S 135 AS 23938/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
135
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 135 AS 23938/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Aufenthaltsrecht aufgrund der Personensorge für minderjährige Unionsbürger besteht nur unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. §§ 28, 29, 32 AufenthG. § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG kommt aufgrund der abschließenden Regelungen als Rechtsgrundlage für ein Aufenthaltsrecht nicht in Betracht. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG vermittelt der ledigen Mutter eines nicht deutschen minderjährigen Unionsbürgers kein Aufenthaltsrecht.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die endgültige Festsetzung von Leistungen für den Zeitraum April bis September 2015 sowie die Erstattung von Leistungen für den Zeitraum April bis Juli 2015.

Die 1973 geborene Klägerin ist rumänische Staatsangehörige. Sie lebt mit ihrem Partner unverheiratet zusammen und hat mit diesem drei gemeinsame Kinder, die 1993, 1995 und 1997 geboren sind.

Die Klägerin ist seit dem 2. Mai 2009 in Deutschland gemeldet.

Die Klägerin hatte ein Gewerbe für die Reinigung nach Hausfrauenart, Gebäudereinigung und Textilreinigung am 30. August 2011 angemeldet. Sie meldete dieses Gewerbe zum 20. Juli 2012 ab. Das begründete sie damit, dass sie für ihre Enkel sorge. Einnahmen aus dem Gewerbe hatte sie nicht.

Der Partner der Klägerin hatte seit 1. Mai 2011 ein Gewerbe für Abrissarbeiten, Trockenbau, Gebäudereinigung und Schrotthandel angemeldet. Er war als Schrottsammler tätig und hatte keine Einnahmen aus dem Gewerbe.

Seit Juli 2014 war der Partner selbstständig im Hausmeisterservice tätig und hatte Einnahmen aus diesem Gewerbe.

Die Klägerin hatte einen Ausweis zur Berechtigung des Verkaufs von Obdachlosenzeitungen, den sie am 18. März 2015 zurückgab.

Auf Antrag der Klägerin bewilligte der Beklagte mit Bescheiden vom 11. März 2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. Juni 2015 der Klägerin und dem mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebendem Partner sowie den drei Kindern vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum April bis September 2015. Dabei bewilligte er der Klägerin für den Zeitraum April und Mai 2015 145,20 Euro Regelleistung und 176,20 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich, für den Zeitraum Juni bis Juli 2015 149,77 Euro Regelleistung sowie 176,20 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich und für den Zeitraum August bis September 2015 94,84 Euro Regelleistung sowie 220,25 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich.

Mit Bescheid vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2015 setzte der Beklagte die Leistungen für die Klägerin endgültig auf 0 fest und forderte die Erstattung von insgesamt 1294,74 Euro für die Monate April bis Juli 2015. Dies begründete er im Wesentlichen damit, dass die Klägerin entgegen der eigenen Angaben keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. Auch habe sie kein Daueraufenthaltsrecht, da sie während der fünf Jahre in Deutschland nicht freizügigkeitsberechtigt war. Sie könne auch kein Aufenthaltsrecht vom Partner oder den gemeinsamen Kindern ableiten.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 bewilligte der Beklagte endgültig Leistungen für den Partner der Klägerin sowie die Kinder I. C. P. und C. I. G. Dabei bewilligte er weiterhin keine Leistungen für die Klägerin.

Am 23. November 2015 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie Leistungen begehrt.

Die Klägerin trägt vor, dass sie als Familienangehörige ein Daueraufenthaltsrecht und ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen aus Art. 6 GG habe. Insoweit verweist sie auf den für den Zeitraum November bis Dezember 2013 zum Aktenzeichen S 191 AS 27226/13 geschlossenen Vergleich.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2015 und des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 9. Dezember 2016 zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum 1. April bis 30. September 2015 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren sowie den Erstattungsbescheid vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Klägerin kein Daueraufenthaltsrecht nach FreizügG/EU habe. Sie könne auch kein Aufenthaltsrecht auf familiären Gründen von ihrem Partner ableiten, da sie nicht verheiratet sei. Ebenso könne sie kein Aufenthaltsrecht von ihren Kindern ableiten, da diese ihr keinen Unterhalt gewähren würden. Der Beigeladene beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene trägt vor, dass die Klägerin als erwerbsfähiger EU-Ausländerin mit alleinigem Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche von Leistungen nach dem SGB XII nach §§ 21 Abs. 1 und 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII ausgeschlossen sei. Außerdem sei ihr Partner nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da er selbstständig tätig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Leistungsakten des Beklagten verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und Gegenstand der geheimen Beratung sowie mündlichen Verhandlung geworden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Beiladung des Sozialhilfeträgers erfolgte nach § 75 Abs. 1 SGG, weil dessen berechtigte Interessen durch die Klageabweisung berührt werden (vgl. Fock in Breitkreuz/Fichte, SGG Kommentar, 2. Auflage, § 75 Rn. 18). Eine notwendige Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG hatte nicht zu erfolgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Unionsbürger zwar einen Anspruch nach SGB XII haben (vgl. BSG, Urteile vom 3. Dezember 2015, Az: B 4 AS 59/13 R; B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R, vom 16. Dezember 2015, B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R, vom 20. Januar 2016 B 14 As 15/15 R, B 14 AS 35/15 R). Die Kammer folgt dieser Rechtsprechung jedoch aus den noch zu nennenden Gründen nicht.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Streitgegenstand ist die endgültige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum April bis September 2015 sowie die Erstattung von Leistungen für den Zeitraum vom April bis Juli 2015 aufgrund der Bescheide vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2015. Der endgültige Bewilligungsbescheid vom 9. Dezember 2016 stellt hinsichtlich der Klägerin eine lediglich wiederholende Verfügung dar.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt, Abs. 5 SGG hinsichtlich des endgültigen Bewilligungsbescheides und als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt SGG hinsichtlich des Erstattungsbescheides zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und daher die vorläufig bewilligten Leistungen zu erstatten.

Rechtsgrundlage für die angegriffenen Festsetzungs- und Erstattungsbescheide sind §§ 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a SGB II in der zum streitgegenständlichen Zeitraum gültigen Fassung i.V.m. § 328 Abs. 2, 3 SGB III. Danach ist eine vorläufige Entscheidung endgültig festzusetzen, wenn sie aufzuheben oder zu ändern ist und die Erstattung zu viel geleisteter Forderungen zu fordern.

