Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 663/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 118/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 8/13 R
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die im Jahr 1989 in C-Stadt geborene und in A-Stadt wohnhafte Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Akten staatenlos. Sie ist Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Das Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel enthält die Angabe "Beschäftigung jeglicher Art erlaubt. Selbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet." In der Vergangenheit bezog die Klägerin mit ihrer im Jahr 2008 geborenen Tochter offenbar zeitweise Leistungen nach dem SGB II, zeitweise aber auch Leistungen nach dem AsylbLG.
Im Februar 2011 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 04.03.2011 unter Hinweis auf das Bestehen eines Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG abgelehnt. Der hiergegen mit Schreiben vom 10.03.2011 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 02.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit am 12.05.2011 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Schreiben vom 11.05.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Leistungen nach dem SGB II weiterverfolgt. Sie trägt vor, sie sei kein "Fall des § 25 Abs. 5 AufenthG". Sie sei nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Es sei niemals gegen sie eine Ausreiseverfügung erlassen worden. Sie könne daher nicht auf die beschränkten Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen werden, deren Grund gerade darin liege, dass der hiernach leistungsberechtigte Ausländer sich "eigentlich" gar nicht mehr in Deutschland aufhalten solle. Sie sei auch nicht wie die Berechtigten nach dem AsylbLG in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt; vielmehr sei ihr Beschäftigung jeglicher Art gestattet. Sie zähle gerade zu dem Personenkreis, der von dem beklagten Jobcenter ganz im Unterschied zu den Leistungsberechtigten des Asylbewerberleistungsgesetzes gefordert und gefördert werden solle. Die Klägerin hat ein Schreiben des Ordnungsamts der Stadt A-Stadt vom 07.10.2011 vorgelegt, wonach die ihr am 02.07.1993 erteilte Aufenthaltsbefugnis nach § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG fortgilt. Die Klägerin trägt hierzu weiter vor, aufgrund der gesetzlichen Regelung bestehe weder für die Ausländerbehörde noch für sie die Möglichkeit, einen Aufenthalt nach einer anderen Vorschrift des AufenthG zu erhalten. Ein Rechtssatz in dem Sinne, dass das beklagte Jobcenter oder das angerufene Gericht daran gebunden sei, ihr Leistungen nach dem SGB II zu versagen, weil die Ausländerbehörde ihr aus ausländerrechtlichen Gründen den Aufenthalt nach § 25 Abs. 5 AufenthG gegeben habe, bestehe nicht. Das Gericht sei frei darin zu entscheiden, dass dieser Aufenthalt der Klägerin nicht der Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei, den das SGB II als Leistungsausschluss normiere. Der Wille des Gesetzgebers sei es nicht gewesen, Personen in der Situation der Klägerin vom Leistungsanspruch auszuschließen, sondern nur solche Personen, die unter Ausschluss vom Arbeitsmarkt auf die Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen würden, weil sie eigentlich ausreisepflichtig seien. Die Klägerin sei nicht ausreisepflichtig und dürfe jede Arbeit annehmen. Es lägen daher keine Gründe vor, sie aus dem nach dem SGB II zu fordernden und zu fördernden Personenkreis auszunehmen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2011 das beklagte Jobcenter zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Das beklagte Jobcenter beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist weiter darauf, die Klägerin habe einen Leistungsanspruch nach dem AsylbLG. Damit sei sie von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Es gebe keine Öffnungsklausel und kein Ermessen, wonach eine anderweitige Entscheidung zu treffen möglich wäre. Ursache des Leistungsausschlusses sei der Aufenthaltsstatus der Klägerin. Hierfür sei das beklagte Jobcenter nicht zuständig.
Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, über den Rechtsstreit gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden; den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Gericht beigezogenen Leistungsakte des beklagten Jobcenters Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen und die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht beanspruchen.
Die Klägerin gehört nicht zum Personenkreis der nach dem SGB II Leistungsberechtigten. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II sind Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen. Leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG sind u.a. Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG). Diesem Personenkreis gehört die Klägerin unstreitig an. Aufgrund ihrer Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG kann sie keine Leistungen nach dem SGB II erhalten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Leistungsausschluss bestehen nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 24/07 R -, Juris Rdnr. 19 ff.). Die von der Klägerin der Sache nach vertretene Auffassung, das beklagte Jobcenter und auch das Gericht seien nicht gehindert, der Klägerin trotz des ihr von der Ausländerbehörde zuerkannten Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, wird von der Kammer nicht geteilt. Der Leistungsausschluss ergibt sich aus dem vorstehend dargestellten eindeutigen Gesetzeswortlaut, an den sowohl das beklagte Jobcenter als auch das Gericht gebunden sind. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wortlaut nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass der Gesetzgeber vielmehr Sachverhalte wie den vorliegenden vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II hätte ausnehmen wollen, sind nicht ersichtlich. Die der Klägerin zuerkannte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, die offensichtlich bestandskräftig ist, lässt auch keine Interpretation dahingehend zu, dass es sich eigentlich nicht um eine solche handele, sondern dass ein Sachverhalt vorliege, der einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II begründe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die im Jahr 1989 in C-Stadt geborene und in A-Stadt wohnhafte Klägerin ist ausweislich der vorliegenden Akten staatenlos. Sie ist Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Das Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel enthält die Angabe "Beschäftigung jeglicher Art erlaubt. Selbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet." In der Vergangenheit bezog die Klägerin mit ihrer im Jahr 2008 geborenen Tochter offenbar zeitweise Leistungen nach dem SGB II, zeitweise aber auch Leistungen nach dem AsylbLG.
