L 9 P 7/16 KL

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 P 7/16 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Schiedsstellenentscheidung
1. Der Schiedsspruch nach § 75 Abs 4 Satz 1 SGB XI erfordert eine im Rahmen eiines Beurteilungs-, Gestaltungs- bzw. Ermessensspielraums zu treffende Abwägungsentscheidung. Dies setzt voraus, dass die gefundene Abwägung hinreichend, insbesondere nachvollzieh- und nachprüfbar begründet wird. Die
wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe müssen zumindest angedeutet werden.

2. Sind die an einem Schiedsstellenverfahren nach §§ 75 Abs 4 Satz 1, 76 SGB XI Beteiligten in mehreren
Positionen uneinig und begründen sie ihren Standpunkt mit mehr oder minder nachvollziehbaren Argumenten,
so obliegt es der Schiedsstelle darzulegen, was für ihre Entscheidung maßgeblich war. Ein summarisches
Abhandeln der zahlreichen Streitpunkte "en bloc" reicht hierfür nicht aus.
I. Auf die Klage des Klägers wird der Schiedsspruch der Beklagten vom 29. September 2015 aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Klageverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des durch Schiedsstellenentscheidung zustande gekommenen "Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI zur ambulanten pflegerischen Versorgung im Freistaat Sachsen vom 29.09.2015".

Mit Schreiben vom 3. Mai 1999 kündigte die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen (Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden; nachfolgend: Liga der Spitzenverbände) die 1995 und 1996 geschlossenen Rahmenverträge zur ambulanten und vollstationären Pflege sowie zur Tages- und Kurzzeitpflege zum 30. Juni 1999 (vollstationäre Pflege), zum 31. Dezember 1999 (Kurzzeitpflege und teilstationäre Pflege) und zum 31. Dezember 2000 (ambulante Pflege), da diese den Bedürfnissen der Praxis nur unzureichend gerecht würden. Zugleich bat sie um Rückmeldung bzgl. der Vereinbarung erster neuer Verhandlungstermine. Mit Schreiben vom 17. Mai 1999 teilte der Kläger der Liga der Spitzenverbände - unter Bezugnahme auf deren Kündigungserklärungen vom 3. Mai 1999 - mit, er unterstütze die Entscheidung hinsichtlich der Kündigung der Rahmenverträge nach § 75 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und bitte im Interesse eines reibungslosen Ablaufs um telefonische Abstimmung zur Vereinbarung der ersten Verhandlungstermine.

Im Anschluss hieran erfolgten über mehrere Jahre hinweg keine Verhandlungen über die Neufestsetzung eines Rahmenvertrags Ambulante Pflege (RV) im Freistaat Sachsen. Erst auf Grund der mit In-Kraft-Treten des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes zum 1. Juli 2008 eingeführten Änderungen wurden im Sommer 2008 Verhandlungen aufgenommen. Mitte des Jahres 2010 wurden die Verhandlungen zunächst beendet und das Unterschriftsverfahren eingeleitet. Am 25. August 2010 fand parallel auf Bundesebene eine Schiedsstellensitzung nach § 113b SGB XI statt, in welcher über die Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität gem. § 113 SGB XI entschieden wurde. Mit an die Rahmenvertragspartner nach § 75 SGB XI (ambulante Pflege) gerichtetem Schreiben vom 27. September 2010 teilte der Kläger mit, seiner Ansicht nach sei eine Anpassung des derzeitigen Inhalts des RV-Entwurfs an den - inhaltlich und in seiner Textfassung noch nicht bekannten - Schiedsspruch vom 25. August 2010 erforderlich, so dass eine kurzfristige Umsetzung und damit das geplante In-Kraft-Treten des RV zum 1. Oktober 2010 nicht möglich sei. Er sei jedoch weiterhin an der Umsetzung des RV interessiert. Mit - auch im Auftrag des Klägers ergangenem - Schreiben vom 4. März 2011 teilte die Liga der Spitzenverbände den Landesverbänden der Pflegekassen (Beigeladene zu 1. bis 6.) mit, dass umgehend Terminvorschläge zur Beratung und Verhandlung unterbreitet würden, sobald die zwischen den Verhandlungspartnern auf Bundesebene vereinbarten Maßstäbe und Grundsätze vorlägen. Daraufhin wurden die Verhandlungen zum RV fortgesetzt, die Änderungen durch die Maßstäbe und Grundsätze ebenso wie die Gesetzesanpassungen nach dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz besprochen und, soweit erforderlich, der RV-Text neu ausgehandelt. Nachdem in einer (im Beisein des Klägers durchgeführten) Sitzung der sog. "kleinen Arbeitsgruppe" am 17. Januar 2014 eine Einigung zu den streitigen Punkten nicht hatte erzielt werden können, verständigten sich die beteiligten RV-Partner - mit Ausnahme des Klägers - in einer Sitzung am 18. März 2014 auf einen gemeinsamen RV-Text. Bei der Abstimmung stimmten sämtliche RV-Parteien - mit Ausnahme des Klägers und des Beigeladenen zu 20. - für den vorgelegten Entwurf. Während der Kläger bei zahlreichen Vertragsregelungen grundsätzliche Bedenken geltend machte, lehnte der Beigeladene zu 20. nur die Regelung zur Prophylaxe (§ 2 Abs. 6 RV) ab.

Nachdem im Rahmen weiteren Schriftwechsels keine Einigung über die Neufassung des RV hatte erreicht werden können, und nachdem auf Grund der zeitgleich auf Bundesebene stattfindenden Verhandlungen zur Bundesrahmenempfehlung nach § 132a Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), bei denen u. a. die Prophylaxen einen Beratungspunkt darstellten, nunmehr auch die Beigeladenen zu 21. bis 23. die Passage des RV-Entwurfs zu den Prophylaxen abgelehnt hatten, riefen die Beigeladenen zu 1. bis 19. am 4. November 2014 die Schiedsstelle an. Zur Begründung führten sie aus, angesichts der langen Verhandlungsdauer und der Feststellung, dass eine von allen Beteiligten des RV erzielbare Einheitlichkeit nicht herstellbar sei, werde nunmehr die Schiedsstelle um Festsetzung angerufen. Der Vertragstext weise umfangreiche Kompromisse auf und könne daher nur als Einheit festgesetzt werden, da anderenfalls in das austarierte Ergebnis eingegriffen würde. Künftige Gesetzesänderungen, etwa durch das zum 1. Januar 2015 in-Kraft-tretende Erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I), stünden der Festsetzung nicht entgegen, da der Vertragstext entsprechende Einigungsregelungen vorsehe.

Mit Schriftsätzen vom 30. Januar 2015, 15. April 2015 und 21. April 2015 bekräftigten die Beigeladenen zu 21. bis 23., dass weiterhin Dissens bzgl. der Regelung über die Prophylaxen (§ 2 Abs. 6 RV) bestehe.

Mit Schriftsätzen vom 11. Februar 2015 und 19. Februar 2015 nahm der Kläger zum Schiedsstellenantrag Stellung. Der Schiedsantrag sei bereits als unzulässig zurückzuweisen, da weder eine ordnungsgemäße Kündigung des vormaligen RV noch eine ordnungsgemäße Aufforderung zu weiteren Vertragsverhandlungen vorliege. Auch erfülle der Schiedsantrag nicht die formalen und inhaltlichen Mindestanforderungen, wie sie aus § 6 Abs. 1 Satz 3 der Sächsischen Schiedsstellenpflegeversicherungsverordnung (SächsSchiedsPflegeVersVO) i. V. m. § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung (GeschOSächsSchiedsPflegeVers) herzuleiten seien.

Nachdem die Beigeladenen zu 1. bis 19. - auf die Verfügungen des Vorsitzenden der Beklagten - ihren Antrag präzisiert und ergänzt hatten, stellte der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Mai 2015 ergänzend - und höchst vorsorglich - folgende inhaltlichen Hilfsanträge zur Abänderung des vorgelegten RV-Entwurfs:

"B. Hilfsanträge des Antragsgegners zu 1) zur Abänderung des als Anlage 1 vorgelegten Rahmenvertragsentwurfs der Antragsteller

In der Folge präzisieren wir die Kritik am Rahmenvertragsentwurf (siehe Anlage 1), die von den Antragstellern mit dem Verweis auf die Anlagen 8, 9 und 10 nur äußerst unzureichend dargestellt wurde.

I. Hilfsantrag als Folge der Gesetzesänderung zum 1.1.2015 (PSG I)

Wie bereits ausgeführt, sind Ausführungen zur Zeitvergütung seit der Gesetzesänderung am 01.01.2015 und der Abstimmung in der PSK vom 04.12.2014 insgesamt unstreitig entbehrlich. Über den erforderlichen Umfang einer Regelung zur Zeitvergütung wurde seit der Gesetzesänderung zum 01.01.2015 aber nicht verhandelt.