Der Klägerin wurden mit Bescheid vom 11. März 2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. Juni 2015 vorläufig Leistungen für den Zeitraum April bis September 2015 bewilligt. Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Leistungen, so dass die vorläufige Bewilligung aufzuheben und die bereits bis Juli 2015 gezahlten Leistungen von ihr zu erstatten sind.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II gegen den Beklagten. Die am 30. Januar 1973 geborene Klägerin erfüllt die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II, ist erwerbsfähig nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 SGB II, hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland entsprechend § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II.

1.

Die Klägerin ist jedoch aufgrund § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt gültigen Fassung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Danach sind vom Leistungsbezug ausgeschlossen 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbstständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts und 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt und ihre Familienangehörigen.

Die Klägerin hielt sich nicht zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland auf. Sie hat selbst vorgetragen, ihr Gewerbe abgemeldet zu haben, weil sie für ihre Enkel sorge.

Zwar erfasst der ausdrückliche Wortlaut des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II nur Personen, die sich erst drei Monate oder bereits mehr als drei Monate allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Jedoch sind vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II auch die Personen umfasst, die keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizüG/EU oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht haben. Insoweit ist § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II planwidrig lückenhaft und im Wege des "Erst-Recht-Schluss" auszulegen. Diese Form des Analogieschlusses ist immer dann zulässig, wenn das Gesetz angesichts der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers planwidrig lückenhaft ist. Wenn der Normzweck einer Vorschrift bei einem nicht geregelten Lebenssachverhalt stärker gegeben ist, als bei dem geregelten Normbestand, ist der "Erst-Recht-Schluss" zulässig (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 20 m.w.N.).

§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 SGB II erfasst Unionsbürger oder Ausländer, die über keine Freizügigkeitsberechtigung und auch kein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen nach seinem Wortlaut nicht. Aus der Entstehungsgeschichte, dem systematischen Zusammenhang und dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass diese Gruppe gerade erfasst sein sollte (ausführlich dazu BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 20 ff m.w.N.).

Zweck der Einführung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II war die Umsetzung der Ausschlussmöglichkeit des Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG. Für Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, sollte eine weitere leistungsrechtliche Hürde geschaffen werden, sofern sie wegen des vorbehaltlosen Aufenthalts in den ersten drei Monaten oder allein zum Zweck der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt sind. Leistungsberechtigt sollten sie nur sein, wenn sie über eine von § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht erfasste Freizügigkeitsberechtigung oder ein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen. Hieraus folgt umgekehrt, dass nicht freizügigkeits- oder aufenthaltsberechtigte Unionsbürger nach dem gesetzgeberischen Plan von vornherein nicht leistungsberechtigt sein sollten (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 21 m.w.N.).

Die Klägerin konnten sich im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht auf eine andere materielle Freizügigkeitsberechtigung berufen.

Die Klägerin war nicht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizüG/EU oder als Selbstständige i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Ihr Gewerbe hatte sie bereits zum Juli 2012 abgemeldet. Den Ausweis für den Verkauf von Obdachlosenzeitschriften hat sie im März 2015 zurückgegeben. Davon unabhängig, stellen beide Tätigkeiten keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des FreizügG/EU dar.

Eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist jede Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, die in eigener Verantwortung und weisungsfrei erfolgt. Eine Gewinnerzielungsabsicht muss nicht vorrangiges oder einziges Ziel sein, sie muss aber vorhanden sein. Rein karitative Tätigkeiten fallen nicht hierunter; die Tätigkeit muss daher erwerbsorientiert sein, wobei alle Tätigkeiten erfasst werden, sofern sie mit einer entgeltlichen Gegenleistung verbunden sind und eine Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellen. Der Selbstständige, der sich auf das Freizügigkeitsrecht der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art 49 ff AEUV berufen kann, muss auch tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit ausüben und damit wirtschaftlich in einen anderen Mitgliedstaat integriert sein (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 Rn 28 ff. m.w.N.).

Die Voraussetzungen erfüllten die Tätigkeiten der Klägerin nicht. Aus dem bereits im Juli 2012 abgemeldeten Gewerbe erzielte die Klägerin keinerlei Einnahmen, so dass schon an der tatsächlichen Ausübung fehlt. Hinsichtlich des Verkaufs von Obdachlosenzeitschriften fehlt es an einer Teilnahme am Wirtschaftsleben in Form einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedsstaat und damit an der wirtschaftlichen Integration. Denn der Verkauf von Obdachlosenzeitschriften ist eine dem Betteln gleichzustellende Tätigkeit und nicht wesentlich mit einem wirtschaftlichen Güteraustausch verbunden (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 29 zum Verkauf von Obdachlosenzeitschriften).

Da die Klägerin weder Arbeitnehmer noch Selbständige i.S.d. § 2 Abs. 2 FreizügG/EU war, hat sie auch kein nachfolgendes Rechts aus § 2 Abs. 2 FreizügG/EU.

Die Klägerin war auch nicht als nichterwerbstätige Unionsbürgerin i.S.d. § 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt. Danach haben nicht erwerbstätige Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und ihre Lebenspartner, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, das Recht nach § 2 Abs 1 FreizügG/EU, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Aus der Tatsache, dass die Klägerin geltend macht, hilfebedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II zu sein, ergibt sich, dass sie nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne dieser Vorschrift verfügt (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 31).

Auch ein Daueraufenthaltsrecht i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU hat die Klägerin nicht. Ein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU iVm § 4a Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU setzt voraus, dass sich Unionsbürger seit fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben. Rechtmäßig i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU ist der Aufenthalt, wenn ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU oder den AufenthG vorliegt. Der fünfjährige Aufenthalts eins Unionsbürgers verbunden mit der im FreizügG/EU enthaltenen generellen Freizügigkeitsvermutung begründet kein Daueraufenthaltsrecht nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 7, 4a FreizügG/EU (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 4a FreizügG/EU 4a.1, LSG NRW, Beschluss vom 15. März 2017, L 19 AS 32/17 B ER). Die Klägerin hatte kein Aufenthaltsrecht nach FreizügG/EU seit ihrem Aufenthalt in Deutschland ab Mai 2009. Anhaltspunkte für ein anderes Aufenthaltsrecht im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. AufenthG sind ebenfalls nicht ersichtlich oder vorgebracht.

Die Rückausnahme zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II – nach der allein der gewöhnliche Aufenthalt entscheidend ist - gilt erst seit 29. Dezember 2016 und ist daher vorliegend nicht anwendbar.

2.

