L 31 AS 2874/16 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 99 AS 1533/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 2874/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Übernahme der Kosten für ein Fachbuch "Ponds Bürokommunikation Französisch" i.H.v. 19,95 EUR aus dem Vermittlungsbudget.

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget vom 26. August 2014 mit Bescheid vom 10. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2014 ab. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2016 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Gerichtsbescheid ist dem Bevollmächtigten der Klägerin am 1. August 2016 zugegangen. Innerhalb der - vom 2. August 2016 bis zum 1. September 2016 laufenden Monatsfrist - sind weder ein Antrag auf mündliche Verhandlung noch eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden.

Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist vielmehr am 4. September 2016 gestellt worden. Diesen hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 11. November 2016 verworfen und unter anderem ausgeführt, gegen diesen Beschluss sei analog § 158 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Rechtsmittel zulässig, dass gegen ein Urteil zulässig wäre (vergleiche Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 11. Aufl. 2014, § 105 Rn. 25).

Gegen den ihr am 29. November 2016 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 13. Dezember 2016 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie unter anderem aus, ein Zulassungsgrund könne gegeben sein, wenn die unterlegene Partei durch die angefochtene Entscheidung in Grundrechten, insbesondere Verfahrensgrundrechten verletzt sei, dies ergebe sich aus dem Beschluss des Bundessozialgerichts zur Prozesskostenhilfe (Az. B 5 168/12 B). Sie rüge einen Verfahrensfehler. Es habe kein faires Verfahren stattgefunden, denn die im Widerspruch vom 21. September 2014 gestellten Beweiserhebungen seien vollständig ignoriert worden. Es sei bereits mit dem Sachbearbeiter besprochen gewesen, dass sie das beantragte Fachbuch Französisch bekommen solle zur Wiederauffrischung erworbener Kenntnisse in einer früheren fachlichen Ausbildung. Dies habe eine teure Weiterbildung im Fachbereich Französisch ersetzen sollen. Die Nichtberücksichtigung im Ablehnungsbescheid beruhe auf sachfremden Erwägungen des Sachbearbeiters. Auch habe sie eine Zeugin benannt, die hätte bestätigen können, dass der Sachbearbeiter sich selbst über das Buch informieren wollte. Dies habe er nicht getan. Stattdessen sei der Ablehnungsbescheid mit der Begründung ergangen, es gebe genug andere Stellen, für die Französischkenntnisse nicht notwendig seien.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2016, mit dem festgestellt worden ist, dass der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verworfen wird, ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Geld- oder Sachleistung oder einem entsprechenden Verwaltungsakt 750,00 EUR nicht übersteigt (Abs. 1 Nr. 1) und es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr handelt. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2016 ist danach nicht berufungsfähig, denn weder geht es um Leistungen für mehr als ein Jahr noch wird ein Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,00 EUR erreicht, sondern es wird um Leistungen i.H.v. 19,95 EUR gestritten.

Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ist auch auf Berufungen anzuwenden, die sich gegen die Feststellung eines Sozialgerichts wenden, ein Verfahren sei erledigt (so auch Bienert, NZS 2017, 727, 729 mwN). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in diesen Fällen allein die Frage, ob der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht aber der streitige Anspruch in der Sache selbst Gegenstand des Berufungsverfahrens wäre(so aber Groth in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap VIII RdNr 8a mwN). Unabhängig davon, ob diese Einschätzung zutrifft (aA etwa LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14 - Juris RdNr 19), kommt es hierauf für die Anwendbarkeit des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht an. Bei einem Verfahren, das mit dem Ziel fortgesetzt wird, die (Nicht-)Erledigung der zunächst erhobenen Klage feststellen zu lassen, ist vielmehr auf diese ursprüngliche Klage abzustellen. Andernfalls hinge der Gegenstandswert von der Entscheidung des Sozialgerichts über das Feststellungsbegehren ab: Stellte dieses die Erledigung des Verfahrens fest, wäre nach der Gegenansicht die Berufung ohne Zulassung statthaft. Würde es das Verfahren als nicht erledigt ansehen und daher über den Anspruch in der Sache entscheiden, hinge die Statthaftigkeit der Berufung dagegen vom Gegenstandswert der Klage ab, dies überzeugt nicht. Entscheidend ist vielmehr das ursprüngliche Klageziel. Nichts anderes gilt, wenn eine Klage als unzulässig abgewiesen wird. Weshalb für die Feststellung, dass ein Verfahren erledigt sei, andere Maßstäbe gelten sollen als für sonstige Prozessurteile (zur Einordnung der Erledigungsfeststellung als Prozessurteil BGH Urteil vom 15.1.1985 - X ZR 16/83 - Juris RdNr 13), ist nicht ersichtlich. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet keine andere Auslegung. (siehe zum Ganzen: BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 3/16 R –, juris). Ähnliches gilt für das hier vorliegende Verfahren, in dem darum gestritten wird, ob ein Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung fristgerecht gestellt worden ist oder ob der Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2016 rechtskräftig geworden ist.

Die Berufung ist auch nicht zuzulassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Abs. 2 Nr. 1), 2. das Urteil von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Abs. 2 Nr. 2) 3. oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Abs. 2 Nr. 3).

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGG für eine Zulassung der Berufung gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2016, mit dem der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verworfen worden ist, ist weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. Sie rügt lediglich, der erstinstanzliche Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2016, der bestandskräftig geworden ist, da die Klägerin nicht rechtszeitig einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt bzw. eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, sei inhaltlich unrichtig bzw. mit einem Verfahrensfehler behaftet, da ihren Beweisanregungen nicht gefolgt worden sei. Mit diesen Argumenten kann sie in Bezug auf den Beschluss vom 11. November 2016 jedoch nicht gehört werden, denn dieser beschäftigt sich allein mit der Frage, ob innerhalb der Monatsfrist (02. August 2016 bis 01. September 2016) ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt worden ist.

Das Vorbringen gegen den Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2016 stellt jedoch keinen Zulassungsgrund in Bezug auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 11. November 2016 dar.

Nach alledem war die Berufung daher nicht zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar.

Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. November 2016, mit dem der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verworfen worden ist, ist damit rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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