Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 184/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 U 18/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin aus Anlass des Ereignisses vom 22. August 2014 getätigte Aufwendungen nach der für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften gemäß § 105 Abs. 2 SGB X zu erstatten. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der der Geschädigte (Versicherter) gesetzlich krankenversichert ist, die Erstattung von Aufwendungen gemäß § 105 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der bei der Klägerin im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherte M., geboren am xxxx 1992, stürzte am 22. August 2014 auf dem Betriebsgelände der Firma O., B., durch einen Lichtschacht auf dem Dach einer Komposthalle ca. 9 m in die Tiefe. Der aus P. stammende Versicherte war zu diesem Zeitpunkt erst seit vier Tagen bei der Firma O. als Aushilfskraft beschäftigt. In der Unfallanzeige gab der Arbeitgeber an, dass der Versicherte keinen Arbeitsauftrag gehabt habe, das Dach zu besteigen oder dort Arbeiten durchzuführen. Aus welchen Gründen er auf das Dach gestiegen sei, sei nicht bekannt. Grundsätzlich sei der Versicherte auf der Kompostierungsanlage ständig tätig. Der Versicherte zog sich bei dem Unfall schwere Verletzungen an der Wirbelsäule sowie an beiden Beinen zu. Die Klägerin übernahm zunächst die Kosten für die Heilbehandlung.
Mit Schreiben vom 18. November 2014 an die Klägerin führte der Arbeitgeber aus, dass der Versicherte sich bisher noch nie auf dem Dach aufgehalten habe. Er habe am Unfalltag die Anweisung bekommen, in der Komposthalle vom Boden aus eine Mauer von Sand zu befreien. Er habe diese Arbeit mit seinem Bruder ausführen sollen und auch dieser könne sich nicht erklären, warum der Versicherte sich auf dem Dach aufgehalten habe. Der Versicherte hatte zunächst keine Erinnerung mehr an den Unfallhergang.
Ein Mitarbeiter des technischen Aufsichtsdienstes der Klägerin stellte in seinem Untersuchungsbericht vom 17. Oktober 2014 fest, dass sich nicht feststellen lasse, was der Verletzte zum Unfallzeitpunkt auf dem Dach der Betriebshalle gewollt habe. Der Versicherte habe am Unfalltag gemeinsam mit seinem Bruder auf dem Hof Aufräumarbeiten durchgeführt. Als der Bruder in die Werkstatt gegangen sei, um eine Schaufel zu holen, sei der Versicherte auf das Dach geklettert und durch eine Lichtplatte in die Tiefe gestürzt. Der Arbeitgeber erklärte in einem Telefongespräch mit der Klägerin am 26. Januar 2015, dass die Aufträge zum Unfalltag darin bestanden hätten, Aufräumarbeiten auf dem Hof und Pflasterarbeiten durchzuführen sowie ein Leck im Fallrohr der Dachrinne zu reparieren. Die Dachrinne und das Fallrohr befänden sich allerdings auf Augenhöhe am Ende des Daches und keinesfalls am oberen Rand des Daches. Es habe keine Veranlassung bestanden, auf das Dach zu klettern. Der Bruder des Versicherten teilte in einer (undatierten) Antwort an die Klägerin auf deren Schreiben vom 23. Dezember 2014 mit, dass er nicht dabei gewesen sei, als sein Bruder auf das Hallendach gestiegen sei. Es habe kein Auftrag vorgelegen, auf das Hallendach zu steigen. Der Versicherte habe auch nichts auf dem Dach der Lagerhalle zu tun gehabt.
Die Klägerin lehnte mit Bescheid vom 17. Februar 2015 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. In der Gesamtwürdigung des Sachverhaltes und unter Ausschöpfung aller Beweismittel könne nicht mit dem Grade des Vollbeweises von einer versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt ausgegangen werden. Eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit lasse sich nicht feststellen.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten ihren Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X an (Behandlungskosten: 112.761,31 Euro, Verletztengeld: 3.543,42 Euro, Fahrtkosten: 8.454,13 Euro und Hilfsmittel: 2.860, 86 Euro).
Die Beklagte wandte in Ihrem Schreiben vom 3. März 2015 ein, dass der ablehnenden Entscheidung nicht zugestimmt werden könne. Es mangele am Beweis der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit. Der Versicherte habe sich auch zum Unfallzeitpunkt auf dem Betriebsgelände aufgehalten. Es sei unbeachtlich, dass es für den Aufenthalt auf dem Dach keinen konkreten Arbeitsauftrag gegeben habe. Es komme allein auf die subjektive Absicht (Handlungstendenz) des Verletzten an. Die Klägerin habe den Beweis dafür anzutreten, dass sich der Versicherte allein und ausschließlich aus eigenwirtschaftlichen Gründen auf dem Dach aufgehalten habe. Auch ein verbotswidriges Handeln schließe die Annahme eines Arbeitsunfalls nicht aus (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) Urteile vom 26. Oktober 2004 – B 2 U 24/03 R und vom 4. September 2007 – B 2 U 28/06 R sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 21. Februar 2011 – 36 U 74/10).