Die Klägerin kann auch weder von ihrem unverheirateten Partner noch von den gemeinsamen Kindern ein Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ableiten. Nur die gemeinsamen Kinder sind Familienangehörige des Partners im Sinne der Vorschrift. Die Klägerin ist weder Ehegattin noch Lebenspartnerin des Partners und auch nicht mit diesem in gerader absteigender Linie verwandt. Ein Kettennachzugsanspruch dahingehend, dass die Klägerin wiederum ihr Aufenthaltsrecht von den gemeinsamen Kindern ableitet, ist nicht gegeben. Denn dieser besteht nur bei Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4 a FreizügG/EU (Hailbronner, Ausländerrecht 100. Aktualisierung März 2017, § 3 Rn 16).

Der Partner hat kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU im streitgegenständlichen Zeitraum erworben. Denn auch ihm steht erst seit Beginn der selbstständigen Tätigkeit im Juli 2014 ein Aufenthaltsrecht aus FreizügG/EU zu. Für den Zeitraum davor stand ihm kein solches zu, da er weder Arbeitnehmer noch selbstständig tätig war. Die Tätigkeit als Schrottsammler stellt ebenso wenig eine selbstständige Tätigkeit im Sinne des FreizügG/EU dar wie der Verkauf von Obdachlosenzeitschriften. Außerdem hat der Partner diese erst zum Mai 2011 aufgenommen, so dass im September 2015 noch keine fünf Jahre vergangen sind.

Die Klägerin ist keine Familienangehörige des Partners nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, denn sie ist nicht mit diesem verheiratet. Eine nicht nichteheliche verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaft steht einer Ehe im Sinne dieser Vorschrift nicht gleich (Hailbronner, Ausländerrecht 100. Aktualisierung März 2017, § 3 Rn 22, so auch BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R Rn 33). Es besteht insoweit auch - entgegen der im Verfahren S 191 AS 27226/13 vertretenen Ansicht - kein Aufenthaltsrecht aus der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG. Denn der Familiennachzug ist in § 3 FreizügG/EU und den §§ 27 ff. AufenthG abschließend geregelt. Nichteheliche Lebensgemeinschaften sind von diesen Regelungen gerade nicht erfasst (BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R Rn 33).

Ein anderes Aufenthaltsrecht aus § 11 Abs. 1 S. 11 FreizügG/EU i.V.m. AufenthG besteht weiter nicht aufgrund der Personensorge der Klägerin für die gemeinsamen Kinder. Denn ein solches Aufenthaltsrecht besteht nach den §§ 28 Abs. 1, 29 und 32 AufenthG nur unter Voraussetzungen, die hier nicht gegeben sind. Die gemeinsamen Kinder der Klägerin und ihres Partners sind weder Deutsche i.S.d. § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG noch haben sie eine Niederlassungserlaubnis, eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU, eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Blaue Karte EU i.S.d. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.

Auch die Ausnahme des § 29 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ist nicht gegeben. Danach kann unter bestimmten Umständen von den Voraussetzungen abgesehen werden, wenn die Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft in einem Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und zu dem der Ausländer oder seine Familienangehörigen eine besondere Bindung haben, nicht möglich ist. Die Klägerin ihr Partner und die Kinder können ihre familiäre Lebensgemeinschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union leben. Die Vorschrift zeigt gerade, dass der Gesetzgeber dies als ausreichenden Schutz der Familie im Sinne des Art. 6 GG angesehen hat.

Soweit zum Teil aufgrund der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2013 ein Aufenthaltsrecht analog dieser Vorschriften angenommen wird, für Eltern die die Personensorge für Kinder mit der Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates ausüben, ist dies unzutreffend. Weder in der Entscheidung des BSG noch in der zitierten Kommentarstelle wird diese Ansicht vertreten.

Das Bundessozialgericht schreibt in seinem Urteil vom 30. Januar 2013 vielmehr:

"Die hier im Rahmen der Ausschlussklausel des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II bei Unionsbürgern nur zu prüfenden Voraussetzungen eines anderen Aufenthaltsrechts sind aber wegen der bevorstehenden Geburt des Kindes gegeben. Insofern handelt es sich um ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen, das aus dem Zusammenleben der Partner mit einem gemeinsamen Kind oder dem Kind eines Partners folgt. Diese Personengruppen bilden jeweils eine Familie iS des Art 6 GG und der §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1, 29 und 32 AufenthG und können sich auch auf den Schutz aus Art 8 der Konvention des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) berufen (vgl auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 7 AufenthG RdNr 20)."

Auch das Bundessozialgericht geht also nicht von einem Aufenthaltsrecht direkt aus Art. 6 GG aus, sondern von einem solchen unter Maßgabe der gesetzlichen Regelungen im Aufenthaltsgesetz. Diese Vorschriften hält auch das Bundessozialgericht für abschließend, so dass eine Anwendung des Auffangtatbestandes des § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R Rn 33). Der Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde lag, unterschied sich insofern, als der Vater des zu erwartenden Kindes ein Daueraufenthaltsrecht hatte. Entsprechend wird auch im zitierten Kommentar nur ein Aufenthaltsrecht für den Familiennachzug nach den entsprechenden Vorschriften im Aufenthaltsgesetz angenommen:

"Davon unabhängig sind AufR, die aus dem Zusammenleben der Partner mit einem gemeinsamen Kind oder dem Kind eines Partners folgen, denn diese bilden jeweils eine Familie iSd Art 6 und der §§ 27 I, 28 I, 29, 32." (Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 7 Freizüg/EU Rn 22).

Letztlich ist Art. 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG auch nicht aufgrund des Diskriminierungsverbots aus Art. 18 AEUV dahingehend auszulegen, dass auch der Nachzug von Eltern minderjähriger EU-Ausländer umfasst wäre (so aber Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 11 Freizüg/EU Rn 38, 39). Denn das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV gilt lediglich unbeschadet der besonderen Bestimmungen der Verträge und enthält damit einen Vorbehalt bezüglich der primär- und sekundärrechtlichen Bestimmungen über die unterschiedliche Behandlungen von Staatsangehörigen (Rossi in: Kluth/Heusch Ausländerrecht, 14. Edition 1. November 2016, Art. 18 AEUV Rn 15). Es kann auf die besonderen Regelungen zur Staatsbürgerschaft und zum Aufenthaltsrecht nicht anwendbar sein, da ansonsten die europarechtlichen Bestimmungen zur Freizügigkeit in Art. 21 AEUV und der Unionsbürgerrichtlinie obsolet wären (so auch LSG BB, Beschluss vom 22. Mai 2017, L 31 AS 1000/17 B ER). Die Mitgliedstaaten haben das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit nur unter dem Vorbehalt der besonderen Bestimmungen in das Primärrecht aufgenommen. Es über diese Beschränkung hinaus auf sämtliche Fälle anzuwenden, missachtete die differenzierte Ausgestaltung, die die Mitgliedstaaten als Herren der Verträge an anderen Stellen vorgenommen haben (Rossi in: Kluth/Heusch Ausländerrecht, 14. Edition 1. November 2016, Art. 18 AEUV Rn 18). Die Nachzugsregelungen in § 28 Abs. 1 und 2 AufenthG finden ihre besondere Rechtfertigung gerade in dem Umstand, dass der Nachzug zu einem deutschen Staatsangehörigen erfolgt. Auf den Status eines deutschen Staatsangehörigen kann sich ein Unionsbürger nicht berufen. Eine Verletzung des Diskriminierungsverbots aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist darin gerade nicht gegeben (Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Stand Dezember 2013, § 11 FreizügG/EU Rn. 107).

