Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 56/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 52/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs einen später einsetzenden, aber längeren Arbeitslosengeldanspruch unter "Verrechnung" des zuvor erschöpften mit besonderer – verkürzter – Anwartschaftszeit (seit dem 1. April 2012 immer wieder verlängerte, nur hinsichtlich der maximalen Dauer der im Voraus befristeten Beschäftigungen zwischen sechs und zehn Wochen – Letzteres seit dem 1. August 2012 – wechselnde Regelung in § 142 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) (BGBl. I 2011 S. 2854, 2012 S. 1613, 2014 S. 2082, 2015 S. 2557, 2016 S. 1710); Vorgängerregelungen für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2012 wortgleich in § 123 Abs. 2 SGB III (BGBl. I 2009 S. 1939) und für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2003 nur für Saisonarbeitnehmer, Wehr- und Zivildienstleistende in § 123 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB III (BGBl. I 1997 S. 2970 und 2001 S. 4013)).
Die 1953 geborene Klägerin ist seit vielen Jahren im Rahmen wechselnder und jeweils zeitlich begrenzter Beschäftigungsverhältnisse vorwiegend als Cutterin für verschiedene Filmproduktionen beruflich tätig. Während der beschäftigungslosen Phasen zwischen den Engagements bezog sie von der Beklagten immer wieder Arbeitslosengeld, sobald die Voraussetzungen vorlagen, insbesondere die Anwartschaftszeit (§§ 137 Abs. 1 Nr. 3, 142 SGB III) erfüllt war.
Nach Ablehnung ihres Antrags auf Arbeitslosengeld vom 7. Juli 2010 (Bescheid vom 2. August 2010) bat die Klägerin um konkrete Erläuterungen zu den in Erfahrung gebrachten "Möglichkeiten auf verkürzte Anwartschaftszeiten" "für unstetig beschäftigte Berufe". Da die Beschäftigungen in der Rahmenfrist überwiegend länger als sechs Wochen angedauert hatten und damit die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der damals geltenden Fassung nicht vorlagen, akzeptierte die Klägerin die Ablehnung nach telefonischen Erläuterungen.
Nach weiteren Beschäftigungen in den Zeiträumen vom 7. März bis 6. April 2011, 17. Mai bis 11. Juli 2011, 13. September bis 31. Oktober 2011, 12. April bis 20. Juni 2012, 14. August bis 28. August 2012, 30. August bis 5. November 2012 und 7. November bis 8. November 2012 beantragte die Klägerin am 6. November 2012 erneut Arbeitslosengeld und erklärte gleichzeitig, dass sie ab 28. November 2012 wieder in einem Arbeitsverhältnis stehe. In dem Antragsformular versicherte sie u.a., das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Auf Seiten 25/26 des Merkblatts 1 befand sich u.a. folgender Hinweis: Sie können die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld auch erfüllen, wenn Sie in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung weniger als zwölf Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden haben. Diese "kurze" Anwartschaftszeit kann erfüllt werden, wenn Sie die Voraussetzung der Regelanwartschaftszeit nicht erfüllen, weil Sie nicht mindestens 360 Kalendertage Versicherungspflicht innerhalb der letzten zwei Jahre zurückgelegt haben und in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens sechs Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden haben und überwiegend in Beschäftigungsverhältnissen gestanden haben, die von vornherein auf nicht mehr als sechs Wochen befristet waren und Ihr Bruttoarbeitsentgelt in den letzten zwölf Monaten, gerechnet vom letzten Tag Ihrer letzten Beschäftigung an rückwärts, die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (Viertes Buch Sozialgesetzbuch) nicht überstiegen hat; die Bezugsgröße beträgt in 2012 31.500 Euro (West) ... und der Agentur für Arbeit diesen Sachverhalt darlegen und nachweisen.
Die Beklagte stellte fest, dass die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist (7. November 2010 bis 8. November 2012) an 291 Tagen in kurzen, im Voraus nicht auf mehr als 10 Wochen befristeten Beschäftigungen tätig gewesen war und dass in den letzten 12 Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt (26.419,99 Euro) die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (31.500,00 Euro) nicht überstiegen hatte. Daraufhin bewilligte sie der Klägerin mit Bescheid vom 28. November 2012 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 47,00 Euro und einer Anspruchsdauer von 120 Kalendertagen ab dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit am 9. November 2012 bis zum 27. November 2012, dem Tag vor der Aufnahme einer neuen Beschäftigung. Dieser Bescheid wurde von der Klägerin nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen und daher bestandskräftig (§ 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
In der Folgezeit wurde der Klägerin nach dem jeweiligen Ende weiterer Beschäftigungen (28. November 2012 bis 8. Januar 2013, 4. bis 6. März 2013, 8. April bis 24. Mai 2013) ebenfalls bestandskräftig Arbeitslosengeld bis zur Anspruchserschöpfung am 6. Juni 2013 gewährt (Bescheid vom 31. Januar 2013, Bescheid vom 3. April 2013 in der Fassung vom 8. April 2013 und 3. Juni 2013). In diesem Zusammenhang kam es zu Fragen zur Anspruchsdauer und der rechtlichen Konstruktion der verkürzten Anwartschaftszeit, welche der Klägerin ausweislich eines Beratungsvermerks vom 19. April 2013 telefonisch erläutert wurde. Sie habe jetzt alles verstanden. Ein Anschlusstermin sei nicht vonnöten.
Am 16. September 2013 meldete sich die Klägerin nach dem Ende einer Beschäftigung (28. Juni bis 13. September 2013) erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, was die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2013 ablehnte, weil der am 9. November 2012 erworbene Anspruch erschöpft und die Klägerin seither weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen sei und daher keine neue Anwartschaftszeit erfüllt habe. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013, überschrieben mit "Ablehnungsbescheid" und "Zusatz zum Bescheid vom 8. Oktober 2013", teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Antrag vom 16. September 2013 (auch deshalb) ablehne, weil die Klägerin die Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III ebenfalls nicht erfüllt habe. Das Arbeitsentgelt, das die Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor Beginn der Beschäftigungslosigkeit erzielt habe, übersteige die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Tatsächlich hatte die Klägerin in ihren im Zeitraum vom 16. September 2012 bis 15. September 2013 liegenden fünf Beschäftigungen ein Entgelt von insgesamt 40.000,00 Euro bei einer Bezugsgröße 2013 von 32.340,00 Euro erzielt.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 stellte die Klägerin einen Neufeststellungsantrag hinsichtlich des Bewilligungsbescheides ab 9. November 2012 und bat um die Prüfung ihrer Arbeits- und Bewilligungszeiten. Ihr sei seinerzeit nicht der volle Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern nur die verkürzte Zeit von 120 Tagen bewilligt worden. Die verkürzte Bewilligung habe sie bekommen, ohne selbst danach gefragt zu haben und ohne Hinweis auf deren besondere Bedingungen. Darüber hinaus hätte sie gar nicht erfolgen dürfen. Aus ihrer Sicht hätte sie mit einer Ablehnung ihre Sozialversicherungstage behalten und im Januar bzw. spätestens im März den vollen Anspruch erreicht. Zu diesem Zeitpunkt habe sie schon Anschlussprojekte gehabt. Auf ihre Nachfrage, dass ihr so viele Sozialversicherungstage verloren gingen, sei ihr gesagt worden, dass sie nach 180 Tagen einen neuen Anspruch habe, wovon sie selbstverständlich ausgegangen sei. In einem telefonischen Beratungsgespräch am 17. Oktober 2013 ergänzte die Klägerin u.a., dass ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Höhe des Einkommens überhaupt eine Rolle spiele, und äußerte sich verwundert darüber, dass sie dann in 2012 einen Anspruch gehabt habe, da ihr Einkommen immer in etwa gleich hoch gewesen sei. Mit der Bewilligung der verkürzten Anwartschaftszeit fühle sie sich schlecht beraten.
Die Beklagte lehnte den Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 24. Oktober 2013 ab. Die Bescheide vom 28. November 2012 und 14. Oktober 2013 blieben unverändert. Die Überprüfung (§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) habe ergeben, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewendet worden sei. Am 9. November 2012 sei lediglich die verkürzte Anwartschaftszeit erfüllt gewesen. Das erzielte Entgelt in den letzten zwölf Monaten habe hier nicht die maßgebliche Bezugsgrenze überstiegen. Dies habe die Klägerin im Rahmen der persönlichen Antragsabgabe am 27. November 2012 erfahren. Es sei davon auszugehen, dass hier offene Fragen geklärt worden seien. Nachfolgend habe sich die Klägerin am 9. Januar 2013, 7. März 2013, 25. Mai 2013 und 16. September 2013 arbeitslos gemeldet. Zu keinem dieser Zeitpunkte wäre die volle Anwartschaftszeit erreicht worden, da in den jeweiligen Rahmenfristen (zwei Jahre beginnend mit dem Tag des Anspruchsbeginns) keine 360 Tage mit versicherungspflichtiger Beschäftigung vorgelegen hätten.