Dies betrifft zum einen den Umfang der Leistungserbringung nach Zeit gemäß § 6, der für den Fall der Wahl festgelegt werden musste. Da diese Festlegung nicht mehr erforderlich ist, darf sie auch nicht mehr vorgenommen werden, zumal die Formulierung ausschließlich auf die jetzt zurückgenommene gesetzliche Verpflichtung abgezielt hat, dem Verbraucher die Wahlfreiheit zwischen Zeitvergütung und Leistungskomplexsystem zu verschaffen. Weiterhin sind in § 14 Abrechnungsregelungen zurückzunehmen, die ausschließlich auf die Zeitvergütung bezogen sind. Auch die Protokollnotiz bezieht sich teilweise auf die Zeitvergütung und ist auch deshalb nachzuverhandeln oder zu streichen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

a) § 6 Abs. 4 der Anlage 1 der Antragsteller wird gestrichen und die nachfolgende Nummerierung angepasst. b) § 14 Abs. 1 Satz 2 wird gestrichen, nämlich "Im Fall der Leistungserbringung nach Zeit sind - Datum, - Uhrzeit des Leistungsbeginns und der Leistungsdauer je Einsatz anzugeben." c) Absatz 1 der Protokollnotiz wird gestrichen.

II. Hilfsanträge zur Verhandlung der Anlagen gemäß § 1 Satz 1

Gemäß § 1 Satz 1 soll die Versorgung der Versicherten " nach Maßgabe dieses Vertrages und seiner Anlagen ..." erfolgen. Die Antragsteller haben Verhandlungen darüber bisher konsequent verweigert. Als Bestandteil des Rahmenvertrags ist jedoch unabdingbar erforderlich zu diskutieren, wie der Text zukünftig lauten soll und welcher Reformbedarf besteht.

1. Unserer Stellungnahme fügen wir den Vorschlag des bpa e.V. zur Überarbeitung der Anlage Leistungskomplexe (siehe Anlage bpa 8) bei. Die Pflegekassen haben das ursprüngliche Leistungskomplexsystem aus dem Jahr 1995 - ohne Abstimmung unter den Rahmenvertragspartnern - um Erläuterungen, zum Teil sogar in einer neuen Spalte, ergänzt und dieses in der nicht abgestimmten Fassung seit Jahren verwendet. Deshalb ist bei den weiteren Verhandlungen zunächst einmal der aktuell verwendete Vertragstext auf den ursprünglichen zurückzuführen (siehe Anlage 11 der Antragsteller). Darüber hinaus gibt es auch für die in dieser Anlage vorhandenen, anzahlmäßigen Begrenzungen keinen Anlass, soweit die Pflegeleistungen erforderlich sind und mit dem Pflegebedürftigen vereinbart werden. Die Begrenzungen in LK 10, LK 14 und LK 16 a müssen deshalb gestrichen werden. Beschränkungen der gesetzlichen Ansprüche des Versicherten im Rahmenvertrag sind bereits der Rechtsnatur nach unzulässig.

2. Der Erstbesuch hat in den MuG eine gesteigerte Bedeutung erfahren, welche durch ein vom bpa in Auftrag gegebenes und in die Verhandlung eingebrachtes Gutachten untermauert wurde (siehe Anlage bpa 9). Dieses wurde in den Verhandlungen von allen anderen Verhandlungspartnern ignoriert und muss jetzt inhaltlich verhandelt werden. Die hiesige Kalkulation der Punktzahlen beruht darauf, dass in Sachsen entgegen der Ausführungen Görres‘ (siehe Anlage bpa 10) von einer Umrechnung einer Stunde auf 1.200 Punkte ausgegangen werden muss, solange Fahrtkostenerstattungen bzw. eine Einsatzpauschale, anders als in anderen Bundesländern, nicht vereinbart ist.

3. Davon abhängig ist im Übrigen das Einvernehmen zum Vorschlag der Neufassung des § 2 Abs. 4 des Rahmenvertrages (Erstbesuch). Es können nicht einerseits die Verpflichtungen der Leistungserbringer der Neufassung der MuG angepasst, daraus folgende Leistungsveränderungen jedoch außer Acht gelassen werden. Entsprechend sind die zu erbringenden Leistungen soweit zu präzisieren, dass sie eine Einpassung in die Vergütungssystematik ermöglichen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt, den LK 18 wie folgt zu formulieren:

d)

LK 18 Erstbesuch Haus: Informationssammlung und Pflegeanamnese Niedriger Aufwand 1.900 Pkt. Mittlerer Aufwand 3.560 Pkt. Pflegeplanung Niedriger Aufwand 600 Pkt. Mittlerer Aufwand 1.500 Pkt. Hoher Aufwand 2.400 Pkt. Folgebesuch Niedriger Aufwand 1.100 Pkt. Mittler Aufwand 2.460 Pkt. Hoher Aufwand 3.800 Pkt.

4. Weiterhin sind in der weit überwiegenden Anzahl aller Bundesländer Fahrtkosten pro Einsatz in die Vergütungssystematik integriert. Genau diese Vergütungssystematik wird in Sachsen in der Anlage "Leistungskomplexe" geregelt. In Sachsen fehlt die Position Fahrtkosten vollständig, obwohl sie entsprechend den Bundesrahmenempfehlungen 1995 nachträglich eingeführt werden sollten. Dieser Umstand ist einer der maßgeblichen Gründe für das Vergütungs- und Lohngefälle zu den umliegenden westlichen Bundesländern, z.B. Bayern und E ... Die Punktforderung für die als "Einsatzpauschale" bezeichnete Leistung basiert auf der HLT-Studie die als durchschnittlichen Zeitaufwand für die Anfahrt zwölf Minuten berechnet. Daher ist mit 240 Pkt./Einsatz zu kalkulieren.

Insoweit wird hilfsweise beantragt, einen LK wie folgt zu formulieren:

e)

40 Einsatzpauschale Für alle mit der Anfahrtszeit verbundenen Aufwendungen bis zum Betreten der Häuslichkeit des Versicherten 240 Punkte

5. Darüber hinaus ist (unabhängig von der HKP-Leistung "MRSA Eradikationstherapie", die in der Vergütungsvereinbarung gemäß 5 132 a Abs. 2 SGB V zu regeln ist.) ein Zuschlag für die Verwendung von Schutzkleidung und Schutzmaßnahmen bei Pflegeleistungen an Pflegeversicherte, die Träger resistenter Keime sind, zu vereinbaren. Diesbezüglich fordert der bpa e.V. einen Festpreis von 4,00 EUR pro Einsatz oder, strukturell dynamisiert, 100 Punkte pro Einsatz.

Insoweit wird hilfsweise beantragt, einen LK wie folgt zu formulieren:

f)

50 Sachkostenzuschlag bei Keimträgern Zusätzlicher Hygieneaufwand für alle Einsätze bei Versicherten, die Keimträger sind 100 Punkte

6. Auch muss klargestellt werden, dass beim erforderlichen Einsatz von mehr als einer Pflegekraft auch dieser zusätzliche Aufwand vergütet werden muss. Der zusätzliche Aufwand besteht insofern in der zusätzlichen Vergütung der unterstützenden Pflegekraft abzüglich Einsatzpauschale.

Insoweit wird hilfsweise beantragt, einen LK wie folgt zu formulieren:

g)

60 erforderlicher Einsatz weiterer Pflegekräfte Für Einsätze die nicht von einer einzelnen Pflegekraft durchgeführt werden können jeweiliger LK der zusätzlich erbrachten Leistung

III. Hilfsantrag zu § 1, 3. Spiegelstrich (§ 39 SGB XI Verhinderungspflege)

Verhinderungspflege ist keine Pflegesachleistung und somit kein zulässiger Regelungsbestandteil für den Rahmenvertrag. § 39 SGB XI stellt eine abschließende gesetzliche Regelung dar. Maßgeblich ist im Übrigen der zivilrechtliche Vertrag des Leistungserbringers mit dem Pflegebedürftigen. Da auch die nachfolgenden Regelungen des sächsischen Rahmenvertrags, die sich auf ä 39 SGB XI beziehen, über die bereits gesetzlich geregelten Vorschriften hinausgehen und entbehrlich bzw. missverständlich sind, ist die Erwähnung unter dem Gesichtspunkt "Gegenstand des Vertrages" missverständlich und strukturell unrichtig.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

h) § 1, 3. Spiegelstrich wird gestrichen.

IV. Hilfsantrag zu § 2 Abs. 1 Satz 5 (§ 39 SGB XI Verhinderungspflege)

Siehe soeben § 1, 3. Spiegelstrich. Die nicht abgeschlossene Aufzählung ist entbehrlich bzw. hinsichtlich der Abgeschlossenheit (oder doch nicht?) missverständlich. Insbesondere ist nicht klar, was unter "notwendigen Hilfen" zu verstehen ist und ob mit der Einführung dieses Begriffs das Leistungsspektrum des § 39 SGB XI begrenzt werden soll.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

i) § 2 Abs. 1 Satz 5 wird gestrichen.