Der Versicherte legte gegen den Bescheid der Klägerin am 25. Februar 2015 Widerspruch ein und fügte eine Erklärung seines Bruders vom 25. Februar 2015 bei. Dieser erklärt darin, dass der Schichtleiter S. sie angewiesen habe, auf das Hallendach zu steigen. Er habe sie groben Schmutz und die Blätter von den Dachrinnen beseitigen lassen. Auf dem Dach hätten sie dann begonnen, die Dachrinnen vom Laub zu befreien. Von der Stelle aus, wo er sich befunden habe, habe er den Sturz jedoch nicht sehen können. In einem nicht unterschriebenen Schreiben an die Klägerin, das als Absender den Namen des Versicherten nennt und bei der Klägerin am 7. April 2015 einging, heißt es unter anderem: "Ich bin aufs Hallendach gestiegen, weil das der Auftrag meines Vorgesetzten war. Ich und mein Bruder sollten die Dachrinnen reinigen, weil sich da Laub gesammelt hat".
Im Rahmen eines weiteren Gesprächs auf dem Betriebsgelände am 23. März 2015, an dem Herr O., der Schichtleiter Herr S. sowie der Bruder des Versicherten teilnahmen, gestand der Bruder ein, dass die Aussage, es habe eine Anweisung zum Besteigen des Daches gegeben, erfunden worden sei, um dem Versicherten einen Gefallen zu tun. Es habe keinen Auftrag zum Besteigen des Daches gegeben. Die Unternehmensführung wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass das Besteigen des Daches unter keinen Umständen erfolgen sollte und verboten gewesen sei. Mit den erforderlichen Dacharbeiten werde regelmäßig eine Fremdfirma beauftragt. Die Dachrinnen befänden sich etwa auf Schulterhöhe und das Dach müsse nicht bestiegen werden, um die Dachrinnen zu reinigen.
Die Klägerin wies den Widerspruch des Versicherten am 18. Juni 2015 zurück. Es habe letztlich nicht geklärt werden können, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Die Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache sei nach dem in allen Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache eigene Rechte herleiten will. Die Folgen der Beweislosigkeit fielen daher dem Versicherten zur Last.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den Erstattungsanspruch nunmehr zu befriedigen. Eine Klage sei von dem Versicherten nicht erhoben worden. Die Beklagte erklärte in ihrem Schreiben vom 13. Januar 2016, dass die Rechtskraft des Widerspruchsbescheides ohne Belang sei. Es sei bisher weiterhin kein Beweis dafür angetreten worden, dass eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit zum Unfall geführt habe. Nach der Aussage des Versicherten habe ein Arbeitsauftrag auch darin bestanden, die Dachrinnen zu säubern. Um diese aufgetragene Aufgabe auszuführen, sei es nach Aussage des Versicherten notwendig gewesen, auf das Dach zu steigen.
Die Klägerin hat am 13. Juli 2016 Klage erhoben und Erstattung ihrer mittlerweile in der Summe 133.797,87 Euro betragenden Aufwendungen für den Versicherten geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, für die der Versicherte die Beweislast trage, auch die Ausübung einer versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfallereignisses falle. Anderes gelte, wenn der Versicherte den räumlichen Bereich in dem er zuletzt eine versicherte Tätigkeit verrichtet habe, nicht verlassen habe. Verunglücke ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeiten verrichtet habe, so entfalle der Unfallversicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen sei, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen habe. Stehe dagegen fest, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit unterbrochen habe, ohne dass aufklärbar sei, ob es sich ausnahmsweise um eine geringfügige Unterbrechung handele, trage der Versicherte die objektive Beweislast. Vorliegend hätten sich die Dachrinnen auf Schulterhöhe befunden, das Dach hätte deshalb nicht bestiegen werden müssen. Der Arbeitgeber habe darauf hingewiesen, dass es verboten sei, das Dach zu besteigen. Es habe auch kein entsprechender Auftrag vorgelegen. Der Versicherte habe sich vorliegend zweifellos von seinem Arbeitsplatz entfernt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich im Wesentlichen auf die Erklärung des Bruders des Versicherten vom 25. Februar 2015 bezogen, wonach eine Anweisung bestanden habe, auf das Hallendach zu steigen. Die Klägerin habe keinen Beweis für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Versicherten erbracht. Zudem sei auf die Handlungstendenz des Versicherten abzustellen.
