Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 842/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4911/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und arbeitete u.a. als Haushalts- bzw. Küchenhilfe, Verkäuferin und zuletzt bis Januar 2000 als Lagerarbeiterin. Ab Februar 2000 bis zum 17.09.2002 war sie arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld I, ab dem 18.09.2002 bis zum 28.05.2007 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Ab Juni 2007 sind keine rentenrechtlichen Zeiten im Versicherungslauf mehr vermerkt.
Am 27.12.2011 stellte die Klägerin einen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte beauftragte daraufhin die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachtens, die darin nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27.01.2012 folgende Diagnosen stellte: Rötelnembryopathie mit mittelgradiger Innen-ohrschwerhörigkeit, unklare kardiale Beteiligung, Herzrhythmusstörungen Grad Lown IIIB, arterieller Bluthochdruck, Brillenversorgung beidseits, Mikrozephalie, Asthenie, reduzierter Allgemeineindruck, chronische Hepatitis C, Pseudoneurasthenie, schnellender Daumen rechts, Carpaltunnelsyndrom rechts, initiale Heberdenarthrose, Wirbelsäulenfehlstatik, muskuläre Haltungsinsuffizienz, deutliche Sprunggelenksarthrose links, Kniegelenksarthrose beidseits, Darmteilentfernung bei Angiodysplasie 1985 (beschwerdefrei), Varikosis, abgelaufene Thrombose links, Kompressionsstrumpfversorgung beidseits. Insgesamt liege eine Morbidität in verschiedenen Bereichen vor (Sinnesorgan/innere Organe, Bewegungsapparat). Unter Berücksichtigung sämtlicher Diagnosen und des Gesamtbildes werde das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen eingestuft. Der weitere Verlauf der Behandlungsmaßnahmen hinsichtlich der chronischen Hepatitis C sowie der Hörgeräteanpassung und die weitere internistisch-kardiologische Behandlung blieben abzuwarten. Es werde eine Befristung für zwei Jahre festgelegt. Als Zeitpunkt des Eintritts der Leistungsminderung legte die Gutachterin den Zeitpunkt des Rentenantrags zugrunde.
Mit Bescheid vom 02.02.2012 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (hier am 27.12.2011) lägen nicht mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge vor, sondern nur sechs Monate. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Zeitraum vom 14.03. bis 04.04.2013 nahm die Klägerin auf Kosten der Beklagten an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik Ob der Tauber in Bad M. teil. Im Entlassungsbericht vom 17.04.2013 wurden eine chronische Virushepatitis C, arterielle Hypertonie, Schwerhörigkeit bei Zustand nach Rötelnembryopathie, postthrombotisches Syndrom links sowie Gonarthrose links diagnostiziert. Aufgrund des chronischen vielschichtigen Krankheitsbildes sei die Leistungsfähigkeit reduziert. Zumutbar seien nur noch leichte, überwiegend sitzende Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden.
Am 16.07.2014 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte daraufhin erneut ein Gutachten bei Dr. G. ein, die nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 25.09.2014 erneut ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen seit Rentenantragstellung 2011 annahm. Eine wesentliche Besserung sei aufgrund des Gesamtbildes nicht mehr wahrscheinlich. Mit Bescheid vom 21.11.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung der fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2015 zurück mit der Begründung, im maßgeblichen Zeitraum vom 01.04.2002 bis 26.12.2011 seien lediglich sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Darüber hinaus sei der Zeitraum vom 01.01.1984 bis 30.11.2011 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 30.06.2009 eingetreten wäre.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2015 unter Beifügung von Berichten des Universitätsklinikums U. vom 09.03.2005 und 25.02.2000 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit der Begründung, an erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere an einer chronischen Hepatitis C zu leiden, die sie sich im Rahmen einer Darmteilresektion im Jahr 1985 zugezogen habe. Sie sei bereits im Jahre 2000 außerstande gewesen, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das SG hat zunächst weitere medizinische Unterlagen des Universitätsklinikums U. über die dortigen Behandlungen der Hepatitis angefordert und im Anschluss hieran den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seinem Schreiben vom 15.04.2016 ausgeführt, aufgrund der Vielzahl der im Zeitraum 2005 bis aktuell erhobenen Diagnosen sei eine detaillierte Stellungnahme zur Verschlechterung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes - auch aufgrund des Wechsels der Praxisinhaber im Jahr 2012 sowie 2014/15 - nicht möglich.
Anschließend hat das SG ein fachinternistisches Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie im S.klinikum B., Prof. Dr. von T., eingeholt, der nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 07.11.2016 folgende Diagnosen gestellt hat: - Zustand nach Rötelnembryopathie mit Innenohrschwerhörigkeit, Hörgeräteversorgung beidseits; - Degeneratives Lumbalsyndrom mit leichtgradiger Skoliose; - Zustand nach Ileocoecalresektion 1985 bei stattgehabter gastrointestinaler Blutung im Rahmen einer Angiodysplasie; - Ausgeheilte Virushepatitis C; - Postthrombotisches Syndrom linker Unterschenkel und Beinvarikosis beiseits; - Arthrose OSG links; - Zustand nach Meniskus Operation beiseits; - Arterieller Hypertonus, medikamentös eingestellt.
