L 7 KA 30/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 KA 204/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 30/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine fehlerhaft auf § 49 VwVfG gestützter, ermessenabhängige Entscheidung kann in eine Entscheidung nach § 48 SGB X umgedeutet werden.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a Sozialgesetzbuch / Fünftes Buches (SGB V).

Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit der Schwerpunktbezeichnung Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Ihm wurde, seinerzeit noch als Mitglied einer Gemeinschaftspraxis mit dem Arzt Dr. M, unter dem 09. April 2003 die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGBV erteilt, zunächst befristet auf vier Jahre, mit Bescheid vom 29. März 2007 unbefristet. Enthalten war u.a. der Zusatz, dass die personelle Zusammensetzung der aufgeführten Arbeitsgruppe verbindlicher Bestandteil des Bescheides sei. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 genehmigte der Beklagte eine personelle Änderung der Arbeitsgruppe für die In-Vitro-Fertilisation (IVF).

Mit Schreiben vom 08. Oktober 2010 teilte der Kläger mit, dass zum Stichtag 01. Oktober 2010 beim Zulassungsausschuss die Gemeinschaftspraxis T-M gekündigt worden sei. Herr Dr. M scheide aus der Arbeitsgruppe aus. Zugleich erklärte er als verantwortlicher Leiter der Arbeitsgruppe, dass die Arbeitsgruppenleitung unverändert bleibe. Er teilte eine neue Zusammensetzung der Arbeitsgruppe unter Einschluss des Arztes Dr. P mit Der Beklagte verwies mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 darauf, dass bezüglich des benannten Nachfolgers für Dr. Metzger "Dr. P" als neu eingeplanten Mitglieds keine Unterlagen vorlägen. In der Folgezeit führte der Kläger aus, seit dem 01. Oktober 2010 bestehe eine Praxisgemeinschaft mit Dr. M; dem folge die Arbeitsgruppenstruktur. Beide Ärzte würden weiterhin Räume und Einrichtungen in der Wstraße nutzen. Herr M weigere sich aber, künftig unter Leitung des Klägers in der Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Diese solle auch zukünftig ohne Unterbrechung weitergeführt werden.

