L 12 SF 46/17 EK

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SF 46/17 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung gilt als sog. aktive Bearbeitungszeit mit der Folge, dass ein Verfahren trotz einer Verfahrenslaufzeit von 2 Jahren und 8 Monaten, regelmäßiger Wiedervorlagen zu Verfahrensbeginn sowie eigenständiger Ermittlungen und nachfolgender Verfügung ins Sitzungsfach keine gerichtliche Inaktivität feststellbar ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 47).

Das Abwarten auf eine Leitentscheidung kann dabei auch ohne förmliche Aussetzung oder einen Ruhensbeschluss vom Gestaltungsspielraum des Gerichts gedeckt sein, wenn für das Entschädigungsgericht hinreichend erkennbar ist, dass das Gericht auf eine Leitentscheidung gewartet und das Verfahren aus diesem Grund nicht gefördert hat (Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 5 B 13/17 D -, Rn. 6, juris).
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des vor dem Sozialgericht Schleswig geführten Klageverfahrens S 9 As 439/14 (im Folgenden: Ausgangsverfahren).

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war die Höhe der bei dem Kläger zu berücksichtigenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 10. Februar 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2014 erkannte der beklagte Kreis N im Rahmen der Leistungsgewährung für den Zeitraum 1. März 2014 bis 31. August 2014 anstelle der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft in Höhe von 350,00 EUR Unterkunftskosten in Höhe von 282,00 EUR zuzüglich der tatsächlichen Heiz- und Warmwasserkosten an.

Am 1. September 2014 erhob der Kläger bei dem Sozialgericht Schleswig Klage. Zur Klagbegründung trug der Prozessbevollmächtigte umfangreich zur Frage eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Kreis N vor. Der Klage trat der beklagte Kreis N mit Schreiben vom 6. November 2014, eingegangen am 12. November 2014, unter Hinweis auf seinen ausführlichen Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2014 im Parallelverfahren des Klägers, S 9 AS 269/14 (vgl. Entschädigungsklage L 12 SF 47/17 EK), sowie ausstehender "Grundsatzentscheidungen" des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts ([LSG], L 3 AS 126/13, L 13 AS 184 - 187/13 und L 3 AS 17/14) entgegen. Den Schriftsatz übersandte das Gericht am 14. November 2014 an den Kläger zur Stellungnahme und regte an, das Verfahren bis zur Entscheidung des LSG über die genannten Verfahren ruhend zu stellen. Mit Schriftsatz vom 21. November 2014 sprach der Prozessbevollmächtigte sich gegen ein Ruhen der Verfahren bis zur Entscheidung des 3. Senats des LSG aus. Der beklagte Kreis N erklärte sich mit Schreiben vom 20. November 2014, eingegangen am 25. November 2014, sowohl im Ausgangsverfahren als auch im Parallelverfahren S 9 AS 269/14 mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden.

