Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2852/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 590/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.01.2018 insoweit aufgehoben als dieses den Beklagten zur Feststellung eines GdB von mehr als 40 seit 08.03.2017 verurteilt hat. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf (Erst-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 30) seit 30.01.2015 zusteht.
Die Klägerin beantragte am 30.01.2015 (Blatt 1/2 der Beklagtenakte) beim Landratsamt R. (LRA) die (Erst-)Feststellung des GdB. Zu ihrem Antrag verwies sie auf ein körperliches und seelisches Burnort (Zusammenbruch am 02.01.2015), massive Angstzustände, Panikattacken, eine mittlere Depression, und durch eine gekrümmte Wirbelsäule und Gewichtsverlust auf 48 kg verursachte starke Schmerzen und Taubheitsgefühle im ganzen Rücken und den Gliedmaßen der Arme und Hände. Die Klägerin legte einen Bericht des Unfallchirurgen B. vom 08.04.2014 und einen Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 15.01.2015 (Blatt 3, 4 der Beklagtenakte) vor.
Das LRA forderte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. eine Auskunft an (Blatt 5, 6 der Beklagtenakte). Vorgelegt wurde der Entlassbericht der d. Fachklinik gGmbH, E. , vom 31.03.2015, wo die Klägerin vom 24.02.2015 bis zum 31.03.2015 auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation erhielt (Blatt 7/18 der Beklagtenakte).
Der Versorgungsarzt Dr. G. schätzte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2015 den GdB insgesamt auf 30 (Blatt 19/20 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Seelische Störung: GdB 20; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule: GdB 20).
Mit Bescheid vom 09.06.2015 stellte das LRA den GdB seit 30.01.2015 auf 30 fest (Blatt 22/23 der Beklagtenakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 16.06.2015 Widerspruch (Blatt 28 der Beklagtenakte), den sie u.a. damit begründete, dass die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme keine Besserung der depressiven Episode ergeben habe. Die körperliche Schwäche mit Gewichtsabnahme auf 48 kg, die Schlaflosigkeit und die starken Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat und in den Schultern sowie der ganztägig auftretende Tinnitus, Schwindel und die Atemnot seien so stark ausgeprägt, dass bis auf weiteres Arbeitsunfähigkeit bestehe. Vorgelegt wurden Arztbriefe von Dr. W. vom 25.09.2015 und Dr. H. vom 29.09.2015 (Blatt 47/49 der Beklagtenakte).
Das LRA zog eine Auskunft der Fachärzte für Innere Medizin Dres. G./H. vom 22.09.2015 bei (zu deren über die Klägerin vorgelegten Unterlagen vgl. Blatt 31/46 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 14.10.2015 (Blatt 51 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 30 bewertete, wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.10.2015, Blatt 53/54 der Beklagtenakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 12.11.2015 beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage erhoben. Seit Jahren leide sie an einer mittlerweile mittelgradigen depressiven Episode, begleitet von Panikattacken und starken Angstzuständen. Der Tinnitus sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Dieser trete vor allem nachts auf und führe zu sehr häufigen Schlafunterbrechungen, sodass starke Konzentrationsprobleme tagsüber bestünden. Zu den psychischen Problemen gesellten sich starke Rückenprobleme mit starken Taubheitsgefühlen, vor allem bei längerem Sitzen. Bei längerem Gehen oder Stehen trete ein starkes Schwindelgefühl auf.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20/21, 22, 23/27 und 28/30 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat dem SG mit Schreiben vom 17.03.2016 mitgeteilt, bei der Klägerin liege eine schwere ängstlich-depressive Störung mit erheblicher Somatisierungstendenz vor. Ein Einzel-GdB von 30 sei krankheitsadäquat. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei aus neurologischer Sicht mit einem GdB von 20 hinreichend gewürdigt. Dipl.-Psychol. P. hat mit Schreiben vom 30.03.2016 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine rezidivierende depressive Störung, zuletzt mittelgradige Episode, ein Übergang in eine anhaltende affektive Störung mit deutlichen Funktionseinschränkungen, eine Agoraphobie mit Panikstörung sowie ein anankastisch akzentuierter Persönlichkeitsstil. Ein GdB von mindestens 50 sei angemessen. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. hat in seiner am 06.04.2016 beim SG eingegangenen Antwort unter anderem auf das neurologisch/psychiatrische Fachgebiet verwiesen. Der GdB erscheine bezüglich der Depression/psychosomatischen Funktionsstörung als relativ niedrig eingestuft. Der Facharzt für Orthopädie Dr. W. hat (Schreiben vom 04.04.2016) ausgeführt, er habe die Klägerin einmal am 16.09.2015 behandelt. Der bislang festgestellte Einzel-GdB von 20 auf orthopädischem Fachgebiet sei ausreichend.
Des Weiteren hat das SG beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. ein Gutachten eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.07.2016 (Blatt 35/57 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin 01.07.2016) bei der Klägerin eine Dysthymia, eine rezidivierende Panikstörung bei sozialen Ängsten mit Panikattacken sowie Somatisierungsstörungen - somatoforme Schmerzstörung (Tinnitus, phobischer Schwindel) diagnostiziert. Die dadurch bedingte Funktionsbeeinträchtigung sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Zusammen mit der Funktionsbehinderung aufgrund der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, bewertet mit einem Einzel-GdB von 20, ergebe sich hieraus ein Gesamt GdB von 40.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 20.08.2016 (Blatt 61 der SG-Akte) angeboten, im Vergleichswege einen GdB von 40 seit 30.01.2015 festzustellen.
Das SG hat gemäß § 109 SGG beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. N. ein Gutachten eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 08.03.2017 (Blatt 73/97 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin am 03.02.2017 und 08.03.2017) eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere depressive Episode, eine Agoraphobie mit Panikstörung sowie eine Somatisierungsstörung diagnostiziert, die er mit einem GdB von 50 bewerten hat. Außerdem hat er ein residuales L5- und S l-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 mit einem GdB von 10 bewertet. Zusammen mit dem Einzel-GdB von 20 für die orthopädischen Erkrankungen ergebe dies einen Gesamt-GdB von 60.