V. Hilfsantrag zu § 2 Abs. 4 (Erstbesuch)

Die Übernahme des Textes aus den MuG ist korrekt. Allerdings ist es als Aufgabe der Rahmenvertragspartner anzusehen, den Text nicht nur zu übernehmen, sondern die Rahmenbedingungen für eine Umsetzung in der Praxis zu schaffen. Dafür hat der bpa e.V. die entsprechende Ergänzung des LK 18 vorgeschlagen, was die Antragsteller bislang ignorieren. Einerseits die Verpflichtung aus den MuG in den Rahmenvertrag zu übertragen, ist untrennbar damit verknüpft, andererseits, gleichzeitig, eine qualitätssichernde Vergütung zu regeln. Die hiesigen Vorstellungen für eine differenzierte, wissenschaftlich untermauerte Vergütungsstruktur des LK 18, die flexibel hinsichtlich der individuell vereinbarten Punktwerte und Preise ist, wurden bislang von Seiten der Antragsteller nicht kommentiert. Als unselbständiger Teil der Rahmenbedingungen zum Erstbesuch wird § 2 Abs. 4 deshalb nicht akzeptiert.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

j) (1) LK 18 wird wie folgt formuliert:

LK 18 Erstbesuch Hausbesuch: Informationssammlung und Pflegeanamnese Niedriger Aufwand 1.900 Pkt. Mittlerer Aufwand 3.560 Pkt. Hoher Aufwand 5.200 Pkt. Pflegeplanung Niedriger Aufwand 600 Pkt. Mittlerer Aufwand 1.500 Pkt. Hoher Aufwand 2.400 Pkt. Folgebesuch Niedriger Aufwand 1.100 Pkt. Mittler Aufwand 2.460 Pkt. Hoher Aufwand 3.800 Pkt.

Höchst hilfsweise wird beantragt,

j) (2) § 2 Abs. 4 ersatzlos zu streichen.

VI. Hilfsantrag zu § 2 Abs. 5 "Hautpflege einschließlich regelmäßige Kontrolle des Hautzustandes"

Die Formulierung weicht insgesamt von der Bundesrahmenempfehlung ab, die nach dem Wort "Hautpflege" endet. Die Formulierung "regelmäßig" weicht zudem von der Frequenz der vereinbarten Leistung ab, sie umfasst deshalb sowohl eine Leistung der Prophylaxe, die rechtlich im SGB V anzusiedeln ist, als auch eine Haftungsverschiebung für eventuell entstehende Hauterkrankungen. Der Leistungsumfang wird damit intransparent bzw. unzumutbar zulasten der Leistungserbringer erweitert. Es könnten sich damit bei Bedarf umfassende Maßnahmen außerhalb des vereinbarten Leistungsumfangs begründen lassen, welche in der Vergütung aber keinen Niederschlag finden. Diese Leistungen sind nicht Bestandteil der Verrichtungen nach dem SGB XI und somit nicht vereinbarungsfähig. Die Leistungsträger verschieben SGB V-Leistungen gerne in den SGB XI-Bereich, weil sie so in der GKV erhebliche Kosten einsparen. So werden die Selbstzahler und die Sozialhilfeträger sach- und rechtswidrig belastet.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

k) In § 2 Abs. 5 werden die Worte "einschließlich regelmäßige Kontrolle des Hautzustandes" gestrichen.

VII. Hilfsantrag zu § 2 Abs. 5 (Definition der Zeitvergütung)

Hinsichtlich der Zeitvergütung verzichtet der bpa e.V. auf den im Protokoll der AG Rahmenvertrag vom 17.01.2014 (Anlage 8) erwähnten Ergänzungsvorschlag aufgrund der gesetzlichen Änderung des § 120 Abs. 3 SGB XI zum 01.01.2015 und der Abstimmung in der PSK vom 04.12.2014.

VIII. HiIfsantrag zu § 2 Abs. 5 letzter Absatz "Verhinderungspflege"

Siehe § 1, 3. Spiegelstrich. Hier wird beispielsweise der Begriff "im gewohnten Umfeld" eingebracht, der im Gesetzestext nicht zu finden ist. Ziel und Regelungsgehalt dieser Formulierung sind unklar und schränken möglicherweise den gesetzlichen Anspruch aus § 39 SGB XI unzulässig ein. Zudem ist das Ziel der nochmaligen, von § 2 Abs. 1 abweichenden Definition nicht nachvollziehbar. Die mehrfach im Rahmenvertrag verstreuten Definitionen zu § 39 SGB XI verletzen die Vertragsstruktur, die Vertragssystematik und die Regelungsklarheit. Sie sind darüber hinaus kein zulässiger Regelungsinhalt für den Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

l) § 2 Abs. 5 letzter Satz wird gestrichen.

IX. Hilfsantrag zu § 2 Abs. 6 "pflegerische Prophylaxen"

Zwar entfalten einzelne pflegerische Maßnahmen der vereinbarten Leistungskomplexe vorbeugende Wirkungen, wie zum Teil etwa Leistungen der Mobilität. Eine gezielte und regelhafte Prophylaxe als Vorbeugung von Erkrankungen ist dem System der Pflegeversicherung und dem Rahmen der Sachleistungen gemäß § 36 SGB XI jedoch nicht immanent. Es handelt sich gerade nicht um gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Die Unterscheidung der Regelungszusammenhänge muss insofern deutlich werden. Zu unterscheiden sind spezifische Prophylaxemaßnahmen zur Vermeidung des Eintritts oder der Verschlimmerung einer Erkrankung bei Risikopatienten, die von den Krankenkassen zu tragen sind, und vorbeugende Effekte zur Vermeidung von Sekundärerkrankungen, die natürliche Folge der in den Komplexen vereinbarten Leistungen sind, sofern diese im untrennbaren inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung der vereinbarten Leistungen stehen. Die Spitzenverbände auf Bundesebene haben sich in den Maßstäben und Grundsätzen insofern auf die Ansiedlung des Regelungsproblems beim Erstbesuch geeinigt, wie es nun im § 2 Abs. 4 geregelt wurde. Dies reicht, zusammen mit einer Regelung des LK 18 (siehe Forderung zu § 2 Abs. 4), abschließend aus. Eine von dieser Rechtslage abweichende Regelung im Rahmenvertrag schafft Rechtsunklarheit und ist hier nicht zulässig.

Die vorgelegte Formulierung erweckt den Anschein, dass Prophylaxen, wenn auch eingeschränkt, zusätzlich zu den erbrachten Leistungen zu erbringen sind:

"Alle pflegerischen Prophylaxen, die im unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Erbringung der Leistungen stehen, sind Bestandteil dieser Leistungserbringung in dem Umfang, wie sie zur Wirksamkeit der erbrachten Leistungen individuell erforderlich sind."

Damit wird der Aspekt der Einheitlichkeit der erbrachten Leistung mit dem dadurch erzielten vorbeugenden Effekt ausgeblendet. Bereits die Verwendung des Begriffs "Bestandteil" suggeriert, dass es sich um mehrere, abgrenzbare Einzelleistungen handelt. Dies ist, soweit man ausschließlich die Leistungen der Pflegeversicherung betrachtet. nicht der Fall. Auch die Formulierung "wie sie zur Wirksamkeit der erbrachten Leistungen individuell erforderlich sind" bedeutet, dass es einer willkürlichen Entscheidung unterliegen könnte, mehr oder weniger an Leistungen zu erbringen. Dies ist aber aufgrund der Einheitlichkeit im Rahmen der Pflegeversicherungsleistungen eben nicht möglich.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

m) § 2 Abs. 6 wird gestrichen.

X. Hilfsantrag § 2 Abs. 7 (Fahrtkosten)

Der bpa e.V. hat vorgeschlagen, hier den Inhalt ambulanter Pflegeleistungen gemäß Überschrift von sonstigen Nebenleistungen, insbesondere Fahrtkostenaufwendungen, abzugrenzen mit folgendem Wortlaut:

"Die Anfahrt zum Pflegebedürftigen in die Häuslichkeit (Einsatz) bzw. der Ortswechsel eines Mitarbeiters sind nicht Bestandteil der Pflegeleistung."

Bereits unter den Ausführungen zu den Leistungskomplexen haben wir deutlich gemacht, dass die Einführung einer Einsatzpauschale für die gesamte Vergütungsstruktur erforderlich ist. Eine Abgrenzung wird in der überwiegenden Anzahl aller Bundesländer vorgenommen. Sie ist in Sachsen nachzuholen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

n) Es wird ein § 2 Abs. 6 aufgenommen mit folgendem Wortlaut:

"Die Anfahrt zum Pflegebedürftigen in die Häuslichkeit (Einsatz) bzw. der Ortswechsel eines Mitarbeiters sind nicht Bestandteil der Pflegeleistung."

XI. Hilfsantrag zu § 3 Abs. 1 letzter Satz letzte Alternative ("lebenserhaltende Funktionen")

Die zwei Alternativen der notwendigen Maßnahmen, nämlich die Sicherung der Eigenständigkeit und das Aufrechterhalten lebenserhaltender Funktionen, betreffen verschiedene Pflegebereiche und sind hier missverständlich zusammengefasst. Zur ersten Alternative können Leistungen z.B. im Rahmen der aktivierenden Pflege zugeordnet werden. Die zweite Alternative, Aufrechterhalten lebenserhaltender Funktionen, impliziert, dass das Leben ohne die Maßnahme erlöschen könnte. Es handelt sich also um Intensiv- und Akutpflege, die nicht Gegenstand der Pflegeversicherungsleistung ist und deshalb anderen Organisationsstrukturen sowie leistungsrechtlichen Voraussetzungen unterliegt. Der durch die Formulierung gesetzte Anschein einer Überlappung dieser Leistungsspektren ist missverständlich und schafft lntransparenz.

