkstoff, die ab dem 1. Januar 2011 in Verkehr gebracht worden sind.

Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen in diesem Sinne. Der Begriff des pharmazeutischen Unternehmers im Sinne des § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V ist im Kontext der Regelungen des SGB V auszulegen. Die Definition des Begriffs "pharmazeutischer Unternehmer" in § 4 Abs. 18 AMG, nach der der pharmazeutische Unternehmer bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimittel der Inhaber der Zulassung oder Registrierung ist, bietet insofern lediglich einen ersten Zugang. Normenadressat des § 130b SGB V bzw. des § 35a SGB V sind die pharmazeutischen Unternehmer. In § 35a SGB V ist insoweit die Regelung zur Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen normiert. Diese Nutzenbewertung nach § 35 a SGB V ist wirkstoffbezogen und nicht spezifisch auf einzelne Arzneimittel bezogen. Nach der Konzeption des § 35a SGB V ist das Aufgreifkriterium für eine Nutzenbewertung der neue Wirkstoff (Schickert, PharmR 2013, S. 152 ff). Den Beschluss des G-BA über die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 SGB V kommt als Teil der Arzneimittelrichtlinie (§ 35a Abs. 3 Satz 6 SGB V) normative Wirkung zu, die die an der Preisbindung Beteiligten nach § 91 Abs. 6 SGB V ebenso bindet, wie – sofern sie angerufen wird – die Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V (Beck/Pitz in juris PK – SGB V (3. Aufl. 2016), § 35a RdNr. 26.1). Hierzu gehört auch die Klägerin. Als Parallelvertreiberin von Arzneimitteln importiert sie zentral zugelassene Arzneimittel, die aufgrund der zentralen Zulassung in Europa frei handelbar sind, nach Deutschland und bietet sie auf den Markt an. Eine Einschränkung der Norm auf lediglich den Originalhersteller ist dem Wortlaut des § 35a SGB V nicht zu entnehmen (Kraftberger in LPK-SGB V (4. Aufl. 2012), § 35a RdNr. 13).

Eine einschränkende Auslegung des Wortlauts des § 35a SGB V und des § 130b SGB V in dem Sinne, dass pharmazeutischer Unternehmer lediglich der Originalhersteller des Arzneimittels ist, würde zudem dem gesetzgeberischen Zweck der genannten Regelung zuwiderlaufen. Denn Zweck dieser Regelungen ist es, die Kosten für Arzneimittel zu senken, die zwar einen neuen Wirkstoff, aber keinen Zusatznutzen zu anderen Arzneimitteln aufweisen. Ohne die Einordnung auch von Parallelvertreibern und Parallelimporteuren als pharmazeutische Unternehmer im vorgenannten Sinne könnte ansonsten jeder Originalhersteller durch die Wahl des Betriebsweges die gesetzliche Regelung umgehen. Denn die für eine bestimmte Indikation zugelassenen Arzneimittel sind unabhängig von dem zugrundeliegenden Vertriebsweg erstattungsfähig.

Mit dem durch Gesetz vom 27. März 2014 (BGBl. I S. 261) mit Wirkung zum 1. April 2014 eingefügten § 130b Abs. 3a SGB V hat der Gesetzgeber zudem klargestellt, dass der nach Abs. 1 vereinbarte Erstattungsbetrag einschließlich der Vereinbarung für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nach Abs. 2 für alle Arzneimittel mit dem gleichen neuen Wirkstoff gilt, die ab dem 1. Januar 2011 in Verkehr gebracht worden sind. Einbezogen werden damit auch Re- und Parallelimporte oder im Rahmen des Mitvertriebs sowie die Fälle der vereinbarten Anerkennung eines Arzneimittels als Praxisbesonderheit (Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, K § 130b RdNr. 61a). Ziel der Regelung ist die Kostenentlastung der gesetzlichen Krankenversicherung, in dem die Vereinbarung auf sämtliche Arzneimittel mit identischen neuen Wirkstoffen nach § 35a Abs. 1 Satz 1 bezogen wird (Lietz, KrV 2015, S. 177 ff).

Rechtsgrundlage der Vertraulichkeitsregelung in § 6 des Schiedsspruches ist § 130b Abs. 1 Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 10 der Rahmenvereinbarung. Nach § 130b Abs. 1 Satz 7 SGB V sind die Verhandlungen und deren Vorbereitung einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften zur Vereinbarung des Erstattungsbetrages vertraulich. § 10 der Rahmenvereinbarung bestimmt, dass die Vertragsparteien sich verpflichten, über die Inhalte der Vertragsverhandlungen sowie die in den Vertragsverhandlungen eingebrachten Informationen und Unterlagen Stillschweigen zu bewahren. Dies betrifft insbesondere die im Rahmen der Verhandlungen bekanntgewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Vertragsparteien.

Die Kündigungsregel in § 7 des Schiedsspruches entspricht § 130b Abs. 7 Satz 1 SGB V und § 8 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung. Nach § 130b Abs. 7 Satz 1 kann eine Vereinbarung nach Abs. 1 oder 3 oder ein Schiedsspruch nach Abs. 4 von einer Vertragspartei frühestens nach einem Jahr gekündigt werden. Nach § 8 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung können die Vertragsparteien die Vereinbarung nach § 130 b SGB V frühestens nach einem Jahr kündigen, soweit nichts anderes vereinbart ist. Die Sonderkündigungsrechte gemäß § 130b SGB V bleiben unberührt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Der Rahmenvertrag ist nach § 130b Abs. 9 SGB V ein Normenvertrag. Die in dem Rahmenvertrag getroffenen Vereinbarungen sind damit für die Vertragspartner der Erstattungsvereinbarung verbindlich.