Unter der Berücksichtigung aller Diagnosen sei das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf drei bis unter sechs Stunden einzustufen. Die Innenohrschwerhörigkeit beidseits zeige einen fortschreitenden Verlauf. Unter dem Tragen der Hörgeräte sei eine adäquate Kommunikation bei direkter Zuwendung im Abstand von ein bis zwei Metern möglich. Die degenerativen Veränderungen im Bereich des Bewegungs- und Halteapparats zeigten einen progredienten Verlauf. Bereits im Januar 2012 seien durch die Gutachterin Dr. G. eine muskuläre Haltungsinsuffizienz mit Fehlstatik der Wirbelsäule sowie eine fortgeschrittene Sprunggelenkarthrose links beschrieben worden, ohne dass hinsichtlich dieser Erkrankungen im Alltag signifikante Einschränkungen bestanden hätten. Trotz bestehender belastungsabhängiger Beschwerden in der Wirbelsäule bestehe auch hier keine signifikante Beeinträchtigung der Alltagsbelastbarkeit. Die Virushepatitis sei zwischenzeitlich ausgeheilt, ohne dass weitere Behandlungsmaßnahmen notwendig seien.
Im Anschluss hieran hat das SG auf Kostenrisiko der Klägerin bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. ein weiteres Gutachten eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem psychiatrischen Fachgutachten vom 06.04.2017 - neben Diagnosen auf orthopädischem, internistischem, HNO-ärztlichem und ophthalmologischem Fachgebiet - auf psychiatrischem Fachgebiet die Diagnosen einer mittelschwere Depression nach Interferongabe, eines leichten organischen Psychosyndroms, einer Lernbehinderung, einer generalisierten Angststörung und einer sozialen Phobie gestellt und ausgeführt, in der Gesamtschau sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die Kombination verschiedener körperlicher, seelischer und geistiger Behinderungen deutlich gemindert. Die depressive Symptomatik habe sich nach einer ersten Interferonbehandlung 1997/1998 entwickelt. In dieser Zeit habe die Klägerin auch eine ausgeprägte Angststörung mit einer sozialen Phobie entwickelt. Psychische Störungen als Folge einer Interferonbehandlung seien eine nicht seltene Nebenwirkung dieser Behandlung und häufig schwer therapierbar. Eine fachärztliche Zusatzbegutachtung habe nicht stattgefunden, und die Beschwerden seien bei der Beurteilung des beruflichen Restleistungsvermögens auch nicht berücksichtigt worden. Auch die kognitiven Defizite der Klägerin seien bereits im ersten Gutachten von Dr. G. im Januar 2012 festgestellt und als Pseudoneurasthenie diagnostiziert worden. Unter Berücksichtigung dieser Angaben sei davon auszugehen, dass bereits vor Dezember 2011 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe, die zudem, da die psychischen Defizite nicht berücksichtigt worden seien, deutlich stärker ausgeprägt gewesen sei als bisher angenommen. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Den eigenen Untersuchungsergebnissen sei zu entnehmen, dass bei der Klägerin eine Lernbehinderung mit einem niedrigen IQ-Wert von 86 vorliege und weiterhin ein leichtes organisches Psychosyndrom bestehe. Diese Störung sei ebenso wie die Innenohrschwerhörigkeit als direkte Folge der Rötelnembryopathie anzusehen und daher seit der Geburt vorhanden. Da aufgrund der angeborenen somatischen und geistigen Gesundheitsstörungen bereits zu Beginn der beruflichen Tätigkeiten die körperlichen und geistigen Ressourcen voll ausgeschöpft werden mussten, hätten geringe zusätzliche Gesundheitsstörungen ausgereicht, um die Erwerbsfähigkeit quantitativ stark einzuschränken. Er gehe daher davon aus, dass die Klägerin ab 2001 nur noch unter drei Stunden täglich hätte erwerbsfähig sein können.
Mit Schreiben vom 27.07.2017 hat Ärztliche Dienst der Beklagten durch Dr. B., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Rehabilitationswesen, Sozialmedizin, zum Gutachten des Dr. K. Stellung genommen. Auf die Ausführungen wird verwiesen.
Mit Urteil vom 17.11.2017 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, es bestünden keine Anhaltspunkte dahingehend, dass vor dem ersten Rentenantrag am 27.12.2011 das tägliche Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich gesunken sei. Insofern seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Gegen das ihm am 21.12.2017 zugestellte Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 28.12.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, der Gutachter Dr. K. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Klägerin bereits ab 2001 in ihrer Erwerbsfähigkeit so weit eingeschränkt gewesen sei, dass sie nicht mehr arbeiten könne. Kritik an dem Gutachten des Dr. K. sei nicht angebracht. Es handle sich bei seinen Ausführungen keinesfalls um eine Schätzung, sondern um eine Erhebung aufgrund einer umfassenden Anamnese. Es sei deshalb geboten, dass Dr. K. sein Gutachten erläutere. Das Gericht könne sich auch nicht auf von der Beklagten vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahmen berufen, da es sich bei den Ärzten um Mitarbeiter der Beklagten handle, sodass bereits von vornherein feststehe, dass diese Ausführungen zu Lasten der Klägerseite tätigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. November 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen,
hilfsweise, Dr. K. als sachverständigen Zeugen bzw. als Sachverständigen zu vernehmen zur Erläuterung des Gutachtens im Termin.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.
