S 35 AS 3908/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 AS 3908/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sechs Jahre in Höhe von 56.022,97 EUR.

Der Kläger beantragte erstmals am 04.02.2005 nach der Einstellung von Krankengeldzahlungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Rechtsvorgänger des Beklagten. Er gab im Antrag an, über kein Einkommen und Vermögen zu verfügen. Als Konto benannte er eines bei der S. mit der Kontonummer. Die Richtigkeit seiner Angaben versicherte er mit seiner Unterschrift auf dem Antrag. Mit Bescheid vom 3.3.2005 wurden ihm erstmals Leistungen ab dem 1.3.2005 bewilligt. Im Bescheid erfolgte der Hinweis, dass der Kläger verpflichtet sei, alle wesentlichen Änderungen in den Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen.

Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungsabschnittes beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen. Im Rahmen dieser Antragstellung gab er jeweils an, dass sich seine Einkommens und Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten. Der Beklagte bewilligte daraufhin ohne Anrechnung von Einkommen jeweils Leistungen.

Da die Mietkosten des Klägers zu hoch waren, forderte der Beklagte den Kläger zur Senkung seiner Unterkunftskosten auf. Seit dem 1.1.2007 erhielt der Kläger Leistungen jedoch nur noch Leistungen unter Anerkennung einer Nettokaltmiete auf der Grundlage der jeweils geltenden Fachanweisung des Beklagten. Daraus ergaben sich bewilligte Kosten der Unterkunft in Höhe von 413 EUR bzw. seit Dezember 2007 in Höhe von 439,12 Euro und seit Oktober 2009 in Höhe von 448,16 EUR. Die tatsächliche Miete betrug dagegen zunächst 558,40 EUR, seit dem 1.3.2008 sodann 587,84 EUR.

Im April 2008 gab der Kläger bei der Arbeitsvermittlung in einem Gespräch an, ein Nebengewerbe aufgenommen zu haben. Er legte die Gewerbe an Meldung zum 03.03.2008 vor. Einkommen aus der Tätigkeit zeigte der Kläger dagegen nicht an. Mit Schreiben vom 30.12.2009 bat der Kläger gegenüber dem Beklagten um eine Beratung im Zusammenhang mit seinem Kleingewerbe. Der Beklagte forderte den Kläger auf zu erklären, wie er in der Vergangenheit die monatliche Mietdifferenz aufgebracht habe. Zudem wurde er aufgefordert eine Gewinn- und Verlustrechnungen sowie weitere Unterlagen über die Betriebseinnahmen und -ausgaben seiner gewerblichen Tätigkeit des letzten Jahres vorzulegen. Der Beklagte erhielt schließlich Kenntnis vom Hauptzollamt, dass der Kläger über erhebliche Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit verfügen solle.

Der Kläger legte Unterlagen aus dem Jahr 2009 vor, woraus sich ein geringer Verlust seiner gewerblichen Tätigkeit. Angaben dazu, woraus er die Mietdifferenz bezahlt hat, machte der Kläger dagegen nicht. Der Beklagte bewilligte daraufhin ab April 2010 vorläufig Leistungen unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens in Höhe von 450,00 EUR. Dabei ging der Beklagte von weiteren Einnahmen wegen dieses ungeklärten Punktes aus.

Nach erhobenem Widerspruch und Anstrengung eines Eilverfahrens bewilligte der Beklagte sodann ab April 2010 vorläufige Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen. Dem Widerspruch wurde damit abgeholfen.

Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 07.10.2010 hin wurde der Kläger aufgefordert Kontoauszüge für den letzten Bewilligungsabschnitt, die Anlage EKS über die abschließenden Betriebseinnahmen und –ausgaben für den vergangenen Bewilligungsabschnitt sowie die vorläufigen Betriebseinnahmen und –ausgaben für den kommenden Bewilligungsabschnitt einzureichen.

Der Kläger teilte mit, dass er die Unterlagen wegen einer Beschlagnahme nicht einreichen könne.

Der Weiterbewilligungsantrag wurde sodann mit Bescheid vom 03.12.2010 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit abgelehnt. Dabei ging der Beklagte von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 1.200 EUR aus. Im Rahmen eines erneut angestrengten Eilverfahrens wurde der Beklagte sodann verpflichtet für die Zeit vom 13.01.2011 bis 31.03.2011 unter Anrechnung eines Einkommens aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 425,00 Euro vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen. Der Verpflichtung kam der Beklagte mit Bescheiden vom 01.03.2011 und 24.03.2011 nach.

Der Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 03.12.2010 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Nach Bekanntwerden weiterer Konten durch ein Kontenabrufverfahren wurde der Kläger auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 05.04.2011 hin aufgefordert, weitere Kontoauszüge vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nicht nach, weshalb die Leistungen durch Bescheid vom 23.05.2011 vollständig versagt wurden.

Mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag hörte der Beklagte den Kläger zu einer Überzahlung von Leistungen ab dem 01.03.2005 bis 31.03.2011 in Höhe von 56.022,97 Euro an.

Mit Bescheid vom 18.04.2012 hob der Beklagte die Bewilligungsbescheide für den Zeitraum vom 01.03.2005 bis 31.03.2011 ganz auf und verlangte einen Betrag in Höhe von 56.022,97 Euro erstattet. Dabei waren die jeweiligen Bewilligungs- und Änderungsbescheide - mit Ausnahme des Bescheides vom 19.06.2006 - sowie die Erstattungsforderung in einer Summe ohne Aufschlüsselung nach Monaten genannt. Zusätzlich wurde ein Bescheid vom "19.mai 2006" aufgehoben, der tatsächlich nicht existent ist. Die Aufhebungsentscheidung wurde dabei auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger Einkommen aus E.-Verkäufen erzielt habe. Kontoauszüge seien nicht vorgelegt worden, weshalb davon auszugehen sei, dass tatsächlich keine Hilfebedürftigkeit bestanden hätte. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, habe Einkommen erzielt und hätte zudem wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch weggefallen ist.