Mit Urteil vom 30. März 2017 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, da der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 133.797,87 EUR gegen die Beklagten gemäß § 105 Abs. 2 SGB X zustehe. Die Klägerin habe als unzuständiger Leistungsträger geleistet, da der Unfall vom 22. August 2014 kein Arbeitsunfall gewesen sei. Nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte seien versichert; nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien Arbeitsunfälle nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit. Die grundsätzlich versicherte Tätigkeit habe an diesem Tag darin bestanden, dass der Versicherte mit seinem Bruder in der Komposthalle vom Boden aus eine Mauer von Sand habe befreien sowie ein Leck im Fallrohr der Dachrinne habe reparieren sollen. Das Hallendach habe offenbar nicht bestiegen werden sollen, um groben Schmutz und Blätter aus der Dachrinne zu beseitigen. Jedenfalls sei die Dachrinne bzw. das Fallrohr auf Kopf- bzw. Schulterhöhe angebracht gewesen und problemlos vom Boden oder mittels einer Leiter aus zu erreichen gewesen. Selbst wenn für eine gründliche Reinigung nach subjektiver Auffassung des Versicherten eine Reinigung vom Dach aus besser geeignet gewesen wäre, so erkläre dies nicht den Aufenthalt und anschließenden Sturz von der mehrere Meter entfernten anderen Seite des Daches. Durch die erkennbare Schrägneigung des Daches betrage die Höhe auf der anderen Seite ca. 8-9 m, an dieser Seite des Daches befinde sich aber keine Dachrinne. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der Versicherte an seinem eigentlichen Arbeitsplatz verblieben sei und seine Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt durch den Aufenthalt auf der wesentlich höher gelegenen anderen Dachseite noch auf die Ausübung seiner versicherten Tätigkeit gerichtet gewesen sei. Ein sachlicher Zusammenhang mit der ursprünglich versicherten Tätigkeit bestehe daher nicht. Eine Beweislastumkehr finde nicht statt.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 13. April 2017 zugestellte Urteil am 11. Mai 2017 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe verkannt, dass der Versicherte am Unfalltag gemeinsam mit seinem Bruder mit der Reinigung der Dachrinnen beauftragt gewesen sei. Im Streitfall sei eine Beweislastumkehr eingetreten. Der Unfallversicherungsschutz entfalle in Fällen, in denen ein Versicherter unter ungeklärten Umständen am Arbeitsplatz verunglücke, nur dann, wenn bewiesen sei, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen habe. Im Streitfall habe der Versicherte seinen Arbeitsplatz, zu dem das Dach als auch seine nähere Umgebung zählten, nicht verlassen. Ein selbstgefährdendes oder verbotswidriges Verhalten des Versicherten schließe den Versicherungsschutz nicht aus. Die Ungewissheit darüber, was den Versicherten bewogen haben könnte, sich auf das Dach zu begeben, gehe zu Lasten der Klägerin.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die Ausübung einer versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nicht festzustellen sei; eine Beweislastumkehr finde deshalb nicht statt. Bei einer selbst geschaffenen Gefahr bestehe grundsätzlich ein Leistungsausschluss, da die unfallbringende Handlung in keinem wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehe.
Der Senat hat über die Berufung am 28. Februar 2018 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht dahingehend stattgegeben, dass die Klägerin von der Beklagten im Umfang von § 105 Abs. 2 SGB X Erstattung der von ihr getätigten Aufwendungen verlangen kann. Die Beschränkung auf den Umfang nach den für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften ist durch den Maßgabetenor klargestellt. Es handelt sich bei der Klage auf Kostenerstattung um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, § 54 Rn. 41).
1. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, soweit der an sich zuständige Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 105 Abs. 1 SGB X setzt voraus, dass sie die Aufwendungen für die Behandlung der Unfallfolgen als materiell-rechtlich unzuständiger Träger erbracht hat. Dies hängt davon ab, ob der Versicherte zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Die Verrichtung des Versicherten unmittelbar vor dem Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet die Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R BSG, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44). Die versicherte Tätigkeit muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung wiederum muss den Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und der Gesundheitserstschaden bzw. der Tod erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84, BSGE 58, 80). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R BSG, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG vom 18. Januar 2011, a.a.O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet (BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 RU 31/90, SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der bestandskräftige Bescheid der Klägerin vom 17. Februar 2015 gegenüber dem Versicherten entfaltet gegenüber dem Erstattungsanspruch gegen die Beklagte keine Bindung. Der Bescheid der klagenden Unfallversicherung gegenüber dem Versicherten griff nicht unmittelbar in die Rechtsphäre der beklagten Krankenkasse ein. Die Beklagte war danach auch nicht Beteiligte im Sinne des § 77 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 25/16 R, juris).
Der Versicherte ist im Streitfall an seinem Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen verunglückt. Er selbst hatte an den Unfallhergang zunächst keine Erinnerung mehr. Die spätere schriftliche Erklärung im Namen des Versicherten, die bei der Klägerin am 7. April 2015 einging, hat keinen Beweiswert. Dort wird zwar unter anderem behauptet, der Kläger sei auf das Dach gestiegen, da dies der Auftrag seines Vorgesetzten gewesen sei, um die Dachrinnen zu reinigen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wie dieses Schreiben zustande gekommen ist, da der Versicherte der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Sein Bruder, der zwischenzeitlich auch behauptet hatte, man sei angewiesen worden, das Dach zu besteigen, hat dieses Aussage später wieder zurück genommen; er habe mit dieser unrichtigen Angabe seinem Bruder helfen wollen. Nach den Verhältnissen am Unfallort bestand keine Notwendigkeit, auf das Dach zu klettern; die Regenrinnen des tief heruntergezogenen Hallendaches konnten bequem vom Boden aus gereinigt werden. Letztlich kommt es darauf aber auch gar nicht an, da der Kläger an einer ganz anderen Stelle auf dem Dach verunglückte. Der Lichtschacht befand sich an der höchsten Stelle des Daches, weit vom Arbeitsort entfernt. Regenrinnen waren an dieser Seite nicht angebracht. Warum der Versicherte sich dorthin begab, ist von keinem der Beteiligten beobachtet worden. Auch ein Zusammenhang mit dem nicht ganz eindeutigen Arbeitsauftrag des Versicherten und seines Bruders (Aufräumarbeiten, Pflasterarbeiten oder Dachrinnenreinigung) bestand unter keinem Gesichtspunkt.