Der Beklagte wies mit Schreiben vom 02. März 2011 darauf hin, dass sie darüber informiert worden sei, dass Dr. M weder in der Praxis noch als Mitglied in der IVF-Arbeitsgruppe tätig sei. Damit sei die Genehmigungsgrundlage nach § 121a SGB V bezüglich der personellen Voraussetzungen nicht mehr gegeben. Aufgrund dieser Tatsache sehe der Beklagte sich gezwungen, die Genehmigung zu widerrufen. Sollte bis zum 06. April 2011 keine klare schriftliche Antwort vorliegen, werde die Genehmigung nach § 121a SGB V umgehend widerrufen. Daraufhin (Schreiben vom 05. April 2011) beantragte der Kläger gemäß § 121a SGB V für seine "Arbeitsgruppe für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin mit der Bezeichnung "Reproduktionsmedizin im L Center, Dr. T und Kollegen" den Fortbestand der Genehmigung. Dr. M habe inzwischen seinen Standort gewechselt und sei aus der Arbeitsgruppe ausgeschieden; seine Position in der Arbeitsgruppe solle ersetzt werden durch Dr. W, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Fakultative Weiterbildung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2011 widerrief die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz die mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 erteilte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V. Zur Begründung wurde der Verfahrensablauf geschildert und darauf verwiesen, dass keine Unterlagen zu Qualifikation von Dr. P bzw. Dr. W vorgelegt worden wären. Der Widerruf finde seine Grundlage in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und dem dem Bescheid beigefügten Widerrufsvorbehalt. Die personellen Voraussetzungen als Grundlage der Genehmigung nach § 121a SGB V seien in der Arbeitsgruppe nicht mehr gegeben. In Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) müssten die näher bezeichneten Fachgebiete vertreten sein, wobei jede Ärztin und jeder Arzt innerhalb einer Arbeitsgruppe neben der psychosomatischen Grundversorgung jeweils nur zwei Bereiche verantwortlich führen dürfe. Somit müssten wenigstens zwei Ärztinnen oder Ärzte in einer IVF-Arbeitsgruppe vorhanden sein. Außerdem müsste zudem neben der verant¬wortlichen ärztlichen Leiterin oder dem verantwortlichen ärztlichen Leiter der Arbeitsgruppe eine Ärztin oder ein Arzt mit gleichwertiger Qualifikation wie die verantwortlich leitende Person als Vertreterin bzw. Vertreter zur Verfügung stehen. Für den aus der IVF-Arbeitsgruppe ausgeschiedenen stellvertretenden Arbeitsgruppenleiter Dr. M und die von diesem verantworteten Fachgebiete habe seit Oktober 2010 keine geeignete Nachfolgeregelung benannt werden können. Der mitgeteilte Arzt "Dr. M W" erfülle nicht die Anforderungen an die für eine Genehmigung erforderlichen personellen Voraussetzungen. Schon die Tatsache, dass der Name unterschiedlich wiedergegeben und keinerlei Nachweise über die erforderliche Qualifikation beigefügt gewesen seien, begründe¬ten erhebliche Zweifel, ohne dass es darauf allerdings ankäme. Denn entsprechend den Richtlinien des GBA über die künstliche Befruchtung müssten die Kenntnisse und Erfahrungen zu den oben genannten Fachgebieten "in der Praxis oder Einrichtung vorhanden sein" (vgl. Nr. 22.1. der RL). Die Maßnahmen der IVF setzten eine Leistungserbringung vor Ort voraus (Grundsatz der Monolokalität). Das Vorhandensein der Kenntnisse und Erfahrungen "in der Praxis oder Einrichtung" sei in der Arbeitsgruppe nicht der Fall, da der vom Kläger genannte Arzt als Gynäkologe in Klinikum H und nicht in B tätig sei.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er erfülle die personellen Voraussetzungen, die für die Erteilung nach der Genehmigungsrichtlinie zur Durchführung der künstlichen Befruchtung notwendig seien. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG scheide als Rechtsgrundlage aus, da der Widerruf für den Fall vorbehalten worden sei, dass er die personellen Voraussetzungen für den Genehmigung der Arbeitsgruppe nicht mehr erfülle. Dies sei aber mit dem Ausscheiden von Dr. M nicht der Fall. Er – der Kläger – habe vielmehr mit der Anzeige vom 5. April 2011 detailliert und erschöpfend die erforderlichen neuen Zuständigkeiten angezeigt. Mit dieser Anzeige habe sich der Beklagte nicht auseinan¬dergesetzt.

Die Beigeladene hat mitgeteilt, sie habe wegen des fehlenden Sofortvollzugs des angegriffenen Bescheides zunächst davon abgesehen, die Abrechnungsgenehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung für die Insemination mit Stimulation und IVF zu widerrufen.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 1. November 2012 verurteilte das Landgericht Berlin den Kläger, die von ihm genutzten Praxisräume zu räumen und geräumt an die Vermieterin herauszugeben. Am 12. Oktober 2016 erfolgte die zwangsweise Räumung.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Statthafte Klageart sei die Anfechtungsklage, da sich der angegriffene Bescheid, für dessen rechtliche Beurteilung es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ankommt, nicht dadurch nachträglich erledigt hat, dass der Kläger in seinen Praxisräumen ggf. unter anderem Namen bzw. in geänderter Gesellschafts¬form seine ärztliche Tätigkeit fortsetzt. Die Aufhebung der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V finde ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X). Die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen begründe ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis, nämlich die Befugnis zur Erbringung und Abrechnung der näher beschriebenen Leistungen und könne daher wegen Änderung der Verhältnisse zurückgenommen werden. Unerheblich sei, dass der angegriffene Bescheid auf § 49 VwVfG gestützt worden sei. Dies sei rechtmäßig nicht möglich gewesen. Zum einen sei der Anwendungsbereich des VwVfG nicht eröffnet, da gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Vorschriften des SGB X für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden gälten, die nach dem SGB, hier dem SGB V, ausgeübt werde. Darüber hinaus sei auch kein Widerruf aufgrund des dem Genehmigungsbescheid beigefügten Widerrufsvorbehalts möglich. Die der Genehmigung beigefügte Nebenbestimmung in Form eines Widerrufsvorbehalts (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 3 SGB X) sei rechtswidrig und könne damit nicht Grundlage einer ermessensfehlerfreien Aufhebung der Genehmigung im Form eines Widerrufs sein. Der Genehmigung gemäß § 121a Abs. 2 SGB V könne als sog. "gebundene" Entscheidung keine Nebenbestimmung zur Sicherstellung der künftigen Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen beigefügt werden. Die Berücksichtigung der bloßen Möglichkeit einer denkbaren späteren Änderung würde dazu führen, dass sich die Verwaltung praktisch die Aufhebung jeder Bewilligung vorbehalten dürfte und §§ 45, 48 SGB X ins Leere liefen. Der den Genehmigungsbescheiden jeweils beigefügte Widerrufsvorbehalt finde auch keine hinreichende Grundlage in der "Richtlinie für die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen durch Ärzte, ärztlich geleitete Einrichtungen und Krankenhäuser nach § 121a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V- SGB V) der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen vom 30. März 2000" – im Folgenden: GenehmigungsRL – (ABl. Nr. 20/28.4.2000, S. 1454), weil es sich bei ihr nicht um eine Rechtsvorschrift im Sinne von § 32 Abs. 1 SGB X.