Insoweit wird hilfsweise beantragt: o) In § 3 Abs. 1 wird der Halbsatz "oder lebenserhaltende Funktionen aufrechterhalten werden" gestrichen.

XII. Hilfsantrag zu § 6 Abs. 3 (Erstbesuch)

Der Absatz ist bei Einvernehmen über § 2 Abs. 4, die eine Einigung bezüglich der Anlage Leistungskomplexe voraussetzt, entbehrlich, da inhaltlich doppelt und systematisch verstreut.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

p) § 6 Abs. 3 wird gestrichen.

XIII. HiIfsantrag zu § 6 Abs. 4 (Zeitvergütung)

Wie bereits ausgeführt, sind Ausführungen zur Zeitvergütung seit der Gesetzesänderung am 01.01.2015 und der Abstimmung in der PSK vom 04.12.2014 insgesamt entbehrlich.

Über den erforderlichen Umfang einer Regelung zur Zeitvergütung wurde seit der Gesetzesänderung zum 01.01.2015 nicht verhandelt.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

q) § 6 Abs. 4 der Anlage 1 der Antragsteller wird gestrichen und die nachfolgende Nummerierung angepasst.

XIV. Hilfsantrag zu § 6 Abs. 5 "Entscheidungen"

Da nach Angaben der Pflegekassen mit "Entscheidungen" ausschließlich die Bewilligung der Pflegestufe gemeint sind, sollten diese auch so bezeichnet werden.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

r) In § 6 Abs. 5 werden die Worte "Entscheidungen der Pflegekassen" durch die Worte "Bewilligung der Pflegestufe durch die Pflegekassen" ersetzt.

XV. HiIfsantrag zu § 7 "Führungszeugnis und Nachweis sozialversicherungs- pflichtiger Beschäftigung"

Zwischenzeitlich hat sich der Sächsische Datenschutzbeauftragte mit Schreiben vorn 24.11.2014 (siehe Anlage bpa 11) der Rechtsauffassung des Bayerischen Datenschutzbeauftragten und des Bayrischen Sozialministeriums (siehe Anlage bpa 12) sowie des baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten (siehe Anlage bpa 13) angeschlossen, dass die Vorlage von Führungszeugnissen und Nachweisen zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht dem Regelungsbereich des Rahmenvertrags nach g 75 SGB XI unterliegen. Eine entsprechende Regelung, für die keine Ermächtigungsgrundlage besteht, wäre nichtig. Dass hier Körperschaften des öffentlichen Rechts solche eindeutigen Aussagen zur objektiven Rechtslage schlichtweg ignorieren, ist erschütternd. Hingewiesen wird ferner darauf, dass das Bundessozialgericht zu den MuG nach § 80a SGB XI a.F. entschieden hat, dass diese Anforderungen an die verantwortliche Pflegefachkraft nicht regeln dürfen (BSG, Urt. v. 24. September 2002 - B 3 P 14/01 R -, SozR 3-3300 § 72 Nr. 2, SozR 3-3300 § 71 Nr. 2). Das gilt für Regelungen in Rahmenverträgen nach § 75 Abs. 1 SGB XI erst recht. Zulassungsvoraussetzungen unterliegen gemäß Art. 12 Abs. 1 GG einem Gesetzesvorbehalt. Daher verbieten sich jegliche Regelungen zur Zulassungsvoraussetzungen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

s) In § 7 Abs. 2 werden die Spiegelstriche 2 (polizeiliches Führungszeugnis) und Spiegelstrich 4 (Sozialversicherungspflicht) gestrichen.

XVI. Hilfsantrag zu § 10 betreuende Dienste

Rahmenvertraglichen Regelungen unterliegen auch nicht die Kooperation von Pflegediensten mit Betreuungsdiensten, für die der Rahmenvertrag gerade nicht gilt. Deshalb sollte grundsätzlich an der Formulierung aus dem Rahmenvertrag 1995 "andere Einrichtungen" festgehalten werden. Soweit jedoch eine Präzisierung erfolgt, ist die Ergänzung "und betreuenden Diensten" zu streichen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

t) In § 10 Abs. 1 Satz 3 sind die Worte "hauswirtschaftlichen und betreuenden Diensten" durch die Worte " und hauswirtschaftlichen Diensten" zu ersetzen.

XVII. Hilfsantrag zu § 11 Abs. 2 "Leistungserbringung nicht durchführbar"

Da unstreitig spontane Abweichungen vom Pflegevertrag in der Regelung zwar erfasst, aber nicht gemeint sind (beispielsweise überraschend nicht angetroffener Kunde), der Anwendungsbereich im Übrigen aber im Unklaren liegt, ist nicht nachvollziehbar, warum an der Regelung festgehalten wird. Sie geht ins Leere und hat keinen Anwendungsbereich. Eine Streichung unterstreicht die Ernsthaftigkeit, den gesamten Vertrag für die Praxis auch anwendbar zu gestalten.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

u) § 11 Abs. 2 wird gestrichen.

XVIII. Hilfsantrag zu § 13 Abs. 1 (Dokumentation der Pflege)

Aufgrund des laufenden Projekts des Patientenbeauftragten und Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung Staatssekretär Karl-Josef Laumann "Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation in der ambulanten und stationären Pflege", welches erst nach der Verhandlung vom 18.03.2014 initiiert wurde, muss die Struktur der Pflegedokumentation den zukünftigen Grundlagen angepasst werden. Die Präzisierung sollte zukünftig dem bundesweiten Projekt vorbehalten bleiben. Hierzu ist auch bereits im Juli 2014 durch die Selbstverwaltung auf Bundesebene ein Beschluss gefasst worden, wonach die Pflegedokumentation nach dem so genannten Strukturmodell den Anforderungen des SGB XI genügt. Regelungen zur Dokumentation sind auf Bundesebene zu vereinbaren (§ 113 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB XI). Eine Kompetenz nach § 75 Abs. 1 SGB XI besteht insoweit nicht.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

v) § 13 Abs. 1 wird gestrichen.

XIX. Hilfsantrag zu § 13 Abs. 2 (Orientierungshilfe)

Über die Ausführungen zu § 13 Abs. 1 hinaus ist auch ein Verweis auf ein Gremium, welches nicht den Vertragspartnern unterstellt ist, nicht akzeptabel. Dadurch verlieren die Vertragspartner durch Gesetz zugewiesene Gestaltungsrechte, insbesondere soweit es sich um einen dynamischen Verweis handelt. Insofern ist der Absatz zu streichen. Vor allem aber können die Rahmenvertragsparteien Anforderungen an die Pflegedokumentation nicht wirksam vereinbaren.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

w) § 13 Abs. 2 wird gestrichen.

XX. Hilfsantrag zu § 14 Abs. 1 "Ergänzungen zur Zeitvergütung"

Wie bereits ausgeführt, sind Ausführungen zur Zeitvergütung seit der Gesetzesänderung zum 01.01.2015 und der Abstimmung in der PSK vorn 04.12.2014 insgesamt entbehrlich.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

x) § 14 Abs. 1 Satz 2 wird gestrichen, nämlich "Im Fall der Leistungserbringung nach Zeit sind - Datum, - Uhrzeit des Leistungsbeginns und der Leistungsdauer je Einsatz anzugeben."

XXI. § 15 Abs. 2 Satz 1 "Leistungsnachweis im Original"

Es entspricht zwar der Praxis in Sachsen, dass der Datenträgeraustausch von den einzelnen Pflegekassen unterschiedlichen Fortschritten unterliegt. Deshalb können einige rückständige Pflegekassen auf die papierförmige Einreichung der Abrechnungsunterlagen nicht verzichten. Der Rahmenvertrag ist dennoch der Ort, an dem die wesentlichen Ziele für den Datenträgeraustausch, der auch bereits mit einer Vielzahl von Pflegekassen und Pflegediensten in Sachsen praktiziert wird, festgelegt werden müssen. Hier sind die Verkürzung des Zahlungsziels und die Vermeidung einer Verfahrensverdoppelung, also die ausschließliche elektronische Übermittlung von Daten zu nennen.

Die Entbürokratisierung war von Anfang an das Ziel des Gesetzgebers, das hier auch festgehalten werden muss. Gerade das Gegenteil wird jedoch geregelt, soweit an der Übersendung von "Originalen" unnötigerweise festgehalten wird. Es wird geradezu provoziert, dass bilaterale Vereinbarungen ausdrücklich von der Rahmenvereinbarung abweichen müssen, wenn sie die Einführung des Datenträgeraustausches bei der jeweiligen Pflegekasse regeln. Diese unnötige Festlegung, Perpetuierung der Bürokratie und Einschränkung der Vertragsfreiheit ist deshalb zu streichen.

Überdies ist mit dem Beginn der Zahlungsfrist ab Dateneingang zu rechnen. Trotz der Einführung des DTA bei einigen Pflegekassen wird auch dort die Zahlungsfrist ab dem Eingang der Papierabrechnung gemäß § 16 Abs. 2 gerechnet, der auf die Vollständigkeit der Abrechnungsunterlagen verweist. Der Verweis auf den Leistungsnachweis im Original unterstreicht diese Auslegung und ist bei Abrechnung des DTA nicht nachvollziehbar.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

y) In § 15 Abs. 2 sind die Worte "im Original" zu streichen.