Der Beklagte ist dem Gutachten von Dr. N. unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 30.11.2017 (Blatt 106/107 der SG-Akte) entgegengetreten. Der GdB sei insgesamt nicht höher als 40 zu bewerten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 10.01.2018 hat die Klägerin ein Attest von Dr. C. vom 06.01.2018 übergeben lassen. Das SG hat mit Urteil vom 10.01.2018 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab 08.03.2017 festzustellen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule wirkten sich auch nachteilig auf die Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft aus, sei seien mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Dr. C. als auch Dr. W. hätten mit dieser vom Beklagten vorgenommenen Bewertung übereingestimmt. Auch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet führten zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft. Trotz einer tendenziellen positiven Stabilisierung sei noch von einer deutlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit dementsprechender Behandlungsnotwendigkeit auszugehen. Bestätigt würden diese Ausführungen von Dr. N. durch Dr. C. und Herrn P ... Es sei bei der Klägerin von einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem Einzel-GdB von 40 auszugehen. Insgesamt sei ein GdB von 50 anzunehmen.
Gegen das dem Beklagten am 25.01.2018 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.02.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG gehe davon aus, dass ab 08.03.2017, dem zweiten Begutachtungstermin bei Dr. N. , eine Verschlimmerung auf psychiatrischem Fachgebiet eingetreten und der Teil-GdB für dieses Leiden von 30 auf 40 zu erhöhen sei. Dem könne von Beklagtenseite nicht beigetreten werden. Es handele sich um eine rezidivierende depressive Störung, die bei wechselndem Verlauf entsprechend Teil A Nr. 2 f der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem Durchschnittswert zu beurteilen sei. Da eine dauerhafte Verschlechterung im Vergleich zur Vorbegutachtung durch Dr. P. vom 05.07.2016 nicht nachgewiesen sei und bei einem Teil-GdB von 40 nach der Rechtsprechung des LSG eine engmaschige Psychotherapie stattfinden müsste, psychotherapeutische Sitzungen jedoch allenfalls in größeren Abständen erfolgten, sei ein Teil-GdB wie vom Sozialgericht unterstellt, nicht leidensgerecht. Der Beklagte hat hierzu eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 08.02.2018 (Blatt 15/16 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.01.2018 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und hat ausgeführt, das SG habe im Ergebnis rechtmäßig entschieden. Es gehe ihr derzeit psychisch sehr schlecht geht. Sie müsse deswegen Tavor einnehmen. Sie habe immer wieder starkes Herzrasen. Der Kardiologe Dr. K. habe am Herzen selbst nichts finden können und das Herzrasen dem Stress und den Depressionen zugeordnet. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass Dr. N. hinsichtlich der Lendenwirbelsäule positive Lasègue sche Zeichen rechts bei 30° und links bei 45° befundet habe. Beschrieben sei auch eine Schmerzausstrahlung und eine Gefühlsminderung im rechten Dermatom S1 sowie ein gebundenes, kleinschrittiges Gangbild mit verminderten Armmitbewegungen. Befundet werde auch ein abgeschwächter Achillessehnenreflex rechts. Dr. N. diagnostiziere ein residuales L5- und S1-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1. Dieser Befund zeige eine Verschlechterung im Vergleich zur sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. W. und dem Befund von Dr. P ... Der Bandscheibenvorfall sei schon vorhanden gewesen, als sie noch in der Metzgerei gearbeitet habe. Derzeit sei es von Seiten der LWS ganz schlimm. Sie könne wegen der Schmerzen in der LWS nicht mehr richtig sitzen oder liegen und habe Lähmungserscheinungen im Bein. Sie müsse wegen der Schmerzen 3-mal täglich Ibu 600 einnehmen. Damit lägen über die bislang berücksichtigten HWS-Beschwerden hinaus auch Funktionseinschränkungen an der LWS vor, die zusätzlich zu berücksichtigen seien. Es lägen daher mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen in 2 Wirbelsäulenabschnitten nahe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 19, 20/21 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 152 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich.
Gegenstand des alleine vom Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 10.01.2018, soweit dieses den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des LRA vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 verurteilt hat, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab 08.03.2017 festzustellen. Insoweit konnte der Senat aber keinen höheren Gesamt-GdB als 40 feststellen. Soweit das SG die Klage für die Zeit vom 30.01.2015 bis zum 07.03.2017 abgewiesen hat, obwohl der Beklagte insoweit im Laufe des Verfahren vor dem SG vergleichsweise einen Gesamt-GdB von 40 vorgeschlagen hatte und das SG selbst für diese Zeit von Einzel-GdB von 30 und 20 ausgeht, ist dies mangels Anfechtung des Urteils des SG durch die Klägerin nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen be-gehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungs-gesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versor-gungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 40 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX. Ob dem zuletzt gestellten Antrag des Beklagten, die Klage insoweit abzuweisen als über das Vergleichsangebot hinausgehende Ansprüche geltend gemacht werden (Schriftsatz des Beklagten vom 04.12.2017), ein den Senat auch für den im Berufungsverfahren nur noch streitigen Zeitraum prozessual bindendes Teilanerkenntnis entnommen werden kann, mag dahinstehen. Auch materiell-rechtlich ist kein anderer GdB festzustellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von allenfalls 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auf-tretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen an-dauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbel-säulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem eine Blockwirbelbildung HWK 5-7, einen initialen Rundrücken, eine Scapulae alate, eine sehr flache linkskonvexe Torsionskoliose, eine Verkürzung der lumbalen Strecker der LWS, eine Lumboischialgie rechts, ein degeneratives lumbosacrales Schmerzsyndrom, eine myovertebrale Haltungsinsuffizienz und eine Verkürzung der ischiocuralen Muskulatur feststellen. Dies entnimmt der Senat dem Bericht des behandelnden Orthopäden R. vom 13.01.2015 (Blatt 36 der Beklagtenakte). Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. , der die Klägerin auf Veranlassung des Hausarztes der Klägerin im Hinblick auf das vorliegende Verfahren privatgutachterlich untersucht hat, hat eine im Vordergrund stehende somatoforme Störung bei chronischem Schmerzsyndrom, beginnenden degenerativen Veränderungen der HWS, einer Osteochondrose C5/7, seiner Skoliose und Rundrücken sowie einer Haltungsschwäche diagnostiziert. Dazu passende Befunde hat er auch gegenüber dem SG in seiner sachverständigen Auskunft vom 04.04.2016 mitgeteilt.
