L 9 AS 543/18 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3952/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 543/18 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (L 9 AS 543/18 ER-B) wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten im Rahmen der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sowie die Überprüfung der Anrechnung von Einkommen.

Der 1988 geborene Antragsteller Ziffer 1 lebte mit seinen Kindern J. und J., beide geboren 2008 (Antragstellerinnen Ziffer 3 und 4), zunächst in einer Wohnung in M. und bezog vom zuständigen Jobcenter Arbeitslosengeld II (Alg II). Die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) betrugen insgesamt 573,99 EUR. Am 30.09.2016 teilte der Antragsteller Ziffer 1 mit, am 01.10.2016 zusammen mit seinen Kindern in eine neue Wohnung umzuziehen (in M.) und hierbei eine Wohngemeinschaft mit seiner Cousine, der Antrag¬stellerin Ziffer 2, die nicht im Leistungsbezug stehe, zu begründen. Für diese Wohnung fiel eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 1604,- EUR an (Grundmiete 1186,- EUR, Stellplatz 80,- EUR, Nebenkosten inklusive Heizkosten 338,- EUR). Mit Bewilligungsbescheid vom 30.09.2016 wurde dem Antragsteller Ziffer 1 und seinen Kindern Alg II in Höhe unter Zugrundelegung von KdU in Höhe von 503,25 EUR unter Hinweis darauf bewilligt, es könnten bei der Grundmiete lediglich die angemessenen Kosten übernommen werden, da der Mietvertrag ohne vorherige Zusicherung des Jobcenters unterschrieben worden sei. Im Dezember 2016 verzogen die Antragsteller Ziffer 1 - 4 ohne schriftliche Zusicherung des Jobcenters in die jetzt von ihnen bewohnte Wohnung, für die eine Grundmiete in Höhe von 880,- EUR, Nebenkosten in Höhe von 120,- EUR sowie Heizkosten in Höhe von 242,- EUR monatlich anfallen. Am 09.01.2017 beantragte der Antragsteller Ziffer 1 für sich, seine Kinder sowie nun auch für die Antragstellerin Ziffer 2 Alg II. Das vormals zuständige Jobcenter hob mit Bescheid vom 24.01.2017 die Bewilligung von Leistungen ab 01.02.2017 auf.

Mit Schreiben vom 30.12.2017 wurde das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin Ziffer 2 mit Wirkung zum 31.01.2017 gekündigt.

Mit Bewilligungsbescheid vom 01.02.2017 wurden den Antragstellern monatliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 1603,- EUR ab Februar bis Dezember 2017 bzw. in Höhe von 1599,- EUR für Januar 2018 bewilligt. Hierbei legte der Antragsgegner eine Kaltmiete in Höhe von 470,- EUR sowie kalte Nebenkosten in Höhe von 95,50 EUR als angemessene Unterkunftskosten sowie 104,- EUR als angemessene Heizkosten zugrunde. Nachdem die Antragstellerin Ziffer 2 eine Beschäftigung als Friseurin aufgenommen hatte, erging am 09.05.2017 ein Änderungsbescheid, wonach unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2017 wegen Einkommensanrechnung ab Mai bis Dezember 2017 Alg II in Höhe von nunmehr nur noch 1149,96 EUR und ab Januar 2018 in Höhe von 1145,96 EUR bewilligt wurden.

Gegen die Bescheide vom 01.02.2017 sowie 09.05.2017 wurde kein Widerspruch eingelegt.

Mit Bescheid vom 25.11.2017 erfolgte eine Neuberechnung des Alg II für Januar 2018 wegen Neufestsetzung des Regelbedarfs. Den Antragstellern wurde nun Alg II in Höhe von 1167,96 EUR für Januar 2018 bewilligt. Nachdem das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin Ziffer 2 im Juli 2017 gekündigt worden war und die Lohnabrechnungen für die Monate April 2017 bis August 2017 bei dem Antragsgegner eingegangen waren, erließ dieser am 29.11.2017 einen weiteren Änderungsbescheid, wonach unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 02.02.2017, 09.05.2017 und 25.11.2017 unter Zugrundelegung der Einkünfte aus Arbeitseinkommen die Höhe des Alg II für die Monate Mai bis einschließlich Januar 2018 neu berechnet wurde. Es ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 3013,04 EUR.

Auch gegen die Bescheide vom 25.11.2017 sowie 29.11.2017 wurde kein Widerspruch eingelegt.

Am 12.12.2017 beantragten die Antragsteller Ziffer 1 sowie Ziffer 4 die Überprüfung des Bescheides vom 09.05.2017 für den Zeitraum Mai 2017 bis Januar 2018 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der Begründung, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien in der tatsächlich anfallenden Höhe zu übernehmen. Auch werde die Wohnung mit Strom beheizt, wofür die Kosten zu bewilligen seien. Die Pauschale für die Wassererwärmung reiche nicht aus, da der Wasserboiler mehr Strom verbrauche als ein Durchlauferhitzer. Das Einkommen der Antragstellerin Ziffer 2 sei zu hoch angesetzt worden, auch seien die Abfallgebühren nicht berücksichtigt worden. Der Vermieter habe die fristlose Kündigung ausgesprochen, da Mietrückstände entstanden seien.

