Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 601/18 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 9 AS 4808/16 anhängig gewesenen, durch Urteil vom 21.02.2017 abgeschlossenen Berufungsverfahrens, in dem der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung begehrt hatte.
Der 1961 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei dem Beklagten. Nachdem in der Vergangenheit wiederholt Eingliederungsvereinbarungen nicht zustande gekommen waren, ersetzte der Beklagte diese durch Verwaltungsakt. Im Rahmen eines Gesprächs mit dem für ihn zuständigen Vermittler des Beklagten am 23.02.2016 machte der Kläger u.a. gesundheitliche Probleme geltend und gab an, einen Betreuer zu benötigen. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung kam erneut nicht zustande. Am 29.02.2016 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und beantragte, den Beklagten zu verurteilen, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, wozu sich der Beklagte am 23.02.2016 geweigert habe. Eine Eingliederungsvereinbarung in Form eines Verwaltungsaktes sei eine einseitige Vorgabe von Seiten des Beklagten und habe mit einer Vereinbarung nichts zu tun. Im Rahmen eines am 08.09.2016 durchgeführten Erörterungstermins erklärte der Vertreter des Beklagten sich grundsätzlich zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung bereit. Das SG wies die Klage nach vorherigem Hinweis mit Gerichtsbescheid vom 28.10.2016 ab.
Gegen den ihm am 02.11.2016 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger mit am 27.12.2016 beim LSG Baden-Württemberg eingegangenen Schreiben vom 19.12.2016 Berufung (L 9 AS 4808/16) ein und beantragte zugleich Fristverlängerung. Auf Grund seiner Belastung durch die seit Jahren andauernden Unstimmigkeiten mit dem Beklagten, der Tatsache, dass er gezwungenermaßen vom Beklagten abhängig sei, dem Aufwand der dadurch entstandenen und zusätzlichen Verfahren und der Weigerung einer rechtlichen Unterstützung der zuständigen Stellen sei es ihm nicht möglich gewesen, früher "Widerspruch" einzulegen. Zudem habe er der Polizei eine Handlungsmöglichkeit einräumen wollen; insoweit werde auf eine beigefügte Strafanzeige gegen die erstinstanzlich zuständige Richterin verwiesen. Er beantrage "Wiederholung der Verhandlung, Wiedereinsetzung, Durchführung der verwehrten ordentlichen Verhandlung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Fristverlängerung oder sonstige zutreffende Rechtsmittel." Mit Urteil vom 21.02.2017 verwarf der Senat die Berufung des Klägers als unzulässig. Der Kläger habe die Berufungsfrist versäumt. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei ihm gemäß Postzustellungsurkunde am 02.11.2016 zugestellt worden. Die am 03.11.2016 beginnende Frist habe damit mit Ablauf des 02.12.2016, einem Freitag, geendet. Die Berufung sei erst am 27.12.2016 und damit verspätet eingelegt worden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Berufungsfrist einzuhalten. Umstände, die eine unverschuldete Verhinderung der Einlegung des Rechtsmittels auch nur möglich erscheinen lassen könnten, habe er nicht substantiiert geltend gemacht. Soweit er vortrage, ihm sei es auf Grund der Verfahren gegen den Beklagten und der Weigerung der zuständigen Stellen, ihn rechtlich zu unterstützen, nicht möglich gewesen, früher Berufung einzulegen, vermöge dies ein unverschuldetes Versäumen der Berufungsfrist ebenso wenig zu begründen wie die Strafanzeige gegen die erstinstanzlich zuständige Richterin. Das Urteil wurde dem Kläger am 25.02.2017 zugestellt; Rechstmittel legte der Kläger hiergegen nicht ein.