Dr. W. hat bei seiner Untersuchung am 16.09.2015 die Klägerin über multiple Schmerzen mit Hauptbeschwerden der gesamten Wirbelsäule, ausstrahlend in das rechte Bein zeitweise auch links sowie die obere Extremität vorgefunden. Er hat einen leichten Beckentiefstand links und einen Schultertiefstand links mitgeteilt. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit war beim Vorneigen frei, beim Seitneigen nach rechts um 3/4 eingeschränkt, links dagegen frei. Der Zehenspitzen-/Hackengang war beidseits vorführbar. Das Zeichen nach Lasègue war negativ. Sensomotorische Defizite konnte er nicht feststellen. Der Rehabericht vom 31.03.2015 hat eine frei bewegliche Wirbelsäule und einen frei beweglichen Kopf beschrieben. Verspannungen waren im Schulter-Nacken-Bereich, Klopfschmerzen im Bereich der LWS beschrieben worden. Der Finger-Boden-Abstand betrug 0 cm. Dr. N. hat bei seiner Untersuchung der Klägerin die HWS Motilität allseits schmerzhaft bewegungseingeschränkt mit Schmerzausstrahlung in den Hinterkopf sowie in den Schulter-Nackenbereich und beide Arme gesehen. Er hat einen Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule gefunden und das Zeichen nach Lasègue rechts bei 30°, links bei 45° positiv gefunden. Wie auch bei Dr. W. hat die Klägerin auf der rechten Seite eine Schmerzausstrahlung und eine Gefühlsminderung im rechten Dermation S1 angegeben. Soweit Dr. N. insoweit ein residuales L5- und S1-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 diagnostiziert, entspricht dies dem Zustand, wie er auch von Dr. W. vorgefunden und beschrieben worden war. Die Klägerin selbst hat in der Berufungserwiderung ausgeführt, es handele sich um einen Schaden, der noch zu Zeiten ihrer Arbeit in der Metzgerei, die sie von 1992 bis Januar 2015 ausgeübt hatte, aufgetreten war und damit Dr. W. und Dr. R. bekannt war. Insoweit lässt sich im Hinblick auf die zwar an mehreren Wirbelsäulenabschnitten bestehenden leichten Funktionsbeeinträchtigungen, im Wesentlichen aber auf die LWS bezogenen teilweise schmerzhaften aber auch hier lediglich geringen neurologischen Auswirkungen, mit Dr. W. insgesamt von Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule ausgehen, wie sie mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entsprechen. Dem hat auch Dr. N. nicht widersprochen. Vielmehr hat er die Auswirkungen des residualen L5- und S1-Syndroms rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 lediglich mit einem GdB von 10 bewertet. Diese Funktionsstörungen sind aber in der Bewertung von Dr. W. , der schmerzhafte Ausstrahlungen in die Beine und Arme beschrieben hat, bereits beinhaltet und erhöhen den GdB nicht weiter.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat im Funktionssystem des Rumpfes keinen höheren Einzel-GdB als 20 annehmen.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Im Rehabericht vom 30.03.2015 waren die Gelenke ohne Befund ("o.B.") und Dr. W. hatte eine Coxarthrose oder Hüftdysplasie ausgeschlossen. Bei Bewegungsmaßen der Hüften von rechts 0/0/110°, links 0/0/110° konnte der Senat mit den Befunden von Dr. W. keine Versteifung eines oder beider Hüftgelenke, eine Hüftdysplasie, eine Hüftgelenksresektion, eine schnappende Hüfte und eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung auf mindestens 0/10/90o nicht feststellen. Weitere Funktionsbehinderungen in diesem Funktionssystem konnte der Senat ebenso nicht feststellen, sodass ein Einzel-GdB nicht anzusetzen war; die neurologischen Auswirkungen der Wirbelsäulenerkrankung sind im Funktionssystem des Rumpfes berücksichtigt.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs konnte der Senat keine mit einem GdB zu bewertende Funktionsstörung feststellen. Insoweit ist den vorliegenden Berichten aus der Beklagtenakte zu entnehmen, dass die Herzfunktion nicht krankhaft beeinträchtigt ist (vgl. Bericht vom 04.06.2014, Blatt 31/32 der Beklagtenakte; Bericht vom 14.10.2014, Blatt 35 der Beklagtenakte); dabei war die Klägerin 100 Watt zu leisten im Stande. Die aufgetretenen Beschwerden waren insgesamt eher dem psychiatrischen Fachgebiet zugeordnet worden, sodass eine Feststellung eines GdB im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs nicht in Betracht kommt.
Auch im Funktionssystem der Ohren war ein Einzel-GdB nicht anzunehmen. Zwar hat die Klägerin Schwindel und Tinnitus angegeben. Beides wurde sowohl von Dr. P. als auch von Dr. N. im Rahmen der Somatisierungsstörungen als psychisch verursacht angesehen und werden im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche mitberücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche besteht bei der Klägerin mit Dr. P. eine Dysthymia, eine rezidivierende Panikstörung bei sozialen Ängsten, Panikattacken sowie Somatisierungsstörungen – somatoforme Schmerzstörung mit Tinnitus und phobischem Schwindel. Dr. N. hat eine rezidivierende depressive Störung – zum Zeitpunkt der Untersuchung als mittelgradige bis schwere depressive Episode ohne psychotische Symptomen, aber mit einem somatischen Symptom ausgeprägt -, eine Agoraphobie mit Panikstörung und eine Somatisierungsstörung beschrieben. Beide Gutachter haben mit unterschiedlichen Diagnosen zur Überzeugung des Senats im Ergebnis dieselben Gesundheitsstörungen mit gleichen funktionellen Auswirkungen beschrieben. Dr. N. hat eine Verschlechterung gegenüber dem Zustand der Begutachtung bei Dr. P. im Jahr 2016 nicht angenommen. Vielmehr bezieht sich sein Hinweis im Gutachten aus dem Jahr 2017 auf eine Verschlechterung insgesamt der letzten (zwei) Jahre (vgl. Blatt 96 der SG-Akte = Seite 24 des Gutachtens). Der Senat konnte weder den beiden Gutachten noch den Berichten und Auskünften der behandelnden Therapeuten für die GdB-Bewertung allein maßgebende Funktionseinschränkungen entnehmen, die mit einem höheren GdB als 30 zu bewerten sind.
Nach den B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestal-tungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen An-passungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Dr. P. hat die Klägerin als wach, klar und orientiert in allen Qualitäten erlebt. Ein florider Wahn, Halluzinationen oder psychotisches Erleben fand sich nicht. Während der gesamten Untersuchung war die Klägerin subdepressiv, etwas dysphorisch und wenig auflockerbar. Sie wirkte verbittert und enttäuscht bei negativer Lebensbilanz. Eine gewisse Opferhaltung von klein auf hat Dr. P. angenommen. Er hat eine Selbstwertproblematik beschrieben, im Rahmen der die Klägerin in wesentlichen Teilen ausgenutzt und überangepasst ist. Es bestand ein chronisches Überforderungsgefühl. Die Klägerin reagiert psychosomatisch, im Sinne von Somatisierungsstörungen und klage mit ihrem Körper. Aufmerksamkeit und Konzentration, Einstellung und Umstellung waren im Rahmen. Die Klägerin ist etwas einfach strukturiert und im Antrieb etwas reduziert. Dr. P. hat sie sozial zurückgezogen, jedoch nicht isoliert gesehen.