XXII. Hilfsantrag zu § 16 Abs. 2 Satz 2 "Zahlungsfrist"

Es ist gerade Sinn der Einführung des Datenträgeraustausches, beidseitig die Abrechnungsvorgänge zu beschleunigen. Zumindest für den Fall der Einführung des Datenträgeraustausches ist eine Zahlungsfrist von 14 Tagen ab Dateneingang angemessen. Insoweit wird hier auf den Bezug zu den Ausführungen zu 5 15 Abs. 2 "Leistungsnachweis im Original" hingewiesen. Die Verkürzung des Zahlungszieles entspricht auch der Protokollnotiz zur "Einvernehmlichen Festlegung über Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen sowie Einzelheiten des Datenträgeraustausches gemäß § 105 Abs. 2 SGB XI" vom 28.02.2002 zu § 7 Ziffer 3.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

z) In § 16 Abs. 2 wird das Zahlungsziel von 28 Tagen auf 14 Tage verkürzt.

XXIII. Hilfsantrag zu § 16 Abs. 2 Satz 4 "Ausschlussfrist 12 Monate"

Die Erfahrung zeigt, dass eine Regelung entbehrlich ist. Immerhin wurde die Leistung ordnungsgemäß erbracht und entsprechende Kosten sind entstanden. Für die Pflegekassen ist kein unzumutbar hoher Mehraufwand mit dem Begleichen von älteren Rechnungen verbunden, zumal der Zinsvorteil gegebenenfalls beim Schuldner verbleibt. Überdies gelten die zivilrechtlichen Verjährungsfristen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

a1) § 16 Abs. 2 Satz 4 wird gestrichen.

XXIV. Hilfsantrag zu § 16 Abs. 5 "Zustimmung zum Verkauf von Forderungen"

Factoring ist im Geschäftsleben zwischenzeitlich üblich, Vorbehalte dagegen nicht gerechtfertigt, insbesondere auch wegen neuer Bestimmungen des Finanzmarktes (z.B. Sicherung nach Basel II). Deshalb ist ein willkürliches Recht der Kostenträger, die Zustimmung zu verweigern, unangemessen und wurde nach deren Aussage dazu in den Verhandlungen auch bisher nicht verwendet. Dies hat der Gesetzgeber erkannt und in § 302 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 SGB V, auf die in § 105 Abs. 2 Satz 2 SGB XI ausdrücklich verwiesen wird, Rechenzentren ausdrücklich erwähnt. Die Darstellung in § 16 Abs. 5, als ob es sich in Satz 2 um eine Ausnahme von der Regel des Zustimmungserfordernisses handeln würde ist missverständlich. Tatsächlich ist die Regelung des Satzes 1 gänzlich entbehrlich, da sie noch niemals angewendet wurde und eine Fallgestaltung der unzweifelhaft erforderlichen Anwendung nicht vorstellbar ist.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

b1) § 16 Abs. 5 wird gestrichen.

XXV. Hilfsantrag zu § 19 Abs. 3 Satz 2 "Präzisierung der MuG"

Die MuG regeln den Personaleinsatz interessengerecht und stellen ihn in die Verantwortlichkeit der Leistungserbringer. Deshalb genügt zur Klarstellung Satz 1 des Absatzes. Durch die angefügte Erweiterung ab Satz 2 entsteht der Eindruck, dass die Kostenträger den dargelegten (betriebsinternen) Maßstab gar überprüfen dürften. Deshalb ist die gesamte Ergänzung ab Satz 2 zu streichen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

c1) § 19 Abs. 3 wird nach Satz 1 gestrichen.

XXVI. Hilfsantrag zu § 20 "Fortbildungsverpflichtung"

Die Formulierung entspricht überwiegend den neuen Maßstäben und Grundsätzen Ziffer 3.1.3 Satz 1. Die darüber hinausgehende Regelung, die sich auf "in der Betreuung tätige Mitarbeiter" bezieht, nicht. Die Betreuungsleistungen sind auch nicht in die Qualitätsprüfungsrichtlinien aufgenommen. Anforderungen können durch den Rahmenvertrag nicht geregelt werden, das hat ausschließlich auf Bundesebene zu erfolgen. Die Worte "und Betreuung" müssen gestrichen werden.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

d1) In § 20 Satz 1 werden die Worte "und Betreuung" gestrichen.

XXVII. Hilfsantrag zu § 23 "Auskünfte gegen Vergütung"

Kopier- bzw. Begutachtungskosten sind gemäß § 21 Abs. 3 letzter Satz SGB X in Verbindung mit dem JVEG zu erstatten. Für die Übernahme der Kosten durch die Leistungserbringer besteht keine Veranlassung, insbesondere soweit sie der Vereinfachung von Verfahrensabläufen auf Seiten der Kostenträger oder des MDK dienen. Deshalb ist klarzustellen, dass die Auskünfte ausschließlich vom Auskunftsbegehrenden zu vergüten sind.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

e1) In § 23 werden die Worte "Pflegebedürftigkeit anfordern durch die Worte "Pflegebedürftigkeit gegen Erstattung der Kosten anfordern."

XXVIII. Hilfsantrag zu § 26 Abs. 1 Satz 2 "vollständig"

Für den rechtsunerfahrenen Leistungserbringer sollte klargestellt werden, dass die "vollständige Auskunft ausschließlich "innerhalb des Rahmens des Prüfungsauftrags" erfolgen muss. Ansonsten ist der Auskunftsgeber stets vom willkürlich durch den Auskunftsnehmer zu definierendem Auskunftsumfang abhängig. Dies führt zu Missverständnissen in der Praxis.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

f1) In § 26 wird das Wort "vollständig" gestrichen.

XXIX. Hilfsanträge zu § 27 - 33 "Wirtschaftlichkeitsprüfung"

Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Vertragstext von der mühsam erzielten Einigung im stationären Rahmenvertrag abweichen soll. Die Grundbedingungen sind dieselben. § 30 des Vertragsentwurfs ambulant ist identisch mit § 28 Rahmenvertrag stationär. Die Zusatzbestimmungen sind überflüssig. Die Regelungen sind entsprechend des Rahmenvertrags vollstationär zu fassen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

g1) Die §§ 27, 28, 29, 31, 32 und 33 werden gestrichen.

XXX. Hilfsantrag zu § 36 "Bekanntmachung im Amtsblatt"

Soweit die Verkündung im Amtsblatt Rechtswirkungen entfaltet, ergeben sich diese aus dem Vorgang selbst. Soweit inhaltliche Regelungen zwischen den Vertragspartnern zu treffen sind, müsste diese systematisch in diesem Vertrag erfolgen, scheint aber offensichtlich entbehrlich. Deshalb ist die Verweisung zu streichen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

h1) § 36 wird gestrichen.

XXXI. Hilfsantrag zu § 39 "Unterlagen"

Da in der Praxis gerade über den Umfang der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gestritten wird, kommt es zur Rechtsklarheit auf die "Zweifelsfreiheit" der Verpflichtungen an. Ansonsten muss der Leistungserbringer nachweisen, nach welchen gesetzlichen und vertraglichen Vereinbarungen die Vorlagepflicht eingeschränkt ist. Zudem sind auch diese Auskünfte zu entgelten. Daher sind auch hier die Worte "gegen Erstattung der Kosten" aufzunehmen.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

i1) § 39 wird wie folgt gefasst: "Die zweifelsfrei zur Prüfung und Erfüllung der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Unterlagen stellt der Pflegedienst der Pflegekasse gegen Erstattung der Kosten zur Verfügung."

XXXII. Hilfsantrag zu § 40 und Protokollnotiz

Hinsichtlich § 40 und der Protokollnotiz wurde bereits darauf verwiesen, dass die Anlagen gemeinsam mit dem Rahmenvertrag und nicht zeitlich versetzt zu verhandeln sind.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

j1) § 41 wird gestrichen.

C. Stellungnahme zum Schriftsatz der Antragsteller vom 20. März 2015

Die ergänzend vorgelegten, aber noch immer unvollständigen Antragsanlagen und die ergänzende Begründung, warum die Antragsbegründung nicht erfolgt ist, helfen nicht darüber hinweg, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind.

I. Die Grundlagen für Rahmenvertragsverhandlungen sind noch nicht abschließend erarbeitet

Wie aus dem Verhandlungsverlauf unter A, ersichtlich ist, wurden weder in die Arbeitsgruppe noch in die Rahmenvertragsverhandlungen alle Dokumente eingebracht, auf welche der Rahmenvertragsentwurf verweist. Deshalb ist der Gegenstand des Schiedsverfahrens nicht vollständig verhandelt. Die fehlende Verhandlung kann auch durch eine Ergänzung des Schiedsantrag nicht geheilt werden. Insbesondere wird die Vollständigkeit des Schiedsantrags beziehungsweise die Darstellung des Gegenstands des Schiedsverfahrens auch nicht durch unübersichtliche Hyperlinks ins Internet verbessert, die jetzt von den Antragstellern hilfsweise angeboten werden. Dies kann schon deshalb nicht zureichen, weil es eine Garantie dafür, dass die Links bis zum Ende Vertragslaufzeit des Rahmenvertrags im Internet zu finden sind, nicht gibt, zumal bislang entsprechende Verweise im Rahmenvertrag auch nicht vorgesehen sind. Insbesondere der "exemplarische" Verweis auf Anlagen zu § 105 Abs. 2 SGB XI ist weder für die Beteiligten am Schiedsverfahren noch für die vom Rahmenvertrag Betroffenen nachvollziehbar. Im Übrigen genügen die Internetverweise auch nicht den Anforderungen einer ordentlichen Antragsschrift.

Somit ist die Anlage 1 keine Zusammenfassung des Verhandlungsergebnisses gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 2 der SächsSchiedsPflegeVersVO, wie es die Antragsteller darstellen, sondern Ausdruck der konsequenten Nichtbeachtung von abweichenden Verhandlungspositionen der Antragsgegner. Offensichtlich sollen inhaltliche Auseinandersetzungen auf der Verhandlungsebene vermieden werden, die auf dem Weg zu einer anzustrebenden Einigung gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 3 der SächsSchiedsPflegeVersVO Voraussetzung des Schiedsverfahrens sind.

Auch ist es der Schiedsstelle nicht zumutbar, dass sie den Sachstand der Verhandlungen beispielsweise aus den hilfsweise hinzugezogenen Anlagen 9 und 10 selbst ermittelt. Zu Recht verlangt die SächsSchiedsPflegeVersVO deshalb eine nachvollziehbare Darstellung des Gegenstands des Verfahrens im Antrag, nicht zuletzt aus Gründen der Verfahrenseffizienz.

Die Antragsteller mögen darlegen, was sie geregelt haben wollen oder geregelt zu haben glauben und in welchem Verhältnis dies zum Rahmenvertrag steht.

Damit wird auch deutlich, dass die Antragsschrift aufgrund der unvollständigen Beschreibung des Streitgegenstands für die Einleitung des konkreten Schiedsverfahrens zu ergänzen ist, unabhängig davon ob das Schiedsverfahren und die möglicherweise daran anschließenden Klageverfahren denselben Anforderungen an die Antragsklarheit unterliegen.

II. Fehlende Anlagen

In der Art der von den Antragstellern vorgelegten Anlage 11 gibt es verschiedene textliche Ausführungen. Auf ein Insistieren des Antragsgegners zu 1) hin wurde ehemals die beigefügte Fassung mit Präambel vorgelegt (siehe Anlage bpa 14). Festzustellen ist darüber hinaus jedoch, dass diese Fassungen jeweils als "Anlage zur Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI" und eben nicht als Anlage zum Rahmenvertrag bezeichnet und von den Pflegekassen seit Jahren in einer nicht abgestimmten, ergänzten Fassung verwendet werden (siehe Anlage bpa 15), die bislang nicht in das Schiedsverfahren eingebracht wurde. Die vorgelegte Leistungskomplexstruktur (Anlage 11) ist also weder aktuell, noch wurden die von Kostenträgerseite vorgenommenen, eigenständigen, nicht abgestimmten Fortentwicklungen berücksichtigt. Insoweit begrüßt der bpa e.V., dass nunmehr zumindest die Verhandlungsgrundlage verbindlich vorgelegt wurde. Bislang stand nämlich nicht einmal fest, über was im Anschluss an die Rahmenvertragsverhandlungen eigentlich verhandelt werden soll. Die Intransparenz der Verhandlungsführung ist ein ausreichendes Indiz dafür, dass die Antragsteller sich einer Verhandlung auch in Zukunft verweigern werden.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

k1) Absatz 1 der Protokollnotiz wird gestrichen.

III. Fehlende Verhandlungsbereitschaft

Soweit die Antragsteller in Ziffer 3a ihres Schriftsatzes vom 20. März zwischen der Unterzeichnung des Rahmenvertrags und der Vereinbarung des Rahmenvertrags differenzieren, ist dies nicht nachvollziehbar. Es ist wohl eine Selbstverständlichkeit, dass ein Vertrag erstens nicht teilweise unterzeichnet werden kann und zweitens nur dann unterzeichnet werden sollte, wenn der Unterzeichner mit dem Vertragstext einverstanden ist. Die Fokussierung darauf, ob eine "Unterzeichnung" erfolgt oder nicht, legt nahe, dass der Antragsgegner zu 1) eine wie auch immer geartete, eventuell "moralische" Verpflichtung zur Unterzeichnung habe, die er verweigere. Diese Darstellung lässt befürchten, dass sich die Antragsteller zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Position der Antragsgegner wiederum nicht verpflichtet sehen.

Als weiteres Indiz dafür, dass die Antragsteller sich einer Verhandlung zu entziehen versuchen, spricht, dass die Antragsteller zwar erklären die Leistungskomplexe "nicht in diesem Rahmen" verhandeln zu wollen. Sie deuten aber nicht ansatzweise an, in welchem Rahmen sie eine Verhandlung ermöglichen oder fördern wollen. Hiesiger Ansicht nach können Anlagen des Rahmenvertrags ausschließlich in schiedsstellenfähigen Rahmenvertragsverhandlungen verhandelt werden.

Insoweit wird hilfsweise beantragt:

l1) Absatz 1 und Absatz 2 der Protokollnotiz werden gestrichen.

IV. Fehlende rechtliche Bewertung

Auf die Anlagen 8 bis 10 verweist der Antragsteller ohne weitere Abbildung der Dissenspunkte. Der Hinweis, dass der Antragsgegner sie im weiteren Rahmenvertragsentwurf darstellen möge, zeigt, dass der Antragsteller sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Antragsgegnern auch über die Verhandlungen hinaus zu entziehen versucht. Es werden hier angebliche Abweichungen von Kompromisslösungen behauptet, ohne dass die angeblichen Kompromisse oder deren Rechtfertigung dargestellt werden.

Soweit, wie durch die Antragsteller erklärt, eine "rechtliche Bewertung im Einzelfall kaum möglich" oder eine "rechtliche Einschätzung kaum leistbar" ist, ist unverständlich, warum die vorliegende Neufassung des Rahmenvertrags aus dem Jahr 1995 aus Antragstellersicht überhaupt erfolgen soll, insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung der Pflege für die Pflegeversicherten. Die Antragsteller mögen also darlegen, warum oder welchem Interesse folgend der Rahmenvertrag aus dem Jahr 1995 denn überhaupt neu gefasst werden soll, soweit die Vorschläge des Antragsgegners

zu 1) nicht aufgegriffen werden. Der Antragsgegner zu 1) wird nachfolgend gerne seine Begründungen aus den Rahmenvertragsverhandlungen wiederholen, warum und an welchen Stellen er eine Neufassung bzw. anderslautenden Regelungsgehalt des Rahmenvertrags aus dem Jahr 1995 für erforderlich hält.

Bemerkenswert ist überdies, dass die Antragsteller auch im Dissens zu § 2 Abs. 6, der ausdrücklich wahrgenommen wird, weiterhin weder in der Antragsschrift noch in der jetzt vorgelegten Erwiderung eine rechtliche Bewertung vorgenommen haben.

Es ist festzuhalten, dass unter Ziffer 3 unter der Überschrift "Bewertung der nicht zu einigenden Punkte" kein einziger Punkt bewertet wird. Damit werden der Verhandlungsstand bzw. die Gründe für das Scheitern der Verhandlungen weiterhin nicht dargestellt und der Schiedsstelle keine Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung gestellt.

Wir gehen allerdings insgesamt davon aus, dass über die Hilfsanträge nicht entschieden werden muss, weil der Schiedsantrag als unzulässig zurückzuweisen ist."

Am 20. Mai 2015 fand eine Sitzung der Beklagten statt, im Rahmen derer Fragen der Zulässigkeit und Begründetheit des Schiedsstellenantrags erörtert und vom Vorsitzenden der Beklagten zu einzelnen Regelungen des Vertragsentwurfs Hinweise, Anregungen und Vorschläge eingebracht wurden. Abschließend wurde die Sache vertragt und ein neuer Sitzungstermin für den 29. September 2015 mitgeteilt.

Nachdem die Beigeladenen zu 1. bis 19. weitere (vom Kläger als fehlend gerügte) Unterlagen bei der Beklagten eingereicht hatten, fand am 29. September 2015 eine weitere Sitzung der Beklagten statt. Zunächst wurden die strittigen Regelungen des Antrages einschließlich einer aktuellen Tischvorlage der Beigeladenen zu 1. bis 19. erörtert und hierzu seitens der Beklagten Bedenken, Anregungen und Änderungsvorschläge formuliert. Nach einer ersten Zwischenberatung regte die Beklagte an, auf der Grundlage des Schiedsstellenantrags sowie der Antragserwiderungen des Klägers die Vertragsverhandlungen fortzusetzen und insbesondere die durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) in Aussicht genommenen Änderungen einzupflegen. Die Beigeladenen zu 10. bis 16. und 19. erwiderten hierauf, die Änderungen auf Grund des PSG II seien noch nicht rechtsverbindlich; im Übrigen würden die strittigen Punkte weiterhin strittig bleiben. Nach einer weiteren Zwischenberatung der Beklagten wurde die Sitzung fortgesetzt. Die Beigeladenen zu 1. bis 19. stellten ihre Anträge aus der Antragsschrift mit den Änderungen gemäß der Tischvorlage; der Kläger stellte die Anträge aus seinem Schriftsatz vom 11. Mai 2015 mit den in der Sitzung zu Protokoll gegebenen Änderungen.

