Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 4118/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 769/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Februar 2018 aufgehoben und der Antrag abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung einer stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung zur Lungenvolumenreduktion durch Implantation sog. Coils.
Der bei der Antragsgegnerin versicherte Antragsteller leidet an einem panlobulären heterogenen unterlappenbetonten Emphysem bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung im Schweregrad IV nach GOLD, Risikogruppe D. Am 13. Juni 2017 erfolgte als Sachleistung zulasten der Antragsgegnerin eine Lungenvolumenreduktion mittels Coilimplantation in den rechten Unter- und Mittellappen.
Am 4. Oktober 2017 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin telefonisch die Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung zur linksseitigen Lungenvolumenreduktion mittels Coils und legte in der Folge ein Informationsschreiben von Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin des Krankenhauses vom R. K., B. C., vom 25. September 2017 vor, wonach die Antragsgegnerin mitgeteilt habe, die interventionelle Lungenvolumenreduktion mittels Coils nicht mehr zu vergüten.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2017 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils links ab. Bei der begehrten Behandlung handle es sich um eine nicht zugelassene neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entspreche. Auch eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf könne für die begehrte Behandlung durch Studien aktuell nicht belegt werden (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 [L 5 KR 1101/16 – juris]).
Hiergegen erhob der Antragsteller am 20. Dezember 2017 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und beantragte gleichzeitig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung legte er eine Checkliste für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils vom 12. Juni 2017 und eine Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), des Bundesverbandes der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner und des Verbandes Pneumologischer Kliniken e.V (VPK) zum Vorbericht (vorläufige Nutzenbewertung) des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vor.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und wies ergänzend darauf hin, dass keinerlei medizinische Unterlagen oder Aussagen über die zwingende Notwendigkeit der Coilimplantation im zweiten Lungenlappen bei bereits erfolgter Implantation in den ersten vorlägen. Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils stelle eine experimentelle, dem Qualitätsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entsprechende Behandlungsmethode dar; die Patientensicherheit sei gefährdet.
Das SG vernahm Prof. Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 9. Februar 2018 aus, funktionell sei die Erkrankung durch eine massive Lungenüberblähung mit einem Residualvolumen von über 350% vom Soll und einer extremen expiratorischen Atemwegsobstruktion charakterisiert. Der Antragsteller habe bei körperlicher Ruhe eine hypoxische respiratorische Insuffizienz, weshalb eine Langzeitsauerstoffatmungstherapie über 24 Stunden am Tag erfolge. Tabakentwöhnung, inhalative bronchodilatatorische Therapie und eine stationäre Rehabilitationsbehandlung hätten nicht zu einer Kontrolle der Atemsymptomatik geführt. Bei einem unterlappenbetonten Lungenemphysem werde eine chirurgische Lungenvolumenreduktion nicht empfohlen. Eine Lungenvolumenreduktion mittels Einlage von Ventilen komme beim Antragsteller wegen der Inkomplettheit der Fissuren nicht in Betracht. Als Behandlungsmethode stehe nur noch die Lungenvolumenreduktion mittels Coils zur Verfügung. Diese sei nach den vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen grundsätzlich eine zweiseitig durchzuführende Behandlung. Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils werde in der Situation eines heterogenen unterlappenbetonten Lungenemphysems mit inkompletten Fissuren beidseits nach Ausschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten sowie funktioneller Einschränkung als wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode empfohlen in der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD), herausgegeben von der DGP, der Deutschen Atemwegsliga e.V. unter Beteiligung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (im Folgenden S2k-Leitlinie) und den Internationalen Leitlinien zur Therapie der COPD-Erkrankung (GOLD-Bericht der Jahre 2017 und 2018: Evidenzniveau B). Das IQWiG habe in seinem im Rahmen des beim Gemeinsamen Bundesausschuss anhängigen Verfahrens zur Methodenbewertung erstellten Abschlussbericht vom 7. Februar 2017 insbesondere bei Patienten mit einem Residualvolumen größer als 225% vom Soll wie beim Antragsteller der Methode der Coilimplantation ein höheres Potential für Nutzen als Risiken für Schäden zugewiesen. Die große Mehrheit der einschlägigen pneumologischen Fachleute in Deutschland sehe für die Befundkonstellation wie beim Antragsteller einen Nutzen für die Anwendung der Methode (Verweis auf oben genannte Gemeinsame Stellungnahme). Bei der COPD-Erkrankung des Schweregrades wie beim Antragsteller handle es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung. Auf Basis der Leitlinienempfehlung biete die Lungenvolumenreduktion mittels Coils weit mehr als das für die Leistungserbringung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erforderliche Potential einer Behandlungsalternative.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2018 verpflichtete das SG die Antragsgegnerin, dem Antragsteller vorläufig die Implantation von RePneu-Coils in den linken Unterlappen als Krankenhausbehandlung zu gewähren. Der Anspruch ergebe sich aus §§ 27, 39 i.V.m. § 137c Abs. 3 SGB V. Gestützt auf die Ausführungen von Prof. Dr. H. biete die Lungenvolumenreduktion mittels Coils als neue Behandlungsmethode das hiernach notwendige Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative. Ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst, sie sei also medizinisch indiziert und notwendig. Vorliegend werde lediglich eine bereits begonnene bronchoskopische Lungenvolumenreduktionsbehandlung zu Ende geführt. Aufgrund der Schwere der beim Antragsteller vorliegenden COPD sei keine andere Entscheidung möglich.
Gegen diesen ihr am 23. Februar 2018 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 27. Februar 2018 Beschwerde beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 2017 (B 1 KR 17/17 R – juris) verwiesen. Danach handle es sich bei der Lungenvolumenreduktion mittels Coils um eine experimentelle Behandlungsmethode außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies gelte unter Berücksichtigung der aktuellen Studienlage auch weiterhin. Diese habe u.a. Belege für Schaden der Methode im Sinne schwerwiegender unerwünschter Wirkungen ergeben. Diese bestünden in Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonien und Pneumothoraces sowie COPD-Exazerbationen. Auch beim Antragsteller sei es nach der Coilimplantation rechts zu Komplikationen gekommen (Lobärpneumonie, mehrere Exazerbationen der COPD mit stationären Behandlungen und einmalige stationäre Krankenhausbehandlung wegen akuter Infektion). Zudem seien bei der ersten Coilimplantation die Vorgaben des Herstellers nicht berücksichtigt worden und keine ausreichende Aufklärung des Antragstellers erfolgt. Die S2k-Leitlinie sei keine evidenzabsierte Empfehlung für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils. Der GOLD-Bericht verweise auf wesentliche Limitierungen der zugrundliegenden Studien. Insgesamt werde in den Studien, dem IQWiG-Abschlussbericht, dem GOLD-Bericht und auch der S2k-Leitlinie auf die unzureichende Datenlage oder die Notwendigkeit weiterer Studien verwiesen. Die Wirksamkeit von erzielten Verbesserungen durch die Coilimplantation über zwölf Monate hinaus sei nicht belegt. Aus den vorliegenden Unterlagen lasse sich die Ausschöpfung nicht medikamentöser konservativer Behandlungsmethoden nicht entnehmen. Gleiches gelte für ein Krankheitsstadium, das eine notstandsähnliche Situation darstelle, so dass auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V nicht vorlägen. Coils könnten auch nicht vorläufig in die Lunge eingesetzt werden. Die Antragsgegnerin hat insbesondere ein Gutachten von Dr. St., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 19. März 2018, ein Aktualisierungsgutachten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Stand Dezember 2016 (im Folgenden MDS-Gutachten ZE2017-136) zu den Studien RENEW-Studie von Sciurba et al. und REVOLENS von Deslee et al., beide 2016), die S2k-Leitlinie, verabschiedet am 24. Januar 2018, mit zugehörigem Leitlinienreport, den Abschlussbericht des IQWiG vom 7. Februar 2017, die RENEW-Studie sowie ein Einjahres-follow-up von Kontogianni et al. von Januar 2017 vorgelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Februar 2018 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Die begehrte Sachleistung übersteigt den Beschwerdewert von EUR 750,00, da deren Kosten – ausgehend von denen der rechtsseitigen Durchführung der entsprechenden Behandlung – über EUR 22.000,00 liegen.