Entsprechend hat der EuGH in der Rechtssache Alimanovich ausdrücklich formuliert: "Arbeitssuchenden Unionsbürgern steht demnach ein Anspruch auf Inländergleichbehandlung nur zu, wenn ihr Aufenthalt im Aufnahmestaat den Voraussetzungen der "Unionsbürgerrichtlinie" (RL 2004/38) entspricht" (EuGH BeckRS 2015, 81144 Rn. 49).

Die Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zum Familiennachzug verletzen auch nicht Art. 6 GG. Es handelt sich zwar insoweit um einen Eingriff in Art. 6 GG, der aber verhältnismäßig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass sich weder aus Art. 6 Abs. 1 noch Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ein grundrechtlicher Anspruch ausländischer Familienangehöriger auf Nachzug zu ihren berechtigterweise in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Familienangehörigen ergibt (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987, 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84). Zwar ist sowohl der Schutzbereich aus Art. 6 Abs. 1, als auch aus Art 6 Abs. 2 GG betroffen, wenn ein familiäres Zusammenleben im Heimatland, nicht aber in Deutschland hergestellt werden könnte (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987, 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84 Rn 88, 97). Jedoch ist ein Eingriff wegen des Schutzes öffentlicher Interessen zulässig. Insbesondere die Sicherstellung, dass der das Nachzugsrecht begründende in Deutschland lebende Ausländer eine sichere Grundlage für seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen gefunden hat und auch in sozialer Hinsicht weitgehend in hiesige Lebensverhältnisse eingegliedert ist, stellt einen zulässigen Grund für den Eingriff dar (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1987, 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84 Rn 108). Diesen Zweck verfolgen die Regelungen des Aufenthaltsgesetzes zum Familiennachzug. Diese sind auch verhältnismäßig, denn sie setzen im vorliegenden Fall das Vorliegen eines DaueraufenthaltsrechtsEU voraus (§ 29 Abs. 1 AufhG). Dieses ist nach § 4a FreizgG/EU bereits nach 5 Jahren rechtmäßigen Aufenthalts gegeben. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar eine Wartezeit von acht Jahren als verhältnismäßig angesehen.

3.

Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 SGB II in dieser Auslegung ist europarechtskonform. Der EuGH hat in den Urteilen zur Rechtssache Dano (Urteil vom 11. November 2014, C 333/13 und Alimanovic (Urteil vom 15. September 2015, C 67/14) entschieden, dass ein Mitgliedsstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten vom Zugang zu Sozialhilfeleistungen ausschließen kann, wenn ihnen gar kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht oder wenn ihr Aufenthaltsrecht sich nur aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.

4.

Der Leistungsausschluss wird im Falle der Klägerin auch nicht durch Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA, BGBl II 1956, 564) verdrängt, da die Klägerin als rumänische Staatsbürgerin nicht Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind.

II.

Die Klägerin hat zur Überzeugung der Kammer auch keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.

Die Kammer folgt insoweit aus den unten aufgeführten Gründen den Entscheidungen des Bundessozialgerichts nicht (BSG, Urteile vom 3. Dezember 2015, Az: B 4 AS 59/13 R; B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R, vom 16. Dezember 2015, B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R, vom 20. Januar 2016 B 14 As 15/15 R, B 14 AS 35/15 R). Die Kammer sieht sich nicht an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gebunden, eine solche Bindung ergibt sich nicht aus der Bindung an Recht und Gesetz aus Art. 20 Abs. 3 GG (a.A. Wenner, Gerichte dürfen den Rechtsschutz nicht verweigern, SozSich 3/2016, S. 44, der davon ausgeht, dass Gerichte das Gesetz "grundsätzlich in der Auslegung anwenden [müssen], die der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes vorgenommen hat." Dann aber auch einschränkend: "Sozial- und Landessozialgerichte können zwar auch eine abweichende Auffassung vertreten [ ]"). Eine Bindung im konkreten Verfahren nach § 170 Abs. 5 SGG besteht vorliegend nicht. Darüber hinaus binden obergerichtliche Entscheidungen anders als generell verbindliche Normen die unteren Instanzen bei ihrer Entscheidungsfindung nicht. "Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Der Geltungsgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und Kompetenz des Gerichts. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen." (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, Rn. 79 m.w.N.). Die in Art. 97 Abs. 1 GG verankerte Unabhängigkeit der Richter kann dementsprechend eine uneinheitliche Rechtsprechung zur Folge haben.

1.

Einen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 23 SGB XII in der bis zum 5. August 2016 gültigen Fassung (a.F.) hat die Klägerin nicht. Denn sie ist als unstreitig Erwerbsfähige nach § 21 S. 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen.

Die Kammer folgt insoweit nicht den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 3. Dezember 2015, Az: B 4 AS 59/13 R; B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R, vom 16. Dezember 2015, B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R, vom 20. Januar 2016 B 14 As 15/15 R, B 14 AS 35/15 R). Die Kammer ist der Überzeugung, dass sie aufgrund der Gesetzesbindung aus Art. 20 Abs. 3 GG gehindert ist, den Leistungsausschluss aus § 21 S. 1 SGB XII so auszulegen, dass ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger Leistungen nach dem SGB XII beziehen kann (ebenso SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az: S 35 AS 5396/15 ER, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Februar 2016, L 3 AS 668/15 B ER, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER; Beschluss vom 22. Februar 2016, S 95 SO 3345/15 ER, SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2016, L 29 AS 20/16 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2016, L 9 AS 1335/15 B ER, Beschluss vom 7. März 2016, L 15 AS 185/15 B ER, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER; a.A. SG Berlin, Beschluss vom 4. Januar 2016, S 128 AS 25271/15 ER).