Mit Schreiben vom 21.02.2018 hat das Gericht eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 17.11.2017 und der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Auch bedurfte es vorliegend keiner weiteren Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG, obwohl der Klägerbevollmächtigte nach Erteilung des Hinweises nach § 153 Abs. 4 im Rahmen der Anhörung zum einen unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. K. vorgetragen hat, die Klägerin sei bereits seit 2001 erwerbsgemindert, und zum anderen die Terminierung sowie die Ladung des Dr. K. als sachverständigen Zeugen beantragt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) muss eine neue Anhörungsmitteilung mit der Möglichkeit zur Äußerung in einer angemessenen Frist ergehen, wenn nach einer ersten Anhörungsmitteilung weiter vorgetragen und ein förmlicher Beweisantrag gestellt wird, das Berufungsgericht aber unter Würdigung des neuen Vorbringens an seiner Absicht festhalten will, über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und dem Beweisantrag nicht nachzugehen (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 21.09.2010, B 2 U 145/10 B, Juris). Demgegenüber braucht das Berufungsgericht nicht auf ein Vorbringen zu reagieren, das nicht entscheidungserheblich oder unsubstantiiert ist, neben der Sache liegt oder mit dem ein früherer Vortrag lediglich wiederholt wird (BSG a.a.O.). So liegt der Fall hier: Sowohl der aktuelle Vortrag, die Klägerin sei bereits im Jahr 2001 erwerbsgemindert gewesen, wie sich aus der Begutachtung des Dr. K. ergebe, als auch der Antrag, Dr. K. im Rahmen einer Verhandlung als Zeugen bzw. Sachverständigen zu vernehmen, sind nicht neu, sondern erfolgten so bereits im Berufungsschriftsatz vom 28.12.2017. Insofern sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Anhörungsmitteilung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitert. Die gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI erforderlichen 36 Monate Pflichtbeiträge im um Anrechnungszeiten (Arbeitslosigkeit, § 43 Abs. 4 SGB VI) verlängerten Fünfjahreszeitraum lägen nur dann vor, wenn die Erwerbsminderung spätestens im Juni 2009 eingetreten wäre. Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des sog. Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Dies bedeutet, das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können; es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen. Von dem Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen muss insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 26.07.2006, L 16 R 100/02; beide in Juris; BSGE 45, 285; BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- und objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, 4 RA 1/96, Juris).
Nach diesen Grundsätzen konnte die Klägerin den Eintritt von Erwerbsminderung spätestens im Juni 2009 nicht nachweisen. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den Ausführungen des SG an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Lediglich ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Der Gutachter Dr. K. stützt seine Auffassung, der Leistungsfall sei bereits im Jahr 2001 eingetreten, vornehmlich auf eine nach seiner Auffassung damals eingetretene depressive Symptomatik nach einer ersten Interferonbehandlung 1997/1998, verbunden mit einer ausgeprägten Angststörung und einer sozialen Phobie. Diese Annahme fußt allerdings ausschließlich auf den Angaben der Klägerin gegenüber dem Gutachter, ohne dass sich hierfür in der Akte weitere aussagekräftige Anhaltspunkte fänden. Eine psychotherapeutische Behandlung fand nicht statt, stationäre oder teilstationäre Behandlungen ebensowenig – dementsprechend werden die von Dr. K. genannten psychischen Erkrankungen sowie deren Behandlung in der ausführlichen Auflistung der ärztlichen Behandlungen, die die Klägerin in der ersten Instanz zu den Akten gegeben hat, auch an keiner Stelle erwähnt. Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik O. vom 14.03.2013 bis 04.04.2013 nahm die Klägerin zur Stabilisierung psychovegetativer Funktionen und zur Verbesserung der allgemeinen Entspannungsfähigkeit zwar an einem psychologisch geführten Gruppenkurs zur Tiefmuskelentspannung nach Jakobson teil, doch wurden keine Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet gestellt, aus denen eine Erwerbsminderung folgen könnte. Gleiches gilt für den Bericht des behandelnden Hausarztes Dr. Kumpe, der darin am 15.04.2016 ab 2005 etwa 30 verschiedene Diagnosen aufgezählt hat. Lediglich ein im März 2009 diagnostiziertes psychovegetatives Erschöpfungssyndrom lässt eine psychisch eingeschränkte Belastbarkeit der Klägerin vermuten – doch taucht diese Diagnose nur an dieser einen Stelle auf, so dass ihr neben den zahlreichen anderen Diagnosen nach Überzeugung des Senats kein besonderer Stellenwert zukommt. Auch ist das Argument des Dr. K., die Angaben der Klägerin deckten sich mit den biographischen Daten, nach denen die letzte berufliche Tätigkeit 1999 oder 2000 ausgeübt worden sei, nicht überzeugend. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre letzte Arbeitsstelle wegen psychischer Beschwerden aufgegeben hätte. Vielmehr ergibt sich aus dem ersten Rentengutachten der Dr. G. aus Januar 2012, dass die Firma M., in der die Klägerin zuletzt tätig war, ihren Arbeitsbetrieb auf Schichten umgestellt hatte. Da die Klägerin auf den Bus angewiesen war und es entsprechende Buszeiten nicht gab, war eine Weiterarbeit aus diesem Grund nicht möglich. Von psychischer Überlastung ist nicht die Rede. Dementsprechend gab auch die Klägerin zu ihrer Erwerbsbiographie an (Bl. 30 SG-Akte), sich ab 01.03.2000 bei verschiedenen Firmen beworben zu haben, doch seien wegen ihrer Hepatitis-C-Erkrankung nur Ablehnungen erfolgt. Insofern sind die Ausführungen des Dr. K., bereits seit der ersten Interferonbehandlung 1997/1998 habe sich eine depressive Symptomatik entwickelt, nicht nachvollziehbar.