Mit Bescheid vom 13.12.2017 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung ab, der Antragsteller Ziffer 1 habe den Mietvertrag unterzeichnet, ohne vorher die Zusicherung des Jobcenters einzuholen, so dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf den angemessenen Umfang zu beschränken seien. Die Verdienstabrechnungen der Antragstellerin Ziffer 2 seien mit Bescheid vom 29.11.2017 bereits berücksichtigt worden, die Nachzahlung sei bereits ausbezahlt worden. Um die Heiz- und Nebenkosten berechnen zu können, werde um Übersendung der Nebenkostenabrechnungen gebeten. Außerdem möge die Wohnungskündigung übersandt werden.

Am 28.12.2017 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Mannheim (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Ziel der Gewährung der tatsächlichen Unterkunftskosten und Berücksichtigung der Einnahmen der Antragstellerin Ziffer 2 in tatsächlicher Höhe. Die Wohnung in M. sei insgesamt 600,00 EUR teurer gewesen, die derzeitige Wohnung sei vom Vermieter nun gekündigt worden, es hätten Mietrückstände bestanden. Diese hätten aus der zu hohen Anrechnung des Einkommens der Antragstellerin Ziffer 2 und der zu niedrig bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung resultiert. Es werde bestritten, dass ein schlüssiges Konzept vorliege zur Berechnung der angemessenen Unterkunftskosten. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.11.2006 habe der Antragsgegner eine konkrete Angemessenheitsprüfung durchzuführen, wenn die Wohnung nach den abstrakten Maßstäben unangemessen sei. Dies habe der Antragsgegner nicht getan. Somit bestehe ein Anordnungsanspruch. Durch die Kündigung des Vermieters und das Ende des Mietvertrages zum 31.12.2017 sei auch ein Anordnungsgrund gegeben. Die Antragsteller könnten nicht ausziehen, da sie bisher keine neue Wohnung gefunden hätten. Die Antragsteller Ziffer 3 und 4 seien in ihrem Kindeswohl gefährdet, wenn in so kurzer Zeit wieder ein Umzug und Wechsel der Schule anstehe. Sie hätten in letzter Zeit schon einiges durchmachen müssen, der Antragsteller Ziffer 1 habe das alleinige Sorgerecht nach Trennung von der Kindsmutter erstritten. Diese habe dann die Antragsteller Ziffer 3 und 4 unberechtigterweise von der Schule abgeholt und dem Antragsteller Ziffer 1 rechtswidrig entzogen. Durch einen Polizeieinsatz gegen die Kindsmutter seien die Kinder wieder zurück zum Antragsteller Ziffer 1 gebracht worden. Hierdurch hätten sie lange Zeit Schlafstörungen und Angstzustände gehabt. Der Erhalt eines stabilen Umfeldes für das Kindswohl sei unbedingt notwendig.

Hierzu hat der Antragsgegner vorgetragen, das schlüssige Konzept sei wiederholt vom Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg bestätigt worden. Die Antragsteller seien ohne Zusicherung in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners gezogen und zeigten zudem keinerlei Bemühungen zur Senkung der Kosten der Unterkunft. Das Einkommen der Antragstellerin Ziffer 2 sei entsprechend den eingereichten Abrechnungen angerechnet worden, so dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vorlägen.

Mit Beschluss vom 05.01.2018 (den Antragstellern zugestellt am 10.01.2018) hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da die Antragsteller schon das Vorliegen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht hätten. Ein solcher sei auch nicht ersichtlich. Gegen den Bewilligungsbescheid vom 29.11.2017, mit dem den Antragstellern Leistungen unter Berücksichtigung der geänderten Einkommenssituation der Antragstellerin Ziffer 2 bewilligt wurde, sei bis zum heutigen Tage kein Widerspruch eingelegt worden. Der Bescheid sei mithin zwischenzeitlich bestandskräftig geworden, so dass die Höhe der zu bewilligenden Leistungen bestandskräftig feststehe. Die Bestandskraft dieses Bescheides lasse sich auch nicht durch einen Antrag auf einstweilige Anordnung an das Gericht umgehen. Weshalb die Antragsteller am 13.12.2017 einen Überprüfungsantrag in Bezug auf einen schon längst nicht mehr maßgeblichen Bescheid, nämlich den vom 09.05.2017, gestellt hätten, sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei zu diesem Zeitpunkt schon der Bescheid vom 29.11.2017 gewesen. Zum Zeitpunkt der Stellung des Überprüfungsantrages hätte gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt werden können. Dies sei jedoch gerade nicht erfolgt. Auch sei eine entsprechende Umdeutung des Über¬prüfungsantrages nicht möglich, da die Antragsteller rechtsanwaltlich vertreten seien und die Rechtsan¬wältin ausdrücklich einen Überprüfungsantrag und eben gerade keinen Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt habe. Vor dem Hintergrund der bestandskräftigen Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II bestehe ein Anordnungsanspruch der Antragsteller auf die begehrten höheren Leistungen nicht. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.11.2017 das Einkommen der Antragstellerin Ziffer 2 so berücksichtigt worden sei wie vorgetragen, so dass auch insoweit der gestellte Überprüfungsantrag nicht nachvollziehbar sei. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden. Zwar hätten die Antragsteller sowohl dem Antragsgegner gegenüber als auch dem Gericht gegenüber behauptet, ihr Mietverhältnis sei vom Vermieter gekündigt worden, doch sei diese Vermieterkündigung nicht vorgelegt worden. Ein Anordnungs¬grund sei schon aus diesem Grunde nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass der Antragsgegner den Antragstellern vor dem Hintergrund der Frage der Höhe der Nebenkosten und Heizkosten mit dem Schreiben vom 13.12.2017 ausdrücklich Gelegenheit gegeben habe, entsprechende Unterlagen für höhere Heiz- und Nebenkosten vorzulegen bis zum 28.12.2017. Auch dem seien die Antragsteller in keiner Weise nachgekommen. Insoweit sei nicht ersichtlich, weshalb sich an das Gericht gewandt werde, wenn näherliegende Hilfemöglichkeiten bestünden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei daher abzulehnen. Da die Mindestbeschwerdesumme von 750,- EUR nicht erreicht werde, sei der Beschluss unanfechtbar.