2. In Fällen, in denen ein Versicherter am Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen verunglückt, kommt es auf die Handlungstendenz des Verunglückten an. Verunglückt der Beschäftigte an einem Ort, an dem er bis zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, spricht alles dafür, dass auch im Unfallzeitpunkt seine Handlungstendenz auf die versicherte Tätigkeit gerichtet war. Dann müsste der Träger der Unfallversicherung – die Klägerin – beweisen, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit für eine eigenwirtschaftliche Verrichtung unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 28/06 R, UV-Recht Aktuell 2008, 142 ff). Diese "Beweiserleichterungen" kommen aber nur dann in Betracht, wenn der Versicherte den räumlichen Bereich, in dem er zuletzt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, nicht verlassen und er dort kurz zuvor versicherte Tätigkeiten verrichtet hat (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 43; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Mai 2015, § 8 Rn. 340; Keller in jurisPR-SozR 12/2005 Anm. 5). Im Streitfall ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Versicherte diesen "räumlichen Bereich", an dem er seiner versicherten Tätigkeit nachkam, verlassen hatte. Das Hallendach war von den beiden Brüdern vor dem Unfall nicht betreten worden, es gab auch keinen Anlass, dies zu tun. Der Lichtschacht, durch den der Versicherte stürzte, ist von dem eigentlichen Arbeitsort so weit entfernt, dass er nicht mehr zu dessen räumlichen Bereich gehört. Die Beweiserleichterung, deren Fortgeltung nach der Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55, die allerdings einen Wegeunfall betraf) ohnehin zweifelhaft ist, hilft der Beklagten im Streitfall somit nicht weiter.
3. Entscheidend ist damit, ob nach allgemeinen Grundsätzen festgestellt werden kann, dass die konkrete Verrichtung , also das objektiv beobachtbare Handeln subjektiv – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestands der versicherten Tätigkeit ausgerichtet gewesen ist (vgl. BSG vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 und vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52). Die subjektive Handlungstendenz als innere Tatsache muss sich im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl. BSG vom 17. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 14). Ein innerer Zusammenhang mit den am Unfalltag von dem Versicherten ausgeübten Tätigkeiten lässt sich im Streitfall nicht eindeutig erkennen. Zwar ist es denkbar, dass er sich z.B. von dem erhöhten Punkt auf dem Hallendach einen Überblick über die Arbeiten verschaffen oder nachsehen wollte, ob dort auch Regenrinnen angebracht waren. Letztlich bleibt all dies aber Spekulation. Andere konkurrierende Beweggründe (z.B. Neugier, Langeweile, Übermut) kommen als Beweggrund ebenso in Betracht, sodass sich eindeutige Feststellungen zur Handlungstendenz des Versicherten nicht treffen lassen.
4. Die materielle Beweislast dafür, dass die konkrete Verrichtung, die zu dem Unfall geführt hat, noch zu der versicherten Tätigkeit gehört hat, liegt bei dem Versicherten. Dies gilt sowohl für den objektiven Charakter der Verrichtung als auch für die subjektive Handlungstendenz des Versicherten im Augenblick des Unfalls (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R, juris, Rz. 14). Wenn sich nicht aufklären lässt, von welchen konkreten Umständen das Unfallereignis begleitet war und daher offen bleiben muss, ob dem Unfall eine versicherte Verrichtung zu Grunde lag (BSG, a.a.O., Rz. 22), hat die Nachteile dieser Unaufklärbarkeit der Versicherte zu tragen (BSG, a.a.O., Rz. 25). Gemessen an diesen Kriterien übte der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls keine unmittelbar betriebsbezogene Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII aus.
5. Die Klägerin erbrachte somit als unzuständiger Unfallversicherungsträger des Versicherten Sozialleistungen, nämlich Erstversorgung, ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 SGB VII). Die Unfallversicherungsträger gewähren Heilbehandlung einschließlich ärztlich verordneter Heilmittel nur, um den durch den Versicherungsfall iS des § 7 SGB VII verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 2 Nr. 1, § 30, § 34 SGB VII). Daran fehlte es hier. Die als solche notwendige Heilbehandlung war nicht unfallbedingt. Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X lagen hingegen nicht vor, da die Klägerin nicht bewusst eine vorläufige Leistung erbrachte. Da die Klägerin den Erstattungsanspruch auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 SGB X geltend gemacht hat, kann sie von der Beklagten, bei der der Versicherte krankenversichert ist, gem. § 105 Abs. 2 SGB X Erstattung in der Höhe verlangen, in der diese bei sofortiger Feststellung des Anspruchs an den Leistungsberechtigten Zahlungen hätte erbringen müssen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der der Geschädigte (Versicherter) gesetzlich krankenversichert ist, die Erstattung von Aufwendungen gemäß § 105 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der bei der Klägerin im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherte M., geboren am xxxx 1992, stürzte am 22. August 2014 auf dem Betriebsgelände der Firma O., B., durch einen Lichtschacht auf dem Dach einer Komposthalle ca. 9 m in die Tiefe. Der aus P. stammende Versicherte war zu diesem Zeitpunkt erst seit vier Tagen bei der Firma O. als Aushilfskraft beschäftigt. In der Unfallanzeige gab der Arbeitgeber an, dass der Versicherte keinen Arbeitsauftrag gehabt habe, das Dach zu besteigen oder dort Arbeiten durchzuführen. Aus welchen Gründen er auf das Dach gestiegen sei, sei nicht bekannt. Grundsätzlich sei der Versicherte auf der Kompostierungsanlage ständig tätig. Der Versicherte zog sich bei dem Unfall schwere Verletzungen an der Wirbelsäule sowie an beiden Beinen zu. Die Klägerin übernahm zunächst die Kosten für die Heilbehandlung.
