L 21 R 955/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 45 R 873/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 R 955/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.09.2016 aufgehoben und festgestellt, dass der Rechtstreit S 45 R 1173/14 nicht durch Klagerücknahme beendet worden ist. Die Kostenentscheidung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der fiktiven Rücknahme (§ 102 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ihrer Klage auf Berechtigung zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge und auf Auszahlung einer Altersrente.

Die Klägerin ist israelische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Israel. Sie ist die Tochter der ursprünglich Versicherten H (im Folgenden: Versicherte), als deren Rechtsnachfolgerin sie auftritt. Die Versicherte war israelische Staatsangehörige und Verfolgte gemäß § 1 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG). Die Versicherte hatte sich - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im Zeitraum von November 1941 bis März 1944 zwangsweise in einem Ghetto (Kopaigorod) aufgehalten.

Am 19.05.2003 beantragte die Versicherte bei der Beklagten u.a. die Gewährung einer Regelaltersrente unter Anerkennung von Ghetto-Beitragszeiten nach § 2 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) und die freiwillige Weiterversicherung nach § 7 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit Bescheid vom 04.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Versicherten ab. Es bestehe kein Anspruch auf Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des ZRBG, weil keine für die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Versicherten wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2005 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Versicherte vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Az.: S 26 R 59/05) Klage. Am 21.01.2007 verstarb die Versicherte, das Verfahren wurde von der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin der Versicherten fortgeführt (Az.: S 26 R 1970/10 WA). Die Beklagte erkannte Beitragszeiten der Versicherten nach dem ZRBG vom 01.11.1941 bis zum 18.03.1944 und Ersatzzeiten wegen Verfolgung vom 24.10.1947 bis zum 31.12.1949 an. Eine Rentenzahlung lehnte sie weiterhin ab, da bei lediglich 56 anrechenbaren Kalendermonaten die Wartezeit nicht erfüllt sei. Die Klägerin nahm das Teilanerkenntnis der Beklagten an und begehrte nunmehr, unter Zulassung einer freiwilligen Weiterversicherung von Januar 1998 bis April 1998 die Gewährung von Regelaltersrente von November 1998 bis Januar 2007. Mit Urteil vom 24.03.2011 verurteilte das SG die Beklagte antragsgemäß. Auf die zugelassene durch die Beklagte eingelegte Sprungrevision (Az.: B 12 R 12/11 R) hob das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 30.04.2013 das Urteil des SG vom 24.03.2011 auf und wies die Klage ab. Das BSG wies darauf hin, dass die Beklagte einen möglicherweise (auch) auf die nachträgliche Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung der Versicherten nach Ablauf der Entrichtungsfrist (§ 197 Abs. 2 SGB VI) in Anwendung von § 197 Abs. 3 SGB VI gerichteten Antrag der Versicherten (Antrag auf "die freiwillige Weiterversicherung nach § 7 SGB VI") bislang nicht beschieden habe (BSG vom 30.04.2013 - B 12 R 12/11 R - juris Rn. 42).

Mit Schreiben vom 06.09.2013 nahm die Klägerin auf die Ausführungen des BSG zu dem Antrag vom 19.05.2003 Bezug und bat um Bescheidung. Vorsorglich beantragte die Klägerin bei der Beklagten (erneut) die Zulassung der Entrichtung von vier freiwilligen Beiträgen nach § 197 Abs. 3 SGB VI. Mit Bescheid vom 16.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zulassung von vier freiwilligen Beiträgen für die Monate Januar bis April 1998 als Härtefallantrag nach § 197 Abs. 3 SGB VI ab. Hiergegen legte die Klägerin am 08.01.2014 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2014 als unbegründet zurückwies.