Mit Schreiben vom 30.07.2012 erhob der Bevollmächtigte des Klägers vorsorglich Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.04.2012. Der Kläger habe eine Zahlungsaufforderung erhalten, die auf den Bescheid vom 18.04.2012 Bezug nehme. Diesen Bescheid habe der Kläger jedoch tatsächlich nicht erhalten.

Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 14.11.2012 als unzulässig verworfen, da die Widerspruchsfrist nicht eingehalten wurde.

Mit der am 17.12.2012 erhobenen Klage wendet der Kläger sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.

Der Beklagte hat am 19.04.2013 einen weiteren Widerspruchsbescheid erlassen, mit welchem der Widerspruchsbescheid vom 14.11.2012 aufgehoben und durch den neuen Bescheid ersetzt wurde. Die Aufhebungsentscheidung wurde nunmehr nur noch für den ersten Bewilligungsbescheid auf § 48 SGB X gestützt und für die folgenden Bescheide auf § 45 SGB X.

Zur Begründung führte der Beklagte nun an, dass die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen durch das Hauptzollamtes ergeben hätten, dass der Kläger das Konto seiner Schwester, Frau B., für sich selbst genutzt habe und sich hieraus Einnahmen in Höhe von 63.695,20 Euro für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 29.12.2008 ergäben. So habe der Kläger - wie aus Emailverkehr und Buchungstexten ersichtlich sei - seine Geschäftspartner aufgefordert, Zahlung auf das Konto seiner Schwester vorzunehmen. Zudem seien vom Konto einige Male die Miete für seine Wohnung sowie der Internetanschluss des Klägers gezahlt sowie Abbuchung von Bargeld in S1 zu einer Zeit vorgenommen worden, in der sich der Kläger auf M. befand. Der Kläger habe an der Aufklärung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt und keine weiteren Kontoauszüge vorgelegt, weshalb im Wege einer Beweislastumkehr davon auszugehen sei, dass er bereits im März 2005 über bedarfsdeckendes Einkommen verfügt habe. Aus den vom Hauptzollamt ermittelten Einnahmen ergäbe sich ein durchschnittlicher monatlicher Gewinn in Höhe von 1.415,45 Euro, der auf den Bedarf des Klägers anzurechnen sei.

Der Kläger macht geltend, dass die Berechnung des Beklagten hinsichtlich des durchschnittlichen Einkommens bereits falsch sei, da das ermittelte Einkommen sich auf einen längeren Zeitraum beziehe, als angegeben. Unabhängig davon würde es sich jedoch nicht um sein Einkommen handeln. Sämtliche Zahlungen von Konto der Frau B. seien von ihr selbst vorgenommen worden. Nur sie sei verfügungsberechtigt über das Konto. Der Kläger habe sein E.- dazu benutzt im Rahmen von Freundschaftsdiensten für Verwandte und Freunde Gegenstände zu ersteigern oder zu verkaufen. Einnahmen habe der Kläger hieraus nicht erzielt.

Zwischen dem Kläger und seiner Schwester habe eine Darlehensvereinbarung bestanden, wonach die Schwester dem Kläger lediglich darlehensweise Gelder zur Verfügung gestellt habe. Dies ergäbe sich auch aus den Kontoauszügen, denn danach habe der Kläger Zahlungen auf das Konto seiner Schwester mit dem Verwendungszweck Abtrag Schulden überwiesen. Wer Bareinzahlungen auf das Konto vorgenommen habe, sei nicht geklärt. Diese stünden jedenfalls nicht im Zusammenhang mit dem Kläger.

Das Gericht hat die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten beigezogen. Die Ermittlungen ergaben dabei Folgendes: Auf den Namen des Klägers waren bei E. insgesamt 5 Konten eingetragen unter dem Benutzernamen: F., J., J1, P. und L ... Unter dem Benutzernahmen "J1" wurden seit Eröffnung des Mitgliedskonto im Juli 2005 bis Anfang 2008 Verkäufe mit einem Umsatz von 7.786,72 Euro vorgenommen. Ersteigert wurde unter dem Benutzernamen bis November 2010 Waren im Wert von 12.192,45 Euro.

Die Auswertung des Email-Verkehrs ergab, dass der Kläger mit diversen Personen im Kontakt zwecks Erstellung bzw. Änderung von Internetseiten stand, die ihm teils auf sein Konto, teils auf das Konto der Zeugin Geld überwiesen haben. Teilweise hat der Kläger in Emails ausdrücklich um Überweisung auf das Konto der Zeugin gebeten, einmal um eine Bargeldübergabe an seinen Schwager, dem Ehemann der Zeugin.

Die Auswertung des Internets ergab, dass auf diversen Internetseiten (C ...de, A., H. und M4.de) als Urheber des D ...de angegeben war. Der Kläger war im Impressum als Inhaber der Seite angegeben. Eine Rechnung über die Benutzung dieser Domain befand sich in den Unterlagen des Klägers. Sie war an ihn adressiert.

Insgesamt wurden den vom Konto der Schwester 52.752,11 Euro überwiesen bzw. abgehoben. Demgegenüber stehen Gutschriften in Höhe von 63.695,20 Euro, davon 19.515,00 Euro Bareinzahlungen und 3.250,00 Euro Überweisungsgutschriften vom Konto des Klägers.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 18.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 01.06.2015 Frau B. als Zeugin aufgerufen. Sie hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte des Gerichts, der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten des Verfahrens am Amtsgericht Hamburg Altona zum Aktenzeichen AG 329 Ds 434/12 nebst Beiakten verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 18.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).

1. In formeller Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides. Insbesondere hat der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23.05.2011 ordnungsgemäß nach der Vorschrift des § 24 SGB X angehört. Er hat darin die beabsichtigte Aufhebung der Leistungsbewilligung im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.04.2012 darauf gestützt, dass der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen sei. Er habe Einkommen aus Verkäufen bei E. erzielt habe, die er in grob fahrlässiger Weise nicht angezeigt habe und hätte erkennen können, dass aus diesem Grund die Leistungen nicht unverzüglich mitgeteilt habe. Dem Kläger sind dadurch die wesentlichen Umstände, die aus Sicht des Beklagten zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung führten, in hinreichendem Umfang mitgeteilt worden. Hierdurch wurde dem Kläger entsprechend Gelegenheit gegeben, sich zu äußern.