Nachdem die Akten des Ausgangsverfahrens zusammen mit dem Parallelverfahren S 9 AS 269/14 am 7. Januar 2015 und erneut am 26. Mai 2015 vorgelegt wurden und auf Erkenntnisse aus den Berufungsverfahren noch nicht zurückgegriffen werden konnte, bemühte das Gericht sich ab Juni 2015 selbständig um die Ermittlung der relevanten Grundlagendaten. Mit Verfügung vom 1. Juni 2015 bat es den beklagten Kreis N um Hergabe des für den hier streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Konzepts einschließlich der relevanten Daten. Mit Verfügung vom 15. Juli 2015 erinnerte die Vorsitzende den beklagten Kreis N an die Erledigung der Verfügung. Am 22. Juli 2015 ging das schriftliche Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten des Kreises N einschließlich einer CD-Rom mit der Auswertung der Bestands- und Angebotsmieten ein. Mit Verfügung vom 23. Juli 2015 leitete das Gericht den Schriftsatz an den Prozessbevollmächtigten mit dem Zusatz, ob Einsicht in das Konzept und/oder die Daten gewünscht werde, weiter. Dies verneinte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit bei Gericht eingegangenen Schreiben vom 30. Juli 2015 zunächst und forderte stattdessen den Beklagten auf, seine Schlussfolgerungen für den streitgegenständlichen Zeitraum darzulegen. Mit Schreiben vom 11. September 2015, eingegangen bei Gericht am 17. September 2015, erwiderte der beklagte Kreis N , dass die Angemessenheitsgrenzen ab dem 1. Juli 2015 angepasst worden seien. Für den zurückliegenden streitigen Zeitraum gelte das vorangegangene Unterkunftskostenkonzept, von dessen Schlüssigkeit er ausgehe. Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 22. September 2015 Akteneinsicht in die von dem Beklagten übersandten Unterlagen, die ihm die Vorsitzende mit Verfügung vom 28. September 2015 gewährte. Am 5. Oktober 2015 reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Konzept und die CD dem Gericht zurück und nahm mit Schriftsatz vom 12. November 2015, eingegangen bei Gericht am 18. November 2015, zu den Unterlagen Stellung. Dem Schriftsatz waren Rohdaten zum Beweis, dass es nahezu keinen Wohnraum auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt zu der Höchstgrenze des beklagten Kreises gebe, beigefügt. Den Schriftsatz übersandte das Gericht dem beklagten Kreis N mit Verfügung vom 18. November 2015 mit der Bitte um Kenntnis- und Stellungnahme binnen sechs Wochen; mit Schreiben vom 21. Januar 2016, eingegangen am 25. Januar 2016, kam der beklagte Kreis N der Aufforderung nach. Die Stellungnahme leitete das Gericht am 26. Januar 2016 an den Prozessbevollmächtigten weiter und verfügte die Akte - gemeinsam mit dem Parallelverfahren S 9 AS 269/14 - ins Sitzungsfach.

Sowohl im Ausgangsverfahren als auch im Parallelverfahren S 9 AS 269/14 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers jeweils mit am 26. Mai 2016 eingegangenem Fax eine Verzögerungsrüge. Die Vorsitzende leitete dem beklagten Kreis N diesen Schriftsatz am 31. Mai 2016 zur Kenntnis weiter, ließ die Erhebung einer Verzögerungsrüge jeweils im Fachprogramm vermerken und verfügte das Verfahren danach - gemeinsam mit dem Parallelverfahren - ins Sitzungsfach.

Mit Verfügung vom 28. Februar 2017 beraumte das Sozialgericht Termin zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung mit dem Parallelverfahren S 9 AS 269/14 für den 21. April 2017 an. Im Termin erkannte der beklagte Kreis N die Übernahme weiterer Unterkunftskosten ab dem 1. September 2014 an. Das Anerkenntnis nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Mit bei Gericht am 7. Juni 2017 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozess-bevollmächtigte der Kläger eine Entschädigungsklage anhängig gemacht und zur Begründung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R -, Rn. 38 - 40, juris) ausgeführt:

Die vollständige Klage sei am 1. September 2014 beim Gericht eingegangen. Die Klageerwiderung vom 12. November 2014 sei mit gerichtlichem Schreiben vom 14.11.2014 und der Anregung, das Verfahren bis zur Entscheidung der Berufungsverfahren ruhend zu stellen, weitergeleitet worden. Dem sei der Kläger mit Schriftsatz vom 21. November 2014 entgegengetreten. Weiterer Schriftwechsel sei lediglich zur Kenntnis weitergeleitet worden. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2016 sei eine Verzögerungsrüge erhoben worden. Das Verfahren sei im Termin am 21. April 2017 mit einem Anerkenntnis abgeschlossen worden. Bereits mit Eingang der Klagerwiderung des beklagten Kreises am 12. November 2014 sei die Klage entscheidungsreif gewesen; ab diesem Zeitpunkt sei der Beginn einer unangemessenen Verfahrensdauer anzunehmen. Unter Zubilligung eines Entscheidungszeitraumes von neun Monaten sei eine Entschädigung für 20 Monate der Verzögerung angemessen (20 Monate * 100,00 EUR).

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 2.000,00 EUR als Entschädigung für eine überlange Verfahrensdauer zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Entschädigungsklage mit Schriftsatz vom 20. September 2017 entgegengetreten.