§ 21 S. 1 SGB XII lautet: "Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, erhalten keine Leistungen für den Lebensunterhalt."

Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Wortlaut dieser Vorschrift so zu verstehen ist, dass Personen, die aus einem anderen Grund als der fehlenden Erwerbsfähigkeit i.S.d. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, auch keinen Anspruch nach dem SGB XII haben (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az: S 35 AS 5396/15 ER, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER; Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Januar 2016, L 29 AS 20/16 B E, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER). Denn die Nennung der Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit wäre überflüssig, wenn diese nicht zum Leistungsausschluss nach dem SGB XII führen sollte. Dann hätte ein Verweis auf die Anspruchsberechtigung nach dem SGB II genügt (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az: S 35 AS 5396/15 ER, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER; Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER).

Die Voraussetzung der Anspruchsberechtigung nach dem SGB II "dem Grunde nach" steht daneben nicht gesondert, sondern in Ergänzung und bezieht sich auf die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1. S. 1 SGB II, der die positiven Tatbestandsvoraussetzungen, so auch in Nr. 2 die Erwerbsfähigkeit benennt. Davon nicht erfasst sind die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II genannten negativen Tatbestandsvoraussetzungen beziehungsweise Ausschlussgründe. Entsprechend lässt das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 7 SGB II, wie vorliegend der des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II den Ausschluss nach § 21 S. 1 SGB XII unberührt (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az: S 35 AS 5396/15 ER, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER; Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER).

Dass die Erwerbsfähigkeit das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung der Leistungssysteme nach dem SGB II und SGB XII ist, ergibt sich auch aus den Vorschriften der §§ 21 S. 3 SGB XII und 44 a SGB II. Diese regeln das Verfahren bei unterschiedlichen Auffassungen über die Zuständigkeit zwischen den Trägern der Leistungen nach SGB II und SGB XII in Bezug auf die Feststellung der Erwerbsfähigkeit detailliert. Daraus dass dieses Verfahren allein für den Streit über das Vorliegen der Erwerbsfähigkeit geregelt ist, ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber diese als entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen den Leistungssystemen ansieht (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, Az: S 35 AS 5396/15 ER, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER).

Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 SGB XII (BT Drs. 15/1514, S. 57) spricht zur Überzeugung der Kammer dafür, dass Erwerbsfähigen der Weg zu Leistungen nach dem SGB XII nicht eröffnet sein soll. Hier heißt es: "Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichneten Angehörigen an" (vgl. hierzu SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 28.01.2016, L 29 AS 20/16 B ER, 21/16 B ER PKH, bislang unveröffentlicht). Entsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II: "Auch wenn bei Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, das heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist" (vgl. hierzu SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13).

Die Kammer ist weiter der Überzeugung, dass dieser Wille im Gesetzeswortlaut wiederzufinden und daher bei der Auslegung zu beachten ist (a.A. SG Berlin, Beschluss vom 4. Januar 2016, S 128 AS 25271/15 ER Rn. 28). Insoweit wird auf die Ausführungen zuvor verwiesen. Die Kammer kann nicht erkennen, dass allein die Tatsache, dass auch eine andere Regelung möglich gewesen wäre (so SG Berlin, Beschluss vom 4. Januar 2016, S 128 AS 25271/15 ER Rn. 28 dahingehend, dass allein die Erwerbsfähigkeit als Ausschlusstatbestand genannt hätte werden können) dazu führen kann, dass der im Wortlaut zumindest auch zu erkennende Wille des Gesetzgebers keine Rolle spielen sollte.

Auch das Bundesozialgericht erkennt die grundsätzliche Abgrenzung nach der Erwerbsfähigkeit an, wenn es ausführt: "Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird" (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, Az: B 4 AS 44/15 R). Die entscheidende Funktion des Leistungsausschlusses des § 21 S. 1 SGB XII ist, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehende Personen nicht dem auf Aktivierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichteten System des SGB II zuzuordnen, sondern in das hiervon unabhängige Grundsicherungssystem des SGB XII zu integrieren (s. dazu SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER; zur Abgrenzung des Leistungssysteme nach der Erwerbsfähigkeit Eicher in JurisPK, § 21 SGB XII, Rn. 15; Voelzke in: Haucke/Noftz, SGB, 01/14, § 21 SGB XII Rn. 31).

Soweit das Bundessozialgericht im Weiteren argumentiert, die "Systemabgrenzung" erfordere eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Leistungsausschlüsse und der Erwerbsfähigkeit allein komme daher keine entscheidende Bedeutung bei der Abgrenzung zwischen den Leistungssystemen von SGB II und SGB XII zu, kann die Kammer dem gerade im Hinblick auf die sodann zur Begründung angeführten Urteile (BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 105/11 R, BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 66/13 R, BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 14 AS 1/15 R) zu § 7 Abs. 4 SGB II nicht folgen.

Diese genannten Urteile des Bundessozialgerichts betreffen Altersrentenbezieher und stationär Untergebrachte beziehungsweise Inhaftierte, die dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 SGB II unterfallen. Dieser Leistungsausschluss bezieht sich auf die Erwerbsfähigkeit, indem für diese Fälle die fehlende Erwerbsfähigkeit fingiert beziehungsweise gesetzlich vermutet wird (vgl. Thie, LPK-SGB II, 5. Auflage, Rn. 85ff m.w.N.). Dass in diesen Fällen trotz eventuell bestehender tatsächlicher Erwerbsfähigkeit der Leistungsausschluss nach § 21 S. 1 SGB XII nicht gilt, liegt nicht daran, dass dieser zusätzlich zur Erwerbsfähigkeit die Leistungsberechtigung nach dem SGB II dem Grunde nach voraussetzt. Vielmehr folgt aus dem Ausschluss bei Erwerbsfähigkeit, dass die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II unterfallenden Personen, nicht nach § 21 S. 1 SGB XII von Leistungen ausgeschlossen sind. Denn sie sind aufgrund der gesetzlichen Vermutung nicht als Erwerbsfähige i.S.d. § 21 S. 1 SGB XII anzusehen (s. dazu ausführlich SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016, S 95 SO 3345/15 ER SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER).

