L 4 SO 39/17 KL

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 39/17 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Schleswig-Holstein vom 25. November 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Januar 2014 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 3.000,- Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) des Landes Schleswig-Holstein vom 25. November 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Januar 2014, der ihn verpflichtet, mit dem Beklagten eine Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2013 unter Berücksichtigung einer Auslastungsquote von 98 %, von 7.321,18 Euro für Personalkosten Leitung und von 4.985,34 Euro für Personalkosten Verwaltung abzuschließen.

Der Beklagte, der seinen Sitz in H. hat und dem D. Werk angehört, betreibt unter anderem eine Einrichtung der Ambulanten Betreuung von Menschen mit seelischer Behinderung oder psychischer Erkrankung in P. im Kreis P1, die er Ende 2012 übernommen hatte. Zuvor war die Einrichtung von dem Träger C. betrieben worden. Diese Einrichtung erbringt ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII (ambulante Betreuung im eigenen Wohnraum für Menschen mit seelischer Behinderung), vorrangig für Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Kreis P1. Im November 2012 legte der Beklagte dem Kläger einen ersten Vorschlag für eine Vergütungsvereinbarung vor. Im Januar 2013 schloss der Beklagte mit dem Kläger eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gem. § 75 Abs. 3 SGB XII betreffend diese Einrichtung.

Am 4. März 2013 legte der Beklagte dem Kläger ein Angebot zur Vereinbarung einer Vergütung nach § 75 Abs. 3 SGB XII für den Zeitraum vom 15. März 2013 bis zum 31. Dezember 2013 vor, das eine Gesamtvergütung pro Fachleistungsstunde in Höhe von 72,56 Euro (52,83 Euro Maßnahmepauschale, 7,89 Euro Grundpauschale, 10,75 Euro Wegezeitenpauschale und 1,09 Euro Investitionsbetrag) vorsah. Das Kalkulationsblatt wies Personalkosten Leitung in Höhe von 7.880,- Euro und Personalkosten Verwaltung in Höhe von 5.095,- Euro aus.

Am 12. März 2013 schlossen der Kläger und der Beklagte eine Einzelfallvereinbarung über die Vergütung für den Übergang von Maßnahmen der ambulanten Betreuung vom Träger C. zum Beklagten, mit der für den Zeitraum vom 15. März 2013 bis zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung eine Vergütung von 37,49 Euro pro Stunde für die Betreuung von 25 namentlich genannten Personen festgelegt wurde. Zur Erläuterung der Vereinbarungsgrundlagen heißt es dort: "Es gilt der Inhalt der zwischen der Einrichtung C. und dem Kreis P1 abgeschlossenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung vom 01.12.2007 [ ] Nach Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zur Leistungsvereinbarung vom 01.02.2013 für die Einrichtung G. ist eine Rückrechnung der Vergütung auf den Beginn des Vereinbarungszeitraums möglich".

In der Folgezeit gab es sowohl mündliche Besprechungen als auch Email-Austausch zwischen den Beteiligten zu strittigen Fragen der Vergütungskalkulation. Diese führten zu einem geänderten Angebot des Beklagten, mit dem als Vergütung für eine Fachleistungsstunde 61,63 Euro (52,81 Euro Maßnahmepauschale, 7,84 Euro Grundpausche und 0,98 Euro Investitionsbetrag) sowie eine Einsatzpauschale von 10,75 Euro gefordert und eine Auslastungsquote von 98 % angesetzt wurden. In die zugrunde liegende Kalkulation flossen Personalkosten Leitung in Höhe von 7.321,18 Euro und Personalkosten Verwaltung in Höhe von 4.985,34 Euro ein. Demgegenüber erklärte sich der Kläger lediglich zur Berücksichtigung von Personalkosten Leitung in Höhe von 5.935,20 Euro und Personalkosten Verwaltung in Höhe von 3.918,16 Euro bereit; außerdem bestand er auf einer Auslastungsquote von 100 %. Weitere streitige Kosten konnten später geklärt werden.