2. Der Bescheid entspricht auch dem Bestimmtheitsgebot nach § 33 SGB X. Danach muss ein Verwaltungsakt so eindeutig formuliert sein, dass sich ohne Rückfrage für den Adressaten ergibt, was die Behörde regelt bzw. was von ihm verlangt wird. Ob eine danach hinreichend bestimmte Verfügung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln, deren Maßstab die Sicht eines verständigen Empfängers ist (vgl. Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 33 Rn. 3 m.w.N.). Die Bezeichnung des Bescheides vom 19.06.2006 als "19. mai 2006" schadet hier als offensichtliche Unrichtigkeit, die nach § 38 SGB X jederzeit beseitigt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R), nicht. Angesichts des Inhalts des Aufhebungsbescheides ist unzweifelhaft gewollt, dass sämtliche Bewilligungs- und Änderungsbescheide für den gesamten Zeitraum ab dem 01.03.2005 aufgehoben werden sollten. Am 19.05.2006 ist jedoch kein Bescheid erlassen worden, wohl aber am 19.06.2006.

Auch das Maß der Aufhebung – hier die vollständige Leistungsaufhebung - geht für den Kläger hinreichend deutlich aus dem Verfügungssatz und der Begründung des Bescheides hervor. Es war für den Kläger deutlich erkennbar, dass alle Leistungsmonate in vollem Umfang von der Aufhebung betroffen sein sollen. Der Aufhebungsbescheid vom 18.04.2012 lässt keinen Zweifel daran, dass dem Kläger keinerlei Leistungen verbleiben sollten. Auch die Begründung des Bescheides, der Kläger sei seit dem 01.03.2005 nicht hilfebedürftig gewesen, weil er Einkommen aus Verkäufen bei E. erzielt habe, stützt dies. Einer näheren Aufschlüsselung der Aufhebung nach Monaten sowie nach den Leistungsarten Regelleistung sowie Kosten der Unterkunft und Heizung war wegen der hier vollumfänglichen Aufhebung damit nicht erforderlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 89/12 R –).

3. Die Rücknahme der Leistungsbewilligung richtet sich für den Zeitraum vom 01.03.2005 bis 31.03.2010 nach den Maßgaben von § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Denn es lagen mit den Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheiden begünstigende Bescheide vor, die infolge fehlender Hilfebedürftigkeit des Klägers von Anfang an gegen die Regelungen der §§ 19 Abs. 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 SGB II verstießen und damit insoweit rechtswidrig waren.

a. Dass der Beklagte seine Entscheidung teils auf § 48 Abs. 1 Satz Nr. 2 - 4 SGB X gestützt hat, ist dagegen alleine nicht klagebegründend. Denn das Gericht kann die Entscheidung auf eine andere Ermächtigungsgrundlage stützen, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird. Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsakts, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig, sofern ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Denn nur dann bedarf es gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB II keiner Ermessensentscheidung, die der Beklagte erkennbar nicht getroffen und vom Gericht nicht vorgenommen werden darf (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 – B 4 AS 21/10 R –). Dies ist jedoch vorliegend der Fall.

b. Die Rücknahme eines (anfänglich) rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes regelt § 45 SGB X. Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X lässt die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 und des Absatzes 3 Satz 2 zu. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3); grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

aa. Die erlassenen Bewilligungs- und Änderungsbescheide waren von Anfang an rechtswidrig, denn der Kläger war nicht hilfebedürftig, weshalb ein Leistungsanspruch nicht bestand.

Gemäß § 19 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen dabei den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Korrespondierend hierzu regelt § 7 Abs. 1 SGB II, dass erwerbsfähiger Leistungsberechtigter ist, wer das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Hilfebedürftig in diesem Sinne ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).

Zur Überzeugung der Kammer steht auf der Grundlage der getroffenen Erkenntnisse fest, dass der Kläger seit des Beginns der Leistungsbezuges entgegen seiner Einlassung über zu berücksichtigendes Einkommens im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II verfügt hat, welches er gegenüber dem Beklagten nicht angab, sondern sich zur Verschleierung dieses Umstandes des Kontos seiner Schwester bediente.

Tatsächlich kann zwar nicht aufgeklärt werden, in welchem Umfang der Kläger Einkommen erzielt hat und ob dies ausreichend war seinen Lebensunterhalt zu decken. Die Nichterweislichkeit des Umfangs des anrechenbaren Einkommens geht jedoch zu Lasten des Klägers

Dem Kläger sind während des Bewilligungszeitraums durch zahlreiche Bareinzahlungen und Überweisungen auf das Konto der Schwester, welches zur Überzeugung der Kammer tatsächlich vom Kläger genutzt und ihm daher wirtschaftlich zuzurechnen war, Einnahmen in Geldeswert und damit bei der Berechnung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigende Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zugeflossen. Die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über das Konto der Schwester ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen der Kontonutzung, die einen ganz überwiegenden Bezug zum Kläger aufweisen.

(1) Aus den dem Gericht vorliegenden Kontoauszügen des betreffenden Kontos der Schwester sind mit Ausnahme der monatlichen Kontoführungsgebühren und Barabhebungen überwiegend Überweisungen an den Kläger selbst oder zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Klägers ersichtlich.