2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das SG hat die Antragsgegnerin zu Unrecht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Implantation von RePneu-Coils in den linken Unterlappen als Krankenhausbehandlung zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen. Orientieren in solchen Fällen die Gerichte ihre Entscheidung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache, so sind sie gemäß Art 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, die, wenn dazu Anlass besteht, Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - juris Rn. 7 und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - juris Rn. 25, 26). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
3. Unter Beachtung dieser Maßstäbe fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Leistungsanspruches. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die begehrte Implantation von RePneu-Coils in den linken Lungenunterlappen als Krankenhausbehandlung.
a) aa) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R – juris, Rn. 13, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – juris, Rn. 10, 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – juris, Rn 10 ff.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris, Rn. 11 und 24; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht).
bb) Beim Antragsteller besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Er leidet an einem panlobulärem herterogenem unterlappenbetontem Emphysem bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) im Schweregrad IV nach GOLD, Risikogruppe D. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. St., insoweit in Übereinstimmung mit der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. H ... Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit beim Antragsteller vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die funktionelle Beeinträchtigung der Lunge und der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
cc) Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils stellt vorliegend eine unwirtschaftliche und damit nicht erforderliche Behandlung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V dar.
(1) Nach §§ 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris, Rn. 14 ff., 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – juris, Rn. 16 und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris, Rn. 13). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 54 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt er eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, Rn. 52 f., BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 20 ff.). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2172/10 – juris, nachgehend BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 18). Vorliegend soll die begehrte Krankenbehandlung nicht im Rahmen einer solchen Studie erfolgen. Solches wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 1 Nr. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23. Juli 2015 (Art. 20 GKV-VSG). Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der Gemeinsame Bundesausschuss ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem gemäß § 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 18. Juli 2013, veröffentlicht am 7. Januar 2015), unterfällt die Implantation von Coils zur Lungenvolumenreduktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Nach Wortlaut und Regelungssystem senkt diese Norm jedoch nicht die Qualitätsanforderungen für den Anspruch auf stationäre Versorgung auf Methoden mit bloßem Potential einer Behandlungsalternative. Zweck der Ausrichtung der Leistungsansprüche der Versicherten am Qualitätsgebot ist es, im Interesse des Patientenschutzes und des effektiven Einsatzes der Mittel der Beitragszahler zu gewährleisten, dass eine nicht ausreichend erprobte Methode nicht zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG schafft das Gesetz für die Versicherten Versorgungsgarantien, die einheitlich ausdrücklich am Qualitätsgebot ausgerichtet sind (BSG, Urteil vom 24. April 2018 – B 1 KR 10/17 R – juris, Rn. 21).
Zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode müssen grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen. Entsprechend der auch durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 1. März 2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R – juris, Rn. 65). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 – B 1 KR 21/02 R – juris, Rn. 14). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 1. März 2011, u.a. – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden.
(2) Die Implantation von Coils zur Lungenvolumenreduktion bei schwerem Lungenemphysem entspricht nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind. Sie ist damit unwirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) und nicht erforderlich (im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Bei der Implantation von Coils zur Reduktion des Lungenvolumens handelt es sich um eine experimentelle Methode ohne ausreichende evidenzgesicherte Basis (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R – juris, Rn. 15; vorgehend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 – L 5 KR 1101/16 – juris, Rn. 37, auch zum Nachstehenden). Danach ergab eine im Frühjahr 2013 und 2014 insoweit durchgeführte Recherche der zum Einsatz der Coilimplantation zur Behandlung einer COPD vorhandenen Publikationen, dass es sich bei allen publizierten Studien mit einer Ausnahme um nicht-vergleichende Fallserien handelte. Aus biometrischer Sicht war dabei die Ergebnisunsicherheit groß, weil die Patienten nicht verblindet waren und wussten, dass sie mit einer neuen Methode behandelt worden waren. Der Nachbeobachtungszeitraum war mit sechs Monaten bis maximal zwölf Monaten zu kurz, zumal die mit der Lungenvolumenreduktion mittels Coils erzielten Effekte bereits nach sechs Monaten wieder rückläufig waren. Auch patientenrelevante harte Outcomeparameter, insbesondere der Einfluss der Therapie auf das Gesamtüberleben, wurden bisher nicht untersucht. In den bis dahin publizierten Studien wurden eine Reihe von Komplikationen/Nebenwirkungen der Maßnahme beschrieben, wonach es zu einer deutlichen Zunahme der Exazerbation der COPD kam, die erneute Krankenhausbehandlungen erforderte. Weiter kam es zu Blutungen und Pneumothoraces. Die meisten publizierten Ergebnisse stammten darüber hinaus aus Studien, die von der Firma P. Inc, dem Hersteller der Coils, gesponsert wurden. Ebenso wurden Interessenkonflikte von einzelnen Autoren angegeben. Auch bei der bis dahin einzigen randomisierten Studie von Shah aus 2013 erfolgte keine Verblindung. Dementsprechend wurde die Behandlungsmethode zum Zeitpunkt des dortigen Behandlungsfalls weder in Leitlinien noch von Fachgesellschaften in der Routineanwendung empfohlen. Die Methode der Coilimplantation zur Behandlung einer COPD war noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion und weitere randomisierte Studien waren erforderlich, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können.
Dem schließt sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des vorliegenden Verfahrens für den vorliegenden Fall des Antragstellers an. Auch bei dem den vorgenannten Entscheidungen zugrundeliegenden Behandlungsfall handelte es sich um einen an COPD Stadium IV leidenden Patienten mit Lungenemphysem. Zwar wurde die dortige Behandlung bereits im Juli 2013 durchgeführt, die zugrunde gelegte Recherche erfasste jedoch noch 2014 veröffentlichte Publikationen. Berücksichtigt wurde insbesondere schon die randomisierte (allerdings nicht verblindete) Studie von Shah et al. aus 2013. Aus den seither erfolgten Publikationen ergibt sich für die Bewertung der Lungenvolumenreduktion mittels Coils im Hinblick auf das Qualitätsgebot des SGB V nichts Anderes. Der Senat stützt sich dabei auf das Gutachten von Dr. St. sowie die weiteren von der Antragsgegnerin und Prof. Dr. H. vorgelegten Unterlagen (insbesondere Abschlussbericht des IQWiG vom 7. Februar 2017, MDS-Gutachten ZE2017-136 Stand 12/2016, RENEW von Sciurba, follow-up von Kontogianni et al., GOLD-Report 2018, S2k-Leitlinie einschließlich Leitlinienreport für diese, Gemeinsame Stellungnahme der DGP und des VPK).
Der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK ist zu entnehmen, dass neben und nach der Studie von Shah weitere multizentrische Studien veröffentlicht wurden, jedoch handelt es sich nur bei zweien um randomisiert-kontrollierte (REVOLENS und RENEW, jeweils 2016). Gleiches ergibt sich aus der S2k-Leitlinie (S. 50), dem Abschlussbericht des IQWiG (S. 222 ff.) und dem GOLD-Bericht 2018 (S. 65). Beide Studien sind wiederum nicht verblindet. An der multizentrischen RENEW-Studie nahmen 315 Patienten teil, die randomisiert den Vergleichsgruppen konservative Standardbehandlung und konservative Standardbehandlung mit Lungenvolumenreduktion mittels Coils zugeteilt wurden. Nach den Ergebnissen nach zwölf Monaten ergab der primäre Endpunkt "Differenz der absoluten Veränderung im 6-Minuten-Gehtest" einen statistisch signifikanten Vorteil zugunsten der Interventionsgruppe (Coils); der minimale klinisch relevante Unterschied von 25 m wurde aber nicht erreicht. Weiter ergab sich ein statistisch signifikanter Nutzen bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. In der Mortalität war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen zu verzeichnen. Ein Nutzen hinsichtlich der Dyspnoe wurde nicht berichtet. Es bestand jedoch ein statistisch signifikanter Nachteil für die Interventionsgruppe im Punkt schwerwiegende unterwünschte Ereignisse, überwiegend bedingt durch Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonie sowie Pneumothoraces. Es zeigte sich ein Trend für COPD-Exazerbationen. Überzeugend weist Dr. St. daher – in Übereinstimmung mit dem MDS-Gutachten ZE2017-136 – darauf hin, dass danach der Nutzen für die körperliche Leistungsfähigkeit nicht klinisch signifikant war und das Ergebnis des Endpunktes Lebensqualität als subjektivem Parameter verzerrt sein kann. Auch der Abschlussbericht des IQWiG bewertet das diesbezügliche Verzerrungspotential als hoch (S. 260). Die Autoren dieser Studie kommen selbst zu dem Schluss, dass die Coil-Behandlung im Vergleich mit einer konservativen Standardbehandlung in einer Verbesserung der medianen Belastungstoleranz resultiere, die allerdings moderat und von unsicherer klinischer Bedeutung sei und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von schweren Komplikationen einherging. Zudem sei eine weitere Nachbeobachtung nötig, um langfristige Effekte ermitteln zu können. Bei der REVOLENS-Studie handelt es sich ebenfalls um eine multizentrische randomisiert-kontrollierte Studie mit entsprechenden Vergleichsgruppen (insgesamt 100 Patienten). Hier ergab sich nach zwölf Monaten kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen im Endpunkt "Veränderung im 6-Minuten-Gehtest", wobei die ermittelte Differenz zugunsten der Interventionsgruppe mit 21 m nicht im klinisch relevanten Bereich lag. Für den Endpunkt Dyspnoe waren die Ergebnisse uneinheitlich. Im Bereich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ergab sich ein statistisch signifikanter Nutzen zugunsten der Interventionsgruppe. In der Mortalität war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen zu verzeichnen. Es bestand jedoch ein statistisch signifikanter Nachteil für die Interventionsgruppe im Punkt schwerwiegende unterwünschte Ereignisse (hier Pneumonien). Hinsichtlich des Endpunktes gesundheitsbezogene Lebensqualität bestand auch hier die bereits genannte Verzerrungsproblematik. Die Autoren selbst betrachten ihr Studienergebnis als vorläufig und sehen die Notwendigkeit weiterer Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiten. Das MDS-Gutachten ZE2017-136 kommt in der Abwägung zu dem Ergebnis, dass keinen Hinweisen für einen Nutzen der Lungenvolumenreduktion mittels Coils im klinischen Endpunkt körperliche Leistungsfähigkeit Belege für einen Schaden gegenüberstünden; bei der Datenlage ergebe sich eine negative Nutzen- und Schadensbilanz, so dass auch nicht von einem Potential der Methode gesprochen werden könne. Diese Einschätzung wird durch das von Dr. St. mitgeteilte Ergebnis des MDS-Gutachten ZE2018-136 aufgrund einer Literaturrecherche am 25. Oktober 2017 aktuell bestätigt. Im Abschlussbericht des IQWiG sind in Auswertung der drei randomisiert-kontrollierten Studien zwar für die Subgruppe der Patienten mit einem pulmonalen Restvolumen von mindestens 225 % Soll – wie beim Antragsteller – ein Beleg für Nutzen der Methode bezüglich der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie jeweils Hinweise auf Nutzen hinsichtlich der Symptomatik (Atemnot) und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität gesehen worden. Beschrieben wird aber auch ein Beleg für Schaden im Hinblick auf vermehrte weitere unerwünschte Wirkungen. Ausdrücklich wird hervorgehoben, dass die Datenlage insgesamt wenig aussagekräftig sei, insbesondere da ausschließlich kurzfristige Ergebnisse bis zu einem Jahr vorlägen. Dr. St. weist darüber hinaus darauf hin, dass nach dem – vorgelegten – im Januar 2017 publizierten follow-up von Kontogianni et al. (retrospektive Analyse eines Zentrums von 86 Patienten mit schwerem COPD und inkompletten Fissuren nach einem Jahr) sämtliche zunächst festgestellte signifikante Verbesserungen (z.B. des FEV1-Wertes oder des 6-Minuten-Gehtests) nach zwölf Monaten nicht mehr nachweisbar waren. Darüber hinaus führte danach die bilaterale Coil-Implantation im Vergleich zur Patientengruppe mit einseitiger Versorgung nicht zu signifikanten Verbesserungen. Der GOLD-Report weist die Lungenvolumenreduktion mittels Coils zwar der Evidenzklasse B zu; gleichzeitig wird jedoch darauf verwiesen, dass zusätzliche Daten erforderlich sind, um die optimale Patientenpopulation für ein spezifisches bronchoskopisches Lungenvolumenreduktionsverfahren (zu denen u.a. die Implantation von Coils zählt) zu definieren und um die Langzeitwirkungen bzw. -schäden mit denen der chirurgischen Lungenvolumenreduktion zu vergleichen. In dem von Dr. St. angeführten Systematischen Review in der Cochrane Library von Februar 2017 werden unter Einschluss von 2011 bis November 2016 publizierten Studien ebenfalls signifikante Effekte auf den FEV1-Wert und die Lebensqualität der signifikant höheren Rate an Komplikationen gegenübergestellt. Die Schlussfolgerung des Review lautete danach, dass die Resultate aus den Studien für ausgewählte Patienten ein verbessertes klinisches Outcome zeigten, diesem allerdings eine erhöhte Anzahl schwerwiegender Nebenwirkungen/Komplikationen gegenüberstehe. Effekte auf die Mortalität könnten nicht abgeleitet werden. Die Studienergebnisse seien durch das Fehlen von Langzeitdaten () 12 Monate) limitiert. Dr. St. kommt daher überzeugend zu dem Ergebnis, dass die Lungenvolumenreduktion mittels Coils derzeit nicht dem Qualitätsgebot des SGB V entsprechen.
Aus der S2k-Leitlinie ergibt sich nichts anderes. Empfehlungen aus S2k Leitlinien enthalten im Gegensatz zu S2e-Leitlinien keine Angabe von "Evidenz"- und Empfehlungsgraden, da keine systematische Aufbereitung der "Evidenz" zugrunde liegt. Vielmehr wird jede Empfehlung im Rahmen einer strukturierten Konsensfindung unter neutraler Moderation diskutiert und abgestimmt, deren Ziele die Lösung noch offener Entscheidungsprobleme, eine abschließende Bewertung der Empfehlungen und die Messung der Konsensstärke sind. Der Leitlinie ist eine Beschreibung zum methodischen Vorgehen (Leitlinien-Report) hinterlegt (http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk/ll-entwicklung/awmf-regelwerk-01-planung-und-organisation/po-stufenklassifikation/klassifikation-s2e-und-s2k). Nach dem Leitlinienreport für die hier maßgebliche L2k-Leitlinie wurden als Ergebnis des Konsensusprozesses starke und schwache Empfehlungen mit "soll" und "sollte" formuliert und ausgesprochen. Wenn keine eindeutige Empfehlung anhand der konsertierten Meinung der Autoren abgegeben werden konnte, wurden Empfehlungen mit "kann" formuliert. Soweit also in der S2k-Leitlinie (S. 51) ausgeführt wird, "insgesamt kann eine endoskopische Lungenvolumenreduktion nach Ausschöpfung aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten des ausgeprägten Emphysems unter Einschluss der pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit ausgeprägter Dyspnoe erwogen werden, wenn die Kriterien für die Implantation von Ventilen oder Coils erfüllt sind", handelt es sich ("kann") um keine eindeutige Empfehlung anhand der konsertierten Meinung. Die Empfehlung zur Lungenvolumenreduktion mittels Coils ist also weder evidenz- noch konsensbasiert. Vielmehr wird auch hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weitere randomisiert kontrollierte Studien notwendig sind, um die Verfahren mit hinreichender Evidenz zu etablieren. Daher kann auch der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK keine weitergehende Bedeutung zukommen.
dd) Die bereits einseitig durchgeführte Lungenvolumenreduktion mittels Coils am rechten Unter- und Mittellappen begründet keinen Sachleistungsanspruch auf eine entsprechende Behandlung links.
Die Ausführungen von Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 9. Februar 2018, die Lungenvolumenreduktion mittels Coils sei ausweislich der vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen "grundsätzlich" eine bilateral durchzuführende Behandlung, treffen bereits keine Aussage über die tatsächliche Notwendigkeit einer beidseitigen Behandlung im Falle des Antragstellers. Darüber hinaus ist die grundsätzliche Aussage für den Senat nicht nachvollziehbar, denn den oben genannten Studien ist eine solche Aussage oder Schlussfolgerung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die S2k-Leitlinie. Des Weiteren hat Dr. St. überzeugend darauf hingewiesen, dass nach dem follow-up von Kontogianni et al. die Implantation der Coils auf der zweiten Seite keine signifikante weitere Verbesserung ergab. Schließlich stehen der beidseitigen Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung die bereits dargelegten generellen Gründe entgegen.
b) Der Antragsteller kann sich auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 GKV-VStG vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012, berufen.
Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
aa) Eine notstandsähnliche Situation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1a SGB V setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 30 ff und B 1 KR 7/05 R – juris, Rn. 19 ff) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 21 und B 1 KR 7/05 R – juris, Rn. 21 und vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 15). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 – 1 BvR 452/17 – juris, Rn. 22).
Vorliegend fehlen bereits Anhaltspunkte für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung in diesem Sinne. Zwar kann die COPD-Erkrankung einen schicksalhaften Verlauf nehmen. Vorausgesetzt wird in § 2 Abs. 1a SGB V jedoch eine notstandsähnliche Situation, die nur dann vorliegt, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls droht, dass sich der tödliche Krankheitsverlauf bzw. der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums wahrscheinlich verwirklichen wird (BVerfG, Beschlüsse vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18 und vom 26. März 2014 – 1 BvR 2415/13 – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris, Rn. 21; BT-Drucks 17/6906 S. 53). Eine solche akute Notsituation hat der Antragsteller nicht behauptet oder substantiiert dargelegt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme von Prof. Dr. H. als sachverständiger Zeuge. Darin führt dieser lediglich aus, bei der COPD-Erkrankung des Schweregrades, wie sie beim Antragsteller vorliege, handle es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung. Eine notstandsähnliche Situation im konkreten Fall ist mit dieser allgemeinen Darstellung gerade nicht dargelegt. Hierauf hat bereits Dr. St. zu Recht hingewiesen.
bb) Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht.
Das Bestehen einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die angewandte Methode ist nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen. Dies ändert mithin nichts an der Heranziehung und Maßgeblichkeit allein wissenschaftlicher Maßstäbe zur Beurteilung eines Behandlungserfolgs im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie sich z.B. in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und auch in § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V niederschlagen und in Sondersituationen evidenzbezogen abgestuft zur Anwendung gelangen können. Ziel der grundrechtsorientierten Auslegung ist es, die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen. Die aufgezeigte Zielsetzung begrenzt zugleich die Reichweite einer grundrechtsorientierten Auslegung. So reichen rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt sind, hierfür nicht aus. Es ist auch nicht zulässig, den Rechtsgütern des Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Schutzmechanismen zu entziehen, die die Rechtsordnung hierfür vorsieht (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R – juris, Rn. 32 m.w.N.).
Aussichten auf eine Heilung der beim Antragsteller vorliegenden Krankheit oder auf ein Hinausschieben des schicksalhaften Verlaufs bestehen durch die begehrte Lungenvolumenreduktion mittels Coils nicht. Wie oben dargelegt, ergab sich für das Verfahren kein Anhaltspunkt für einen Nutzen hinsichtlich der Mortalität (vgl. insbesondere Abschlussbericht des IQWiG S. iii; MDS-Gutachten ZE2017-136). Insbesondere die drei genannten randomisiert-kontrollierten Studien ergaben keine Hinweise auf einen solchen Nutzen. In der S2k-Leitlinie ist ein solcher Nutzen ebenfalls nicht beschrieben. Auch in der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK wird die Coilimplantation unter Hinweis auf eine Verbesserung der Lebensqualität als (lediglich) palliative Behandlungsmethode bezeichnet. Soweit überhaupt ein Nutzen der Behandlungsmethode für die körperliche Leistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität gesehen wurde, steht dem – wie oben dargelegt – ein Beleg für Schaden im Hinblick auf vermehrte schwerwiegende unerwünschte Wirkungen gegenüber. Diese bestanden in Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonien und Pneumothoraces. Es zeigte sich ein Trend für COPD-Exazerbationen. Hinweise auf solche Nachteile bestehen auch gerade im vorliegenden Fall des Antragstellers. So hat Dr. St. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass nach den bei der Antragsgegnerin gespeicherten Daten der Antragsteller vom 24. bis 31. Juli 2017, also nach der rechtsseitigen Coilimplantation, wegen einer Lobärpneumonie stationär behandelt wurde. Wegen des in diesem Zusammenhang ebenfalls diagnostizierten Pleuraergusses rechts und der bildgebend nachgewiesenen Narbenstruktur im oberen Bereich des rechten Unterlappens ist demnach davon auszugehen, dass die genannte Lobärpneumonie auf der rechten Seite lokalisiert war, also auf der Seite der Coilimplantation. Des Weiteren kam es nach dieser zu mehreren Exazerbationen der COPD, die zu mehrtätigen stationären Krankenhausbehandlungen führten. Diese Angaben hat der Antragsteller nicht in Abrede gestellt. Bei einer Nutzen-Schaden-Bewertung ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass die vorgesehene Lungenvolumenreduktion mittels Coils im Falle ihrer Durchführung eine endgültige Maßnahme darstellt. Die Explantation von Coils ist in der Regel nicht möglich (S2k-Leitlinie, S. 50).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung einer stationären Krankenhausbehandlung als Sachleistung zur Lungenvolumenreduktion durch Implantation sog. Coils.
Der bei der Antragsgegnerin versicherte Antragsteller leidet an einem panlobulären heterogenen unterlappenbetonten Emphysem bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung im Schweregrad IV nach GOLD, Risikogruppe D. Am 13. Juni 2017 erfolgte als Sachleistung zulasten der Antragsgegnerin eine Lungenvolumenreduktion mittels Coilimplantation in den rechten Unter- und Mittellappen.
Am 4. Oktober 2017 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin telefonisch die Kostenübernahme für eine stationäre Behandlung zur linksseitigen Lungenvolumenreduktion mittels Coils und legte in der Folge ein Informationsschreiben von Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Klinik für Pneumologie, Internistische Intensivmedizin, Beatmungsmedizin und Allgemeine Innere Medizin des Krankenhauses vom R. K., B. C., vom 25. September 2017 vor, wonach die Antragsgegnerin mitgeteilt habe, die interventionelle Lungenvolumenreduktion mittels Coils nicht mehr zu vergüten.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2017 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils links ab. Bei der begehrten Behandlung handle es sich um eine nicht zugelassene neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entspreche. Auch eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf könne für die begehrte Behandlung durch Studien aktuell nicht belegt werden (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 [L 5 KR 1101/16 – juris]).
Hiergegen erhob der Antragsteller am 20. Dezember 2017 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und beantragte gleichzeitig die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung legte er eine Checkliste für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils vom 12. Juni 2017 und eine Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), des Bundesverbandes der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner und des Verbandes Pneumologischer Kliniken e.V (VPK) zum Vorbericht (vorläufige Nutzenbewertung) des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vor.
Die Antragsgegnerin trat dem Antrag entgegen und wies ergänzend darauf hin, dass keinerlei medizinische Unterlagen oder Aussagen über die zwingende Notwendigkeit der Coilimplantation im zweiten Lungenlappen bei bereits erfolgter Implantation in den ersten vorlägen. Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils stelle eine experimentelle, dem Qualitätsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entsprechende Behandlungsmethode dar; die Patientensicherheit sei gefährdet.
Das SG vernahm Prof. Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 9. Februar 2018 aus, funktionell sei die Erkrankung durch eine massive Lungenüberblähung mit einem Residualvolumen von über 350% vom Soll und einer extremen expiratorischen Atemwegsobstruktion charakterisiert. Der Antragsteller habe bei körperlicher Ruhe eine hypoxische respiratorische Insuffizienz, weshalb eine Langzeitsauerstoffatmungstherapie über 24 Stunden am Tag erfolge. Tabakentwöhnung, inhalative bronchodilatatorische Therapie und eine stationäre Rehabilitationsbehandlung hätten nicht zu einer Kontrolle der Atemsymptomatik geführt. Bei einem unterlappenbetonten Lungenemphysem werde eine chirurgische Lungenvolumenreduktion nicht empfohlen. Eine Lungenvolumenreduktion mittels Einlage von Ventilen komme beim Antragsteller wegen der Inkomplettheit der Fissuren nicht in Betracht. Als Behandlungsmethode stehe nur noch die Lungenvolumenreduktion mittels Coils zur Verfügung. Diese sei nach den vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen grundsätzlich eine zweiseitig durchzuführende Behandlung. Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils werde in der Situation eines heterogenen unterlappenbetonten Lungenemphysems mit inkompletten Fissuren beidseits nach Ausschöpfung konservativer Behandlungsmöglichkeiten sowie funktioneller Einschränkung als wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode empfohlen in der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD), herausgegeben von der DGP, der Deutschen Atemwegsliga e.V. unter Beteiligung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (im Folgenden S2k-Leitlinie) und den Internationalen Leitlinien zur Therapie der COPD-Erkrankung (GOLD-Bericht der Jahre 2017 und 2018: Evidenzniveau B). Das IQWiG habe in seinem im Rahmen des beim Gemeinsamen Bundesausschuss anhängigen Verfahrens zur Methodenbewertung erstellten Abschlussbericht vom 7. Februar 2017 insbesondere bei Patienten mit einem Residualvolumen größer als 225% vom Soll wie beim Antragsteller der Methode der Coilimplantation ein höheres Potential für Nutzen als Risiken für Schäden zugewiesen. Die große Mehrheit der einschlägigen pneumologischen Fachleute in Deutschland sehe für die Befundkonstellation wie beim Antragsteller einen Nutzen für die Anwendung der Methode (Verweis auf oben genannte Gemeinsame Stellungnahme). Bei der COPD-Erkrankung des Schweregrades wie beim Antragsteller handle es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung. Auf Basis der Leitlinienempfehlung biete die Lungenvolumenreduktion mittels Coils weit mehr als das für die Leistungserbringung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erforderliche Potential einer Behandlungsalternative.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2018 verpflichtete das SG die Antragsgegnerin, dem Antragsteller vorläufig die Implantation von RePneu-Coils in den linken Unterlappen als Krankenhausbehandlung zu gewähren. Der Anspruch ergebe sich aus §§ 27, 39 i.V.m. § 137c Abs. 3 SGB V. Gestützt auf die Ausführungen von Prof. Dr. H. biete die Lungenvolumenreduktion mittels Coils als neue Behandlungsmethode das hiernach notwendige Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative. Ihre Anwendung erfolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst, sie sei also medizinisch indiziert und notwendig. Vorliegend werde lediglich eine bereits begonnene bronchoskopische Lungenvolumenreduktionsbehandlung zu Ende geführt. Aufgrund der Schwere der beim Antragsteller vorliegenden COPD sei keine andere Entscheidung möglich.
Gegen diesen ihr am 23. Februar 2018 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 27. Februar 2018 Beschwerde beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 2017 (B 1 KR 17/17 R – juris) verwiesen. Danach handle es sich bei der Lungenvolumenreduktion mittels Coils um eine experimentelle Behandlungsmethode außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies gelte unter Berücksichtigung der aktuellen Studienlage auch weiterhin. Diese habe u.a. Belege für Schaden der Methode im Sinne schwerwiegender unerwünschter Wirkungen ergeben. Diese bestünden in Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonien und Pneumothoraces sowie COPD-Exazerbationen. Auch beim Antragsteller sei es nach der Coilimplantation rechts zu Komplikationen gekommen (Lobärpneumonie, mehrere Exazerbationen der COPD mit stationären Behandlungen und einmalige stationäre Krankenhausbehandlung wegen akuter Infektion). Zudem seien bei der ersten Coilimplantation die Vorgaben des Herstellers nicht berücksichtigt worden und keine ausreichende Aufklärung des Antragstellers erfolgt. Die S2k-Leitlinie sei keine evidenzabsierte Empfehlung für die Lungenvolumenreduktion mittels Coils. Der GOLD-Bericht verweise auf wesentliche Limitierungen der zugrundliegenden Studien. Insgesamt werde in den Studien, dem IQWiG-Abschlussbericht, dem GOLD-Bericht und auch der S2k-Leitlinie auf die unzureichende Datenlage oder die Notwendigkeit weiterer Studien verwiesen. Die Wirksamkeit von erzielten Verbesserungen durch die Coilimplantation über zwölf Monate hinaus sei nicht belegt. Aus den vorliegenden Unterlagen lasse sich die Ausschöpfung nicht medikamentöser konservativer Behandlungsmethoden nicht entnehmen. Gleiches gelte für ein Krankheitsstadium, das eine notstandsähnliche Situation darstelle, so dass auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V nicht vorlägen. Coils könnten auch nicht vorläufig in die Lunge eingesetzt werden. Die Antragsgegnerin hat insbesondere ein Gutachten von Dr. St., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 19. März 2018, ein Aktualisierungsgutachten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), Stand Dezember 2016 (im Folgenden MDS-Gutachten ZE2017-136) zu den Studien RENEW-Studie von Sciurba et al. und REVOLENS von Deslee et al., beide 2016), die S2k-Leitlinie, verabschiedet am 24. Januar 2018, mit zugehörigem Leitlinienreport, den Abschlussbericht des IQWiG vom 7. Februar 2017, die RENEW-Studie sowie ein Einjahres-follow-up von Kontogianni et al. von Januar 2017 vorgelegt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Februar 2018 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Die begehrte Sachleistung übersteigt den Beschwerdewert von EUR 750,00, da deren Kosten – ausgehend von denen der rechtsseitigen Durchführung der entsprechenden Behandlung – über EUR 22.000,00 liegen.
2. Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das SG hat die Antragsgegnerin zu Unrecht verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig die Implantation von RePneu-Coils in den linken Unterlappen als Krankenhausbehandlung zu gewähren.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen. Orientieren in solchen Fällen die Gerichte ihre Entscheidung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache, so sind sie gemäß Art 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, die, wenn dazu Anlass besteht, Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02 - juris Rn. 7 und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - juris Rn. 25, 26). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
3. Unter Beachtung dieser Maßstäbe fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Leistungsanspruches. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die begehrte Implantation von RePneu-Coils in den linken Lungenunterlappen als Krankenhausbehandlung.
a) aa) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R – juris, Rn. 13, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – juris, Rn. 10, 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – juris, Rn 10 ff.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide juris, Rn. 11 und 24; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht).
bb) Beim Antragsteller besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Er leidet an einem panlobulärem herterogenem unterlappenbetontem Emphysem bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) im Schweregrad IV nach GOLD, Risikogruppe D. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. St., insoweit in Übereinstimmung mit der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. H ... Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit beim Antragsteller vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die funktionelle Beeinträchtigung der Lunge und der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.
cc) Die Lungenvolumenreduktion mittels Coils stellt vorliegend eine unwirtschaftliche und damit nicht erforderliche Behandlung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V dar.
(1) Nach §§ 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – juris, Rn. 14 ff., 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – juris, Rn. 16 und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – juris, Rn. 13). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 54 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt er eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, Rn. 52 f., BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 20 ff.). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2172/10 – juris, nachgehend BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 18). Vorliegend soll die begehrte Krankenbehandlung nicht im Rahmen einer solchen Studie erfolgen. Solches wird vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Änderung des § 137c SGB V durch Art. 1 Nr. 64 Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 (BGBl. I S. 1211) mit Wirkung zum 23. Juli 2015 (Art. 20 GKV-VSG). Nach dem eingefügten § 137c Abs. 3 SGB V dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Abs. 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (Satz 1). Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs. 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs. 1 noch nicht abgeschlossen ist. Da der Gemeinsame Bundesausschuss ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem gemäß § 137c SGB V eingeleitet hat (Beschluss vom 18. Juli 2013, veröffentlicht am 7. Januar 2015), unterfällt die Implantation von Coils zur Lungenvolumenreduktion als Behandlungsmethode im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung in den Anwendungsbereich des § 137c Abs. 3 SGB V. Nach Wortlaut und Regelungssystem senkt diese Norm jedoch nicht die Qualitätsanforderungen für den Anspruch auf stationäre Versorgung auf Methoden mit bloßem Potential einer Behandlungsalternative. Zweck der Ausrichtung der Leistungsansprüche der Versicherten am Qualitätsgebot ist es, im Interesse des Patientenschutzes und des effektiven Einsatzes der Mittel der Beitragszahler zu gewährleisten, dass eine nicht ausreichend erprobte Methode nicht zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG schafft das Gesetz für die Versicherten Versorgungsgarantien, die einheitlich ausdrücklich am Qualitätsgebot ausgerichtet sind (BSG, Urteil vom 24. April 2018 – B 1 KR 10/17 R – juris, Rn. 21).
Zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode müssen grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen vorliegen. Entsprechend der auch durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 1. März 2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R – juris, Rn. 65). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 – B 1 KR 21/02 R – juris, Rn. 14). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 1. März 2011, u.a. – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden.
(2) Die Implantation von Coils zur Lungenvolumenreduktion bei schwerem Lungenemphysem entspricht nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind. Sie ist damit unwirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) und nicht erforderlich (im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Bei der Implantation von Coils zur Reduktion des Lungenvolumens handelt es sich um eine experimentelle Methode ohne ausreichende evidenzgesicherte Basis (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R – juris, Rn. 15; vorgehend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 – L 5 KR 1101/16 – juris, Rn. 37, auch zum Nachstehenden). Danach ergab eine im Frühjahr 2013 und 2014 insoweit durchgeführte Recherche der zum Einsatz der Coilimplantation zur Behandlung einer COPD vorhandenen Publikationen, dass es sich bei allen publizierten Studien mit einer Ausnahme um nicht-vergleichende Fallserien handelte. Aus biometrischer Sicht war dabei die Ergebnisunsicherheit groß, weil die Patienten nicht verblindet waren und wussten, dass sie mit einer neuen Methode behandelt worden waren. Der Nachbeobachtungszeitraum war mit sechs Monaten bis maximal zwölf Monaten zu kurz, zumal die mit der Lungenvolumenreduktion mittels Coils erzielten Effekte bereits nach sechs Monaten wieder rückläufig waren. Auch patientenrelevante harte Outcomeparameter, insbesondere der Einfluss der Therapie auf das Gesamtüberleben, wurden bisher nicht untersucht. In den bis dahin publizierten Studien wurden eine Reihe von Komplikationen/Nebenwirkungen der Maßnahme beschrieben, wonach es zu einer deutlichen Zunahme der Exazerbation der COPD kam, die erneute Krankenhausbehandlungen erforderte. Weiter kam es zu Blutungen und Pneumothoraces. Die meisten publizierten Ergebnisse stammten darüber hinaus aus Studien, die von der Firma P. Inc, dem Hersteller der Coils, gesponsert wurden. Ebenso wurden Interessenkonflikte von einzelnen Autoren angegeben. Auch bei der bis dahin einzigen randomisierten Studie von Shah aus 2013 erfolgte keine Verblindung. Dementsprechend wurde die Behandlungsmethode zum Zeitpunkt des dortigen Behandlungsfalls weder in Leitlinien noch von Fachgesellschaften in der Routineanwendung empfohlen. Die Methode der Coilimplantation zur Behandlung einer COPD war noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion und weitere randomisierte Studien waren erforderlich, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können.
Dem schließt sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des vorliegenden Verfahrens für den vorliegenden Fall des Antragstellers an. Auch bei dem den vorgenannten Entscheidungen zugrundeliegenden Behandlungsfall handelte es sich um einen an COPD Stadium IV leidenden Patienten mit Lungenemphysem. Zwar wurde die dortige Behandlung bereits im Juli 2013 durchgeführt, die zugrunde gelegte Recherche erfasste jedoch noch 2014 veröffentlichte Publikationen. Berücksichtigt wurde insbesondere schon die randomisierte (allerdings nicht verblindete) Studie von Shah et al. aus 2013. Aus den seither erfolgten Publikationen ergibt sich für die Bewertung der Lungenvolumenreduktion mittels Coils im Hinblick auf das Qualitätsgebot des SGB V nichts Anderes. Der Senat stützt sich dabei auf das Gutachten von Dr. St. sowie die weiteren von der Antragsgegnerin und Prof. Dr. H. vorgelegten Unterlagen (insbesondere Abschlussbericht des IQWiG vom 7. Februar 2017, MDS-Gutachten ZE2017-136 Stand 12/2016, RENEW von Sciurba, follow-up von Kontogianni et al., GOLD-Report 2018, S2k-Leitlinie einschließlich Leitlinienreport für diese, Gemeinsame Stellungnahme der DGP und des VPK).