Mit Schreiben vom 18. November 2014 an die Klägerin führte der Arbeitgeber aus, dass der Versicherte sich bisher noch nie auf dem Dach aufgehalten habe. Er habe am Unfalltag die Anweisung bekommen, in der Komposthalle vom Boden aus eine Mauer von Sand zu befreien. Er habe diese Arbeit mit seinem Bruder ausführen sollen und auch dieser könne sich nicht erklären, warum der Versicherte sich auf dem Dach aufgehalten habe. Der Versicherte hatte zunächst keine Erinnerung mehr an den Unfallhergang.
Ein Mitarbeiter des technischen Aufsichtsdienstes der Klägerin stellte in seinem Untersuchungsbericht vom 17. Oktober 2014 fest, dass sich nicht feststellen lasse, was der Verletzte zum Unfallzeitpunkt auf dem Dach der Betriebshalle gewollt habe. Der Versicherte habe am Unfalltag gemeinsam mit seinem Bruder auf dem Hof Aufräumarbeiten durchgeführt. Als der Bruder in die Werkstatt gegangen sei, um eine Schaufel zu holen, sei der Versicherte auf das Dach geklettert und durch eine Lichtplatte in die Tiefe gestürzt. Der Arbeitgeber erklärte in einem Telefongespräch mit der Klägerin am 26. Januar 2015, dass die Aufträge zum Unfalltag darin bestanden hätten, Aufräumarbeiten auf dem Hof und Pflasterarbeiten durchzuführen sowie ein Leck im Fallrohr der Dachrinne zu reparieren. Die Dachrinne und das Fallrohr befänden sich allerdings auf Augenhöhe am Ende des Daches und keinesfalls am oberen Rand des Daches. Es habe keine Veranlassung bestanden, auf das Dach zu klettern. Der Bruder des Versicherten teilte in einer (undatierten) Antwort an die Klägerin auf deren Schreiben vom 23. Dezember 2014 mit, dass er nicht dabei gewesen sei, als sein Bruder auf das Hallendach gestiegen sei. Es habe kein Auftrag vorgelegen, auf das Hallendach zu steigen. Der Versicherte habe auch nichts auf dem Dach der Lagerhalle zu tun gehabt.
Die Klägerin lehnte mit Bescheid vom 17. Februar 2015 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. In der Gesamtwürdigung des Sachverhaltes und unter Ausschöpfung aller Beweismittel könne nicht mit dem Grade des Vollbeweises von einer versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt ausgegangen werden. Eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit lasse sich nicht feststellen.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten ihren Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X an (Behandlungskosten: 112.761,31 Euro, Verletztengeld: 3.543,42 Euro, Fahrtkosten: 8.454,13 Euro und Hilfsmittel: 2.860, 86 Euro).
Die Beklagte wandte in Ihrem Schreiben vom 3. März 2015 ein, dass der ablehnenden Entscheidung nicht zugestimmt werden könne. Es mangele am Beweis der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit. Der Versicherte habe sich auch zum Unfallzeitpunkt auf dem Betriebsgelände aufgehalten. Es sei unbeachtlich, dass es für den Aufenthalt auf dem Dach keinen konkreten Arbeitsauftrag gegeben habe. Es komme allein auf die subjektive Absicht (Handlungstendenz) des Verletzten an. Die Klägerin habe den Beweis dafür anzutreten, dass sich der Versicherte allein und ausschließlich aus eigenwirtschaftlichen Gründen auf dem Dach aufgehalten habe. Auch ein verbotswidriges Handeln schließe die Annahme eines Arbeitsunfalls nicht aus (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) Urteile vom 26. Oktober 2004 – B 2 U 24/03 R und vom 4. September 2007 – B 2 U 28/06 R sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 21. Februar 2011 – 36 U 74/10).