Im Ergebnis stellt der Senat fest, dass der Eintritt der Erwerbsminderung bereits spätestens im Juni 2009 mangels entsprechender Gutachten aus dieser Zeit, die dies eindeutig belegen könnten, nicht nachgewiesen ist.
Entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten begegnet es keinen Bedenken, dass das SG sich bei seiner Entscheidung auch auf beratungsärztliche Stellungnahmen gestützt hat, obwohl es sich - wie der Klägerbevollmächtigte bemängelt - bei den Ärzten um Mitarbeiter der Beklagten handelt. Beratungsärztliche Stellungnahmen sind rechtlich als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen der Beklagten zu werten ist, das das Gericht bei seiner freien Überzeugungsbildung (§ 128 Abs. 1 S 1 SGG) zu berücksichtigen hat und das sogar alleinige Entscheidungsgrundlage sein kann (BSG, Beschluss vom 06.10.2016, B 5 R 45/16 B, m.w.N, Juris).
Der Senat musste auch dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Ladung des Sachverständigen Dr. K. (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) nicht nachkommen. Nach § 411 Abs. 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es einen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens laden will (s. hierzu und zum Folgenden mit weiteren Nachweisen BSG, Beschluss vom 19.04.2017, B 13 R 339/16 B; Juris). Zwar wird mit § 411 Abs. 3 ZPO die Befugnis des Prozessgerichts statuiert, von sich aus, "von Amts wegen", also ohne Anregung oder Antrag eines Beteiligten den Sachverständigen zum Termin zu laden und dort zu hören, um fehlerhafte tatsächliche Annahmen, Lücken oder Widersprüche im Gutachten in Gegenwart der Beteiligten mündlich zu erörtern und nach Möglichkeit auszuräumen (BSG a.a.O. m.w.N.). Allerdings ist ein Prozessbeteiligter nicht gehindert, ein Tätigwerden des Prozessgerichts vom Amts wegen nach § 411 Abs. 3 ZPO anzuregen. Diese Anregung ("Antrag") muss aber bestimmten Anforderungen entsprechen: Sie muss Ausführungen enthalten, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zum Termin zu laden; die Anregung muss zumindest bei einem anwaltlich vertretenen Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit regelmäßig so rechtzeitig nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens beim Prozessgericht eingebracht werden, dass dieses entsprechend der Konzentrationsmaxime (vgl. § 106 Abs. 2 SGG) in der Lage ist, den Sachverständigen noch zum nächsten Termin zu laden und die Streitsache in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Einen Antrag, der den vorgenannten Anforderungen nicht genügt, kann das Prozessgericht ablehnen, ohne dass es das ihm durch § 411 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen überschreitet (vgl. BSG a.a.O.). Vorliegend hat die Klägerin lediglich beantragt, den Gutachter "als sachverständigen Zeugen bzw. als Sachverständigen zu vernehmen und das Gutachten im Termin nochmals zu erläutern". Eine "Erläuterungsbedürftigkeit" wurde in keiner Weise dargetan oder begründet und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Überdies wurde der Antrag verspätet gestellt, nämlich erstmals im Berufungsverfahren, obwohl das Gutachten bereits vom SG eingeholt wurde. Insofern sah der Senat keine Veranlassung, dem Antrag der Klägerin auf Vernehmung des Gutachters im Termin nachzukommen. Die Klägerin kann sich auch nicht auf ihr "Fragerecht" berufen. Unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht jedem Beteiligten gemäß § 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs. 1 S 1 SGG i.V.m. § 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr, s. hierzu und zum Folgenden nur BSG, Beschluss vom 16.04.2018, B 9 V 8/18 B; BSG, Beschluss vom 19.04.2017 a.a.O., Juris). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Auch hier ist jedoch notwendig, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Hieran fehlt es bereits. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, welche konkreten Punkte sie noch für erläuterungsbedürftig hält. Vielmehr hat sie lediglich die Erläuterung des Gutachtens beantragt. Zudem verkennt die Klägerin, dass das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit Blick auf solche Gutachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (BSG, Beschluss vom 16.04.2018 a.a.O. m.w.N.), es sei denn, das SG ist dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf mündliche Befragung verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 118 Rdnr. 12 g m.w.N.). Vorliegend ist ein entsprechender Antrag vor dem SG nicht gestellt worden, weder vor noch während der mündlichen Verhandlung. Insofern besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Fragerecht mehr.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1958 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und arbeitete u.a. als Haushalts- bzw. Küchenhilfe, Verkäuferin und zuletzt bis Januar 2000 als Lagerarbeiterin. Ab Februar 2000 bis zum 17.09.2002 war sie arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld I, ab dem 18.09.2002 bis zum 28.05.2007 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug. Ab Juni 2007 sind keine rentenrechtlichen Zeiten im Versicherungslauf mehr vermerkt.