Der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK ist zu entnehmen, dass neben und nach der Studie von Shah weitere multizentrische Studien veröffentlicht wurden, jedoch handelt es sich nur bei zweien um randomisiert-kontrollierte (REVOLENS und RENEW, jeweils 2016). Gleiches ergibt sich aus der S2k-Leitlinie (S. 50), dem Abschlussbericht des IQWiG (S. 222 ff.) und dem GOLD-Bericht 2018 (S. 65). Beide Studien sind wiederum nicht verblindet. An der multizentrischen RENEW-Studie nahmen 315 Patienten teil, die randomisiert den Vergleichsgruppen konservative Standardbehandlung und konservative Standardbehandlung mit Lungenvolumenreduktion mittels Coils zugeteilt wurden. Nach den Ergebnissen nach zwölf Monaten ergab der primäre Endpunkt "Differenz der absoluten Veränderung im 6-Minuten-Gehtest" einen statistisch signifikanten Vorteil zugunsten der Interventionsgruppe (Coils); der minimale klinisch relevante Unterschied von 25 m wurde aber nicht erreicht. Weiter ergab sich ein statistisch signifikanter Nutzen bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. In der Mortalität war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen zu verzeichnen. Ein Nutzen hinsichtlich der Dyspnoe wurde nicht berichtet. Es bestand jedoch ein statistisch signifikanter Nachteil für die Interventionsgruppe im Punkt schwerwiegende unterwünschte Ereignisse, überwiegend bedingt durch Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonie sowie Pneumothoraces. Es zeigte sich ein Trend für COPD-Exazerbationen. Überzeugend weist Dr. St. daher – in Übereinstimmung mit dem MDS-Gutachten ZE2017-136 – darauf hin, dass danach der Nutzen für die körperliche Leistungsfähigkeit nicht klinisch signifikant war und das Ergebnis des Endpunktes Lebensqualität als subjektivem Parameter verzerrt sein kann. Auch der Abschlussbericht des IQWiG bewertet das diesbezügliche Verzerrungspotential als hoch (S. 260). Die Autoren dieser Studie kommen selbst zu dem Schluss, dass die Coil-Behandlung im Vergleich mit einer konservativen Standardbehandlung in einer Verbesserung der medianen Belastungstoleranz resultiere, die allerdings moderat und von unsicherer klinischer Bedeutung sei und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von schweren Komplikationen einherging. Zudem sei eine weitere Nachbeobachtung nötig, um langfristige Effekte ermitteln zu können. Bei der REVOLENS-Studie handelt es sich ebenfalls um eine multizentrische randomisiert-kontrollierte Studie mit entsprechenden Vergleichsgruppen (insgesamt 100 Patienten). Hier ergab sich nach zwölf Monaten kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen im Endpunkt "Veränderung im 6-Minuten-Gehtest", wobei die ermittelte Differenz zugunsten der Interventionsgruppe mit 21 m nicht im klinisch relevanten Bereich lag. Für den Endpunkt Dyspnoe waren die Ergebnisse uneinheitlich. Im Bereich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ergab sich ein statistisch signifikanter Nutzen zugunsten der Interventionsgruppe. In der Mortalität war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen zu verzeichnen. Es bestand jedoch ein statistisch signifikanter Nachteil für die Interventionsgruppe im Punkt schwerwiegende unterwünschte Ereignisse (hier Pneumonien). Hinsichtlich des Endpunktes gesundheitsbezogene Lebensqualität bestand auch hier die bereits genannte Verzerrungsproblematik. Die Autoren selbst betrachten ihr Studienergebnis als vorläufig und sehen die Notwendigkeit weiterer Studien mit längeren Nachbeobachtungszeiten. Das MDS-Gutachten ZE2017-136 kommt in der Abwägung zu dem Ergebnis, dass keinen Hinweisen für einen Nutzen der Lungenvolumenreduktion mittels Coils im klinischen Endpunkt körperliche Leistungsfähigkeit Belege für einen Schaden gegenüberstünden; bei der Datenlage ergebe sich eine negative Nutzen- und Schadensbilanz, so dass auch nicht von einem Potential der Methode gesprochen werden könne. Diese Einschätzung wird durch das von Dr. St. mitgeteilte Ergebnis des MDS-Gutachten ZE2018-136 aufgrund einer Literaturrecherche am 25. Oktober 2017 aktuell bestätigt. Im Abschlussbericht des IQWiG sind in Auswertung der drei randomisiert-kontrollierten Studien zwar für die Subgruppe der Patienten mit einem pulmonalen Restvolumen von mindestens 225 % Soll – wie beim Antragsteller – ein Beleg für Nutzen der Methode bezüglich der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie jeweils Hinweise auf Nutzen hinsichtlich der Symptomatik (Atemnot) und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität gesehen worden. Beschrieben wird aber auch ein Beleg für Schaden im Hinblick auf vermehrte weitere unerwünschte Wirkungen. Ausdrücklich wird hervorgehoben, dass die Datenlage insgesamt wenig aussagekräftig sei, insbesondere da ausschließlich kurzfristige Ergebnisse bis zu einem Jahr vorlägen. Dr. St. weist darüber hinaus darauf hin, dass nach dem – vorgelegten – im Januar 2017 publizierten follow-up von Kontogianni et al. (retrospektive Analyse eines Zentrums von 86 Patienten mit schwerem COPD und inkompletten Fissuren nach einem Jahr) sämtliche zunächst festgestellte signifikante Verbesserungen (z.B. des FEV1-Wertes oder des 6-Minuten-Gehtests) nach zwölf Monaten nicht mehr nachweisbar waren. Darüber hinaus führte danach die bilaterale Coil-Implantation im Vergleich zur Patientengruppe mit einseitiger Versorgung nicht zu signifikanten Verbesserungen. Der GOLD-Report weist die Lungenvolumenreduktion mittels Coils zwar der Evidenzklasse B zu; gleichzeitig wird jedoch darauf verwiesen, dass zusätzliche Daten erforderlich sind, um die optimale Patientenpopulation für ein spezifisches bronchoskopisches Lungenvolumenreduktionsverfahren (zu denen u.a. die Implantation von Coils zählt) zu definieren und um die Langzeitwirkungen bzw. -schäden mit denen der chirurgischen Lungenvolumenreduktion zu vergleichen. In dem von Dr. St. angeführten Systematischen Review in der Cochrane Library von Februar 2017 werden unter Einschluss von 2011 bis November 2016 publizierten Studien ebenfalls signifikante Effekte auf den FEV1-Wert und die Lebensqualität der signifikant höheren Rate an Komplikationen gegenübergestellt. Die Schlussfolgerung des Review lautete danach, dass die Resultate aus den Studien für ausgewählte Patienten ein verbessertes klinisches Outcome zeigten, diesem allerdings eine erhöhte Anzahl schwerwiegender Nebenwirkungen/Komplikationen gegenüberstehe. Effekte auf die Mortalität könnten nicht abgeleitet werden. Die Studienergebnisse seien durch das Fehlen von Langzeitdaten () 12 Monate) limitiert. Dr. St. kommt daher überzeugend zu dem Ergebnis, dass die Lungenvolumenreduktion mittels Coils derzeit nicht dem Qualitätsgebot des SGB V entsprechen.
Aus der S2k-Leitlinie ergibt sich nichts anderes. Empfehlungen aus S2k Leitlinien enthalten im Gegensatz zu S2e-Leitlinien keine Angabe von "Evidenz"- und Empfehlungsgraden, da keine systematische Aufbereitung der "Evidenz" zugrunde liegt. Vielmehr wird jede Empfehlung im Rahmen einer strukturierten Konsensfindung unter neutraler Moderation diskutiert und abgestimmt, deren Ziele die Lösung noch offener Entscheidungsprobleme, eine abschließende Bewertung der Empfehlungen und die Messung der Konsensstärke sind. Der Leitlinie ist eine Beschreibung zum methodischen Vorgehen (Leitlinien-Report) hinterlegt (http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk/ll-entwicklung/awmf-regelwerk-01-planung-und-organisation/po-stufenklassifikation/klassifikation-s2e-und-s2k). Nach dem Leitlinienreport für die hier maßgebliche L2k-Leitlinie wurden als Ergebnis des Konsensusprozesses starke und schwache Empfehlungen mit "soll" und "sollte" formuliert und ausgesprochen. Wenn keine eindeutige Empfehlung anhand der konsertierten Meinung der Autoren abgegeben werden konnte, wurden Empfehlungen mit "kann" formuliert. Soweit also in der S2k-Leitlinie (S. 51) ausgeführt wird, "insgesamt kann eine endoskopische Lungenvolumenreduktion nach Ausschöpfung aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten des ausgeprägten Emphysems unter Einschluss der pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit ausgeprägter Dyspnoe erwogen werden, wenn die Kriterien für die Implantation von Ventilen oder Coils erfüllt sind", handelt es sich ("kann") um keine eindeutige Empfehlung anhand der konsertierten Meinung. Die Empfehlung zur Lungenvolumenreduktion mittels Coils ist also weder evidenz- noch konsensbasiert. Vielmehr wird auch hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass weitere randomisiert kontrollierte Studien notwendig sind, um die Verfahren mit hinreichender Evidenz zu etablieren. Daher kann auch der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK keine weitergehende Bedeutung zukommen.
dd) Die bereits einseitig durchgeführte Lungenvolumenreduktion mittels Coils am rechten Unter- und Mittellappen begründet keinen Sachleistungsanspruch auf eine entsprechende Behandlung links.
Die Ausführungen von Prof. Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 9. Februar 2018, die Lungenvolumenreduktion mittels Coils sei ausweislich der vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen "grundsätzlich" eine bilateral durchzuführende Behandlung, treffen bereits keine Aussage über die tatsächliche Notwendigkeit einer beidseitigen Behandlung im Falle des Antragstellers. Darüber hinaus ist die grundsätzliche Aussage für den Senat nicht nachvollziehbar, denn den oben genannten Studien ist eine solche Aussage oder Schlussfolgerung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die S2k-Leitlinie. Des Weiteren hat Dr. St. überzeugend darauf hingewiesen, dass nach dem follow-up von Kontogianni et al. die Implantation der Coils auf der zweiten Seite keine signifikante weitere Verbesserung ergab. Schließlich stehen der beidseitigen Behandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung die bereits dargelegten generellen Gründe entgegen.
b) Der Antragsteller kann sich auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 GKV-VStG vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012, berufen.
Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
aa) Eine notstandsähnliche Situation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1a SGB V setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 30 ff und B 1 KR 7/05 R – juris, Rn. 19 ff) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R – juris, Rn. 21 und B 1 KR 7/05 R – juris, Rn. 21 und vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 15). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 – 1 BvR 452/17 – juris, Rn. 22).
Vorliegend fehlen bereits Anhaltspunkte für eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung in diesem Sinne. Zwar kann die COPD-Erkrankung einen schicksalhaften Verlauf nehmen. Vorausgesetzt wird in § 2 Abs. 1a SGB V jedoch eine notstandsähnliche Situation, die nur dann vorliegt, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls droht, dass sich der tödliche Krankheitsverlauf bzw. der nicht kompensierbare Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums wahrscheinlich verwirklichen wird (BVerfG, Beschlüsse vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18 und vom 26. März 2014 – 1 BvR 2415/13 – juris, Rn. 14; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – juris, Rn. 21; BT-Drucks 17/6906 S. 53). Eine solche akute Notsituation hat der Antragsteller nicht behauptet oder substantiiert dargelegt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme von Prof. Dr. H. als sachverständiger Zeuge. Darin führt dieser lediglich aus, bei der COPD-Erkrankung des Schweregrades, wie sie beim Antragsteller vorliege, handle es sich unstrittig um eine lebensbedrohliche und regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung. Eine notstandsähnliche Situation im konkreten Fall ist mit dieser allgemeinen Darstellung gerade nicht dargelegt. Hierauf hat bereits Dr. St. zu Recht hingewiesen.
bb) Eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht.
Das Bestehen einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die angewandte Methode ist nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen. Dies ändert mithin nichts an der Heranziehung und Maßgeblichkeit allein wissenschaftlicher Maßstäbe zur Beurteilung eines Behandlungserfolgs im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie sich z.B. in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und auch in § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V niederschlagen und in Sondersituationen evidenzbezogen abgestuft zur Anwendung gelangen können. Ziel der grundrechtsorientierten Auslegung ist es, die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen. Die aufgezeigte Zielsetzung begrenzt zugleich die Reichweite einer grundrechtsorientierten Auslegung. So reichen rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt sind, hierfür nicht aus. Es ist auch nicht zulässig, den Rechtsgütern des Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Schutzmechanismen zu entziehen, die die Rechtsordnung hierfür vorsieht (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R – juris, Rn. 32 m.w.N.).
Aussichten auf eine Heilung der beim Antragsteller vorliegenden Krankheit oder auf ein Hinausschieben des schicksalhaften Verlaufs bestehen durch die begehrte Lungenvolumenreduktion mittels Coils nicht. Wie oben dargelegt, ergab sich für das Verfahren kein Anhaltspunkt für einen Nutzen hinsichtlich der Mortalität (vgl. insbesondere Abschlussbericht des IQWiG S. iii; MDS-Gutachten ZE2017-136). Insbesondere die drei genannten randomisiert-kontrollierten Studien ergaben keine Hinweise auf einen solchen Nutzen. In der S2k-Leitlinie ist ein solcher Nutzen ebenfalls nicht beschrieben. Auch in der Gemeinsamen Stellungnahme der DGP und des VPK wird die Coilimplantation unter Hinweis auf eine Verbesserung der Lebensqualität als (lediglich) palliative Behandlungsmethode bezeichnet. Soweit überhaupt ein Nutzen der Behandlungsmethode für die körperliche Leistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität gesehen wurde, steht dem – wie oben dargelegt – ein Beleg für Schaden im Hinblick auf vermehrte schwerwiegende unerwünschte Wirkungen gegenüber. Diese bestanden in Infektionen der unteren Atemwege inklusive Pneumonien und Pneumothoraces. Es zeigte sich ein Trend für COPD-Exazerbationen. Hinweise auf solche Nachteile bestehen auch gerade im vorliegenden Fall des Antragstellers. So hat Dr. St. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass nach den bei der Antragsgegnerin gespeicherten Daten der Antragsteller vom 24. bis 31. Juli 2017, also nach der rechtsseitigen Coilimplantation, wegen einer Lobärpneumonie stationär behandelt wurde. Wegen des in diesem Zusammenhang ebenfalls diagnostizierten Pleuraergusses rechts und der bildgebend nachgewiesenen Narbenstruktur im oberen Bereich des rechten Unterlappens ist demnach davon auszugehen, dass die genannte Lobärpneumonie auf der rechten Seite lokalisiert war, also auf der Seite der Coilimplantation. Des Weiteren kam es nach dieser zu mehreren Exazerbationen der COPD, die zu mehrtätigen stationären Krankenhausbehandlungen führten. Diese Angaben hat der Antragsteller nicht in Abrede gestellt. Bei einer Nutzen-Schaden-Bewertung ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass die vorgesehene Lungenvolumenreduktion mittels Coils im Falle ihrer Durchführung eine endgültige Maßnahme darstellt. Die Explantation von Coils ist in der Regel nicht möglich (S2k-Leitlinie, S. 50).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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