Mit Schreiben vom 8. August 2013 rief der Beklagte die Schiedsstelle gemäß § 80 SGB XII des Landes Schleswig-Holstein an und beantragte, den Antragsgegner zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2013 ab Eingang des Antrags bei der Schiedsstelle mit einer Gesamtvergütung von 61,63 Euro je Fachleistungsstunde (52,81 Euro Maßnahmepauschale, 7,84 Euro Grundpausche und 0,98 Euro Investitionsbetrag), einer Einsatzpauschale von 10,75 Euro und einer Auslastungsquote von 98 % zu verpflichten. Zur Begründung führte er aus, er habe dem Kläger Anfang März 2013 ein Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung vorgelegt. Die Beteiligten hätten über dieses Angebot mündlich und schriftlich verhandelt, aber über bestimmte Punkte keine Einigung erzielt.

Strittig sei zunächst die Auslastungsquote. Hier habe er, der Beklagte, eine Quote von 98 % angeboten, der Kläger bestehe jedoch auf einer Quote von 100 %. Eine Auslastungsquote von 100 % sei für ihn, den Beklagten, bei einer Leistungserbringung durch Fachleistungsstunden, basierend auf einer bestimmten Nettojahresarbeitszeit einer Vollkraft, nicht umsetzbar. Es sei zunächst keine lückenlose Betreuungstätigkeit möglich, da sich die Termine auch nach den Bedürfnissen der Klienten richten würden, die wiederum auch an andere tagesstrukturierende Maßnahmen oder Arbeitszeiten gebunden seien. Daneben komme es gerade bei der Betreuung psychisch kranker Menschen auch vor, dass vereinbarte Termine von den Betreuten nicht eingehalten würden. In § 9 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung sei vorgesehen, dass in diesen Fällen eine Ausfallleistung in Höhe von einem Sechstel einer Fachleistungsstunde abgerechnet werden können. Der Rest der Stunde könnte nicht abgerechnet werden. Schließlich könne der Beklagte auch seine laufenden Kosten nicht kurzfristig anpassen, wenn seine Dienste aufgrund von Änderungen in der Bewilligung seitens des Sozialhilfeträgers in geringerem Umfang in Anspruch genommen werden. Da der Beklagte die Einrichtung erst neu übernommen und daher keine diesbezüglichen Erfahrungswerte habe, habe er vorsichtig und prospektiv eine Auslastungsquote von 98 % angenommen.

Daneben seien auch die Personalkosten streitig. Hinsichtlich der Kosten für Verwaltungspersonal sei zunächst zu berücksichtigen, dass ausweislich § 9 Abs. 3 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Verwaltungskosten mit einem Stellenanteil von 0,1 Vollzeitstellen maßgeblich sein sollen und der Beklagte die Verwaltungstätigkeiten durch eine Zentralverwaltung erbringe. Der Beklagte habe die Personalkosten Verwaltung daher unter Zugrundlegung des in der Zentralverwaltung und der Bereichsverwaltung vor Ort tatsächlich beschäftigten Personals sowie anhand der tariflichen Anpassung berechnet. Dabei sei der Anteil der Zentralverwaltungsleistung, der für die Einrichtung in P. erbracht werde, mit einem Ertragsschlüssel (d.h. anhand des Anteils der Gesamterträge des Beklagten, der auf die Leistungen der Eingliederungshilfe entfalle, mithin 23,6 %) ermittelt worden. Daraus ergäben sich durchschnittliche Personalkosten von 4.985,34 Euro für 0,1 Vollkräfteanteile. Der Kläger wolle hier pauschal die Entgeltgruppe 6 der Arbeitsvertragsrichtlinien der D. (AVR) anwenden, woraus sich 3.918,16 Euro für 0,1 Vollkräfteanteil ergeben würde. Dies entspreche jedoch nicht der üblichen Praxis der Schiedsstelle, die auf das tatsächlich vorhandene Personal abstelle. Außerdem reiche die fiktive Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 nicht aus, um die für eine funktionierende Verwaltung notwendigen Qualifikationen vorzuhalten. Entsprechendes gelte auch für die Personalkosten Leitung. Auch hier würden die Leistungen anteilig zentral erbracht. Der Kläger wolle auch hier lediglich durchschnittliche fiktive Personalaufwendungen anerkennen und nicht die tatsächlichen Kosten. Entgegen der klägerischen Ansicht sei eine Geschäftsführung im Sinne eines Vertretungsberechtigten der Einrichtung sozialrechtlich notwendig. Ohne diese wäre eine Leistungserbringung nicht möglich, da schon keine Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen werden könnten. Der Beklagte sei als Verein organisiert, nach der Geschäftsordnung für den Vorstand könnten bestimmte Geschäfte, unter anderem der Abschluss von "Vereinbarungen von wesentlicher Bedeutung, z.B. Leistungs- und Entgeltvereinbarungen" nur durch den Vorstand getätigt werden. Der Vorstand bzw. die Geschäftsführung habe daneben vielfältige weitere Aufgaben, ohne die der Betrieb der Einrichtung nicht möglich sei. Der Schiedsstellenantrag enthielt außerdem weitere Ausführungen zu anderen, zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls strittigen Punkten.