Mit ihrer am 05.06.2014 bei dem SG erhobenen Klage (Az.: S 45 R 1173/14) hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2014 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin der am 21.01.2007 verstorbenen Versicherten für deren Versicherung für die Zeit vom 01.01.1998 bis 30.04.1998 zu gestatten, vier freiwillige Beiträge nachzuzahlen, und ihr die damit der Versicherten zustehende Regelaltersrente für die Zeit von November 1998 bis Februar 2007 zu zahlen. Ihre Klage hat sie mit Schriftsatz vom 04.08.2014 umfassend begründet. Sie hat ergänzend ausgeführt, die alleinige Erbin ihrer Mutter, mit der sie nicht zusammengelebt habe und von der sie nicht unterhalten worden sei, zu sein. Sie hat die beglaubigte Kopie eines israelischen Erbscheins sowie eine deutsche Übersetzung aus dem Hebräischen vorgelegt.

Mit prozessleitender Verfügung vom 12.01.2015 wies das SG die Bevollmächtigte der Klägerin darauf hin, dass das Verfahren S 45 R 1173/14 gemäß § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 56 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gerichtskostenpflichtig sei. Mit Beschluss vom 20.02.2015 setzte das SG den Streitwert vorläufig auf 6.396,33 Euro fest. Unter dem 23.02.2015 forderte die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle des SG die Klägerin zur Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses in Höhe von 554,16 Euro auf und erinnerte die Klägerin unter dem 20.04.2015, 01.06.2015 und 29.06.2015 erfolglos hieran. Ein Vollstreckungsersuchen der Kostenbeamtin der Geschäftsstelle des SG an die Justizkasse Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2015 blieb erfolglos. Die Oberjustizkasse hat den Anspruch unbefristet niedergeschlagen, worüber die Justizkasse Nordrhein-Westfalen das SG mit am 08.12.2015 dort eingegangenem Schreiben vom 01.12.2015 in Kenntnis setzte.

Mit Verfügung vom 09.12.2015 forderte der Vorsitzende die Klägerin gemäß § 102 Abs. 2 SGG auf, das Verfahren durch Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses in Höhe von 554,16 Euro zu betreiben. Sie werde darauf hingewiesen, dass die Klage als zurückgenommen gelte, wenn die Klägerin das Verfahren trotz dieser Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate ab Zustellung der Verfügung nicht betreibe. Die Verfügung trägt die vollständige Unterschrift des Richters. Eine einfache Abschrift dieses Schreibens, die keine Unterschrift aufwies und aus der sich nicht der volle Name des Richters ergab, ist der Bevollmächtigten der Klägerin am 12.12.2016 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 27.01.2016 vertrat die Bevollmächtigte der Klägerin hierzu die Auffassung, dass die Betreibensaufforderung formell und materiell unwirksam sei. Zum einen sei diese maschinell erstellt und es fehle die richterliche Unterschrift, die für die Wirksamkeit der Verfügung Voraussetzung sei. Zum anderen seien die Voraussetzungen für die Fiktion einer Klagerücknahme nicht erfüllt. Die Fiktion einer Klagerücknahme sei für die Fälle eingeführt worden, in denen Anhaltspunkte für ein Desinteresse der klägerischen Partei an der Fortführung des Rechtsstreits bestünden. Anwendung finde die Vorschrift dann zur vereinfachten Beendigung eines Verfahrens, an dessen Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr habe. Bei Anwendung der Norm sei ihr strenger Ausnahmecharakter zu beachten. Vom Wegfall des Rechtsschutzinteresses könne nur dann ausgegangen werden, wenn das Verhalten des Klägers Anlass zu der Annahme biete, dass ihm an einer Sachentscheidung mangels eines Sachbescheidungsinteresses nicht mehr gelegen sei. Es müssten zum Zeitpunkt des Erlasses der Betreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses bestehen. Aus der fehlenden Einzahlung der Gerichtskosten lasse sich der Wegfall des Rechtsschutzinteresses nicht ableiten. Das Gericht übersehe insoweit, dass der Gesetzgeber eine verfahrensfördernde Handlung verlange und hierbei auf die sich aus § 103 SGG ergebenden Mitwirkungspflichten Bezug nehme. Für eine Betreibensaufforderung gemäß § 102 SGG könnten nur solche Mitwirkungshandlungen gefordert werden, die für das Gericht erforderlich seien, um den Sachverhalt zu klären und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen. Die Einzahlung eines Gerichtskostenvorschusses sei jedoch für die Sachverhaltsaufklärung völlig unerheblich. § 102 Abs. 2 SGG stelle kein Hilfsmittel zur bequemen Erledigung lästiger Verfahren oder zur Sanktionierung prozessleitender Verfügungen dar und dürfe nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten eingesetzt werden. Die Einzahlung der angeforderten Gerichtskosten zur Grundlage einer Klagerücknahmefiktion zu machen, sei auch im Hinblick auf die Normen des Gerichtskostengesetzes (GKG) bedenklich. Dort finde sich für die Kläger im Sozialgerichtsverfahren keine Norm, die ein Tätigwerden des Sozialgerichts von der Zahlung der Gerichtskosten abhängig mache. Die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten anwendbare Norm des § 12 GKG sei auf die Sozialgerichtsbarkeit nicht übertragbar.