Dies betrifft zum Einen neben den Direktüberweisungen auf das Konto des Klägers in Höhe von insgesamt 4.150,00 EUR in 18 Teilzahlungen, die an die Vermieterin oder Versorger des Klägers geleisteten Zahlungen (insgesamt 87 Einzelbuchungen), sei es die laufende Miete (am 02.06.2005, 05.12.2006, 05.06.2007, 13.08.2007, 13.05.2008, 14.01.2009) oder die Begleichung von aufgelaufenen Mietschulden (so am 13.10.2008, 13.03.2009 und 10.06.2010), Vorauszahlungen an den Heizungsanbieter E. AG (am 02.06.2005, 04.07.2005 und 05.12.2006) bzw. sich aus Abrechnungen ergebene Nachzahlungen bzw. Schulden (18.09.2007, 08.09.2008 und 23.10.2008), den Wasserversorger H1 (am 26.09.2005 in Höhe von 198,00 EUR), den Telefonanbieter H2 (monatlich zwischen 32,20 EUR und 122,233 EUR), den Stromanbieter V. (am 06.07.2006) oder der Beitrag an die G. (am 26.10.2006 in Höhe von 47,28 EUR sowie am 26.05.2010 in Höhe von 19,51 EUR). Dass diese Zahlungen zur Tilgung der Verbindlichkeiten des Klägers getätigt wurden, ergibt sich dabei zum Einen aus der ausdrücklichen Nennung seines Namens im Verwendungszweck oder der Nennung seiner Kundennummer im Verwendungszweck, die kongruent ist mit der im Verwendungszweck genannten Kundennummer von seinem S.-Bankkonto getätigten Buchungen (z.B. die Überweisungen an die G.). Zum Anderen ergibt sich dies jedoch auch aus den Einlassungen des Klägers selbst, dass sein Telefonanschluss bei H2 über das Konto seiner Schwester bezahlt wurde.

Darüber hinaus weist das Konto insgesamt 120 Überweisungen an Dritte unter Bezugnahme auf ein E.-Kauf des E.-Käufers "J1", dem Benutzernamen des Klägers bei E. seit dem 11.10.2002 , oder des E.-Käufers "J2", dem Benutzernamen des Klägers bei E. seit dem 07.04.2005, auf. Der Einwand des Klägers, dass diese Einkäufe tatsächlich für Dritte getätigt wurden, ist dagegen nicht anhand der vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar. Der beschlagnahmte Rechnungsordner weist keine Rechnung auf, bei der der Gegenstand an eine andere Adresse als die des Klägers gesandt wurde. Der Kläger selbst konnte zu den Käufen keine näheren Angaben mehr machen konnte.

Weitere 39 Überweisungen erfolgten darüber hinaus im Namen des Klägers ("P.", "J.P.", "P1", "J4", "J.P2", "J3") oder unter Nennung seiner Internetseite "J3-aktuell" bzw. erfolgten auf an den Kläger adressierte Rechnungen, die der Kläger in seinem Rechnungsordner oder in seinem Email-Verkehr aufbewahrte (hierzu im Einzelnen: Überweisung am 21.12.2006 an D1 GmbH = Rechnung vom 29.12.2006 im Rechnungsordner unter "D" abgeheftet; Überweisung am 21.12.2006 an M.E. = Rechnung vom 21.12.2006 im Rechnungsordner unter "PQ" für P2-Techstore abgeheftet; Überweisung am 22.12.2006 an M1 GmbH = Rechnung vom 28.12.2006, im Rechnungsordner unter "M" abgeheftet; Überweisung am 02.02.2007 an M.E. = Rechnung vom 02.02.2007 im Rechnungsordner unter "PQ" abgeheftet für P2-Techstore; Überweisung am 03.05.2007, 11.06.2007, 19.06.2007 und 18.10.2007 an IT-Service G. = Rechnung vom 02.05.2007, 08.06.2007, 18.06.2008 und 18.10.2007, im Rechnungsordner unter "G" abgeheftet; Überweisung am 10.03.2008 an C. = Rechnung vom 11.03.2008, im Rechnungsordner unter "C" abgeheftet; Überweisung am 24.04.2008 an N. = Rechnung vom 19.07.2009, Bl. 7 lit "E" BMO-Ordner; Überweisung am 27.11.2008 an die L. = Rechnung vom 25.11.2008, im Rechnungsordner unter "L" abgeheftet; Überweisung am 29.12.2008 an P.G. = Rechnung vom 30.12.2008 Bl. 55 lit. "E" BMO-Ordner; Überweisung vom 25.05.2009 an N.S. = Rechnung vom 26.05.2008, im Rechnungsordner unter "Sch" abgeheftet; Überweisung an A1 AG "L1" = Rechnung vom 23.11.2009, im Rechnungsordner unter "A" abgeheftet). Darüber hinaus ist eine Abbuchung dem Kläger dadurch zurechenbar, dass ausweislich Ankaufsliste über die bei E. ersteigerten Gegenstände (BMO-Ordner, lit "D") nachvollziehbar war, dass der Kläger im gleichen Zeitraum für diesen Betrag zzgl. Versandkosten etwas bei E. ersteigert hatte (im Einzelnen: Überweisung am 22.12.2006 "E. Router" ersteigert am 14.12.2006 B1 Router zu einem Preis vom 6,37 EUR (Bl. 2 unten der E.-Einkaufsliste J1)).

Von den insgesamt 461 Abbuchungen im Zeitraum vom 01.06.2005 bis 16.09.2010 sind damit direkt 264 Abbuchungen dem Kläger zuzurechnen.

Die weiteren nicht zurechenbaren Abbuchungen betreffen im Wesentlichen Abbuchungen für Kontoführungsgebühren, Sollzinsen, davon 59 Bargeldabhebungen ausschließlich mit der EC-Karte Nr. 0.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass der Kläger entgegen seiner Behauptung die EC-Karte für das betreffende Konto nutzen konnte.

