Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 41 AS 4164/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 2162/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 18.10.2017 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt, soweit der Antragsgegner verpflichtet worden ist, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat ½ der Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I, E, beigeordnet.
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1. ist bulgarische Staatsangehörige und Mutter der minderjährigen Antragsteller zu 2. bis 4., für die die Antragstellerin zu 1. Kindergeld bezieht. Nach eigenen Angaben ist die Antragstellerin zu 1. vor zehn Jahren mit ihrem damaligen Freund in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach der vorgelegten Meldebescheinigung ist die Antragstellerin zu 1. erstmals am 10.12.2007 in Deutschland gemeldet gewesen. Die Antragstellerin zu 1. war in E, O und F gemeldet. Am 05.06.2012 erfolgte der Auszug aus einer Wohnung in der H-str. 25, F. Für die Zeit vom 05.06.2012 bis zum 08.07.2014 ist nicht aktenkundig, wo die Antragstellerin zu 1. gemeldet war. Der Einzug in die Wohnung des Zeugen X L unter der Anschrift J 01, E erfolgte am 08.07.2014, wo die Antragstellerin mit einer Unterbrechung vom 16.03.2016 bis 29.09.2016 wohnhaft ist. Im Oktober 2016 reisten die Antragsteller zu 2. bis 4. unter der Mithilfe des Zeugen L in die Bundesrepublik Deutschland ein und leben seitdem bei der Antragstellerin zu 1. Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchen das N-Gymnasium - Internationale Vorbereitungsklasse - in E. Der Antragsteller zu 4. besucht die Städtische Gemeinschaftsgrundschule G-straße in E. Die Aufnahme der Antragsteller zu 2. bis 4. in die vorgenannten Schulen erfolgte im Februar 2017.
Am 01.12.2016 schlossen die Antragstellerin und der Zeuge L einen "Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte", wonach für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 die Antragstellerin als Hausangestellte für "alle anfallenden Hausarbeiten" eingestellt werden sollte. Das monatliche Entgelt sollte 288,88 EUR betragen.
Am 30.01.2017 beantragten die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Bescheid vom 13.03.2017 bestätigte das Amt für Baurecht und Bauberatung eine mündliche Nutzungsuntersagung für die von den Antragstellern bewohnten Räumlichkeiten im Gebäude J 01, E. Um eine Gefahr für Personen, die sich im Gebäude aufhalten, abzuwehren, ist im Rahmen des Sofortvollzuges die Räumung und Versiegelung des Gebäudes am 07.03.2017 durchgeführt worden.
Am 22.03.2017 gab der Zeuge L vor dem Notar U Q, E folgende Eidesstattliche Versicherung ab:
"Ich habe Frau J S seit dem 08.07.2014 als Hauswirtschafterin eingestellt und beschäftige sie seither. Sie erhält dafür monatlich als Lohn 288,80 EUR. Sie erhält auch neben ihrem Lohn finanzielle Unterstützung durch mich, da das Jobcenter Zahlungen an sie nicht bewilligt hat. Bis heute habe ich insgesamt 34.800 EUR für Frau S und ihre Kinder aufgewendet, die ich auch durch Belege nachweisen kann."
Am 03.06.2017 schloss die Antragstellerin zu 1. einen Arbeitsvertrag mit Herrn B T J über eine Tätigkeit als Aushilfe/Reinigungskraft. Die monatliche Bruttovergütung betrage 440,70 EUR.
Am 25.09.2017 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig den gesetzlichen "Grundbedarf" nebst Kosten der Unterkunft und Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Sie befänden sich in einer prekären Situation, da das Einkommen der Antragstellerin zu 1. bei weitem nicht bedarfsdeckend sei. Eine finanzielle Unterstützung durch den Zeugen L erfolge nicht. Die Wohnräume unter der Anschrift J 01, E bewohnten die Antragsteller nur mit stillschweigender Duldung des Bauaufsichtsamtes. Ohne eine entsprechende Zusage des Antragsgegners sei es nicht möglich, neuen Wohnraum anzumieten.