Am 27.12.2011 stellte die Klägerin einen ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte beauftragte daraufhin die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. G. mit der Erstellung eines Gutachtens, die darin nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27.01.2012 folgende Diagnosen stellte: Rötelnembryopathie mit mittelgradiger Innen-ohrschwerhörigkeit, unklare kardiale Beteiligung, Herzrhythmusstörungen Grad Lown IIIB, arterieller Bluthochdruck, Brillenversorgung beidseits, Mikrozephalie, Asthenie, reduzierter Allgemeineindruck, chronische Hepatitis C, Pseudoneurasthenie, schnellender Daumen rechts, Carpaltunnelsyndrom rechts, initiale Heberdenarthrose, Wirbelsäulenfehlstatik, muskuläre Haltungsinsuffizienz, deutliche Sprunggelenksarthrose links, Kniegelenksarthrose beidseits, Darmteilentfernung bei Angiodysplasie 1985 (beschwerdefrei), Varikosis, abgelaufene Thrombose links, Kompressionsstrumpfversorgung beidseits. Insgesamt liege eine Morbidität in verschiedenen Bereichen vor (Sinnesorgan/innere Organe, Bewegungsapparat). Unter Berücksichtigung sämtlicher Diagnosen und des Gesamtbildes werde das Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen eingestuft. Der weitere Verlauf der Behandlungsmaßnahmen hinsichtlich der chronischen Hepatitis C sowie der Hörgeräteanpassung und die weitere internistisch-kardiologische Behandlung blieben abzuwarten. Es werde eine Befristung für zwei Jahre festgelegt. Als Zeitpunkt des Eintritts der Leistungsminderung legte die Gutachterin den Zeitpunkt des Rentenantrags zugrunde.
Mit Bescheid vom 02.02.2012 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (hier am 27.12.2011) lägen nicht mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge vor, sondern nur sechs Monate. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Zeitraum vom 14.03. bis 04.04.2013 nahm die Klägerin auf Kosten der Beklagten an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehaklinik Ob der Tauber in Bad M. teil. Im Entlassungsbericht vom 17.04.2013 wurden eine chronische Virushepatitis C, arterielle Hypertonie, Schwerhörigkeit bei Zustand nach Rötelnembryopathie, postthrombotisches Syndrom links sowie Gonarthrose links diagnostiziert. Aufgrund des chronischen vielschichtigen Krankheitsbildes sei die Leistungsfähigkeit reduziert. Zumutbar seien nur noch leichte, überwiegend sitzende Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden.
Am 16.07.2014 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte daraufhin erneut ein Gutachten bei Dr. G. ein, die nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 25.09.2014 erneut ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen seit Rentenantragstellung 2011 annahm. Eine wesentliche Besserung sei aufgrund des Gesamtbildes nicht mehr wahrscheinlich. Mit Bescheid vom 21.11.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung der fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2015 zurück mit der Begründung, im maßgeblichen Zeitraum vom 01.04.2002 bis 26.12.2011 seien lediglich sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Darüber hinaus sei der Zeitraum vom 01.01.1984 bis 30.11.2011 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 30.06.2009 eingetreten wäre.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2015 unter Beifügung von Berichten des Universitätsklinikums U. vom 09.03.2005 und 25.02.2000 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit der Begründung, an erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere an einer chronischen Hepatitis C zu leiden, die sie sich im Rahmen einer Darmteilresektion im Jahr 1985 zugezogen habe. Sie sei bereits im Jahre 2000 außerstande gewesen, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das SG hat zunächst weitere medizinische Unterlagen des Universitätsklinikums U. über die dortigen Behandlungen der Hepatitis angefordert und im Anschluss hieran den behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seinem Schreiben vom 15.04.2016 ausgeführt, aufgrund der Vielzahl der im Zeitraum 2005 bis aktuell erhobenen Diagnosen sei eine detaillierte Stellungnahme zur Verschlechterung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes - auch aufgrund des Wechsels der Praxisinhaber im Jahr 2012 sowie 2014/15 - nicht möglich.
Anschließend hat das SG ein fachinternistisches Gutachten beim Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie im S.klinikum B., Prof. Dr. von T., eingeholt, der nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 07.11.2016 folgende Diagnosen gestellt hat: - Zustand nach Rötelnembryopathie mit Innenohrschwerhörigkeit, Hörgeräteversorgung beidseits; - Degeneratives Lumbalsyndrom mit leichtgradiger Skoliose; - Zustand nach Ileocoecalresektion 1985 bei stattgehabter gastrointestinaler Blutung im Rahmen einer Angiodysplasie; - Ausgeheilte Virushepatitis C; - Postthrombotisches Syndrom linker Unterschenkel und Beinvarikosis beiseits; - Arthrose OSG links; - Zustand nach Meniskus Operation beiseits; - Arterieller Hypertonus, medikamentös eingestellt.