Der Kläger äußerte sich zu dem Schiedsstellenantrag mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 und trug vor, im ambulanten Bereich werde grundsätzlich eine Auslastungsquote von 100 % vereinbart. Abweichungen könnten sich nur bei plausiblem Nachweis wiederkehrender Ausfallzeiten ergeben. Dem Umstand, dass eine lückenlose Betreuungsabfolge nicht umsetzbar sei, könne mit der Einrichtung von Nettojahresarbeitszeitkonten sowie der Nutzung von Übergangszeiten zur Dokumentation oder zur Einhaltung gesetzlicher Pausen begegnet werden. Kurzfristige Schwankungen in der Nachfrage nach den Diensten könne es auch in die andere Richtung geben, z.B. könnten akute Kriseninterventionen oder Neuaufnahmen kurzfristig zu Mehrarbeit führen. Der Beklagte habe vorgetragen, den Dienst neu übernommen und deshalb noch keine konkreten Erfahrungswerte zu haben. Aus diesem Grund erscheine es sinnvoll, auf die Erfahrungen anderer Träger zurückzugreifen. Ein externer Vergleich ergebe hier eine Auslastung mit 100 %. Außerdem lasse sich eine Auslastungsquote nur bilden, wenn eine Platzzahl festgelegt sei, letzteres sei hier nicht erfolgt.

Hinsichtlich der Personalkosten Leitung und Verwaltung sei zu berücksichtigen, dass bereits im Zuge der Verhandlungen zur Leistungsvereinbarung thematisiert worden sei, dass die Zentralverwaltung in der Vergütung noch einmal zu betrachten sei. Bei der Vergütung komme es auf die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung, nicht auf diejenige des Trägers an. Eine Zentralverwaltung müsse unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gegenüber einer dezentralen Leitung und Verwaltung eines Dienstes kostengünstiger bzw. zumindest kostenneutral sein. Mehrkosten durch eine Zentralverwaltung könnten nicht akzeptiert werden. Im Vergleich zu anderen Diensten und Einrichtungen könne festgestellt werden, dass die Leistungsfähigkeit eines ambulanten Dienstes nicht vom Betrieb einer Zentralverwaltung abhänge. § 4 Abs. 3 Landesrahmenvertrag für Schleswig-Holstein nach § 79 Abs. 1 SGB XII (L.) sehe vor, dass die Funktion und die Qualifikation der Mitarbeiter von den Leistungen der Einrichtung abzuleiten sei, nicht aber von der Organisationsform des Trägers. In der Leistungsvereinbarung sei ein Stellenanteil vereinbart worden, daneben sei als Kalkulationsgrundlage die Allgemeine Verfahrensvereinbarung für Schleswig-Holstein (AVV-SH) anzuwenden. Die eingereichten Unterlagen zu den Kosten von Leitung und Verwaltung seien weiterhin nicht plausibel. Der vom Beklagten zugrunde gelegte Ertragsschlüssel sei nicht zur Plausibilisierung geeignet, da hier völlig unterschiedliche Angebote und Einrichtungen aus H. und Schleswig-Holstein als Gesamtkostengröße benannt und hieraus eine pauschale Schlüsselung vorgenommen würde. Der Ertragsschlüssel könne nicht abbilden, welche Kosten der Zentralverwaltung für den Betrieb des hier in Rede stehenden Dienstes notwendig seien. Aus Sicht des Klägers sei für die Leitung des ambulanten Dienstes die Entgeltgruppe 10 der AVR als angemessen anzusehen, da es sich um einen neuen Dienst handele, sei die Basisvergütung anzusetzen. Für die Verwaltung sei die Basisvergütung der Entgeltgruppe 6 der AVR als angemessen anzusehen.

