L 5 KR 3161/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 3804/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3161/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.07.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab dem 27.05.2016 bei der Beklagten als Rentenantragssteller in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zu versichern ist.

Der im Jahr 1975 geborene Kläger war zuletzt bis zum 21.12.2015 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran bezog er Kranken- und im weiteren Fortgang von der Bundes-agentur für Arbeit Arbeitslosengeld. Aufgrund dieses Bezuges war er bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V]) pflichtversichert. Am 27.05.2016 beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nachdem der Beklagte von der DRV ein Versicherungsverlauf vorgelegt worden ist, eine Anfrage beim Kläger betr. die Frage des Versicherungsschutzes in vergangenen Zeiträumen erfolglos geblieben ist, entschied die Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2016, dass der Kläger nicht in der KVdR versichert werden könne. Zur Begründung führte sie aus, dass die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei. Im relevanten Zeitraum vom 15.07.2004 - 27.05.2016 habe er nur 10 Jahre und 14 Tage mit zu berücksichtigenden Zeiten aufzuweisen, erforderlich seien jedoch 10 Jahre, 8 Monate und 8 Tage.

Zur Begründung des hiergegen am 03.08.2016 eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, er habe vom 31.01.2009 - 04.10.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen, ein Wechsel der Krankenkasse sei nicht erfolgt, weswegen davon auszugehen sei, dass Beiträge zur Krankenversicherung vom SGB II-Träger an die Beklagte abgeführt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung, die Vorversicherungszeiten seien nicht erfüllt, zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 07.11.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zu deren Begründung trug er vor, die von der Beklagten angeführten Zeiträume, die nicht mit Vorversicherungszeiten belegt seien, seien nicht nachvollziehbar. Im Zeitraum vom 31.01.2009 - 04.10.2010 habe er SGB II- Leistungen bezogen, die zunächst vorläufig als Darlehen, sodann jedoch uneingeschränkt gewährt worden seien. Dies werde dadurch deutlich, dass ein vermeintliches Darlehen weder im Grundbuch gesichert worden, noch er nach Ende des Leistungsbezuges zur Rückzahlung aufgefordert worden sei. Für den Zeitraum seien daher Zeiten einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zu berücksichtigen. Er sei, wie sich daran zeige, dass er im Zeitraum 2009 - 2010 infolge seiner Erkrankung medizinische Leistungen in Anspruch genommen habe, ohne einer diesbezüglichen Erstattung ausgesetzt worden zu sein, auch von 2009 - 2010 bei der Beklagten versichert gewesen. Sein Rentenantrag sei zwar zwischenzeitlich abgelehnt worden, hiergegen habe er jedoch Widerspruch eingelegt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und brachte hierzu vor, vom Jobcenter seien ihr keine Zeiten gemeldet worden, so dass diese auch nicht bei der Berechnung der Vorversicherungszeit berücksichtigt werden könnten.

Auf Anfrage des SG ist vom Jobcenter der Stadt Pforzheim unter dem 01.03.2017 mitgeteilt worden, dass der Kläger im Zeitraum vom 31.01.2009 - 04.10.2010 darlehensweise Leistungen nach dem SGB II erhalten habe, der Kläger sei deswegen nicht zur Kranken- und Pflegeversicherung angemeldet, Beiträge seien nicht abgeführt worden.

Mit Urteil vom 05.07.2017 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, ab dem 27.05.2017 (richtig 2016) in der KVdR versichert zu sein. In der KVdR seien nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V Personen versicherungspflichtig, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Er habe seine Erwerbstätigkeit am 01.09.1992 aufgenommen und am 27.05.2016 eine Rente beantragt. Die zweite Hälfte des durch diese beiden Daten begrenzten Zeitrahmens reiche vom 15.07.2004 bis zum 27.05.2016 und umfasse einen Zeitraum von 11 Jahren, 10 Monaten und 13 Tagen. Der erforderliche Versicherungszeitraum in diesem Rahmen von 9/10 hiervon belaufe sich auf 10 Jahre, 8 Monate und 8 Tage. Der Kläger sei zwischen dem 15.07.2004 und dem 27.05.2016 jedoch nur vom 15.07. - 31.10.2004, vom 12.11.2004 - 11.12.2006, vom 03.01.2007 - 02.03.2008, vom 21.03.2008 - 31.01.2009, vom 04.10.2010 - 04.06.2011, vom 06.06.2011 15.07.2012, vom 18.07.2012 - 09.05.2013, 01.07.2013 - 06.08.2013, vom 04.11.2013 - 26.11.2013, vom 16.04.2014 - 27.06.2014, vom 19.05.2015 - 30.06.2015 und vom 06.07.2015 - 27.05.2016 in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen. Diese Zeiträume summierten sich auf einen Zeitraum von insg. 10 Jahren und 14 Tagen auf, der die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erreichte. Der Zeitraum vom 31.01.2009 - 04.10.2010 sei, entgegen dem Vorbringen des Klägers, nicht zu berücksichtigen, da sein Vortrag, er sei auch in diesem Zeitraum durch das Jobcenter pflichtversichert gewesen, widerlegt sei. Das Jobcenter Pforzheim habe ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger in der fraglichen Zeit Leistungen nach dem SGB II lediglich darlehensweise bezogen hat und eine Anmeldung zur Pflichtversicherung bei der Beklagten nicht möglich gewesen sei.

Gegen das ihm am 18.07.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.08.2017 Berufung eingelegt. Er bekräftigt seine Einschätzung, auch im Zeitraum vom 31.01.2009 - 04.10.2010 durch den Bezug von SGB II- Leistungen pflichtversichert gewesen zu sein und bringt hierzu vor, er habe in dieser Zeit an einem Förderprogramm des Jobcenters teilgenommen

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05.07.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2016 zu verurteilen, ihn ab dem 27.05.2016 als Rentenantragssteller zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides sowie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil.

Mit Schreiben vom 14.05.2018 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Der Kläger hat hiervon der Gestalt Gebrauch gemacht, als er eine Mitteilung der Handwerkskammer Karlsruhe vom 05.05.2010 vorgelegt hat, in der ausgeführt ist, dass der Kläger den praktischen Teil der Fortbildungsprüfung "KfZ-Servicetechniker" nicht bestanden habe. Der Senat hat daraufhin mitgeteilt, dass es bei der in Aussicht genommenen Vorgehensweise einer Entscheidung im Wege eines Beschlusses nach § 153 Abs. 4 SGG verbleibe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

II.

Die zulässige, insb. form- und fristgerecht (vgl. § 152 Abs. 1 SGG) erhobene und statthafte (vgl. § 143 SGG) Berufung führt für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte die Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 18.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2016, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, den Kläger ab dem 27.05.2016 als Rentenantragssteller zu versichern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat im angefochtenen Urteil die Voraussetzungen für die Versicherung eines Rentenantragstellers in der KVdR zutreffend benannt und ist zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass der Kläger die erforderliche Vorversicherungszeit nicht vorweisen kann. Der Senat macht sich die zutreffenden Ausführungen des SG nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich zu eigen und sieht von einer (weiteren) Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Im Hinblick auf die auch im Berufungsverfahren vorgelegte Begründung, auch im Zeitraum vom 31.01.2009 - 04.10.2010 durch den Bezug von SGB II- Leistungen pflichtversichert gewesen zu sein, ist betonend darauf hinzuweisen, dass nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der vom 01.01.2009 - 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007 (BGBl. I S. 2631) Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen versicherungspflichtig waren, soweit sie nicht familienversichert waren, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt worden sind oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen worden sind und dies auch dann gilt, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Da der Kläger nach dem Inhalt der Stellungnahme des Jobcenters Pforzheim vom 01.03.2017 in der Zeit vom 31.01.2009 - 04.10.2010 Leistungen nach dem SGB II darlehensweise bezogen hat, war er nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V nicht pflichtversichert. Zweifel an der Richtigkeit der Ausführung des Jobcenters bestehen für den Senat auch in Ansehung des Vorbringens, der Kläger habe in dieser Zeit an einem Förderprogramm des Jobcenters teilgenommen, nicht. Ungeachtet davon, dass durch das vorgelegte Schreiben der Handwerkskammer Karlsruhe bereits nicht ersichtlich ist, ob die dortige Fortbildungsmaßnahme "KfZ-Servivcetechniker" durch den SGB II-Träger gefördert worden ist, besteht kein dahingehender Automatismus, dass hieraus geschlossen werden könnte, dass der Kläger Leistungen nach dem SGB II im Wege eines Zuschusses bezogen hat, da die Berechtigung von SGB II- Beziehern, Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (Kap. 3 Abschnitt 1 SGB II) erhalten zu können, nicht an die Art der Leistungsgewährung (Zuschuss oder darlehensweise), sondern einzig daran anknüpft, dass der die Eingliederungsleistung Begehrende als "erwerbsfähiger Hilfebedürftiger i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB II zu qualifizieren ist.

Ob sich das Jobcenter die Rückzahlung der darlehensweisen Leistungsgewährung hat sichern lassen oder ob es von einer Rückzahlungsverpflichtung abgesehen hat, vermag den Charakter der darlehensweisen Leistungsgewährung nicht zu ändern.

Mithin ist, anders als der Kläger meint, die Zeit vom 31.01.2009 - 04.10.2010 bei der Berechnung der erforderlichen Vorversicherungszeit nicht zu berücksichtigen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 05.07.2017 ist hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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