Die Kammer ist der Überzeugung, dass diese Auslegung des § 21 S. 1 SGB XII nicht für Leistungsausschlüsse nach § 7 SGB II gelten kann, die nicht an die Erwerbsfähigkeit anknüpfen (so auch SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016, S 95 SO 3345/15 ER SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER). Dies gilt für den hier maßgeblichen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ebenso wie für andere Leistungsausschlüsse, wie zum Beispiel den der unerlaubten Ortsabwesenheit nach § 7 Abs. 4a SGB II. Würde auch für diese Fälle angenommen, dass § 21 S. 1 SGB XII nicht gilt, hätten unerlaubt ortsabwesende Hilfebedürftige einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII (ohne die sich aus dem SGB II folgenden Pflichten), obwohl sie die in § 7 Abs. 4a SGB II vorgesehene Zustimmung nicht eingeholt haben.

Die Kammer sieht sich aufgrund der Gesetzesbindung aus Art. 20 Abs. 3 GG und des Grundsatzes der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 GG gehindert, der Auslegung des § 21 S. 1 SGB XII durch das Bundessozialgericht in den genannten Entscheidungen zu folgen (vgl. zur unzulässigen Rechtsfortbildung, Lenze in NJW 8/2016, 555/557).

Denn nach dem oben Gesagten, ist die Kammer der Überzeugung, dass § 21 S. 1 SGB XII nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesetzessystematik dahingehend auszulegen ist, dass tatsächlich erwerbsfähige Personen, die dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II unterfallen, keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII haben. Eine andere Auslegung widerspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der sich zur Überzeugung der Kammer auch deutlich im Wortlaut widerspiegelt. Daher stellt nach Überzeugung der Kammer die diesem Willen entgegenstehende Auslegung einen unzulässigen Eingriff in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers und damit einen Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 GG und den Vorrang des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG dar (s. dazu SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, Az: S 149 AS 7191/13, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, Az S 95 SO 146/16 ER).

Insoweit folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Grenzen der verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen. Danach folgt aus dem in Art. 20 Abs. 2 GG festgeschriebenen Grundsatz der Gewaltenteilung, dass den Gerichten nicht die Befugnisse zustehen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind. Die Gerichte sind demnach daran gehindert, "sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz zu begeben und sich damit der aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebenen Bindung an Recht und Gesetz zu entziehen. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011, Az: 1 BvR 918,10 Rn. 52 m.w.N., so auch BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 55/15 R, Rn. 20; SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, Az: S 149 AS 7191/13, zur Rechtsanwendung durch Richter auch Flint, Selbstverständnis Sozialrichter, NZS 3/2016, S. 82).

Die Rechtsfortbildung ist zwar auch Aufgabe der Gerichte und wird von diesen zum Teil durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe auch durch den Gesetzgeber gefordert. Dieser Rechtsfortbildung sind jedoch durch das Prinzip der Gewaltenteilung, das Demokratieprinzip und die Bindung des Gerichts an das Gesetz aus Art. 20 Abs. 2, Abs. 3, 97 Abs. 1 GG Grenzen gesetzt. Gesetzeskorrigierendes oder gesetzesersetzendes Richterrecht darf es danach nicht geben (s. zu dazu ausführlich und mit weiteren Nachweisen, Nolte, Die Eigenart des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Mohr Siebeck 2015, S. 68ff.).

Das Bundesverfassungsgericht stellt im Weiteren klar, dass es auch Aufgabe der Gerichte ist, das Recht fortzuentwickeln angesichts des beschleunigten Wandels und der begrenzten Reaktionsmöglichkeiten des Gesetzgebers und offener Formulierungen in zahlreichen Normen. Diese Befugnis zur "schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung" ist jedoch mit Rücksicht auf Art. 20 Abs. 3 GG begrenzt. Eine Auslegung entgegen dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes ist daher unzulässig und stellt einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Gewaltenteilung und Gesetzesbindung dar. "Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen. Er hat hierbei den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu folgen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein" (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011, Az: 1 BvR 918/10, Rn. 53).

2.

Ein Leistungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA, BGBl II 1956, 564), da Rumänien nicht Vertragsstaat ist.

3.

Da die Klägerin zur Überzeugung der Kammer bereits aufgrund § 21 S. 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen ist, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob ihr Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII a.F. zustehen.

Gemäß § 23 Abs. 1 SGB XII a.F. ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe.

Das Bundessozialgericht nimmt insoweit einen Anspruch für Staatsbürger der EFA Vertragsstaaten nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F. (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 59/13 R) beziehungsweise nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F. unter Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null nach einem sechsmonatigen Aufenthalt (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R) an.

Die Kammer kann diese Ansprüche bereits aufgrund des Gesetzeswortlautes und der Gesetzessystematik des § 23 Abs. 1 SGB XII a.F. nicht erkennen. Denn § 23 S. 1 S. 3 SGB XII a.F. regelt nach seinem Wortlaut "im Übrigen" keine Ansprüche, die bereits in § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F. genannt sind. Die hier im Streit stehenden Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt sind in § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a. F. genannt und können daher schon nach seinem Wortlaut nicht von § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F. erfasst sein (so auch, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, Az S 95 SO 146/16 ER, Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER, Coseriu, JurisPK, § 23 SGB XII Rn.10).

Weiterhin ist die Kammer der Überzeugung, dass der Kläger von Leistungen nach § 23 Abs. 1 S. 1 und S. 3 SGB XII a.F. aufgrund der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. ausgeschlossen ist. Dieser Leistungsausschluss entspricht der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II a.F. und regelt: "Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe". Entsprechend wurde im Gesetzesentwurf darauf hingewiesen, dass die Einfügung des § 23 Abs. 3 S. 1 2. Alt SGB XII a.F. sicherstellen solle, dass Ausländer, die nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II a.F. keinen Anspruch auf Leistungen aus Grundsicherung für Arbeitssuchende haben, auch aus dem SGB XII keine Ansprüche herleiten können. Damit sollte Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 b RL 2004/38/EG umgesetzt werden. Nach dieser ist ein Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen denen dieser Status erhalten bleibt und ihren Familienangehörigen einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren (s. dazu BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, Rn. 49). Auch dieser Leistungsausschluss gilt erst recht für Ausländer, die ohne materielles Aufenthaltsrecht in Deutschland sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R Rn. 48).