Sowohl gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2013 (Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Arbeitslosengeld) als auch gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2013 (Ablehnung des Neufeststellungsantrags) legte die Klägerin am 29. Oktober 2013 Widerspruch ein und begehrte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 für 180 Tage ggf. unter Anrechnung des aufgrund des Bescheides vom 28. November 2012 gezahlten Arbeitslosengeldes. Sie führte aus, dass ihr anlässlich einer telefonischen Nachfrage im August 2012 zunächst mitgeteilt worden sei, sie habe nach Beendigung des bis Anfang November 2012 andauernden Beschäftigungsverhältnisses einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von sechs Monaten. Anfang Oktober 2012 sei ihr demgegenüber die Auskunft erteilt worden, dass ihr unter Berücksichtigung des Anfang November 2012 auslaufenden Beschäftigungsverhältnisses kein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld zustehe. Entgegen diesen Auskünften sei ihr dann schließlich doch mit Bescheid vom 28. November 2012 befristet bis zur Aufnahme einer Beschäftigung am selben Tag Arbeitslosengeld gewährt worden, wobei die Anspruchsdauer auf 120 Kalendertage festgesetzt worden sei. Die Information über die Aufnahme einer auf sechs Wochen befristeten Beschäftigung ab 28. November 2012 habe der Beklagten offenbar keinen Anlass für eine Beratung gegeben. Auf ihre Nachfrage, warum – entgegen allen vorangegangenen Bewilligungen – die Dauer ihres Arbeitslosengeldanspruchs lediglich auf 120 Tage festgesetzt worden sei, habe man ihr mitgeteilt, dass sie lediglich die sogenannte verkürzte Anwartschaftszeit des § 142 Abs. 2 SGB III erfüllt habe. Auf ihre nochmalige Nachfrage, ob ihr hierdurch insbesondere im Hinblick auf die anstehende sowie weitere zu erwartenden Anschlussbeschäftigungen nicht die Möglichkeit der Erfüllung der vollen Anwartschaftszeit verloren gehen würde, sei ihr mitgeteilt worden, dass dies immer so sei und dass ihr nach 180 weiteren Beschäftigungstagen ohnehin ein neuer Arbeitslosengeldanspruch wegen Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit erwüchse. Über weitere Voraussetzungen für die Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit sei sie weder mündlich noch schriftlich in Kenntnis gesetzt worden. Der von ihr nunmehr geltend gemachte Anspruch folge aus §§ 136 ff. SGB III i.V.m. den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es sei anerkannt, dass die Beklagte als zuständiger Träger verpflichtet sei, Arbeitslose ohne konkretes Beratungsersuchen auf Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs zu beraten, insbesondere wenn sich bei einem Aufschub des Arbeitslosengeldantrags möglicherweise eine längere Anspruchsdauer ergebe (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 70/05 R, SozR 4-4100 § 106 Nr. 1; Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 21. September 2007 – L 7/10 AL 185/04, juris). Sie hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass lediglich noch ca. 60 Tage mit Versicherungspflichtverhältnissen fehlten, um die volle Anwartschaftszeit zu erreichen und einen Arbeitslosengeldanspruch mit einer Dauer von sechs Monaten (statt der bewilligten vier Monate) zu erwerben. Ein solcher Hinweis sei ebenso unterblieben wie eine Aufklärung darüber, dass für die erneute Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit eine Entgeltgrenze eingehalten werden müsse. Im Falle einer entsprechenden Beratung hätte die Klägerin im November 2012 keinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und in der Folge nicht den aus der Arbeitslosengeldgewährung vom 28. November 2012 resultierenden Restleistungsanspruch erschöpft, sondern hätte Arbeitslosengeld erstmals in einem Zeitpunkt beantragt, in welchem sie die volle Anwartschaftszeit erfüllte. Dies wäre dann mit der zum 16. September 2013 eingetretenen Beschäftigungslosigkeit der Fall gewesen.
Die Beklagte wies sowohl den Widerspruch gegen die Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 als auch denjenigen gegen die Ablehnung der Neufeststellung der Bewilligungsbescheide über Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit erstmals ab 9. November 2012 mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 17. Januar 2014 zurück. Soweit es den verneinten Arbeitslosengeldanspruch ab 9. November 2012 betraf, führte die Beklagte aus, dass die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungsverhältnis gestanden habe. Dabei entspreche ein Monat 30 Kalendertagen, sechs Monate 180 Kalendertagen. Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Da die Klägerin sich am 16. September 2013 persönlich arbeitslos gemeldet habe, erfülle sie die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen an diesem Tag. Die Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Klägerin habe schon eine Anwartschaftszeit erfüllt; am 9. November 2012 habe die damalige Rahmenfrist geendet. Die Rahmenfrist habe daher die Zeit vom 9. November 2012 bis 15. September 2013 umfasst. Die Klägerin habe 181 Kalendertage versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist nachgewiesen (Beschäftigungszeiträume 28. November 2012 bis 8. Januar 2013, 4. März 2013 bis 6. März 2013, 8. April 2013 bis 24. Mai 2013, 14. Juni 2013 bis 24. Juni 2013 und 28. Juni 2013 bis 13. September 2013). Sie habe daher weder die Anwartschaftszeit noch die Voraussetzungen nach § 142 Abs. 2 SGB III erfüllt. Die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist zwar überwiegend Beschäftigungen ausgeübt, die auf höchstens sechs Wochen befristet gewesen seien. Das Arbeitsentgelt, das sie innerhalb der letzten zwölf Monate erzielt habe, übersteige jedoch die Bezugsgröße von 32.340 Euro nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Die Klägerin habe bereits am 9. November 2012 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, welcher vollständig erfüllt und damit verbraucht sei. Die Klägerin habe deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Soweit es den abgelehnten Neufeststellungsantrag betraf, führte die Beklagte aus, der Bescheid vom 28. November 2012 sei bindend geworden, da nicht fristgerecht Widerspruch erhoben worden sei. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könne. Es ergäben sich auch keine neuen Erkenntnisse, die dafür sprächen, dass bei Erlass der angefochtenen Entscheidung das Recht nicht richtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Beklagte weise darauf hin, dass das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte – Ihre Pflichten", dessen Erhalt und Kenntnisnahme die Klägerin mit ihrer Unterschrift im Antragsformular bestätigt habe, Erläuterungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und auch der "kurzen Anwartschaftszeit" enthalte.
Gegen beide Widerspruchsbescheide nebst den jeweiligen Ausgangsbescheiden hat die Klägerin am 31. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und ihr Widerspruchsbegehren auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide einschließlich der Bewilligungsbescheide ab 9. November 2012 im Rahmen des Neufeststellungsverfahrens wiederholt. Sie sei unter Berücksichtigung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte sie nicht bereits im Monat November 2012, sondern erstmals am 16. September 2013 die Gewährung von Arbeitslosengeld bei der Beklagten beantragt. Soweit die Beklagte sich auf das Merkblatt berufe, habe sie hierdurch nicht ihre sich aus den konkreten Anfragen der Klägerin ergebenden gesteigerten Beratungspflichten erfüllt. Wäre die Klägerin korrekt beraten worden, hätte sie im November 2012 keinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und auch in der Folge nicht den aus der Arbeitslosengeldgewährung vom 28. November 2012 resultierenden Restleistungsanspruch erschöpft, sondern hätte Arbeitslosengeld erstmals in einem Zeitpunkt beantragt, in welchem sie die volle Anwartschaftszeit erfüllte, nämlich am 16. September 2013.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass die Klägerin schon im Juli/August 2010 über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert gewesen sei. Weiterhin sei sie am 19. April 2013, 13. Juni 2013 und 18. Juni 2013 über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert worden. Am 19. April 2013 habe sie gegenüber dem Teamleiter erklärt, seine Ausführungen verstanden zu haben. Ein Beratungsfehler sei nicht erkennbar. Eine Beratung wie von der Klägerin gewünscht habe auch gar nicht stattfinden können, da in der Zukunft der Anspruch immer von der jeweiligen Rahmenfrist abhängig sei. Das bedeute, dass 360 Tage versicherungspflichtiger Beschäftigungszeit bei den ständigen Unterbrechungen der Arbeitszeiten nicht datenmäßig hätten erfasst werden können. Die Klägerin selbst hätte nachrechnen müssen, wann innerhalb der jeweiligen Rahmenfrist von zwei Jahren, über die sie bereits in 2010 informiert gewesen sei, 360 Tage Beschäftigungszeit vorgelegen hätten. Auch könne ein fehlender Hinweis – wobei dieses bestritten werde – auf die Höhe des Entgelts nicht dazu führen, dass im Zuge der Wiederherstellung ein Anspruch anerkannt werde, der nicht bestehe.