Dr. N. hat aus seinen Untersuchungen der Klägerin berichtet, die Klägerin sei vorgealtert und etwas verhärmt, sie wirke eher leicht untergewichtig und insgesamt fragil. Sie sei bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Im Kontakt sei sie ernst, starr, wenig moduliert und affektiv deutlich vermindert schwingungsfähig. Aktuell sei eine mittelgradige bis schwere depressive Verstimmung spürbar. Die affektive Resonanzfähigkeit sei erheblich herabgesetzt. Die Klägerin sei kaum affektiv auslenkbar, wirke starr, apathisch, roboterhaft, hinzu komme eine deutlich spürbare reizbar und dysthym anmutende Grundbefindlichkeit. Spürbar sei eine unterschwellig erhöhte Anspannung und Erregung. Die Klägerin habe auch in jüngster Zeit noch häufig rezidivierende Panikattacken, oftmals aus der Ruhe heraus, beschrieben. Es bestehe eine deutlich erhöhte Somatisierungstendenz und eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Das inhaltliche Denken kreise um die schlechte Gesamtbefindlichkeit, die vielfältigen somatischen Beschwerden sowie ein Gefühl des Zu-kurz-gekommen-Sein und des Benachteiligt-Seins.
Der Senat konnte bei in wechselnden Abständen von im Durchschnitt ein- bis zweimal monatlich durchgeführten therapeutischen Bemühungen bei Dr. C. und Dipl.Psych. P. (vgl. deren Angaben gegenüber dem SG) zwar einen nicht unerheblichen Leidensdruck der Klägerin erkennen, jedoch keine solch starke Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, dass eine Bewertung mit 40 gerechtfertigt wäre. Befunde, die eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die dem GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnen würde, hat keiner der behandelnden Therapeuten und auch nicht Dr. N. mitgeteilt. Zwar hat Dr. N. eine Bewertung im GdB-Bereich einer solchen Störung angenommen, doch Befunde hat er dazu nicht mitgeteilt. Vielmehr lässt sich seinen Angaben nicht entnehmen, dass bei der Klägerin eine Störung vorliegt, die vom Gewicht her einer schweren Zwangskrankheit entspricht. Solches hat auch Dr. N. nicht angenommen.
Gegen eine Bewertung am oberen Rand des für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) vorgesehenen GdB-Rahmens spricht, dass die Klägerin in der Lage ist, ihren Tagesablauf samt Haushalt zu organisieren. Auch hat sie ein gutes Verhältnis zu den Kindern und bei getrennten Wohnungen auch zum letzten Ehemann, der auch unter der Woche zum Mittagessen komme (Gutachten Dr. P. , Blatt 47 der SG-Akte = Seite 13 des Gutachtens), was sie auch bei Dr. N. mitgeteilt hatte (Blatt 87 der SG-Akte = Seite 15 des Gutachtens). Die Klägerin geht Hobbies nach. Als Hobbies hat sie Dr. N. ihre Enkelkinder, Lesen und Malen nach Zahlen angegeben. Dr. P. hat sie zum Tagesablauf und den Hobbies befragt, auch die Pflege von Gräbern und ihr "Gärtle" angegeben. Sie hat Dr. P. von einem Urlaub beim Bruder ihres Mannes in Oberstaufen berichtet, den sie nach der Begutachtung besuchen würden. Sie hat Dr. P. von Besuchen beim Posaunentag in Ulm dem Ausgehen zum Essen mit vier Frauen, Bekannten, sowie von Kirchgängen ab und zu berichtet.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht annehmen, dass die Klägerin nicht nur phasenweise, sondern im Durchschnitt (vgl. A Nr. 2 Buchst. f) VG) dauerhaft so wesentlich in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt ist, dass eine Bewertung am oberen Rand des GdB-Rahmens, also mit 40 gerechtfertigt wäre. Der höheren GdB-Einschätzung des Dr. N. konnte der Senat nicht folgen, da er verschiedene wichtige Aspekte – z.B. das Verhältnis zu den Kindern und dem Ex-Ehemann, den Tagesablauf, Urlaube und Hobbies – teilweise gar nicht erfragt, teilweise gar nicht in seine Bewertung einbezogen und gewürdigt hat. Der Senat gelangt daher im Gegensatz zur Bewertung im angefochtenen Urteil des SG zu einem geringeren Einzel-GdB.
Insgesamt konnte der Senat die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet allenfalls mit einem GdB von 30 bewerten. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat den wohl therapeutisch motivierten Bewertungen des GdB durch Dr. C. und Dipl.Psych. P. nicht beitreten.
Der von Dr. N. beschriebene und von ihm auf die Einnahme der Medikamente zurückgeführte Tremor erhöht den GdB nicht weiter, wie auch Dr. N. dargestellt hatte.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule) und - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 sowie einem GdB-Wert von 20 auszugehen ist, konnte der Senat in dem vorliegend allein streitigen Zeitraum seit 08.03.2017 einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von 40 feststellen. Zwar bestehen gegenseitige Auswirkungen zwischen den psychischen und den körperlichen Erkrankungen, doch rechtfertigen es diese im Hinblick auf die Vorgaben in A Nr. 3 Buchst. d) ee) VG, wonach auch bei Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 es vielfach nicht auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen; Vorliegend enthält der Einzel-GdB 20 für die Wirbelsäuleneinschränkung bereits maßgeblich die dort funktionell wirksam werdende Schmerzstörung, die auch im Einzel-GdB 30 für das psychische Leiden erfasst ist.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen der Klägerin weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 50 bewerteten Gesundheitsstörungen vergleichbar.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Bescheid des LRA vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2015 rechtswidrig war. Der Klägerin steht – jedenfalls im streitigen Zeitraum – ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 zu. Das SG hat den GdB dagegen zu hoch bewertet. Daher war auf die Berufung des Beklagten hin das Urteil des SG – wie tenoriert – abzuändern, im Übrigen die Berufung, die trotz der im SG-Verfahren angebotenen Vergleichsregelungen, die Klage in vollem Umfang abzuweisen beantragt hatte, zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Der Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf (Erst-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 30) seit 30.01.2015 zusteht.