Unter der Berücksichtigung aller Diagnosen sei das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf drei bis unter sechs Stunden einzustufen. Die Innenohrschwerhörigkeit beidseits zeige einen fortschreitenden Verlauf. Unter dem Tragen der Hörgeräte sei eine adäquate Kommunikation bei direkter Zuwendung im Abstand von ein bis zwei Metern möglich. Die degenerativen Veränderungen im Bereich des Bewegungs- und Halteapparats zeigten einen progredienten Verlauf. Bereits im Januar 2012 seien durch die Gutachterin Dr. G. eine muskuläre Haltungsinsuffizienz mit Fehlstatik der Wirbelsäule sowie eine fortgeschrittene Sprunggelenkarthrose links beschrieben worden, ohne dass hinsichtlich dieser Erkrankungen im Alltag signifikante Einschränkungen bestanden hätten. Trotz bestehender belastungsabhängiger Beschwerden in der Wirbelsäule bestehe auch hier keine signifikante Beeinträchtigung der Alltagsbelastbarkeit. Die Virushepatitis sei zwischenzeitlich ausgeheilt, ohne dass weitere Behandlungsmaßnahmen notwendig seien.
Im Anschluss hieran hat das SG auf Kostenrisiko der Klägerin bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. ein weiteres Gutachten eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem psychiatrischen Fachgutachten vom 06.04.2017 - neben Diagnosen auf orthopädischem, internistischem, HNO-ärztlichem und ophthalmologischem Fachgebiet - auf psychiatrischem Fachgebiet die Diagnosen einer mittelschwere Depression nach Interferongabe, eines leichten organischen Psychosyndroms, einer Lernbehinderung, einer generalisierten Angststörung und einer sozialen Phobie gestellt und ausgeführt, in der Gesamtschau sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die Kombination verschiedener körperlicher, seelischer und geistiger Behinderungen deutlich gemindert. Die depressive Symptomatik habe sich nach einer ersten Interferonbehandlung 1997/1998 entwickelt. In dieser Zeit habe die Klägerin auch eine ausgeprägte Angststörung mit einer sozialen Phobie entwickelt. Psychische Störungen als Folge einer Interferonbehandlung seien eine nicht seltene Nebenwirkung dieser Behandlung und häufig schwer therapierbar. Eine fachärztliche Zusatzbegutachtung habe nicht stattgefunden, und die Beschwerden seien bei der Beurteilung des beruflichen Restleistungsvermögens auch nicht berücksichtigt worden. Auch die kognitiven Defizite der Klägerin seien bereits im ersten Gutachten von Dr. G. im Januar 2012 festgestellt und als Pseudoneurasthenie diagnostiziert worden. Unter Berücksichtigung dieser Angaben sei davon auszugehen, dass bereits vor Dezember 2011 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe, die zudem, da die psychischen Defizite nicht berücksichtigt worden seien, deutlich stärker ausgeprägt gewesen sei als bisher angenommen. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Den eigenen Untersuchungsergebnissen sei zu entnehmen, dass bei der Klägerin eine Lernbehinderung mit einem niedrigen IQ-Wert von 86 vorliege und weiterhin ein leichtes organisches Psychosyndrom bestehe. Diese Störung sei ebenso wie die Innenohrschwerhörigkeit als direkte Folge der Rötelnembryopathie anzusehen und daher seit der Geburt vorhanden. Da aufgrund der angeborenen somatischen und geistigen Gesundheitsstörungen bereits zu Beginn der beruflichen Tätigkeiten die körperlichen und geistigen Ressourcen voll ausgeschöpft werden mussten, hätten geringe zusätzliche Gesundheitsstörungen ausgereicht, um die Erwerbsfähigkeit quantitativ stark einzuschränken. Er gehe daher davon aus, dass die Klägerin ab 2001 nur noch unter drei Stunden täglich hätte erwerbsfähig sein können.
Mit Schreiben vom 27.07.2017 hat Ärztliche Dienst der Beklagten durch Dr. B., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Rehabilitationswesen, Sozialmedizin, zum Gutachten des Dr. K. Stellung genommen. Auf die Ausführungen wird verwiesen.
Mit Urteil vom 17.11.2017 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, es bestünden keine Anhaltspunkte dahingehend, dass vor dem ersten Rentenantrag am 27.12.2011 das tägliche Leistungsvermögen der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich gesunken sei. Insofern seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Gegen das ihm am 21.12.2017 zugestellte Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 28.12.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt mit der Begründung, der Gutachter Dr. K. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass die Klägerin bereits ab 2001 in ihrer Erwerbsfähigkeit so weit eingeschränkt gewesen sei, dass sie nicht mehr arbeiten könne. Kritik an dem Gutachten des Dr. K. sei nicht angebracht. Es handle sich bei seinen Ausführungen keinesfalls um eine Schätzung, sondern um eine Erhebung aufgrund einer umfassenden Anamnese. Es sei deshalb geboten, dass Dr. K. sein Gutachten erläutere. Das Gericht könne sich auch nicht auf von der Beklagten vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahmen berufen, da es sich bei den Ärzten um Mitarbeiter der Beklagten handle, sodass bereits von vornherein feststehe, dass diese Ausführungen zu Lasten der Klägerseite tätigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. November 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewilligen,
hilfsweise, Dr. K. als sachverständigen Zeugen bzw. als Sachverständigen zu vernehmen zur Erläuterung des Gutachtens im Termin.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.