Das SG hat über die Klage am 13. September 2017 mündlich verhandelt, die vorübergehend getrennten Verfahren (S 44 AL 56/14 und 44 AL 254/17, Beschluss vom 18. Mai 2017) wieder zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem ursprünglichen alleinigen Aktenzeichen verbunden und die Klage mit Urteil vom selben Tag unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Widerspruchsbescheide vom 17. Januar 2014 abgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass insbesondere kein Anhaltspunkt für einen Beratungsfehler seitens der Beklagten bestehe. Zwar seien die Leistungsträger und damit auch die Beklagte gemäß § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verpflichtet, Leistungsempfänger über ihre Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch zu beraten. Aber vom Sozialleistungsträger könne trotz dieser umfassenden Beratungspflicht nicht verlangt werden, dass er auf alle denkbaren Möglichkeiten hinweise. Die sozialrechtliche Relevanz einer Frage müsse für den Sozialleistungsträger offen zutage liegen. Er müsse also nicht erahnen, ob ein bestimmter Bedarf bestehe oder eine besondere Interessenlage gegeben sein könnte. Auch eine vorherige Beratung könne Einfluss auf die Intensität der Beratung haben. Dies zu Grunde gelegt sei vorliegend zu berücksichtigen, dass die Entwicklung der Beschäftigungssituation der Klägerin hinsichtlich Anzahl und Dauer der Beschäftigungsverhältnisse, der Höhe des zu erzielenden Arbeitsentgelts und der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse nicht vorhersehbar gewesen sei. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, ob sich die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse so wie in der Vergangenheit entwickeln würde oder ob sich nicht der eine oder andere Auftrag zerschlagen würde. Schließlich habe die Klägerin auch einen Antrag auf Arbeitslosengeld mit dem Ziel gestellt gehabt, Arbeitslosengeld zu erhalten, sodass die Beklagte auch nicht ohne weiteres davon habe ausgehen können, dass die Klägerin einen Zeitraum von zehn Monaten ohne Lohnersatzleistungen habe überbrücken können und wollen. Entgegen der Annahme der Klägerin seien die Voraussetzungen für einen vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld auch noch nicht im Januar oder im März 2013 erfüllt gewesen. Insoweit sei kein Ansatz vorhanden gewesen, die Klägerin diesbezüglich zu beraten. Ebenso wenig sei die Einkommensentwicklung vorhersehbar gewesen, auch nicht das Überschreiten der Bezugsgröße, zumal die Klägerin in einem Beratungsgespräch vom 17. Oktober 2013 selbst der Auffassung gewesen sei, dass ihr Einkommen immer etwa gleich hoch gewesen sei. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin seit langem immer wieder im Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden habe, ihr die Möglichkeit der verkürzten Anwartschaftszeit aus früheren Beratungen bekannt und die Entwicklung der Beschäftigungs- und Einkommenssituation nicht vorhersehbar gewesen sei, habe die Beklagte sich vorliegend mangels konkreter Hinweise und Anhaltspunkte darauf beschränken dürfen, der Klägerin bei Antragstellung im November 2012 das Merkblatt 1 in der Fassung von April 2012 auszuhändigen, aus welchem sich auf Seite 25/26 konkrete Hinweise und Informationen für die Voraussetzungen der Erfüllung einer verkürzten Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III ergeben hätten. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zitierten Entscheidungen des BSG sowie des Hessischen LSG sprächen nicht gegen dieses Ergebnis. Denn sie seien mit der vorliegenden Fallkonstellation insoweit nicht vergleichbar, als es sich anders als im vorliegenden Fall jeweils um abgeschlossene Sachverhalte gehandelt habe, bei denen zum Sachverhalt keine Fragen offen geblieben seien. Selbst wenn man mit der Klägerin die Verletzung einer Beratungspflicht über die Entgeltgrenze gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV annehmen wollte, so bleibe fraglich, ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer unterstellten Verletzung der Beratungspflicht und dem der Klägerin entstandenen Nachteil bestehe. Da auch die Klägerin von einem gleich bleibenden Einkommen ausgegangen sei, hätte für sie kein Anlass bestanden, im November 2012 auf einer Arbeitslosengeldauszahlung zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt (hier: zehn Monate später) zu bestehen, da bei gleichbleibendem Verlauf erneut Aussicht bestanden habe, dass die verkürzte Anwartschaftszeit erfüllt würde. Bezüglich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin später am 19. April 2013 umfänglich über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert worden sei, ohne dies zum Anlass genommen zu haben, sofort einen Überprüfungsantrag zu stellen, und schließlich davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen für einen vollen Anspruch bereits im Januar oder März 2013 erfüllt zu haben, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 21. September 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Oktober 2017 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat zunächst im Wesentlichen ihren vorgerichtlichen und erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Dass die zukünftige Entwicklung ihrer Beschäftigungssituation nicht vorhersehbar gewesen sei, ändere nichts daran, dass die Beklagte in der Lage gewesen sei und auch gehalten gewesen wäre, die Klägerin allgemein darüber zu informieren, wie viele Tage mit einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis seinerzeit noch erforderlich gewesen seien, um die volle Anwartschaftszeit des § 142 Abs. 1 SGB III zu erfüllen, zumal sich die Klägerin gerade hiernach explizit erkundigt habe. Der bloße Hinweis auf ein ausgehändigtes Merkblatt reiche nicht, da konkreter Beratungsbedarf deutlich geworden sei. Jedenfalls habe Anlass bestanden, bei der Klägerin zumindest einmal nachzufragen, ob sie Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III in Anspruch nehmen wolle, zumal es auch in dem vom SG in Bezug genommenen Merkblatt heiße, dass der Arbeitslose Mitteilung machen solle, wenn er Arbeitslosengeld nach § 142 Abs. 2 SGB III in Anspruch nehmen wolle. Dies habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt getan. Die Beklagte habe ohne vorherige Rücksprache Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit bewilligt und auch auf ihre Rückfragen nach der Bewilligung nicht darauf hingewiesen, dass auch nach künftigen versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Umfang von mindestens 180 Tagen bei Überschreitung der Bezugsgröße als Entgeltgrenze kein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit entstehe. Ohne diesen doppelten Beratungsfehler hätte sie im November 2012 keinen Antrag auf die Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und den aus der Arbeitslosengeldbewilligung vom 28. November 2012 resultierenden Anspruch ausgeschöpft, sondern erstmals zum 16. September 2013. Nunmehr trägt die Klägerin vor, sie habe sich im August 2012 bei der Beklagten erkundigt, wann sie wieder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben werde. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie noch 66 Tage bis zur vollen Anwartschaft bräuchte. Ihr sei dann trotzdem Arbeitslosengeld für den verkürzten Anwartschaftszeitraum bewilligt worden, woraufhin sie bei der Leistungsabteilung angerufen und gesagt habe, sie bräuchte das Arbeitslosengeld eigentlich gar nicht mehr. Ihr sei daraufhin geantwortet worden: "Lassen sie es so, dann sind sie auch versichert und nach 180 Tagen haben sie sowieso wieder einen Anspruch." Die Klägerin erklärt weiter, für sie sei es damals eine finanziell schwierige Situation gewesen. Sie habe dringend Geld gebraucht, auch weil sich ihr Sohn im Studium befunden habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2014 zu verpflichten, ihre Bescheide vom 28. November 2012, vom 31. Januar 2013, vom 3. April 2013 in der Fassung vom 8. April 2013 und 3. Juni 2013 zurückzunehmen, sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. Oktober 2013 in der Fassung des Bescheides vom 14. Oktober 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2014 zu verurteilen, ihr – der Klägerin – unter Verrechnung des für den Zeitraum vom 9. November 2012 bis 6. Juni 2013 bereits geleisteten Arbeitslosengeldes Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 16. September 2013 mit einer Anspruchsdauer von sechs Monaten zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für überzeugend und nimmt mangels inhaltlich neuen Vortrags auf die dortigen Ausführungen Bezug.