Hiergegen haben die Antragsteller am 09.02.2018 Beschwerde beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt unter Wiederholung ihrer bisherigen Begründung. Ergänzend ist vorgetragen worden, der Umzug sei beim Jobcenter M. angezeigt worden und der zuständige Sachbearbeiter habe diesem mündlich zugestimmt. Dies könne aber keine Rolle spielen, da die jetzigen Kosten der Unterkunft niedriger seien als die der vorher bewohnten Wohnung. Im Übrigen verfüge der Antragsgegner nicht über ein schlüssiges Konzept, jedenfalls nicht über ein solches in Bezug auf die Heiz- und Nebenkosten. Der vorläufige Bewilligungsbescheid sei zwar nicht mit dem Widerspruch angegriffen worden, doch sei die endgültige Bewilligung schon vor dem Antrag auf einstweilige Anordnung beantragt worden. Eine endgültige Bewilligung stehe noch aus. Durch die fehlende endgültige Bewilligung und die nachzuzahlenden Leistungen sei der Beschwerdewert gegeben. Ergänzend ist zuletzt vorgetragen worden, die Antragsteller fänden keine andere Wohnung, die innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liege. Sie seien aus M. weggezogen, da die Kindesmutter die Kinder unerlaubterweise von der Schule abgeholt habe und sich geweigert habe, sie wieder an den Antragsteller Ziffer 1 herauszugeben. Diese hätte mit polizeilichen Maßnahmen der Kindesmutter entzogen werden müssen. Um einer erneuten rechtswidrigen Entziehung durch die Kindesmutter zu entgehen, sei der Wegzug aus M. erfolgt. Der Vermieter habe inzwischen Räumungsklage erhoben, sei aber auch heute noch zu Gesprächen bereit und wolle die Antragsteller gerne im Haus wohnen lassen.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Januar 2018 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlich anfallender Höhe zu gewähren und die Einnahmen der Antragstellerin Ziffer 2 den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hat auf die Gründe im Beschluss des SG verwiesen.

Aufgrund eines Weiterbewilligungsantrags wurde den Antragstellern mit Bescheid vom 08.02.2018 Alg II in Höhe von monatlich 1621,- EUR bewilligt. Widerspruch hiergegen erfolgte nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2018 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.12.2017 (Überprüfungsantrag) zurück.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen. II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden und statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Beschwerdewert wird erreicht. Zwar versäumt die Bevollmächtigte der Antragsteller, einen konkreten Zeitraum anzugeben, für den sie die vollständige Zahlung der Kosten der Unterkunft begehrt, doch ergibt sich durch Auslegung, dass eine Nachzahlung ab Mai 2017 gewünscht wird, um die aufgelaufenen Mietschulden begleichen zu können. Da monatlich zwischen tatsächlich anfallenden Kosten (Kaltmiete 880,- EUR, Nebenkosten 120,- EUR, Heizkosten 242,- EUR, zusammen 1242,- EUR) und den gezahlten Unterkunftskosten durch das Jobcenter (Grundmiete 470,- EUR, Heizkosten 104,- EUR, Nebenkosten 95,- EUR, zusammen 669,- EUR) eine Differenz von 573,- EUR besteht, ist der Beschwerdewert von 750 EUR bei einer begehrten mehrmonatigen Nachzahlung erreicht.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG, Beschlüsse vom 07.04.2011, B 9 VG 15/10 B, und vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).

Das Begehren der Antragsteller auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens betrifft zum einen den Zeitraum ab Mai 2017 bis Ende Januar 2018 (vgl. § 44 SGB X-Überprüfungsantrag bezüglich des Bescheides vom 09.05.2017), zum anderen den Zeitraum ab 01.02.2018 (Bewilligungsbescheid vom 08.02.2018).

