L 11 SF 45/16 EK

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 11 SF 45/16 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vorbereitungs- und Bedenkzeit für Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren
1. Die Schlüssigkeit des Klagevorbringens ist keine Voraussetzung für den sachlichen Erfolg einer Entschädigungsklage vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
2. Dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist bei der Kostenfestsetzung nach § 197 Abs. 1 SGG in der Regel eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 3 Monaten einzuräumen (Anschluss an LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2016 - L 12 SF 9/14 EK AS - juris RdNr. 17).
3. Dem Richter ist im Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG regelmäßig eine Vorbereitungs- und
Bedenkzeit von 12 Monaten zuzubilligen (Abgrenzung zu LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.11.2015 - L 12 SF 23/14 EK AS - juris RdNr. 19).
4. Begehrt ein Entschädigungskläger eine symbolische Genugtuung genügt die bloße Feststellung der Überlänge des Ausgangsverfahrens.
I. Es wird festgestellt, dass die Dauer der Kostenfestsetzungs- und -erinnerungs-verfahren S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E), S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E), S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) und S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) vor dem Sozialgericht Dresden unangemessen war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 1.900,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Entschädigung für die Dauer von 4 Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren, die jeweils nach Erledigung der Hauptsachen vor dem Sozialgericht Dresden (SG) anhängig waren.

Der Kläger stand im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) bei der SGB II-Arbeitsgemeinschaft A ... (später: Jobcenter A ...). Er führte – nicht durch einen Rechtsbeistand vertreten – verschiedene Klage- und Eilverfahren vor dem SG gegen das Jobcenter A ... bzw. das Hauptzollamt A ... und die Bundesagentur für Arbeit (BA), in denen jeweils einzelne Leistungsbestandteile der Grundsicherungsleistungen (insbesondere Höhe der Kosten der Haushaltsenergie, der Kosten zur Warmwasseraufbereitung und der Anrechnung von Betriebskostengutschriften im Wege der rückwirkenden teilweisen Aufhebung und Erstattung) sowie Vollstreckungsmaßnahmen wegen einer Erstattungsforderung streitig waren. Im Einzelnen waren folgende Verfahren unter folgenden Aktenzeichen mit folgendem Begehren anhängig: 1. S 12 AS 3890/07 (Gegenstand: Bewilligungsbescheid vom 01.08.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.10.2007 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 19.12.2007; Leistungszeitraum: 01.08.2007 bis 31.01.2008; Begehren: höhere Kosten für Haushaltsenergie und kein Abzug der Warmwasserpauschale) 2. S 12 AS 4130/08 (Gegenstand: Bewilligungsbescheid vom 31.01.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15.05.2008 und vom 17.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2008; Leistungszeitraum: 01.02.2008 bis 31.07.2008; Begehren: höhere Kosten für Haushaltsenergie) 3. S 12 AS 4182/08 (Gegenstand: Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31.01.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2008; Zeitraum: November 2006 und Februar 2008; Inhalt: Anrechnung von zwei Betriebskostengutschriften)

4. S 12 AS 5533/08 (Gegenstand: Bewilligungsbescheid vom 07.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2008; Leistungszeitraum: 01.08.2008 bis 31.01.2009; Begehren: höhere Kosten für Haushaltsenergie) 5. S 12 AS 1545/09 (Gegenstand: Bewilligungsbescheid vom 29.01.2009 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 11.03.2009; Leistungszeitraum: 01.02.2009 bis 31.07.2009; Begehren: höhere Kosten für Haushaltsenergie) 6. S 12 AS 5104/09 (Gegenstand: Bewilligungsbescheid vom 23.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2009; Leistungszeitraum: 01.08.2009 bis 31.01.2010; Begehren: höhere Kosten für Haushaltsenergie) 7. S 12 AS 326/11 ER (Gegenstand: Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen aus einem Erstattungsbescheid in Höhe von 160,46 Euro). In dem Verfahren S 12 AS 326/11 ER nahm die BA am 03.02.2011 ihr Vollstreckungsersuchen gegenüber dem Hauptzollamt zurück; der Kläger erklärte daraufhin – auf Anregung des SG – den Eilantrag am 07.02.2011 für erledigt. Die Verfahren S 12 AS 1545/09 und S 12 AS 5104/09 endeten im Erörterungstermin vor dem SG am 07.06.2011 jeweils durch Klagerücknahme. Die Verfahren S 12 AS 3890/07, S 12 AS 4130/08, S 12 AS 4182/08 und S 12 AS 5533/08 wurden mit Beschluss des SG vom 16.03.2009 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und nur noch unter dem Aktenzeichen S 12 AS 3890/07 fortgeführt; im Erörterungstermin am 19.09.2011 schlossen die Beteiligten in diesem Verfahren auf Anregung des SG einen Vergleich, der eine Kostenquote zu Gunsten des Klägers von 2/3 vorsah.

Am 20.02.2012 stellte der Kläger in allen Verfahren Anträge auf Kostenfestsetzung (inklusive von Zinsen) und machte Aufwendungen für die Anfertigung von Kopien und für Porto geltend. Der Verfahrensablauf der Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren vor dem SG gestaltete sich wie folgt:

1. S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E): 20.02.2012 Kostenfestsetzungsantrag mit Antragsbegründung (Kostenfestsetzungsbegehren in Höhe von 104,25 Euro) 02.04.2012 Übersendung des Kostenantrags an das Jobcenter und Anforderung einer eventuellen Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen 25.04.2012 Antragserwiderung mit Abweisungsantrag 22.08.2012 Verzögerungsrüge des Klägers 06.12.2012 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 20.12.2012 Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG mit Kostenfestsetzung in Höhe von 51,63 Euro zu Gunsten des Klägers (zugegangen dem Kläger am 22.12.2012 und dem Jobcenter am 27.12.2012) 14.01.2013 Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss 30.01.2013 Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen 07.03.2013 Erinnerungserwiderung mit Zurückweisungsantrag 08.03.2013 Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen 16.08.2013 Verzögerungsrüge des Klägers 19.09.2013 Hinweis des SG an den Kläger auf Vielzahl der Verfahren und Bitte um Geduld 15.01.2016 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 19.01.2016 Hinweisverfügung des SG an den Kläger 01.02.2016 Antwort des Klägers auf die Hinweisverfügung 04.02.2016 Beschluss des SG über die Kostenerinnerung mit Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 20.02.2012 (zusätzliche Gewährung von Zinsen von 5 Prozent über dem Basiszinssatz ab 20.02.2012; im Übrigen Feststellung, dass lediglich 26,47 Euro zu Gunsten des Klägers festsetzungsfähig gewesen wären, was wegen des Verbots der reformatio in peius nicht zu Lasten des Klägers abgeändert werden könne) und Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen (zugegangen dem Kläger am 13.02.2016 und dem Jobcenter am 15.02.2016)

2. S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E) 20.02.2012 Kostenfestsetzungsantrag mit Antragsbegründung (Kostenfestsetzungsbegehren in Höhe von 17,05 Euro) 02.04.2012 Anfrage des SG an den Kläger mit Frist von 3 Wochen bezüglich Antragsrücknahme, da keine Kostengrundentscheidung vorliege 22.08.2012 Verzögerungsrüge des Klägers 06.12.2012 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 20.12.2012 Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG mit Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages (zugegangen dem Kläger am 22.12.2012) 14.01.2013 Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss 22.01.2013 Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen 06.03.2013 Erinnerungserwiderung mit Zurückweisungsantrag 08.03.2013 Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen 16.08.2013 Verzögerungsrüge des Klägers 19.09.2013 Hinweis des SG an den Kläger auf Vielzahl der Verfahren und Bitte um Geduld 15.01.2016 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 19.01.2016 Hinweisverfügung des SG an den Kläger 01.02.2016 Antwort des Klägers auf die Hinweisverfügung 04.02.2016 zunächst Beschluss des SG über den inzidenten Antrag auf Erlass einer Kostengrundentscheidung mit Abweisung des Antrages (zugegangen dem Kläger am 06.02.2016 und dem Jobcenter am 08.02.2016) 04.02.2016 weiterer Beschluss des SG über die Kostenerinnerung mit Zurückweisung der Erinnerung (zugegangen dem Kläger am 06.02.2016 und dem Jobcenter am 08.02.2016)

3. S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) 20.02.2012 Kostenfestsetzungsantrag mit Antragsbegründung (Kostenfestsetzungsbegehren in Höhe von 13,55 Euro) 02.04.2012 Anfrage des SG an den Kläger mit Frist von 3 Wochen bezüglich Antragsrücknahme, da keine Kostengrundentscheidung vorliege 22.08.2012 Verzögerungsrüge des Klägers 06.12.2012 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 20.12.2012 Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG mit Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages (zugegangen dem Kläger am 22.12.2012) 14.01.2013 Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss 22.01.2013 Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen 06.03.2013 Erinnerungserwiderung mit Zurückweisungsantrag 08.03.2013 Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen 16.08.2013 Verzögerungsrüge des Klägers 19.09.2013 Hinweis des SG an den Kläger auf Vielzahl der Verfahren und Bitte um Geduld 15.01.2016 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 19.01.2016 Hinweisverfügung des SG an den Kläger 01.02.2016 Antwort des Klägers auf die Hinweisverfügung 04.02.2016 zunächst Beschluss des SG über den inzidenten Antrag auf Erlass einer Kostengrundentscheidung mit Abweisung des Antrages (zugegangen dem Kläger am 06.02.2016 und dem Jobcenter am 08.02.2016) 04.02.2016 weiterer Beschluss des SG über die Kostenerinnerung mit Zurückweisung der Erinnerung (zugegangen dem Kläger am 06.02.2016 und dem Jobcenter am 08.02.2016)

4. S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) 20.02.2012 Kostenfestsetzungsantrag mit Antragsbegründung (Kostenfestsetzungsbegehren in Höhe von 6,50 Euro) 02.04.2012 Anfrage des SG an den Kläger mit Frist von 3 Wochen bezüglich Antragsrücknahme, da keine Kostengrundentscheidung vorliege 22.08.2012 Verzögerungsrüge des Klägers 06.12.2012 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 20.12.2012 Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG mit Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages (zugegangen dem Kläger am 22.12.2012) 14.01.2013 Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss 22.01.2013 Übersendung der Erinnerung an die BA und das Hauptzollamt und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen 31.01.2013 Erinnerungserwiderung des Hauptzollamtes 08.02.2013 Erinnerungserwiderung der BA 13.02.2013 Übersendung beider Erinnerungserwiderungen an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 6 Wochen 13.02.2013 weitere Stellungnahme des Hauptzollamtes 19.02.2013 Äußerung des Klägers auf die Erinnerungserwiderungen 01.03.2013 Übersendung der Äußerung des Klägers an Hauptzollamt und BA zur Kenntnis 16.08.2013 Verzögerungsrüge des Klägers 19.09.2013 Hinweis des SG an den Kläger auf Vielzahl der Verfahren und Bitte um Geduld 15.01.2016 erneute Verzögerungsrüge des Klägers 19.01.2016 Hinweisverfügung des SG an den Kläger 01.02.2016 Antwort des Klägers auf die Hinweisverfügung 07.03.2016 zunächst Beschluss des SG über den inzidenten Antrag auf Erlass einer Kostengrundentscheidung mit vollständiger Kostenerstattung dem Grunde nach zu Gunsten des Klägers gegenüber der BA (zugegangen dem Kläger am 15.03.2016, dem Hauptzollamt am 16.03.2016 und der BA am 21.03.2016) 07.03.2016 weiterer Beschluss des SG über die Kostenerinnerung mit Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 20.02.2012 (Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten des Klägers gegenüber der BA auf 3,35 Euro zuzüglich Zinsen von 5 Prozent über dem Basiszinssatz ab 20.02.2012) und Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen (zugegangen dem Kläger am 15.03.2016 und der BA am 21.03.2016)