Die Klägerin beantragte am 30.01.2015 (Blatt 1/2 der Beklagtenakte) beim Landratsamt R. (LRA) die (Erst-)Feststellung des GdB. Zu ihrem Antrag verwies sie auf ein körperliches und seelisches Burnort (Zusammenbruch am 02.01.2015), massive Angstzustände, Panikattacken, eine mittlere Depression, und durch eine gekrümmte Wirbelsäule und Gewichtsverlust auf 48 kg verursachte starke Schmerzen und Taubheitsgefühle im ganzen Rücken und den Gliedmaßen der Arme und Hände. Die Klägerin legte einen Bericht des Unfallchirurgen B. vom 08.04.2014 und einen Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. vom 15.01.2015 (Blatt 3, 4 der Beklagtenakte) vor.
Das LRA forderte vom Facharzt für Orthopädie Dr. R. eine Auskunft an (Blatt 5, 6 der Beklagtenakte). Vorgelegt wurde der Entlassbericht der d. Fachklinik gGmbH, E. , vom 31.03.2015, wo die Klägerin vom 24.02.2015 bis zum 31.03.2015 auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation erhielt (Blatt 7/18 der Beklagtenakte).
Der Versorgungsarzt Dr. G. schätzte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2015 den GdB insgesamt auf 30 (Blatt 19/20 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Seelische Störung: GdB 20; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule: GdB 20).
Mit Bescheid vom 09.06.2015 stellte das LRA den GdB seit 30.01.2015 auf 30 fest (Blatt 22/23 der Beklagtenakte).
Hiergegen erhob die Klägerin am 16.06.2015 Widerspruch (Blatt 28 der Beklagtenakte), den sie u.a. damit begründete, dass die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme keine Besserung der depressiven Episode ergeben habe. Die körperliche Schwäche mit Gewichtsabnahme auf 48 kg, die Schlaflosigkeit und die starken Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat und in den Schultern sowie der ganztägig auftretende Tinnitus, Schwindel und die Atemnot seien so stark ausgeprägt, dass bis auf weiteres Arbeitsunfähigkeit bestehe. Vorgelegt wurden Arztbriefe von Dr. W. vom 25.09.2015 und Dr. H. vom 29.09.2015 (Blatt 47/49 der Beklagtenakte).
Das LRA zog eine Auskunft der Fachärzte für Innere Medizin Dres. G./H. vom 22.09.2015 bei (zu deren über die Klägerin vorgelegten Unterlagen vgl. Blatt 31/46 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. G. in seiner Stellungnahme vom 14.10.2015 (Blatt 51 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 30 bewertete, wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 27.10.2015, Blatt 53/54 der Beklagtenakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 12.11.2015 beim Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage erhoben. Seit Jahren leide sie an einer mittlerweile mittelgradigen depressiven Episode, begleitet von Panikattacken und starken Angstzuständen. Der Tinnitus sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Dieser trete vor allem nachts auf und führe zu sehr häufigen Schlafunterbrechungen, sodass starke Konzentrationsprobleme tagsüber bestünden. Zu den psychischen Problemen gesellten sich starke Rückenprobleme mit starken Taubheitsgefühlen, vor allem bei längerem Sitzen. Bei längerem Gehen oder Stehen trete ein starkes Schwindelgefühl auf.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20/21, 22, 23/27 und 28/30 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C. hat dem SG mit Schreiben vom 17.03.2016 mitgeteilt, bei der Klägerin liege eine schwere ängstlich-depressive Störung mit erheblicher Somatisierungstendenz vor. Ein Einzel-GdB von 30 sei krankheitsadäquat. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei aus neurologischer Sicht mit einem GdB von 20 hinreichend gewürdigt. Dipl.-Psychol. P. hat mit Schreiben vom 30.03.2016 ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine rezidivierende depressive Störung, zuletzt mittelgradige Episode, ein Übergang in eine anhaltende affektive Störung mit deutlichen Funktionseinschränkungen, eine Agoraphobie mit Panikstörung sowie ein anankastisch akzentuierter Persönlichkeitsstil. Ein GdB von mindestens 50 sei angemessen. Der Facharzt für Innere Medizin Dr. H. hat in seiner am 06.04.2016 beim SG eingegangenen Antwort unter anderem auf das neurologisch/psychiatrische Fachgebiet verwiesen. Der GdB erscheine bezüglich der Depression/psychosomatischen Funktionsstörung als relativ niedrig eingestuft. Der Facharzt für Orthopädie Dr. W. hat (Schreiben vom 04.04.2016) ausgeführt, er habe die Klägerin einmal am 16.09.2015 behandelt. Der bislang festgestellte Einzel-GdB von 20 auf orthopädischem Fachgebiet sei ausreichend.
Des Weiteren hat das SG beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. ein Gutachten eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.07.2016 (Blatt 35/57 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin 01.07.2016) bei der Klägerin eine Dysthymia, eine rezidivierende Panikstörung bei sozialen Ängsten mit Panikattacken sowie Somatisierungsstörungen - somatoforme Schmerzstörung (Tinnitus, phobischer Schwindel) diagnostiziert. Die dadurch bedingte Funktionsbeeinträchtigung sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Zusammen mit der Funktionsbehinderung aufgrund der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, bewertet mit einem Einzel-GdB von 20, ergebe sich hieraus ein Gesamt GdB von 40.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 20.08.2016 (Blatt 61 der SG-Akte) angeboten, im Vergleichswege einen GdB von 40 seit 30.01.2015 festzustellen.
Das SG hat gemäß § 109 SGG beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. N. ein Gutachten eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 08.03.2017 (Blatt 73/97 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin am 03.02.2017 und 08.03.2017) eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige bis schwere depressive Episode, eine Agoraphobie mit Panikstörung sowie eine Somatisierungsstörung diagnostiziert, die er mit einem GdB von 50 bewerten hat. Außerdem hat er ein residuales L5- und S l-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 mit einem GdB von 10 bewertet. Zusammen mit dem Einzel-GdB von 20 für die orthopädischen Erkrankungen ergebe dies einen Gesamt-GdB von 60.
Der Beklagte ist dem Gutachten von Dr. N. unter Vorlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 30.11.2017 (Blatt 106/107 der SG-Akte) entgegengetreten. Der GdB sei insgesamt nicht höher als 40 zu bewerten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 10.01.2018 hat die Klägerin ein Attest von Dr. C. vom 06.01.2018 übergeben lassen. Das SG hat mit Urteil vom 10.01.2018 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab 08.03.2017 festzustellen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule wirkten sich auch nachteilig auf die Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft aus, sei seien mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Dr. C. als auch Dr. W. hätten mit dieser vom Beklagten vorgenommenen Bewertung übereingestimmt. Auch die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet führten zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft. Trotz einer tendenziellen positiven Stabilisierung sei noch von einer deutlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit dementsprechender Behandlungsnotwendigkeit auszugehen. Bestätigt würden diese Ausführungen von Dr. N. durch Dr. C. und Herrn P ... Es sei bei der Klägerin von einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem Einzel-GdB von 40 auszugehen. Insgesamt sei ein GdB von 50 anzunehmen.