Der Kläger habe bereits keine wirksame Verzögerungsrüge erhoben, denn zum Zeitpunkt der am 26. Mai 2016 eingegangenen Verzögerungsrüge habe eine Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde, nicht bestanden. Das Sozialgericht habe im Rahmen der ihm zustehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit (nach Klageerwiderung am 12. November 2014 und Replik des Klägers am 24. November 2014 mit Ablehnung der Ruhensanregung des Gerichts) von dem Ergebnis der obergerichtlichen Entscheidung Gebrauch machen wollen. Zusätzlich habe das Gericht sich in der Zeit vom 1. Juni 2015 bis Ende Januar 2016 selbständig um die erforderlichen Grundlagendaten bemüht; gleichwohl habe der Prozessbevollmächtigte bereits vier Monate später Verzögerungsrüge erhoben. Zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge im Mai 2016 habe zudem das LSG in den im Ausgangsverfahren benannten anhängigen Berufungsverfahren betreffend das Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten für SGB-II-Empfänger erste Entscheidungen getroffen. Selbst wenn man unterstelle, dass der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge von den Entscheidungen des LSG keine Kenntnis gehabt haben sollten, sei die Verzögerungsrüge in Anbetracht der höchstrichterlich anerkannten Vorbereitungs- und Bedenkzeit von einem Jahr je Instanz im Mai 2016 deutlich verfrüht erhoben worden und gehe somit ins Leere. Im Übrigen sei die Erhebung der Verzögerungsrüge auch rechtsmissbräuchlich gewesen, denn der Prozessbevollmächtigte habe, in dem er die Anregung zur RuhendsteIlung des Verfahrens unter ausdrücklichem Hinweis auf das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verzögerungsrüge ausgeschlagen habe, überhaupt erst die Voraussetzungen für die Erhebung einer Verzögerungsrüge geschaffen.

Ungeachtet dessen sei höchstrichterlich anerkannt, dass das Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren als Zeiten der aktiven Bearbeitung anzusehen sei, wenn zu erwarten sei, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz seien (vgl. BSG Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 25. Februar 2016 - L 37 SF 360/13 EK AS, Rn. 69, juris); der ausdrücklichen Zustimmung der Beteiligten bedürfe es dazu nicht. Hier habe das Sozialgericht - bei regelmäßigen Wiedervorlagen - zunächst nur sechs Monate abgewartet, ob es auf Erkenntnisse aus den Berufungsverfahren vor dem LSG zurückgreifen könne und nach weiteren eigenständigen Ermittlungen später im Anschluss an die obergerichtliche Entscheidung das Verfahren im Rahmen der ihm zustehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit zügig beendet. Durch diesen Verfahrensablauf habe der Kläger auch keine schwerwiegende Belastung im Sinne einer Beeinträchtigung in einem Grund- und Menschenrecht erlitten, zumal es auch nicht um aktuelle, laufende Leistungen des Klägers gegangen sei, sondern die Bedarfssituation bereits in der Vergangenheit gelegen habe. Schwerwiegende Belastungen seien im Übrigen auch nicht vorgetragen worden. Vielmehr habe das Ausgangsgericht unter den gegebenen Umständen aus der (maßgeblichen) ex-ante-Sicht die Richtigkeit der Rechtsanwendung über die "Schnelligkeit" des Verfahrens stellen und die Entscheidung des LSG für die (richtige) Beurteilung der Erfolgsaussichten für die Klage auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhals nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft abwarten dürfen. Daraus würden keine (entschädigungsrelevanten) Zeiten gerichtlicher Inaktivität erwachsen. Ein Entschädigungsanspruch scheide aus. Selbst die Feststellung einer vermeintlich unangemessenen Verfahrensdauer komme - unabhängig von der Verzögerungsrüge - nicht in Betracht. Denn werde die vermeintliche Überlänge bei der Verfahrensgestaltung - wie hier - durch denjenigen provoziert, der eine Entschädigung dafür begehre, bestehe kein schutzwürdiges Interesse, das mit einer entsprechenden Feststellung flankiert werden müsse.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der des Ausgangsverfahrens S 9 AS 439/14 VR sowie des Parallelverfahrens S 9 AS 269/14 (Berufungsverfahren anhängig bei dem LSG L 3 AS 98/17; Entschädigungsklage anhängig unter L 12 SF 47/17 EK) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage auf Entschädigung wegen überlanger Dauer des vor dem Sozialgericht Schleswig unter dem Az. S 16 AS 468/14 geführten Klageverfahrens ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Maßgebend für das Entschädigungsklageverfahren sind die §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), jeweils in der Fassung vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) und des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2554). Nach § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 202 Satz 2 SGG sind die Vorschriften des SGG über das Verfahren im ersten Rechtszug heranzuziehen. Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Der Kläger stützt die begehrte Entschädigungszahlung auf § 198 GVG, wonach angemessen entschädigt wird, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet (Satz 1 der Vorschrift). Eine vorherige Verwaltungsentscheidung sieht das Gesetz nicht vor.