Am 05.08.2016 hat der Kläger beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) Klage auf Entschädigung wegen überlanger Dauer dieser Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren erhoben. Die Verfahren hätten unangemessen lang gedauert, obwohl sie nicht schwierig gelagert und mit Antragstellung bzw. Erinnerung jeweils zugleich entscheidungsreif gewesen wären. Die Verfahren würden im Durchschnitt viel kürzer dauern. Selbst wenn Kostensachen die unwichtigsten Gerichtsverfahren seien, sei zu beachten, dass die Bedeutung der vorliegenden Verfahren aus dem Angreifen der kostenrechtlichen Benachteiligung folge, die jene erfahren würden, die sich, ohne Anwalt zu sein, vor Gericht selbst vertreten würden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er – der Kläger – in den Verfahren S 12 AS 1545/09 und S 12 AS 5104/09 nur über die Kostenregelung eine gewisse Genugtuung hätte erzielen können. In den diesbezüglichen Anfechtungen der SGB II-Regelleistungen seien die Kosten symbolisch.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.900,00 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klage sei unschlüssig, weil sich aus ihr nicht ergäbe, wie sich die Entschädigungssumme bezogen auf die 4 Verfahren zusammensetze.

Dem Gericht haben die verfahrensgegenständlichen Gerichtsakten sowie die Gerichtsakten der Ausgangsverfahren (S 12 AS 3890/07 verbunden mit: S 12 AS 4130/08, S 12 AS 4182/08 und S 12 AS 5533/08; S 12 AS 1545/09; S 12 AS 5104/09; S 12 AS 326/11 ER) sowie der jeweiligen Erinnerungsverfahren (S 12 SF 44/13 E; S 12 SF 46/13 E; S 12 SF 45/13 E; S 12 SF 47/13 E) vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat teilweise Erfolg.

1. Die Entschädigungsklage, mit der die Überlänge von Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG geltend gemacht wird, ist statthaft.

Der Kläger begehrt Entschädigung allein für Verzögerungen, die nach Erledigung der Hauptsachen im Rahmen der noch zu treffenden Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsentscheidungen der unter den Aktenzeichen S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E), S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E), S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) und S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) geführten Rechtsstreite vor dem SG eingetreten sind. Dies steht der Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches im Rahmen einer Entschädigungsklage in Bezug auf diese Verfahren nicht entgegen.

Denn das sich regelmäßig an die Erledigung der Hauptsache anschließende Verfahren nach § 197 SGG stellt ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) dar (so bereits ausführlich: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10.07.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - juris RdNr. 16 ff.). Gerichtliches Verfahren im Sinne von § 198 Abs. 1 GVG ist nach der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG enthaltenen Legaldefinition jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe. Davon wird auch das Verfahren zur Herbeiführung der Kostenfestsetzungs- und gegebenenfalls Erinnerungsentscheidung nach § 197 SGG erfasst. Das Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren ist nicht Teil des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens, sondern beinhaltet ein chronologisch nachgeordnetes Verfahren, das unter Umständen – wie hier – erst beginnt, nachdem der zeitliche Anwendungsbereich des § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens bereits vollständig abgeschlossen ist. Entscheidend für diese Wertung ist zudem, dass mit dem Kostenfestsetzungsantrag nach § 197 SGG ein anderer Anspruch zum Gegenstand einer Entscheidung des Gerichts gemacht wird, der unabhängig vom Streitgegenstand des vorangegangenen Klageverfahrens ist.

2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind sowohl die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG als auch die Klagefrist des § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG gewahrt. Nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG kann eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Diese Wartefrist hat der Kläger eingehalten. Denn seine Verzögerungsrügen sind am 22.08.2012, am 06.12.2012, am 13.08.2013 und am 15.01.2016 beim Ausgangsgericht eingegangen und Entschädigungsklage hat er am 05.08.2016 erhoben. Die Klageerhebung erfolgte auch innerhalb der Klagefrist. Nach § 198 Abs. 5 Satz 2 GVG muss die Entschädigungsklage spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Ausgangsverfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Die Klagefrist begann mit rechtskräftigem Abschluss der Erinnerungsverfahren S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E), S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E), S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) und S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E), zu dem es jeweils mit Zustellung der unanfechtbaren (§ 197 Abs. 2 SGG) Beschlüsse am 06.02.2016, 13.02.2016 und 15.03.2016 gekommen ist. Die Entschädigungsklage ist am 05.08.2016 und damit jeweils innerhalb von sechs Monaten erhoben worden.

