S 16 KR 444/14 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 16 KR 444/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 KR 71/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 04.12.2014 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitgegenständlich geht es um die Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie für den am ... 1996 geborenen Antragsteller.

Beim Antragsteller besteht eine Abhängigkeit im Hinblick auf mit Metamphetamin, Cannabis sowie Alkohol. Der Antragsteller hatte bereits im Zeitraum vom 1.4.2014 bis 2.5.2014 teilweise gegen seinen Willen als Minderjähriger an einer Entgiftungsbehandlung teilgenommen. Nach Beendigung der Entgiftungsbehandlung konsumierte der Antragsteller weiterhin Betäubungsmittel und Alkohol. Am 22.7.2014 gegen 21:45 Uhr beging der Antragsteller eine als Verbrechen einzuordnende Straftat in W ... in der ...-Tankstelle in der ... Straße. Infolge dieser Straftat wurde der Antragsteller in Untersuchungshaft genommen. Der Antragsteller wird angeklagt wegen schwerer räuberischer Erpressung, Termin zur Hauptverhandlung ist am 9.12.2014 am Amtsgericht W ...

Der Antragsteller beantragte am 9.9.2014 bei der Antragsgegnerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zum Zweck der Durchführung einer Langzeittherapie zur Behandlung seiner Polytoxikomanie-Erkrankung. Mit Bescheid vom 26.11.2014 wurde der Antrag des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) keine ausreichende Eigenmotivation vorläge. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 2.12.2014 Widerspruch.

Mit Schriftsatz vom 4.12.2014 reichte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht ein. Zur Begründung führte er aus, dass es beim Antragsteller haftbedingt zu einer nachhaltigen Entgiftung gekommen sei. Der Antragsteller habe die Untersuchungshaft genutzt, um sich zunächst einmal mit sich selbst und seinen möglichen Zukunftsaussichten auseinander zu setzen. Er habe sich an die Sucht- und Drogenberatung beim DRK-Kreisverband W ... e.V. gewandt. Von der Mitarbeiterin Frau sei der Antragsteller auf die Möglichkeit einer Langzeittherapie der für solche Zwecke anerkannten Therapieeinrichtung " ..." in G ... hingewiesen worden. Diese Therapiemöglichkeit möchte der Antragsteller wahrnehmen. Diesbezüglich liegt der Antragsteller ein Schreiben des DRK-Kreisverbandes vom 26.11.2014 vor, aus dem hervorgeht, dass aus Sicht der Beratungsstelle eine stationäre Drogentherapie sinnvoll erscheint und vom Maßregelvollzug abgesehen werden sollte. Die Begründung hierfür liege im erzieherischen Kontext. So hätte der Klient in der Therapie die Möglichkeit, nebst dem Aufarbeiten der Straftat, seinen schulischen beruflichen Werdegang fortzusetzen. Des Weiteren sei davon auszugehen, dass der Klient als labil einzuschätzen ist, was im Setting des Maßregelvollzugs nicht adäquat berücksichtigt werden könne. Im Rahmen des Therapiekonzeptes könnte intensiver an einer Stabilisierung und Reifung der Persönlichkeitsentwicklung des Klienten gearbeitet werden. Zur Stützung seines Antrages reichte der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers auch das Gutachten des Dr. med. Dipl. –Psych ... vom 6.10.2014 ein. Darüber hinaus begründet der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die entsprechende Therapiebereitschaft anhand der Regelungen der §§ 10 bis 12 SGB VI.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller eine Zusage für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Form einer stationären Drogentherapie zu erteilen.

Aufgrund der Tatsache, dass die Hauptverhandlung des Antragstellers in Strafsachen bereits am 9.12.2014 stattfindet, konnte die Antragsgegnerin vor Beschlussfassung nur noch telefonisch über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz informiert werden. Die Antragsschrift ging der Antragsgegnerin zwar auch noch vorab per Fax zu, es war ihr aber aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich, eine Antragserwiderung zu fertigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG ist schon unzulässig. Es fehlt am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers. Die vom Antragsteller begehrte medizinische Rehabilitation ist schon aufgrund der Anwendung des § 64 Strafgesetzbuch (StGB) sichergestellt bzw. gegenüber der hier begehrten stationären Drogentherapie, die von der Antragsgegnerin zu leisten wäre, als vorrangig zu betrachten. Für die Kammer ist nach Sichtung des eingereichten Gutachtens des Dr. med. Dipl.-Psych ... vom 06.10.2014 kein Grund ersichtlich, warum der Antragsteller den Drogenentzug nicht gemäß § 64 StGB durch Unterbringung in einer Entziehungsanstalt absolvieren sollte. Die Argumente der Mitarbeiterin des DRK-Kreisverbandes in Ihrem Schreiben vom 26. November 2014 überzeugen die Kammer nicht. Vielmehr ist die Kammer der Auffassung, dass der Antragsteller im Maßregelvollzug bzw. durch Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB mit höherer Wahrscheinlichkeit von seiner Drogensucht loskommen dürfte, da er hier nicht die Möglichkeit hat, die Therapie vorzeitig abzubrechen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Mitarbeiterin des DRK-Kreisverbandes als auch der Gutachter den Antragsteller als labile Persönlichkeit einschätzen. Darüber hinaus hat der Antragsteller auch im Rahmen des Maßregelvollzuges die Möglichkeit, seine schulische und berufliche Entwicklung voranzutreiben. Der Gutachter hat bestätigt, dass die Voraussetzungen für § 64 StGB vorliegen dürften. Darüber hinaus ist der Hinweis des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers auf § 35 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) für die Argumentation, dass hier entweder Strafe oder Therapie in Betracht käme, nicht nachvollziehbar. Nach § 35 BtMG kann die Strafvollstreckung aufgrund einer begonnenen oder bald beginnenden Drogenentzugstherapie zurückgestellt werden. Eine Verurteilung des Täters ist aber Voraussetzung für § 35 BtMG, so dass nicht verständlich ist, warum hier auf § 35 BtMG abgestellt wird. Ebenso unverständlich ist die Begründung des Antrages mit den §§ 10 – 12 SGB VI. Diese Regelungen entspringen dem Rentenversicherungsrecht und haben mit der Antragsgegnerin als angeblich Verpflichteter des Antragsbegehrens aus dem Krankenversicherungsrecht rein gar nichts zu tun.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war deshalb schon aufgrund Unzulässigkeit zurückzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
Saved