L 8 KR 293/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 257/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 293/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 33/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für das Mistelpräparat Iscucin salicis zur Behandlung einer seropositiven rheumatoiden Arthritis.

Die Klägerin (geb. 1963) beantragte am 15. Juli 2011 bei der Beklagten die Kostenübernahme für das Mistelpräparat Iscucin salicis. Auf Anfrage der Beklagten legte Klägerin eine Auskunft ihres Hausarztes Dr. B. vor, der eine seropositive rheumatoide Arthritis diagnostizierte mit Schmerzen, Rötung und Schwellungen an allen großen und kleinen Gelenken, Sehnen, Muskeln, Schleimbeutel. Es bestehe ein chronischer Verlauf seit 2004. Mistel werde komplementär zur bisherigen konventionellen Therapie eingesetzt.

Der hierzu gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) teilte in einem Gutachten nach Aktenlage der Dipl.-Med. C. vom 25. Oktober 2011 mit, Iscucin salicis sei ein nicht verschreibungspflichtiges apothekenpflichtiges Arzneimittel, welches zu der besonderen Therapierichtung Anthroprosophie und Homöopathie gehöre. Es sei nicht auf der sog. OTC-Liste enthalten.

Mit Bescheid vom 2. November 2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme für Iscucin salicis ab. Dieses Medikament sei nicht in der OTC-Auslistung enthalten, weshalb die Kasse die Kosten nicht übernehmen dürfe. Den Widerspruch der Klägerin vom 4. Dezember 2011, den diese mit einem Attest des hausärztlichen Internisten Dr. D. begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2013, zugestellt am 24. Mai 2013, zurück. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel seien gemäß § 34 Abs. 1 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V mit Arzneimitteln ausgeschlossen. Davon gebe es Ausnahmen bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, wenn das betreffende Medikament als Therapiestandard gelte. Für diese Festlegung sei der Gemeinsame Bundesauschuss (GBA) in den Arzneimittelrichtlinien zuständig. Sei das Medikament dort für die entsprechende Indikation gelistet, könne es vom Vertragsarzt auf Kassenrezept verordnet werden. Die bei der Klägerin vorliegende Diagnose sei in den Arzneimittelrichtlinien nicht als Ausnahmetatbestand für eine vertragsärztliche Verordnung genannt. Ergänzend verwies die Beklagte auf § 27a ihrer Satzung, die seit 1. August 2012 die Erstattung von Kosten für nicht verschreibungspflichtige apothekenpflichtige Arzneimittel der Homöopathie usw. ermögliche, insgesamt jedoch max. bis zu einem Betrag von 100 EUR pro Kalenderjahr.

Die Klägerin hat am 24. Juni 2013 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und u.a. mitgeteilt, nach einem Aufenthalt in einem ganzheitlich behandelnden Krankenhaus für schwere/sehr schwere Erkrankungen im Jahr 2011 sei sie von diesem Medikament überzeugt.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juni 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), denn die Beklagte habe die Versorgung mit Iscucin salicis nicht zu Unrecht abgelehnt. Es handele sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, für das kein Ausnahmetatbestand nach dem Gesetz eingreife. Für Mistelpräparate mache der GBA eine Ausnahme nur in der palliativen Therapie. Dieser gesetzliche Ausschluss der Erstattungsfähigkeit sei auch, wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden habe, verfassungsgemäß.

Gegen das am 24. Juni 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt am 21. Juli 2017. Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Januar 2018 die Berufung auf den Berichterstatter des Senats übertragen.

Die Klägerin führt aus, es gehe ihr nicht um die Erstattung von Kosten für die Vergangenheit. Bis heute habe sie dieses Medikament nicht auf eigene Kosten gekauft bzw. kaufen können. Vielmehr gehe es um die Weiterbehandlung ab Sommer 2018 im Paracelsus Krankenhaus mit dem genannten Medikament. Im Rahmen der Gleichbehandlung habe sie als schwerster Rheumatiker Anspruch auf Verbesserung der Lebensqualität.

Im Erörterungstermin am 20. Dezember 2017 hat die Klägerin weiter erklärt, auf der Grundlage der Satzungsregelung der Beklagten erhalte sie für verschiedene naturheilkundliche Medikamente einen Betrag von 100 EUR pro Jahr erstattet, davon seien die Kosten für Iscucin salicis jedoch nicht erfasst.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 2017 aufzuheben, dem Bescheid vom 2. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie zukünftig mit Iscucin salicis zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung entscheidet aufgrund des Übertragungsbeschlusses des Senats vom 10. Januar 2018 der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf zukünftige Versorgung mit dem Medikament Iscucin salicis im Rahmen der Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.

Bei Iscucin salicis handelt es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges apothekenpflichtiges Medikament. Zwar gehört zum Krankenbehandlungsanspruch der Versicherten gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V auch der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln, allerdings sind durch § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen.

Eine Ausnahmeregelung greift nicht ein. § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V gibt dem GBA auf, in Richtlinien schwerwiegende Erkrankungen aufzuführen, für deren Behandlung nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel als Therapiestandard zur Verfügung stehen (sog OTC-Ausnahmeliste). In Bezug auf Iscucin salis gibt es keine solche Regelung. Wie das Sozialgericht zutreffend ausführt, enthält die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie eine Ausnahmeregelung in Bezug auf Mistelpräparate nur für den Einsatz in der palliativen Therapie von malignen Tumoren. Auf die zutreffenden Darlegungen des Sozialgerichts nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente wie Iscucin salicis aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Das hat das Sozialgericht unter Darlegung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts eingehend und zutreffend begründet. Der Senat sieht auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist nur anzufügen, dass die Folgen des Leistungsausschlusses im Fall der Klägerin durch die Regelung in § 27a der Satzung der Beklagten gemildert werden, wonach im Jahr bis zu 100,00 EUR für die Kosten nicht verschreibungspflichtiger apothekenpflichtiger Arzneimittel der Homöopathie, Phytotherapie und Anthroposophie erstattet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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