Die Überzeugungsbildung beruht dabei im Wesentlichen auf folgenden Umständen: Am 09.01.2007 wurde bei der Firma A2 mit einem Ladengeschäft in B1, eine gebrauchte M2 Anlage der Firma L2 für einen Preis von 1.900 EUR gekauft und vor Ort per EC-Karte gezahlt. Die Lastschrift erfolgte vom Konto der Schwester des Klägers am 10.01.2007. Dass es sich hierbei um einen Kauf per EC-Karte handelt, ergibt sich dabei nicht nur aus dem Buchungstext der Kontoauszüge, sondern auch aus der Original-Rechnung, die der Kläger in seinem Rechnungsordner aufbewahrte und handschriftlich neben dem Vordruck "Betrag dankend erhalten" mit dem Vermerk "per Karte" versehen war. Die Rechnung war an den Kläger adressiert. Auf Vorhalt der Rechnung aus seinem Rechnungsordner hat der Kläger eingeräumt, das Gerät gekauft und für die Vertonung von Filmen genutzt zu haben. Auf weitere Nachfrage konnte sich der Kläger an das Zustandekommen des Kaufvertrages nicht mehr erinnern. Die folgende Einlassung des Klägers, dass seine Schwester den Receiver gekauft haben müsse, erfolgte dagegen erst auf Vorhalt der Bezahlung per EC-Karte erfolgte. Aus Sicht der Kammer stellt sich diese Sachverhaltsdarstellung des Klägers als bloße Schutzbehauptung dar. Der Kläger hatte zuvor zu den zahlreichen E.-Einkäufen auf seinem Benutzernamen erklärt, dass er aufgrund seines technischen Sachverstandes von seinen Familienmitgliedern beauftragt wurde, sich um technische Dinge zu kümmern und hierfür bei E. benötigte Gerätschaften und Zubehör zu ersteigern. Weshalb dann ausgerechnet bei einer derart teuren Anlage der Kläger dagegen seine Schwester den Kauf abwickeln lässt, konnte der Kläger nicht plausibel machen. Eine Erklärung hierfür hatte er nicht.

Für die tatsächliche Verfügbarkeit der EC-Karte für den Kläger spricht auch der Umstand, dass am 03.02.2007 am Geldautomaten in N1 mit der EC-Karte Nr. 0 200,00 Euro Bargeld abgehoben wurden und der Kläger sich zu dieser Zeit in N1 aufgehalten hat. Dies ergibt sich aus einer Rechnung und Reservierungsbestätigung vom 23.01.2007 für einen Flug mit Abreisedatum 03.02.2007 (im Rechnungsordner unter "E" aufgeheftet). Auf der Reservierungsbestätigung des Flugtickets ist als Reisender der Kläger persönlich benannt. Auch die Rechnung des W1 Hotel N1 vom 04.02.2007 (abgeheftet im Rechnungsordner unter dem Buchstaben "B"), die eine Anreise am 03.02.2007 bestätigt, ist auf den Namen des Klägers ausgestellt. Der Hotelaufenthalt wurde am 04.02.2007 laut Rechnung mit einer Visakarte vor Ort bezahlt. Am 13.02.2007 erfolgte eine Überweisung an Frau W.P. vom Konto der Schwester des Klägers in gleicher Höhe mit dem Verwendungszweck "J4 W1 Hotel N1".

Weitere Lastschriften erfolgten unter Verwendung der Karte Nr. 0 am 01.07.2005 und 07.05.2007 jeweils bei der Firma S2 Computer GmbH in Höhe von 176,30 EUR und 260,61 EUR. Die an die Firma E1 GmbH und an den Kläger adressierten Rechnungen vom 30.06.2005 und 05.05.2007 befinden sich im Rechnungsordner des Klägers unter dem Buchstaben "S" abgeheftet. Sie bestätigen die Zahlung durch EC-Kartenzahlung ("Betrag durch EC-Kartenzahlung dankend erhalten."). Für die Firma E1 GmbH des Herrn K. war der Kläger bis zur Trennung der Geschäftspartner tätig. Ein Zusammenhang mit der Schwester des Klägers ist dagegen nicht ersichtlich.

Der tatsächlichen Verfügungsbefugnis des Klägers über das Konto seiner Schwester steht auch nicht der Einwand entgegen, dass nach der Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern im Rahmen des Kontenabrufverfahrens der Kläger nicht als Verfügungsberechtigter des Kontos eingetragen war. Durch Überlassung der EC-Karte als auch der TANs für das Onlinebanking ist ein Girokonto auch ohne entsprechend hinterlegte Bankvollmacht faktisch von einem Dritten nutzbar. Dass für das Konto ein Onlinebanking eingerichtet war, ergibt sich aus den Kontoauszügen selbst (einmalige Lastschrift HASPA Onlinebanking vom 28.06.2005 in Höhe von 10,95 EUR).

Eindeutig Dritten wirtschaftlich zurechenbare Überweisungen sind dagegen nur vereinzelnd erkennbar, so zwei Überweisungen im Namen des E.-Nutzers "G2" (22.08.2005 und 31.08.2005) der aufgrund der auffälligen Namensgleichheit mit der Schwester des Beklagten B. von ihr genutzt sein dürfte, sowie eine Überweisung der Miete für den Neffen des Klägers, E.B. (07.02.2007). Regelmäßige Einnahmen oder Ausgaben, wie die Rente der Schwester oder für einen weiteren Telefonanschluss, die auf die Nutzung des Kontos durch die Schwester schließen lassen, sind dem Konto dagegen nicht zu entnehmen.

Auch die Gutschriften auf dem Konto weisen, abgesehen von den nicht direkt zurechenbaren Bareinzahlungen und Überweisung des Klägers selbst, ebenfalls überwiegend einen Bezug zum Kläger auf.

Angesichts des so deutlichen Übergewichts der im Zusammenhang mit dem Kläger stehenden Abbuchungen und Einnahmen, der Überzeugung des Gerichts von der Nutzung der EC-Karte durch den Kläger und der fehlenden Verbindung des Kontos zur eigentlichen Kontoinhaberin konnte der Kläger zur Überzeugung der Kammer nach der Gesamtschau und unter Abwägung aller Umstände mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich über das Konto seiner Schwester verfügen konnte und tat dies auch.