3. Die Klage ist zum Teil begründet.

a) Dem steht die vom Beklagten behauptete Unschlüssigkeit des Klagevorbringens nicht entgegen. Denn anders als in dem vom Beibringungsgrundsatz beherrschten zivilgerichtlichen Verfahren ist in dem vom Amtsermittlungsprinzip geprägten sozialgerichtlichen Verfahren die Schlüssigkeit des Klagevorbringens keine Voraussetzung für den sachlichen Erfolg einer Klage (zum Zivilprozessrecht siehe nur Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung [ZPO], 31. Aufl. 2016, Vor § 253 RdNr. 22 ff.). Dies gilt auch für Entschädigungsklagen vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Für diese ordnet zwar § 202 Satz 2 SGG die entsprechende Anwendung des § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG an, wonach im Entschädigungsprozess die "Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten im ersten Rechtszug" entsprechend anzuwenden sind. Das bedeutet aber nicht, dass Entschädigungsprozesse vor Sozialgerichten wie ein zivilgerichtliches Verfahren nach den Vorschriften der ZPO durchzuführen wären. Vielmehr folgt aus der nach § 202 Satz 2 SGG nur entsprechenden Anwendbarkeit des § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG, dass an die Stelle der ZPO das SGG tritt (Röhl in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 198 GVG, RdNr. 142). § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG besagt daher in Verbindung mit § 202 Satz 2 SGG nur, dass für eine Entschädigungsklage zum LSG oder zum Bundessozialgericht (BSG) die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug heranzuziehen sind (BSG, Urteil vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - juris RdNr. 15; Beschluss vom 17.12.2014 - B 10 ÜG 2/14 KL - juris RdNr. 12; Beschluss vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 8/14 B - juris RdNr. 8). Dessen ungeachtet ist das Klagevorbringen des Klägers auch nicht unschlüssig. Aus seinem Klagevorbringen ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass er eine Entschädigung für die Überlänge der vor dem SG anhängig gewesenen Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E), S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E), S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) und S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) mit der Begründung begehrt, die Verfahren hätten unangemessen lang gedauert, obwohl sie nicht schwierig gelagert und mit Antragstellung bzw. Erinnerung jeweils zugleich entscheidungsreif gewesen wären. Die Verfahren würden im Durchschnitt viel kürzer dauern. Er macht einen immateriellen Schaden durch überlange Verfahrensdauer von jeweils 2 Jahren für die 4 Verfahren geltend und führt zur Bedeutung der Angelegenheit aus, dass diese auf 1/5 eines regulären Klageverfahrens herabzusetzen sei. Den von ihm geforderten Entschädigungsbetrag in Höhe von 1.900,00 Euro errechnet er damit aus 24 Monaten x 4 Verfahren x 1/5 Bedeutung = 19 Monate x 100,00 Euro = 1.900,00 Euro, sodass das Klagebegehren hinreichend substantiiert ist.

b) Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er steht nicht im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II, wie er auf die entsprechende Nachfrage des Senats im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22.01.2018 ausdrücklich bestätigte, auch wenn er auf die spätere Frage des Senats, ob dies protokolliert werden kann, erklärte, damit (also mit der Protokollierung dieser Tatsache) nicht einverstanden zu sein. Die Frage, ob § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II dazu führt, dass Beziehern laufender Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Aktivlegitimation für Entschädigungsklagen wegen überlanger Verfahrensdauer fehlt (verneinend: Sächsisches LSG, Urteil vom 29.03.2017 - L 11 SF 17/16 EK - juris RdNr. 22 ff.; bejahend: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.09.2016 - L 15 SF 21/15 EK AS - juris RdNr. 18 ff.), stellt sich somit vorliegend nicht.

c) Anspruchsgrundlage für den eingeklagten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist § 202 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 198 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet (§ 198 Abs. 1 Satz 1 GVG). Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Entschädigung wird für materielle und immaterielle Schäden geleistet. Die Geltendmachung immaterieller Schäden erleichtert das Gesetz, indem es einerseits bei unangemessener Verfahrensdauer einen immateriellen Schaden vermutet (§ 198 Abs. 2 Satz 1 GVG) und andererseits dessen Höhe in der Regel bei 1.200,00 Euro für jedes Jahr der Verzögerung ansetzt (§ 198 Abs. 2 Sätze 3 und 4 GVG). Entschädigung enthält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 GVG).

d) Die erforderlichen Verzögerungsrügen für den eingeklagten Entschädigungsanspruch hat der Kläger in den Kostenfestsetzungsverfahren jeweils am 22.08.2012 sowie am 06.12.2012 und in den Erinnerungsverfahren jeweils am 13.08.2013 sowie am 15.01.2016 erhoben. Die diesbezüglichen Schriftsätze sind eindeutig jeweils mit "Verzögerungsrüge" bzw. "abermalige Verzögerungsrüge" überschrieben und beinhalten ebenso eindeutige Erklärungen des Klägers, mit denen die Erledigung der betreffenden Ausgangsverfahren angemahnt werden.

e) Sowohl die auf Erlass einer Kostenfestsetzungsentscheidung nach § 197 Abs. 1 SGG gerichteten Ausgangsverfahren S 12 AS 3890/07, S 12 AS 1545/09, S 12 AS 5104/09 und S 12 AS 326/11 ER als auch die auf Erlass einer Erinnerungsentscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG gerichteten Ausgangsverfahren S 12 SF 44/13 E, S 12 SF 46/13 E, S 12 SF 45/13 E und S 12 SF 47/13 E waren von unangemessener Dauer im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG. Insgesamt liegt eine Überlänge der Kostenfestsetzungsverfahren von 5, 4, 4 und 4 Monaten sowie der Erinnerungsverfahren von 20, 20, 20 und 21 Monaten vor.

Nach der Rechtsprechung des BSG erfolgt die Prüfung der (Un-) Angemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in drei Schritten (Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 23 ff.; Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris RdNr. 23 ff.; Urteil vom 05.05.2015 - B 10 ÜG 8/14 R - juris RdNr. 33 ff.):

(1) Ausgangspunkt und erster Schritt bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, auch wenn dieses über mehrere Instanzen oder bei verschiedenen Gerichten geführt worden ist. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat.

(2) In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Dabei ist zu beachten, dass die Verfahrensführung des Ausgangsgerichts vom Entschädigungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen ist.

(3) Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei billigt das BSG den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu 12 Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt.

(zu 1) Die relevante Gesamtdauer der Ausgangsverfahren betrug in den Verfahren S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E), S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E) und S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) jeweils 48 Monate und im Verfahren S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) 49 Monate. Die Verfahren begannen jeweils mit der Stellung der Kostenfestsetzungsanträge am 20.02.2012 und endeten mit der Zustellung der Erinnerungsbeschlüsse des SG am 06.02.2016 bzw. am 13.02.2016 bzw. am 15.03.2016.