Das SG hat die Beteiligten mit Verfügung vom 13.05.2016 darüber informiert, dass das Verfahren nach § 102 Abs. 2 SGG ausgetragen worden ist.

Im weiteren gerichtlichen Verfahren hat die Klägerin am 31.05.2016 die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Am 01.06.2016 hat das Gericht das Verfahren unter neuem Aktenzeichen (Az.: S 45 R 873/16) wieder aufgenommen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2016 festgestellt, dass der Rechtsstreit (Az.: S 45 R 1173/14) am 14.03.2016 aufgrund fiktiver Rücknahmeerklärung der Klägerin beendet worden ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung vom 09.12.2015 erfülle die formellen, materiellen und inhaltlichen Anforderungen, ohne die eine Betreibensaufforderung die Grundlage der Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht bilden könne. Insbesondere sei die Verfügung nicht lediglich mit einer Paraphe, sondern mit dem vollen Namen unterschrieben worden. Soweit die Rechtsprechung zum Teil davon ausgehe, dass auch die zuzustellende Abschrift mit vollem Namen des Richters unterzeichnet werden müsse, folge die erkennende Kammer dem nicht. Sinn und Zweck der Unterschrift mit vollem Namen sei lediglich die Sicherstellung der Abgrenzung eines Entwurfs von der tatsächlichen Verfügung. Dies könne allerdings auch ausreichend durch die Unterzeichnung der Verfügung mit vollem Namen geschehen. Die Aufforderung zum Betreiben des Verfahrens genüge auch den inhaltlichen Anforderungen. Von der Klägerin sei die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses angefordert worden. Die Anforderung sei zweifelsfrei mit Postzustellungsurkunde am 12.12.2015 zugegangen. Die Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 SGG sei auch möglich, wenn ein Kläger dadurch nicht weiter am Verfahren mitwirke, dass er den Gerichtskostenvorschuss nicht leiste. Das SG hat insoweit Bezug genommen auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Darmstadt vom 09.04.2009 (Az.: 5 K 333/09) und des VG Hannover vom 29.07.2010 (Az.: 13 A 685/10). Warum dies im Rahmen der Sozialgerichtsbarkeit, welche eine "Tochtergerichtsbarkeit" der Verwaltungsgerichtsbarkeit sei, anders sein solle, erschließe sich der erkennenden Kammer nicht. Vielmehr erscheine es der erkennenden Kammer als lebensnah und nachvollziehbar, dass jemand, der die angeforderten Gerichtskosten nicht einzahle, auch kein Interesse an der materiellen Klärung der Streitsache (mehr) haben könne.