Die Klagefrist des § 198 Abs. 5 GVG ist gewahrt. Danach kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden; die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Ausgehend von der am 26. Mai 2016 bei dem Sozialgericht Schleswig eingegangenen Verzögerungsrüge und dem angenommenen Anerkenntnis des beklagten Kreises N vom 21. April 2017 erfolgte die Erhebung der Entschädigungsklage am 7. Juni 2017 fristgerecht.

Das beklagte Land ist passivlegitimiert, § 200 Satz 1 GVG.

Die Klage ist jedoch nicht begründet, denn die Voraussetzungen des § 198 GVG sind vorliegend nicht erfüllt.

§ 198 Abs. 1 Satz 1 GVG setzt voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens einen Nachteil erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend ist (§ 198 Abs. 2 Satz 2, § 198 Abs. 4 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG).

Unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 28 ff.; Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rn. 23 ff.; Urteil vom 5. Mai 2015 - B 10 ÜG 8/14 R - Rn. 33 ff., juris) erfolgt die Prüfung der (Un-)Angemessenheit der Verfahrensdauer im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in drei Schritten:

(1) Ausgangspunkt und erster Schritt bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss, auch wenn dieses über mehrere Instanzen oder bei verschiedenen Gerichten geführt worden ist. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat.

(2) In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien zu messen. Dabei ist zu beachten, dass die Verfahrensführung des Ausgangsgerichts vom Entschädigungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen ist.

(3) Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei geht das BSG davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen ist, wenn eine Gesamtverfahrensdauer, die zwölf Monate je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich eine unangemessene Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens nicht feststellen:

(zu 1) Das erstinstanzliche Verfahren hat von der Klagerhebung des Klägers 1. September 2014 bis zum Abschluss am 21. April 2017 insgesamt 2 Jahre und 8 Monate angedauert.

(zu 2) a) Bei der Messung des Ablaufs des Ausgangsverfahrens an den Kriterien des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist zunächst festzustellen, dass das Verfahren einen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufwies. Im Streit stand, ob der beklagte Kreis N im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum über ein "schlüssiges Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, Rn. 18 ff, juris) zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten verfügte. Letzteres war zum Zeitpunkt der Klageerhebung in den Tatsacheninstanzen noch nicht abschließend geklärt (zur Rechtsanwendung des "schlüssigen Konzepts" im Einzelfall durch die Tatsacheninstanzen vgl. BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2015 – B 14 AS 255/15 B –, juris). Nach den Entscheidungen des LSG Schleswig-Holstein vom 13. Mai 2016 - L 3 AS 126/16 - und vom 17. Juni 2016 - L 3 AS 184/13 bis 187/13 -, wonach der beklagte Kreis N in der Vergangenheit (bis Juni 2015) nicht über ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der kommunalen Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten verfügt, und den mit Beschlüssen des BSG vom 14. Dezember 2016 - B 14 AS 251/16 B (zu L 3 AS 126/16) - und vom 20. Dezember 2016 - B 4 AS 247/16 B, B 14 AS 248/16 B, B 4 AS 249/16 B, B 14 AS 250/16 B (zu L 3 AS 184/13 bis 187/13) zurückgewiesenen Nichtzulassungsbeschwerden erkannte der beklagte Kreis N für den streitigen Zeitraum vom 1. März 2014 bis zum 31. August 2014 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % in Höhe von monatlich 56,80 EUR an. Vor diesem Hintergrund ist von einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit des Ausgangsverfahrens auszugehen.