Hinsichtlich der Zeit ab Februar 2018 scheidet die Gewährung von Leistungen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes aus, da der Bewilligungsbescheid vom 08.02.2018, in dem Leistungen ab Februar 2018 bewilligt wurden, mangels Widerspruchs bestandskräftig geworden ist. Liegt bezüglich des einstweiligen Rechtsschutzverlangens bereits eine Verwaltungsentscheidung vor, die zwischenzeitlich unanfechtbar und damit bestandskräftig geworden ist, mangelt es schon an einem streitigen Rechtsverhältnis, bezüglich dessen mit dem Eilantrag eine vorläufige Regelung erstrebt werden kann. Das betrifft die Statthaftigkeit und damit Zulässigkeit des Begehrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.12.2016, L 7 AS 4120/16 ER-B, Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage a.a.O., § 86b Rdnr. 7; zur Frage, ob die Prüfung der Bestandskraft im Rahmen der Begründetheit oder Zulässigkeit des Antrags nach § 86b oder beim Rechtsschutzbedürfnis anzusiedeln ist, s. Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand 16.04.2018, § 86b SGG, Rdnr. 302 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass den Antragstellern der Bescheid vom 08.02.2018 nicht zugegangen sein sollte, liegen nicht vor.

Hinsichtlich der Zeit ab Mai 2017 bis Ende Januar 2018 haben die Antragsteller einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X gestellt, mit dem eine Überprüfung des Bescheides vom 09.05.2017 begehrt wurde, der wiederum den Bewilligungsbescheid vom 01.02.2017 abgeändert hat. Auch wenn der Bescheid vom 09.05.2017 keine Regelung hinsichtlich der KdU traf, sondern sich nur auf die neuen Einkommensverhältnisse bezogen hat, hat der Beklagte im Bescheid vom 13.12.2017 eine Überprüfung der KdU vorgenommen und damit strenggenommen den Bewilligungsbescheid vom 01.02.2017 überprüft, wenn auch nur in Bezug auf den Zeitraum ab Mai 2017 und nicht bereits ab Februar 2017. Die weiteren Änderungsbescheide vom 25.11.2017 bzw. 29.11.2017 haben keine Regelung in Bezug auf die KdU getroffen. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse ist der Änderungsbescheid vom 09.05.2017 durch den nachfolgenden Bescheid vom 29.11.2017 wiederum abgeändert worden, so dass auch dieser Teil der Überprüfung gemäß § 44 SGB X geworden ist.

Grundsätzlich ist auch im Überprüfungsverfahren der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig. Jedoch sind, wenn im Rahmen eines laufenden Überprüfungsverfahrens ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt wird, besonders strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen. Soll ein bestandskräftiger Bescheid in einem solchen Verfahren zurückgenommen werden, so ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungsverfahren bzw. in einem anschießenden gerichtlichen Hauptsachverfahren abzuwarten (Sächsisches LSG, Beschluss vom 29.08.2016, L 8 AS 675/16 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.04.2011, L 5 AS 342/10 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013, L 19 AS 638/13 B ER; Juris). Zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes ist es in diesem Fall erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt werden (Sächsisches LSG a.a.O.; Thüringer LSG, Beschluss vom 14.09.2011, L 10 AL 434/10 ER). Darüber hinaus kann eine einstweilige Anordnung in derartigen Fällen nur ergehen, wenn die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen Bescheids offensichtlich ist und deshalb mit einem für den Antragsteller positiven Ausgang des Überprüfungsverfahrens zu rechnen ist (Sächsisches LSG, a.a.O.; Bayerisches LSG, Beschluss vom 11.09.2015, L 16 AS 510/15 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.11.2013, L 9 KR 254/13 B ER; Juris). Dies ist jedoch vorliegend – wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt – nicht der Fall.

Die Antragsteller erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören u. a. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (§ 7 Abs. 3 Nr. 1), als Partnerin der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlegt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung für einander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c) sowie die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 SGB II genannten Personen (also insbesondere der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten), wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Der 1988 geborene Antragsteller und seine Lebensgefährtin, die im Jahr 1982 geborene Antragstellerin Ziffer 2, sind erwerbsfähig, haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und sind auch hilfebedürftig, ebenso wie die Antragsteller Ziffer 3 und 4, die als unverheiratete Kinder zur Bedarfsgemeinschaft gehören. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach u. a. § 19 Abs. 1 SGB II erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Vorliegend war das Einkommen der Antragstellerin Ziffer 2, das diese aus ihrer Beschäftigung als Friseurin erzielte, auf die Alg II-Leistungen anzurechnen. Wie sich aus dem Bescheid vom 29.11.2017 ergibt, wurde das Einkommen der Antragstellerin Ziffer 2 aus den Verdienstabrechnungen übernommen und um die Freibeträge gemäß § 11 b Abs. 2 und 3 SGB II reduziert. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

Auch hinsichtlich der KdU ergibt sich kein Anspruch auf höhere Zahlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Hinsichtlich der Bruttokaltmiete fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und hinsichtlich der Heizkosten an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (st. Rspr. des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R; Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R; Juris). Dabei ist zwischen der Leistung für die Unterkunft und der Leistung für die Heizung zu unterscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 13 AS 26/08 R; Juris). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteile vom 07.11.2006 und vom 17.12.2009, a.a.O., m.w.N.). Die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft ist entsprechend der zitierten Rechtsprechung unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. Im nächsten Schritt ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine Wohnung einfachen Standards aufzuwenden ist (Referenzmiete), indem eine Datenerhebung und Datenauswertung durch den kommunalen Träger bzw. das Jobcenter erfolgt. Zuletzt ist zu prüfen, ob für den Leistungsberechtigten eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung verfügbar und zugänglich ist (s. hierzu Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rdnr. 80).

Als angemessene Wohnungsgröße ist vorliegend eine Wohnfläche von 90 m² zu berücksichtigen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (ständige Rspr. des BSG seit Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 06.10.2011, B 14 AS 131/10 R; Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 45/14 R; Juris). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl. BSG, Urteil vom 06.10.2011, a.a.O.). Das Land Baden-Württemberg hat keine gesetzlichen Ausführungsvorschriften erlassen, jedoch ist auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.02.2002 (GABl. S. 240, i.d.F. vom 22.02.2004, GABl. S. 248) zurückzugreifen, auch wenn diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl. BSG, Urteile vom 22.03.2012, B 4 AS 16/11 R, und vom 13.04.2011, B 14 AS 106/10 R; Juris). Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt wie dem des Antragstellers eine Wohnungsgröße von bis zu 90 m² angemessen. Die vom Antragsteller und den weiteren Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnung hat eine Größe von 128 m² und ist damit nicht mehr angemessen.

Der vom Beklagten zugrundegelegte maßgebliche Vergleichsraum, bestehend aus den Gemeinden H., H., W. und S., ist nicht zu beanstanden. Der räumliche Vergleichsmaßstab ist so zu wählen, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen (BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R; s. zuletzt Urteil vom 16.06.2015, B 4 AS 14/44 R, Juris). Deshalb ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; Juris). Entscheidend ist, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, Juris). Vorliegend ist der Wohnort des Antragstellers Wilhelmsfeld mit seinen lediglich rund 3200 Einwohnern (vgl. wikipedia.de; Stand Mai 2018) zu klein, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Insofern waren weitere Gemeinden in den Vergleichsraum miteinzubeziehen. Im KdU-Konzept des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis, Stand 01.10.2016, wird hierzu unter der Überschrift "Gründe und Kriterien für die Bildung der einzelnen Vergleichsräume (Stand 22.08.2011)" ausgeführt, diese Gemeinden seien hinsichtlich ihrer Struktur und Lage im Sinne eines homogenen Lebensraumes miteinander vergleichbar. Allesamt lägen östlich der B.straße im O. und bildeten den Gemeindeverwaltungsverband S. mit Sitz in S ... Die Gemeinde W. sei Mitglied der Volkshochschule (VHS) S., die Gemeinden H. und S. Außenstellen der VHS E. Angesichts dieser Ausführungen erscheint dem Senat nach der gebotenen summarischen Prüfung die Heranziehung dieser Gemeinden in den hier maßgeblichen Vergleichsraum nachvollziehbar und besteht kein Anlass, einen anderen Vergleichsraum zu wählen.