Mit Schreiben vom 21.02.2018 hat das Gericht eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Aussicht gestellt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 17.11.2017 und der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Auch bedurfte es vorliegend keiner weiteren Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG, obwohl der Klägerbevollmächtigte nach Erteilung des Hinweises nach § 153 Abs. 4 im Rahmen der Anhörung zum einen unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. K. vorgetragen hat, die Klägerin sei bereits seit 2001 erwerbsgemindert, und zum anderen die Terminierung sowie die Ladung des Dr. K. als sachverständigen Zeugen beantragt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) muss eine neue Anhörungsmitteilung mit der Möglichkeit zur Äußerung in einer angemessenen Frist ergehen, wenn nach einer ersten Anhörungsmitteilung weiter vorgetragen und ein förmlicher Beweisantrag gestellt wird, das Berufungsgericht aber unter Würdigung des neuen Vorbringens an seiner Absicht festhalten will, über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und dem Beweisantrag nicht nachzugehen (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 21.09.2010, B 2 U 145/10 B, Juris). Demgegenüber braucht das Berufungsgericht nicht auf ein Vorbringen zu reagieren, das nicht entscheidungserheblich oder unsubstantiiert ist, neben der Sache liegt oder mit dem ein früherer Vortrag lediglich wiederholt wird (BSG a.a.O.). So liegt der Fall hier: Sowohl der aktuelle Vortrag, die Klägerin sei bereits im Jahr 2001 erwerbsgemindert gewesen, wie sich aus der Begutachtung des Dr. K. ergebe, als auch der Antrag, Dr. K. im Rahmen einer Verhandlung als Zeugen bzw. Sachverständigen zu vernehmen, sind nicht neu, sondern erfolgten so bereits im Berufungsschriftsatz vom 28.12.2017. Insofern sieht der Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Anhörungsmitteilung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitert. Die gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI erforderlichen 36 Monate Pflichtbeiträge im um Anrechnungszeiten (Arbeitslosigkeit, § 43 Abs. 4 SGB VI) verlängerten Fünfjahreszeitraum lägen nur dann vor, wenn die Erwerbsminderung spätestens im Juni 2009 eingetreten wäre. Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des sog. Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Dies bedeutet, das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können; es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen. Von dem Vorliegen der entscheidungserheblichen Tatsachen muss insoweit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 26.07.2006, L 16 R 100/02; beide in Juris; BSGE 45, 285; BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- und objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, 4 RA 1/96, Juris).
Nach diesen Grundsätzen konnte die Klägerin den Eintritt von Erwerbsminderung spätestens im Juni 2009 nicht nachweisen. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den Ausführungen des SG an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Lediglich ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Der Gutachter Dr. K. stützt seine Auffassung, der Leistungsfall sei bereits im Jahr 2001 eingetreten, vornehmlich auf eine nach seiner Auffassung damals eingetretene depressive Symptomatik nach einer ersten Interferonbehandlung 1997/1998, verbunden mit einer ausgeprägten Angststörung und einer sozialen Phobie. Diese Annahme fußt allerdings ausschließlich auf den Angaben der Klägerin gegenüber dem Gutachter, ohne dass sich hierfür in der Akte weitere aussagekräftige Anhaltspunkte fänden. Eine psychotherapeutische Behandlung fand nicht statt, stationäre oder teilstationäre Behandlungen ebensowenig – dementsprechend werden die von Dr. K. genannten psychischen Erkrankungen sowie deren Behandlung in der ausführlichen Auflistung der ärztlichen Behandlungen, die die Klägerin in der ersten Instanz zu den Akten gegeben hat, auch an keiner Stelle erwähnt. Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik O. vom 14.03.2013 bis 04.04.2013 nahm die Klägerin zur Stabilisierung psychovegetativer Funktionen und zur Verbesserung der allgemeinen Entspannungsfähigkeit zwar an einem psychologisch geführten Gruppenkurs zur Tiefmuskelentspannung nach Jakobson teil, doch wurden keine Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet gestellt, aus denen eine Erwerbsminderung folgen könnte. Gleiches gilt für den Bericht des behandelnden Hausarztes Dr. Kumpe, der darin am 15.04.2016 ab 2005 etwa 30 verschiedene Diagnosen aufgezählt hat. Lediglich ein im März 2009 diagnostiziertes psychovegetatives Erschöpfungssyndrom lässt eine psychisch eingeschränkte Belastbarkeit der Klägerin vermuten – doch taucht diese Diagnose nur an dieser einen Stelle auf, so dass ihr neben den zahlreichen anderen Diagnosen nach Überzeugung des Senats kein besonderer Stellenwert zukommt. Auch ist das Argument des Dr. K., die Angaben der Klägerin deckten sich mit den biographischen Daten, nach denen die letzte berufliche Tätigkeit 1999 oder 2000 ausgeübt worden sei, nicht überzeugend. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre letzte Arbeitsstelle wegen psychischer Beschwerden aufgegeben hätte. Vielmehr ergibt sich aus dem ersten Rentengutachten der Dr. G. aus Januar 2012, dass die Firma M., in der die Klägerin zuletzt tätig war, ihren Arbeitsbetrieb auf Schichten umgestellt hatte. Da die Klägerin auf den Bus angewiesen war und es entsprechende Buszeiten nicht gab, war eine Weiterarbeit aus diesem Grund nicht möglich. Von psychischer Überlastung ist nicht die Rede. Dementsprechend gab auch die Klägerin zu ihrer Erwerbsbiographie an (Bl. 30 SG-Akte), sich ab 01.03.2000 bei verschiedenen Firmen beworben zu haben, doch seien wegen ihrer Hepatitis-C-Erkrankung nur Ablehnungen erfolgt. Insofern sind die Ausführungen des Dr. K., bereits seit der ersten Interferonbehandlung 1997/1998 habe sich eine depressive Symptomatik entwickelt, nicht nachvollziehbar.