Die Beklagte gab daraufhin durch Schiedsspruch vom 29. September 2015 (dem Kläger zugestellt am 29. Dezember 2015) dem Antrag der Antragsteller - d. i. der Beigeladenen zu 1. bis 19. - statt und setzte den RV zur ambulanten Pflege für den Freistaat Sachsen entsprechend fest. Der Antrag sei zulässig und vollumfänglich begründet. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der ursprüngliche RV wirksam gekündigt worden. Der hiergegen erhobene Einwand des Klägers sei angesichts der über mehrere Jahre durchgeführten Vertragsverhandlungen jedenfalls rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich. Ungeachtet dessen könnten nach der in § 75 SGB XI enthaltenen Regelungskonzeption auch laufende (ungekündigte) RV Gegenstand eines Schiedsstellenverfahrens sein. Ferner liege eine wirksame Aufforderung zur Aufnahme neuer Vertragsverhandlungen vor. Auch der hiergegen erhobene Einwand sei angesichts der durchgeführten Vertragsverhandlungen - insbesondere der ihm zuzurechnenden Erklärungen über die Aufnahme bzw. Fortsetzung von Verhandlungen - jedenfalls rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich. Der Antrag entspreche schließlich auch den formellen Anforderungen nach § 6 Abs. 1 SächsSchiedsPflegeVersVO. Zur Begründetheit des Antrags führte der Schiedsspruch unter II. aus:

"Der Antrag der Antragsteller ist auch vollumfänglich begründet.

Die Schiedsstelle hat dabei davon Abstand genommen, jede einzelne Beanstandung der Antragsgegner zu würdigen und zu begutachten. Die Schiedsstelle war insoweit mehrheitlich der Auffassung, dass der vorgelegte Antrag ein abgewogenes Ganzes darstelle, das nicht durch Veränderungen in einzelnen Punkten aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe."

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 21. Januar 2016 erhobenen Klage. Er sei weiterhin der Auffassung, dass für die Durchführung des Schiedsverfahrens und eine Entscheidung durch Schiedsspruch die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht gegeben gewesen seien. Das Schiedsverfahren sei zudem verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, was sich - bezogen auf die von ihm vorgebrachten umfassenden und zahlreichen rechtlichen und fachlichen Einwände - in einer rechtsfehlerhaften Entscheidung über den Antrag der Antragsteller en bloc, einer vollständig fehlenden Begründung und einem vollständigen Ermessensausfall niederschlage. Der Vorsitzende der Beklagten und die beiden neutralen Beisitzer hätten in den Verhandlungen vom 20. Mai 2015 und 29. September 2015 jeweils die Einwände des Klägers ernsthaft erwogen, qualifizierte Nachfragen gestellt und vielfach fachliche und rechtliche Bedenken geäußert. Bereits deshalb sei der angefochtene Schiedsspruch aufzuheben und habe die Beklagte erneut zu verhandeln und zu entscheiden. Hinzu komme, dass ihm die von den Antragstellern mit Schriftsatz vom 18. September 2015 der Beklagten per E-Mail übersandten Unterlagen erst am Tag vor der Sitzung am 29. September 2015 - und damit nicht rechtzeitig i. S. v. § 3 Abs. 1 GeschOSächsSchiedsPflege - übermittelt worden seien.

Der Kläger beantragt,

den Schiedsspruch der Beklagten vom 29. September 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Vorsitzende der Beklagten erwidert, als Vertreter der Beklagten bilde er deren Willen und könnte daher dem Grunde nach den Klageantrag mit Wirkung für die Beklagte anerkennen. Damit setzte er sich jedoch in Widerspruch zur Entscheidung der Beklagten. Die Mehrheit der Mitglieder der Beklagten habe sich für die angefochtene Entscheidung ausgesprochen, so dass Klageabweisung beantragt werde. den Gründen der angefochtenen Entscheidung könne nichts hinzugefügt werden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig; sie ist auch begründet, denn der Kläger ist durch den Schiedsspruch vom 23.09.2015 in rechtswidriger Weise beschwert. Die Klage ist zulässig:

Das erkennende Gericht entscheidet nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 76 SGB XI.

Richtige Klageart ist - wie vom Kläger erhoben - lediglich eine Anfechtungsklage. Klagt ein an der Normsetzung Beteiligter nach § 75 SGB XI gegen einen Schiedsspruch nach § 76 SGB XI, ist allein die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und 2 SGG), nicht aber eine hiermit verknüpfte Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 SGG) statthaft. Denn der Schiedsspruch nach § 76 SGB XI hat rechtlich eine Doppelnatur. Er wirkt, soweit er einen Rahmenvertrag ersetzt, wie ein Normenvertrag nach § 75 SGB XI. Gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nach § 75 SGB XI handelt es sich wegen seiner Funktion als Interessenausgleich ferner um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt, den die Schiedsstelle als Behörde i. S. d. § 31 SGB X erlassen hat. Sind die Beteiligten mit dem Schiedsspruch nicht einverstanden, steht ihnen (lediglich) die Anfechtungsklage offen. Hat die Anfechtungsklage Erfolg, ist nach Aufhebung des Schiedsspruchs das Schiedsverfahren wiedereröffnet, so dass es einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Schiedsstelle im Rahmen einer Verpflichtungs-(oder)Bescheidungsklage auch in der Sache nicht bedarf. Eine Bindung der Schiedsstelle an die Begründung des Anfechtungsausspruchs des Gerichts wird mittelbar dadurch bewirkt, dass die Schiedsstelle ihre Rechte nur von den Beteiligten des gerichtlichen Verfahrens ableitet, die wiederum an den Urteilsausspruch gebunden sind. Eine Verpflichtungs-(oder)Bescheidungs- oder Leistungsklage ginge "ins Leere" und wäre deshalb unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 1 KR 27/11 R - juris Rn. 13; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. September 2015 - L 15 SO 307/14 KL - juris Rn. 29). Ein Verpflichtungsbegehren entspricht auch erkennbar nicht dem vom Kläger mit der Klage verfolgten Rechtsschutzziel. Angesichts der eingehenden Ausführungen des Klägers im Schiedsstellen- und gerichtlichen Klageverfahren und der ausdrücklichen Antragstellung im Klagebegründungsschriftsatz vom 12.04.2016 ist die Klage vorrangig auf die (vollständige) Aufhebung des angefochtenen Schiedsspruchs gerichtet (und lediglich hilfsweise darauf, die Beklagte zu zwingen, über die im Einzelnen aufgeführten Regelungen [siehe Hilfsanträge ab Seite 27 des genannten Schriftsatzes] unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts mit einem bestimmten Regelungsinhalt oder mit die möglichen Regelungsinhalte begrenzenden gerichtlichen Vorgaben erneut zu entscheiden. So hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung ausschließlich die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt, sämtliche Hilfsanträge sind nicht mehr gestellt worden.

Richtiger Klagegegner ist die nach § 70 Nr. 4 SGG beteiligtenfähige Schiedsstelle (Sächsisches LSG, Urteil vom 2. September 2009 - L 1 P 1/07 - juris Rn. 28; vgl. schon zur vorherigen Fassung des § 70 SGG: BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 3 P 19/00 R - juris Rn. 16).

Die Klage ist auch begründet. In materieller Hinsicht hält der angefochtene Schiedsspruch der gerichtlichen Prüfung nach § 75 SGB XI nicht stand.

Die Schiedsstellen der sozialen Pflegeversicherung (§ 76 SGB XI) handeln als Kollegialorgane und ihre Schiedssprüche befassen sich mit der Ausfüllung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen, die als Verwaltungsakte vom Begründungszwang des § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfasst werden. Das Begründungserfordernis folgt vorliegend aus § 8 Abs. 4 Satz 1 Sächsische Schiedsstellenpflegeversicherungsverordnung (SächsSchiedsPflegeVersVO) (Sächs. GVBl. 2009 s. 559), der Umfang der Begründungspflicht ergibt sich aus § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Schiedsämter haben die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die sie zu ihren Entscheidungen bewogen haben; das Nachholen einer Begründung wird ebenso wie das Nachschieben von Gründen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung müssen die Gründe für das Entscheidungsergebnis (den Beurteilungsspielraum, die Abwägungsentscheidung) wenigstens andeutungsweise erkennbar sein. Dies setzt voraus, dass tragfähige Tatsachenfeststellungen getroffen werden, auf deren Grundlage die Abwägung vorgenommen wurde. Andernfalls wäre eine den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) entsprechende gerichtliche Überprüfung, ob die Schiedsstelle ihren Gestaltungs-/Beurteilungsspielraum eingehalten hat, nicht möglich. Finden von den Beteiligten vorgetragene Gesichtspunkte keine Ausführungen in dem angefochtenen Schiedsspruch, ist nicht erkennbar, dass sie tatsächlich in die Beurteilung eingeflossen sind (BSG, Urteil vom 10.05.2017 - B 6 KA 5/16 R - juris Rn. 31; Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 6/14 R - juris Rn. 60; Urteil vom 16.07.2013 - B 6 KA 29/02 R - juris Rn. 21; Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 4/09 R - juris Rn. 21; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P3/08 R. - juris Rn. 21; Urteil vom 29.11.2006 - B 6 KA 4/06 R - juris Rn. 18; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.09.2015 - L 15 SO 307/14 KL – juris Rn. 33; Düring/Schnapp in: Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens [Hdb. SSV], 2016, Rn. 219; Quaas in Hdb. SSV Rn. 615).