Der Versicherte legte gegen den Bescheid der Klägerin am 25. Februar 2015 Widerspruch ein und fügte eine Erklärung seines Bruders vom 25. Februar 2015 bei. Dieser erklärt darin, dass der Schichtleiter S. sie angewiesen habe, auf das Hallendach zu steigen. Er habe sie groben Schmutz und die Blätter von den Dachrinnen beseitigen lassen. Auf dem Dach hätten sie dann begonnen, die Dachrinnen vom Laub zu befreien. Von der Stelle aus, wo er sich befunden habe, habe er den Sturz jedoch nicht sehen können. In einem nicht unterschriebenen Schreiben an die Klägerin, das als Absender den Namen des Versicherten nennt und bei der Klägerin am 7. April 2015 einging, heißt es unter anderem: "Ich bin aufs Hallendach gestiegen, weil das der Auftrag meines Vorgesetzten war. Ich und mein Bruder sollten die Dachrinnen reinigen, weil sich da Laub gesammelt hat".
Im Rahmen eines weiteren Gesprächs auf dem Betriebsgelände am 23. März 2015, an dem Herr O., der Schichtleiter Herr S. sowie der Bruder des Versicherten teilnahmen, gestand der Bruder ein, dass die Aussage, es habe eine Anweisung zum Besteigen des Daches gegeben, erfunden worden sei, um dem Versicherten einen Gefallen zu tun. Es habe keinen Auftrag zum Besteigen des Daches gegeben. Die Unternehmensführung wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass das Besteigen des Daches unter keinen Umständen erfolgen sollte und verboten gewesen sei. Mit den erforderlichen Dacharbeiten werde regelmäßig eine Fremdfirma beauftragt. Die Dachrinnen befänden sich etwa auf Schulterhöhe und das Dach müsse nicht bestiegen werden, um die Dachrinnen zu reinigen.
Die Klägerin wies den Widerspruch des Versicherten am 18. Juni 2015 zurück. Es habe letztlich nicht geklärt werden können, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Die Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache sei nach dem in allen Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit geltenden Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache eigene Rechte herleiten will. Die Folgen der Beweislosigkeit fielen daher dem Versicherten zur Last.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den Erstattungsanspruch nunmehr zu befriedigen. Eine Klage sei von dem Versicherten nicht erhoben worden. Die Beklagte erklärte in ihrem Schreiben vom 13. Januar 2016, dass die Rechtskraft des Widerspruchsbescheides ohne Belang sei. Es sei bisher weiterhin kein Beweis dafür angetreten worden, dass eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit zum Unfall geführt habe. Nach der Aussage des Versicherten habe ein Arbeitsauftrag auch darin bestanden, die Dachrinnen zu säubern. Um diese aufgetragene Aufgabe auszuführen, sei es nach Aussage des Versicherten notwendig gewesen, auf das Dach zu steigen.
Die Klägerin hat am 13. Juli 2016 Klage erhoben und Erstattung ihrer mittlerweile in der Summe 133.797,87 Euro betragenden Aufwendungen für den Versicherten geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, dass zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, für die der Versicherte die Beweislast trage, auch die Ausübung einer versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfallereignisses falle. Anderes gelte, wenn der Versicherte den räumlichen Bereich in dem er zuletzt eine versicherte Tätigkeit verrichtet habe, nicht verlassen habe. Verunglücke ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeiten verrichtet habe, so entfalle der Unfallversicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen sei, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen habe. Stehe dagegen fest, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit unterbrochen habe, ohne dass aufklärbar sei, ob es sich ausnahmsweise um eine geringfügige Unterbrechung handele, trage der Versicherte die objektive Beweislast. Vorliegend hätten sich die Dachrinnen auf Schulterhöhe befunden, das Dach hätte deshalb nicht bestiegen werden müssen. Der Arbeitgeber habe darauf hingewiesen, dass es verboten sei, das Dach zu besteigen. Es habe auch kein entsprechender Auftrag vorgelegen. Der Versicherte habe sich vorliegend zweifellos von seinem Arbeitsplatz entfernt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich im Wesentlichen auf die Erklärung des Bruders des Versicherten vom 25. Februar 2015 bezogen, wonach eine Anweisung bestanden habe, auf das Hallendach zu steigen. Die Klägerin habe keinen Beweis für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Versicherten erbracht. Zudem sei auf die Handlungstendenz des Versicherten abzustellen.
Mit Urteil vom 30. März 2017 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, da der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 133.797,87 EUR gegen die Beklagten gemäß § 105 Abs. 2 SGB X zustehe. Die Klägerin habe als unzuständiger Leistungsträger geleistet, da der Unfall vom 22. August 2014 kein Arbeitsunfall gewesen sei. Nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte seien versichert; nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) seien Arbeitsunfälle nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit. Die grundsätzlich versicherte Tätigkeit habe an diesem Tag darin bestanden, dass der Versicherte mit seinem Bruder in der Komposthalle vom Boden aus eine Mauer von Sand habe befreien sowie ein Leck im Fallrohr der Dachrinne habe reparieren sollen. Das Hallendach habe offenbar nicht bestiegen werden sollen, um groben Schmutz und Blätter aus der Dachrinne zu beseitigen. Jedenfalls sei die Dachrinne bzw. das Fallrohr auf Kopf- bzw. Schulterhöhe angebracht gewesen und problemlos vom Boden oder mittels einer Leiter aus zu erreichen gewesen. Selbst wenn für eine gründliche Reinigung nach subjektiver Auffassung des Versicherten eine Reinigung vom Dach aus besser geeignet gewesen wäre, so erkläre dies nicht den Aufenthalt und anschließenden Sturz von der mehrere Meter entfernten anderen Seite des Daches. Durch die erkennbare Schrägneigung des Daches betrage die Höhe auf der anderen Seite ca. 8-9 m, an dieser Seite des Daches befinde sich aber keine Dachrinne. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der Versicherte an seinem eigentlichen Arbeitsplatz verblieben sei und seine Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt durch den Aufenthalt auf der wesentlich höher gelegenen anderen Dachseite noch auf die Ausübung seiner versicherten Tätigkeit gerichtet gewesen sei. Ein sachlicher Zusammenhang mit der ursprünglich versicherten Tätigkeit bestehe daher nicht. Eine Beweislastumkehr finde nicht statt.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 13. April 2017 zugestellte Urteil am 11. Mai 2017 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe verkannt, dass der Versicherte am Unfalltag gemeinsam mit seinem Bruder mit der Reinigung der Dachrinnen beauftragt gewesen sei. Im Streitfall sei eine Beweislastumkehr eingetreten. Der Unfallversicherungsschutz entfalle in Fällen, in denen ein Versicherter unter ungeklärten Umständen am Arbeitsplatz verunglücke, nur dann, wenn bewiesen sei, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen habe. Im Streitfall habe der Versicherte seinen Arbeitsplatz, zu dem das Dach als auch seine nähere Umgebung zählten, nicht verlassen. Ein selbstgefährdendes oder verbotswidriges Verhalten des Versicherten schließe den Versicherungsschutz nicht aus. Die Ungewissheit darüber, was den Versicherten bewogen haben könnte, sich auf das Dach zu begeben, gehe zu Lasten der Klägerin.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die Ausübung einer versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nicht festzustellen sei; eine Beweislastumkehr finde deshalb nicht statt. Bei einer selbst geschaffenen Gefahr bestehe grundsätzlich ein Leistungsausschluss, da die unfallbringende Handlung in keinem wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehe.
Der Senat hat über die Berufung am 28. Februar 2018 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht dahingehend stattgegeben, dass die Klägerin von der Beklagten im Umfang von § 105 Abs. 2 SGB X Erstattung der von ihr getätigten Aufwendungen verlangen kann. Die Beschränkung auf den Umfang nach den für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften ist durch den Maßgabetenor klargestellt. Es handelt sich bei der Klage auf Kostenerstattung um eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG. Diese erfordert keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, denn die Beteiligten stehen einander nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis, sondern in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage, § 54 Rn. 41).
1. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB X ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, soweit der an sich zuständige Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 105 Abs. 1 SGB X setzt voraus, dass sie die Aufwendungen für die Behandlung der Unfallfolgen als materiell-rechtlich unzuständiger Träger erbracht hat. Dies hängt davon ab, ob der Versicherte zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Die Verrichtung des Versicherten unmittelbar vor dem Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet die Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R BSG, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44). Die versicherte Tätigkeit muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung wiederum muss den Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und der Gesundheitserstschaden bzw. der Tod erwiesen sein. Dies bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84, BSGE 58, 80). Dagegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R BSG, SozR 4-2700 § 200 Nr. 3). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist dann anzunehmen, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG vom 18. Januar 2011, a.a.O.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte ableitet (BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 RU 31/90, SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Der bestandskräftige Bescheid der Klägerin vom 17. Februar 2015 gegenüber dem Versicherten entfaltet gegenüber dem Erstattungsanspruch gegen die Beklagte keine Bindung. Der Bescheid der klagenden Unfallversicherung gegenüber dem Versicherten griff nicht unmittelbar in die Rechtsphäre der beklagten Krankenkasse ein. Die Beklagte war danach auch nicht Beteiligte im Sinne des § 77 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 25/16 R, juris).
Der Versicherte ist im Streitfall an seinem Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen verunglückt. Er selbst hatte an den Unfallhergang zunächst keine Erinnerung mehr. Die spätere schriftliche Erklärung im Namen des Versicherten, die bei der Klägerin am 7. April 2015 einging, hat keinen Beweiswert. Dort wird zwar unter anderem behauptet, der Kläger sei auf das Dach gestiegen, da dies der Auftrag seines Vorgesetzten gewesen sei, um die Dachrinnen zu reinigen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wie dieses Schreiben zustande gekommen ist, da der Versicherte der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Sein Bruder, der zwischenzeitlich auch behauptet hatte, man sei angewiesen worden, das Dach zu besteigen, hat dieses Aussage später wieder zurück genommen; er habe mit dieser unrichtigen Angabe seinem Bruder helfen wollen. Nach den Verhältnissen am Unfallort bestand keine Notwendigkeit, auf das Dach zu klettern; die Regenrinnen des tief heruntergezogenen Hallendaches konnten bequem vom Boden aus gereinigt werden. Letztlich kommt es darauf aber auch gar nicht an, da der Kläger an einer ganz anderen Stelle auf dem Dach verunglückte. Der Lichtschacht befand sich an der höchsten Stelle des Daches, weit vom Arbeitsort entfernt. Regenrinnen waren an dieser Seite nicht angebracht. Warum der Versicherte sich dorthin begab, ist von keinem der Beteiligten beobachtet worden. Auch ein Zusammenhang mit dem nicht ganz eindeutigen Arbeitsauftrag des Versicherten und seines Bruders (Aufräumarbeiten, Pflasterarbeiten oder Dachrinnenreinigung) bestand unter keinem Gesichtspunkt.
