L 5 RS 500/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 26 RS 1252/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 500/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes

Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen
Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Juni 2016 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014 verurteilt, den Bescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Bescheides vom 11. März 2013 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1978 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte der Klägerin wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind: Für das Jahr: 1978 78,70 Mark 1979 204,28 Mark 1980 224,17 Mark 1981 172,36 Mark 1982 21,07 Mark 1983 200,86 Mark Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu einem Drittel.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte der Klägerin für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974 bis 1983 und 1986 bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Der 1955 geborenen Klägerin wurde, nach einem Fachschulstudium in der Fachrichtung Zellstoff- und Papiertechnik an der Ingenieurschule für Papier- und Verpackungstechnik Z ... in der Zeit von September 1974 bis Juli 1977, mit Urkunde vom 13. Juli 1977 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Sie war vom 1. September 1977 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Versandbearbeiterin, Werksbeauftragte für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, Mitarbeiterin in der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation (WAO), Technologin, Organisatorin in der Rechentechnik und Betriebsingenieurin im volkseigenen Betrieb (VEB) V ... Zellstoff- und Papierfabrik bzw. im VEB Vereinigte Zellstoffwerke Y ... beschäftigt. In der Zeit vom 10. April 1981 bis 29. Februar 1982 sowie vom 21. März 1984 bis 31. August 1985 befand sie sich im Mutterschutz und Erziehungsurlaub. Sie erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Am 1. Februar 2000 beantragte die Klägerin, unter Nachreichung von Entgeltbescheinigungen der X ... jr. Foto- und Spezialpapiere GmbH & Co. KG vom 28. März 2003 und der W ... GmbH vom 14. Januar 2004, die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 22. Januar 2004 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1977 bis 9. April 1981, vom 1. März 1982 bis 30. Januar 1984 und vom 1. September 1985 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigungen der X ... jr. Foto- und Spezialpapiere GmbH & Co. KG vom 28. März 2003 und der W ... GmbH vom 14. Januar 2004, fest.

Mit Überprüfungsantrag vom 13. Februar 2012 begehrte die Klägerin erstmals die Berücksichtigung von Jahresendprämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten sowie ein höheres Arbeitsentgelt für das Jahr 1983. Ihrem Antrag fügte sie unter anderem folgende Unterlagen bei: - ihr FDGB-Mitgliedsbuch mit der Beitragsseite des Jahres 1983, - diverse Lohnzettel mit handschriftlichen Notizen, - diverse Gehaltserhöhungsschreiben, - eine Prämienurkunde vom 8. März 1980 über eine Leistungsprämie in Höhe von 75,00 Mark, - ein Prämienschreiben vom 11. März 1988 über eine Leistungsprämie in Höhe von 100,00 Mark und - ein Prämienschreiben vom 10. März 1989 über eine Leistungsprämie in Höhe von 100,00 Mark. Die Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 1. Februar 2013 bei der Firma V ... Papierfabrik GmbH nach dem Vorliegen von Prämiennachweisen für die Klägerin an. Mit Schreiben vom 11. Februar 2013 teilte die Firma X ... Technocell GmbH & Co. KG mit, dass Unterlagen über Prämien- und Jahresendprämiennachweise nicht (mehr) vorliegen. Mit Bescheid vom 11. März 2013 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1977 bis 9. April 1981, vom 1. März 1982 bis 30. Januar 1984 und vom 1. September 1985 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1980, 1988 und 1989 auf der Grundlage der nachgewiesenen Leistungsprämien (1980: 75,00 Mark, 1988: 100,00 Mark und 1989: 100,00 Mark), fest. Den bisherigen Bescheid hob sie, soweit er entgegenstand, auf. Die Berücksichtigung von Jahresendprämien sowie eines höheren Entgeltes für das Jahr 1983 lehnte sie ab. Den hiergegen am 18. März 2013 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die eingereichten Unterlagen mit den handschriftlichen Eintragungen genügten zum Nachweis nicht. Auf den Lohnzetteln seien nur eigene handschriftliche Zirka-Angaben vermerkt. Das FDGB-Mitgliedsbuch weise für das Jahr 1983 auch kein höheres Entgelt aus.

Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 13. Januar 2014 begehrte die Klägerin die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von 70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte eine schriftliche Erklärung des Zeugen C ... vom 17. Dezember 2013 ein. Dieser gab an, die Klägerin habe vom Beschäftigungsbetrieb jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhalten.

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 2014 ab. Den hiergegen am 3. Juni 2014 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeugenerklärung enthielte keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 11. August 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien für den Zeitraum von 1974 bis 1983 und von 1986 bis 1990 (Zuflussjahre). Das Sozialgericht Dresden hat die Klage, nachdem es eine schriftliche Auskunft des Zeugen C ... am 3. Januar 2015 eingeholt hatte, mit Urteil vom 8. Juni 2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Jahresendprämien seien keine feststellungsfähigen Arbeitsentgelte, da sie steuer- und sozialversicherungsfrei gewesen seien. Der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei nicht zu folgen, da es auf die Steuer- und Beitragsfreiheit zu DDR-Zeiten ankomme.

Gegen das am 13. Juni 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Juni 2016 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien als Arbeitsentgelte für die Jahre 1974 bis 1983 und 1986 bis 1990 (Zuflussjahre) weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung des BSG missachtet. Die Jahresendprämienzahlungen seien dem Grunde nach durch die Zeugenaussage glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der Prämien könne geschätzt werden.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 16. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 11. März 2013 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1974 bis 1983 und 1986 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 8. September 2016 das Ruhen des Verfahrens und mit Beschluss vom 17. Juli 2017 die Fortführung des Verfahrens angeordnet. Des Weiteren hat es eine schriftliche Auskunft des Zeugen C ... am 4. März 2018 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen zur Klägerin beigezogen.

Mit Schriftsätzen vom 28. März 2018 (Klägerin) und vom 4. April 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen hat. Denn die Klägerin hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihr in den Jahren 1978 bis 1983 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Bescheides vom 11. März 2013 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit sie darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche für die Zuflussjahre 1974 bis 1977 sowie 1986 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 8. Juni 2016 (teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 11. März 2013 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1978 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 11. März 2013 ist teilweise rechtswidrig.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 22. Januar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 11. März 2013 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Die Klägerin hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt, worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat die Klägerin den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an sie gelangten, hat sie zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1978 bis 1983 in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie nicht vorlegen. Sie selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte. Ihre eigenen handschriftlichen "Zirka-Angaben" von Jahresendprämienbeträgen auf verschiedenen Lohnzetteln erbringen keinerlei Nachweis, sondern belegen vielmehr, dass die Klägerin keine Nachweise besitzt.

Jahresendprämienzahlungsnachweise konnte auch der Rechtsnachfolger des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes nicht mehr vorlegen, wie sich aus der Antwort der X ... Technocell GmbH & Co. KG vom 11. Februar 2013 auf die entsprechende Nachfrage der Beklagten vom 1. Februar 2013 im Rahmen des ersten Überprüfungsverfahrens ergibt.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberpfüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an die Klägerin ist aber im vorliegenden Fall für die Zuflussjahre ab dem Jahr 1978 glaubhaft gemacht. Für die von ihre begehrten Zuflussjahre 1974 bis 1977 sind Jahresendprämienzahlungen hingegen bereits dem Grunde nach nicht glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat die Klägerin im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren ab 1978 vorlagen und sie jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat. In den geltend gemachten Zuflussjahren 1974 bis 1977 lagen die rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Jahresendprämie hingegen nicht vor:

aa) Die Klägerin war in den Jahren 1973 bis 1976 nicht während des gesamten Planjahres in einem Betrieb beschäftigt; sie befand sich vielmehr im Fachschulstudium. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht plausibel, weshalb sie Jahresendprämien für ihre Studienzeit bezogen haben soll.

Die Klägerin war lediglich in den Jahren 1978 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehörige des VEB V ... Zellstoff- und Papierfabrik bzw. des VEB Vereinigte Zellstoffwerke Y ... (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 117-125 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in ihren Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 138-140 und Bl. 143-163 der Gerichtsakte) ergibt. Die Zeiten des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs der Klägerin im Zeitraum vom 10. April 1981 bis 29. Februar 1982 und vom 21. März 1984 bis 31. August 1985 stehen dem Anspruch auf Jahresendprämie dabei nicht entgegen, weil nach § 117 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe g) DDR-AGB ein (gesetzlich zwingender) Anspruch auf anteilige Jahresendprämie in den Fällen bestand, in den die ununterbrochene Betriebszugehörigkeit durch den Beginn der Freistellung nach dem Wochenurlaub nach § 246 DDR-AGB sowie der Wiederaufnahme einer Tätigkeit nach dieser Freistellung eintrat.

Das Planjahr 1977, in dem die Klägerin zum 1. September in den Betrieb erst eintrat, kann ebenfalls mitberücksichtigt werden. Gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand, der eine anteilige Jahresendprämie plausibel rechtfertigt, ist § 117 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe d) DDR-AGB. Nach dieser Norm bestand ein Anspruch auf anteilige Jahresendprämie bei Aufnahme eines Direktstudiums an einer Hoch- oder Fachschule sowie bei Aufnahme einer Tätigkeit nach Abschluss des Studiums. Ihr Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Papier- und Verpackungstechnik Altenburg hatte die Klägerin am 13. Juli 1977 abgeschlossen, wie sich aus dem Abschlusszeugnis (Bl. 116 der Gerichtsakte) ergibt. Bereits am 21. September 1976 wurde der Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn am 1. September 1977 abgeschlossen (Bl. 117-118 der Gerichtsakte). Auch die tatsächliche Arbeitsaufnahme erfolgte ausweislich der Eintragung im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 139 der Gerichtsakte) am 1. September 1977. Damit steht fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nach Abschluss des Studiums aufgenommen hatte.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem die Klägerin angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner., "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften des Zeugen C ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass die Klägerin und das Arbeitskollektiv, dem sie angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).

Der Zeuge C ..., der die Klägerin seit Eintritt in den VEB V ... Zellstoff- und Papierfabrik bzw. des VEB Vereinigte Zellstoffwerke Y ... im September 1977 kannte, mit ihr zusammenarbeitete und teilweise ihr indirekter Vorgesetzter war, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 17. Dezember 2013 (Bl. 12 der Verwaltungsakte) an, dass die Klägerin regelmäßig jährlich Jahresendprämien vom Betrieb ausgezahlt erhielt. In seiner, vom Sozialgericht eingeholten, Zeugenerklärung vom 3. Januar 2015 (Bl. 16 der Gerichtsakte) führte er aus, dass die Jahresendprämien über Listen von der Abteilung Ökonomie kontrolliert, überprüft und ausgezahlt wurden. Die Auszahlungen erfolgten stets im ersten Quartal des Jahres für das vorangegangene Jahr. Die Höhe der Auszahlungen richtete sich nach der Höhe des zugewiesenen Werkprämienfonds. Er wiederholte, dass die Klägerin, wie alle anderen Mitarbeiter auch, Jahresendprämien vom Betrieb ausgezahlt erhielt. In seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 4. März 2018 (Bl. 108-112 der Gerichtsakte) konkretisierte er seine Angaben auf die schriftliche Nachfrage des Berufungsgerichts vom 22. Februar 2018 (Bl. 106-107 der Gerichtsakte). Er gab an, dass der Betrieb an alle Mitarbeiter jährlich und regelmäßig Jahresendprämien auszahlte. Es handelte sich um leistungsbezogene Auszahlungen nach dem jeweils abgelaufenen Planjahr. Nach Erhalt der Planvorgaben wurden die dazu notwendigen Eckkennziffern im Bereich der einzelnen Kollektive beraten und mit eigenen zusätzlichen Kennziffern untermauert. Diese wurden am Jahresende ausgewertet und als Richtschnur für die Einschätzung der Jahresendprämie gewertet; dazu dienten auch die jeweiligen monatlichen Produktionsversammlungen. Die Kennzahlen konnten im Bedarfsfall auch entsprechend ihrer Notwendigkeit verändert werden. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte nach Bestätigung der Kennzahlen vom übergeordneten Betriebsorgan. Jahresendprämien erhielten alle Beschäftigte des Betriebes, selbst bei geringerer Planerfüllung; Ausgangspunkt war immer die Leistungskraft aller vier Werkteile des Betriebes. Unter dieser Beachtung konnte auch eine differenzierte Jahresendprämie genehmigt werden. Die jährlichen Plankennziffern hatten der Betrieb sowie das Kollektiv, dem die Klägerin angehörte, immer erfüllt. Die Jahresendprämie wurde stets im ersten Quartal des Jahres für das zurückliegende Jahr, nach Abrechnung der Planziele, ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgte entsprechend der vorliegenden und bestätigten Listen gegen Unterschrift und in bar. Die Klägerin erhielt in der Zeit ihrer Beschäftigung jährlich Jahresendprämien, weil sie in den einzelnen Betriebsbereichen ausgezeichnet und nach den entsprechenden Vorgaben gearbeitet hatte und mit der Realisierung der Kennziffern zum Gesamtergebnis des Betriebes beigetragen hatte.

Unzulänglichkeiten der Klägerin, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben des Zeugen C ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über die Klägerin plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass die Klägerin die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. So wird unter anderem in der Abschlussbeurteilung der Vereinigte Zellstoffwerke Y ... GmbH i.G. vom 2. August 1990 (Bl. 126 der Gerichtsakte), die über den gesamten Beschäftigungszeitraum der Klägerin Auskunft gibt, ausgeführt, dass die Klägerin - sehr fleißig war, - stets bestrebt war, sich ständig neue Kenntnisse anzueignen, - ihre Arbeitsaufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit des Betriebes erledigte, - mit ihren Arbeitsleistungen in jeder Hinsicht den Erwartungen entsprach, - gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern stets sehr aufgeschlossen und hilfsbereit war und - immer gute Ergebnisse erreichte. In Anerkennung der von ihr gezeigten sehr guten Leistungen bei der Planerfüllung wurde sie wiederholt, so in den Jahren 1980, 1988 und 1989, ausgezeichnet und erhielt zusätzliche Geldprämien überreicht (Bl. 134 Rückseite-135 der Gerichtsakte).

Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise der Klägerin weiterhin durch die ihr vom Betrieb verliehene Auszeichnung als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" im Jahr 1979, über die sie am 1. Mai 1979 eine Urkunde erreicht erhielt (Bl. 132 Rückseite der Gerichtsakte). Mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch der Klägerin, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

Insgesamt ergeben sich daher keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin und ihr Arbeitskollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskennziffern jährlich erfüllt hatten.

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die glaubhaft geltend gemachten Planjahre (1977 bis 1982 und 1985 bis 1989) in den Zuflussjahren 1978 bis 1983 und 1986 bis 1990 zur Auszahlung an die Klägerin gelangten, konnte sie zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1978 bis 1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).

a) Die der Klägerin für die glaubhaft geltend gemachten Planjahre (1977 bis 1982 und 1985 bis 1989) in den Jahren 1978 bis 1983 und 1986 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie nicht vorlegen. Sie selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte. Ihre eigenen handschriftlichen "Zirka-Angaben" von Jahresendprämienbeträgen auf verschiedenen Lohnzetteln haben keinerlei Nachweiswert, sondern belegen vielmehr, dass die Klägerin keine Unterlagen besitzt.

Jahresendprämienzahlungsnachweise konnte auch der Rechtsnachfolger des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes nicht mehr vorlegen, wie sich aus der Antwort der X ... Technocell GmbH & Co. KG vom 11. Februar 2013 auf die entsprechende Nachfrage der Beklagten vom 1. Februar 2013 im Rahmen des ersten Überprüfungsverfahrens ergibt.

Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnte auch der Zeuge C ... nicht vorlegen.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an die Klägerin in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.

b) Die konkrete Höhe der an die Klägerin für die glaubhaft geltend gemachten Planjahre (1977 bis 1982 und 1985 bis 1989) in den Jahren 1978 bis 1983 und 1986 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1977 bis 1982 in den Zuflussjahren 1978 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Den Angaben der Klägerin sowie des Zeugen C ... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt des jeweiligen Werktätigen orientierte. Die Klägerin selbst tätigte keinerlei Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten Höhen der Jahresendprämienbeträge. Sie konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts berechnet wurden. Der Zeuge C ... gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 3. Januar 2015 (Bl. 16 der Gerichtsakte) an, die ausgezahlten Jahresendprämien betrugen "zwischen 80 bis 95 Prozent des monatlichen Bruttogehalts". Demgegenüber gab er in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 4. März 2018 (Bl. 108-112 der Gerichtsakte) an, "die Höhe der Jahresendprämie bei Betriebsingenieuren bewegte sich meist zwischen 45 und 65 Prozent vom monatlichen Gehalt". Diese unterschiedlichen Angaben ein und desselben Zeugen belegen bereits, dass es sich um "aus der Luft gegriffene" Prozentangaben handelt, die durch nichts unterlegt sind. Konkrete Angaben dazu, in welcher konkreten Höhe die Klägerin Jahresendprämien erhielt, konnte er ohnehin nicht machen. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist damit nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann. Auch soweit die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten im Verfahren vortragen ließ, die Jahresendprämien seien mindestens in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres gezahlt wurden, genügt dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe bzw. Mindesthöhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Denn auch bei dieser angegebenen Mindesthöhe der Klägerin handelt es sich im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder vom Zeugen noch von der Klägerin getätigt werden.

In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben der Klägerin und des Zeugen C ... zur Höhe der an die Klägerin geflossenen Jahresendprämienbeträge insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des von der Klägerin angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der von der Klägerin und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24. Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986, Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern der Klägerin noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten die Klägerin oder der Zeuge nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an die Klägerin glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des von der Klägerin geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und - der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil die Klägerin sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob die Klägerin dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).

Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1977 bis 1982 und damit für die Zuflussjahre 1978 bis 1983 Bedeutung, weil die Klägerin in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst der Klägerin, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2004 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelten (Entgeltbescheinigungen der X ... jr. Foto- und Spezialpapiere GmbH & Co. KG vom 28. März 2003 und der W ... GmbH vom 14. Januar 2004), hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge, zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2004 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelte (Entgeltbescheinigungen der X ... jr. Foto- und Spezialpapiere GmbH & Co. KG vom 28. März 2003 und der W ... GmbH vom 14. Januar 2004) sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.

Dies zu Grunde gelegt, sind für die Klägerin Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1977 bis 1982 erwirtschafteten und in den Zuflussjahren 1978 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen: JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP-Mindest-betrag (= 1/3) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1977 3.400,00 M 283,33 M 94,44 M 78,70 M 1978 1978 8.825,00 M 735,42 M 245,14 M 204,28 M 1979 1979 9.684,00 M 807,00 M 269,00 M 224,17 M 1980 1980 7.446,00 M 620,50 M 206,83 M 172,36 M 1981 1981 910,00 M 75,83 M 25,28 M 21,07 M 1982 1982 8.677,00 M 723,08 M 241,03 M 200,86 M 1983

c) Weil die Klägerin den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1985 bis 1989 in den Zuflussjahren 1986 bis 1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, kommt eine Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).

3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1978 bis 1983 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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