b) Die Bedeutung des Ausgangsverfahrens ist zumindest durchschnittlich gewesen. Die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des Klägers und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 -, Rn. 29 juris). Aus diesem Grunde wird existenzsichernden Leistungen regelmäßig überdurchschnittliche Bedeutung für ihren Empfänger beigemessen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 -, Rn. 18, juris; BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 39, juris). Eine Klage auf Grundsicherungsleistungen ist auch nicht deshalb weniger bedeutsam und dringlich, weil sich der Kläger nicht um einstweiligen Rechtsschutz bemüht hat (BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, Rn. 29, juris). Im vorliegenden Fall standen existenzsichernde Leistungen im Streit. Der Kläger begehrte statt der ihm nur anteilig bewilligten Kosten der Unterkunft für die Wohnung "D straße in S " in Höhe von 282,00 EUR für einen 1-Personen-Haushalt die Übernahme der nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % angemessenen Kosten für Unterkunft in Höhe von 338,80 EUR. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft betrugen 350,00 EUR zuzüglich unstreitiger Heizkosten in Höhe von 78,19 EUR. Aus der für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II wirtschaftlich bedeutsamen Höhe des Begehrens für den Streitzeitraum (1. März 2014 bis 31. August 2014) von insgesamt 340,80 EUR (6 x 56,80 EUR) ergibt sich eine zumindest durchschnittliche Bedeutung des Ausgangsverfahrens.

c) Die Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens bemisst sich zudem danach, wie das Gericht das Verfahren geführt hat und ob und in welchem Umfang ihm Verfahrensverzögerungen zuzurechnen sind. Denn eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit hängt wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen (§ 200 GVG), also sachlich nicht gerechtfertigte Zeiten des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rn. 41 unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. August 2012 - 1 BvR 1098/11 -, juris).

Im Zusammenhang mit der Verfahrensführung durch das Gericht ist dabei zu berücksichtigen, dass die Verfahrensdauer in einem gewissen Spannungsverhältnis zur richterlichen Unabhängigkeit (Art 97 Abs. 1 GG) und zum rechtsstaatlichen Gebot steht, eine inhaltlich richtige, an Recht und Gesetz orientierte Entscheidung zu treffen. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck; vielmehr verlangt das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht (BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 32/10 -, Rn. 14, juris). Angesichts dessen muss dem Gericht in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – III ZR 73/13 –, Rn. 44, juris). Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer sind daher keine zu engen zeitlichen Grenzen zu ziehen (vgl BSG, Urteil vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL -, Rn. 27; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013, - 5 C 23/12 D -, Rn. 41 f mwN; BFH, Zwischenurteil vom 11.Juli 2013 - X K 13/12 -, Rn. 54, juris). Allerdings müssen die Gerichte bei ihrer Verfahrensleitung stets die Gesamtdauer des Verfahrens im Blick behalten. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens verdichtet sich die aus dem Justizgewährleistungsanspruch resultierende Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen (vgl BVerfG, stattgebender Kammerbeschlüsse vom 14. Dezember 2010 - 1 BvR 404/10 -, Rn. 11 und Beschwerdekammerbeschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 BvR 170/06 - Vz 1/12 -, juris).

Zudem eröffnet das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. Vielmehr hat das Entschädigungsgericht die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht geradezu willkürlich erscheinen. Die Prozessordnung räumt dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. Die richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art 6 Abs. 1 EMRK bzw. des Grundrechts Art 19 Abs. 4 GG in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 43 mwN., juris).

Obwohl die maßgebliche Gesamtabwägung nach den Vorgaben des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG in jedem Einzelfall durchzuführen ist und der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte (Fristen) für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen hat (BT-Drucks 17/3802 S 18; BSG, Urteile vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - und - B 10 ÜG 2/12 KL -, jeweils zu Rn. 25 ff mwN, juris), lässt es sich zur Gewährleistung möglichst einheitlicher Rechtsanwendung und damit aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit andererseits nicht vermeiden, in Entschädigungssachen zeitraumbezogene Konkretisierungen vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG grundsätzlich jeder Instanz des Ausgangsverfahrens eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zuzubilligen, die nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden muss (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rn. 27 und 45 ff, juris; BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 54;BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R -, Rn. 46 f.; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, Rn. 33, juris), soweit nicht nach den besonderen Umständen des Einzelfalles (etwa wegen erheblicher Bedeutung als Musterprozess) ausnahmsweise eine kürzere bzw. gar keine (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R, Rn. 50; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 1/13 R -, Rn. 32, juris) oder eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit (etwa wegen exzessiver Inanspruchnahme der Gerichte: vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Februar 2016 - L 37 SF 360/13 EK AS -, Rn. 81 f, juris) anzusetzen ist. Diese Vorbereitungs- und Bedenkzeit kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt 12 Monate nicht übersteigende Abschnitte, unterteilt sein (BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/13 R -, Rn. 46, juris).