Der Senat hat über die Berufung am 21. März 2018 mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des SG (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie der angefochtenen Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 17. Januar 2014 (§ 136 Abs. 3 SGG).
Am 16. September 2013 bestand kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nach §§ 137 ff. SGB III, weil die Klägerin nicht die Anwartschaftszeit nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 142 SGB III erfüllte.
Die besondere – verkürzte – Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III war nicht erfüllt, weil das in den letzten 12 Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt die zu dem Zeitpunkt maßgebliche Bezugsgröße überstieg (§ 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Hinter dieser Regelung steht die Überlegung des Gesetzgebers, dass das Privileg einer verminderten Anwartschaftszeit gegenüber der Versichertengemeinschaft nur gerechtfertigt sei, wenn die Betroffenen einen Lebensunterhalt, der dem Verdienst eines durchschnittlichen Arbeitnehmers entspreche, der hierfür 12 Monate durchgehend arbeite, nicht bereits durch ihren Verdienst in den ausgeübten Beschäftigungen erzielten (Brand in Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 142 Rn. 11 m.N.).
Die allgemeine Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 1 SGB III war nicht erfüllt, weil die Klägerin innerhalb der nach § 143 Abs. 2 SGB III begrenzten Rahmenfrist nicht mindestens 12 Monate, sondern nur 181 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte.
Die Begrenzung der Rahmenfrist durch den am 6. Juni 2013 erschöpften Arbeitslosengeldanspruch mit verkürzter Anwartschaftszeit, für den erstmals ab 9. November 2012 Leistungen bewilligt worden waren, kann nicht dadurch beseitigt werden, dass der Klägerin im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs der trotz jeweils bestandskräftiger Bescheidungen ihrer Arbeitslosengeldanträge vom 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 deren Widerruf ermöglichen würde (zu einer solchen Auslegung eines Neufeststellungsantrages ähnlich demjenigen der hiesigen Klägerin vgl. BSG, a.a.O.) bzw. – so der rechtliche Ansatz der Beteiligten und des SG – die Beklagte im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens nach § 44 SGB X verpflichtet wäre, ihre bestandskräftigen Arbeitslosengeldbewilligungen für Zeiträume zwischen dem 9. November 2012 und 6. Juni 2013 zurückzunehmen. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs liegen nicht vor.
Der richterrechtlich entwickelte Herstellungsanspruch hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG einen (im Wesentlichen dreigliedrigen) Tatbestand. Dieser fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl. nur BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R, SozR 4-4300 § 124 Nr. 6).
Der Senat teilt die Überzeugung des SG, dass es vorliegend schon an einer Pflichtverletzung in Gestalt eines Beratungsfehlers fehlt. Die von der Klägerin vermisste Auskunft auf die Anzahl der noch fehlenden Tage an versicherungspflichtigen Beschäftigungen, um die allgemeine Anwartschaftszeit zu erfüllen, wurde ihr jedenfalls im Groben im Rahmen telefonischer Kontakte am 20. Juni und 29. August 2012 erteilt, ohne dass jene zu diesen Zeitpunkten den zur genaueren Prüfung empfohlenen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hätte, sodass sie zumindest ungefähr darüber im Bilde war, in welcher Größenordnung zu jenen Zeitpunkten noch versicherungspflichtige Beschäftigungen fehlten.
Der gleichfalls vermisste Hinweis auf die Entgeltgrenze in Höhe der Bezugsgröße nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III musste sich der Beklagten nicht aufdrängen, weil sie nach den Gesamtumständen davon ausgehen durfte, dass die Klägerin jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen wollte, auch wenn es sich um einen Anspruch mit verkürzter Anwartschaftszeit handelte. Hierfür sprachen insbesondere das bereits 2010 erfolgte diesbezügliche Auskunftsbegehren der Klägerin mit nachfolgenden Erläuterungen und die im Sommer 2012 mehrfach erfolgten Nachfragen, wann denn die Anwartschaftszeit wieder erfüllt sei. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte davon ausging, die Klägerin mit den bisherigen Auskünften und den sowohl im Rahmen der aktuellen als auch der früheren Arbeitslosigkeitszeiten ausgehändigten Merkblättern ausreichend informiert zu haben.
Aus demselben Grund ist der Beklagten auch nicht vorzuhalten, dass sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit ohne den sonst gewollten, aber nach den gesetzlichen Regelungen nicht erforderlichen besonderen Antrag der Klägerin vornahm, zumal die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Rahmen einer telefonischen Nachfrage nach der Arbeitslosengeldbewilligung vom 28. November 2012 nach § 142 Abs. 2 SGB III in Kenntnis dessen bewusst an ihrem Arbeitslosengeldantrag festhielt. Letztlich kann dies alles jedoch dahingestellt bleiben, weil der Senat sich jedenfalls nicht davon überzeugen kann, dass ein etwaiger Beratungsfehler der Beklagten kausal für den geltend gemachten sozialrechtlichen Nachteil bzw. Schaden geworden ist.
Es steht nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin sich für den Fall eines Hinweises auf die Anzahl der zur Erfüllung der allgemeinen Anwartschaftszeit noch fehlenden Tage mit versicherungspflichtiger Beschäftigung und auf die Entgeltgrenze nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III am 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 nicht arbeitslos gemeldet und damit Arbeitslosengeld beantragt hätte, sondern dies erst zum 16. September 2013 getan hätte.
Dagegen sprechen zum einen die bereits genannten Umstände, nach denen die Beklagte davon ausgehen durfte, dass die einen sich in Ausbildung befindenden Sohn unterhaltende Klägerin jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen wollte. Hinzu kommt, dass die Klägerin tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem 24. November 2015 erneut Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit in Anspruch nahm, was dieses Bild bekräftigt. Auch nach den Beratungen im April 2013 hatte sie sich zunächst nicht gerührt, sondern erst, nachdem ihr Arbeitslosengeldantrag vom 16. September 2013 abgelehnt worden war, was deutlich dafür spricht, dass der Klägerin erst im Rückblick aufgegangen ist, dass unter dem Strich eine spätere Antragstellung – möglicherweise – vorteilhafter gewesen wäre, ohne dass damit festgestellt werden kann, dass sie dies in der Vergangenheit auch so gesehen hätte.
Dafür dass die Klägerin auch im Falle der von ihr für erforderlich gehaltenen Beratung durch die Beklagte nicht auf die Arbeitslosengeldanträge vom 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 verzichtet hätte, spricht, dass sie die künftige Entwicklung nicht voraussehen konnte. Weder wusste sie, wann sie die nächsten Beschäftigungen eingehen würde noch für welche Dauer. Schließlich ergibt sich aus ihrer Berufsbiografie, dass auch mehrfach beschäftigungslose Zeiten von mehr als 6 Monaten vorhanden waren. Damit war nicht absehbar, wann sie die allgemeine Anwartschaftszeit erfüllen würde und ob überhaupt. Es erscheint auch angesichts ihrer mehrfachen ungeduldigen Nachfragen im Sommer 2012 äußerst unwahrscheinlich, dass die Klägerin sich auf eine ungewisse Wartezeit ohne jeden Leistungsbezug eingelassen hätte, um eventuell zu einem späteren Zeitpunkt – der hier tatsächlich erst fast ein Jahr später eintrat und unter Umständen auch später oder gar nicht hätte eintreten können – einen lediglich 2 Monate längeren Arbeitslosengeldanspruch zum Entstehen bringen zu können. Auch dass ein künftiger Anspruch auf Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit an der Entgeltgrenze scheitern könnte, war für die Klägerin nicht absehbar, weil sie selbst von gleichbleibenden Verhältnissen ausging und dies zum maßgeblichen Zeitpunkt kein Hindernis war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs einen später einsetzenden, aber längeren Arbeitslosengeldanspruch unter "Verrechnung" des zuvor erschöpften mit besonderer – verkürzter – Anwartschaftszeit (seit dem 1. April 2012 immer wieder verlängerte, nur hinsichtlich der maximalen Dauer der im Voraus befristeten Beschäftigungen zwischen sechs und zehn Wochen – Letzteres seit dem 1. August 2012 – wechselnde Regelung in § 142 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) (BGBl. I 2011 S. 2854, 2012 S. 1613, 2014 S. 2082, 2015 S. 2557, 2016 S. 1710); Vorgängerregelungen für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2012 wortgleich in § 123 Abs. 2 SGB III (BGBl. I 2009 S. 1939) und für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2003 nur für Saisonarbeitnehmer, Wehr- und Zivildienstleistende in § 123 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB III (BGBl. I 1997 S. 2970 und 2001 S. 4013)).