Der Beklagte äußerte sich hierzu wiederum mit Schreiben vom 29. Oktober 2013. Zu der Auslastungsquote trug er vor, der Verweis des Klägers auf Nettojahresarbeitszeitkonten gehe fehl, da diese Lücken in der Betreuungsabfolge nicht verhindern könnten. Es sei den Arbeitnehmern nicht zumutbar, Lücken in der Betreuungszeit als Privatzeit anzusehen. Die Lückenzeiten könnten in der Regel auch nicht zu Dokumentationszwecken genutzt werden, da die Mitarbeiter in der Regel unterwegs und Laptops nicht vorhanden seien. Kurzfristig erforderliche Mehrarbeit führe entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zu Kostenersparnissen, da hierfür entweder mehr Personal beschäftigt oder Überstunden abgegolten werden müssten. Der Verweis des Klägers auf einen vermeintlichen externen Vergleich mit anderen Diensten greife zu kurz, da die regelhafte Vereinbarung einer Auslastungsquote von 100 % allein auf den Vorgaben des Klägers basiere, nicht aber auf den tatsächlichen Verhältnissen in anderen Diensten. Eine Auslastungsquote sei auch nicht an die Vereinbarung einer Platzzahl gekoppelt. Zu den Personalkosten führte der Beklagte aus, die Zugrundelegung der Basisvergütung der jeweiligen Entgeltstufen durch den Kläger sei nicht zu rechtfertigen. Nur weil es sich um einen neuen Dienst handele, seien nicht ausschließlich neue Mitarbeiter eingestellt worden. Vielmehr habe der Beklagte auch Mitarbeiter eingesetzt, die bereits im Rahmen des Gesamtträgers tätig gewesen seien und mithin entsprechende Einstufungen nach den AVR mitgebracht hätten. Auf einen externen Vergleich komme es nicht an, denn nach Ziffer 3.1 AVV-SH 2013 seien für die Kalkulation der Vergütung Personalkosten, die aufgrund eines geltenden Tarifvertrags oder einer vergleichbaren Regelung zu leisten sind, anzuerkennen, soweit sie den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Das sei hier mit den nach den AVR bestimmten Vergütungen der Fall. Zur Zentralverwaltung werde darauf hingewiesen, dass für den ambulanten Dienst als Teileinrichtung des Trägers für die notwendigen Arbeiten in Leitung und Verwaltung unterschiedliche Professionen und Qualifikationen benötigt würden. Es gebe im realen Alltag nicht eine oder zwei Personen, die alle notwendigen Fachkenntnisse vereinten. Die Aufteilung der zentralen Leitungs- und Verwaltungskosten mittels eines Ertragsschlüssels entspreche allgemeinen kaufmännischen Grundsätzen einer leistungsgerechten Kostenverteilung.

Am 25. November 2013 verhandelte die Schiedsstelle in der Sache. Hinsichtlich einiger bisher strittige Punkte (Personalkosten Erziehung/Betreuung, Personalkosten sonstiges) wurde eine Einigung erzielt. Die Schiedsstelle fasste sodann einen Beschluss, in dem es hieß: "Der Antragsgegner wird verpflichtet, mit dem Antragsteller eine Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2013 ab Antragseingang unter Berücksichtigung von 7.321,18 EUR für Personalkosten Leitung und 4.985,34 EUR für Personalkosten Verwaltung abzuschließen". Im Übrigen – d.h. hinsichtlich der vom Beklagten außerdem geltend gemachten Übernahme von Rechtsanwaltsgebühren für das Schiedsstellenverfahren – wies sie den Antrag des Beklagten zurück. In den Gründen des Beschlusses fanden sich auch Ausführungen zur Auslastungsquote. Nach einem Hinweis des Klägers, dass der Tenor keine Aussage zur Auslastungsquote treffe, erging am 20. Januar 2014 ein Berichtigungsbeschluss des Vorsitzenden der Schiedsstelle, wonach der entsprechende Satz des Tenors nunmehr lautete: "Der Antragsgegner wird verpflichtet, mit dem Antragsteller eine Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2013 unter Berücksichtigung einer Auslastungsquote von 98 % und von 7.321,18 EUR für Personalkosten Leitung und 4.985,34 EUR für Personalkosten Verwaltung abzuschließen".