Am 12.02.2018 hat der Kläger beim LSG Baden-Württemberg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16 gestellt. Er hat vorgetragen, der tatsächliche Sachverhalt sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Er sei weder für die Unterlagen des Beklagten noch für Gerichtsunterlagen verantwortlich. Da es sich um den gleichen Inhalt der Verhandlung vom 21.02.2017 handle, beantrage er die Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16, das auf Grund des Fristablaufs verworfen und nun mit Einhaltung der Frist wiederaufgenommen werden könne. Grund des Verfahrens sei seine Fähigkeit, den unterschiedlichen Anforderungen nicht nachkommen zu können und gleichzeitig der Priorisierung der einzuhaltenden Fristen gerecht werden zu können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und das Verfahren L 9 AS 4808/16 wiederaufzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des SG in dem Verfahren S 15 AS 615/16 sowie der Senatsakten L 9 AS 4808/16 und L 9 AS 601/18 WA Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Zurücknahme des Urteils des Senats vom 21.02.2017 und Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16 ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.
Die Wiederaufnahme eines sozialgerichtlichen Verfahrens beurteilt sich nach § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach Abs. 1 der Vorschrift kann ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) (§§ 578 ff. ZPO) wieder aufgenommen werden. Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) und die Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) erfolgen.
Der Senat ist zur Entscheidung über den Antrag berufen. Gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 584 Abs. 1 ZPO ist für das Wiederaufnahmeverfahren das Gericht zuständig, dessen Entscheidung aufgehoben werden soll. Dies ist grundsätzlich das Gericht, das zuletzt in der Sache entschieden hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 179 Rdnr. 8). Hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen, so ist – mangels einer eigenen Entscheidung des Berufungsgerichts zur Sache – grundsätzlich das Ausgangsgericht zuständig. Soll aber gerügt werden, dass das Verfahren bzw. die Entscheidung des Berufungsgerichts fehlerbehaftet ist, ist die Klage vor dem Berufungsgericht zu erheben (Claus in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 179 Rdnr. 37; Fleck in BeckOK, ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.12.2017, § 584 Rdnr. 4; Braun in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., 2016, § 584 Rdnr. 4). Dem Antrag des Klägers vom 12.02.2018 ist zu entnehmen, dass er sich gerade gegen die Verwerfung der Berufung als unzulässig wegen des durch den Senat angenommenen Fristversäumnisses wendet. Der Senat ist daher zuständig; er entscheidet über den Antrag auf Klage.
Ein Wiederaufnahmeverfahren ist nicht statthaft. Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur zulässig, wenn ein im Gesetz nach §§ 579, 580 ZPO erheblicher Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet wird. Dieses Erfordernis lässt sich aus §§ 587, 588 ZPO herleiten und ist nach allgemeiner Auffassung eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Wiederaufnahmeklage (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RV 2/96 -; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.01.1992 – VIII K 4/91 -; LSG Bayern, Urteil vom 27.02.2014 - L 7 AS 825/13 WA -; LSG Thüringen, Urteil vom 30.01.2006 - L 6 R 771/05 WA -, jeweils Juris; Leitherer, a.a.O., § 179 Rdnr. 7) Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Vorbringen des Klägers erfüllt die an eine schlüssige Behauptung eines Wiederaufnahmegrundes zu stellenden Anforderungen nicht.
Nach § 579 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat, sofern in den Fällen der Nummern 1 und 3 die Nichtigkeit nicht mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
Ergänzend bestimmt § 581 Abs. 1 ZPO, dass in den Fällen des § 580 Nrn. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.
§ 179 Abs. 2 SGG gibt vor, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
Nach § 180 Abs. 1 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn 1. mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, 2. ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist. Das gleiche gilt nach § 180 Abs. 2 SGG im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.
Keine dieser Voraussetzungen hat der Kläger vorgetragen. Sie liegen im Übrigen auch nicht vor. Soweit der Kläger die aus seiner Sicht inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils vom 21.02.2017 geltend macht, kann sich daraus im vorliegenden Verfahren kein Wiederaufnahmegrund ergeben.
Die Klage auf Wiederaufnahme war daher gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 9 AS 4808/16 anhängig gewesenen, durch Urteil vom 21.02.2017 abgeschlossenen Berufungsverfahrens, in dem der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung begehrt hatte.