Gegen das dem Beklagten am 25.01.2018 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.02.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG gehe davon aus, dass ab 08.03.2017, dem zweiten Begutachtungstermin bei Dr. N. , eine Verschlimmerung auf psychiatrischem Fachgebiet eingetreten und der Teil-GdB für dieses Leiden von 30 auf 40 zu erhöhen sei. Dem könne von Beklagtenseite nicht beigetreten werden. Es handele sich um eine rezidivierende depressive Störung, die bei wechselndem Verlauf entsprechend Teil A Nr. 2 f der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem Durchschnittswert zu beurteilen sei. Da eine dauerhafte Verschlechterung im Vergleich zur Vorbegutachtung durch Dr. P. vom 05.07.2016 nicht nachgewiesen sei und bei einem Teil-GdB von 40 nach der Rechtsprechung des LSG eine engmaschige Psychotherapie stattfinden müsste, psychotherapeutische Sitzungen jedoch allenfalls in größeren Abständen erfolgten, sei ein Teil-GdB wie vom Sozialgericht unterstellt, nicht leidensgerecht. Der Beklagte hat hierzu eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 08.02.2018 (Blatt 15/16 der Senatsakte) vorgelegt.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.01.2018 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Reutlingen vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten und hat ausgeführt, das SG habe im Ergebnis rechtmäßig entschieden. Es gehe ihr derzeit psychisch sehr schlecht geht. Sie müsse deswegen Tavor einnehmen. Sie habe immer wieder starkes Herzrasen. Der Kardiologe Dr. K. habe am Herzen selbst nichts finden können und das Herzrasen dem Stress und den Depressionen zugeordnet. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass Dr. N. hinsichtlich der Lendenwirbelsäule positive Lasègue sche Zeichen rechts bei 30° und links bei 45° befundet habe. Beschrieben sei auch eine Schmerzausstrahlung und eine Gefühlsminderung im rechten Dermatom S1 sowie ein gebundenes, kleinschrittiges Gangbild mit verminderten Armmitbewegungen. Befundet werde auch ein abgeschwächter Achillessehnenreflex rechts. Dr. N. diagnostiziere ein residuales L5- und S1-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1. Dieser Befund zeige eine Verschlechterung im Vergleich zur sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. W. und dem Befund von Dr. P ... Der Bandscheibenvorfall sei schon vorhanden gewesen, als sie noch in der Metzgerei gearbeitet habe. Derzeit sei es von Seiten der LWS ganz schlimm. Sie könne wegen der Schmerzen in der LWS nicht mehr richtig sitzen oder liegen und habe Lähmungserscheinungen im Bein. Sie müsse wegen der Schmerzen 3-mal täglich Ibu 600 einnehmen. Damit lägen über die bislang berücksichtigten HWS-Beschwerden hinaus auch Funktionseinschränkungen an der LWS vor, die zusätzlich zu berücksichtigen seien. Es lägen daher mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen in 2 Wirbelsäulenabschnitten nahe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 19, 20/21 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 152 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und in der Sache teilweise erfolgreich.
Gegenstand des alleine vom Beklagten geführten Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 10.01.2018, soweit dieses den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des LRA vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 verurteilt hat, bei der Klägerin einen GdB von 50 ab 08.03.2017 festzustellen. Insoweit konnte der Senat aber keinen höheren Gesamt-GdB als 40 feststellen. Soweit das SG die Klage für die Zeit vom 30.01.2015 bis zum 07.03.2017 abgewiesen hat, obwohl der Beklagte insoweit im Laufe des Verfahren vor dem SG vergleichsweise einen Gesamt-GdB von 40 vorgeschlagen hatte und das SG selbst für diese Zeit von Einzel-GdB von 30 und 20 ausgeht, ist dies mangels Anfechtung des Urteils des SG durch die Klägerin nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen be-gehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungs-gesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Damit gilt weiterhin die Versor-gungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 40 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX. Ob dem zuletzt gestellten Antrag des Beklagten, die Klage insoweit abzuweisen als über das Vergleichsangebot hinausgehende Ansprüche geltend gemacht werden (Schriftsatz des Beklagten vom 04.12.2017), ein den Senat auch für den im Berufungsverfahren nur noch streitigen Zeitraum prozessual bindendes Teilanerkenntnis entnommen werden kann, mag dahinstehen. Auch materiell-rechtlich ist kein anderer GdB festzustellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von allenfalls 20 anzunehmen. Nach B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auf-tretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen an-dauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbel-säulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem eine Blockwirbelbildung HWK 5-7, einen initialen Rundrücken, eine Scapulae alate, eine sehr flache linkskonvexe Torsionskoliose, eine Verkürzung der lumbalen Strecker der LWS, eine Lumboischialgie rechts, ein degeneratives lumbosacrales Schmerzsyndrom, eine myovertebrale Haltungsinsuffizienz und eine Verkürzung der ischiocuralen Muskulatur feststellen. Dies entnimmt der Senat dem Bericht des behandelnden Orthopäden R. vom 13.01.2015 (Blatt 36 der Beklagtenakte). Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. W. , der die Klägerin auf Veranlassung des Hausarztes der Klägerin im Hinblick auf das vorliegende Verfahren privatgutachterlich untersucht hat, hat eine im Vordergrund stehende somatoforme Störung bei chronischem Schmerzsyndrom, beginnenden degenerativen Veränderungen der HWS, einer Osteochondrose C5/7, seiner Skoliose und Rundrücken sowie einer Haltungsschwäche diagnostiziert. Dazu passende Befunde hat er auch gegenüber dem SG in seiner sachverständigen Auskunft vom 04.04.2016 mitgeteilt.