(2) Soweit der Kläger einräumt, teilweise durch Darlehen von seiner Schwester finanziert worden zu sein, was eine Anrechnung der Gelder auf den Bedarf gemäß §§ 19 Abs. 3, 9 SGB II ausschließt, so ist die Darlehensvereinbarung nicht schlüssig dargelegt. Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, sind zwar bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können. Indiz für eine solche nach § 488 Bürgerliches Gesetzbuch wirksame Darlehensabrede ist die Einhaltung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten, wobei die Vereinbarung nicht zwingend einem Fremdvergleich in Bezug auf Schriftform, Zinsabrede und Gestellung von Verbindlichkeiten standhalten muss (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R -). Es ist daher aus Sicht der Kammer unschädlich, dass der Kläger in Bezug auf die angebliche Darlehensgewährung keine Vertragsurkunde vorlegen konnte. Die Kammer konnte sich gleichwohl allein aufgrund der Einlassungen des Klägers nicht davon überzeugen, dass es die vom Kläger behauptete Darlehensabrede tatsächlich gab. Der Kläger konnte die Darlehenshöhe nicht annähernd beziffern. Gemäß der im Verfahren eingereichten Übersicht habe die Schwester ihm 14.456,00 EUR geliehen, wovon er im September 2013 bisher 3.250,00 Euro zurückgezahlt habe. In der Auflistung tauchen die monatlichen Zahlungen der Telefon- und Internetgebühren an H2 jedoch nicht auf. Gleichwohl hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingelassen, dass die Gebühren vom Konto der Schwester abgebucht wurden, und erst auf Vorhalt des Inhalts der eingereichten Darlehensliste ausgeführt, die Liste müsse dann noch ergänzt werden. Die insgesamt damit in der Auflistung unberücksichtigt gelassene Summe von 3.243,48 EUR kann auch nicht als unerheblich bezeichnet werden. Wenn der Kläger aber schon die Summe der Darlehen nicht beziffern kann und auch bereits 2013 nicht konnte, so ist seine Aussage, er habe bis heute alles an seine Schwester zurückgezahlt, für die Kammer nicht nachvollziehbar. Der Kläger konnte sich auch weder an die in der Liste aufgeführte einmalige Zahlung von 4.150,55 EUR an ihn erinnern oder den Grund hierfür nennen. Auch wenn der Kläger nachvollziehbar ausgeführt hat, dass die Kosten seines Telefon- und Internetanschlusses vom Konto der Schwester abgebucht wurden, weil dies die Grundlage seiner berufliche Zukunft war und er keine Kündigung des Vertrages des Telefonanbieters riskieren wollte, so hat er weitere Gründe für die Darlehensgewährung nicht dargetan. Dies betrifft insbesondere die Zahlungen vor der Absenkung der vom Beklagten übernommenen Mietkosten. So sind vom Konto der Schwester in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt 3.972,36 Euro an den Kläger direkt gezahlt oder an Dritte zur Tilgung einer Verbindlichkeit des Klägers gezahlt worden, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt der Beklagte den Bedarf des Klägers noch vollständig gedeckt hatte und der Kläger ohne Not die Miete selbst hätte aus den Leistungen des Beklagten decken können. Auch trägt das Argument des Klägers nicht, aus den Buchungstexten "Anleihe" und "Abtrag Schulden" sei hinreichend deutlich eine Darlehensabrede ersichtlich. Dies mag Indiz sein. Allein die Bezeichnung eines Vertrages oder einer rechtsgeschäftlichen Handlung vermag jedoch noch nicht den dahinterstehenden ernsthaften Willen, sich den nach der Bezeichnung des Vertrages geltenden Regeln unterwerfen und sich dahingehend rechtsgeschäftlich zu binden, begründen. Hinzu kommt, dass kaum ernsthaft von einer Schuldentilgung die Rede sein kann, wenn zur Überzeugung der Kammer der Kläger jederzeit über den auf das Konto der Schwester überwiesenen Betrag verfügen konnte. Die Kammer konnte sich daher allein aufgrund der Einlassungen des Klägers nicht davon überzeugen, dass es die vom Kläger behauptete Darlehensabrede tatsächlich gab. Die Schwester des Klägers hat sich dagegen auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Für die Darlehensabrede ist der Kläger jedoch beweisbelastet. Denn der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, betrifft allein seine Sphäre (vgl. BSG, a.a.O.). (3) Die Kammer ist zudem davon überzeugt, dass der Kläger entgegen seiner Einlassungen tatsächlich für Dritte Internetseiten gestaltet hat und hieraus Einkommen erzielt hat:

Am 18.06.2007 überwies Herr F.M. auf das Konto der Schwester 451,65 EUR, wovon laut Verwendungszweck 150,00 EUR für die Internetseite sein sollte. Am 05.02.2008 überwies Herr F.M. nochmals 508,00 EUR unter dem Verwendungszweck "F.M. Seite", am 02.03.2010 nochmals 376,10 EUR mit dem Verwendungszweck "für Internetseite an J4". In seiner Email an.de vom 01.04.2010 listet der Kläger auf, was er noch in die neue Seite einstellen und was dies "F.M." kosten wird und beziffert die Kosten auf komplett 300 EUR. Am 22.04.2010 überweist Herr F.M. auf das Konto der Schwester 250,00 EUR für die "CMS -Seite" als Restzahlung für den Januar. Dabei steht die Abkürzung "CMS" im allgemeinen Sprachgebrauch für Content-Management-System, einer Software zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung und Organisation von Inhalten auf Internetseiten.

Mit Email vom 09.09.2009 an Frau A.S., die Betreiberin der Internetseite ".de", schrieb der Kläger, dass der Einbau dieser "Dinger" fürchterlich sei und er für Normale 30,- Euro und für Aufwendige 50,- bis 70,-Euro nehme. Er fände 150,- Euro fair (Bl. 51 lit "E" BMO-Ordner). Frau A.S. überweist am 29.03.2010 150,00 EUR auf das Konto der Schwester mit dem Verwendungszweck "Fotostudio". Auf der Internetseite der Frau A.S. ist als Urheber des Designs "G1.de" genannt (Bl. 8/9 lit "B" BMO-Ordner), eine Internetseite, dessen Betreiber der Kläger ist (Bl. 1 lit "B", BMO-Ordner) und dessen Kosten er trägt (Bl. 6 lit. "E", BMO-Ordner).