Verfahrenslaufzeiten, die durch die Verfahrensführung des Gerichts bedingt sind, führen erst dann zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, wenn sie - auch bei Berücksichtigung des gerichtlichen Gestaltungsspielraums - sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sind (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 5 C 23/12 D -, Rn. 42; BGH Urteil vom 13. Februar 2014, - III ZR 311/13 -, Rn. 31 mwN; BGH, Urteil vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 -, Rn. 35; BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss vom 1. Oktober 2012 – 1 BvR 170/06 - Vz 1/12 –; juris). Dies gilt insbesondere, wenn das Gericht ohne rechtfertigenden Grund untätig geblieben ist und das Verfahren weder betrieben noch sonst gefördert hat. Damit kommt eine Rechtfertigung von Verzögerungen bei strukturellen Mängeln wie eine Überlastung der Gerichte oder anderen in den Verantwortungsbereich des Staates fallenden Umständen nicht in Betracht (vgl umfassend BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 – 5 C 23/12 D –, Rn. 43 mwN zur Rechtsprechung des EGMR und BVerfG).

Beruht die Verfahrensdauer, die die genannte Dauer von zwölf Monaten je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung (z.B. Zeit für Einholung von Auskünften, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Beiziehung von Akten) oder wird sie maßgeblich durch das Verhalten des Klägers, anderer Verfahrensbeteiligter oder Dritter verlängert, so macht dies die Verfahrensdauer in der Regel noch nicht unangemessen. Auch ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem parallelen Verfahren kommt als sog. aktive Bearbeitungszeit in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von unmittelbarer Relevanz sind (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 - Rn. 31; BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss, - 1 BvR 170/16 - Vz 1/12 [Verzögerungsbeschwerde] -, Rn. 32 f. (Zurückstellung zugunsten eines Pilotverfahrens); BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 47, juris) oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen. Das Abwarten auf eine Leitentscheidung oder eine Entscheidung in einem Parallelverfahren kann dabei auch ohne förmliche Aussetzung oder einen Ruhensbeschluss vom Gestaltungsspielraum des Gerichts gedeckt sein, wenn für das Entschädigungsgericht hinreichend erkennbar ist, dass das Gericht auf eine Leitentscheidung gewartet und das Verfahren aus diesem Grund nicht gefördert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 5 B 13/17 D -, Rn. 6, juris). Anderes gilt hingegen für Zeiten, in denen eine Sache über zwölf Monate hinaus ("am Stück" oder immer wieder für kürzere Zeiträume) ohne sachlichen Grund "auf Abruf" liegt, ohne dass das Verfahren zeitgleich inhaltlich betrieben wird, oder sich auf sog. Schiebeverfügungen beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/14 R –, Rn. 48, juris).

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die fehlende Zustimmung des Prozessbevollmächtigten zum Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die seinerzeit im 3. Senat anhängigen Berufungsverfahren L 3 AS 126/13 sowie L 3 AS 183/13 bis L 3 AS 187/13, in denen die auch im Ausgangsverfahren relevante Frage eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Kreis N zur Entscheidung anstand, nicht entscheidungserheblich an.