Die Kammer ist der Überzeugung, dass nach Wortlaut, Systematik und dem genannten Gesetzeszweck der Vorschrift sämtliche Leistungen der Sozialhilfe gemeint sind und damit auch die Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F ... Denn auch Ermessensleistungen sind grundsätzlich vom Begriff "Anspruch" umfasst. Die in § 23 Abs. 3 S. 2 SGB XII a.F. einzig geregelte Rückausnahme gilt lediglich für Hilfe bei Krankheit. Aufgrund dieses klaren Wortlautes sieht sich die Kammer an einer Auslegung wie sie das Bundessozialgericht vornimmt gehindert, da insoweit die oben beschriebenen Grenzen aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG zur Überzeugung der Kammer erreicht sind (so auch SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, Az S 95 SO 146/16 ER; Beschluss vom 22. Februar 2016. S 95 SO 3345/15 ER).

Etwas anderes kann zur Überzeugung der Kammer auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängernorm des § 120 BSHG gelten. Nach dieser Rechtsprechung sollten Ausländer, die dem Leistungsausschluss wegen der Einreise zur Erlangung von Sozialhilfe unterfielen, nur vom gebundenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 120 Abs. 1 S. 1 BSHG a.F., nicht aber von Ermessensleistungen nach § 120 Abs. 1 S. 2 BSHG a.F. ausgeschlossen sein (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1985, 5 C 32/85; Urteil vom 14. März 1985, 5 C 145/83). Insoweit nimmt das Bundessozialgericht an, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts inhaltsgleich übernommen habe und daher für den dort geregelten Leistungsausschluss nichts anderes gelten könne. Da auch die systematische Stellung des § 23 Abs. 1 S. 1 und 3 SGB XII a.F. dem des § 120 BSHG entspreche, könne der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. nur die in § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F. genannten Leistungen auf die ein gebundener Anspruch bestehe, nicht aber die in § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F. genannten Ermessensleistungen erfassen (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, Rn. 51f.)

Diese Herleitung kann die Kammer schon deshalb nicht überzeugen, weil die den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegende Gesetzesfassung des § 120 BSHG eben gerade nicht im Wesentlichen der Regelung des § 23 SGB XII a.F. entsprach. § 120 BSHG in der Fassung vom 20. Januar 1987 lautete:

"Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind und die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Krankenhilfe, Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen und Hilfe zur Pflege nach diesem Gesetz zu gewähren; wer sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben hat, um Sozialhilfe zu erlangen, hat keinen Anspruch. Im übrigen kann Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu gewähren ist oder gewährt werden soll, bleiben unberührt."

Der dem heutigen § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII a.F. entsprechende Leistungsausschluss stand also gerade zwischen den Leistungsansprüchen entsprechend dem heutigen § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F. (direkt angeknüpft im zweiten Halbsatz) und den Ermessensleistungen entsprechend dem heutigen § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII a.F ... Bei dieser Gesetzessystematik wäre auch die Kammer der Überzeugung, dass die erst nach dem Leistungsausschluss in einem gesonderten Satz genannten Ermessensleistungen auch für vom davor genannten Leistungsausschluss erfasste Personen bestehen sollen. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber später und im hier streitentscheidenden § 23 SGB XII a.F. den Leistungsausschluss gerade nach sämtlichen für Ausländer nach Absatz 1 geltenden Leistungsansprüchen im Absatz 3 der Vorschrift nennt und in diesem eine einzige Rückausnahme regelt, führt nach Ansicht der Kammer im Vergleich zur Vorgängerregelung des § 120 BSHG und der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade dazu, dass nach der aktuellen Gesetzessystematik ein Leistungsausschluss auch für die im Satz 3 des Absatz 1 genannten Ermessensleistungen vom Gesetzgeber gewollt und auch geregelt ist (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER).

5.

Zur Überzeugung der Kammer steht der Auslegung der Vorschriften der §§ 21, 23 SGB XII a.F. durch das Bundessozialgericht auch Art. 3 Abs. 1 GG entgegen. Denn durch die Aufnahme von erwerbsfähigen Unionsbürgern in das Leistungssystem des SGB XII werden diese gegenüber deutschen Staatsbürgern und ausländischen Staatsangehörigen, die aufgrund abhängiger oder selbstständiger Beschäftigung oder anderer Aufenthaltsrechte in das Leistungssystem des SGB II fallen, besser behandelt, ohne dass die Kammer dafür einen Rechtfertigungsgrund sehen kann. Für diese erwerbsfähigen Unionsbürger gelten dann nämlich Mitwirkungs- und Selbsthilfepflichten und die daraus folgenden Einschränkungen des SGB II nicht, wie zum Beispiel die grundsätzliche Pflicht nach § 7 Abs. 4a SGB II, sich im zeit- und ortsnahen Bereich des Trägers aufzuhalten oder der Verweis auf die Wohnung der Eltern nach § 22 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 SGB II für Hilfebedürftige, die unter 25 Jahren alt sind (s. dazu ausführlich, SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER m.w.N.)

6.

Die Kammer sieht keine Veranlassung, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Frage der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und § 21 S. 1 SGB XII mit dem Grundgesetz vorzulegen. Denn die Kammer hält den Leistungsausschluss nicht für verfassungswidrig.

Anders als das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R) geht die Kammer nicht davon aus, dass aufgrund des geregelten Leistungsausschlusses ein Eingriff in Art. 1 Abs. 1. GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gegeben ist.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Sozialstaatsprinzip durch die Verbindung zum Schutz der Würde des Menschen in Art. 1 Abs. 1 GG subjektivrechtlich ausgestaltet. Insoweit hat es entschieden:

"Wenn Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen. Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu. Dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann" (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10; 1 BvL 2/11, Rn 63).

Bereits in dieser grundsätzlichen Definition des sich aus Art. 1 Abs. 1 GG ergebenden Anspruches auf die Sicherung des Existenzminimums hat jedoch das Bundesverfassungsgericht selbst die Hilfe Dritter als vorrangig angesehen. Zwar darf diese Hilfe Dritter nicht rein freiwillig, sondern muss durch einen Anspruch des Hilfebedürftigen gesichert sein (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10; 1 BvL 2/11, Rn 65). Dies ist jedoch bei durch andere Staaten der Europäischen Union für ihre Staatsbürger gewährleisteten Hilfen der Fall. Insoweit entspricht der in §§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und § 21 S. 1 SGB XII geregelte Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Februar 2016, L 3 AS 668/15 B ER, Beschluss vom 5. November 2015, L 3 AS 479/15 B ER, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Februar 2016, L 9 AS 1335/15 B ER m.w.N., LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2016, L 12 SO 79/16 B ER).