(zu 2) Bei der Messung des Ablaufs der Ausgangsverfahren an den Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist Folgendes festzustellen:

Die Ausgangsverfahren wiesen einen unterdurchschnittlichen, allerdings nicht gänzlich geringfügigen Schwierigkeitsgrad auf. Es stellten sich in den nach Erledigung der Hauptsachen zu treffenden Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsentscheidungen in den Ausgangsverfahren zwar weder ungeklärte Tatsachen- noch erhebliche Rechtsfragen. Eine gewisse tatsächliche Schwierigkeit der Verfahren ergab sich allerdings daraus, dass der Kläger gleichzeitig und mittels eines einzigen Schriftsatzes insgesamt (mehr als) 4 Kostenfestsetzungen beantragte, wobei sich eine davon auf ein Verfahren bezog, das mit 3 weiteren Verfahren verbunden worden war. Die sorgfältige Überprüfung und Durchsicht der jeweiligen Verfahrensakten hinsichtlich der im Einzelnen jeweils geltend gemachten Kosten für Porto und Kopien verursachte daher einen durchaus zeitintensiven Arbeitsaufwand, weshalb im vorliegenden Fall nicht von einem ganz geringfügigen tatsächlichen Schwierigkeitsgrad ausgegangen werden kann. Hinzu kam im vorliegenden Fall die rechtlich bedeutsame Schwierigkeit, dass im Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Kostenfestsetzung am 20.02.2012 in 3 der Verfahren noch gar keine Kostengrundentscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG vorlag, die erst nachzuholen war, sofern der Kostenfestsetzungsantrag des Klägers als konkludenter Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung auszulegen war. Diesbezüglich hätte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zunächst den Antrag dem zuständigen Richter vorlegen und gegebenenfalls den Erlass einer Kostengrundentscheidung abwarten müssen.

Die Bedeutung der Ausgangsverfahren war gänzlich unterdurchschnittlich und völlig untergeordnet. Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 - juris RdNr. 29).

Der Kläger begehrte nach Erledigung der Hauptsachen nur noch die Festsetzung von Kosten der Rechtsverfolgung in Form von Aufwendungen für Porto und Kopien. Die materiellen Interessen des Klägers waren ausschließlich auf deren Ersatz gerichtet. Immaterielle Interessen des Klägers im Hinblick auf die möglichst zügige Kostenfestsetzung und Entscheidung über die Erinnerungen sind weder dargelegt noch nachvollziehbar – zumal der Kläger den Kostenfestsetzungsantrag in einem der 4 Ausgangsverfahren (S 12 AS 326/11 ER) erst fast 13 Monate nach Beendigung der Hauptsache, in zwei anderen Ausgangsverfahren (S 12 AS 1545/09 und S 12 AS 5104/09) fast 9 Monate danach und in dem vierten Ausgangsverfahren (S 12 AS 3890/07) 5 Monate danach stellte. Im Hinblick auf eine mögliche Verursachung immaterieller Nachteile ist ein Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach Erledigung des vorangegangenen Hauptsacheverfahrens für dessen Beteiligte im Allgemeinen von untergeordneter Bedeutung (BSG, Urteil vom 10.07.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - juris RdNr. 31; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 - L 8 SF 128/12 EK - juris RdNr. 54). Besondere Umstände, die gegen diese Erwägung im Allgemeinen sprechen, liegen hier nicht vor:

- Soweit der Kläger die (besondere) Bedeutung der Ausgangsverfahren zum einen aus dem Angreifen einer kostenrechtlichen Benachteiligung herleiten will, die jene erfahren würden, die sich, ohne Anwalt zu sein, vor Gericht selbst vertreten, ist dies schon im Ansatz nicht einleuchtend. Beteiligte, die sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, sind weder kostenrechtlich noch sonst benachteiligt, denn ihnen steht das Kostenfestsetzungsverfahren im Falle einer positiven Kostengrundentscheidung ebenso zur Verfügung wie Beteiligten, die sich durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, das Prozesskostenhilfeverfahren im Falle hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Eine Vergütung für den Zeitaufwand, der Beteiligten entsteht, die nicht selbst Rechtsanwalt sind, sieht – wie der Kläger weiß – die Rechtsordnung nicht vor. Sie konnte der Kläger in den Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren von vornherein nicht erreichen und wurde von ihm auch gar nicht begehrt.

- Soweit der Kläger zum anderen geltend macht, dass er in den den Ausgangsverfahren zu Grunde liegenden Hauptsachen S 12 AS 1545/09 und S 12 AS 5104/09 nur über die Kostenregelung eine gewisse Genugtuung hätte erzielen können, verkennt er, dass die Entschädigungsklageverfahren weder direkt noch mittelbar dem Ersatz für zu Ungunsten des Beteiligten ausgegangene Ausgangsverfahren dienen. Mit seiner Argumentation macht der Kläger deutlich, dass er ursprünglich im Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren und nunmehr vermittelt über das Entschädigungsklageverfahren eine "symbolische Kompensation" für die nicht erfolgreichen Hauptsacheverfahren, die auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II wegen von ihm geltend gemachter höherer Kosten für Haushaltsenergie gerichtet waren, begehrt. Dieses Begehren wird von den §§ 198 ff. GVG nicht nur nicht gestützt, sondern läuft auf einen den Vorschriften über die Entschädigung wegen überlanger Gerichtsverfahren gerade nicht zu Grunde liegenden Regress für verlorene Prozesse hinaus.

Das prozessuale Verhalten eines Verfahrensbeteiligten, das nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer ebenfalls mit zu berücksichtigen ist, hat hier zu einer gewissen, geringfügigen Verzögerung beigetragen. Insoweit ist im vorliegenden Fall beachtlich, dass der Kläger auf das Schreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 02.04.2012 in den Verfahren S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E), S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) und S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E), mit dem er auf das Fehlen einer für die Kostenfestsetzung erforderlichen Kostengrundentscheidung hingewiesen worden ist, weder binnen der verfügten drei Wochen noch überhaupt reagiert hatte. Soweit der Kläger dazu ausführt, das Schreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 02.04.2012 sei mangels Sachdienlichkeit unbeachtlich gewesen, vermag dies nicht zu überzeugen. Mit diesem Schreiben wurde nicht nur angefragt, ob der Kläger seine Kostenfestsetzungsanträge zurücknehme. Vielmehr wurde ihm – im Rahmen der prozessualen Fürsorge- und Hinweispflicht – auch erläutert, was aus damaliger Sicht einer Stattgabe seiner Anträge in den drei konkreten Verfahren konkret entgegenstand, sodass es an ihm lag, hierauf zu erwidern und gegebenenfalls den ausdrücklichen Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Kostengrundentscheidung nachzuholen. Die Zeit des berechtigten gerichtlichen Zuwartens auf irgendeine Reaktion des Klägers auf das Schreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 02.04.2012 stellt jedenfalls keine in die Sphäre des Gerichts fallende zögerliche Bearbeitung der Kostenfestsetzungsverfahren dar.

Im Übrigen nennt § 198 GVG als Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit mit Blick auf die Prozessakteure das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter nur beispielhaft. Darüber hinaus hängt eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen, also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 41). Solche Verzögerungen lagen in den Ausgangsverfahren wie folgt vor:

- Im Ausgangsverfahren S 12 AS 3890/07 (S 12 SF 44/13 E) ist eine gerichtliche Inaktivität von 8 Monaten im Kostenfestsetzungsverfahren, nämlich im März 2012 und von Mai 2012 bis einschließlich November 2012, sowie von 32 Monaten im Erinnerungsverfahren, nämlich von Mai 2013 bis einschließlich Dezember 2015, festzustellen. Bezüglich des Kostenfestsetzungsverfahrens ist nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrages im Februar 2012 das Verfahren bereits im März 2012 ohne jegliche gerichtliche Veranlassung ins Stocken geraten. Nach Übersendung des Antrags an das Jobcenter und Anforderung einer eventuellen Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen im April 2012 ist eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenfestsetzungsentscheidung nach § 197 Abs. 1 SGG erst im Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Dezember 2012 zu erblicken. Bezüglich des Erinnerungsverfahrens ist nach Eingang der Erinnerung im Januar 2013, Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen im Januar 2013, Eingang der Erinnerungserwiderung des Jobcenters im März 2013, Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen im März 2013 und berechtigtem gerichtlichem Zuwarten bezüglich des Fristablaufs zur Stellungnahme im April 2013 eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Erinnerungsentscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG erst in der gerichtlichen Hinweisverfügung im Januar 2016 sowie im anschließenden Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses des SG im Februar 2016 zu verzeichnen.

- Im Ausgangsverfahren S 12 AS 1545/09 (S 12 SF 46/13 E) ist eine gerichtliche Inaktivität von 7 Monaten im Kostenfestsetzungsverfahren, nämlich im März 2012 und von Juni 2012 bis einschließlich November 2012, sowie von 32 Monaten im Erinnerungsverfahren, nämlich von Mai 2013 bis einschließlich Dezember 2015, festzustellen. Bezüglich des Kostenfestsetzungsverfahrens ist nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrages im Februar 2012 bereits im März 2012 keine gerichtliche verfahrensfördernde Handlung erfolgt; nach dem gerichtlichen Hinweisschreiben im April 2012 und berechtigtem Zuwarten auf eine Antwort des Klägers bis einschließlich Mai 2012 ist eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenfestsetzungsentscheidung nach § 197 Abs. 1 SGG erst im Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Dezember 2012 zu erblicken. Bezüglich des Erinnerungsverfahrens ist nach Eingang der Erinnerung im Januar 2013, Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen im Januar 2013, Eingang der Erinnerungserwiderung des Jobcenters im März 2013, Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen im März 2013 und berechtigtem gerichtlichem Zuwarten bezüglich des Fristablaufs zur Stellungnahme im April 2013 eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenerinnerungsentscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG erst in der gerichtlichen Hinweisverfügung im Januar 2016 sowie im anschließenden Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses des SG im Februar 2016 zu verzeichnen.

- Im Ausgangsverfahren S 12 AS 5104/09 (S 12 SF 45/13 E) ist eine gerichtliche Inaktivität von 7 Monaten im Kostenfestsetzungsverfahren, nämlich im März 2012 und von Juni 2012 bis einschließlich November 2012, sowie von 32 Monaten im Erinnerungsverfahren, nämlich von Mai 2013 bis einschließlich Dezember 2015, festzustellen. Bezüglich des Kostenfestsetzungsverfahrens ist nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrages im Februar 2012 bereits im März 2012 keine gerichtliche verfahrensfördernde Handlung erfolgt; nach dem gerichtlichen Hinweisschreiben im April 2012 und berechtigtem Zuwarten auf eine Antwort des Klägers bis Mai 2012 ist eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenfestsetzungsentscheidung nach § 197 Abs. 1 SGG erst im Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Dezember 2012 zu erblicken. Bezüglich des Erinnerungsverfahrens ist nach Eingang der Erinnerung im Januar 2013, Übersendung der Erinnerung an das Jobcenter und Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen im Januar 2013, Eingang der Erinnerungserwiderung des Jobcenters im März 2013, Übersendung der Erinnerungserwiderung an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 3 Wochen im März 2013 und berechtigtem gerichtlichem Zuwarten bezüglich des Fristablaufs zur Stellungnahme im April 2013 eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenerinnerungsentscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG erst in der gerichtlichen Hinweisverfügung im Januar 2016 sowie im anschließenden Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses des SG im Februar 2016 zu verzeichnen.