Gegen den am 04.10.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 02.11.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den bisherigen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor: Sie habe sich zu der geforderten Zahlung nicht veranlasst gesehen, da weder materielle noch formelle Gründe eine solche Verpflichtung rechtfertigen könnten, was schriftsätzlich ausführlich begründet worden sei. Die Anforderung von Gerichtskosten könne nicht Gegenstand einer Betreibensaufforderung sein, da es sich hierbei nicht um eine sachliche streitgegenständliche Mitwirkung handele. Dies gelte jedenfalls dann nicht, wenn die Klage voll begründet worden sei und die gegenseitigen Rechtsansichten von den Parteien ausgetauscht worden seien, sodass der Rechtsstreit zur Frage der freiwilligen Weiterversicherung gemäß § 197 Abs. 3 SGB VI entscheidungsreif gewesen sei. Von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses durch bisher nicht eingezahlte Gerichtskosten habe das Gericht deshalb nicht ausgehen können. Sie werde ihre Verpflichtungen erfüllen, sobald eine Entscheidung in der Sache selbst ergangen sei.

Die Klägerin beantragt schriftlich,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.09.2016 festzustellen, dass der Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Düsseldorf zum Geschäftszeichen S 45 R 1173/14 nicht durch fiktive Rücknahmeerklärung der Klägerin beendet worden ist und das Sozialgericht Düsseldorf anzuweisen, über den Rechtsstreit materiell-rechtlich zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und auch im Übrigen zulässig (§§ 144, 151 SGG).

Gegen die Feststellung des SG, dass die Klage zurückgenommen ist, ist das Rechtsmittel statthaft, das auch gegen eine Entscheidung in der Sache selbst einzulegen wäre (vgl. BVerwG vom 23.08.1984 - 9 CB 48/84).

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Zulässigkeit der Berufung in Verfahren, in denen die Wirksamkeit einer Klagerücknahme streitgegenständlich ist, den Beschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG unterliegt (vgl. insoweit BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R; LSG Baden-Württemberg vom 25.07.2017 - L 9 AS 1068/17; LSG Berlin-Brandenburg vom 28.12.2016 - L 14 AS 745/16; LSG Rheinland-Pfalz vom 13.10.2015 - L 6 AS 432/14; LSG Sachsen vom 01.12.2010 - L 7 AS 524/09), oder ob es hierauf nicht ankommt, weil unmittelbarer Gegenstand des Berufungsverfahrens allein die Frage ist, ob der Rechtsstreit durch Klagerücknahme beendet worden ist, und damit nicht (auch) der streitige Anspruch in der Sache (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2013 - L 5 KR 605/12; LSG Sachsen-Anhalt vom 30.08.2012 - L 2 AS 132/12). Denn vorliegend übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro. In dem Verfahren S 45 R 1173/14 begehrt die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2014 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin der am 21.01.2007 verstorbenen Versicherten für deren Versicherung für die Zeit vom 01.01.1998 bis 30.04.1998 zu gestatten, vier freiwillige Beiträge nachzuzahlen, und ihr die damit der Versicherten zustehende Regelaltersrente für die Zeit von November 1998 bis Februar 2007 zu zahlen. Damit begehrt die Klägerin nicht nur das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung, das sie mit 503,44 DM beziffert, sondern auch die Gewährung einer Altersrente für die Zeit von November 1998 bis Februar 2007. Die Beklagte hat den Wert einer Rentenzahlung für die Zeit von November 1998 bis Januar 2007 unter Verrechnung von vier freiwilligen Beiträgen mit 6.396,33 Euro beziffert. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist im Rahmen eines Streits über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme statthaft (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt -Hrsg.-, SGG, 2017, § 102 Rn. 12). Soweit die Klägerin darüber hinaus beantragt, das SG anzuweisen, über den Rechtsstreit materiell-rechtlich zu entscheiden, ist dieses Antragsbegehren als Antrag auf Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG auszulegen. Ein derart ausgelegter Antrag wäre ebenfalls statthaft (vgl. Adolf in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 159 SGG Rn. 23).

II. Die Berufung ist auch im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides begründet. Das SG hat zu Unrecht festgestellt, dass das Klageverfahren S 45 R 1173/14 am 14.03.2016 aufgrund fiktiver Rücknahmeerklärung der Klägerin beendet worden ist. Denn die Voraussetzungen für den Eintritt einer Rücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG liegen nicht vor.

Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt eine Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt, wobei nach § 102 Abs. 2 Satz 2 SGG die Regelung des § 102 Abs. 1 SGG entsprechend gilt. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGG). Die Vorschrift des § 102 SGG ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Fiktion der Klagerücknahme führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Beteiligter ein von ihm eingeleitetes Verfahren auch durchführen will (BSG vom 01.07.2010 - B 13 R 58/09 R - juris Rn. 42 m.w.N.).

Weder sind die Voraussetzungen einer Betreibensaufforderung im Sinne des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG erfüllt (dazu 1.), noch durfte das SG aufgrund der Umstände nach Erlass der Betreibensaufforderung unter Würdigung des Verhaltens der Klägerin annehmen, dass die Klägerin das Interesse an der Fortführung des Rechtsstreites verloren hätte (dazu 2.). Eine Zurückverweisung an das SG (§ 159 Abs. 1 SGG) steht nicht im Ermessen des Senats (dazu 3.).

1. Die Klagerücknahmefiktion kann einen Rechtsstreit nur beenden, wenn zuvor dem Kläger vom Gericht eine wirksame Betreibensaufforderung zugegangen ist (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R). Eine Betreibensaufforderung muss nach der Rechtsprechung des BSG (BSG vom 01.07.2010 - B 13 R 58/09 R) vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet worden sein; ein den Namen abkürzendes Handzeichen (Paraphe) genügt als Unterschrift nicht (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R m.w.N.). Der Adressat der Aufforderung ist in dieser auf die Rechtsfolgen, die gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG und gegebenenfalls gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO eintreten können, hinzuweisen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 SGG). Schließlich ist die Betreibensaufforderung dem Kläger (oder ggf. seinem Bevollmächtigten) zuzustellen. Die insoweit gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift muss den Umstand, dass die Betreibensaufforderung vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben wurde, erkennen lassen, d.h. durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters ausweisen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt (BSG vom 01.07.2010 - B 13 R 58/09 R).

Diese Voraussetzungen für die Annahme einer fiktiven Klagerücknahme hat das SG nicht beachtet. Weder ist die Klägerin entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 102 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO ergebenden Rechtsfolgen hingewiesen worden, noch lässt die der Klägerin zugestellte einfache Abschrift der gerichtlichen Verfügung vom 09.12.2015 den Umstand erkennen, dass die Betreibensaufforderung vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben wurde. Insoweit ist weder der volle Name des Richters wiedergegeben worden, noch ist der Klägerin eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift (vgl. hierzu Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 63 Rn. 23) der gerichtlichen Verfügung vom 09.12.2015, sondern lediglich eine einfache Abschrift der Verfügung zugestellt worden. Bereits diese Umstände rechtfertigen die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides.

2. Die Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 SGG tritt nur ein, wenn neben der Erfüllung der formellen und materiellen Voraussetzungen der Betreibensaufforderung auch nach fruchtlosem Fristablauf der Kläger das Verfahren nicht weiter betreibt und das Rechtsschutzinteresse entfallen ist. Die Rücknahmefiktion darf weder als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eingesetzt werden (BVerfG vom 17.09.2012 - 1 BvR 2254/11), noch stellt die Vorschrift ein Hilfsmittel zur Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen dar (LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.01.2016 - L 19 AS 1863/15 B). Sie soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (BVerfG a.a.O.; vgl. BSG vom 01.07.2010 - B13 R 58/09; LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.11.2017 - L 7 AS 1248/16 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab durfte das SG aufgrund der Umstände bei bzw. nach Erlass der Betreibensaufforderung unter Würdigung des Verhaltens der Klägerin weder im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung (dazu a) noch im Zeitpunkt des Fristablaufes (dazu b) von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses auf Seiten der Klägerin ausgehen.

a) Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Es müssen "konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den sicheren Schluss zulassen, dass den Beteiligten an einer Sachentscheidung des Gerichts in Wahrheit nicht mehr gelegen ist" (BVerfG vom 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95). Die Rücknahmefiktion darf "nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden. Hierfür ist die Rücknahmefiktion nicht konzipiert. Sie soll vielmehr nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren" (BVerfG vom 17.09.2012 - 1 BvR 2254/11). Dabei können sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Einzelfall auch gegeben sein, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten, die auch erst durch eine gerichtliche Anfrage entstehen können (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R m.w.N.), verletzt. Beispielsweise bei der Klärung des Gegenstands der Klage und der wesentlichen Einwendungen ist der Kläger nicht von Mitwirkungsobliegenheiten freigestellt (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R m.w.N.). Allerdings genügt für eine Betreibensaufforderung nicht jegliche Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit, vielmehr ist nur das Unterlassen solcher prozessualen Handlungen oder Äußerungen beachtlich, die z.B. für die Feststellung von Tatsachen bedeutsam sind, die das Gericht nach seiner Rechtsansicht für entscheidungserheblich und deren Klärung es für notwendig hält (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R m.w.N.).

Zwar hat die Klägerin den von ihr seitens des SG geforderten Gerichtskostenvorschuss bis zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung nicht eingezahlt. Aus der Nichteinzahlung des Gerichtskostenvorschusses kann jedoch nicht - jedenfalls nicht in diesem konkreten Verfahren angesichts der dortigen Gesamtumstände - auf den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses geschlossen werden.

Soweit der angefochtene Gerichtsbescheid Ausführungen zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung enthält, tragen diese nicht. Es ist schon nicht ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt Anhaltspunkte für dessen Wegfall bestanden.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die durch den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid in Bezug genommene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (VG Darmstadt vom 09.04.2009 - 5 K 333/09, VG Hannover vom 29.07.2010 - 13 A 685/10) auf die Sozialgerichtsbarkeit übertragbar ist. Jedenfalls tragen die dortigen Erwägungen im vorliegenden Einzelfall nicht. Das VG Hannover (Urteil vom 29.07.2010 - 13 A 685/10) verweist ohne weitere Auseinandersetzung zur Sache auf das VG Darmstadt (Urteil vom 09.04.2009 - 5 K 333/09). Ob der Standpunkt des VG Darmstadt (a.a.O.) unter Beachtung der zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG (insbesondere vom 17.09.2012 - 1 BvR 2254/11) Bestand haben kann, erscheint als sehr fraglich, bedarf aber keiner Entscheidung.

Denn ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses darf erst nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls angenommen werden. Soweit der erstinstanzliche Gerichtsbescheid weiter ausführt, es erscheine der erkennenden Kammer als lebensnah und nachvollziehbar, dass jemand, der die angeforderten Gerichtskosten nicht einzahle, auch kein Interesse an der materiellen Klärung der Streitsache haben könne, verkennt das SG den von ihm angesichts der grundgesetzlichen Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geforderten einzelfallbezogenen Prüfungsauftrag und -umfang und stellt allgemeine Überlegungen an die Stelle einer zwingend gebotenen Einzelfallprüfung. Unter der gebotenen Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs konnte die Nichteinzahlung eines Gerichtskostenvorschusses vorliegend zum Zeitpunkt der Betreibensaufforderung keine sachlich begründete Anhaltspunkte liefern, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.08.2013 - L 10 SF 12/13 EK KA WA). Vielmehr verfolgten zunächst die Versicherte seit Mitte 2003 und seit dem Tod der Versicherten im Jahr 2007 die Klägerin den Anspruch durchgehend und konsequent. Die Klägerin hat über viele Jahre hinweg ein hohes Rechtsschutzinteresse dokumentiert und das vorliegende Verfahren zumindest ausreichend betrieben. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat im vorliegenden Einzelfall in der Nichteinzahlung eines Gerichtskostenvorschusses keinen sachlich begründeten Anhaltspunkt für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses zu erkennen.