Dass ein solcher Verweis auf Sozialleistungssysteme anderer Länder nicht dem Grundsatz der Menschenwürde widerspricht, ergibt sich auch daraus, dass das Bundesverfassungsgericht selbst davon ausgeht, dass das Menschenrecht auf Sicherung des Existenzminimums, das aus Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet wird, nur für solche Personen gelten soll, "die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten" (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10; 1 BvL 2/11). Ein sich weltweit erstreckender Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums gegenüber dem deutschen Staat kann sich schon aufgrund der offensichtlichen Unmöglichkeit der Umsetzung nicht aus Art. 1 Abs. 1 GG ergeben. Ein solcher wird auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig nicht angenommen. Dementsprechend ist der tatsächliche beziehungsweise der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II und §§ 23 Abs. 1 S. 1 und 24 Abs. 1 S. 1 SGB XII in der Regel Voraussetzung für den Empfang existenzsichernder Leistungen, ohne dass dies verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Wenn die Hilfebedürftigen sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, erkennt die Kammer, dass das Menschenrecht der Menschenwürde und der hieraus hergeleitete Anspruch auf die Sicherung des Existenzminimums sich auf Ausländer wie Deutsche gleichermaßen beziehen. Insoweit ist jedoch der Verweis auf Leistungssysteme anderer Staaten durchaus zulässig, da der Verweis auf Leistungen Dritter, auf die ein Anspruch besteht, vom Bundesverfassungsgericht wie erläutert vorgesehen ist.

Soweit das Bundessozialgericht darauf verweist, dass eine pauschale Differenzierung nach dem Aufenthaltsstatus durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, Rn. 99) ausdrücklich abgelehnt worden sei und deshalb eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich des nach § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII angenommenen Leistungsanspruchs gegeben sei (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R), kann die Kammer dem so nicht folgen. Auch geht die Kammer nicht davon aus, dass der Leistungsausschluss einen Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt, weil die Menschenwürde nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "migrationspolitisch nicht zu relativieren sei" (Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 Rn. 95; so aber wohl Wenner in SozSich 2/2016, S. 44). Denn diese Konkretisierungen des Bundesverfassungsgerichts zum Anspruch auf existenzsichernde Leistungen aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG erfolgten in der Entscheidung, in der es um die Frage ging, ob der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Höhe von Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII andere Bedarfe festsetzen kann, wenn es um die Sicherung des Existenzminimums geht. In dieser Entscheidung prüft das Bundesverfassungsgericht ebenso wie in der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze nach SGB II (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09) nicht die inhaltliche Konkretisierung des Rechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, sondern vor allem die verfahrensrechtliche Sicherung, indem es Maßstäbe an das innere Gesetzgebungsverfahren bezüglich der Bestimmung der Leistungshöhe aufstellt (Nolte, Rationale Rechtsfindung im Sozialrecht, in: Der Staat 2013, 245/247 f.).

Die Situation eines Asylbewerbers ist jedoch zur Überzeugung der Kammer in keiner Weise vergleichbar mit der eines Bürgers der Europäischen Union, der von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch macht und nach Deutschland einreist. Das einfachgesetzlich ausgestaltete Recht auf Asyl steht nach Art. 16 a GG politisch Verfolgten zu. Diese können regelmäßig nicht in das Herkunftsland zurückkehren, anders als der freizügigkeitsberechtigte Bürger der Europäischen Union. Die Rückkehr in das Heimatland stellt für Bürger der Europäischen Union daher ein zulässiges Mittel zur Selbsthilfe dar. Die Notwendigkeit der Rückkehr stellt keinen Eingriff in das Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums dar (so auch SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER, SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13, LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Februar 2016, L 3 AS 668/15 B ER, so auch BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1988, 5 B 136/87). Sollte ein Bürger der Europäischen Union ebenfalls aus politischen Gründen an der Rückkehr in sein Heimatland gehindert sein, wären auch für diesen das Asylverfahrensrecht und die entsprechenden Leistungen eröffnet.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Notwendigkeit der Mitwirkung bei der Sicherung des Existenzminimums selbst anerkannt. Entsprechend hat es entschieden, dass der in §§ 7 Abs. 5 SGB II für Studenten geregelte Ausschluss von existenzsichernden Leistungen keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums darstellt, weil der Betroffene durch Abbruch des Studiums den Weg zu diesem Existenzsicherungssystem eröffnen kann (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2014, 1 BvR 886/11, vgl. dazu ausführlich SG Dortmund, Beschluss vom 11. Februar 2016, S 35 AS 5396/15 ER). Diese Entscheidung zeigt auch, dass es für die Frage der Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG unerheblich ist, dass die vom gesetzlichen Leistungsausschluss erfassten Ausländer bis zur tatsächlichen Ausreise keinem System zur Sicherung des Existenzminimums unterstellt sind, auch wenn sie nicht zur Ausreise verpflichtet sind (a.A. Coseriu in: jurisPK, § 23 Rn. 63.3 und 63.6, in dem er den Verweis auf die Inanspruchnahme von Leistungen im Heimatland als "absurd und nicht mit dem GG in Einklang zu bringen" bezeichnet). Denn auch Studenten sind nach keiner Norm verpflichtet ihr Studium aufzugeben. Solange sie dies jedoch nicht tun, sind sie nach §§ 7 Abs. 5 SGB II und 22 Abs. 2 SGB XII von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums ausgeschlossen.

Auch in seiner aktuellen Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht zur Verfassungsmäßigkeit der Aufrechnung nach § 43 SGB II in Höhe von 30 Prozent des Regelbedarfs entschieden, dass bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG die Eigenverantwortung des Hilfebedürftigen als Teil der Art. 1 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Vorstellung vom Menschen Beachtung finden kann (Urteil vom 9. März 2016, B 14 AS 20/15 R).

Daneben dürften Hintergrund der Regelungen zum Leistungsausschluss aus §§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II; 21 S. 1 SGB XII weniger migrationspolitische Erwägungen sein, als vielmehr das von den Vertragsstaaten gemeinsam erarbeitete System des Freizügigkeitsrechts, dass sich in den detaillierten Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes in Umsetzung europäischer Regelungen wiederfindet (s. dazu ausführlich SG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2016, S 95 SO 146/16 ER).

Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergibt jedoch zur Überzeugung der Kammer einen Anspruch auf Überbrückungsleistungen, wie der Kosten der Rückreise und des bis dahin in Deutschland erforderlichen Aufenthaltes (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2015, L 20 As 2161/15 B ER; SG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2015, S 149 AS 7191/13). Leistungen für die Rückreise sind jedoch vorliegend nicht Streitgegenstand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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