Zur Begründung ihres Beschlusses führte die Schiedsstelle aus, es sei nicht davon auszugehen, dass eine Auslastungsquote von 100 % realistisch sei. Zwar könne der Argumentation des Beklagten, eine Quote von 98 % sei geboten, weil es öfter zu kurzfristigen Terminausfällen komme, nicht gefolgt werden, da diese Fälle mit der Sechstel-Abrechnung in der Leistungsvereinbarung geregelt seien. Es sprächen jedoch andere Gründe für die Annahme einer 98 % - Quote. Eine über den Arbeitstag lückenlose Betreuung sei nicht möglich, da auch auf Zeitvorgaben der Klienten eingegangen werden müsse. Dies führe zu "Leerlauf" zwischen einzelnen Terminen. Auch sei – insbesondere angesichts des problematischen Personenkreises der Klienten – ein kurzfristiger Wegfall von Klienten, der nicht immer sofort durch neue Klienten ausgeglichen werden könne, nachvollziehbar. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass bei ambulanten Einrichtungen laut L. grundsätzlich von einer hundertprozentigen Auslastungsquote auszugehen sei. Zwar seien die Regelungen in § 7 Abs. 1 und Abs. 3 L. zur Vereinbarung einer Platzzahl und einer Auslastungsquote wohl nur mit Blick auf stationäre bzw. teilstationäre Einrichtungen getroffen worden. Eine nur auf diese beschränkte Formulierung fehle aber. Der L. regele nach seinem § 1 Abs. 1 auch ambulante Dienste. Daher spreche nichts dagegen, auch für ambulante Einrichtungen eine Auslastungsquote festzuschreiben.

In § 9 Abs. 1 der Leistungsvereinbarung sei für die Verwaltung ein Stellenanteil von 0,1 vereinbart. Die Berechnung von 4.985,34 Euro durch den Beklagten sei auf der Grundlage des Umsatzes und der tatsächlich Beschäftigten erfolgt. Der angewandte Ertragsschlüssel möge zwar noch hinterfragt werden können, der Schiedsstelle erscheine die Berechnung aber hinreichend plausibel. Dem könne nicht entgegengehalten werden, diese Kosten seien im Vergleich zu anderen Einrichtungen zu hoch. Für die Berufung auf den externen Vergleich habe die Rechtsprechung vielfältige Regeln aufgestellt. Diese seien einzuhalten; die Behauptung, dass andere Anbieter günstiger seien, genüge insofern nicht. Entsprechendes gelte für die Personalkosten Leitung. Ergänzend sei anzuführen, dass der Einwand, eine zentrale Leitung müsse immer kostengünstiger sein als eine dezentrale, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffe. Ein Vergleich von Einrichtungen mit dezentraler Leitung und Einrichtungen mit zentraler Leitungen sei aufgrund der Unterschiedlichkeit der zu vergleichenden Gesichtspunkte schwer darstellbar.

Der Beschluss vom 25. November 2013 in der Ursprungsfassung ging beim Kläger am 9. Dezember 2013 ein, der Berichtigungsbeschluss vom 20. Januar 2014 am 29. Januar 2014. Am 14. Februar 2014 hat er Klage zum Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben.

Zur Begründung führt er aus, bei der Vergütungsfestsetzung sei neben dem Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Dieser sei im Sinne des Minimalprinzips zu verstehen. Die Vergütung solle den Einrichtungsträger in die Lage versetzen, die Versorgung ausreichend, aber unter geringstmöglichem Einsatz von Finanzmitteln sicherzustellen. Der Einrichtungsträger könne deshalb nur solche Kosten verlangen, die notwendig, d.h. nach Art und Ausmaß zur Zweckerzielung zwangsläufig, unentbehrlich und unvermeidbar, seien. Wenn der Einrichtungsträger – wie hier vom Beklagten vorgetragen – mit der bisherigen Vergütung seine Leistungsverpflichtung nicht in gebotenem Maß erfüllen könne, so müsse er dies umfänglich nachweisen. Das habe der Beklagte nicht getan. Die Schiedsstelle sei zudem ihrer Pflicht zur Amtsermittlung nicht nachgekommen, sondern habe vielmehr den Sachverhalt in "freier Würdigung" bewertet. Damit sei sie ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung nicht gerecht geworden. In der Folge sei die Entscheidungsfindung der Schiedsstelle einseitig erfolgt und daher nicht hinnehmbar.