- Im Ausgangsverfahren S 12 AS 326/11 ER (S 12 SF 47/13 E) ist ebenfalls eine gerichtliche Inaktivität von 7 Monaten im Kostenfestsetzungsverfahren, nämlich im März 2012 und von Juni 2012 bis einschließlich November 2012, sowie von 33 Monaten im Erinnerungsverfahren, nämlich von April 2013 bis einschließlich Dezember 2015, festzustellen. Bezüglich des Kostenfestsetzungsverfahrens ist nach Eingang des Kostenfestsetzungsantrages im Februar 2012 bereits im März 2012 keine gerichtliche verfahrensfördernde Handlung erfolgt; nach dem gerichtlichen Hinweisschreiben im April 2012 und berechtigtem Zuwarten auf eine Antwort des Klägers bis Mai 2012 ist eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenfestsetzungsentscheidung nach § 197 Abs. 1 SGG erst im Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Dezember 2012 zu erblicken. Bezüglich des Erinnerungsverfahrens ist nach Eingang der Erinnerung im Januar 2013, Übersendung der Erinnerung an die BA und das Hauptzollamt mit Anforderung einer Stellungnahme mit Frist von 4 Wochen im Januar 2013, Eingang der Erinnerungserwiderungen der BA und des Hauptzollamtes im Januar und Februar 2013, Übersendung der Erinnerungserwiderungen an den Kläger zur Kenntnis und Stellungnahme mit Frist von 6 Wochen im Februar 2013, Eingang einer weiteren Stellungnahme des Hauptzollamtes im Februar 2013, Äußerung des Klägers auf die Erinnerungserwiderungen im März 2013 und Übersendung der Äußerung des Klägers an die BA und das Hauptzollamt zur Kenntnis im März 2013 eine gerichtliche Weiterbearbeitung des Verfahrens im Hinblick auf die zu treffende Kostenerinnerungsentscheidung nach § 197 Abs. 2 SGG erst in der gerichtlichen Hinweisverfügung im Januar 2016, im Eingang der Antwort des Klägers auf die Hinweisverfügung im Februar 2016 sowie im anschließenden Erlass sowie in der Zustellung des Beschlusses des SG im März 2016 zu verzeichnen.

Die Phasen gerichtlicher Inaktivität von jeweils Mai 2013 bis Januar 2016 bzw. April 2013 bis Januar 2016 in den Erinnerungsverfahren wurden jeweils nicht durch die Schreiben des SG vom September 2013, die auf die Verzögerungsrügen des Klägers im August 2013 ergingen, mit Verweis auf die Vielzahl anhängiger Verfahren und der Bitte um Geduld, unterbrochen, weil die Beantwortung der auch als Sachstandsanfragen zu bewertenden Verzögerungsrügen keine das konkrete Ausgangsverfahren fördernden Prozesshandlungen beinhalteten.

(zu 3) Die Gesamtabwägung ergibt eine Überlänge der 4 Kostenfestsetzungsverfahren von jeweils 5 bzw. 4 Monaten sowie der 4 Erinnerungsverfahren von jeweils 20 bzw. 21 Monaten.

Zwar ist – wie soeben ausgeführt – eine gerichtliche Inaktivität von 8, 7, 7 und 7 Monaten in den Kostenfestsetzungsverfahren sowie von 32, 32, 32 und 33 in den Erinnerungsverfahren feststellbar. Wird hiervon aber die dem SG zuzubilligende Vorbereitungs- und Bedenkzeit, die sowohl für das Kostenfestsetzungs- als auch für das Erinnerungsverfahren als eigenständige Rechtsbehelfszüge gilt, abgezogen, ist eine Unangemessenheit der Dauer der Kostenfestsetzungsverfahren nur von 5, 4, 4 und 4 Monaten sowie der Erinnerungsverfahren nur von 20, 20, 20 und 21 Monaten festzustellen.

Grundsätzlich ist jeder Instanz des Ausgangsverfahrens eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zuzubilligen, die nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden muss (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 27 und 45 ff.; Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris RdNr. 33). Diese Vorbereitungs- und Bedenkzeit kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt 12 Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 46). Die Zeitspanne von 12 Monaten ist zwar regelmäßig zu akzeptieren; nach den besonderen Umständen des Einzelfalls kann aber ausnahmsweise eine kürzere oder gar keine Vorbereitungs- und Bedenkzeit anzusetzen sein (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 50). Dies gilt insbesondere bei überdurchschnittlich langer Gesamtdauer des Ausgangsverfahrens; denn je länger das Verfahren insgesamt dauert, umso mehr verdichtet sich die Pflicht des Ausgangsgerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 1/13 R - juris RdNr. 32).

Anlass, die Zeitspanne von 12 Monaten zu reduzieren, besteht vorliegend lediglich in Bezug auf die Kostenfestsetzungsverfahren. Denn diese zeichnen sich bereits dadurch aus, dass in diesen nicht der Richter, sondern der Urkundsbeamte des Gerichts entscheidet (§ 197 Abs. 1 Satz 1 SGG), dass gerichtliche Ermittlungen im Sinne einer Sachaufklärung nicht durchzuführen sind und dass zur Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten bereits deren Glaubhaftmachung genügt (§ 197 Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angemessen, bei Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 Abs. 1 SGG in Anlehnung an die Untätigkeitsklagefrist des § 88 Abs. 2 SGG in der Regel eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 3 Monaten einzuräumen (so bereits: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2016 - L 12 SF 9/14 EK AS - juris RdNr. 17; Urteil vom 11.11.2015 - L 12 SF 31/15 EK AS - juris RdNr. 17).

