Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 5 AS 2444/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klagen werden abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II durch die Beklagte für die Zeit von Juni 2016 bis Juni 2017.
Die Klägerin bezieht Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Auf den Leistungsantrag vom 05. September 2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 28. September 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 04. Oktober 2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. September 2017 bis zum 28. Februar 2018 in Höhe von 850,00 Euro monatlich.
Zunächst stand die Klägerin im Leistungsbezug bei dem Jobcenter Essen. Zum 01. Juni 2016 zog die Klägerin in eine Wohnung unter der Wohnanschrift I.-Weg in Dorsten.
Durch Vorsprache am 23. Juni 2016 stellte die Klägerin Leistungsantrag nach dem SGB II bei der Beklagten und reichte das Hauptantragsformulars am 20. Juli 2016 ein. Ausweislich der Anlage EKS übte die Klägerin eine Tätigkeit als Make-Up-Artist, Hairstylist und Nageldesigner seit dem 06. Juni 2016 aus. Dabei ging sie mit einem monatlichen Durchschnittsgewinn in Höhe eines Betrages von 170,00 Euro aus.
Die Klägerin bewohnt eine 77,6 m² große, im Jahr 1997 erbaute und 2016 renovierte Wohnung unter vorbenannter Wohnanschrift. Für die Wohnung fällt eine Grundmiete in Höhe von 510,00 Euro nebst Betriebskostenvorauszahlung in Höhe eines Betrags von 93,00 Euro monatlich und Heizkostenvorauszahlung in Höhe eines Betrags von 45,00 Euro monatlich und Stellplatzmiete in Höhe eines Betrages von 26,00 Euro monatlich an.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Kraftfahrzeuges Audi A1. Insoweit wird auf die Zulassungsbescheinigung Teil I vom 21. September 2015 und die Gesprächsniederschrift vom 28. September 2016 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30. August 2016 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vereinbarung eines Termins und der Vorlage von Kontoauszügen aller vorhandenen Konten (auch PayPal, Skrill, eBay ect.) seit dem 01. März 2016 auf. Die bereits vorgelegten Umsatzaufstellungen seien nicht ausreichend.
Bei dem Gespräch am 28. September 2016 reichte die Klägerin Girokontoauszüge für die Zeit vom 01. März bis zum 31. August 2016 ein.
Mit Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24. Januar 2017, Aktenzeichen S 33 AS 79/17 ER, in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 27. Januar 2017 wurde die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Beachtung des Regelbedarfs ab dem 10. Januar 2017 bis zum 30. Juni 2017 zu bewilligen und entsprechende Leistungen zur Auszahlung zu bringen.
Mit Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 versagte die Beklagte der Klägerin die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 23. Juni 2016 bis zum 09. Januar 2017 ganz.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar 2017 legte die Klägerin gegen den vorbenannten Bescheid Widerspruch ein.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Februar 2017 reichte die Klägerin bei der Beklagten Kontoauszüge des PayPal-Accounts für die Zeit vom 01. März 2016 bis zum 20. Februar 2017, Kontoauszüge des Sparkontos vom 01. März 2016 bis 20. Februar 2017, einen Ausdruck der Seite PayDirect, Kontoauszüge des Girokontos für die Zeit vom 01. März 2016 bis zum 31. Januar 2017 und mehrere Schreiben der Audi Bank ein.
Mit Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2017 lehnte die Beklagte den Antrag vom 23. Juni 2016 für die Zeit vom 23. Juli 2016 bis zum 09. Januar 2017 ab. Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II sei nicht gegeben.
Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01. Juli 2017 ging bei der Beklagten am 28. Juni 2017 ein. Dabei reichte die Klägerin auch Kontoauszüge des Girokontos für die Zeit vom 01. März bis 31. Mai 2017 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Juli 2017 als unbegründet zurück.
Mit der am 24. August 2017 eingegangenen Klage, die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2444/17 geführt wird, wendet die Klägerin sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017.
Mit der am 25. August 2017 eingegangenen Klage, die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2488/17 geführt wird, wendet die Klägerin sich gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2017.
Mit Beschluss vom 02. November 2017 hat der Kammervorsitzende die beiden vorbenannten Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 5 AS 2444/17 verbunden.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Bescheide vom 27. Januar 2017 und 12. Juli 2017, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 rechtswidrig seien. Vielmehr stehe der Klägerin ein Leistungsanspruch nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Juni 2017 bis zum 30. Juni 2017 zu. Sie sei hilfebedürftig und verfüge insbesondere über kein Einkommen und Vermögen. Das ihr gehörige Fahrzeug unterliege einer Finanzierungsabrede mit der Audi Bank. Sie habe im Bewilligungszeitraum auch über kein Einkommen verfügt. Aus der versuchten selbstständigen Tätigkeit habe sie nur ganz unerhebliche Einkünfte gehabt. Sie habe versucht ihre Hilfebedürftigkeit durch den Verkauf von gebrauchten Gegenständen zu verringern. Bei den diversen Bareinzahlungen auf ihrem Girokonto handle es sich um geliehenes Geld ihrer Mutter, das sie in Raten in Höhe von 100,00 Euro monatlich zurückführe.
Die Klägerin beantragt,
ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 Leistungen nach dem SGB II im Zeitraum vom 23. Juni 2016 bis zum 09. Januar 2017 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und
ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab dem 01. Juli 2017 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2017 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zustehe. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit. Beweisbelastet für ihre Hilfebedürftigkeit sei die Klägerin. Entsprechend der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 folgten die Zweifel insbesondere aus den erheblichen Bareinzahlungen auf dem Girokonto der Klägerin. Im Juni 2016 seien ihr 935,00 Euro, im Juli 2016 880,00 Euro, im August 2016 2.610,00 Euro, im September 2016 2.470,00 Euro, im Oktober 2016 3.125,00 Euro, im November 2016 735,00 Euro, im Dezember 2016 1.670,00 Euro und Anfang Januar 2017 450,00 Euro zugeflossen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung durch den Kammervorsitzenden gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Beteiligten sind im Erörterungstermin am 30.10.2017 gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG gehört worden und haben übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt.
II.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 27. Januar 2017 in der Fassung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2017 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu.
1. Gegenstand der Rechtsstreitigkeit ist der Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 in der Fassung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017.
Der Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 hat sich durch Erteilung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 erledigt im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X. Der Beklagte hat die formelle Versagungsentscheidung durch den Einstieg in die materiell-rechtliche Prüfung und die Erteilung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 gegenstandslos werden lassen. Der Ablehnungsbescheid ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. (vergleiche hinsichtlich der Wirkungen des §§ 39 SGB X und 86 SGG das Urteil des BSG vom 05. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, insbesondere Randnummer 13 ff.)
2. Die vorbenannten Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Der Klägerin steht für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2016 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die Hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält, § 9 Abs. 1 SGB II.
a. Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen, § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 15; BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18)
Entsprechend der Begründung des Widerspruchsbescheids bestehen erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin, insbesondere aufgrund der erheblichen Bareinzahlungen auf ihrem Girokonto. Insoweit wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Bei den Einzahlungen handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.
Auch im März 2017 sind erhebliche Bareinzahlungen auf das Girokonto der Klägerin getätigt worden, so am 09. März ein Betrag in Höhe von 695,00 Euro, am 14. März ein Betrag in Höhe von 280,00 Euro, am 17. März ein Betrag in Höhe von 160,00 Euro, am 22. März ein Betrag in Höhe von 135,00 Euro. So verhält es sich auch im April 2017, am 26. April ein Betrag in Höhe von 270,00 Euro. Ferner ist diesen Monat eine Überweisung "Rückgeld" von N. B. O. am 11. April 2017 eingegangen. Auch im Mai 2017 sind beachtliche Einzahlungen erfolgt, so am 02. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 140,00 Euro, am 05. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 180,00 Euro, am 08. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 115,00 Euro, am 09. Mai 2017 ein Betrag in Höhe 500,00 Euro und am 29. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 125,00 Euro. Ferner sind Überweisungen am 16. Mai in Höhe von 650,00 Euro und am 18. Mai 2017 in Höhe von 82,49 Euro eingegangen.
Die Erklärungen im Termin vom 30. Oktober 2017 sind zum Beweis der Hilfebedürftigkeit nicht geeignet. Beweisbelastet ist insoweit die Klägerin.
Das Gericht hält die Angabe der Klägerin, dass es sich bei sämtlichen Bareinzahlungen um geliehenes Geld ihrer Mutter handelt, nicht für glaubhaft.
An die Gewährung von Darlehen unter Verwandten sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts strenge Anforderungen zu stellen.
Zwar sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Leitsatz 1). Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 16; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 29; Söhngen in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 42; Armborst, info also 2007, 227; Berlit, NZS 2009, 537, 542; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Mai 2010, § 11 RdNr 42d und 206; anders Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand Februar 2010, § 11 SGB II RdNr 8; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.7.2008 - L 13 AS 97/08 ER, FEVS 60, 87; 10.12.2009 - L 13 AS 366/09 B ER, juris RdNr 22)
An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Leitsatz 2). Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 BGB zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Die Aufklärung der Umstände und ihre abschließende Würdigung obliegen dabei dem Tatsachengericht. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 20).
Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog Fremdvergleichs (vgl dazu im Einzelnen nur BFHE 165, 53) herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (vgl schon BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 für eine behauptete Abtretung und BSG Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R für eine verdeckte Treuhandabrede). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten (dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 27 und Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 20) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw verdeckter Unterhaltsgewährung (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 21).
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 22)
Soweit die Klägerin einwendet, dass ihre Mutter über das geliehene Geld handschriftliche Listen geführt habe und sie die Leihgabe durch monatliche Barzahlung eines Betrags in Höhe 100,00 Euro zurückführe, führt dies nicht zur Überzeugung des Gerichts. Entsprechende Tatsachen sind insbesondere nicht geeignet, das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung darzulegen. Weder eine grundsätzliche Rahmenabrede noch die Einzelnen Darlehnsabreden sind dargelegt. Wann und ob eine Rückzahlungsverpflichtung eintreten sollte, bleibt unklar. Dies spricht eher für eine Gefälligkeit der Mutter. Diese stellt nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre aber keinen Vertrag dar.
Auch die Höhe der jeweiligen Einnahmen, insbesondere im August, September, Oktober und Dezember 2016, lässt erhebliche Zweifel aufkommen, ob hier von der Mutter lediglich Darlehen zur Unterhaltssicherung gewährt worden sind.
b. Auch soweit die Klägerin die Überweisungseinnahmen auf Verkäufer aus vorhandenem Vermögen zurückgeführt haben will, so fehlt es an hinreichend substantierten Angaben zu den entsprechenden Verkäufen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II durch die Beklagte für die Zeit von Juni 2016 bis Juni 2017.
Die Klägerin bezieht Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Auf den Leistungsantrag vom 05. September 2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bewilligungsbescheid vom 28. September 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 04. Oktober 2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. September 2017 bis zum 28. Februar 2018 in Höhe von 850,00 Euro monatlich.
Zunächst stand die Klägerin im Leistungsbezug bei dem Jobcenter Essen. Zum 01. Juni 2016 zog die Klägerin in eine Wohnung unter der Wohnanschrift I.-Weg in Dorsten.
Durch Vorsprache am 23. Juni 2016 stellte die Klägerin Leistungsantrag nach dem SGB II bei der Beklagten und reichte das Hauptantragsformulars am 20. Juli 2016 ein. Ausweislich der Anlage EKS übte die Klägerin eine Tätigkeit als Make-Up-Artist, Hairstylist und Nageldesigner seit dem 06. Juni 2016 aus. Dabei ging sie mit einem monatlichen Durchschnittsgewinn in Höhe eines Betrages von 170,00 Euro aus.
Die Klägerin bewohnt eine 77,6 m² große, im Jahr 1997 erbaute und 2016 renovierte Wohnung unter vorbenannter Wohnanschrift. Für die Wohnung fällt eine Grundmiete in Höhe von 510,00 Euro nebst Betriebskostenvorauszahlung in Höhe eines Betrags von 93,00 Euro monatlich und Heizkostenvorauszahlung in Höhe eines Betrags von 45,00 Euro monatlich und Stellplatzmiete in Höhe eines Betrages von 26,00 Euro monatlich an.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Kraftfahrzeuges Audi A1. Insoweit wird auf die Zulassungsbescheinigung Teil I vom 21. September 2015 und die Gesprächsniederschrift vom 28. September 2016 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30. August 2016 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vereinbarung eines Termins und der Vorlage von Kontoauszügen aller vorhandenen Konten (auch PayPal, Skrill, eBay ect.) seit dem 01. März 2016 auf. Die bereits vorgelegten Umsatzaufstellungen seien nicht ausreichend.
Bei dem Gespräch am 28. September 2016 reichte die Klägerin Girokontoauszüge für die Zeit vom 01. März bis zum 31. August 2016 ein.
Mit Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24. Januar 2017, Aktenzeichen S 33 AS 79/17 ER, in der Fassung des Ausführungsbescheides vom 27. Januar 2017 wurde die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Beachtung des Regelbedarfs ab dem 10. Januar 2017 bis zum 30. Juni 2017 zu bewilligen und entsprechende Leistungen zur Auszahlung zu bringen.
Mit Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 versagte die Beklagte der Klägerin die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 23. Juni 2016 bis zum 09. Januar 2017 ganz.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar 2017 legte die Klägerin gegen den vorbenannten Bescheid Widerspruch ein.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Februar 2017 reichte die Klägerin bei der Beklagten Kontoauszüge des PayPal-Accounts für die Zeit vom 01. März 2016 bis zum 20. Februar 2017, Kontoauszüge des Sparkontos vom 01. März 2016 bis 20. Februar 2017, einen Ausdruck der Seite PayDirect, Kontoauszüge des Girokontos für die Zeit vom 01. März 2016 bis zum 31. Januar 2017 und mehrere Schreiben der Audi Bank ein.
Mit Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2017 lehnte die Beklagte den Antrag vom 23. Juni 2016 für die Zeit vom 23. Juli 2016 bis zum 09. Januar 2017 ab. Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II sei nicht gegeben.
Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01. Juli 2017 ging bei der Beklagten am 28. Juni 2017 ein. Dabei reichte die Klägerin auch Kontoauszüge des Girokontos für die Zeit vom 01. März bis 31. Mai 2017 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12. Juli 2017 als unbegründet zurück.
Mit der am 24. August 2017 eingegangenen Klage, die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2444/17 geführt wird, wendet die Klägerin sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017.
Mit der am 25. August 2017 eingegangenen Klage, die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2488/17 geführt wird, wendet die Klägerin sich gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. Juli 2017.
Mit Beschluss vom 02. November 2017 hat der Kammervorsitzende die beiden vorbenannten Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 5 AS 2444/17 verbunden.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Bescheide vom 27. Januar 2017 und 12. Juli 2017, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 rechtswidrig seien. Vielmehr stehe der Klägerin ein Leistungsanspruch nach dem SGB II für die Zeit vom 01. Juni 2017 bis zum 30. Juni 2017 zu. Sie sei hilfebedürftig und verfüge insbesondere über kein Einkommen und Vermögen. Das ihr gehörige Fahrzeug unterliege einer Finanzierungsabrede mit der Audi Bank. Sie habe im Bewilligungszeitraum auch über kein Einkommen verfügt. Aus der versuchten selbstständigen Tätigkeit habe sie nur ganz unerhebliche Einkünfte gehabt. Sie habe versucht ihre Hilfebedürftigkeit durch den Verkauf von gebrauchten Gegenständen zu verringern. Bei den diversen Bareinzahlungen auf ihrem Girokonto handle es sich um geliehenes Geld ihrer Mutter, das sie in Raten in Höhe von 100,00 Euro monatlich zurückführe.
Die Klägerin beantragt,
ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 27. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 Leistungen nach dem SGB II im Zeitraum vom 23. Juni 2016 bis zum 09. Januar 2017 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und
ihr unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab dem 01. Juli 2017 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2017 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zustehe. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit. Beweisbelastet für ihre Hilfebedürftigkeit sei die Klägerin. Entsprechend der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 folgten die Zweifel insbesondere aus den erheblichen Bareinzahlungen auf dem Girokonto der Klägerin. Im Juni 2016 seien ihr 935,00 Euro, im Juli 2016 880,00 Euro, im August 2016 2.610,00 Euro, im September 2016 2.470,00 Euro, im Oktober 2016 3.125,00 Euro, im November 2016 735,00 Euro, im Dezember 2016 1.670,00 Euro und Anfang Januar 2017 450,00 Euro zugeflossen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung durch den Kammervorsitzenden gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Beteiligten sind im Erörterungstermin am 30.10.2017 gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG gehört worden und haben übereinstimmend ihr Einverständnis erklärt.
II.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 27. Januar 2017 in der Fassung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2017 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu.
1. Gegenstand der Rechtsstreitigkeit ist der Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 in der Fassung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017.
Der Versagungsbescheid vom 27. Januar 2017 hat sich durch Erteilung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 erledigt im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X. Der Beklagte hat die formelle Versagungsentscheidung durch den Einstieg in die materiell-rechtliche Prüfung und die Erteilung des Ablehnungsbescheids vom 12. Juli 2017 gegenstandslos werden lassen. Der Ablehnungsbescheid ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. (vergleiche hinsichtlich der Wirkungen des §§ 39 SGB X und 86 SGG das Urteil des BSG vom 05. Juli 2017, B 14 AS 36/16 R, insbesondere Randnummer 13 ff.)
2. Die vorbenannten Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Der Klägerin steht für die Zeit vom 01. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2016 kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die Hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält, § 9 Abs. 1 SGB II.
a. Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen, § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 15; BSG SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 18)
Entsprechend der Begründung des Widerspruchsbescheids bestehen erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin, insbesondere aufgrund der erheblichen Bareinzahlungen auf ihrem Girokonto. Insoweit wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Bei den Einzahlungen handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II.
Auch im März 2017 sind erhebliche Bareinzahlungen auf das Girokonto der Klägerin getätigt worden, so am 09. März ein Betrag in Höhe von 695,00 Euro, am 14. März ein Betrag in Höhe von 280,00 Euro, am 17. März ein Betrag in Höhe von 160,00 Euro, am 22. März ein Betrag in Höhe von 135,00 Euro. So verhält es sich auch im April 2017, am 26. April ein Betrag in Höhe von 270,00 Euro. Ferner ist diesen Monat eine Überweisung "Rückgeld" von N. B. O. am 11. April 2017 eingegangen. Auch im Mai 2017 sind beachtliche Einzahlungen erfolgt, so am 02. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 140,00 Euro, am 05. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 180,00 Euro, am 08. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 115,00 Euro, am 09. Mai 2017 ein Betrag in Höhe 500,00 Euro und am 29. Mai 2017 ein Betrag in Höhe von 125,00 Euro. Ferner sind Überweisungen am 16. Mai in Höhe von 650,00 Euro und am 18. Mai 2017 in Höhe von 82,49 Euro eingegangen.
Die Erklärungen im Termin vom 30. Oktober 2017 sind zum Beweis der Hilfebedürftigkeit nicht geeignet. Beweisbelastet ist insoweit die Klägerin.
Das Gericht hält die Angabe der Klägerin, dass es sich bei sämtlichen Bareinzahlungen um geliehenes Geld ihrer Mutter handelt, nicht für glaubhaft.
An die Gewährung von Darlehen unter Verwandten sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts strenge Anforderungen zu stellen.
Zwar sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Leitsatz 1). Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 16; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 29; Söhngen in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 42; Armborst, info also 2007, 227; Berlit, NZS 2009, 537, 542; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Mai 2010, § 11 RdNr 42d und 206; anders Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, Stand Februar 2010, § 11 SGB II RdNr 8; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 14.7.2008 - L 13 AS 97/08 ER, FEVS 60, 87; 10.12.2009 - L 13 AS 366/09 B ER, juris RdNr 22)
An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Leitsatz 2). Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 BGB zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Die Aufklärung der Umstände und ihre abschließende Würdigung obliegen dabei dem Tatsachengericht. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 20).
Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog Fremdvergleichs (vgl dazu im Einzelnen nur BFHE 165, 53) herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (vgl schon BSGE 96, 238 = SozR 4-4220 § 6 Nr 4 für eine behauptete Abtretung und BSG Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 49/05 R für eine verdeckte Treuhandabrede). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten (dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 15 RdNr 27 und Urteil des Senats vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 20) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw verdeckter Unterhaltsgewährung (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 21).
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R –, BSGE 106, 185-190, SozR 4-4200 § 11 Nr 30, Rn. 22)
Soweit die Klägerin einwendet, dass ihre Mutter über das geliehene Geld handschriftliche Listen geführt habe und sie die Leihgabe durch monatliche Barzahlung eines Betrags in Höhe 100,00 Euro zurückführe, führt dies nicht zur Überzeugung des Gerichts. Entsprechende Tatsachen sind insbesondere nicht geeignet, das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung darzulegen. Weder eine grundsätzliche Rahmenabrede noch die Einzelnen Darlehnsabreden sind dargelegt. Wann und ob eine Rückzahlungsverpflichtung eintreten sollte, bleibt unklar. Dies spricht eher für eine Gefälligkeit der Mutter. Diese stellt nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre aber keinen Vertrag dar.
Auch die Höhe der jeweiligen Einnahmen, insbesondere im August, September, Oktober und Dezember 2016, lässt erhebliche Zweifel aufkommen, ob hier von der Mutter lediglich Darlehen zur Unterhaltssicherung gewährt worden sind.
b. Auch soweit die Klägerin die Überweisungseinnahmen auf Verkäufer aus vorhandenem Vermögen zurückgeführt haben will, so fehlt es an hinreichend substantierten Angaben zu den entsprechenden Verkäufen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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