S 4 R 768/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 R 768/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am ... 1958 geborene Kläger absolvierte eine Teilausbildung zum Schlosser und erlangte im Rahmen seiner Tätigkeit als Prüfbahnmaschinist im VEB ... die Qualifizierung zum Hebezeugführer für Gabelstapler und Portalkran. Ab dem 01.01.1987 war er als Fertigwarengestalter in diesem Betrieb tätig, beendete die Beschäftigung zum 31.12.1988 und pflegte anschließend seine Großmutter. Ab dem 02.07.1990 bezog er Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, absolvierte von Oktober 1999 bis Oktober 2000 eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme mit dem Inhalt "technischer Hauswart" und ist seither durchgängig arbeitslos.

Am 20.12.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente wegen der bei ihm bestehenden rheumatoiden Arthritis. Aus dem beigezogenen Krankenhausbericht über die stationäre Behandlung im Zeitraum 18.08. – 26.08.2011 ergab sich, dass Hüft- und Gelenkschmerzen bestanden. Die erhöhten Leberwerte sowie die klinischen Befunde sprächen für eine Polyarthritis, so dass eine Prednisolontherapie eingeleitet wurde. Nach dem Bericht der ... -Klinik ... über die Untersuchung vom 18.10.2012 wurde das Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis mit hoher Aktivität bestätigt. Die Befunde hätten sich verschlechtert, es seien Schwellungen an den Fingern sowie an den oberen Sprunggelenken auftreten. Im Ergebnis erfolgte eine Umstellung der Medikation. Die Beklagte holte ein orthopädisch-rheumatologisches Gutachten von Dr ... , der in seinem Gutachten vom 08.05.2013 das Gangbild als sicher beschrieb. Das Aus- und Ankleiden sei normal vorgeführt worden. Gelenkschwellungen bestünden im Bereich der Fingergrundgelenke, ansonsten nicht. Den Schürzen- und Nackengriff könne der Kläger normal ausführen, der Faustschluss sei vollständig und die feinmotorischen Griffe ausführbar. Es sei keine Atrophie feststellbar und die Hände wiesen eine unauffällige Beschwielung auf. An den oberen Sprunggelenken beidseits bestünden noch Schwellungen, die Hüft- und Kniegelenke wiesen hingegen keinen auffälligen Befund auf. Die Standfunktionen seien ebenfalls nicht beeinträchtigt. Unter der medikamentösen Therapie sei ein gleichbleibender Zustand eingetreten. Schübe seien nicht feststellbar und eine Morgensteifigkeit trete nur zeitweise auf. Mit den gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger als Maschinist zwar nicht mehr arbeiten, zumutbar seien jedoch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen und ohne erhöhte Anforderungen an die Feinmotorik der Hände in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden und mehr.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit dem Bescheid vom 17.05.2013 ab. Es liege keine Erwerbsminderung vor, da der Kläger über ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit könne nicht gezahlt werden, obwohl er in seinem bisherigen Beruf als Maschinist nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Er sei nämlich aufgrund seines beruflichen Werdeganges auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Gegen die Ablehnung erhob der Kläger am 30.05.2013 Widerspruch und verwies darauf, dass er nicht einmal mehr 3 Stunden täglich ohne starke Schmerzen erwerbstätig sein könne. Im Widerspruchsbescheid vom 20.08.2013 wiederholte die Beklagte, dass keine Erwerbsminderung feststellbar sei. Als Angelernter des unteren Bereiches sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, so dass auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Mit der am 18.09.2013 zum Sozialgericht Halle erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor, dass das Leistungsvermögen wegen der rheumatoiden Arthritis unter 3 Stunden täglich gesunken sei. Bereits nach einer 2-stündigen Belastung würden die Hände anschwellen. Ferner bestünden ständige Knieschmerzen sowie Schwellungen und Schmerzen an verschiedenen Gelenken. Leichte Arbeiten könne er maximal eine ½ Stunde ausüben. Das Gutachten von Dr ... könne er nicht akzeptieren, da dieser voreingenommen sei. Als Maschinist sei er einem Facharbeiter gleichzustellen, da die Anlernzeit 5 Jahre betragen habe. Ab 1980 sei er zudem verantwortlich gewesen für zwei ihm unterstellte Mitarbeiter und er habe an sämtlichen Maschinen in dem VEB ... gearbeitet. Zu berücksichtigen sei ferner die Fortbildung mit der Zusatzqualifikation des Stapler- und Kranführerpasses.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 17.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2013 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verurteilen, ab dem 01.01.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren.

Das Gericht hat sich an die Firma ... als Rechtsnachfolgerin des VEB ... gewandt und von dieser Unterlagen über die Tätigkeit des Klägers erhalten. Nach den Unterlagen war er zunächst als Lehrling und dann als Betriebsschlosser mit Teilausbildung beschäftigt. Ferner weisen die Unterlagen eine Tätigkeit als Fertigwarengestalter ab dem 01.01.1987 aus. Auf Nachfrage hat der Kläger mitgeteilt, nicht mehr im Besitz von Unterlagen aus der Zeit seiner Beschäftigung in dem Betrieb zu verfügen. Lediglich der Ausweis für Arbeit- und Sozialversicherung sei vorhanden, der auszugsweise übersandt wurde.

Das Gericht hat einen Befundbericht von Dipl.-Med ... eingeholt, der unter dem 11.03.2014 mitgeteilt hat, dass bei dem Kläger Gelenkschmerzen an allen Extremitäten bestünden und dass sich der Gesundheitszustand seit der Therapieumstellung gebessert habe. Dr ... , ... Krankenhaus ... , hat über die Vorstellung des Klägers dort am 25.09.2014 berichtet mit dem Ergebnis, dass sich die rheumatoide Arthritis in Remission befinde.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens von Dr ... In seinem Gutachten vom 01.02.2016 hat er widergegeben, dass der Hinterhaupt- und Schürzengriff nur eingeschränkt ausgeführt werden könne. Die Sprunggelenke seien frei beweglich, aber endgradig bewegungsschmerzhaft. Knie- und Hüftgelenke seien ebenfalls beidseits frei beweglich. An den Füßen und Händen seien die rheumatologischen Zeichen minimal positiv, ohne dass eine Arthristis vorliege. Insgesamt fänden sich endgradige Bewegungsschmerzen im Bereich der Sprung-, Knie- und der Ellenbogengelenke beidseits. Gelenkschwellungen lägen nicht vor. Auch sonographisch fänden sich keine Hinweise für eine entzündliche Gelenkaffektion. Auffällig sei jedoch eine Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule bei bekanntem degenerativen Syndrom, ohne dass neurologische Ausfälle bestünden. Es liege eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit vor, die jedoch einen Einsatz in leichten körperlichen Tätigkeiten im Innendienst nicht einschränken würden. Aufgrund der medikamentös gut eingestellten rheumatoiden Arthritis seien aktuell auch keine Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich. Die Tätigkeiten seien bevorzugt im Sitzen auszuüben, Gehen und Stehen seien jedoch untergeordnet auch möglich. Unter Meidung von Zwangshaltungen, Akkordarbeit und Publikumsverkehr bestehe ein zeitliches Leistungsvermögen von noch mindestens 6 Stunden täglich. Die Feinmotorik der Hände sei eingeschränkt, so dass in dieser Hinsicht keine erhöhten Anforderungen zu stellen seien. Über die üblichen Pausenzeiten hinaus liege kein Erfordernis einer Arbeitsunterbrechung vor und der Kläger sei in der Lage, 4 x 500 m arbeitstäglich zurückzulegen. Ferner seien die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie das Führen eines Pkw möglich. Seit der Umstellung der Medikation im Jahre 2012 sei eine Besserung der Entzündungsreaktion eingetreten, da seitdem keine Gelenkschwellungen mehr aufträten.

Zu diesem Gutachten äußert der Kläger, dass er sich der Beurteilung nicht anschließen könne.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 17.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2013 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Nach § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch –gesetzliche Rentenversicherung– (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt haben.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen liegen bei dem Kläger aufgrund der ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie des sich anschließenden Sozialleistungsbezuges und sonstiger rentenrechtlicher Zeiten vor. Er ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere den Gutachten von Dr ... und Dr ... , ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger über ein Leistungsvermögen für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes in zeitlicher Hinsicht von mindestens 6 Stunden täglich verfügt, so dass keine teilweise Erwerbsminderung und erst recht auch keine volle Erwerbsminderung im Sinne von § 43 SGB VI vorliegen. Im Vordergrund stehen die Leistungseinschränkungen auf Grund der rheumatischen Erkrankung, die zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen, wie sie insbesondere Dr ... in seinem Gutachten plausibel und anschaulich dargelegt hat. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen ergibt sich jedoch kein Grund für eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens unter die rentenrechtlich maßgebliche Grenze von 6 Stunden. Die Funktionseinschränkungen, die von den Sachverständigen festgestellt wurden und die in Übereinstimmung mit den von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunden stehen, sind nicht derart gravierend, dass eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen einen Einsatz von nur noch unter 6 Stunden erlauben würde. Sämtliche Mediziner bestätigen, dass seit der Umstellung der Medikation ein Voranschreiten der rheumatischen Erkrankung nicht zu verzeichnen ist und dass insoweit auch keine stärkeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorliegen. Es ist daher nicht plausibel, dass das zeitliche Leistungsvermögen unter die maßgebliche Grenze von 6 Stunden gesunken sein soll, so dass vor diesem Hintergrund keine Erwerbsminderung im Sinne von § 43 SGB VI vorliegt.

Die Einwände des Klägers gegen die gutachterlichen Feststellungen und Beurteilungen vermögen das Gericht nicht zu überzeugen. Für eine Voreingenommenheit von Dr ... bietet der Sachverhalt keinen einzigen Anhaltspunkt. Beide Gutachter haben ihn untersucht und Befunde erhoben, die in Übereinstimmung mit den von den behandelnden Ärzten erhobenen Befunden stehen, so dass die darauf beruhende Beurteilung des gesundheitlichen Leistungsvermögens plausibel ist. Dass der Kläger mit dem Ergebnis der Beurteilung nicht einverstanden ist, ist verständlich, bei der gegebenen Sachlage aber nicht entscheidend.

Die feststellbaren Leistungseinschränkungen geben auch keinen Anlass zu Zweifeln daran, dass der Kläger eventuell nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einsetzbar wäre. Weder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen, noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor, mit denen der allgemeine Arbeitsmarkt eventuell verschlossen wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Ablehnung des Rentenantrages durch die Beklagte daher nicht zu beanstanden.

Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind, Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Wie bereits festgestellt, liegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei dem Kläger vor und er ist auch vor dem 02.01.1961 geboren. Allerdings ist er nicht berufsunfähig.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit der Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 2 SGB VI beurteilt sich damit nach den gleichen Kriterien wie bei § 43 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Die hierzu entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung gelten daher fort und sind auch für den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit anzuwenden.

Nach den medizinischen Feststellungen ist es plausibel, dass der Kläger eine Tätigkeit als Maschinist nicht mehr ausüben kann, da es sich hierbei um eine nicht nur leichte körperliche Tätigkeit handeln dürfte, die zudem nicht überwiegend im Sitzen ausgeübt wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass er berufsunfähig i. S. § 240 Abs. 2 SGB VI ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob es zumindest eine andere Tätigkeit gibt, die ihr sozial zumutbar und für sie sowohl gesundheitlich als auch fachlich zuträglich ist. Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. verankerten Gedanken des Berufsschutzes soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (vgl. Urteil des BSG vom 30.07.1997, Az.: 5 RI 8/96, SGb 1997, Seite 517). Unter Berücksichtigung dieses Gedankens beurteilt sich die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von ihrer Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Entsprechend diesem sogenannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch die Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 3 Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von 3 Monaten bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters gekennzeichnet (Urteil des BSG vom 04.11.1998, Az.: B 13 RI 27/98 R, SGb 1999, Seite 75/76 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Im Bereich der Anlernebene wird nach der Rechtsprechung des BSG eine weitere Unterscheidung in einen oberen und einen unteren Bereich vorgenommen (vgl. Urteil vom 29. März 1994,13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45, Rn. 19, 20 bei Juris), nach der eine Zuordnung zum oberen Bereich eine Ausbildung von 12-24 Monaten voraussetzt, wohingegen eine Zuordnung zum unteren Bereich bei einer Ausbildung bzw. Anlernzeit von 3-12 Monaten vorgenommen wird.

Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung eines bestimmten Berufes erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Ausbildung. Entscheidend ist vielmehr die Wertigkeit der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die im § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, gesonderte Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächst niedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (Urteil des BSG vom 04.11.1998, a.a.O.).

Über eine Facharbeiterqualifikation verfügt der Kläger nicht, denn er hat nur eine Teilausbildung im Metallbereich abgeschlossen. Die fehlende Facharbeiterqualifikation wird auch nicht durch die Zusatzqualifikation als Stapler- und Kranführer ersetzt. Das Gericht kann ferner nicht feststellen, dass eine Tätigkeit an sämtlichen Maschinen im VEB ... zu einer entsprechenden Qualifikation bzw. einer Gleichstellung der Qualität der Arbeit mit einem vollausgebildeten Facharbeiter führt. Es ist nicht einmal feststellbar, dass der Kläger Tätigkeiten verrichtet hat, die eine Zuordnung zu der Ebene der oberen Angelernten zulässt. Dagegen spricht der zum 01.01.1987 verzeichnete Tätigkeitswechsel "Fertigwarengestalter", der sich aus den Unterlagen des Betriebes sowie den Eintragungen im SV-Ausweis ergibt. Erklärungen zu dem Inhalt dieser Tätigkeiten erfolgten nicht. Die Annahme der Beklagten, dass die von dem Kläger ausgeübten Tätigkeiten eine Zuordnung zu der Stufe der unteren Angelernten rechtfertige, ist daher nicht zu beanstanden mit der Folge, dass das Erfordernis der Benennung einer Verweisungstätigkeit entfällt, da kein Berufsschutz besteht.

Die Ablehnung des Rentenantrages im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist daher ebenfalls rechtmäßig, so dass die Klage insgesamt unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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