Es sei aber rechtlich zulässig, den Widerruf gemäß § 43 Abs. 1 SGB X in eine Aufhebung (Rücknahme) nach § 48 Abs. 1 SGB X umzudeuten, weil Widerruf und Aufhebung (hier in Form der Rücknahme) beide auf das Ziel gerichtet seien, die weitere Erbringung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch den Kläger zu verhindern; zudem werde in beiden Fällen nur eine Aufhebung für die Zukunft verfügt. Auch wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, ihren Bescheid von vornherein auf § 48 SGB X zu stützen. § 43 Abs. 3 SGB X hindere die Umdeutung nicht, da vorliegend keine gebundene Entscheidung in eine Ermessensentscheidung, sondern umgekehrt eine Ermessensentscheidung in eine gebundene Entscheidung umgedeutet werde. Der Kläger sei im Erörterungstermin am 20. Juli 2016 zu der beabsichtigten Umdeutung angehört worden und habe Gelegenheit zur Stellungnahme auch noch im Anschluss erhalten. Eine Aufhebung der Genehmigung sei auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtlich zulässigerweise möglich, da der Kläger die Nachweiserfordernisse der GenehmigungsRL nicht erfüllt habe. Gemäß § 121a Abs. 2 Nr. 1 SGB V dürfe die Genehmigung den in Absatz 1 Satz 1 genannten zugelassenen Leistungserbringern nur erteilt werden, wenn sie über die für die Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) notwendigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verfügen und nach wis¬senschaftlichen Erkenntnissen arbeiten. Diese vom Gesetz abstrakt vorgegebenen Anforderungen an eine gute Struktur- und Prozessqualität in technischer und personeller Hinsicht von Maßnahmen künstlicher Befruchtungen würden konkretisiert in den vom GBA gemäß § 27a Abs. 4 i.V.m. §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 und § 135 Abs. 1 SGB V beschlossenen Richtlinien über die künstliche Befruchtung. Nach Nr. 22.1. der Richtlinien seien u.a. die personellen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Leiter der Praxis oder Einrichtung ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe sei, über die fakultative Weiterbildung "gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin" verfüge und in der Praxis oder Einrichtung Kenntnisse und Erfahrungen der Endokrinologie der Reproduktion, der gynäkologischen Sonographie, der operativen Gynäkologie, der Reproduktionsbiologie mit dem Schwerpunkt der In-vitro-Kultur wie auch der Andrologie vorhanden seien. Von diesen fünf Bereichen könnten jeweils nur zwei gleichzeitig von einem Arzt oder Wissenschaftler der Praxis oder Einrichtung verantwortlich geführt werden (vgl. auch weitgehend übereinstimmend Nr. 3.5.1, 3.5.2. der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion, DÄBl. 1998, A -3166). Das Genehmigungsverfahren sei im Bereich des Beklagten durch die GenehmigungsRL zulässigerweise näher ausgestaltet worden. Nach Nr. 3 Satz 2 der GenehmigungsRL ergäben sich die im Einzelnen zu erbringenden Nachweise über die zu erfüllenden personellen und sächlichen Mindestanforderungen aus den Anlagen 1 und 2, die Bestandteil der Richtlinie seien. Nach Anlage 1 I 1 und 2 (i.V.m. Anlage 2 I) müssten der verantwortliche ärztliche Leiter fortpflanzungsmedizinischer Arbeitsgruppen sowie die Vertreter die personellen Genehmigungs¬voraussetzungen 1a) bis 1d) sowie 1h) in persona erfüllen. Nachzuweisen seien die Voraussetzungen zu 1a) bis 1g) und zu 2. und 3. durch Bescheinigungen (keine Selbstauskunft), zu 1 h) durch schriftliche Erklärung. Der Kläger habe nach dem Ausscheiden von Dr. M keinerlei Nachweise zur erforderlichen Qualifikation von dessen Nachfolger als stellvertretenden Leiter der Arbeitsgruppe vorgelegt. Er habe lediglich in allgemeiner Form und dazu noch zu wechselnden Personen (Dr. P, Dr. W) und in abweichender Schreibweise Angaben gemacht, die allerdings keine Prüfung durch den Beklagten erlaubten. Das Verlangen, die Nachweise über die verlangte Qualifikation unter Einreichung der entsprechenden Bescheinigungen, d.h. regelmäßig in Form beglaubigter Kopien, zu führen, sei rechtmäßig und entspreche den allgemeinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Antragstellung. Der Beklagte habe sich darüber hinaus auch inhaltlich mit den Anforderungen an die Nachfolge von Dr. M befasst, ohne dass die dabei aufgetretenen Zweifel an der erforderlichen Qualifikation vom Kläger hätten ausgeräumt werden können.

Mit Urteil vom 10. November 2016 hat das Landgericht Berlin den Kläger wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses zur einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und ihm die medizinischen Behandlung von Personen weiblichen Geschlechts für vier Jahre verboten. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30. Mai 2017 hinsichtlich der Freiheitsstrafe und des Berufsverbots verworfen. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen.

Gegen den o.g. ihm am 22. April 2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 10. Mai 2017, zu deren Begründung er vorträgt: Die vom Sozialgericht vorgenommene Umdeutung sei unzulässig, weil sie zu seinen Lasten gehe: denn nach § 49 VwVfG hätte der Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen und hierbei seine – des Klägers – Belange berücksichtigen müssen. Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens sei geplant. Der Verfahrensstand sei hier soweit fortgeschritten, dass der Wiederaufnahmeantrag in den nächsten 10 bis 14 Tagen gestellt werden könne. Ferner wolle er seine Praxis verkaufen und habe hierfür einen Nachbesetzungsantrag gestellt. Rechtsmittel gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Approbationsentziehung seien nicht gänzlich ausschließen, falls das strafrechtliche Wiederaufnahmeverfahren Erfolg haben sollte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 2017 und den Bescheid des Beklagten vom 23. Mai 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verneint im Hinblick auf das o.g. Berufsverbot und den Approbationsentzug ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.

Die Beigeladene äußert sich nicht.

Den Antrag des Klägers vom 3. August 2015, eine Änderung in der Zusammensetzung seiner Arbeitsgruppe zur Durchführung der künstlichen Befruchtung zu genehmigen, hat der Beklagte durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Bescheid vom 30. Januar 2017, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2017, abgelehnt, weil nach der Räumung seiner Praxis auch die räumlichen Voraussetzungen für die vertragsärztliche Versorgung von Patienten im Land Berlin nicht mehr vorlägen und die Genehmigung nach § 121a SGB V ortsgebunden sei.

Im Oktober 2017 wurde dem Kläger auch seine Approbation entzogen und der Sofortvollzug dieser Entziehung angeordnet. Der Kläger klagt gegen den Approbationsentzug, hat aber kein Rechtsmittel gegen den angeordneten Sofortvollzug eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig.

Der Senat kann offen lassen, ob die Berufung mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig ist, sodass sich ein Eingehen auf die Absichten des Klägers, eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu beantragen und seine Praxis zu verkaufen, erübrigt. Denn die Berufung ist jedenfalls unbegründet. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

Entgegen der klägerseitig geäußerten Rechtsauffassung begründet die Heranziehung einer unzutreffenden Rechtsgrundlage keinerlei Vertrauen des Bescheidadressaten. Es ist daher unerheblich, dass der Beklagte nach § 49 VwVfG Ermessen hätte ausüben müssen, nach § 48 SGB X hingegen nicht. Nur der umgekehrte Fall wird durch § 43 Abs. 3 SGB X – wie vom Sozialgericht zu Recht hervorgehoben – ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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