Rechtsgrundlage der Regelung zu den Meldepflichten in § 4 Abs. 1 des Schiedsspruches ist § 131 Abs. 4 SGB V. Die rechtzeitige Meldung des geltenden Erstattungsbetrages an die IFA GmbH ist schon deswegen erforderlich, weil durch die pünktliche Meldung des Erstattungsbetrages in den Datendiensten Nacherstattungen der Klägerin vermieden werden.

Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruches wegen ungerechtfertigten Eingriffs in ihre Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG geltend macht, vermag der Senat der Klägerin auch insoweit nicht zu folgen. Die Regeln zu den gesetzlichen Erstattungsbeträgen, die nach § 130b Abs. 1 Satz 2 als Rabatte auf den Abgabepreis vereinbart werden, greifen, da für die Teilnahme des Pharmaunternehmens am Markt ein faktischer gesetzlicher Zwang zum Vertragsabschluss besteht, als Berufsausübungsregelung in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ein. Die Regelung ist jedoch als legitimes Mittel zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zu werten. Es handelt sich beim Erstattungsbetrag seiner Eigenart nach um einen Mengenrabat mit qualitätsstreuender Wirkung und jedenfalls nicht um eine Sonderabgabe im finanzverfassungsrechtlichen Sinn. Die Verpflichtung zur Vereinbarung von Rabatten in § 130b SGB V entspricht auch den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit. Die gesetzlichen Regelungen sind ein sensibles Regelwerk, welches den wirtschaftlichen Entfaltungsrecht des pharmazeutischen Unternehmens hinreichend Raum gibt (Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, § 130b RdNr. 14 ff, m. w. Nachw.). Pharmazeutische Unternehmen haben keinen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Einbeziehung ihrer Arzneimittel in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Anspruch besteht nicht außerhalb der näheren Regelungen des SGB V und seiner Konkretisierungen. Ihm vorgelagert sind nur Marktchancen (Flint in Hauck/Noftz, SGB V, § 35 a RdNr. 35).

Vorliegend ist zwar Art. 12 GG auch direkt betroffen. § 78 Abs. 3a AMG (in der durch das AMNOG eingeführten Fassung) bestimmt nämlich, dass der jeweilige Erstattungsbeitrag auch für Personen gilt, die das Arzneimittel nicht als Versicherte einer gesetzlichen Krankenversicherung im Wege der Sachleistung erhalten. Die Preisregulierung gilt somit umfassend. Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Das Grundrecht umschließt auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen verbindlich auszuhandeln. Vergütungsregeln und hierauf gründende Entscheidungen, die auf die Einnahmen, welche durch eine berufliche Tätigkeit erzielt werden können und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, beschränken die Freiheit der Berufsausübung, worauf sich auch eine juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann (so bereits Beschluss des Senats vom 22. Mai 2014 – L 1 KR 108/14 KL ER –,zitiert nach juris, Beschluss des BVerfG vom 23. Oktober 2013 -1 BvR 1842/11, 1 BvR 1843/11- juris RdNr. 66 m. w. Nachw.). Zumindest beim Beruf des Arzneimittel-Parallelimporteurs ist der Eingriff aber gerechtfertigt. Es ist im gesamtstaatlichen Interesse, dass die Gesundheitskosten ganz allgemein nicht mutmaßlich unnötig ansteigen, soweit dies durch Arzneimittel ohne Zusatznutzen der Fall ist.

Soweit die Klägerin die Festsetzung des Erstattungsbetrages für die Zeit ab dem 15. September 2013 rügt, kann sie damit ebenfalls keinen Erfolg haben. Diese Festsetzung entspricht dem Gesetz. Nach § 130b Abs. 3a Satz 1 gilt der vereinbarte Erstattungsbetrag für alle Arzneimittel mit dem gleichen neuen Wirkstoff, die ab dem 1. Januar 2011 in den Verkehr gebracht worden sind. Nach Satz 2 gilt der Festbetrag ab dem 13. Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen eines Arzneimittels mit dem Wirkstoff. Da der Originalhersteller das Arzneimittel mit dem Wirkstoff Perampanel erstmalig am 15. September 2012 in Deutschland in den Verkehr gebracht hat, war der Festbetrag ab dem 13. Monat, also ab dem 15. September 2013 festzusetzen.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Ansonsten könnte sich jeder pharmazeutische Unternehmer, Originalhersteller, wie auch Parallelvertreiber oder Parallelimporteure mit einem verzögerten Markteintritt oder einer taktischen Aufteilung von Anwendungsgebieten immer wieder ein weiteres Jahr freie Preisbildung verschaffen (BT-Drs. 18/606, S. 13). Dies würde dem dargestellten gesetzgeberischen Ziel eklatant zuwiderlaufen.

Die Streitwertentscheidung erfolgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an diesem Rechtsstreit belief sich nach übereinstimmender Auffassung der Beigeladenen und der Klägerin auf etwa 340.000,00 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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