Die 1953 geborene Klägerin ist seit vielen Jahren im Rahmen wechselnder und jeweils zeitlich begrenzter Beschäftigungsverhältnisse vorwiegend als Cutterin für verschiedene Filmproduktionen beruflich tätig. Während der beschäftigungslosen Phasen zwischen den Engagements bezog sie von der Beklagten immer wieder Arbeitslosengeld, sobald die Voraussetzungen vorlagen, insbesondere die Anwartschaftszeit (§§ 137 Abs. 1 Nr. 3, 142 SGB III) erfüllt war.
Nach Ablehnung ihres Antrags auf Arbeitslosengeld vom 7. Juli 2010 (Bescheid vom 2. August 2010) bat die Klägerin um konkrete Erläuterungen zu den in Erfahrung gebrachten "Möglichkeiten auf verkürzte Anwartschaftszeiten" "für unstetig beschäftigte Berufe". Da die Beschäftigungen in der Rahmenfrist überwiegend länger als sechs Wochen angedauert hatten und damit die Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der damals geltenden Fassung nicht vorlagen, akzeptierte die Klägerin die Ablehnung nach telefonischen Erläuterungen.
Nach weiteren Beschäftigungen in den Zeiträumen vom 7. März bis 6. April 2011, 17. Mai bis 11. Juli 2011, 13. September bis 31. Oktober 2011, 12. April bis 20. Juni 2012, 14. August bis 28. August 2012, 30. August bis 5. November 2012 und 7. November bis 8. November 2012 beantragte die Klägerin am 6. November 2012 erneut Arbeitslosengeld und erklärte gleichzeitig, dass sie ab 28. November 2012 wieder in einem Arbeitsverhältnis stehe. In dem Antragsformular versicherte sie u.a., das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Auf Seiten 25/26 des Merkblatts 1 befand sich u.a. folgender Hinweis: Sie können die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld auch erfüllen, wenn Sie in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung weniger als zwölf Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden haben. Diese "kurze" Anwartschaftszeit kann erfüllt werden, wenn Sie die Voraussetzung der Regelanwartschaftszeit nicht erfüllen, weil Sie nicht mindestens 360 Kalendertage Versicherungspflicht innerhalb der letzten zwei Jahre zurückgelegt haben und in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung mindestens sechs Monate in Versicherungspflichtverhältnissen gestanden haben und überwiegend in Beschäftigungsverhältnissen gestanden haben, die von vornherein auf nicht mehr als sechs Wochen befristet waren und Ihr Bruttoarbeitsentgelt in den letzten zwölf Monaten, gerechnet vom letzten Tag Ihrer letzten Beschäftigung an rückwärts, die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (Viertes Buch Sozialgesetzbuch) nicht überstiegen hat; die Bezugsgröße beträgt in 2012 31.500 Euro (West) ... und der Agentur für Arbeit diesen Sachverhalt darlegen und nachweisen.
Die Beklagte stellte fest, dass die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist (7. November 2010 bis 8. November 2012) an 291 Tagen in kurzen, im Voraus nicht auf mehr als 10 Wochen befristeten Beschäftigungen tätig gewesen war und dass in den letzten 12 Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt (26.419,99 Euro) die zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgebliche Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (31.500,00 Euro) nicht überstiegen hatte. Daraufhin bewilligte sie der Klägerin mit Bescheid vom 28. November 2012 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 47,00 Euro und einer Anspruchsdauer von 120 Kalendertagen ab dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit am 9. November 2012 bis zum 27. November 2012, dem Tag vor der Aufnahme einer neuen Beschäftigung. Dieser Bescheid wurde von der Klägerin nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen und daher bestandskräftig (§ 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
In der Folgezeit wurde der Klägerin nach dem jeweiligen Ende weiterer Beschäftigungen (28. November 2012 bis 8. Januar 2013, 4. bis 6. März 2013, 8. April bis 24. Mai 2013) ebenfalls bestandskräftig Arbeitslosengeld bis zur Anspruchserschöpfung am 6. Juni 2013 gewährt (Bescheid vom 31. Januar 2013, Bescheid vom 3. April 2013 in der Fassung vom 8. April 2013 und 3. Juni 2013). In diesem Zusammenhang kam es zu Fragen zur Anspruchsdauer und der rechtlichen Konstruktion der verkürzten Anwartschaftszeit, welche der Klägerin ausweislich eines Beratungsvermerks vom 19. April 2013 telefonisch erläutert wurde. Sie habe jetzt alles verstanden. Ein Anschlusstermin sei nicht vonnöten.
Am 16. September 2013 meldete sich die Klägerin nach dem Ende einer Beschäftigung (28. Juni bis 13. September 2013) erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, was die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2013 ablehnte, weil der am 9. November 2012 erworbene Anspruch erschöpft und die Klägerin seither weniger als 12 Monate versicherungspflichtig gewesen sei und daher keine neue Anwartschaftszeit erfüllt habe. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2013, überschrieben mit "Ablehnungsbescheid" und "Zusatz zum Bescheid vom 8. Oktober 2013", teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Antrag vom 16. September 2013 (auch deshalb) ablehne, weil die Klägerin die Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III ebenfalls nicht erfüllt habe. Das Arbeitsentgelt, das die Klägerin in den letzten zwölf Monaten vor Beginn der Beschäftigungslosigkeit erzielt habe, übersteige die Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Tatsächlich hatte die Klägerin in ihren im Zeitraum vom 16. September 2012 bis 15. September 2013 liegenden fünf Beschäftigungen ein Entgelt von insgesamt 40.000,00 Euro bei einer Bezugsgröße 2013 von 32.340,00 Euro erzielt.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 stellte die Klägerin einen Neufeststellungsantrag hinsichtlich des Bewilligungsbescheides ab 9. November 2012 und bat um die Prüfung ihrer Arbeits- und Bewilligungszeiten. Ihr sei seinerzeit nicht der volle Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern nur die verkürzte Zeit von 120 Tagen bewilligt worden. Die verkürzte Bewilligung habe sie bekommen, ohne selbst danach gefragt zu haben und ohne Hinweis auf deren besondere Bedingungen. Darüber hinaus hätte sie gar nicht erfolgen dürfen. Aus ihrer Sicht hätte sie mit einer Ablehnung ihre Sozialversicherungstage behalten und im Januar bzw. spätestens im März den vollen Anspruch erreicht. Zu diesem Zeitpunkt habe sie schon Anschlussprojekte gehabt. Auf ihre Nachfrage, dass ihr so viele Sozialversicherungstage verloren gingen, sei ihr gesagt worden, dass sie nach 180 Tagen einen neuen Anspruch habe, wovon sie selbstverständlich ausgegangen sei. In einem telefonischen Beratungsgespräch am 17. Oktober 2013 ergänzte die Klägerin u.a., dass ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Höhe des Einkommens überhaupt eine Rolle spiele, und äußerte sich verwundert darüber, dass sie dann in 2012 einen Anspruch gehabt habe, da ihr Einkommen immer in etwa gleich hoch gewesen sei. Mit der Bewilligung der verkürzten Anwartschaftszeit fühle sie sich schlecht beraten.
Die Beklagte lehnte den Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 24. Oktober 2013 ab. Die Bescheide vom 28. November 2012 und 14. Oktober 2013 blieben unverändert. Die Überprüfung (§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) habe ergeben, dass weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen noch das Recht falsch angewendet worden sei. Am 9. November 2012 sei lediglich die verkürzte Anwartschaftszeit erfüllt gewesen. Das erzielte Entgelt in den letzten zwölf Monaten habe hier nicht die maßgebliche Bezugsgrenze überstiegen. Dies habe die Klägerin im Rahmen der persönlichen Antragsabgabe am 27. November 2012 erfahren. Es sei davon auszugehen, dass hier offene Fragen geklärt worden seien. Nachfolgend habe sich die Klägerin am 9. Januar 2013, 7. März 2013, 25. Mai 2013 und 16. September 2013 arbeitslos gemeldet. Zu keinem dieser Zeitpunkte wäre die volle Anwartschaftszeit erreicht worden, da in den jeweiligen Rahmenfristen (zwei Jahre beginnend mit dem Tag des Anspruchsbeginns) keine 360 Tage mit versicherungspflichtiger Beschäftigung vorgelegen hätten.