Am 18.02.2010 mailte der Kläger Frau B.W. als Bankverbindung die seiner Schwester, woraufhin Frau B.W. schrieb, dass sie alsbald die erste Rate schicken werde (Bl. 42, lit. "E", BMO-Ordner). Am 03.03.2010 überweist Frau B.W. auf das angegebene Konto mit dem Verwendungszweck "Erste Rate CMS F.M. für J3" 200,00 EUR. Mit der Email vom 04.03.2010 bedankt sich der Kläger bei Frau B.W. für den Geldeingang auf dem Konto.

Hinweise darauf, dass der Kläger, wie er geltend gemacht hat, die Aufträge nicht selbst ausgeführt hat, sondern den Auftrag an einen Dritten vermittelt hat, ohne selbst Einnahmen aus der Vermittlung zu erzielen, sind nicht ersichtlich. Der Inhalt des Emailverkehrs widerspricht vielmehr offenkundig dem Einwand des Klägers, dass er entsprechende Aufträge nur an Dritte vermittelt und dabei keinen Gewinn erzielt hätte. Die Emails an die entsprechenden Kunden wurden so formuliert, dass tatsächlich der Kläger selbst die Änderungen am Internetauftritt vornehmen wird und hierfür ein Honorar verlangt. Zudem hat der Kläger das Verhältnis zu Herrn F.M. als freundschaftlich beschrieben, weshalb eine Verschleierung der bloßen Vermittlung eines Auftrags zur Erstellung bzw. Überarbeitung einer Internetseite nicht plausibel erscheint. Nachprüfbare Angaben über die Vermittlung der Aufträge an Dritte hat der Kläger dagegen nicht gemacht. Soweit der Kläger ausführt, dass er einem M3 derartige Aufträge erteilt hat, so konnte er weder den Nachnamen benennen, noch andere sachdienliche Angaben über die Firma des Betreffenden machen.

(4) Aus der Nutzung des Kontos der Schwester zu eigenen Zwecken ohne Darlehensabrede sowie der Erzielung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit folgt, dass es dem Kläger obliegt, die Gutschriften auf dem Konto abzüglich der vom Konto des Klägers selbst getätigten Überweisungen, insbesondere auch die Herkunft der nicht unerheblichen Bareinzahlungen zu erläutern. Dabei ist gänzlich ungeklärt, woher die Bareinzahlungen stammen und ob weiteres Bargeld vorhanden war. Da der Kläger zur Aufklärung nicht beigetragen hat und es dem Gericht ohne die Angaben des Klägers nicht möglich war, den Sachverhalt weiter von Amts wegen zu ermitteln, ist davon auszugehen, dass der Kläger über ausreichendes Einkommen im Sinne des § 11 SGB II verfügt und nicht hilfebedürftig war.

Zwar obliegt im Regelfall die Beweislast für die Voraussetzungen der Rücknahme dem Beklagten, weshalb die Nichterweislichkeit von Tatsachen, wie hier die Höhe der Erzielung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, zu Lasten des Beklagten ginge. Hier besteht eine Beweislastumkehr zulasten des Klägers mit der Folge, dass eine fehlende Hilfebedürftigkeit von Anfang an, also seit Antragstellung im März 2005 anzunehmen ist. Denn bei der Höhe des Einkommens handelt es um Umstände aus der Sphäre des Klägers, die ohne seine Mitwirkung nicht aufklärbar sind. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Beweislastverteilung ist nämlich dann gerechtfertigt, wenn in der persönlichen Sphäre oder im Verantwortungsbereich des Leistungsempfängers wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Hilfebedürftigen vorliegt oder der Hilfebedürftige bei seinen Antragstellungen mitteilungspflichtige Tatsachen verschweigt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R -; Urteil vom 28. August 2007 – B 7/7a AL 10/06 R-; Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 89/12 R -; LSG Hamburg, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 4 AS 193/10 –; Bayerisches LSG, Urteil vom 26. November 2014 – L 11 AS 589/14 –; Hessisches LSG, Urteil vom 12. November 2014 – L 6 AS 491/11 –). Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass durch Unterlassen der Mitteilung eine zeitnahe Überprüfung durch die Behörde vereitelt wird. Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass nicht die Zeugin, sondern der Kläger das Konto der Zeugin zu eigenen Zwecken genutzt hat. Es liegt daher in seinem Verantwortungsbereich aufzuklären, von wem und zu welchem Zwecke Bareinzahlungen auf das Konto erfolgten und dass er – wie er behauptet – sämtlich E.-An- und Verkäufe für Dritte ohne Gewinn - getätigt hat. Da der Kläger zur Aufklärung nicht beigetragen hat und eine Aufklärung des Sachverhaltes ohne die Angaben des Klägers nicht möglich war, geht dieser Nichterweislichkeit zu seinen Lasten. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, sich an so weit zurückliegende Vorgänge im Einzelnen nicht mehr erinnern zu können. Eine zeitnahe Prüfung war nicht möglich, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt den Umfang seines "Nebenerwerbs" und die hieraus erzielten Einnahmen angezeigt hatte, so dass sich aus den Zeitabläufen ergebende mögliche Unwägbarkeiten zu Lasten des Klägers gehen. Solange der Kläger den Beweis nicht führt, woher die Bareinzahlungen stammen und in welcher Höhe er tatsächlich Einkommen erzielt hat, kann der Beklagte zu Recht nur von dem für den Kläger nachteiligen Sachverhalt der Einkommenserzielung in bedarfsdeckender Höhe ausgehen.