Hinsichtlich der Auslastungsquote sei zu betonen, dass in der Leistungsvereinbarung keine Platzzahl vereinbart worden sei. Folglich sei auch eine Auslastungsquote denklogisch nicht ermittelbar und damit nicht möglich. Die Schiedsstelle habe ausschließlich über Streitigkeiten betreffend die Vergütungsvereinbarung zu entscheiden; sie dürfe deshalb die Leistungsvereinbarung auch nicht verändernd auslegen. Der Abschluss einer Leistungsvereinbarung begründe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Anspruch der Einrichtung auf eine ausreichende Belegung und damit auch nicht auf Vereinbarung einer Auslastungsquote. Im L. hätten die Vertragsparteien zwar die Möglichkeit vorgesehen, eine Auslastungsquote zu vereinbaren. Dies setze allerdings voraus, dass in der Leistungsvereinbarung eine Platzzahl vereinbart sei. Zudem sei es tatsächlich in der Vergangenheit bei den ambulanten Diensten im Regelfall zu keiner Minderung der Auslastungsquote gekommen. Eine schlüssige rechtskonforme Begründung für die Festsetzung einer Auslastungsquote von 98 % habe die Schiedsstelle nicht gegeben. Der Verweis auf das problematische Klientel des Beklagten sei absurd, da dieses gerade Geschäftsgrundlage der Verhandlungen zur Leistungsvereinbarung gewesen sei. In § 9 Abs. 4 der Leistungsvereinbarung finde sich mit dem Anspruch auf ein Sechstel der Vergütung eine Regelung für den Fall kurzfristiger Ausfälle. Insgesamt handele es sich bei der Frage nach einer Auslastungsquote um eine Vorfrage, die ggf. in der Leistungsvereinbarung zu regeln sei und die damit außerhalb der Entscheidungskompetenz der Schiedsstelle liege. Ggf. müsse der Beklagte Verhandlungen über eine Änderung der Leistungsvereinbarung anstrengen.

Insgesamt habe die Schiedsstelle keinen ordnungsgemäßen externen Vergleich durchgeführt; ein solcher sei aber erforderlich. Hinsichtlich der Personalkosten Verwaltung habe die Schiedsstelle darauf hingewiesen, dass der angewandte Schlüssel noch hinterfragt werden könne, die Berechnung der Schiedsstelle aber ausreichend plausibel erscheine. Dies genüge nicht den Anforderungen. Auch hinsichtlich der Personalkosten Leitung mache die Schiedsstelle lediglich vage Andeutungen ohne konkrete Befassung.

Der Kläger beantragt, den Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Schleswig-Holstein vom 15. November 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. Januar 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die Schiedsstellenentscheidung. Die Schiedsstelle habe von ihrer Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht und dabei weder die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt noch Erkenntnisse außer Acht gelassen oder ihre Abwägung einseitig oder willkürlich vorgenommen.

Entgegen der Auffassung des Klägers könne eine Auslastungsquote durchaus auch ohne festgelegte Platzzahl vereinbart werden. Bei ambulanten Angeboten werde die Vergütung in der Regel für eine Fachleistungsstunde festgelegt. Dabei entfalle die Vereinbarung einer Platzzahl, da die Kosten nicht – wie bei stationären Angeboten – nach Plätzen ermittelt würden, sondern im Wesentlichen nach Zeitanteilen für eine Vollkraftstelle. Die Höhe der Vergütung für eine Fachleistungsstunde verändere sich mithin nicht mit der Anzahl der Betreuten. Der Umstand, dass aufgrund dieser Finanzierungssystematik bislang keine Platzzahl vereinbart worden sei, könne nicht zum Nachteil des Beklagten gereichen. Eine Auslastungsquote bedürfe zwar einer Bezugsgröße, diese müsse aber nicht zwangsläufig die Platzzahl sein. Im Bereich der Pflegeversicherung sei anerkannt, dass Belegungsquoten zu berücksichtigen seien, wobei nicht zwischen stationären und ambulanten Diensten differenziert werde. Die Berechnung der Vergütung für eine Fachleistungsstunde geschehe wie folgt: Ausgangspunkt sei zunächst eine Bruttojahresarbeitszeit von 2000 Stunden pro Vollzeitkraft. Unter Abzug von Zeiten für Urlaub, Krankheit, Fortbildung etc. komme man zu einer Nettojahresarbeitszeit von 1585 Stunden. Da eine Fachleistungsstunde keine Zeitstunde sei, sondern 75 Minuten erfasse (60 Minuten direkte Leistung "am" Klienten", 15 Minuten indirekte Leistungen wie Dokumentation, Vor- und Nachbereitung), seien in der Leistungsvereinbarung (§ 9 Abs. 3) 1267,7 Stunden Nettojahresarbeitszeit vereinbart worden. Bei dieser Berechnung seien aber diejenigen Ausfallzeiten, die aufgrund der Unmöglichkeit einer lückenlosen Betreuung entstehen, nicht berücksichtigt worden. Diese müssten daher anderweitig Berücksichtigung finden. Dies solle durch die Auslastungsquote, bezogen auf die Nettojahresarbeitszeit, gewährleistet werden. Die Regelung im L. schließe die Vereinbarung einer Auslastungsquote für ambulante Dienste keineswegs aus. Der Formularsatz zur Verhandlung einer Vergütungsvereinbarung nach § 1 Abs. 3 d L. sehe auch für den Fall einer Kalkulation nach Fachleistungsstunden eine Auslastungsquote vor.

Hinsichtlich der Personalkosten Leitung habe der Beklagte die in der Leistungsvereinbarung geregelte kalkulatorische Größe mit den tatsächlichen Aufwendungen hinterlegt. Die Organisationsstruktur der Einrichtung und des Trägers sei allein Sache des Beklagten. Der Beklagte sei tarifgebunden, die entsprechenden Gehälter seien daher als Personalkosten Leitung zu akzeptieren. Entsprechendes gelte auch für die Personalkosten Verwaltung. Der Beklagte habe seine Kosten durchaus plausibel dargelegt. Er habe seine tatsächlichen Personalkosten offengelegt und die anteiligen Kosten der zentralen Leitung und Verwaltung nachvollziehbar anhand der Ertragslage aufgeschlüsselt. Die Schiedsstelle habe dies gewürdigt. Sofern der Kläger rüge, dass kein externer Vergleich angestellt worden sei, gehe dies fehl. Anders als im Bereich des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) könne die Schiedsstelle nach dem SGB XII auch lediglich über einzelne Vergütungsbestandteile entscheiden. Ein Vergleich mit anderen Einrichtungen sei daher nicht in jedem Fall anzustellen. Im Übrigen verlange ein externer Vergleich, dass der Kläger zunächst umfangreiches Datenmaterial vorlege, um einen solchen Vergleich überhaupt zu ermöglichen. Das sei nicht geschehen. Die bloße Behauptung, die vom Beklagten geforderte Vergütung sei im Vergleich mit anderen Einrichtungen zu hoch, genüge hierfür nicht. Der Kläger könne sein eigenes diesbezügliches Versäumnis nicht der Schiedsstelle anlasten.

Entscheidungsgründe:

Am 4. April 2014 hat der Beklagte beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Schiedsstellenbeschlusses gestellt (L 9 SO 14/14 KL). Im Mai/Juni 2014 schlossen die Beteiligten eine Vergütungsvereinbarung für den Zeitraum vom 15. August 2013 bis zum 31. Dezember 2014, in der eine Gesamtvergütung von 57,60 Euro pro Fachleistungsstunde vorgesehen ist. Die Vereinbarung enthält den expliziten Zusatz: "Diese Vergütungsvereinbarung hat keine Präjudiz für das laufende gerichtliche Verfahren und ist hinsichtlich der Positionen Personalkosten Leitung und Verwaltung sowie der Auslastungsquote vorläufig (L 9 SO 10/14 KL)". Daraufhin erklärte der Beklagte den Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Schiedsstellenentscheidung für erledigt.

Für die Zeiträume 1. Juli 2015 bis 30. Juni 2016 und 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2017 haben die Beteiligten jeweils Vergütungsvereinbarungen geschlossen. In diesen ist ebenfalls ausdrücklich geregelt, dass sie kein Präjudiz für das laufende gerichtliche Verfahren hätten und hinsichtlich der Positionen Personalkosten Leitung und Verwaltung sowie der Auslastungsquote vorläufig seien.

Mit Beschluss vom 1. Juni 2017 hat sich das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landessozialgericht Hamburg verwiesen.

Der Senat hat die Akte der Schiedsstelle beigezogen. Auf die Frage des Senats nach der Vergütung anderer, dem Beklagten vergleichbarer Dienst hat der Kläger mitgeteilt, es könnten keine vergleichbaren Dienste benannt werden, da die Dienste eine spezielle Ausprägung hätten und die Vergütung jeweils individuell ausgehandelt werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Rechtskraft
Aus
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