Wenn danach die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für einen Vier-Personen-Haushalt in Baden-Württemberg 90 m² beträgt und der örtliche Vergleichsmaßstab auf die oben genannten Gemeinden zu begrenzen ist, ist weiter festzustellen, wie hoch die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards – Referenzmiete – in diesem Raum ist. Nur auf dieser Grundlage kann beurteilt werden, ob die tatsächlichen Aufwendungen des Antragstellers diese Angemessenheitsobergrenze überschreiten. Somit ist in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf dem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R; Juris). Hierbei ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen, da die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein können. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (BSG, Urteil vom 22.09.2009, a.a.O. m.w.N). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Die Schlüssigkeitsanforderungen hat das BSG wie folgt zusammengefasst (vgl. Urteil vom 22.09.2009, a.a.O.; Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R; Juris):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Die vom Beklagten zugrunde gelegte Obergrenze der Nettokaltmiete für einen Vier-Personen-Haushalt von 470 EUR zuzüglich kalter Betriebskosten in Höhe von 95,50 EUR ist – jedenfalls nach summarischer Überprüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren - nicht zu beanstanden (s. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2014, L 12 AS 1547/14, Juris). Das vom Beklagten entwickelte Konzept, das im Kreisgebiet 16 Mietenstufen (Vergleichsräume) vorsieht, in welche die jeweiligen Gemeinden eingeteilt sind, beruht auf einer Auswertung, die das Institut "empirica Forschung und Beratung ag" (im Folgenden empirica) auf Grund einer Analyse des Wohnungsmarktes im R.-Kreis im Auftrag des Beklagten erstellt hat. Seit Dezember 2011, aktualisiert 2013 und 2016, hat empirica für den R.-Kreis Miet- obergrenzen für angemessene Unterkunftskosten ermittelt. Hierbei hat empirica als Datengrundlage die Mieten verfügbarer Wohnungen herangezogen, hierbei zum einen die Mieten verfügbarer öffentlich inserierter Wohnungen (Wohnungsinserate in Internet und Zeitung), zum anderen Mieten nicht öffentlich inserierter Wohnungen, z.B. Daten von örtlichen Wohnungsunternehmen. Mieten öffentlich inserierter Wohnungen werden von der empirica-Preisdatenbank erfasst, die Immobilienanzeigen automatisiert archiviert (s. hierzu Ausführungen unter "Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft im R.-Kreis, Aktualisierung 2016, Seite 9 ff.; s. auch Anhang zu Kap. 3 (Grundmiete) unter Punkt 2.1.). Die empirica-Preisdatenbank umfasst hiernach seit 2004 kontinuierlich deutschlandweit recherchierte Immobilieninserate aus Internetquellen sowie Printmedien und deren Internetauftritte einschließlich der genauen Objektbeschreibung (Größe, Lage, Qualität, usw.), dem Standort (Gemeinde/Postleitzahlbezirk), der Preisvorstellung und dem Erscheinungsdatum. Hierbei erfolgt eine systematische und mehrstufige Dopplerbereinigung im Querschnitt (über alle Internetquellen und Printmedien) und Längsschnitt (über einen längeren Zeitraum), d.h. dass Wohnungsangebote, die einen längeren Zeitraum angeboten werden, nur einmal in die Datenbank aufgenommen werden. Zur Vermeidung systematischer Fehler wurden durch Plausibilitätsprüfungen unplausible Beobachtungen herausgefiltert ("Validität", z.B. untypische große/kleine Wohnflächen, untypisch hohe Mieten; s. hierzu Anhang zu Kap. 3, Punkt 2.1). Zur Wahrung der Repräsentativität wurde eine ausgewogene Berücksichtigung aller Wohnungsmarktsegmente und aller verfügbare öffentlichen Quellen angestrebt. Der Vollständigkeit halber wurden auch die Mieten nicht öffentlich inserierter Wohnungsangebote zusätzlich mit ausgewertet, indem in einer standardisierten Tabellenabfrage Wohnungsunternehmen angeben, zu welchen Mieten welche Wohnungen im letzten Jahr den Mieter gewechselt haben bzw. wie viele Wohnungen aktuell leer stehen und zu welcher Miete angemietet werden können (s. hierzu Tabelle über Anrufe bei den Baugenossenschaften, Hausverwaltungen, Wohnungsbaugesellschaften usw.). Diese Daten wurden zusätzlich in die empirica-Preisdatenbank aufgenommen. Weiterhin wurden für die Auswertungen im R.-Kreis für bestimmte Stichtage innerhalb des Auswertungszeitraums zusätzlich Daten vom R.-Kreis aus Wohnungsanzeigen der R.-Zeitung in die Datenbank mit aufgenommen. Für die Auswertung wurden für jeden Vergleichsraum alle bekannten Mietwohnungsangebote aller betrachteten Wohnungsgrößenklassen im gesamten Auswertungszeitraum aus der Preisdatenbank herausgefiltert, hier also im Zeitraum zwischen dem 01.01.2014 und 31.12.2015. Konkret flossen mehr als 15.000 Mietwohnungsangebote in die Auswertung im R.-Kreis ein. Sofern – wie vorliegend im Vergleichsraum 12 - die Mindestfallzahl von 100 nicht erreicht werden konnte, wurde mit Näherungswerten gearbeitet, d.h. die Richtwerte wurden über Näherungswerte noch weiter plausibilisiert (s. hierzu ausführlich die Ausführungen im Konzept unter 3.3.1.1). Nach summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz geht der Senat angesichts dieser umfangreichen und nachvollziehbaren Ausführungen im vorgelegten Konzept davon aus, dass den Anforderungen des BSG bezüglich des Gegenstands der Beobachtung, des Beobachtungszeitraums, der Art und Weise der Datenerhebung, der Repräsentativität und Validität in ausreichendem Ausmaß Genüge getan wurde (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2014, a.a.O.).

In einem nächsten Schritt wurden nun die Mieten aller (also sowohl der qualitativ hochwertigen als auch der einfacheren) im Auswertungszeitraum angebotenen Wohnungen in jedem Vergleichsraum für jede relevante Wohnungsgrößenklasse der Höhe nach sortiert in einer Kurve dargestellt (vgl. Lesebeispiel im Konzept unter 3.3.1.1). Da das untere Wohnungsmarktviertel als angemessen gilt, lässt sich die dort verlangte Höchstmiete entlang der 25 %-Linie ablesen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R, das sogar eine Orientierung an der 20 %-Größe zulässt). Aus der Tabelle zum hier relevanten Vergleichsraum 12 lässt sich daher bezüglich der Monatskaltmiete ein Wert von 470 EUR ablesen. Dieser Wert ist nachvollziehbar.

Datengrundlage für die Nebenkostenauswertungen im R.-Kreis sind die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen von Wohnungen, die im R.-Kreis von SGB II-Bedarfsgemeinschaften bewohnt werden (Quelle Jobcenter R.-Kreis, Stand 12.11.2015, vgl. Konzept unter 4.1.; zur Zulässigkeit, die kalten Nebenkosten aufgrund aktueller örtlicher Daten zu berechnen, s. nur Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Stand 09/17). Das BSG hält hier einen durchschnittlichen Wert für angemessen (s. hierzu BSG, Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R; Urteil vom 22.08.2012, B 14 AS 13/12 R). Vorliegend betragen die mittleren kalten Nebenkosten (Meridian, d.h. genau eine Hälfte aller Beobachtungen liegt darüber und die andere Hälfte darunter) für Wohnungen um 90 m² 80 EUR (vgl. Tabelle unter 4.2.1), das arithmetische Mittel (Durchschnittswert, also Summe aller Nebenkosten geteilt durch Fallzahl) beträgt 90 EUR (vgl. Abbildung 88 bei Anhang zu Kap. 4). Der vom Beklagten herangezogene Betrag von 95,50 EUR liegt sogar über beiden Werten. Als angemessene Bruttokaltmiete ist daher der vom Beklagten angesetzte Wert von aufgerundet 566 EUR (Nettokaltmiete in Höhe von 470 EUR zzgl. kalte Nebenkosten in Höhe von 95,50 EUR) nicht zu beanstanden. Diese angemessenen Kosten wurden durch die tatsächliche Bruttokaltmiete in Höhe von 1000 EUR bei weitem überschritten.