Daran, ob die Nichteinzahlung eines Gerichtskostenvorschusses überhaupt - also auch in einem anders gearteten Gesamtzusammenhang - geeignet sein könnte, einen sachlich begründeten Anhaltspunkt für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses darzustellen, hat der Senat, der diese Frage in dem vorliegenden Einzelfall angesichts des zuvor Ausgeführten nicht abschließend klären muss, erhebliche Zweifel. Denn die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen nicht bedeutsam. Anders als bei dem besonderen Fall der Verfahren (Entschädigungsklagen) wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens nach § 202 SGG i.V.m. § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), für die § 197a SGG bestimmt, dass § 12 Abs. 1 GKG entsprechend anzuwenden ist, und für die seit dem 15.10.2016 § 94 Satz 2 SGG klarstellt, dass die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig wird, bedarf es im sozialgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen zur Begründung der Rechtshängigkeit keiner Zustellung der Klageschrift an den Beklagten, dies im Gegensatz zu § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, der die Zustellung der Klage in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von der Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen abhängig macht. Der Beginn der Rechtshängigkeit und damit die Pflicht des Gerichts zur Förderung und Durchführung des gerichtlichen Verfahrens tritt im Sozialgerichtsverfahren im Allgemeinen somit bereits mit Erhebung der Klage, also im Normalfall mit Zugang der Klageschrift beim SG ein (§ 94 SGG). Ausschließlich in Entschädigungsklagen wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens müssen (und dürfen) die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit erst dann tätig werden, wenn die Vorauszahlung nach §§ 12a und 12 Abs. 1 GKG erfolgt ist. Im vorliegenden Verfahren findet § 12 GKG mangels entsprechender Verweisung keine Anwendung. Vielmehr wird gemäß § 94 Satz 1 SGG die Streitsache durch die Erhebung der Klage rechtshängig, unabhängig davon, ob ein Kostenvorschuss eingezahlt wird. Mit Beginn der Rechtshängigkeit beginnt auch die Pflicht des Gerichts zur Förderung und Durchführung des gerichtlichen Verfahrens. Hierfür, insbesondere für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen, ist die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht bedeutsam. Zu beachten ist überdies die Regelung des § 10 GKG, wonach die Tätigkeit der Gerichte in weiterem Umfang, als die Prozessordnungen und das GKG es gestatten, nicht von der Sicherstellung oder Zahlung der Kosten abhängig gemacht werden darf.

b) Bei der gebotenen Gesamtwürdigung sind auch die Umstände nach Erlass der Betreibensaufforderung zu berücksichtigen (BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R m.w.N.).

Insoweit hat es das BSG (a.a.O.) dahinstehen lassen, ob schon die schlichte Mitteilung, eine weitere Stellungnahme werde nicht abgegeben, ausreicht, um das Verfahren zu betreiben. Das BVerfG hat eine solche Reaktion genügen lassen, nachdem ein Kläger im Ausgangsverfahren (schlicht) erklärt hatte, er halte an der Klage fest (BVerfG vom 17.9.2012 - 1 BvR 2254/11). Auch nach der Gesetzesbegründung könnte es ausreichen, deutlich zu machen, dass der Rechtsstreit weiter betrieben werde, der Kläger sich aber in der Sache nicht weiter äußern wolle oder könne (vgl. BT-Drucks. 16/7716 " Mitwirkungshandlung erbringt oder hinreichend substantiiert darlegt, warum er oder sie die geforderte Handlung nicht vornehmen kann ").

Die Klägerin hat zwar auch bis zum Fristablauf den geforderten Kostenvorschuss nicht eingezahlt. Sie hat jedoch unmissverständlich ihre Hinderungsgründe dargetan und deutlich gemacht, dass an der Fortführung des Verfahrens ein erhebliches Interesse bestehe. Im Einzelnen hat die Klägerin, zudem rechtlich fundiert, dargetan, weshalb sie die Betreibensaufforderung des SG für formell und materiell unwirksam halte und weshalb sich aus der fehlenden Einzahlung der Gerichtskosten nicht der Wegfall des Rechtsschutzinteresses ableiten lasse. Mit ihrer umfassenden Einlassung, die weit über eine schlichte Mitteilung hinausging, hat die Klägerin deutlich gemacht, dass ein Rechtsschutzinteresse weiterhin bestand. Dem SG ist beizupflichten, dass sich die Klägerin weiterhin und bis zuletzt hinsichtlich der Einzahlung des Kostenvorschusses nicht kooperativ zeigte. Wie dargestellt, ist es jedoch nicht Zweck des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG, unkooperatives Verhalten zu sanktionieren. Die Annahme eines Wegfalls des Rechtsschutzinteresses der Klägerin ist mit ihren jahrelangen und umfangreichen Rechtsschutzbemühungen, ihrem ausreichenden Betreiben und mit ihrem umfassenden Vortrag, auch mit Schriftsatz vom 27.01.2016, damit nicht ansatzweise in Einklang zu bringen. Bestimmte, sachlich begründete Anhaltspunkte für den Wegfall des Rechtsschutzinteresses lagen und liegen nicht vor.

3. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen für eine fiktive Klagerücknahme ist der Rechtsstreit in 1. Instanz deshalb nicht gemäß § 102 Abs. 2 SGG beendet worden und vor dem SG fortzusetzen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.05.2017 - L 17 U 315/16; LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.03.2016 - L 6 AS 1546/14; Sächsisches LSG vom 28.02.2013 - L 7 AS 523/09; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt -Hrsg.-, SGG, 2017, § 159 Rn. 3b m.w.N.). Mit der Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides vom 21.09.2016 und der Feststellung, dass der Rechtstreit S 45 R 1173/14 nicht durch Klagerücknahme beendet worden ist, ist der zulässige Streitgegenstand des im Berufungsverfahren allein rechtshängig gewesenen Fortsetzungsstreits erschöpft. Eine Zurückverweisung an das SG (§ 159 Abs. 1 SGG) kommt nicht in Betracht und steht deshalb auch nicht im Ermessen des Senats. Die Rechtshängigkeit des Ausgangsverfahrens S 45 R 1173/14 war nämlich zu keinem Zeitpunkt entfallen, weil eine Erledigung im Sinne des § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht eingetreten war (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.05.2017 - L 17 U 315/16; ferner LSG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017 - L 18 AS 2584/16; LSG Berlin-Brandenburg vom 23.02.2017 - L 25 AS 931/16; LSG Bayern vom 13.07.2016 - L 6 R 149/16; LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.03.2016 - L 6 AS 1546/14; LSG Hessen vom 28.04.2015 - L 3 U 205/14 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2013 - L 5 KR 605/12 m.w.N.; Sächsisches LSG, vom 28.02.2013 - L 7 AS 523/09; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt -Hrsg.-, SGG, 2017, § 159 Rn. 3b m.w.N.; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen vom 31.01.2017 - L 7 BK 5/16; LSG Niedersachsen-Bremen vom 10.07.2012 - L 7 AS 776/11; LSG Baden-Württemberg vom 12.07.2011 - L 11 KR 1429/11; LSG Sachsen-Anhalt vom 16.06.2010 - L 5 AS 217/10; Groth, jurisPR-SozR 19/2017 Anm. 5 zu BSG vom 04.04.2017 - B 4 AS 2/16 R.).

Daher hat das SG von Amts wegen über das dort durchgehend anhängig gebliebene Verfahren (S 45 R 1173/14) noch in der Sache zu entscheiden. Der statthafte, als Antrag auf Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 SGG ausgelegte Antrag der Klägerin, das SG anzuweisen, über den Rechtsstreit materiell-rechtlich zu entscheiden, ist insoweit unbegründet.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des SG im Ausgangsverfahren vorbehalten, weil der Fortsetzungsstreit ein Zwischenstreit ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.05.2017 - L 17 U 315/16; LSG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017 - L 18 AS 2584/16; Sächsisches LSG vom 28.02.2013 - L 7 AS 523/09). Insoweit folgt die Entscheidung über die Kosten der vom SG zu Unrecht angenommenen Verfahrensbeendigung durch fiktive Klagerücknahme der Entscheidung in der Sache, was im Übrigen auch der Billigkeit entspricht.

IV. Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen angesichts der wiedergegebenen Rechtsprechung des BVerfG sowie des BSG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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