Dr. W. hat bei seiner Untersuchung am 16.09.2015 die Klägerin über multiple Schmerzen mit Hauptbeschwerden der gesamten Wirbelsäule, ausstrahlend in das rechte Bein zeitweise auch links sowie die obere Extremität vorgefunden. Er hat einen leichten Beckentiefstand links und einen Schultertiefstand links mitgeteilt. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit war beim Vorneigen frei, beim Seitneigen nach rechts um 3/4 eingeschränkt, links dagegen frei. Der Zehenspitzen-/Hackengang war beidseits vorführbar. Das Zeichen nach Lasègue war negativ. Sensomotorische Defizite konnte er nicht feststellen. Der Rehabericht vom 31.03.2015 hat eine frei bewegliche Wirbelsäule und einen frei beweglichen Kopf beschrieben. Verspannungen waren im Schulter-Nacken-Bereich, Klopfschmerzen im Bereich der LWS beschrieben worden. Der Finger-Boden-Abstand betrug 0 cm. Dr. N. hat bei seiner Untersuchung der Klägerin die HWS Motilität allseits schmerzhaft bewegungseingeschränkt mit Schmerzausstrahlung in den Hinterkopf sowie in den Schulter-Nackenbereich und beide Arme gesehen. Er hat einen Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule gefunden und das Zeichen nach Lasègue rechts bei 30°, links bei 45° positiv gefunden. Wie auch bei Dr. W. hat die Klägerin auf der rechten Seite eine Schmerzausstrahlung und eine Gefühlsminderung im rechten Dermation S1 angegeben. Soweit Dr. N. insoweit ein residuales L5- und S1-Syndrom rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 diagnostiziert, entspricht dies dem Zustand, wie er auch von Dr. W. vorgefunden und beschrieben worden war. Die Klägerin selbst hat in der Berufungserwiderung ausgeführt, es handele sich um einen Schaden, der noch zu Zeiten ihrer Arbeit in der Metzgerei, die sie von 1992 bis Januar 2015 ausgeübt hatte, aufgetreten war und damit Dr. W. und Dr. R. bekannt war. Insoweit lässt sich im Hinblick auf die zwar an mehreren Wirbelsäulenabschnitten bestehenden leichten Funktionsbeeinträchtigungen, im Wesentlichen aber auf die LWS bezogenen teilweise schmerzhaften aber auch hier lediglich geringen neurologischen Auswirkungen, mit Dr. W. insgesamt von Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule ausgehen, wie sie mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entsprechen. Dem hat auch Dr. N. nicht widersprochen. Vielmehr hat er die Auswirkungen des residualen L5- und S1-Syndroms rechts nach lumbalem Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 lediglich mit einem GdB von 10 bewertet. Diese Funktionsstörungen sind aber in der Bewertung von Dr. W. , der schmerzhafte Ausstrahlungen in die Beine und Arme beschrieben hat, bereits beinhaltet und erhöhen den GdB nicht weiter.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat im Funktionssystem des Rumpfes keinen höheren Einzel-GdB als 20 annehmen.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen. Im Rehabericht vom 30.03.2015 waren die Gelenke ohne Befund ("o.B.") und Dr. W. hatte eine Coxarthrose oder Hüftdysplasie ausgeschlossen. Bei Bewegungsmaßen der Hüften von rechts 0/0/110°, links 0/0/110° konnte der Senat mit den Befunden von Dr. W. keine Versteifung eines oder beider Hüftgelenke, eine Hüftdysplasie, eine Hüftgelenksresektion, eine schnappende Hüfte und eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung auf mindestens 0/10/90o nicht feststellen. Weitere Funktionsbehinderungen in diesem Funktionssystem konnte der Senat ebenso nicht feststellen, sodass ein Einzel-GdB nicht anzusetzen war; die neurologischen Auswirkungen der Wirbelsäulenerkrankung sind im Funktionssystem des Rumpfes berücksichtigt.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs konnte der Senat keine mit einem GdB zu bewertende Funktionsstörung feststellen. Insoweit ist den vorliegenden Berichten aus der Beklagtenakte zu entnehmen, dass die Herzfunktion nicht krankhaft beeinträchtigt ist (vgl. Bericht vom 04.06.2014, Blatt 31/32 der Beklagtenakte; Bericht vom 14.10.2014, Blatt 35 der Beklagtenakte); dabei war die Klägerin 100 Watt zu leisten im Stande. Die aufgetretenen Beschwerden waren insgesamt eher dem psychiatrischen Fachgebiet zugeordnet worden, sodass eine Feststellung eines GdB im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs nicht in Betracht kommt.
Auch im Funktionssystem der Ohren war ein Einzel-GdB nicht anzunehmen. Zwar hat die Klägerin Schwindel und Tinnitus angegeben. Beides wurde sowohl von Dr. P. als auch von Dr. N. im Rahmen der Somatisierungsstörungen als psychisch verursacht angesehen und werden im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche mitberücksichtigt.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche besteht bei der Klägerin mit Dr. P. eine Dysthymia, eine rezidivierende Panikstörung bei sozialen Ängsten, Panikattacken sowie Somatisierungsstörungen – somatoforme Schmerzstörung mit Tinnitus und phobischem Schwindel. Dr. N. hat eine rezidivierende depressive Störung – zum Zeitpunkt der Untersuchung als mittelgradige bis schwere depressive Episode ohne psychotische Symptomen, aber mit einem somatischen Symptom ausgeprägt -, eine Agoraphobie mit Panikstörung und eine Somatisierungsstörung beschrieben. Beide Gutachter haben mit unterschiedlichen Diagnosen zur Überzeugung des Senats im Ergebnis dieselben Gesundheitsstörungen mit gleichen funktionellen Auswirkungen beschrieben. Dr. N. hat eine Verschlechterung gegenüber dem Zustand der Begutachtung bei Dr. P. im Jahr 2016 nicht angenommen. Vielmehr bezieht sich sein Hinweis im Gutachten aus dem Jahr 2017 auf eine Verschlechterung insgesamt der letzten (zwei) Jahre (vgl. Blatt 96 der SG-Akte = Seite 24 des Gutachtens). Der Senat konnte weder den beiden Gutachten noch den Berichten und Auskünften der behandelnden Therapeuten für die GdB-Bewertung allein maßgebende Funktionseinschränkungen entnehmen, die mit einem höheren GdB als 30 zu bewerten sind.
Nach den B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestal-tungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen An-passungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Dr. P. hat die Klägerin als wach, klar und orientiert in allen Qualitäten erlebt. Ein florider Wahn, Halluzinationen oder psychotisches Erleben fand sich nicht. Während der gesamten Untersuchung war die Klägerin subdepressiv, etwas dysphorisch und wenig auflockerbar. Sie wirkte verbittert und enttäuscht bei negativer Lebensbilanz. Eine gewisse Opferhaltung von klein auf hat Dr. P. angenommen. Er hat eine Selbstwertproblematik beschrieben, im Rahmen der die Klägerin in wesentlichen Teilen ausgenutzt und überangepasst ist. Es bestand ein chronisches Überforderungsgefühl. Die Klägerin reagiert psychosomatisch, im Sinne von Somatisierungsstörungen und klage mit ihrem Körper. Aufmerksamkeit und Konzentration, Einstellung und Umstellung waren im Rahmen. Die Klägerin ist etwas einfach strukturiert und im Antrieb etwas reduziert. Dr. P. hat sie sozial zurückgezogen, jedoch nicht isoliert gesehen.