Der Schiedsstelle in der Pflegeversicherung steht dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüft werden kann, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt, der gesetzlich vorgegebene Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist. Dies setzt voraus, dass die gefundene Abwägung auch hinreichend begründet worden ist. Die Anforderungen hieran dürfen im Hinblick auf Stellung und Funktion der Schiedsstelle jedoch nicht überspannt werden. Die Schiedsstelle unterhält - jedenfalls im Wesentlichen - keinen eigenen Verwaltungsunterbau und ist deshalb in besonderer Weise auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Es ist deshalb in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Schiedsstellenbegründung auf die in diesem Rahmen vorgebrachten Angaben der Beteiligten oder von ihren Mitgliedern selbst eingeführte Hinweise bezieht. Dies kann auch in knapper Form erfolgen, soweit dies für die Beteiligten verständlich ist. Es besteht hier eine Parallele zu denjenigen Gebieten des Verwaltungsrechts, auf denen der Verwaltung ein Beurteilungsspielraum, eine Einschätzungsprärogative bzw. ein Prognoseermessen eingeräumt wird (BSG, Urteil vom 10. Mai 2017 - B 6 KA 14/16 R - juris Rn. 52; Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 P 3/08 R - juris Rn. 69; Udsching in: Hdb. SSV Rn. 925/926, 982).

Der Anspruch des Klägers auf eine (ausreichend) begründete bzw. ermessensfehlerfreie Entscheidung (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG) ist vorliegend - auch unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Schiedsstelle - verletzt, der Schiedsspruch damit rechtswidrig und aufzuheben.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Schiedsspruchs ist § 75 i. V. m. § 76 SGB XI. § 75 Abs. 2 und 3 SGB XI (in der hier maßgeblichen, bis 07.12.2015 geltenden Fassung) lautet(e):

"(2) Die Verträge regeln insbesondere:

1. den Inhalt der Pflegeleistungen sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen, 2. die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte, 3. Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, 4. die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege, 5. Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim, 6. den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, 7. die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, 8. die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten, 9. die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können. Durch die Regelung der sächlichen Ausstattung in Satz 1 Nr. 3 werden Ansprüche der Pflegeheimbewohner nach § 33 des Fünften Buches auf Versorgung mit Hilfsmitteln weder aufgehoben noch eingeschränkt.

(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder

1. landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder 2. landesweite Personalrichtwerte

zu vereinbaren. Dabei ist jeweils der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Bei der Vereinbarung der Verfahren nach Satz 1 Nr. 1 sind auch in Deutschland erprobte und bewährte internationale Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Personalrichtwerte nach Satz 1 Nr. 2 können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens

1. das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegestufen (Personalanhaltszahlen), sowie 2. im Bereich der Pflege, der sozialen Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.

Die Heimpersonalverordnung bleibt in allen Fällen unberührt."

Diese Vorgaben gelten für die vertraglichen Vereinbarungen ebenso wie für den Schiedsspruch, der sie ersetzt; ihnen wird der angefochtene Schiedsspruch nicht gerecht. Der Aufhebung unterliegt der Schiedsspruch bereits aus dem Grunde, dass es an einer Begründung fehlt, die von den Beteiligten und den Gerichten auf Nachvollziehbarkeit unter Beachtung der allgemeinen Beweisgrundsätze einschließlich der Denkgesetze überprüft werden kann. Die Ausführungen im Schiedsspruch zur Begründetheit des Schiedsantrages lauten wie folgt:

"Der Antrag der Antragsteller ist auch vollumfänglich begründet.

Die Schiedsstelle hat dabei davon Abstand genommen, jede einzelne Beanstandung der Antragsgegner zu würdigen und zu begutachten. Die Schiedsstelle war insoweit mehrheitlich der Auffassung, dass der vorgelegte Antrag ein abgewogenes Ganzes darstelle, das nicht durch Veränderungen in einzelnen Punkten aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe."

Dies reicht nicht aus. Es wird nicht ansatzweise dargelegt, welche an den Vorgaben aus § 75 Abs. 2 und 3 SGB XI orientierten Sachgründe und Tatsachen die Beklagte im Rahmen der erforderlichen Abwägung bewogen haben, den Antrag der Antragsteller en bloc zu genehmigen und nicht - angesichts der sehr zahlreichen Einwendungen des Klägers - im Einzelnen zu überprüfen, oder gar en bloc abzulehnen. Zwar sind, wie bereits dargelegt, keine übertriebenen Anforderungen an die Begründung eines Schiedsspruchs zu stellen. Die danach deutlich reduzierte Begründungsdichte ist mit den Vorgaben des § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X jedoch nur dann in Einklang zu bringen, wenn die Behörde die "wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe" zumindest andeutet. Denn insoweit ist auf die Funktion der Schiedsstelle abzustellen, die selbst keine eigenen Interessen verfolgt, sondern die gehalten ist, die üblicherweise gütliche Einigung der Beteiligten zu ersetzen. Sie muss deshalb unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen die Interessen der Beteiligten gegeneinander abwägen, eine mögliche Kompromisslösung erarbeiten und letztendlich von ihrem Beurteilungsspielraum Gebrauch machen. An dieser Vorgabe orientiert sich der Umfang der zu fordernden Begründung. Ausführungen zu unstrittigen Punkten sind daher nicht zu verlangen. Sind sich die Beteiligten jedoch - wie vorliegend – in mehreren Positionen uneinig und begründen sie ihren Standpunkt mit mehr oder minder nachvollziehbaren Argumenten, so obliegt es der Schiedsstelle darzulegen, was für ihre Entscheidung maßgeblich war. Ein "summarisches Abhandeln" von sehr zahlreichen Streitpunkten, wie es die Beklagte hier vorgenommen hat, ist offenkundig etwas anderes als die Angabe der "wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe" und auch weniger als deren Andeutung (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Juni 2017 - L 11 KA 50/16 KL - juris Rn. 59; VG Stuttgart, Urteil vom 18. November 2004 - 4 K 4307/03 - KRS [Krankenhaus-Rechtsprechung] 04.039 S. 9).

Schiedssprüche befassen sich, wie bereits eingangs dargelegt, mit der Ausfüllung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen, und werden daher als Verwaltungsakte vom Begründungszwang des § 35 SGB X erfasst. Ein Schiedsspruch ohne bzw. ohne ansatzweise ausreichende Begründung ist rechtswidrig. Eine Nachholung der Begründung im gerichtlichen Verfahren (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 SGB X) ist nicht möglich. Ein Begründungs-, Ermessens-, Beurteilungs- bzw. Abwägungsausfall ist nicht heilbar; eine Hinweispflicht des Gerichts bzgl. vorhandener Begründungsmängel besteht nicht. Begründungsfehler führen deshalb stets zur Aufhebung, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Formfehler i. S. v. § 42 Satz 1 SGB X auch die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 3 P 19/00 R - juris Rn. 34; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Juni 2017 - L 11 KA 50/16 KL - juris Rn. 82/83; Udsching a. a. O. Rn. 962/963; Gottlieb in: Hdb. SSV Rn. 1073).

Dieser Mangel ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X unschädlich. Danach bedarf ein Verwaltungsakt keiner (weitergehenden) Begründung, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist. Zwar waren den Beteiligten die strittigen Standpunkte der jeweiligen Gegenseite bekannt. Auch sind in den Verhandlungen vor der Schiedsstelle Hinweise der Schiedsstellenmitglieder zu einzelnen Punkten gegeben worden. Dies hat jedoch keine Bedeutung, weil die Schiedsstellenentscheidung die Entscheidung eines paritätisch besetzten mehrköpfigen Gremiums und somit regelmäßig - was sich vorliegend nicht zuletzt den Sitzungsprotokollen ergibt - das Ergebnis kontroverser Diskussion und Entscheidungsfindung ist. Die für die Entscheidung schließlich maßgeblichen Gründe lassen sich deshalb nur aus einer entsprechenden Begründung entnehmen (ebenso VG. Stuttgart a. a. O.).

Daher war der Klage wegen dieses formalen Gesichtspunkts in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 160 Abs. 2 SGG. Die Festsetzung des Streitwerts hat der Senat aufgrund von § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) vorgenommen, da keine greifbaren Anhaltspunkte für einen anderen Wert ersichtlich sind (vgl. auch BSG, Urteil vom 29. Januar 2009 - B 3 P 8/07 R - juris Rn. 30).
Rechtskraft
Aus
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