Im Ergebnis stellt der Senat fest, dass der Eintritt der Erwerbsminderung bereits spätestens im Juni 2009 mangels entsprechender Gutachten aus dieser Zeit, die dies eindeutig belegen könnten, nicht nachgewiesen ist.
Entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten begegnet es keinen Bedenken, dass das SG sich bei seiner Entscheidung auch auf beratungsärztliche Stellungnahmen gestützt hat, obwohl es sich - wie der Klägerbevollmächtigte bemängelt - bei den Ärzten um Mitarbeiter der Beklagten handelt. Beratungsärztliche Stellungnahmen sind rechtlich als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen der Beklagten zu werten ist, das das Gericht bei seiner freien Überzeugungsbildung (§ 128 Abs. 1 S 1 SGG) zu berücksichtigen hat und das sogar alleinige Entscheidungsgrundlage sein kann (BSG, Beschluss vom 06.10.2016, B 5 R 45/16 B, m.w.N, Juris).
Der Senat musste auch dem Antrag des Klägerbevollmächtigten auf Ladung des Sachverständigen Dr. K. (§ 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) nicht nachkommen. Nach § 411 Abs. 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es einen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens laden will (s. hierzu und zum Folgenden mit weiteren Nachweisen BSG, Beschluss vom 19.04.2017, B 13 R 339/16 B; Juris). Zwar wird mit § 411 Abs. 3 ZPO die Befugnis des Prozessgerichts statuiert, von sich aus, "von Amts wegen", also ohne Anregung oder Antrag eines Beteiligten den Sachverständigen zum Termin zu laden und dort zu hören, um fehlerhafte tatsächliche Annahmen, Lücken oder Widersprüche im Gutachten in Gegenwart der Beteiligten mündlich zu erörtern und nach Möglichkeit auszuräumen (BSG a.a.O. m.w.N.). Allerdings ist ein Prozessbeteiligter nicht gehindert, ein Tätigwerden des Prozessgerichts vom Amts wegen nach § 411 Abs. 3 ZPO anzuregen. Diese Anregung ("Antrag") muss aber bestimmten Anforderungen entsprechen: Sie muss Ausführungen enthalten, aufgrund derer sich das Gericht schlüssig werden kann, ob es überhaupt Anlass hat, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zum Termin zu laden; die Anregung muss zumindest bei einem anwaltlich vertretenen Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit regelmäßig so rechtzeitig nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens beim Prozessgericht eingebracht werden, dass dieses entsprechend der Konzentrationsmaxime (vgl. § 106 Abs. 2 SGG) in der Lage ist, den Sachverständigen noch zum nächsten Termin zu laden und die Streitsache in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Einen Antrag, der den vorgenannten Anforderungen nicht genügt, kann das Prozessgericht ablehnen, ohne dass es das ihm durch § 411 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen überschreitet (vgl. BSG a.a.O.). Vorliegend hat die Klägerin lediglich beantragt, den Gutachter "als sachverständigen Zeugen bzw. als Sachverständigen zu vernehmen und das Gutachten im Termin nochmals zu erläutern". Eine "Erläuterungsbedürftigkeit" wurde in keiner Weise dargetan oder begründet und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Überdies wurde der Antrag verspätet gestellt, nämlich erstmals im Berufungsverfahren, obwohl das Gutachten bereits vom SG eingeholt wurde. Insofern sah der Senat keine Veranlassung, dem Antrag der Klägerin auf Vernehmung des Gutachters im Termin nachzukommen. Die Klägerin kann sich auch nicht auf ihr "Fragerecht" berufen. Unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht jedem Beteiligten gemäß § 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs. 1 S 1 SGG i.V.m. § 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (stRspr, s. hierzu und zum Folgenden nur BSG, Beschluss vom 16.04.2018, B 9 V 8/18 B; BSG, Beschluss vom 19.04.2017 a.a.O., Juris). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Auch hier ist jedoch notwendig, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Hieran fehlt es bereits. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, welche konkreten Punkte sie noch für erläuterungsbedürftig hält. Vielmehr hat sie lediglich die Erläuterung des Gutachtens beantragt. Zudem verkennt die Klägerin, dass das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit Blick auf solche Gutachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (BSG, Beschluss vom 16.04.2018 a.a.O. m.w.N.), es sei denn, das SG ist dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf mündliche Befragung verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 118 Rdnr. 12 g m.w.N.). Vorliegend ist ein entsprechender Antrag vor dem SG nicht gestellt worden, weder vor noch während der mündlichen Verhandlung. Insofern besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Fragerecht mehr.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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