Insgesamt bleibt damit festzustellen, dass der Kläger von Anfang in dem unter 3. bezeichneten Zeitraums mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II hatte, die jeweiligen Bewilligungs- und Änderungsbescheide damit rechtswidrig waren

bb. Der Kläger hat im Sinne des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, indem er Einkommen erzielt und dies gegenüber dem Beklagten nicht angegeben hat.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz SGB X). Grobe Fahrlässigkeit setzt damit eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes, das heißt eine besonders grobe und auch subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung voraus, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Anzulegen ist bei der Prüfung des Vorliegens der groben Fahrlässigkeit nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab. Subjektiv unentschuldbar ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. Schütze in: vonWulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 52 m.w.N.).

Nach dem persönlichen Eindruck der Kammer von intellektuellen Fähigkeiten des Klägers hat dieser zumindest grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich gehandelt. Der Kläger ist stets darauf hingewiesen worden, dass er die Änderung in seinen persönlichen Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen hat. Er hat sowohl bei erstmaliger Antragstellung als auch mit den jeweiligen Weiterbewilligungsanträgen versichert, dass er über keinerlei Einkommen verfügt und mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er entsprechende Änderungen der Einkommensverhältnisse unverzüglich mitteilen wird. Aufgrund dieser Umstände konnte er unzweifelhaft zu der Erkenntnis gelangen, dass es für die Bewilligung der begehrten Leistungen von Bedeutung ist, ob und in welcher Höhe er Einnahmen hat. Dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sein könnte, die Notwendigkeit seiner Einnahmen mitzuteilen und die Rechtswidrigkeit eines weiteren Leistungsbezuges zu erkennen, hält die Kammer für ausgeschlossen. Vielmehr liegt es nahe, dass der Kläger gerade in Kenntnis dieses Umstandes bewusst nicht sein eigenes Konto, sondern dass seiner Schwester genutzt hat, um seine nicht angezeigten Einnahmen vor dem Beklagten zu verschleiern, weil er damit rechnete, ggf. Kontoauszüge für sein eigenes Konto, nicht aber für Konten Dritter vorlegen zu müssen.

cc. Damit liegen die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vor. Die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Die zweijährige Ausschlussfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist aufgrund der Ausnahmeregelung des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X nicht einschlägig. Die betreffenden Bewilligungen waren daher auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III), d.h. die Entscheidung hatte als gebundene Entscheidung zu ergehen. Ermessen war vom Beklagten nicht auszuüben. Die Beklagte hat deshalb zu Recht die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.03.2005 bis 31.03.2010 ganz aufgehoben.

4. Im Hinblick auf den Zeitraum ab dem 01.04.2010 ergibt die Auslegung des Bescheides vom 18.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.04.2013 hingegen, dass es sich um eine endgültige Festsetzung nach vorausgegangener vorläufiger Festsetzung handelt, auch wenn dies im Bescheid nicht ausdrücklich für den gesamten Zeitraum erwähnt wird. Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 16.04.2010, 01.03.2011 sowie 24.03.2011 als auch die hierzu ergangenen Änderungsbescheide, mit denen für Leistungen vorläufig bewilligt worden waren, sind als eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch für die Monate April bis September 2010 sowie Januar bis März 2011 auszulegen. Erstmals mit Bescheid vom 16.04.2010 waren dem Kläger Leistungen nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III vorläufig bewilligt worden. Der Bescheid enthielt im Verfügungssatz einen entsprechenden Hinweis. Die Vorläufigkeit der Bewilligung war mit den noch nicht feststehenden Betriebseinnahmen und –ausgaben begründet worden. Der Vorbehalt der Vorläufigkeit ist auch in den folgenden Änderungsbescheiden ausdrücklich aufrechterhalten worden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums hat der Beklagte eine Neuregelung für den genannten Zeitraum getroffen und zwar in Gestalt des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18.04.2012. Anders als im Fall einer teilweisen Aufhebung (vgl. Terminbericht des BSG vom 29.04.2015, - B 14 AS 31/14 R -), bei der sich die Höhe der endgültige Leistungsbewilligung nicht ohne weiteres aus dem Aufhebungsbescheid selbst ergeben kann, hat der Beklagte hier durch die Kundgabe des eindeutigen Willens vom Kläger sämtliche Leistungen vollständig zurückzufordern die endgültigen Leistungen konkludent auf 0,00 Euro festgesetzt, ohne dass es insoweit eines Änderungsbescheides bedurfte und ohne dass der Beklagte sich hierauf ausdrücklich bezieht (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 19. März 2015 – L 4 AS 354/12 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.03.2014 – L 13 AS 325/11). Zwar hat sich der Beklagte bei der Entscheidung über die Aufhebung zunächst auf § 48 SGB X gestützt. Dies ist jedoch unschädlich. Bei der Angabe der Rechtsgrundlage handelt es sich lediglich um Begründungselement, was sich bei gebundenen Entscheidungen nicht auswirkt (vgl. Gagel, SGB II / SGB III, 53. Ergänzungslieferung 2014, § 328 SGB III Rn. 88). Eine Aufhebung nach den §§ 44 ff. SGB X geht bei einer zuvor nur vorläufigen Leistungsbewilligung naturgemäß ins Leere und kann nur als deklaratorischer Hinweis auf § 39 Abs. 2 SGB X verstanden werden (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, § 328 SGB III, K Rn. 66). Richtigerweise ist der Bescheid 18.04.2012 insoweit nach dem erkennbaren Willen des Beklagten als endgültige Leistungsablehnung für den betreffenden Zeitraum zu verstehen. Dies hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2013 auch teilweise erkannt und klargestellt.

Die so verstandene Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen, da er nicht hilfebedürftig war (s.o.). Dabei obliegt es dem Kläger seine Hilfebedürftigkeit nachzuweisen, was dem Kläger nicht gelungen ist. Die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten.

5. Die Erstattungsforderung von 56.022,97 EUR beruht teilweise auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Hinsichtlich der ab dem 01.04.2010 erbrachten Leistungen beruht die Rückforderung auf § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 3 SGB III. Danach sind aufgrund vorläufiger Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung der Leistungsanspruch nicht besteht. Die Höhe der Erstattungsforderung ist nicht zu beanstanden.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Rechtskraft
Aus
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