Dr. N. hat aus seinen Untersuchungen der Klägerin berichtet, die Klägerin sei vorgealtert und etwas verhärmt, sie wirke eher leicht untergewichtig und insgesamt fragil. Sie sei bei klarem Bewusstsein und allseits orientiert. Im Kontakt sei sie ernst, starr, wenig moduliert und affektiv deutlich vermindert schwingungsfähig. Aktuell sei eine mittelgradige bis schwere depressive Verstimmung spürbar. Die affektive Resonanzfähigkeit sei erheblich herabgesetzt. Die Klägerin sei kaum affektiv auslenkbar, wirke starr, apathisch, roboterhaft, hinzu komme eine deutlich spürbare reizbar und dysthym anmutende Grundbefindlichkeit. Spürbar sei eine unterschwellig erhöhte Anspannung und Erregung. Die Klägerin habe auch in jüngster Zeit noch häufig rezidivierende Panikattacken, oftmals aus der Ruhe heraus, beschrieben. Es bestehe eine deutlich erhöhte Somatisierungstendenz und eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Das inhaltliche Denken kreise um die schlechte Gesamtbefindlichkeit, die vielfältigen somatischen Beschwerden sowie ein Gefühl des Zu-kurz-gekommen-Sein und des Benachteiligt-Seins.
Der Senat konnte bei in wechselnden Abständen von im Durchschnitt ein- bis zweimal monatlich durchgeführten therapeutischen Bemühungen bei Dr. C. und Dipl.Psych. P. (vgl. deren Angaben gegenüber dem SG) zwar einen nicht unerheblichen Leidensdruck der Klägerin erkennen, jedoch keine solch starke Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, dass eine Bewertung mit 40 gerechtfertigt wäre. Befunde, die eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die dem GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnen würde, hat keiner der behandelnden Therapeuten und auch nicht Dr. N. mitgeteilt. Zwar hat Dr. N. eine Bewertung im GdB-Bereich einer solchen Störung angenommen, doch Befunde hat er dazu nicht mitgeteilt. Vielmehr lässt sich seinen Angaben nicht entnehmen, dass bei der Klägerin eine Störung vorliegt, die vom Gewicht her einer schweren Zwangskrankheit entspricht. Solches hat auch Dr. N. nicht angenommen.
Gegen eine Bewertung am oberen Rand des für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) vorgesehenen GdB-Rahmens spricht, dass die Klägerin in der Lage ist, ihren Tagesablauf samt Haushalt zu organisieren. Auch hat sie ein gutes Verhältnis zu den Kindern und bei getrennten Wohnungen auch zum letzten Ehemann, der auch unter der Woche zum Mittagessen komme (Gutachten Dr. P. , Blatt 47 der SG-Akte = Seite 13 des Gutachtens), was sie auch bei Dr. N. mitgeteilt hatte (Blatt 87 der SG-Akte = Seite 15 des Gutachtens). Die Klägerin geht Hobbies nach. Als Hobbies hat sie Dr. N. ihre Enkelkinder, Lesen und Malen nach Zahlen angegeben. Dr. P. hat sie zum Tagesablauf und den Hobbies befragt, auch die Pflege von Gräbern und ihr "Gärtle" angegeben. Sie hat Dr. P. von einem Urlaub beim Bruder ihres Mannes in Oberstaufen berichtet, den sie nach der Begutachtung besuchen würden. Sie hat Dr. P. von Besuchen beim Posaunentag in Ulm dem Ausgehen zum Essen mit vier Frauen, Bekannten, sowie von Kirchgängen ab und zu berichtet.
Vor diesem Hintergrund konnte der Senat nicht annehmen, dass die Klägerin nicht nur phasenweise, sondern im Durchschnitt (vgl. A Nr. 2 Buchst. f) VG) dauerhaft so wesentlich in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt ist, dass eine Bewertung am oberen Rand des GdB-Rahmens, also mit 40 gerechtfertigt wäre. Der höheren GdB-Einschätzung des Dr. N. konnte der Senat nicht folgen, da er verschiedene wichtige Aspekte – z.B. das Verhältnis zu den Kindern und dem Ex-Ehemann, den Tagesablauf, Urlaube und Hobbies – teilweise gar nicht erfragt, teilweise gar nicht in seine Bewertung einbezogen und gewürdigt hat. Der Senat gelangt daher im Gegensatz zur Bewertung im angefochtenen Urteil des SG zu einem geringeren Einzel-GdB.
Insgesamt konnte der Senat die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet allenfalls mit einem GdB von 30 bewerten. Vor diesem Hintergrund konnte der Senat den wohl therapeutisch motivierten Bewertungen des GdB durch Dr. C. und Dipl.Psych. P. nicht beitreten.
Der von Dr. N. beschriebene und von ihm auf die Einnahme der Medikamente zurückgeführte Tremor erhöht den GdB nicht weiter, wie auch Dr. N. dargestellt hatte.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule) und - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 sowie einem GdB-Wert von 20 auszugehen ist, konnte der Senat in dem vorliegend allein streitigen Zeitraum seit 08.03.2017 einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von 40 feststellen. Zwar bestehen gegenseitige Auswirkungen zwischen den psychischen und den körperlichen Erkrankungen, doch rechtfertigen es diese im Hinblick auf die Vorgaben in A Nr. 3 Buchst. d) ee) VG, wonach auch bei Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 es vielfach nicht auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen; Vorliegend enthält der Einzel-GdB 20 für die Wirbelsäuleneinschränkung bereits maßgeblich die dort funktionell wirksam werdende Schmerzstörung, die auch im Einzel-GdB 30 für das psychische Leiden erfasst ist.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen der Klägerin weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 50 bewerteten Gesundheitsstörungen vergleichbar.
Damit konnte der Senat feststellen, dass der Bescheid des LRA vom 09.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2015 rechtswidrig war. Der Klägerin steht – jedenfalls im streitigen Zeitraum – ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 zu. Das SG hat den GdB dagegen zu hoch bewertet. Daher war auf die Berufung des Beklagten hin das Urteil des SG – wie tenoriert – abzuändern, im Übrigen die Berufung, die trotz der im SG-Verfahren angebotenen Vergleichsregelungen, die Klage in vollem Umfang abzuweisen beantragt hatte, zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved