S 3 R 103/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 3 R 103/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 256/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2015, mit welchem die Beklagte von dem Kläger die Erstattung eines Betrages in Höhe von 1081,28 EUR fordert.

Der Kläger beantragte erstmals am 24. November 2009 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Daraufhin gewährte die Beklagte dem Kläger auf Basis eines Leistungsfalles vom 24. November 2009 zunächst durch Bescheid vom 31. März 2010 (Blatt 44a ff. der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil) eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Mai 2013. Dem Bescheid war als Anlage 19 eine Übersicht über die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen für Renten wegen voller Erwerbsminderung beigefügt. Die Auszahlung erfolgte daraufhin im Zeitraum März bis Juni 2012 in Höhe von ursprünglich monatlich 426,91 EUR netto und für den Zeitraum Juli bis Dezember 2012 in Höhe von ursprünglich monatlich 436,22 EUR netto (vgl. bzgl. dieser Beträge die Angaben in der Rubrik "Zahldaten" der Berechnung vom 10. April 2014, Blatt 105 bis 106 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil).

Bereits mit Schreiben vom 12. März 2010 hatte die Landwirtschaftliche Alterskasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland der Beklagten den zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossenen Pachtvertrag vom 11. November 2009 (Blatt 26 bis 34 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil) übersandt. Aus diesem Pachtvertrag erzielte der Kläger Pachteinnahmen, die monatlich regelmäßig unter 400 EUR lagen.

Auf den Weiterzahlungsantrag vom 9. Januar 2013 gewährte die Beklagte dem Kläger die zunächst befristet gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung unbefristet als Dauerrente fort (Bescheid vom 5. Februar 2013, Blatt 89 bis 90 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil).

Für das Jahr 2011 erzielte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 1596 EUR (Blatt 91/93 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil).

Für das Jahr 2012 erzielte er dann jedoch nach den Angaben in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid (Blatt 99 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 8144 EUR. Darin enthalten war - wie sich aus dem weiteren Schriftverkehr ergibt - ein Teilbetrag, der einkommensteuerrechtlich aus der Überführung des Rinderstalles aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Klägers entstand.

In der Folge hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. Mai 2014 zu einer beabsichtigten Teilaufhebung des Bescheides vom 31. März 2010 wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen an. Es sei beabsichtigt, einen Betrag in Höhe von 1081,82 EUR zurückzufordern (Blatt 113 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil). Daraufhin antwortete der Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 2015, dass sich der steuerliche Gewinn aus der Land- und Forstwirtschaft für den maßgeblichen Zeitraum lediglich auf 3612,02 EUR (entsprechend den jährlichen Pachteinnahmen) belaufe. Der ausgewiesene Betrag in Höhe von 8144 EUR komme durch die Entnahme des Rinderstalles aus dem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen zustande. Hierbei sei kein Erlös erzielt worden, es lägen somit keine gewerblichen Einkünfte vor. Als Anlage fügte er ein Gutachten über den Verkehrswert des Rinderstalles bei. Daraufhin hob die Beklagte den Bescheid vom 31. März 2010 gleichwohl durch Bescheid vom 12. Juni 2014 teilweise auf und forderte den Kläger zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 1081,28 EUR für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum einer 30. Dezember 2012 auf. In diesem Zeitraum habe der Kläger rentenschädlich die maßgebenden Hinzuverdienstgrenzen überschritten, weshalb es zu einer Überzahlung in der genannten Höhe gekommen sei. Maßgeblich für die Beurteilung sei die einkommensteuerrechtliche Bewertung der Einnahmen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Bescheides wird verwiesen auf Blatt 131/132 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 30. Juni 2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass im Rahmen der Entnahme des Rinderstalles aus dem steuerlichen Betriebsvermögen kein Euro gezahlt worden sei. Der Kläger sei lediglich durch die private Nutzung des Rinderstalles aufgrund eines Umbaus zu einer altersgerechten Wohnung aus steuerlicher Sicht zu dieser Entnahme gezwungen gewesen. Daraus ergebe sich nach seiner Einschätzung keine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze.

Den eingelegten Widerspruch wies die Beklagte in der Folge durch Widerspruchsbescheid vom 28. April 2015 zurück. Neben der Darstellung des Sachverhaltes und der allgemeinen Aufhebungsvoraussetzungen wird in der Begründung nochmals darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung des Einkommens maßgeblich auf die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ankomme. Unter Berücksichtigung dieser steuerrechtlichen Feststellungen sei die Erstattungssumme zutreffend berechnet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen auf Blatt 138 bis 139 der Verwaltungsakte, allgemeiner Teil. Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 26. Mai 2015, bei Gericht eingegangen am 28. Mai 2015, Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben. Er trägt insbesondere vor, es handele sich bei der Entnahme des Rinderstalles aus dem steuerlichen Betriebsvermögen in sein Privatvermögen nicht um Einkünfte im Sinne des § 27a ALG, so dass die Privatentnahme nicht anrechenbar sei. Es sei für die Entnahme kein Arbeitseinkommen bzw. eine vergleichbare Einnahme generiert worden. Es sei lediglich ein Gebäudeteil aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen übernommen worden, da der Kläger aus gesundheitlichen Gründen hierzu gezwungen gewesen sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte zwangsläufig an die Feststellungen der Finanzbehörde gebunden sei. Insofern habe eine eigene Prüfung der Beklagten stattfinden müssen, ob im Sinne des Rentenrechts anrechenbares Einkommen erzielt worden sei.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Bescheid. Es handele sich bei der Entnahme des Rinderstalles aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Klägers um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die bei der Prüfung der Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen für eine Erwerbsminderungsrente nach § 96a SGB VI zu berücksichtigen seien. Diese Beurteilung richte sich nach § 15 SGB IV. Für die Berücksichtigung von Arbeitseinkommen reiche es nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV aus, dass es einkommensteuerrechtlich etwa als Einkunft aus Land- und Forstwirtschaft bewertet werde. Die Privatentnahme aus dem landwirtschaftlichen Betrieb habe zu einem fiktiven Veräußerungsgewinn aus landwirtschaftlicher Tätigkeit nach § 14 Einkommensteuergesetz geführt. Der in den Einkommensteuerbescheiden ausgewiesene Gewinn sei als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob er auf der Grundlage von tatsächlichen oder fiktiven Werten ermittelt worden sei. Der Rentenversicherungsträger sei insofern an die Feststellungen der Finanzbehörde gebunden.

Die Beteiligten haben auf gerichtliche Anfrage vom 8. April 2016 durch Schreiben vom 2. Mai 2016 sowie vom 6. Juni 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes, insbesondere wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten, wird verwiesen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (1 Band), die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis erteilt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger keinen Anspruch bezüglich der Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2015.

Zur Begründung wird inhaltlich auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen, da er die Sach- und Rechtslage jedenfalls hinsichtlich des Ergebnisses vollständig und richtig darstellt und die Kammer seiner Begründung folgt, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 136 Abs. 3 SGG die Bezugnahme geboten ist.

Ergänzend führt die Kammer aus, dass die erfolgte Übernahme der einkommensteuerrechtlichen Einkünfte im Rahmen der Berechnung des Hinzuverdienstes nach § 96a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i. V. m. § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch den angegriffenen Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden ist. Zwar geht das Gericht - wohl in Abweichung zu dem angegriffenen Widerspruchsbescheid - nicht von einer absoluten Feststellungswirkung des Einkommensteuerbescheides aus (so auch Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB IV, § 15, Rn. 31; vgl. zudem Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV, Rn. 22 bis 27). Dennoch ist durch den Gesetzgeber bereits ausweislich des Wortlautes ein weitgehender Gleichlauf zwischen § 15 SGB IV und dem Einkommensteuerrecht beabsichtigt (vgl. zu den Motiven des Gesetzgebers auch Juris-Praxiskommentar zum SGB IV, § 15, Rn. 2). Dies hat auch - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - das Bundessozialgericht zwischenzeitlich entschieden (BSG, Urteil vom 7. Oktober 2004, Az.: B 13 RJ 13/04 R, Rn. 25, zit. nach Juris). Eine Abweichung von der Übernahme der Feststellungen des Einkommensteuerbescheides kommt allerdings lediglich in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, insbesondere dann, wenn dessen Feststellungen mit erfolgversprechenden Einwendungen angegriffen werden (BSG, Urteil vom 30. September 1997, Az.: 4 RA 122/95; vgl. auch Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 15 SGB IV, Rn. 27).

Eine solche Konstellation ist hier jedoch gerade nicht gegeben. Die einkommensteuerrechtlichen Feststellungen werden nicht beanstandet. Der Einkommensteuerbescheid ist bestandskräftig. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass die Privatentnahmen steuerrechtlich unzutreffend als (fiktiver) Veräußerungsgewinn aus landwirtschaftlicher Tätigkeit bewertet worden sein könnten. Daher hat es im Rahmen der Berechnung des Hinzuverdienstes nach § 96a SGB VI i. V.m. § 15 SGB IV zusammengefasst bei der unveränderten Übernahme der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung zu verbleiben. Darin waren unstreitig Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 8144 EUR festgestellt worden. Damit war die Hinzuverdienstgrenze des § 96a SGB IV a. F. in Höhe von seinerzeit durchschnittlich 400 EUR bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung überschritten.

Einwände gegen die Berechnung der Höhe des Erstattungsbetrages werden seitens des Klägers nicht erhoben und sind gerichtlicherseits nicht ersichtlich. Der Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 1081,28 EUR setzt sich für die Monate März bis Juni 2012 jeweils in Höhe von monatlich gerundet 106,73 EUR und für den Zeitraum Juli bis Dezember 2012 in Höhe von monatlich gerundet 109,06 EUR zusammen. Der monatliche Betrag entspricht damit gerundet jeweils einem Viertel der zunächst tatsächlich gewährten Rente in Höhe von monatlich 426,91 EUR netto (März bis Juni 2012) bzw. 436,22 EUR netto (Juli bis Dezember 2012).

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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