Sowohl gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2013 (Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Arbeitslosengeld) als auch gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2013 (Ablehnung des Neufeststellungsantrags) legte die Klägerin am 29. Oktober 2013 Widerspruch ein und begehrte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 für 180 Tage ggf. unter Anrechnung des aufgrund des Bescheides vom 28. November 2012 gezahlten Arbeitslosengeldes. Sie führte aus, dass ihr anlässlich einer telefonischen Nachfrage im August 2012 zunächst mitgeteilt worden sei, sie habe nach Beendigung des bis Anfang November 2012 andauernden Beschäftigungsverhältnisses einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von sechs Monaten. Anfang Oktober 2012 sei ihr demgegenüber die Auskunft erteilt worden, dass ihr unter Berücksichtigung des Anfang November 2012 auslaufenden Beschäftigungsverhältnisses kein Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld zustehe. Entgegen diesen Auskünften sei ihr dann schließlich doch mit Bescheid vom 28. November 2012 befristet bis zur Aufnahme einer Beschäftigung am selben Tag Arbeitslosengeld gewährt worden, wobei die Anspruchsdauer auf 120 Kalendertage festgesetzt worden sei. Die Information über die Aufnahme einer auf sechs Wochen befristeten Beschäftigung ab 28. November 2012 habe der Beklagten offenbar keinen Anlass für eine Beratung gegeben. Auf ihre Nachfrage, warum – entgegen allen vorangegangenen Bewilligungen – die Dauer ihres Arbeitslosengeldanspruchs lediglich auf 120 Tage festgesetzt worden sei, habe man ihr mitgeteilt, dass sie lediglich die sogenannte verkürzte Anwartschaftszeit des § 142 Abs. 2 SGB III erfüllt habe. Auf ihre nochmalige Nachfrage, ob ihr hierdurch insbesondere im Hinblick auf die anstehende sowie weitere zu erwartenden Anschlussbeschäftigungen nicht die Möglichkeit der Erfüllung der vollen Anwartschaftszeit verloren gehen würde, sei ihr mitgeteilt worden, dass dies immer so sei und dass ihr nach 180 weiteren Beschäftigungstagen ohnehin ein neuer Arbeitslosengeldanspruch wegen Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit erwüchse. Über weitere Voraussetzungen für die Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit sei sie weder mündlich noch schriftlich in Kenntnis gesetzt worden. Der von ihr nunmehr geltend gemachte Anspruch folge aus §§ 136 ff. SGB III i.V.m. den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Es sei anerkannt, dass die Beklagte als zuständiger Träger verpflichtet sei, Arbeitslose ohne konkretes Beratungsersuchen auf Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf die Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs zu beraten, insbesondere wenn sich bei einem Aufschub des Arbeitslosengeldantrags möglicherweise eine längere Anspruchsdauer ergebe (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5. September 2006 – B 7a AL 70/05 R, SozR 4-4100 § 106 Nr. 1; Hessisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 21. September 2007 – L 7/10 AL 185/04, juris). Sie hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass lediglich noch ca. 60 Tage mit Versicherungspflichtverhältnissen fehlten, um die volle Anwartschaftszeit zu erreichen und einen Arbeitslosengeldanspruch mit einer Dauer von sechs Monaten (statt der bewilligten vier Monate) zu erwerben. Ein solcher Hinweis sei ebenso unterblieben wie eine Aufklärung darüber, dass für die erneute Erfüllung der verkürzten Anwartschaftszeit eine Entgeltgrenze eingehalten werden müsse. Im Falle einer entsprechenden Beratung hätte die Klägerin im November 2012 keinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und in der Folge nicht den aus der Arbeitslosengeldgewährung vom 28. November 2012 resultierenden Restleistungsanspruch erschöpft, sondern hätte Arbeitslosengeld erstmals in einem Zeitpunkt beantragt, in welchem sie die volle Anwartschaftszeit erfüllte. Dies wäre dann mit der zum 16. September 2013 eingetretenen Beschäftigungslosigkeit der Fall gewesen.
Die Beklagte wies sowohl den Widerspruch gegen die Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 als auch denjenigen gegen die Ablehnung der Neufeststellung der Bewilligungsbescheide über Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit erstmals ab 9. November 2012 mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 17. Januar 2014 zurück. Soweit es den verneinten Arbeitslosengeldanspruch ab 9. November 2012 betraf, führte die Beklagte aus, dass die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungsverhältnis gestanden habe. Dabei entspreche ein Monat 30 Kalendertagen, sechs Monate 180 Kalendertagen. Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Da die Klägerin sich am 16. September 2013 persönlich arbeitslos gemeldet habe, erfülle sie die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen an diesem Tag. Die Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Klägerin habe schon eine Anwartschaftszeit erfüllt; am 9. November 2012 habe die damalige Rahmenfrist geendet. Die Rahmenfrist habe daher die Zeit vom 9. November 2012 bis 15. September 2013 umfasst. Die Klägerin habe 181 Kalendertage versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist nachgewiesen (Beschäftigungszeiträume 28. November 2012 bis 8. Januar 2013, 4. März 2013 bis 6. März 2013, 8. April 2013 bis 24. Mai 2013, 14. Juni 2013 bis 24. Juni 2013 und 28. Juni 2013 bis 13. September 2013). Sie habe daher weder die Anwartschaftszeit noch die Voraussetzungen nach § 142 Abs. 2 SGB III erfüllt. Die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist zwar überwiegend Beschäftigungen ausgeübt, die auf höchstens sechs Wochen befristet gewesen seien. Das Arbeitsentgelt, das sie innerhalb der letzten zwölf Monate erzielt habe, übersteige jedoch die Bezugsgröße von 32.340 Euro nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Die Klägerin habe bereits am 9. November 2012 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, welcher vollständig erfüllt und damit verbraucht sei. Die Klägerin habe deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Soweit es den abgelehnten Neufeststellungsantrag betraf, führte die Beklagte aus, der Bescheid vom 28. November 2012 sei bindend geworden, da nicht fristgerecht Widerspruch erhoben worden sei. Die Klägerin habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könne. Es ergäben sich auch keine neuen Erkenntnisse, die dafür sprächen, dass bei Erlass der angefochtenen Entscheidung das Recht nicht richtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Beklagte weise darauf hin, dass das Merkblatt für Arbeitslose "Ihre Rechte – Ihre Pflichten", dessen Erhalt und Kenntnisnahme die Klägerin mit ihrer Unterschrift im Antragsformular bestätigt habe, Erläuterungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und auch der "kurzen Anwartschaftszeit" enthalte.
Gegen beide Widerspruchsbescheide nebst den jeweiligen Ausgangsbescheiden hat die Klägerin am 31. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und ihr Widerspruchsbegehren auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 16. September 2013 unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide einschließlich der Bewilligungsbescheide ab 9. November 2012 im Rahmen des Neufeststellungsverfahrens wiederholt. Sie sei unter Berücksichtigung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte sie nicht bereits im Monat November 2012, sondern erstmals am 16. September 2013 die Gewährung von Arbeitslosengeld bei der Beklagten beantragt. Soweit die Beklagte sich auf das Merkblatt berufe, habe sie hierdurch nicht ihre sich aus den konkreten Anfragen der Klägerin ergebenden gesteigerten Beratungspflichten erfüllt. Wäre die Klägerin korrekt beraten worden, hätte sie im November 2012 keinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und auch in der Folge nicht den aus der Arbeitslosengeldgewährung vom 28. November 2012 resultierenden Restleistungsanspruch erschöpft, sondern hätte Arbeitslosengeld erstmals in einem Zeitpunkt beantragt, in welchem sie die volle Anwartschaftszeit erfüllte, nämlich am 16. September 2013.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass die Klägerin schon im Juli/August 2010 über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert gewesen sei. Weiterhin sei sie am 19. April 2013, 13. Juni 2013 und 18. Juni 2013 über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert worden. Am 19. April 2013 habe sie gegenüber dem Teamleiter erklärt, seine Ausführungen verstanden zu haben. Ein Beratungsfehler sei nicht erkennbar. Eine Beratung wie von der Klägerin gewünscht habe auch gar nicht stattfinden können, da in der Zukunft der Anspruch immer von der jeweiligen Rahmenfrist abhängig sei. Das bedeute, dass 360 Tage versicherungspflichtiger Beschäftigungszeit bei den ständigen Unterbrechungen der Arbeitszeiten nicht datenmäßig hätten erfasst werden können. Die Klägerin selbst hätte nachrechnen müssen, wann innerhalb der jeweiligen Rahmenfrist von zwei Jahren, über die sie bereits in 2010 informiert gewesen sei, 360 Tage Beschäftigungszeit vorgelegen hätten. Auch könne ein fehlender Hinweis – wobei dieses bestritten werde – auf die Höhe des Entgelts nicht dazu führen, dass im Zuge der Wiederherstellung ein Anspruch anerkannt werde, der nicht bestehe.