Der 1961 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei dem Beklagten. Nachdem in der Vergangenheit wiederholt Eingliederungsvereinbarungen nicht zustande gekommen waren, ersetzte der Beklagte diese durch Verwaltungsakt. Im Rahmen eines Gesprächs mit dem für ihn zuständigen Vermittler des Beklagten am 23.02.2016 machte der Kläger u.a. gesundheitliche Probleme geltend und gab an, einen Betreuer zu benötigen. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung kam erneut nicht zustande. Am 29.02.2016 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) und beantragte, den Beklagten zu verurteilen, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, wozu sich der Beklagte am 23.02.2016 geweigert habe. Eine Eingliederungsvereinbarung in Form eines Verwaltungsaktes sei eine einseitige Vorgabe von Seiten des Beklagten und habe mit einer Vereinbarung nichts zu tun. Im Rahmen eines am 08.09.2016 durchgeführten Erörterungstermins erklärte der Vertreter des Beklagten sich grundsätzlich zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung bereit. Das SG wies die Klage nach vorherigem Hinweis mit Gerichtsbescheid vom 28.10.2016 ab.
Gegen den ihm am 02.11.2016 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger mit am 27.12.2016 beim LSG Baden-Württemberg eingegangenen Schreiben vom 19.12.2016 Berufung (L 9 AS 4808/16) ein und beantragte zugleich Fristverlängerung. Auf Grund seiner Belastung durch die seit Jahren andauernden Unstimmigkeiten mit dem Beklagten, der Tatsache, dass er gezwungenermaßen vom Beklagten abhängig sei, dem Aufwand der dadurch entstandenen und zusätzlichen Verfahren und der Weigerung einer rechtlichen Unterstützung der zuständigen Stellen sei es ihm nicht möglich gewesen, früher "Widerspruch" einzulegen. Zudem habe er der Polizei eine Handlungsmöglichkeit einräumen wollen; insoweit werde auf eine beigefügte Strafanzeige gegen die erstinstanzlich zuständige Richterin verwiesen. Er beantrage "Wiederholung der Verhandlung, Wiedereinsetzung, Durchführung der verwehrten ordentlichen Verhandlung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Fristverlängerung oder sonstige zutreffende Rechtsmittel." Mit Urteil vom 21.02.2017 verwarf der Senat die Berufung des Klägers als unzulässig. Der Kläger habe die Berufungsfrist versäumt. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei ihm gemäß Postzustellungsurkunde am 02.11.2016 zugestellt worden. Die am 03.11.2016 beginnende Frist habe damit mit Ablauf des 02.12.2016, einem Freitag, geendet. Die Berufung sei erst am 27.12.2016 und damit verspätet eingelegt worden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Berufungsfrist einzuhalten. Umstände, die eine unverschuldete Verhinderung der Einlegung des Rechtsmittels auch nur möglich erscheinen lassen könnten, habe er nicht substantiiert geltend gemacht. Soweit er vortrage, ihm sei es auf Grund der Verfahren gegen den Beklagten und der Weigerung der zuständigen Stellen, ihn rechtlich zu unterstützen, nicht möglich gewesen, früher Berufung einzulegen, vermöge dies ein unverschuldetes Versäumen der Berufungsfrist ebenso wenig zu begründen wie die Strafanzeige gegen die erstinstanzlich zuständige Richterin. Das Urteil wurde dem Kläger am 25.02.2017 zugestellt; Rechstmittel legte der Kläger hiergegen nicht ein.