Der Senat geht davon aus, dass es im örtlichen Vergleichsraum ausreichend Wohnungen mit angemessener Bruttokaltmiete gibt, die angemietet werden könnten. Eine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu dem angemessenen Quadratmeterpreis zu finden, hat der 4. Senat des BSG schon in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – abgesehen von Ausnahmefällen – grundsätzlich verneint, weil es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht (BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R, Juris). Nachweise für eine intensive vergebliche Suche nach anderem Wohnraum wurden im Verfahren nicht vorgelegt.

Die unangemessen hohen Kosten der Bruttokaltmiete waren auch nicht für einen Sechs-Monats-Zeitraum zu übernehmen; einer Mietpreissenkungsaufforderung bedurfte es nicht. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind auch ungemessen hohe KdU als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Hierin liegt eine Zumutbarkeitsregelung im Sinne eines zeitlich beschränkten Bestandsschutzes, die verhindern soll, dass Leistungsberechtigte sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen werden, ihre bisherige Wohnung aufzugeben (vgl. Luik in Eicher/Luik, a.a.O., § 22 Rdnr. 132 m.w.N.). Schutzbedürftig sind insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit in einer unangemessenen Wohnung leben bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezuges z.B. durch eine Mieterhöhung unangemessen werden. Wird hingegen bösgläubig, also zurechenbar sowohl in Kenntnis des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezugs als auch unangemessener tatsächlicher Kosten der Unterkunft, beispielsweise ein Mietvertrag über eine "Luxuswohnung" abgeschlossen, brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom Grundsicherungsträger übernommen zu werden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; Juris). Vorliegend bewohnte der Antragsteller Ziffer 1 mit seinen Kindern bereits vom 01.10.2016 bis zum Umzug in die jetzige Wohnung eine zu teure Wohnung in M., und es wurden nur die angemessenen KdU übernommen in Höhe von insgesamt 756,76 EUR (angemessene Grundmiete 503,24 EUR, ¾ der tatsächlichen Nebenkosten inklusive Heizung 253,52 EUR). Im Dezember 2016 erfolgte dann der Umzug in den R.-Kreis und damit den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Auch wenn dem Antragsteller und den anderen Mitgliedern seiner BG die genaue Höhe angemessener KdU im R.-Kreis nicht bekannt gewesen sein dürfte, muss ihnen bewusst gewesen sein, dass jedenfalls die Kosten für die Anmietung eines Einfamilienhauses mit einer Größe von fast 130 m² und einer Grundmiete in Höhe von 880 EUR und kalten Nebenkosten in Höhe von 120 EUR zuzüglich Kosten für die Heizung in Höhe von 242 EUR nicht angemessen sein können, auch nicht für eine nunmehr vierköpfige BG. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Antragstellerin Ziffer 2 als Mitglied der BG erstmals im Januar 2017 Alg II beantragte und ihr Beschäftigungsverhältnis als Friseurin erst durch Kündigungsschreiben vom 30.12.2016 mit Wirkung zum 31.01.2017 verlor. Die Antragstellerin Ziffer 2 lebte bereits seit Oktober 2016 mit dem Antragsteller Ziffer 1 und dessen Kindern in einer Wohnung, so dass der Senat davon ausgeht, dass sie mit dessen finanzieller Situation vertraut war. Auch musste sie wissen, dass ihr monatliches Nettoeinkommen als Friseurin in Höhe von 809,50 EUR monatlich nicht ausgereicht hätte, um den Antragsteller Ziffer 1 und dessen Kinder zu ernähren und darüber hinaus noch die Miete zu bezahlen – insofern war auch ihr bewusst, dass sie auf die Leistungen des Jobcenters angewiesen sein würden.

Hinsichtlich der Bruttokaltmiete fehlt es daher bereits am Anordnungsanspruch.

Auch ein Anordnungsgrund ist nicht gegeben. Zwar ist hier vorgetragen worden, dass bereits Räumungsklage erhoben wurde, die bei Nachzahlung der geschuldeten Miete noch abgewendet werden könnte. Jedoch kommt vorliegend im Rahmen des § 44 SGB X und des hierauf gestützten Eilverfahrens lediglich eine Nachzahlung der Miete bis Ende Januar 2018 in Betracht, während die ab Februar aufgelaufenen Mietschulden aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 08.02.2017 nicht beglichen werden könnten und zugleich Monat für Monat weitere Mietschulden entstehen. Insofern änderte eine Verpflichtung des Antragsgegners im Rahmen des Eilverfahrens zur vorläufigen nachträglichen Gewährung der Unterkunftskosten bis einschließlich Januar 2018 nichts an dem bevorstehenden Verlust der Wohnung, so dass diese Zahlung auch nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nötig erscheint (s. hierzu Bayerisches LSG; Beschluss vom 16.05.2017, L 11 AS 335/17 B ER, wonach kein Anordnungsgrund im einstweiligen Rechtsschutz besteht, wenn die Unterkunft aus Gründen gefährdet ist, auf die weder der Leistungsberechtigte noch das Jobcenter Einfluss nehmen können).

Nicht geklärt werden kann indes im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, wie hoch die vom Antragsgegner zu übernehmenden Heizkosten sind.

Heizkosten sind alle tatsächlichen Aufwendungen für den Bezug einer Energiequelle, die der Beheizung der Wohnung und des Warmwassers dient, auch die für den Betrieb der Heizung anfallenden Stromkosten (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 47/14 R, Juris). Der Antragsgegner hat bei der Bestimmung der zu übernehmenden Heizkosten auf die Durchschnittswerte (arithmetisches Mittel) aus den Vorauszahlungen für SGB II-Mietwohnungen und die Vorauszahlungen für Angebotswohnungen im R.-Kreis zurückgegriffen (vgl. Abbildung 100 unter Anhang zu Kap. 4, 3.2.2.).

Diese Ermittlung der maximalen angemessenen Heizkosten entspricht jedoch nicht den Vorgaben des BSG. Wenn der Antragsgegner abstrakt angemessene Heizkosten bestimmen will, ist dafür eine differenzierte Ermittlung erforderlich. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis für einfache Wohnungen im unteren Segment des Wohnungsmarktes, gestaffelt nach Wohnungsgrößen, müsste klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die typischen Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment typischen Gebäudestandard und den technischen Stand einer typischen Heizungsanlage erfassen. Nur so kann ein Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, also für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert erfolgen. Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert bedeutet eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten (BSG, Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 60/12; s. hierzu auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.01.2018, L 5 AS 201/17; Juris). Diesen Anforderungen genügt der Rückgriff auf die Durchschnittswerte aus den Vorauszahlungen für SGB II-Mietwohnungen und Angebotswohnungen im R.-Kreis nicht.

Dennoch unterliegen die Heizkosten hinsichtlich der Angemessenheit einer Begrenzung. Es ist nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen, wenn bestimmte Werte von kommunalen Heizspiegeln oder falls nicht vorhanden, des Bundesweiten Heizspiegels überschritten werden. Die rechte Spalte des Bundesweiten Heizspiegels ist aber lediglich ein Grenzwert für die konkret-individuelle Angemessenheitsprüfung. Dabei werden die angemessenen Heizkosten nach der Formel "Wert der rechten Spalte mal angemessene Wohnungsgröße" ermittelt. Erst das Überschreiten kann die Vermutung unwirtschaftlichen Heizens rechtfertigen (BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 36/08 R, Juris). Das Überschreiten gilt als Anscheinsbeweis für die Unangemessenheit und führt nur zur Beweislastumkehr. Dieser Anscheinsbeweis mit dem Grenzwert des Heizkostenspiegels gilt für alle Heizungsarten, auch für Einzelöfen, Holzheizungen, Stromheizungen und Solarheizungen. Dabei ist bei dort nicht genannten Energieträgern wie Strom oder Holz vom teuersten Energieträger der Tabelle auszugehen.

Vorliegend betragen ausweislich des Bundesweiten Heizspiegels 2016 die erhöhten Kosten für Fernwärme (und damit des teuersten Energieträgers) 23,00 EUR pro m² unter Zugrundelegung einer Gebäudefläche zwischen 100 und 250 m². Für eine – hier angemessene – Wohnung von 90 m² wären hiernach monatlich 172,50 EUR noch angemessen (23,00 EUR x 90: 12 Monate). Hiernach wären der vom Antragsgegner berechnete Heizkostenwert in Höhe von lediglich 104 EUR monatlich zu niedrig, die tatsächlichen Kosten in Höhe von 242 EUR indes zu hoch.

Es fehlt jedoch hinsichtlich der Heizkosten jedenfalls am Anordnungsgrund, da nicht vorgetragen wurde, dass eine Stromabstellung droht. Vielmehr ergibt sich aus der Verwaltungsakte, dass der Antragsteller Ziffer 1 vom Amtsgericht darüber belehrt wurde, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Stromversorger fehlt, da die Einstellung der Stromversorgung durch Verweigerung des Zutritts zum Haus verhindert werden kann (Hinweis des Rechtspflegers des Amtsgerichts Heidelberg vom 24.01.2018, Bl. 56 elektronische V-Akte). Dass der Energieversorger Klage gegen den Antragsteller Ziffer 1 erhoben hätte, wurde gleichfalls nicht vorgetragen.

Vor diesem Hintergrund besteht kein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, so dass die gegen die ablehnende Entscheidung des SG gerichtete Beschwerde zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Mangels Erfolgsaussicht war gleichzeitig auch die Gewährung von PKH abzulehnen (§ 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung [ZPO], § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG)
Rechtskraft
Aus
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