In Bezug auf die Erinnerungsverfahren nach § 197 Abs. 2 SGG besteht im konkreten Fall jedoch kein Anlass, die Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten zu verkürzen (so aber LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.11.2015 - L 12 SF 23/14 EK AS - juris RdNr. 19). Hinter der Zuerkennung solcher Zeiten steht die Erwägung, dass aus dem Anspruch auf zeitgerechten Rechtsschutz kein Recht auf sofortige Befassung des Gerichts mit jedem Rechtsschutzbegehren und dessen unverzügliche Erledigung folgt. Vielmehr sind je nach Bedeutung und Zeitabhängigkeit des Rechtsschutzziels und abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits sowie vom Verhalten der Beteiligten gewisse Wartezeiten zuzumuten (Bundesfinanzhof [BFH], Zwischenurteil vom 07.11.2013 - X K 13/12 - juris RdNr. 54; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 13.03.2014 - III ZR 91/13 - juris RdNr. 34; BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - juris RdNr. 44). Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Spielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (BGH, Urteil vom 12.02.2015 - III ZR 141/14 - juris RdNr. 33). Es gibt keinen Grund, diesen Gestaltungsspielraum bei einfach gelagerten Fällen – wie sie Erinnerungsverfahren häufig sind – zu verengen und das Gericht für verpflichtet zu erachten, solche Fälle gegenüber rechtlich schwierigeren oder tatsächlich ermittlungs- und damit zeitintensiven Verfahren vorzuziehen. In den vorliegenden Erinnerungsverfahren gilt dies erst recht, weil diese von nur geringer Bedeutung waren und keine ihre vordringliche Bearbeitung gebietenden Umstände (objektiv) vorlagen; solche wurden vom Kläger auch nicht in verifizierbarer Art und Weise (subjektiv) geltend gemacht. Dem Gericht muss zudem die Ausnutzung von Synergieeffekten zugestanden werden, die sich aus dem Sammeln und dann gleichzeitigen Bearbeiten von gleichgelagerten Nebenverfahren ergeben können.

f) Dem Kläger ist nicht gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG für jeden Monat der unangemessenen Verfahrensdauer für die von ihm erlittenen immateriellen Nachteile eine Entschädigung in Geld von 100,00 Euro monatlich zuzusprechen, da die Nachteile auf andere Weise wieder gutgemacht werden können (§ 198 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 4 GVG).

Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG, insbesondere durch (bloße) gerichtliche Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer, ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung des Nichtvermögensschadens auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG ist hier ausreichend. Nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG kann das Entschädigungsgericht die bloße Feststellung der Überlänge des Ausgangsverfahrens aussprechen, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind; davon umfasst sind vor allem die Fälle, in denen eine Entschädigung nicht beansprucht werden kann, weil die Verzögerungsrüge zu früh oder gar nicht erhoben wurde (BT-Drucks. 17/3802, S. 22). Sind dagegen alle Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch erfüllt, kommt eine Kompensation des Nichtvermögensschadens durch die bloße Feststellung der Überlänge ausnahmsweise auch dann in Betracht, etwa wenn das Ausgangsverfahren für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris RdNr. 36; Urteil vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - juris RdNr. 43 ff.). Dies ist hier insoweit der Fall, als die Ausgangsverfahren, in denen jeweils nur um die Festsetzung geringfügiger Aufwendungen für Porto und Kopien gestritten wurde, für den Entschädigungskläger objektiv keine besondere Bedeutung hatten. Für die Bedeutung des Verfahrens ist ausschließlich der Maßstab objektivierter Betrachtung entscheidend (BSG, Urteil vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - juris RdNr. 35). Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen zur gänzlich unterdurchschnittlichen und völlig untergeordneten Bedeutung der Ausgangsverfahren verwiesen – zumal Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren nach Erledigung der vorangegangenen Hauptsache für den Beteiligten ohnehin im Allgemeinen von untergeordneter Bedeutung sind und insoweit nach den Umständen des Einzelfalls regelmäßig Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist (BSG, Urteil vom 10.07.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - juris RdNr. 31; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 - L 8 SF 128/12 EK - juris RdNr. 54; ebenso im Ergebnis: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2016 - L 37 SF 247/14 EK KR - juris RdNr. 67). Besondere Umstände, die gegen diese Erwägung sprechen, liegen hier nicht vor. Der vom Kläger begehrten "symbolischen Genugtuung" wird mit der ebenso "symbolischen", bloßen Feststellung der Überlänge der Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren hinreichend Rechnung getragen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 201 Abs. 4 GVG. Nach § 201 Abs. 4 GVG entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen, wenn – wie hier – ein Entschädigungsanspruch nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe besteht, aber eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird. Dabei hält der Senat es im konkreten Fall für billig, dass die festgestellte Unangemessenheit der Verfahrensdauern es rechtfertigt, von einem hälftigen Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten auszugehen. Für den Kläger standen zwar die gerügten, in Geld zu entschädigenden immateriellen Nachteile im Vordergrund seines Klagebegehrens. Die festgestellte Unangemessenheit der Dauern der Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren ist gegenüber dem vorrangigen, auf Geldentschädigung gerichteten Begehren jedoch nicht von untergeordneter Bedeutung. Denn nach der menschenrechtlichen Konzeption der §§ 198 ff. GVG dient sowohl der Feststellungsausspruch als auch die Zuerkennung einer Geldentschädigung für immaterielle Schäden – auf die der Kläger seinen Antrag beschränkt hat – der Genugtuung für die erlittenen immateriellen Nachteile eines unangemessen verzögerten Gerichtsverfahrens (BFH, Urteil vom 17.04.2013 - X K 3/12 - juris RdNr. 78). Vor diesem Hintergrund ist auch für die Kostenentscheidung der Umstand, dass das Entschädigungsgericht eine Verfahrensverzögerung in der vom Kläger in etwa geltend gemachten Größenordnung annimmt, von größerem Gewicht als die Wahl zwischen den verschiedenen Rechtsfolgenaussprüchen.

5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes.
Rechtskraft
Aus
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