Die Antragsteller haben Eidesstattliche Versicherungen des Zeugen L sowie der Antragstellerin zu 1. vom 19.09.2017, eine Übersicht über ihre Meldeadressen, Lohnabrechnungen mit der Fa. J für Juni 2017 und Juli 2017, eine Kopie des Arbeitsvertrags mit Fa. J, eine Meldebescheinigung dieser Tätigkeit zur Sozialversicherung, eine Kopie eines Beschlusses des Amtsgerichts E über die Einleitung der Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks "J 01, E" sowie eine Kopie des Bescheides des Bauamts E vom 13.03.2017 vorgelegt. Auf Aufforderung durch das Sozialgericht haben die Antragsteller Kontoauszüge sowie weitere Eidesstattliche Versicherungen vom 09.10.2017 über die Einkommens- und Vermögenssituation des Zeugen L sowie die Arbeitstätigkeit der Antragstellerin zu 1. vorgelegt. Auf den Inhalt der genannten Unterlagen wird verwiesen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Eingangsverfügung vom 27.09.2017 unter Fristsetzung von fünf Tagen aufgefordert, die Antragserwiderung zu übersenden. Mit weiterer Verfügung vom 10.10.2017 hat das Sozialgericht den Antragsgegner unter Fristsetzung von drei Tagen aufgefordert, auf die von den Antragstellern eingereichten Kontoauszüge der letzten drei Monate Stellung zu nehmen.
Mit Beschluss vom 18.10.2017 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern ab dem 25.09.2017 vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.04.2018, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung eines Erwerbseinkommens der Antragstellerin zu 1. in Höhe von monatlich 440,70 EUR und des gezahlten Kindergelds in Höhe von 582 EUR zu zahlen. Die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Maßgeblich sei insoweit der Umstand, dass eine Antragserwiderung des Antragsgegners ausgeblieben sei. Dadurch habe der Antragsgegner das Vorbringen der Antragsteller unstreitig gestellt. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens der Antragsteller bestünden nicht, nachdem die Antragsteller aussagekräftige Eidesstattliche Versicherungen zur Akte gereicht hätten. Die Antragstellerin zu 1. habe durch Vorlage des Arbeitsvertrags, der Lohnabrechnungen, der Meldebescheinigung zur Sozialversicherung sowie der Eidesstattlichen Versicherung in Bezug auf ihr Arbeitsverhältnis hinreichend glaubhaft gemacht, über ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu verfügen und daher nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgenommen zu sein. Vom Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen sei ebenfalls auszugehen. Der Anordnungsgrund bestehe auch in Bezug auf die Kosten der Unterkunft. Ein schematisches Abstellen auf die Erhebung der Räumungsklage sei nicht zulässig. Da die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sehr hoch seien, sei die Anforderung an die Eilbedürftigkeit gering. Insofern sei im vorliegenden Fall ausreichend, dass sich die Antragsteller gegenüber ihrem Vermieter mit der Zahlung der Miete im Rückstand befänden.
Der Antragsgegner hat gegen den am 26.10.2017 zugestellten Beschluss am 17.11.2017 Beschwerde eingelegt und einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung gestellt. Ermittlungen am 16.11.2017 hätten ergeben, dass es sich bei der geringfügigen Beschäftigung der Antragstellerin zu 1. um ein vorgetäuschtes Scheinarbeitsverhältnis handele. Der Arbeitgeber, Herr B T J, habe bisher keine Beiträge und Steuern in Zusammenhang mit der geringfügigen Beschäftigung der Antragstellerin zu 1. abgeführt. Die Besichtigung des Betriebes durch den Außendienst des Antragsgegners unter der angegebenen Anschrift habe ergeben, dass der Betrieb dort nicht zu finden sei. Die Antragstellerin könne sich mit Bezug auf die Beschäftigung bei Herrn J nicht auf einen Arbeitnehmerstatus berufen. Eine andere Grundlage für einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II sei nicht gegeben. Insbesondere sei kein Arbeitnehmerstatus aus einer anderen Beschäftigung erworben worden. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland betrage weniger als fünf Jahre.
