L 29 AS 125/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 618/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 125/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 99/18 B
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Januar 2018 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Januar 2018, mit dem das Sozialgericht in der Sache die Klage gegen einen Sanktionsbescheid und die Minderung des Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt 121,20 EUR abgewiesen hat.

Der 1961 geborene Kläger steht bei dem Beklagten im fortlaufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Folgeeinladung vom 20. September 2016 lud der Beklagte den Kläger für den 21. Oktober 2016 zu einem persönlichen Gespräch, zu dem der Kläger ebenso wenig erschien, wie zu den vorherigen Meldeterminen am 13. Juni, 22. August und 20. September 2016.

Mit Bescheid vom 15. November 2016 senkte daraufhin der Beklagte das Arbeitslo-sengeld II des Klägers in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelsatzes, mithin um 40,40 EUR monatlich, für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 28.Februar 2017 ab. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch vom 18. November 2016 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2017 zurück.

Gegen "den Verwaltungsakt vom 20.09.2016" (die Folgeeinladung) und den Bescheid vom 15. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2017 hat der Kläger am 16. Januar 2017 Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben und sinngemäß beantragt, die Rechtswidrigkeit "des Verwaltungsaktes vom 20.09.2016" festzustellen und den Beklagten unter Aufhebung der angegriffenen Be-scheide zu verurteilen, die einbehaltenen Anteile an der dem Kläger zustehenden Gesamtleistung nach dem SGB II unverzüglich nachzuzahlen.

Das Sozialgericht Berlin hat ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils vom 10. Januar 2018 gemäß § 123 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Begehren des Klägers dahingehend ausgelegt, dass er sich mit der Anfechtungsklage gegen den Absenkungsbescheid wende, weil die Feststellungsklage subsidiär gegenüber der Anfechtungsklage sei. Die so verstandene Anfechtungsklage hat das Sozialgericht abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.

Gegen dieses dem Kläger am 16. Januar 2018 zugestellte Urteil hat er am 22. Janu-ar 2018 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die Berufung sei zulässig, weil er eine Feststellungsklage erhoben habe, für die die Aus-nahme des § 144 Absatz 1 S. 1 Nr. 1 SGG nicht gelte.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich wörtlich,

die Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung des Jobcenters Berlin-Reinickendorf, der Berufungsbeklagten, vom 20.09.2016 aus rechtlichen und inhaltlichen Gründen nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG festzustellen, und den Min-derungsbescheid vom 15.11.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2017, wegen der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung und weil ein Meldeversäumnis nicht vorliegt, nach § 44 SGB X aufzuheben, ebenso die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 10.01.2018 (Ak-tenzeichen: S 53 AS 618/17), weil der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Urteils hat.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung sei weder zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt, noch sei sie vom Sozialgericht zugelassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig-ten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der Beratung ge-wesen sind, Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Januar 2018 ist nicht statthaft.

Der Senat konnte die Berufung durch Beschluss gemäß § 158 SGG als unzulässig verwerfen.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt (§ 143 SGG). Diese Regelung gilt gemäß § 105 Abs. 1 S. 3 SGG für Gerichtsbe-scheide entsprechend.

Nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentli-chen Rechts oder Behörden 10.000 EUR nicht übersteigt.

Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Absatz 1 S. 2 SGG).

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schrift-lich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeam-ten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen (§ 158 S. 1 SGG). Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 S. 2 SGG), eine mündliche Verhandlung ist fakultativ (vergleiche § 142 Abs. 1 SGG, siehe auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 142 Rn. 3).

Die Berufung ist nach § 144 SGG unzulässig, weil weder der Wert des Beschwerde-gegenstandes 750 EUR übersteigt, noch die Klage wiederkehrende oder laufende Leis-tungen für mehr als ein Jahr betrifft und eine Zulassung durch das Sozialgericht nicht erfolgte. Letztlich wendet sich der Kläger gegen eine Leistungsabsenkung in Höhe von monatlich 40,40 EUR für den Zeitraum vom 1. Dezember 2016 bis zum 28. Februar 2017 und damit insgesamt gegen die Nichtauszahlung von 121,20 EUR (= 40,40 EUR x 3 Monate).

Soweit der Kläger der Ansicht ist, die Berufung sei zulässig, weil bei Feststellungs-klagen die Voraussetzungen nach § 144 Abs. 1 SGG nicht einschlägig seien, ver-kennt er den Umfang der zur Überprüfung gestellten Entscheidung des Sozialge-richts Berlin.

Gegenstand des hiesigen Berufungsverfahrens ist nach § 143 SGG das erstinstanz-liche Urteil des Sozialgerichts. Dieses hat das Begehren des Klägers gemäß § 123 SGG dahingehend ausgelegt, dass nur über eine Anfechtungsklage gegen den Ab-senkungsbescheid zu entscheiden sei, weil eine Feststellungsklage gegenüber einer Anfechtungsklage subsidiär und damit unzulässig ist. Entsprechend erfolgte eine Entscheidung des Sozialgerichts nur über die Anfechtungsklage, nicht jedoch über die Feststellungsklage. Folglich steht im Berufungsverfahren auch nur die Entschei-dung des Sozialgerichts über die Anfechtungsklage zur Überprüfung. Für diese Beru-fung gelten allerdings die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 SGG, so dass die Be-rufung als unzulässig zu verwerfen ist, weil weder der Wert der Beschwer 750 EUR übersteigt (er liegt bei 121,20 EUR) noch die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (im Streit ist die Leistungsabsenkung für 3 Monate) und die Berufung auch nicht vom Sozialgericht zugelassen wurde.

Davon abgesehen wäre die Berufung allerdings auch dann nicht statthaft, wenn Ge-genstand des Berufungsverfahrens auch eine Entscheidung über den Feststellungs-antrag wäre. Denn entgegen der Ansicht des Klägers ist auch bei einem Feststel-lungsantrag ein Wert durch das Gericht zu ermitteln (vergleiche Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 144 Rn. 15b, mit weiteren Nachweisen), weil für Streitfälle geringerer Bedeutung die Berufung nicht vorgesehen ist (Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 6, mit weiteren Nachweisen). Vorliegend wäre danach der Wert der Beschwer für die Feststellungsklage gegen eine Folgeeinladung allenfalls in Höhe des Wertes der drohenden Sanktion bei Nichtbefolgung der Einladung anzusetzen. Wie bereits dargestellt, lag der Wert der Beschwer für die Anfechtungsklage gegen den aufgrund der Nichtbefolgung der Ein-ladung ergangenen Sanktionsbescheid bei insgesamt 121,20 EUR und damit unter der Streitwertgrenze des § 144 Abs. 1 SGG. Der Wert der Feststellungsklage kann die-sen Wert grundsätzlich nicht übersteigen.

Die Berufung war danach als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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