Vor dem Hintergrund der Ruhensanregung des Gerichts angesichts der bei dem Schleswig-Holsteinischen LSG anhängigen Berufungsverfahren, der eindeutig ablehnenden Haltung des Klägers und der Verfahrensführung der Kammervorsitzenden, sich die in ihrer Kammer anhängigen Verfahren des Klägers zum gleichen Verfahrensgegenstand jeweils gleichzeitig vorlegen zu lassen, ist für das Entschädigungsgericht hinreichend deutlich, dass das Gericht den Ausgang der von dem beklagten Landkreis benannten Berufungsverfahren zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage abwarten wollte. Die regelmäßige Wiedervorlage beider die Unterkunftskosten des Kläger betreffenden Verfahren nach Ablehnung der Ruhensanregung des Gerichts mit Schriftsatz vom 21. November 2014 bis zur Aufnahme eigener Ermittlungen zum Unterkunftskostenkonzept des beklagten Landkreises von Juni 2015 bis Januar 2016 mit anschließender Verfügung vom 4. Januar 2016 ins Sitzungsfach (Sifa", vgl. S 9 AS 269/14) lassen zur Überzeugung des Senats nur diesen Rückschluss zu. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass die Kammervorsitzende des Ausgangsverfahrens die Verfahren am 4. Januar 2016 ins Sitzungsfach verfügt hat. Mit dieser Verfügung hat die Kammervorsitzende beide Verfahren des Klägers aus der von der Geschäftsstelle zu überwachenden Fristenkontrolle genommen. Soweit der Prozessbevollmächtigte einwendet, dass mit dem Terminus "Sitzungsfach" zum Ausdruck komme, dass das Verfahren nunmehr entscheidungsreif sei und eine Zeit der gerichtlichen Inaktivität darstelle, vermag der erkennende Senat sich vor dem Hintergrund des erkennbaren Abwartens der obergerichtlichen Entscheidung zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage dem nicht anzuschließen, zumal zu diesem Zeitpunkt die Musterverfahren bei dem 3. Senat des LSG noch keiner Entscheidung zugeführt worden waren.

Nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidungen des LSG vom 13. Mai 2016 und 17. Juni 2016 durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden des BSG vom 14. und 20. Dezember 2016 hat das Gericht das Ausgangsverfahren - gemeinsam mit dem Parallelverfahren des Klägers - am 28. Februar 2017 auf den 21. April 2017 terminiert und im Ausgangsverfahren auf ein Anerkenntnis des beklagten Landkreises hingewirkt. Damit hat das Gericht nach Wegfall der (faktischen) Ruhensgründe sichtbar zum Ausdruck gebracht, nunmehr das Verfahren durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu fördern. Angesichts der zeitnah nach Veröffentlichung der Nichtzulassungsbeschwerden seitens des BSG erfolgten Terminierung des Ausgangsverfahrens sowie des Parallelverfahrens des Klägers wird zudem deutlich erkennbar, dass das Ausgangsgericht trotz Herausnahme des Ausgangsverfahrens aus der regelmäßigen Wiedervorlage die Verfahren des Klägers und Wechsel der Kammervorsitzenden im Blick behalten hat.

Der Senat geht mit dem 10. Senat des BSG (Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 12/13 R –, Rn. 47) davon aus, dass das Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung - hier: L 3 AS 126/13 sowie L 3 AS 183/13 bis L 3 AS 187/13 - als sog. aktive Bearbeitungszeit gilt mit der Folge, dass im Ausgangsverfahren trotz einer Verfahrenslaufzeit von 2 Jahren und 8 Monaten, regelmäßiger Wiedervorlagen zu Verfahrensbeginn sowie eigenständiger Ermittlungen sowie nachfolgender Verfügung ins Sitzungsfach ab dem 4. Januar 2016 keine gerichtliche Inaktivität bestand.

Angesichts dessen lässt sich vorliegend eine unangemessene Verfahrensdauer nicht begründen. Aus Sicht des Senats erübrigt sich damit eine Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung des BFH (Urteil vom 2. Dezember 2015 - X K 6/14 -, Rn. 40 f, juris), wonach, sofern die Beteiligten auf gerichtliche Anfrage einem Ruhen des Verfahrens mit Rücksicht auf ein bei dem BFH anhängiges Revisionsverfahren in einer parallelen Angelegenheit nicht zustimmen - vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls im Allgemeinen -, davon ausgegangen werden könne, dass für die Verfahrensverzögerung in dieser Zeitspanne keine Entschädigung in Geld zu gewähren sei und die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer nach § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG ausreichend sei.

Vor diesem Hintergrund bedarf es auch nicht der vertieften Erörterung der Frage, ob die per Fax am 26. Mai 2016 bei dem Sozialgericht eingegangene Verzögerungsrüge wirksam erhoben worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt der Sachentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwert war gemäß § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 2.000,00 EUR festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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