Im Februar 2011 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Jobcenter die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 04.03.2011 unter Hinweis auf das Bestehen eines Leistungsanspruchs nach dem AsylbLG abgelehnt. Der hiergegen mit Schreiben vom 10.03.2011 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 02.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit am 12.05.2011 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main eingegangenem Schreiben vom 11.05.2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Leistungen nach dem SGB II weiterverfolgt. Sie trägt vor, sie sei kein "Fall des § 25 Abs. 5 AufenthG". Sie sei nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Es sei niemals gegen sie eine Ausreiseverfügung erlassen worden. Sie könne daher nicht auf die beschränkten Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen werden, deren Grund gerade darin liege, dass der hiernach leistungsberechtigte Ausländer sich "eigentlich" gar nicht mehr in Deutschland aufhalten solle. Sie sei auch nicht wie die Berechtigten nach dem AsylbLG in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt; vielmehr sei ihr Beschäftigung jeglicher Art gestattet. Sie zähle gerade zu dem Personenkreis, der von dem beklagten Jobcenter ganz im Unterschied zu den Leistungsberechtigten des Asylbewerberleistungsgesetzes gefordert und gefördert werden solle. Die Klägerin hat ein Schreiben des Ordnungsamts der Stadt A-Stadt vom 07.10.2011 vorgelegt, wonach die ihr am 02.07.1993 erteilte Aufenthaltsbefugnis nach § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG fortgilt. Die Klägerin trägt hierzu weiter vor, aufgrund der gesetzlichen Regelung bestehe weder für die Ausländerbehörde noch für sie die Möglichkeit, einen Aufenthalt nach einer anderen Vorschrift des AufenthG zu erhalten. Ein Rechtssatz in dem Sinne, dass das beklagte Jobcenter oder das angerufene Gericht daran gebunden sei, ihr Leistungen nach dem SGB II zu versagen, weil die Ausländerbehörde ihr aus ausländerrechtlichen Gründen den Aufenthalt nach § 25 Abs. 5 AufenthG gegeben habe, bestehe nicht. Das Gericht sei frei darin zu entscheiden, dass dieser Aufenthalt der Klägerin nicht der Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei, den das SGB II als Leistungsausschluss normiere. Der Wille des Gesetzgebers sei es nicht gewesen, Personen in der Situation der Klägerin vom Leistungsanspruch auszuschließen, sondern nur solche Personen, die unter Ausschluss vom Arbeitsmarkt auf die Leistungen nach dem AsylbLG verwiesen würden, weil sie eigentlich ausreisepflichtig seien. Die Klägerin sei nicht ausreisepflichtig und dürfe jede Arbeit annehmen. Es lägen daher keine Gründe vor, sie aus dem nach dem SGB II zu fordernden und zu fördernden Personenkreis auszunehmen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2011 das beklagte Jobcenter zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Das beklagte Jobcenter beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist weiter darauf, die Klägerin habe einen Leistungsanspruch nach dem AsylbLG. Damit sei sie von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Es gebe keine Öffnungsklausel und kein Ermessen, wonach eine anderweitige Entscheidung zu treffen möglich wäre. Ursache des Leistungsausschlusses sei der Aufenthaltsstatus der Klägerin. Hierfür sei das beklagte Jobcenter nicht zuständig.
Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, über den Rechtsstreit gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden; den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Gericht beigezogenen Leistungsakte des beklagten Jobcenters Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen und die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II nicht beanspruchen.
Die Klägerin gehört nicht zum Personenkreis der nach dem SGB II Leistungsberechtigten. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II sind Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen. Leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG sind u.a. Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG). Diesem Personenkreis gehört die Klägerin unstreitig an. Aufgrund ihrer Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG kann sie keine Leistungen nach dem SGB II erhalten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diesen Leistungsausschluss bestehen nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 24/07 R -, Juris Rdnr. 19 ff.). Die von der Klägerin der Sache nach vertretene Auffassung, das beklagte Jobcenter und auch das Gericht seien nicht gehindert, der Klägerin trotz des ihr von der Ausländerbehörde zuerkannten Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, wird von der Kammer nicht geteilt. Der Leistungsausschluss ergibt sich aus dem vorstehend dargestellten eindeutigen Gesetzeswortlaut, an den sowohl das beklagte Jobcenter als auch das Gericht gebunden sind. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wortlaut nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass der Gesetzgeber vielmehr Sachverhalte wie den vorliegenden vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II hätte ausnehmen wollen, sind nicht ersichtlich. Die der Klägerin zuerkannte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, die offensichtlich bestandskräftig ist, lässt auch keine Interpretation dahingehend zu, dass es sich eigentlich nicht um eine solche handele, sondern dass ein Sachverhalt vorliege, der einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II begründe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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