Die Antragsteller haben Gehaltsabrechnungen der Firma J für Juli 2017 bis Dezember 2017, Schulzeugnisse der Antragstellerin zu 2. bis 4., eine Bescheinigung über dem Familienstand der Antragstellerin zu 1. und eine Meldebescheinigung der Stadt E über die Wohnanschriften der Antragstellerin zu 1. eingereicht. Die Antragsteller haben vortragen lassen, die Antragstellerin zu 1. habe im Zeitraum 2012 bis 2014 in E, J 00 gewohnt und dort als Hauswirtschafterin bei einem türkischen Mann gearbeitet. Über Unterlagen hierzu verfüge sie nicht mehr.
Der Senat hat mit Beschluss vom 22.12.2017 (L 7 SF 523/17 ER) die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 18.10.2017 ausgesetzt, soweit das Sozialgericht den Antragsteller verpflichtet hat, Kosten der Unterkunft zu zahlen, weil die Wohnung nach dem Inhalt der bauamtlichen Verfügung vom 13.03.2017 für Wohnzwecke ungeeignet sei. Im Übrigen ist der Antrag abgelehnt worden. Der Antragsgegner habe mit der Beschwerde nur hinsichtlich der Unterkunftskosten besondere rechtfertigende Umstände vorgetragen, die über die Nachteile hinausgehen, die mit der Vollstreckung aus einem nicht rechtskräftigen Titel ohnehin verbunden sind.
Im Erörterungstermin vom 01.03.2018 hat die Antragstellerin zu 1. ausgeführt, seit ca. zehn Jahren in Deutschland zu leben. Sie habe zunächst in F gewohnt, dann in E-I. Zwischendurch sei sie für ca. sechs Monate nach Bulgarien gegangen. Wann das war könne sie nicht mehr genau sagen. Nachdem sie in F aus der H-straße 00 ausgezogen sei, sei sie zurück nach E-I gezogen. Unter der aktuellen Anschrift wohne sie seit ca. vier Jahren. 2012 bis 2014 habe sie für einen türkischen Mann gearbeitet, an dessen Namen sie sich nicht erinnern könne. Sie habe ca. 450 EUR monatlich verdient. Herr L habe sie in der Vergangenheit finanziell unterstützt, es handele sich aber nicht um ihren Lebensgefährten. Für J habe sie als Reinigungskraft gearbeitet, zuletzt im September 2017. Der Zeuge L hat ausgesagt, die Antragstellerin zu 1. habe von Mai 2014 bis März 2015 für ihn als Haushaltsangestellte gearbeitet. Im März 2015 sei es zu einer arbeitgeberseitigen Kündigung gekommen, weil die Antragstellerin zu 1. nach Bulgarien gegangen sei, um die in Bulgarien leben Antragsteller zu 2) bis 4) zu sich zu nehmen, um mit ihnen in Deutschland zu leben. Anschließend sei die Antragstellerin zu 1. ca. drei Monate in Bulgarien gewesen. Die Antragstellerin zu 1. habe nach März 2015 nicht wieder als Haushaltsangestellte bei ihm gearbeitet. An dieser Aussage hat der Zeuge L auch in Kenntnis des 01.12.2016 unterzeichneten Arbeitsvertrages über eine zeitlich befristete Beschäftigung ab Dezember 2016 und der abweichenden Eidesstattlichen Versicherung vom 22.03.2017 festgehalten.
II.
Die von dem Antragsgegner form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist nur teilweise begründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 26.05.2017- L 7 AS 510/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, Leistungen für die Kosten der Unterkunft zu zahlen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 18.10.2017 verwiesen. Da die Wohnung nach der bauamtlichen Verfügung für Wohnzwecke ungeeignet ist, entsteht den Antragstellern kein nicht wiedergutzumachender Nachteil, wenn die Wohnung aufgrund der Nichtzahlung der Miete verlassen werden muss.
Im Übrigen haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch und -grund (der sich aus dem Fehlen von Existenzmitteln ergibt) glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, insbesondere der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) und des anzurechnenden Einkommens verweist der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. nicht dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterliegt und damit die mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller zu 2. bis 4. gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II ebenfalls leistungsberechtigt sind. Denn die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II erfüllt. Hiernach erhalten abweichend von Satz 2 Nr. 2 Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Die Frist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts richtet sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Eine materielle Freizügigkeitsberechtigung iSd § 4a FreizügG/EU ist nicht erforderlich (Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. § 7 Rn. 53).
Da die Antragstellerin zu 1. sich erstmals am 10.12.2007 in Deutschland angemeldet hat, ist die Fünf-Jahresfrist seit Dezember 2012 erfüllt. Es liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der gewöhnliche Aufenthalt der Antragstellerin unterbrochen worden ist, die Fünf-Jahresfrist anschließend von neuem begann und jetzt noch nicht abgelaufen ist. Aus dem aktenkundigen Sachverhalt ergibt sich nicht, dass der Aufenthalt der Antragstellerin in Deutschland seit ihrer Meldung 2007 in mehr als unwesentlichem Umfang unterbrochen worden ist. Soweit Zweifel aus dem Umstand resultieren, dass eine melderechtliche Erfassung der Antragstellerin zu 1. zwischen Juni 2012 und Juli 2014 nicht aktenkundig ist, steht dies der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin, sie habe sich in diesem Zeitraum ebenfalls in F aufgehalten und für einen türkischen Mann gearbeitet, nicht entgegen. Eine durchgehende melderechtliche Erfassung des Begünstigten verlangt § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II nicht. Soweit die Antragstellerin zu 1. einige Zeit in Bulgarien verbracht hat, um ihre Kinder nach Deutschland zu holen, stellt dies keine wesentliche Unterbrechung ihres Aufenthalts in Deutschland dar. Vielmehr bestätigt dieses Vorgehen die Annahme, dass die Antragstellerin zu 1. sich iSd § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I dauerhaft in Deutschland aufhalten wollte.
Verbleibenden Zweifeln ist im Hauptsacheverfahren nachzugehen. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind jedenfalls im Wege der Folgenabwägung Leistungen zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht erfolgreich waren.
Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1. ist bulgarische Staatsangehörige und Mutter der minderjährigen Antragsteller zu 2. bis 4., für die die Antragstellerin zu 1. Kindergeld bezieht. Nach eigenen Angaben ist die Antragstellerin zu 1. vor zehn Jahren mit ihrem damaligen Freund in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach der vorgelegten Meldebescheinigung ist die Antragstellerin zu 1. erstmals am 10.12.2007 in Deutschland gemeldet gewesen. Die Antragstellerin zu 1. war in E, O und F gemeldet. Am 05.06.2012 erfolgte der Auszug aus einer Wohnung in der H-str. 25, F. Für die Zeit vom 05.06.2012 bis zum 08.07.2014 ist nicht aktenkundig, wo die Antragstellerin zu 1. gemeldet war. Der Einzug in die Wohnung des Zeugen X L unter der Anschrift J 01, E erfolgte am 08.07.2014, wo die Antragstellerin mit einer Unterbrechung vom 16.03.2016 bis 29.09.2016 wohnhaft ist. Im Oktober 2016 reisten die Antragsteller zu 2. bis 4. unter der Mithilfe des Zeugen L in die Bundesrepublik Deutschland ein und leben seitdem bei der Antragstellerin zu 1. Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchen das N-Gymnasium - Internationale Vorbereitungsklasse - in E. Der Antragsteller zu 4. besucht die Städtische Gemeinschaftsgrundschule G-straße in E. Die Aufnahme der Antragsteller zu 2. bis 4. in die vorgenannten Schulen erfolgte im Februar 2017.
Am 01.12.2016 schlossen die Antragstellerin und der Zeuge L einen "Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte", wonach für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 die Antragstellerin als Hausangestellte für "alle anfallenden Hausarbeiten" eingestellt werden sollte. Das monatliche Entgelt sollte 288,88 EUR betragen.
Am 30.01.2017 beantragten die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Bescheid vom 13.03.2017 bestätigte das Amt für Baurecht und Bauberatung eine mündliche Nutzungsuntersagung für die von den Antragstellern bewohnten Räumlichkeiten im Gebäude J 01, E. Um eine Gefahr für Personen, die sich im Gebäude aufhalten, abzuwehren, ist im Rahmen des Sofortvollzuges die Räumung und Versiegelung des Gebäudes am 07.03.2017 durchgeführt worden.
Am 22.03.2017 gab der Zeuge L vor dem Notar U Q, E folgende Eidesstattliche Versicherung ab:
"Ich habe Frau J S seit dem 08.07.2014 als Hauswirtschafterin eingestellt und beschäftige sie seither. Sie erhält dafür monatlich als Lohn 288,80 EUR. Sie erhält auch neben ihrem Lohn finanzielle Unterstützung durch mich, da das Jobcenter Zahlungen an sie nicht bewilligt hat. Bis heute habe ich insgesamt 34.800 EUR für Frau S und ihre Kinder aufgewendet, die ich auch durch Belege nachweisen kann."
Am 03.06.2017 schloss die Antragstellerin zu 1. einen Arbeitsvertrag mit Herrn B T J über eine Tätigkeit als Aushilfe/Reinigungskraft. Die monatliche Bruttovergütung betrage 440,70 EUR.
Am 25.09.2017 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig den gesetzlichen "Grundbedarf" nebst Kosten der Unterkunft und Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Sie befänden sich in einer prekären Situation, da das Einkommen der Antragstellerin zu 1. bei weitem nicht bedarfsdeckend sei. Eine finanzielle Unterstützung durch den Zeugen L erfolge nicht. Die Wohnräume unter der Anschrift J 01, E bewohnten die Antragsteller nur mit stillschweigender Duldung des Bauaufsichtsamtes. Ohne eine entsprechende Zusage des Antragsgegners sei es nicht möglich, neuen Wohnraum anzumieten.
Die Antragsteller haben Eidesstattliche Versicherungen des Zeugen L sowie der Antragstellerin zu 1. vom 19.09.2017, eine Übersicht über ihre Meldeadressen, Lohnabrechnungen mit der Fa. J für Juni 2017 und Juli 2017, eine Kopie des Arbeitsvertrags mit Fa. J, eine Meldebescheinigung dieser Tätigkeit zur Sozialversicherung, eine Kopie eines Beschlusses des Amtsgerichts E über die Einleitung der Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks "J 01, E" sowie eine Kopie des Bescheides des Bauamts E vom 13.03.2017 vorgelegt. Auf Aufforderung durch das Sozialgericht haben die Antragsteller Kontoauszüge sowie weitere Eidesstattliche Versicherungen vom 09.10.2017 über die Einkommens- und Vermögenssituation des Zeugen L sowie die Arbeitstätigkeit der Antragstellerin zu 1. vorgelegt. Auf den Inhalt der genannten Unterlagen wird verwiesen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Eingangsverfügung vom 27.09.2017 unter Fristsetzung von fünf Tagen aufgefordert, die Antragserwiderung zu übersenden. Mit weiterer Verfügung vom 10.10.2017 hat das Sozialgericht den Antragsgegner unter Fristsetzung von drei Tagen aufgefordert, auf die von den Antragstellern eingereichten Kontoauszüge der letzten drei Monate Stellung zu nehmen.
Mit Beschluss vom 18.10.2017 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern ab dem 25.09.2017 vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.04.2018, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung eines Erwerbseinkommens der Antragstellerin zu 1. in Höhe von monatlich 440,70 EUR und des gezahlten Kindergelds in Höhe von 582 EUR zu zahlen. Die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Maßgeblich sei insoweit der Umstand, dass eine Antragserwiderung des Antragsgegners ausgeblieben sei. Dadurch habe der Antragsgegner das Vorbringen der Antragsteller unstreitig gestellt. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens der Antragsteller bestünden nicht, nachdem die Antragsteller aussagekräftige Eidesstattliche Versicherungen zur Akte gereicht hätten. Die Antragstellerin zu 1. habe durch Vorlage des Arbeitsvertrags, der Lohnabrechnungen, der Meldebescheinigung zur Sozialversicherung sowie der Eidesstattlichen Versicherung in Bezug auf ihr Arbeitsverhältnis hinreichend glaubhaft gemacht, über ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu verfügen und daher nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II vom Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgenommen zu sein. Vom Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen sei ebenfalls auszugehen. Der Anordnungsgrund bestehe auch in Bezug auf die Kosten der Unterkunft. Ein schematisches Abstellen auf die Erhebung der Räumungsklage sei nicht zulässig. Da die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sehr hoch seien, sei die Anforderung an die Eilbedürftigkeit gering. Insofern sei im vorliegenden Fall ausreichend, dass sich die Antragsteller gegenüber ihrem Vermieter mit der Zahlung der Miete im Rückstand befänden.
Der Antragsgegner hat gegen den am 26.10.2017 zugestellten Beschluss am 17.11.2017 Beschwerde eingelegt und einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung gestellt. Ermittlungen am 16.11.2017 hätten ergeben, dass es sich bei der geringfügigen Beschäftigung der Antragstellerin zu 1. um ein vorgetäuschtes Scheinarbeitsverhältnis handele. Der Arbeitgeber, Herr B T J, habe bisher keine Beiträge und Steuern in Zusammenhang mit der geringfügigen Beschäftigung der Antragstellerin zu 1. abgeführt. Die Besichtigung des Betriebes durch den Außendienst des Antragsgegners unter der angegebenen Anschrift habe ergeben, dass der Betrieb dort nicht zu finden sei. Die Antragstellerin könne sich mit Bezug auf die Beschäftigung bei Herrn J nicht auf einen Arbeitnehmerstatus berufen. Eine andere Grundlage für einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II sei nicht gegeben. Insbesondere sei kein Arbeitnehmerstatus aus einer anderen Beschäftigung erworben worden. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland betrage weniger als fünf Jahre.
Die Antragsteller haben Gehaltsabrechnungen der Firma J für Juli 2017 bis Dezember 2017, Schulzeugnisse der Antragstellerin zu 2. bis 4., eine Bescheinigung über dem Familienstand der Antragstellerin zu 1. und eine Meldebescheinigung der Stadt E über die Wohnanschriften der Antragstellerin zu 1. eingereicht. Die Antragsteller haben vortragen lassen, die Antragstellerin zu 1. habe im Zeitraum 2012 bis 2014 in E, J 00 gewohnt und dort als Hauswirtschafterin bei einem türkischen Mann gearbeitet. Über Unterlagen hierzu verfüge sie nicht mehr.
Der Senat hat mit Beschluss vom 22.12.2017 (L 7 SF 523/17 ER) die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts vom 18.10.2017 ausgesetzt, soweit das Sozialgericht den Antragsteller verpflichtet hat, Kosten der Unterkunft zu zahlen, weil die Wohnung nach dem Inhalt der bauamtlichen Verfügung vom 13.03.2017 für Wohnzwecke ungeeignet sei. Im Übrigen ist der Antrag abgelehnt worden. Der Antragsgegner habe mit der Beschwerde nur hinsichtlich der Unterkunftskosten besondere rechtfertigende Umstände vorgetragen, die über die Nachteile hinausgehen, die mit der Vollstreckung aus einem nicht rechtskräftigen Titel ohnehin verbunden sind.