2. In Fällen, in denen ein Versicherter am Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen verunglückt, kommt es auf die Handlungstendenz des Verunglückten an. Verunglückt der Beschäftigte an einem Ort, an dem er bis zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, spricht alles dafür, dass auch im Unfallzeitpunkt seine Handlungstendenz auf die versicherte Tätigkeit gerichtet war. Dann müsste der Träger der Unfallversicherung – die Klägerin – beweisen, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt die versicherte Tätigkeit für eine eigenwirtschaftliche Verrichtung unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 28/06 R, UV-Recht Aktuell 2008, 142 ff). Diese "Beweiserleichterungen" kommen aber nur dann in Betracht, wenn der Versicherte den räumlichen Bereich, in dem er zuletzt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, nicht verlassen und er dort kurz zuvor versicherte Tätigkeiten verrichtet hat (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 43; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Mai 2015, § 8 Rn. 340; Keller in jurisPR-SozR 12/2005 Anm. 5). Im Streitfall ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Versicherte diesen "räumlichen Bereich", an dem er seiner versicherten Tätigkeit nachkam, verlassen hatte. Das Hallendach war von den beiden Brüdern vor dem Unfall nicht betreten worden, es gab auch keinen Anlass, dies zu tun. Der Lichtschacht, durch den der Versicherte stürzte, ist von dem eigentlichen Arbeitsort so weit entfernt, dass er nicht mehr zu dessen räumlichen Bereich gehört. Die Beweiserleichterung, deren Fortgeltung nach der Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55, die allerdings einen Wegeunfall betraf) ohnehin zweifelhaft ist, hilft der Beklagten im Streitfall somit nicht weiter.
3. Entscheidend ist damit, ob nach allgemeinen Grundsätzen festgestellt werden kann, dass die konkrete Verrichtung , also das objektiv beobachtbare Handeln subjektiv – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestands der versicherten Tätigkeit ausgerichtet gewesen ist (vgl. BSG vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 und vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52). Die subjektive Handlungstendenz als innere Tatsache muss sich im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl. BSG vom 17. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 14). Ein innerer Zusammenhang mit den am Unfalltag von dem Versicherten ausgeübten Tätigkeiten lässt sich im Streitfall nicht eindeutig erkennen. Zwar ist es denkbar, dass er sich z.B. von dem erhöhten Punkt auf dem Hallendach einen Überblick über die Arbeiten verschaffen oder nachsehen wollte, ob dort auch Regenrinnen angebracht waren. Letztlich bleibt all dies aber Spekulation. Andere konkurrierende Beweggründe (z.B. Neugier, Langeweile, Übermut) kommen als Beweggrund ebenso in Betracht, sodass sich eindeutige Feststellungen zur Handlungstendenz des Versicherten nicht treffen lassen.
4. Die materielle Beweislast dafür, dass die konkrete Verrichtung, die zu dem Unfall geführt hat, noch zu der versicherten Tätigkeit gehört hat, liegt bei dem Versicherten. Dies gilt sowohl für den objektiven Charakter der Verrichtung als auch für die subjektive Handlungstendenz des Versicherten im Augenblick des Unfalls (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R, juris, Rz. 14). Wenn sich nicht aufklären lässt, von welchen konkreten Umständen das Unfallereignis begleitet war und daher offen bleiben muss, ob dem Unfall eine versicherte Verrichtung zu Grunde lag (BSG, a.a.O., Rz. 22), hat die Nachteile dieser Unaufklärbarkeit der Versicherte zu tragen (BSG, a.a.O., Rz. 25). Gemessen an diesen Kriterien übte der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls keine unmittelbar betriebsbezogene Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII aus.
5. Die Klägerin erbrachte somit als unzuständiger Unfallversicherungsträger des Versicherten Sozialleistungen, nämlich Erstversorgung, ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 SGB VII). Die Unfallversicherungsträger gewähren Heilbehandlung einschließlich ärztlich verordneter Heilmittel nur, um den durch den Versicherungsfall iS des § 7 SGB VII verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern (§ 26 Abs. 2 Nr. 1, § 30, § 34 SGB VII). Daran fehlte es hier. Die als solche notwendige Heilbehandlung war nicht unfallbedingt. Die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X lagen hingegen nicht vor, da die Klägerin nicht bewusst eine vorläufige Leistung erbrachte. Da die Klägerin den Erstattungsanspruch auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 SGB X geltend gemacht hat, kann sie von der Beklagten, bei der der Versicherte krankenversichert ist, gem. § 105 Abs. 2 SGB X Erstattung in der Höhe verlangen, in der diese bei sofortiger Feststellung des Anspruchs an den Leistungsberechtigten Zahlungen hätte erbringen müssen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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