Am 12.02.2018 hat der Kläger beim LSG Baden-Württemberg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16 gestellt. Er hat vorgetragen, der tatsächliche Sachverhalt sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Er sei weder für die Unterlagen des Beklagten noch für Gerichtsunterlagen verantwortlich. Da es sich um den gleichen Inhalt der Verhandlung vom 21.02.2017 handle, beantrage er die Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16, das auf Grund des Fristablaufs verworfen und nun mit Einhaltung der Frist wiederaufgenommen werden könne. Grund des Verfahrens sei seine Fähigkeit, den unterschiedlichen Anforderungen nicht nachkommen zu können und gleichzeitig der Priorisierung der einzuhaltenden Fristen gerecht werden zu können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und das Verfahren L 9 AS 4808/16 wiederaufzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des SG in dem Verfahren S 15 AS 615/16 sowie der Senatsakten L 9 AS 4808/16 und L 9 AS 601/18 WA Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Zurücknahme des Urteils des Senats vom 21.02.2017 und Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 AS 4808/16 ist nicht statthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.
Die Wiederaufnahme eines sozialgerichtlichen Verfahrens beurteilt sich nach § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach Abs. 1 der Vorschrift kann ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO) (§§ 578 ff. ZPO) wieder aufgenommen werden. Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) und die Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) erfolgen.
Der Senat ist zur Entscheidung über den Antrag berufen. Gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 584 Abs. 1 ZPO ist für das Wiederaufnahmeverfahren das Gericht zuständig, dessen Entscheidung aufgehoben werden soll. Dies ist grundsätzlich das Gericht, das zuletzt in der Sache entschieden hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 179 Rdnr. 8). Hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen, so ist – mangels einer eigenen Entscheidung des Berufungsgerichts zur Sache – grundsätzlich das Ausgangsgericht zuständig. Soll aber gerügt werden, dass das Verfahren bzw. die Entscheidung des Berufungsgerichts fehlerbehaftet ist, ist die Klage vor dem Berufungsgericht zu erheben (Claus in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 179 Rdnr. 37; Fleck in BeckOK, ZPO, Vorwerk/Wolf, Stand: 01.12.2017, § 584 Rdnr. 4; Braun in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., 2016, § 584 Rdnr. 4). Dem Antrag des Klägers vom 12.02.2018 ist zu entnehmen, dass er sich gerade gegen die Verwerfung der Berufung als unzulässig wegen des durch den Senat angenommenen Fristversäumnisses wendet. Der Senat ist daher zuständig; er entscheidet über den Antrag auf Klage.
Ein Wiederaufnahmeverfahren ist nicht statthaft. Ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur zulässig, wenn ein im Gesetz nach §§ 579, 580 ZPO erheblicher Wiederaufnahmegrund schlüssig behauptet wird. Dieses Erfordernis lässt sich aus §§ 587, 588 ZPO herleiten und ist nach allgemeiner Auffassung eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Wiederaufnahmeklage (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RV 2/96 -; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.01.1992 – VIII K 4/91 -; LSG Bayern, Urteil vom 27.02.2014 - L 7 AS 825/13 WA -; LSG Thüringen, Urteil vom 30.01.2006 - L 6 R 771/05 WA -, jeweils Juris; Leitherer, a.a.O., § 179 Rdnr. 7) Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Vorbringen des Klägers erfüllt die an eine schlüssige Behauptung eines Wiederaufnahmegrundes zu stellenden Anforderungen nicht.
Nach § 579 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat, sofern in den Fällen der Nummern 1 und 3 die Nichtigkeit nicht mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte.
Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
Ergänzend bestimmt § 581 Abs. 1 ZPO, dass in den Fällen des § 580 Nrn. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.
§ 179 Abs. 2 SGG gibt vor, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
Nach § 180 Abs. 1 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn 1. mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, 2. ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist. Das gleiche gilt nach § 180 Abs. 2 SGG im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.
Keine dieser Voraussetzungen hat der Kläger vorgetragen. Sie liegen im Übrigen auch nicht vor. Soweit der Kläger die aus seiner Sicht inhaltliche Unrichtigkeit des Urteils vom 21.02.2017 geltend macht, kann sich daraus im vorliegenden Verfahren kein Wiederaufnahmegrund ergeben.
Die Klage auf Wiederaufnahme war daher gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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