Das SG hat über die Klage am 13. September 2017 mündlich verhandelt, die vorübergehend getrennten Verfahren (S 44 AL 56/14 und 44 AL 254/17, Beschluss vom 18. Mai 2017) wieder zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem ursprünglichen alleinigen Aktenzeichen verbunden und die Klage mit Urteil vom selben Tag unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Widerspruchsbescheide vom 17. Januar 2014 abgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass insbesondere kein Anhaltspunkt für einen Beratungsfehler seitens der Beklagten bestehe. Zwar seien die Leistungsträger und damit auch die Beklagte gemäß § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verpflichtet, Leistungsempfänger über ihre Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch zu beraten. Aber vom Sozialleistungsträger könne trotz dieser umfassenden Beratungspflicht nicht verlangt werden, dass er auf alle denkbaren Möglichkeiten hinweise. Die sozialrechtliche Relevanz einer Frage müsse für den Sozialleistungsträger offen zutage liegen. Er müsse also nicht erahnen, ob ein bestimmter Bedarf bestehe oder eine besondere Interessenlage gegeben sein könnte. Auch eine vorherige Beratung könne Einfluss auf die Intensität der Beratung haben. Dies zu Grunde gelegt sei vorliegend zu berücksichtigen, dass die Entwicklung der Beschäftigungssituation der Klägerin hinsichtlich Anzahl und Dauer der Beschäftigungsverhältnisse, der Höhe des zu erzielenden Arbeitsentgelts und der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse nicht vorhersehbar gewesen sei. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, ob sich die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse so wie in der Vergangenheit entwickeln würde oder ob sich nicht der eine oder andere Auftrag zerschlagen würde. Schließlich habe die Klägerin auch einen Antrag auf Arbeitslosengeld mit dem Ziel gestellt gehabt, Arbeitslosengeld zu erhalten, sodass die Beklagte auch nicht ohne weiteres davon habe ausgehen können, dass die Klägerin einen Zeitraum von zehn Monaten ohne Lohnersatzleistungen habe überbrücken können und wollen. Entgegen der Annahme der Klägerin seien die Voraussetzungen für einen vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld auch noch nicht im Januar oder im März 2013 erfüllt gewesen. Insoweit sei kein Ansatz vorhanden gewesen, die Klägerin diesbezüglich zu beraten. Ebenso wenig sei die Einkommensentwicklung vorhersehbar gewesen, auch nicht das Überschreiten der Bezugsgröße, zumal die Klägerin in einem Beratungsgespräch vom 17. Oktober 2013 selbst der Auffassung gewesen sei, dass ihr Einkommen immer etwa gleich hoch gewesen sei. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin seit langem immer wieder im Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden habe, ihr die Möglichkeit der verkürzten Anwartschaftszeit aus früheren Beratungen bekannt und die Entwicklung der Beschäftigungs- und Einkommenssituation nicht vorhersehbar gewesen sei, habe die Beklagte sich vorliegend mangels konkreter Hinweise und Anhaltspunkte darauf beschränken dürfen, der Klägerin bei Antragstellung im November 2012 das Merkblatt 1 in der Fassung von April 2012 auszuhändigen, aus welchem sich auf Seite 25/26 konkrete Hinweise und Informationen für die Voraussetzungen der Erfüllung einer verkürzten Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III ergeben hätten. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zitierten Entscheidungen des BSG sowie des Hessischen LSG sprächen nicht gegen dieses Ergebnis. Denn sie seien mit der vorliegenden Fallkonstellation insoweit nicht vergleichbar, als es sich anders als im vorliegenden Fall jeweils um abgeschlossene Sachverhalte gehandelt habe, bei denen zum Sachverhalt keine Fragen offen geblieben seien. Selbst wenn man mit der Klägerin die Verletzung einer Beratungspflicht über die Entgeltgrenze gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV annehmen wollte, so bleibe fraglich, ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer unterstellten Verletzung der Beratungspflicht und dem der Klägerin entstandenen Nachteil bestehe. Da auch die Klägerin von einem gleich bleibenden Einkommen ausgegangen sei, hätte für sie kein Anlass bestanden, im November 2012 auf einer Arbeitslosengeldauszahlung zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt (hier: zehn Monate später) zu bestehen, da bei gleichbleibendem Verlauf erneut Aussicht bestanden habe, dass die verkürzte Anwartschaftszeit erfüllt würde. Bezüglich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin später am 19. April 2013 umfänglich über die verkürzte Anwartschaftszeit informiert worden sei, ohne dies zum Anlass genommen zu haben, sofort einen Überprüfungsantrag zu stellen, und schließlich davon ausgegangen sei, die Voraussetzungen für einen vollen Anspruch bereits im Januar oder März 2013 erfüllt zu haben, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.
Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 21. September 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Oktober 2017 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat zunächst im Wesentlichen ihren vorgerichtlichen und erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Dass die zukünftige Entwicklung ihrer Beschäftigungssituation nicht vorhersehbar gewesen sei, ändere nichts daran, dass die Beklagte in der Lage gewesen sei und auch gehalten gewesen wäre, die Klägerin allgemein darüber zu informieren, wie viele Tage mit einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis seinerzeit noch erforderlich gewesen seien, um die volle Anwartschaftszeit des § 142 Abs. 1 SGB III zu erfüllen, zumal sich die Klägerin gerade hiernach explizit erkundigt habe. Der bloße Hinweis auf ein ausgehändigtes Merkblatt reiche nicht, da konkreter Beratungsbedarf deutlich geworden sei. Jedenfalls habe Anlass bestanden, bei der Klägerin zumindest einmal nachzufragen, ob sie Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III in Anspruch nehmen wolle, zumal es auch in dem vom SG in Bezug genommenen Merkblatt heiße, dass der Arbeitslose Mitteilung machen solle, wenn er Arbeitslosengeld nach § 142 Abs. 2 SGB III in Anspruch nehmen wolle. Dies habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt getan. Die Beklagte habe ohne vorherige Rücksprache Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit bewilligt und auch auf ihre Rückfragen nach der Bewilligung nicht darauf hingewiesen, dass auch nach künftigen versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Umfang von mindestens 180 Tagen bei Überschreitung der Bezugsgröße als Entgeltgrenze kein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit entstehe. Ohne diesen doppelten Beratungsfehler hätte sie im November 2012 keinen Antrag auf die Gewährung von Arbeitslosengeld gestellt und den aus der Arbeitslosengeldbewilligung vom 28. November 2012 resultierenden Anspruch ausgeschöpft, sondern erstmals zum 16. September 2013. Nunmehr trägt die Klägerin vor, sie habe sich im August 2012 bei der Beklagten erkundigt, wann sie wieder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben werde. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie noch 66 Tage bis zur vollen Anwartschaft bräuchte. Ihr sei dann trotzdem Arbeitslosengeld für den verkürzten Anwartschaftszeitraum bewilligt worden, woraufhin sie bei der Leistungsabteilung angerufen und gesagt habe, sie bräuchte das Arbeitslosengeld eigentlich gar nicht mehr. Ihr sei daraufhin geantwortet worden: "Lassen sie es so, dann sind sie auch versichert und nach 180 Tagen haben sie sowieso wieder einen Anspruch." Die Klägerin erklärt weiter, für sie sei es damals eine finanziell schwierige Situation gewesen. Sie habe dringend Geld gebraucht, auch weil sich ihr Sohn im Studium befunden habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. September 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2014 zu verpflichten, ihre Bescheide vom 28. November 2012, vom 31. Januar 2013, vom 3. April 2013 in der Fassung vom 8. April 2013 und 3. Juni 2013 zurückzunehmen, sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. Oktober 2013 in der Fassung des Bescheides vom 14. Oktober 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2014 zu verurteilen, ihr – der Klägerin – unter Verrechnung des für den Zeitraum vom 9. November 2012 bis 6. Juni 2013 bereits geleisteten Arbeitslosengeldes Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 16. September 2013 mit einer Anspruchsdauer von sechs Monaten zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für überzeugend und nimmt mangels inhaltlich neuen Vortrags auf die dortigen Ausführungen Bezug.