Im Erörterungstermin vom 01.03.2018 hat die Antragstellerin zu 1. ausgeführt, seit ca. zehn Jahren in Deutschland zu leben. Sie habe zunächst in F gewohnt, dann in E-I. Zwischendurch sei sie für ca. sechs Monate nach Bulgarien gegangen. Wann das war könne sie nicht mehr genau sagen. Nachdem sie in F aus der H-straße 00 ausgezogen sei, sei sie zurück nach E-I gezogen. Unter der aktuellen Anschrift wohne sie seit ca. vier Jahren. 2012 bis 2014 habe sie für einen türkischen Mann gearbeitet, an dessen Namen sie sich nicht erinnern könne. Sie habe ca. 450 EUR monatlich verdient. Herr L habe sie in der Vergangenheit finanziell unterstützt, es handele sich aber nicht um ihren Lebensgefährten. Für J habe sie als Reinigungskraft gearbeitet, zuletzt im September 2017. Der Zeuge L hat ausgesagt, die Antragstellerin zu 1. habe von Mai 2014 bis März 2015 für ihn als Haushaltsangestellte gearbeitet. Im März 2015 sei es zu einer arbeitgeberseitigen Kündigung gekommen, weil die Antragstellerin zu 1. nach Bulgarien gegangen sei, um die in Bulgarien leben Antragsteller zu 2) bis 4) zu sich zu nehmen, um mit ihnen in Deutschland zu leben. Anschließend sei die Antragstellerin zu 1. ca. drei Monate in Bulgarien gewesen. Die Antragstellerin zu 1. habe nach März 2015 nicht wieder als Haushaltsangestellte bei ihm gearbeitet. An dieser Aussage hat der Zeuge L auch in Kenntnis des 01.12.2016 unterzeichneten Arbeitsvertrages über eine zeitlich befristete Beschäftigung ab Dezember 2016 und der abweichenden Eidesstattlichen Versicherung vom 22.03.2017 festgehalten.
II.
Die von dem Antragsgegner form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist nur teilweise begründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 26.05.2017- L 7 AS 510/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, Leistungen für die Kosten der Unterkunft zu zahlen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats vom 18.10.2017 verwiesen. Da die Wohnung nach der bauamtlichen Verfügung für Wohnzwecke ungeeignet ist, entsteht den Antragstellern kein nicht wiedergutzumachender Nachteil, wenn die Wohnung aufgrund der Nichtzahlung der Miete verlassen werden muss.
Im Übrigen haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch und -grund (der sich aus dem Fehlen von Existenzmitteln ergibt) glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, insbesondere der Hilfebedürftigkeit (§ 9 SGB II) und des anzurechnenden Einkommens verweist der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts.
Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. nicht dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterliegt und damit die mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller zu 2. bis 4. gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II ebenfalls leistungsberechtigt sind. Denn die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zu 1. die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II erfüllt. Hiernach erhalten abweichend von Satz 2 Nr. 2 Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Die Frist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts richtet sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Eine materielle Freizügigkeitsberechtigung iSd § 4a FreizügG/EU ist nicht erforderlich (Becker in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. § 7 Rn. 53).
Da die Antragstellerin zu 1. sich erstmals am 10.12.2007 in Deutschland angemeldet hat, ist die Fünf-Jahresfrist seit Dezember 2012 erfüllt. Es liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der gewöhnliche Aufenthalt der Antragstellerin unterbrochen worden ist, die Fünf-Jahresfrist anschließend von neuem begann und jetzt noch nicht abgelaufen ist. Aus dem aktenkundigen Sachverhalt ergibt sich nicht, dass der Aufenthalt der Antragstellerin in Deutschland seit ihrer Meldung 2007 in mehr als unwesentlichem Umfang unterbrochen worden ist. Soweit Zweifel aus dem Umstand resultieren, dass eine melderechtliche Erfassung der Antragstellerin zu 1. zwischen Juni 2012 und Juli 2014 nicht aktenkundig ist, steht dies der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin, sie habe sich in diesem Zeitraum ebenfalls in F aufgehalten und für einen türkischen Mann gearbeitet, nicht entgegen. Eine durchgehende melderechtliche Erfassung des Begünstigten verlangt § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II nicht. Soweit die Antragstellerin zu 1. einige Zeit in Bulgarien verbracht hat, um ihre Kinder nach Deutschland zu holen, stellt dies keine wesentliche Unterbrechung ihres Aufenthalts in Deutschland dar. Vielmehr bestätigt dieses Vorgehen die Annahme, dass die Antragstellerin zu 1. sich iSd § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I dauerhaft in Deutschland aufhalten wollte.
Verbleibenden Zweifeln ist im Hauptsacheverfahren nachzugehen. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind jedenfalls im Wege der Folgenabwägung Leistungen zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht erfolgreich waren.
Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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