Der Senat hat über die Berufung am 21. März 2018 mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des SG (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie der angefochtenen Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 17. Januar 2014 (§ 136 Abs. 3 SGG).
Am 16. September 2013 bestand kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nach §§ 137 ff. SGB III, weil die Klägerin nicht die Anwartschaftszeit nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 142 SGB III erfüllte.
Die besondere – verkürzte – Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 SGB III war nicht erfüllt, weil das in den letzten 12 Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt die zu dem Zeitpunkt maßgebliche Bezugsgröße überstieg (§ 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Hinter dieser Regelung steht die Überlegung des Gesetzgebers, dass das Privileg einer verminderten Anwartschaftszeit gegenüber der Versichertengemeinschaft nur gerechtfertigt sei, wenn die Betroffenen einen Lebensunterhalt, der dem Verdienst eines durchschnittlichen Arbeitnehmers entspreche, der hierfür 12 Monate durchgehend arbeite, nicht bereits durch ihren Verdienst in den ausgeübten Beschäftigungen erzielten (Brand in Brand, SGB III, 7. Aufl. 2015, § 142 Rn. 11 m.N.).
Die allgemeine Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 1 SGB III war nicht erfüllt, weil die Klägerin innerhalb der nach § 143 Abs. 2 SGB III begrenzten Rahmenfrist nicht mindestens 12 Monate, sondern nur 181 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte.
Die Begrenzung der Rahmenfrist durch den am 6. Juni 2013 erschöpften Arbeitslosengeldanspruch mit verkürzter Anwartschaftszeit, für den erstmals ab 9. November 2012 Leistungen bewilligt worden waren, kann nicht dadurch beseitigt werden, dass der Klägerin im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs der trotz jeweils bestandskräftiger Bescheidungen ihrer Arbeitslosengeldanträge vom 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 deren Widerruf ermöglichen würde (zu einer solchen Auslegung eines Neufeststellungsantrages ähnlich demjenigen der hiesigen Klägerin vgl. BSG, a.a.O.) bzw. – so der rechtliche Ansatz der Beteiligten und des SG – die Beklagte im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens nach § 44 SGB X verpflichtet wäre, ihre bestandskräftigen Arbeitslosengeldbewilligungen für Zeiträume zwischen dem 9. November 2012 und 6. Juni 2013 zurückzunehmen. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs liegen nicht vor.
Der richterrechtlich entwickelte Herstellungsanspruch hat nach der ständigen Rechtsprechung des BSG einen (im Wesentlichen dreigliedrigen) Tatbestand. Dieser fordert das Vorliegen einer Pflichtverletzung, die dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnen ist. Dadurch muss beim Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden eingetreten sein. Schließlich muss durch Vornahme einer Amtshandlung des Trägers der Zustand wiederhergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl. nur BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R, SozR 4-4300 § 124 Nr. 6).
Der Senat teilt die Überzeugung des SG, dass es vorliegend schon an einer Pflichtverletzung in Gestalt eines Beratungsfehlers fehlt. Die von der Klägerin vermisste Auskunft auf die Anzahl der noch fehlenden Tage an versicherungspflichtigen Beschäftigungen, um die allgemeine Anwartschaftszeit zu erfüllen, wurde ihr jedenfalls im Groben im Rahmen telefonischer Kontakte am 20. Juni und 29. August 2012 erteilt, ohne dass jene zu diesen Zeitpunkten den zur genaueren Prüfung empfohlenen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hätte, sodass sie zumindest ungefähr darüber im Bilde war, in welcher Größenordnung zu jenen Zeitpunkten noch versicherungspflichtige Beschäftigungen fehlten.
Der gleichfalls vermisste Hinweis auf die Entgeltgrenze in Höhe der Bezugsgröße nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III musste sich der Beklagten nicht aufdrängen, weil sie nach den Gesamtumständen davon ausgehen durfte, dass die Klägerin jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen wollte, auch wenn es sich um einen Anspruch mit verkürzter Anwartschaftszeit handelte. Hierfür sprachen insbesondere das bereits 2010 erfolgte diesbezügliche Auskunftsbegehren der Klägerin mit nachfolgenden Erläuterungen und die im Sommer 2012 mehrfach erfolgten Nachfragen, wann denn die Anwartschaftszeit wieder erfüllt sei. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte davon ausging, die Klägerin mit den bisherigen Auskünften und den sowohl im Rahmen der aktuellen als auch der früheren Arbeitslosigkeitszeiten ausgehändigten Merkblättern ausreichend informiert zu haben.
Aus demselben Grund ist der Beklagten auch nicht vorzuhalten, dass sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit ohne den sonst gewollten, aber nach den gesetzlichen Regelungen nicht erforderlichen besonderen Antrag der Klägerin vornahm, zumal die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag im Rahmen einer telefonischen Nachfrage nach der Arbeitslosengeldbewilligung vom 28. November 2012 nach § 142 Abs. 2 SGB III in Kenntnis dessen bewusst an ihrem Arbeitslosengeldantrag festhielt. Letztlich kann dies alles jedoch dahingestellt bleiben, weil der Senat sich jedenfalls nicht davon überzeugen kann, dass ein etwaiger Beratungsfehler der Beklagten kausal für den geltend gemachten sozialrechtlichen Nachteil bzw. Schaden geworden ist.
Es steht nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin sich für den Fall eines Hinweises auf die Anzahl der zur Erfüllung der allgemeinen Anwartschaftszeit noch fehlenden Tage mit versicherungspflichtiger Beschäftigung und auf die Entgeltgrenze nach § 142 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III am 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 nicht arbeitslos gemeldet und damit Arbeitslosengeld beantragt hätte, sondern dies erst zum 16. September 2013 getan hätte.
Dagegen sprechen zum einen die bereits genannten Umstände, nach denen die Beklagte davon ausgehen durfte, dass die einen sich in Ausbildung befindenden Sohn unterhaltende Klägerin jeweils zum frühestmöglichen Zeitpunkt Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen wollte. Hinzu kommt, dass die Klägerin tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem 24. November 2015 erneut Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit in Anspruch nahm, was dieses Bild bekräftigt. Auch nach den Beratungen im April 2013 hatte sie sich zunächst nicht gerührt, sondern erst, nachdem ihr Arbeitslosengeldantrag vom 16. September 2013 abgelehnt worden war, was deutlich dafür spricht, dass der Klägerin erst im Rückblick aufgegangen ist, dass unter dem Strich eine spätere Antragstellung – möglicherweise – vorteilhafter gewesen wäre, ohne dass damit festgestellt werden kann, dass sie dies in der Vergangenheit auch so gesehen hätte.
Dafür dass die Klägerin auch im Falle der von ihr für erforderlich gehaltenen Beratung durch die Beklagte nicht auf die Arbeitslosengeldanträge vom 6. November 2012, 8. Januar 2013, 7. März 2013 und 27. Mai 2013 verzichtet hätte, spricht, dass sie die künftige Entwicklung nicht voraussehen konnte. Weder wusste sie, wann sie die nächsten Beschäftigungen eingehen würde noch für welche Dauer. Schließlich ergibt sich aus ihrer Berufsbiografie, dass auch mehrfach beschäftigungslose Zeiten von mehr als 6 Monaten vorhanden waren. Damit war nicht absehbar, wann sie die allgemeine Anwartschaftszeit erfüllen würde und ob überhaupt. Es erscheint auch angesichts ihrer mehrfachen ungeduldigen Nachfragen im Sommer 2012 äußerst unwahrscheinlich, dass die Klägerin sich auf eine ungewisse Wartezeit ohne jeden Leistungsbezug eingelassen hätte, um eventuell zu einem späteren Zeitpunkt – der hier tatsächlich erst fast ein Jahr später eintrat und unter Umständen auch später oder gar nicht hätte eintreten können – einen lediglich 2 Monate längeren Arbeitslosengeldanspruch zum Entstehen bringen zu können. Auch dass ein künftiger Anspruch auf Arbeitslosengeld mit verkürzter Anwartschaftszeit an der Entgeltgrenze scheitern könnte, war für die Klägerin nicht absehbar, weil sie selbst von gleichbleibenden Verhältnissen ausging und dies zum maßgeblichen Zeitpunkt kein Hindernis war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved