L 4 AS 385/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 AS 944/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 385/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung des Beklagten an die Klägerin, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters zu beantragen.

Die am xxxxx 1952 geborene Klägerin stand beim Beklagten seit dem Jahr 2005 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Schreiben vom 7. Mai 2014 wies der Beklagte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 12a SGB II darauf hin, dass eine Verpflichtung bestehe, ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters auch vorzeitig in Anspruch zu nehmen, und bat die Klägerin um Anforderung einer Rentenauskunft. Aus der sodann von der Klägerin übersandten Rentenauskunft der späteren Beigeladenen, der D., vom 5. August 2013 ergab sich, dass die Klägerin mit Erreichen der Regelaltersgrenze am 22. November 2017 voraussichtlich eine monatliche Rente i.H.v. 681,98 Euro beziehen werde. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Regelaltersrente sei nicht möglich, wohl aber der Altersrente für langjährig Versicherte. Insoweit sei der frühestmögliche Rentenbeginn der 1. Juni 2015, dies bei einem Rentenabschlag von 9 %.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2014 forderte der Beklagte die Klägerin erstmals auf, umgehend eine vorzeitige Altersrente zu beantragen. Die zu beantragende Altersrente solle am 1. Juni 2015 beginnen. Auf den Widerspruch der Klägerin hob der Beklagte den Bescheid – "aus formalen Gründen", wie der Klägerin mitgeteilt wurde – auf (Abhilfebescheid vom 19.8.2014). Zugleich wies er die Klägerin darauf hin, dass eine Verpflichtung zur Rentenantragstellung mit Vollendung des 63. Lebensjahres bestehe.

Am 9. Oktober 2015 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung mit Gültigkeit bis zum 8. April 2016, in der sich der Beklagte u.a. verpflichtete, die Klägerin zu beraten, und die Klägerin, sich weiterhin um Arbeit zu bemühen. Im entsprechenden Termin bei der Arbeitsvermittlung berichtete die Klägerin, derzeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes als Betreuungskraft tätig zu sein. Im Vermerk des Arbeitsvermittlers heißt es, die Klägerin habe berichtet, dass sie inzwischen einen Anspruch auf Rente habe, diese jedoch nicht in Anspruch nehmen wolle, da ihr die Rente zu niedrig sei. Nach eigenen Angaben könne und wolle die Klägerin arbeiten. Ein Beschäftigungsverhältnis bestehe derzeit aber nicht. Die Klägerin sei auf ihre Pflicht hingewiesen worden, eine vorrangige Leistung zu beantragen, sie sehe dies jedoch nicht ein. Es sei eine neue Eingliederungsvereinbarung mit der Klägerin geschlossen worden. Weiter heißt es: "Aufgrund des Alters, des beruflichen Werdeganges und der Persönlichkeitsstruktur ist mit einer Integration nicht zu rechnen. Kd will nicht von der AV unterstützt werden ( ). Als gemeinsames Ziel wurde festgelegt: Aufnahme Tätigkeit jenseits 1. Arbeitsmarkt."

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 forderte der Beklagte die Klägerin erneut auf, eine geminderte Altersrente zu beantragen, dies bis spätestens zum 5. November 2015. Zur Begründung führte der Beklagte aus, eine geminderte Altersrente könne den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II verringern oder ganz ausschließen. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte sei er, der Beklagte, zu der Entscheidung gekommen, diese Aufforderung an die Klägerin zu stellen. Er sei gehalten, wirtschaftlich und sparsam zu handeln. Die Klägerin sei verpflichtet, ihre Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu verringern. Es seien keine Gründe ersichtlich, die gegen eine vorzeitige Beantragung sprechen würden.

Die Klägerin legte hiergegen am 23. Oktober 2015 Widerspruch ein und machte geltend, dass sie gerade noch mit dem Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen habe, deren Inhalt bis zum 8. April 2016 gültig sei. Der Arbeitsvermittler habe zugesagt zu prüfen, ob die Kosten einer Weiterbildung zur Betreuungskraft übernommen werden könnten. Sie würde gerne in diesem Bereich arbeiten. Zudem würde der Rentenanspruch durch die vorzeitige Inanspruchnahme gemindert. Sie hoffe, bei regulärer Inanspruchnahme der Regelaltersrente nicht auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angewiesen zu sein.

Nachdem die Klägerin der Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrags nicht fristgerecht nachgekommen war, stellte der Beklagte unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 SGB II am 9. November 2015 ersatzweise einen Rentenantrag für die Klägerin bei der Beigeladenen.

Ein beim Sozialgericht Hamburg am 12. November 2015 gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Aufforderung blieb ohne Erfolg (Beschluss des Sozialgerichts vom 7.12.2015 – S 35 AS 4315/15 ER).

Die Klägerin trug sodann im Widerspruchsverfahren weiter vor, die Verpflichtung des Beklagten, sie durch Eingliederungsleistungen zu unterstützen, stehe im Widerspruch zur Aufforderung, eine vorgezogene Altersrente zu beantragen. Würde der Beklagte seinen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nachkommen, wäre die Inanspruchnahme einer Rente voraussichtlich nicht erforderlich. Zudem solle die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB II bestimmen, welche vorrangigen Leistungen zu beantragen seien. Die Rentenantragstellung sei jedoch gerade nicht Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung geworden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2016, der Klägerin am 8. Februar 2016 zugegangen, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er habe sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere sei kein atypischer Fall festzustellen. Die Eingliederungsvereinbarung stehe nicht im Widerspruch zu der Aufforderung zur Rentenantragstellung, da die Klägerin auch bis zum Bezug der Altersrente ihre Hilfebedürftigkeit zu verringern und sich um Arbeit zu bemühen habe.

Am 8. März 2016 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Begehren, den Bescheid vom 19. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2016 aufzuheben.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe die Klägerin nach §§ 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II auffordern dürfen, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen, da die Rente geeignet sei, die Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu vermindern und die Verpflichtung zur Beantragung der Rente auch nicht ausnahmsweise unbillig sei. Die Klägerin habe bereits das 63. Lebensjahr vollendet. Es liege auch kein Ausnahmetatbestand nach der Verordnung zur Vermeidung unbilliger Härten durch Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente (UnbilligkeitsV) vor. Die UnbilligkeitsV regle abschließend die Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen Leistungsberechtigte nicht zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente verpflichtet seien. Ein Fall des § 2 UnbilligkeitsV liege nicht vor, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) habe. Die Klägerin könne auch nicht i.S.v. § 3 UnbilligkeitsV in nächster Zukunft die Altersrente abschlagsfrei in Anspruch nehmen. Mit der Wendung "in nächster Zukunft" solle nach dem Willen des Verordnungsgebers ein Zeitraum von längstens drei Monaten umschrieben sein, innerhalb dessen die individuelle Regelaltersgrenze für den Bezug einer Altersrente erreicht werden müsse. Eine Altersrente für langjährig Versicherte könne die Klägerin der Rentenauskunft vom 5. August 2013 zufolge abschlagsfrei jedoch erst zum 1. Dezember 2017 in Anspruch nehmen. Die Klägerin sei auch nicht etwa gem. §§ 4 und 5 UnbilligkeitsV deshalb von der Verpflichtung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente ausgeschlossen, weil sie derzeit erwerbstätig wäre oder die in nächster Zukunft bevorstehende Aufnahme einer Erwerbstätigkeit glaubhaft gemacht hätte. Die Klägerin habe zwar den Wunsch geäußert, in der Pflege tätig zu werden, weshalb sie sich in der Vergangenheit auch verstärkt um einen entsprechenden Platz im Bundesfreiwilligendienst bemüht habe. Die Anstrengungen seien jedoch bisher erfolglos geblieben. Einen konkreten Arbeitsplatz habe die Klägerin nicht in Aussicht. Auch sei nicht ersichtlich, dass hieran die von der Klägerin begehrte Weiterbildungsmaßnahme zur Betreuungskraft, deren Bewilligung der Beklagte zu prüfen in Aussicht gestellt habe, unmittelbar etwas ändern könnte. Eine bloß abstrakte, nicht völlig ausgeschlossene Möglichkeit, nochmals eine Arbeitsstelle zu finden, sei nicht ausreichend. Es lägen somit die Tatbestandsvoraussetzungen für die Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente vor. Die zu treffende Entscheidung stehe im Ermessen des Beklagten. Ermessensfehler seien aber nicht ersichtlich. Der Beklagte habe das ihm zustehende Ermessen erkannt und sich bei der Ausübung des Ermessens auch nicht von sachfremden, dem Gesetzeszweck nicht entsprechenden Erwägungen leiten lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entspreche es ohnehin dem Regelfall der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, wenn das Jobcenter einen Leistungsberechtigten auffordere, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.8.2015 – B 14 AS 1/15 R). Etwas anderes gelte nur dann, wenn ein vom Normalfall abweichender, sog. atypischer Fall vorliege. Dies sei anzunehmen, wenn die erzwungene Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente mit einem außergewöhnlichen Nachteil für den Leistungsberechtigten verbunden sei, welcher ihm ein deutlich größeres Opfer abverlange, als die mit der vorzeitigen Inanspruchnahme stets verbundenen Nachteile der Rentenminderung. Dass derlei Voraussetzungen vorlägen, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch sei der Umstand, dass vor der Aufforderung zur Rentenantragstellung noch eine Eingliederungsvereinbarung mit einer Gültigkeit bis zum 8. April 2016 geschlossen worden sei und der Arbeitsvermittler in Aussicht gestellt habe zu prüfen, ob ein Bildungsgutschein über eine Weiterbildung als Betreuungskraft ausgestellt werden könne, bei der Abwägung nicht zwingend zu berücksichtigen. Für die Dauer des Rentenantragsverfahrens habe die Klägerin ohnehin als Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit voll auszuschöpfen. Auch der Beklagte sei zur Vermittlung der Klägerin auf den ersten Arbeitsmarkt bis zur Rente verpflichtet. Gem. § 3 Abs. 2a SGB II (in der bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung) bestehe die Pflicht des Beklagten, erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, unverzüglich in Arbeit zu vermitteln. Dies gebe der Klägerin gerade die Chance, bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens die Voraussetzungen der §§ 4 und 5 UnbilligkeitsV zu erfüllen und eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine Aussicht auf eine solche zu erlangen. Soweit die Klägerin geltend mache, dass die Vermittlungsbemühungen tatsächlich mit der Aufforderung zur Rente eingestellt worden seien, möge dies zur Verletzung der Pflichten des Beklagten aus der Eingliederungsvereinbarung bzw. den gesetzlichen Vorschriften führen. Es sei jedoch schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin neben der beantragten Weiterbildung tatsächlich beim Beklagten weitere Eingliederungsleistungen eingefordert habe. Insoweit habe es daher auch keiner weiteren Beachtung im Rahmen der Ermessensausübung bedurft. Ein atypischer Fall ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass in der Eingliederungsvereinbarung nicht die Verpflichtung der Klägerin aufgenommen worden sei, eine Altersrente zu beantragen. Denn dies sei ohnehin kein zulässiger Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung. Die Beantragung unterhaltssichernder Leistungen Dritter, insbesondere anderer Sozialleistungsträger, solle nach der systematischen Stellung des § 15 SGB II in Kapitel 3 Abschnitt 1 SGB II und nach seiner Zielsetzung gerade nicht Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung sein können. Ungeachtet dessen würde der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, in der die Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente nicht enthalten sei, aber einer Aufforderung nach § 5 Abs. 3 SGB II ohnehin nicht entgegenstehen. Letztlich sei auch die Länge der der Klägerin gesetzten Frist zur Antragstellung angemessen. Der Klägerin seien nach üblicher Postlaufzeit von der Kenntnisnahme des Schreibens bis zum Ablauf der Frist zwei Wochen zur Beantragung der Altersrente geblieben. Da die Klägerin bereits ein Jahr zuvor zur Beantragung der Altersrente aufgefordert worden sei und der Beklagte mit der seinerzeitigen Abhilfe des Widerspruchs zugleich deutlich gemacht habe, an seiner Auffassung in der Sache festzuhalten, sei die Aufforderung des Beklagten auch nicht überraschend gekommen. Das Abwarten der Widerspruchsfrist sei nicht erforderlich gewesen, da der Widerspruch gemäß § 39 Nr. 3 SGB II ohnehin keine aufschiebende Wirkung habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 25. Oktober 2016 zugestellte Urteil am 28. Oktober 2016 Berufung eingelegt.

Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass die Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht mit den Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung zu vereinbaren gewesen sei. Die Aufforderung verstoße gegen die Verpflichtung des Beklagten, sie, die Klägerin, einzugliedern. Eine Vereinbarung, die auf Eingliederung in Arbeit gerichtet sei und eine Aufforderung zur Rentenantragstellung, die auf eine Rente für gleiche Zeiträume gerichtet sei, stünden im Widerspruch zueinander. Es sei ihr keine ernsthafte Chance eingeräumt worden, bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens die Voraussetzungen der §§ 4 oder 5 UnbilligkeitsV zu erfüllen. Sie habe sich gegen die Aufforderung zur Rentenantragstellung und die Ablehnung einer Weiterbildung zur Wehr gesetzt. Anders als das Sozialgericht meine, konkretisiere die Eingliederungsvereinbarung ihre Verpflichtung, an ihrer Eingliederung mitzuwirken. Die Rentenantragstellung begründe eine hiervon abweichende zusätzliche Pflicht, die nur unter Lösung von der Eingliederungsvereinbarung begründet werden könne. Da, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt habe, eine Eingliederungsvereinbarung nach der Systematik nicht auf eine Ausgliederung durch Rentenbezug abzielen könne, müsse die Eingliederungsvereinbarung beachtet werden, weil die Eingliederung zwischen den Parteien abgemacht gewesen sei. Die Berufung ziele darauf ab, "die Klägerin in den Januar 2017 zu retten", wenn die neue UnbilligkeitsV wirksam werde, die eine Aufforderung auch ausschließe, wenn die Rente nicht bedarfsdeckend sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2016 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2016 hat die Beigeladene der Klägerin eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Rentenbeginn am 1. November 2015 bewilligt. Bis Ende Februar 2017 hat die Klägerin noch Leistungen vom Beklagten bezogen. Die Rentenzahlung ist erstmals zum 1. März 2017 erfolgt. Die Rentenhöhe betrug zunächst 687,17 Euro brutto, nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich ein Nettozahlbetrag von 610,90 Euro. Ab 1. März 2018 ergibt sich ein Zahlbetrag von 623,23 Euro. Nach telefonischer Auskunft der Beigeladenen hätte die Höhe der abschlagsfreien Altersrente (vor Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) ab 1. Juli 2017 757,04 Euro und ab 1. März 2018 781,44 Euro betragen (vgl. dazu auch die Anlage "Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte" zum Rentenbescheid vom 16.12.2016). Ergänzend zur Altersrente bezieht die Klägerin seit März 2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), gegenwärtig i.H.v. 176,99 Euro (Leistungsbescheid vom 15.5.2018).

Die Klägerin hat am 2. März 2017 Widerspruch gegen den Rentenbescheid eingelegt. Das Widerspruchsverfahren ist bis zur Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ruhend gestellt worden.

Mit Beschluss vom 26. April 2018 hat der Senat die D. nach § 75 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Aufforderung an die Klägerin zur Rentenantragstellung rechtmäßig ist.

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind das Urteil des Sozialgerichts vom 17. Oktober 2016 sowie der Bescheid des Beklagten vom 19. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2016, durch den die Klägerin zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente aufgefordert worden ist.

2. Die Klage ist als reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft, da es sich bei der Aufforderung, vorzeitig eine Altersrente zu beantragen, um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handelt (BSG, Urteil vom 19.8.2015, a.a.O.). Die Aufforderung des Beklagten hat sich auch nicht i.S.v. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt, sodass die Anfechtungsklage weiter zulässig bleibt. Denn gegen den auf Antrag des Beklagten ergangenen Rentenbescheid vom 16. Dezember 2016 hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Ist aber das Rentenverfahren noch nicht bestandskräftig abgeschlossen, begründet und erhält die angefochtene Aufforderung die Verfahrensführungsbefugnis des beklagten SGB II-Trägers für den Leistungsberechtigten im Rentenverfahren (vgl. BSG, Urteil vom 15.8.2015, a.a.O., vom 9.3.2016 – B 14 AS 3/15 R und vom 23.6.2016 – B 14 AS 46/15 R).

3. Die D. ist nach § 75 Abs. 1 SGG (einfach) beigeladen worden; einer echten notwendigen Beiladung gem. § 75 Abs. 2, 1. Alt. SGG bedurfte es nicht, weil durch die Entscheidung des Rechtsstreits über die Aufforderung der Klägerin durch den Beklagten zur Rentenantragstellung nicht gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte der D. gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.8.2015, a.a.O.).

4. Rechtsgrundlage der angefochtenen Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente ist § 12a i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II (jeweils in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011). Gem. § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet, bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen (§ 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II). Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II gilt: Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen.

a. In formeller Hinsicht ist die Aufforderung vom 19. Oktober 2015 nicht zu bemängeln; ein etwaiger Anhörungsmangel (§ 24 SGB X) wäre durch das Widerspruchsverfahren geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X).

b. Die Aufforderung erweist sich auch als materiell rechtmäßig.

Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer solchen Aufforderung ist zum einen die Verpflichtung des Leistungsberechtigten nach § 12a SGB II, eine vorrangige Leistung zu beantragen und in Anspruch zu nehmen, und zum anderen die fehlerfreie Ermessensentscheidung des Leistungsträgers nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II, den Leistungsberechtigten zur Antragstellung aufzufordern (BSG, Urteil vom 19.8.2015, a.a.O.).

Die Klägerin konnte eine vorzeitige Altersrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen. § 12a Satz 1 Nr. 2 SGB II nimmt Bezug auf die in § 33 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) genannten Altersrenten, zu denen auch die Altersrente für langjährig Versicherte nach §§ 33 Abs. 2 Nr. 2, 36 SGB VI zählt (Radüge, in: juris-PK-SGB II, Stand: 10.10.2016, § 12a Rn. 26). Nach § 36 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie das 67. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

Die Klägerin war auch verpflichtet, die vorzeitige Altersrente bei der Beigeladenen zu beantragen und in Anspruch zu nehmen.

Dem steht zunächst nicht die sog. 58er-Regelung aus § 65 Abs. 4 Satz 3 SGB II i.V.m. § 428 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 SGB III entgegen. Diese schützt den von ihr erfassten Personenkreis vor der Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente mit Abschlägen in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin fällt jedoch nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der Regelung, weil sie erst nach dem 1. Januar 2008 das 58. Lebensjahr vollendet hat (vgl. § 65 Abs. 4 Satz 2 SGB II).

Die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente für langjährig Versicherte würde vorliegend auch die Hilfebedürftigkeit der Klägerin beseitigen. Der Umstand, dass die Klägerin neben ihrer Rente zusätzlich auf Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII angewiesen ist, ändert nichts daran, dass sie mit dem Bezug der vorzeitigen Altersrente gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen nach dem SGB II nicht erhält, wer Rente wegen Alters bezieht, aus dem Leistungssystem des SGB II ausscheidet. Allein dies ist entscheidend (vgl. BSG, Urteile vom 19.8.2015, vom 9.3.2016 und vom 23.6.2016, jeweils a.a.O.).

Die Erforderlichkeit einer Antragstellung durch die Klägerin folgt aus § 99 Abs. 1 SGB VI, wonach Renten aus eigener Versicherung nur auf Antrag geleistet werden.

Die vom Beklagten eingeräumte Länge der Frist zur Stellung des Rentenantrags bis zum 5. November 2015 unterliegt aus den vom Sozialgericht genannten Gründen keinen Bedenken.

Ein Ausnahmetatbestand von der Verpflichtung der Klägerin nach § 12a Satz 1 SGB II zur Beantragung und Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente nach der UnbilligkeitsV liegt nicht vor.

Die aufgrund von § 13 Abs. 2 SGB II erlassene UnbilligkeitsV vom 14. April 2008 (BGBl. I 2008, 734) schränkt die Möglichkeiten des SGB II-Trägers, den Leistungsberechtigten auf die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zu verweisen, ein. § 13 Abs. 2 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und für welche Dauer Leistungsberechtigte nach Vollendung des 63. Lebensjahres ausnahmsweise zur Vermeidung von Unbilligkeiten nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 16/7460, S. 12) soll das in der Verordnungsermächtigung zum Ausdruck gebrachte Regel-Ausnahme-Verhältnis verdeutlichen, dass die Verordnung lediglich eng umgrenzte Fälle bestimmen soll, in denen die Verpflichtung, eine vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen, unbillig wäre. Mit der Verordnungsermächtigung sei im Übrigen beabsichtigt, auf Erfahrungen und Erkenntnisse der Praxis flexibel reagieren und möglichen Fehlentwicklungen entgegenwirken zu können.

Nach Auffassung des BSG (Urteil vom 19.8.2015, a.a.O.), welcher der Senat hier folgt, statuiert § 1 UnbilligkeitsV, wonach Hilfebedürftige nach Vollendung des 63. Lebensjahres nicht verpflichtet sind, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen, wenn die Inanspruchnahme unbillig wäre, keinen allgemeinen, offenen Ausnahmetatbestand der "Unbilligkeit", sondern dient nur als Einleitung für die dann in den §§ 2 bis 5 UnbilligkeitsV (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung) aufgeführten Fälle, in denen eine Unbilligkeit anzuerkennen ist (so auch K.-J. Bieback, in: jurisPR-SozR 6/2016, Anm. 3). Eine allgemeine Öffnungsklausel würde zum einen dem gesetzgeberischen Ansatz widersprechen, den Verordnungsgeber zur Regelung eng umgrenzter Fälle zu ermächtigen; zum anderen bedarf es ihrer auch deshalb nicht, weil unzumutbaren besonderen Härten, die von der UnbilligkeitsV nicht erfasst werden, im Rahmen der Ermessensausübung begegnet werden kann (vgl. BSG, a.a.O.).

Der Katalog der Unbilligkeitsgründe aus der Verordnung ist daher abschließend (BSG, Urteil vom 19.8.2015, a.a.O., m.w.N. auch zur Gegenauffassung von Geiger, in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 12a Rn. 6 – nicht mehr beibehalten in der 6. Aufl. 2017, Rn. 12 – und Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Juni 2015, § 13 Rn. 397, ebenfalls nicht mehr beibehalten zum Bearbeitungsstand April 2017, Rn. 471).

Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist, dargelegt, dass vorliegend keiner der in den §§ 2 bis 5 UnbilligkeitsV geregelten Fälle vorliegt.

Hingegen ist der durch die Erste Verordnung zur Änderung der UnbilligkeitsV vom 4. Oktober 2016 (BGBl. I 2016, 2210) mit Wirkung vom 1. Januar 2017 unter der Überschrift "Hilfebedürftigkeit im Alter" neu gefasste § 6 UnbilligkeitsV auf den Fall der Klägerin nicht anzuwenden. Die Neuregelung sieht vor, dass die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente immer dann unbillig ist, wenn dadurch Hilfsbedürftigkeit nach dem Vierten Kapitel des SGB XII eintreten würde, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn der Betrag in Höhe von 70 % der bei Erreichen der Altersgrenze nach § 7a SGB II zu erwartenden monatlichen Regelaltersrente niedriger ist, als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf nach dem SGB II.

Eine Anwendung des § 6 UnbilligkeitsV scheitert daran, dass es sich vorliegend um eine reine Anfechtungsklage handelt, bei der die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also dem 3. Februar 2016, zugrunde zu legen ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rn. 33). Die Aufforderung des Beklagten, die Rente vorzeitig zu beantragen, ist auch kein belastender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, für dessen Rechtmäßigkeit es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankäme (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 33a). Ein Dauerverwaltungsakt liegt nur vor, wenn sich seine rechtliche Wirkung über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse Dauer erstreckt (BSG, Urteil vom 29.6.1994 – 1 RK 45/93; Urteil vom 4.9.2013 – B 10 EG 11/12 R; Keller, a.a.O. und Anhang § 54 Rn. 5c). Der vorliegende Bescheid des Beklagten erschöpft seine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen jedoch allein in der Aufforderung, einen Rentenantrag zu stellen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.7.2017 – L 18 AS 2695/16; ebenso gegen eine Anwendung des § 6 UnbilligkeitsV bei vor dem 1.1.2017 abgeschlossenen Vorverfahren gegen die Aufforderung: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.4.2017 – L 5 AS 340/16 B ER; BayLSG, Beschluss vom 21.11.2016 – L 11 AS 721/16 B ER).

Die Aufforderung an Leistungsberechtigte zur Beantragung einer vorrangigen Leistung, wie hier der vorzeitigen Altersrente, steht im Ermessen des SGB II-Leistungsträgers (BSG, Urteil vom 19.8.2015, a.a.O.). Die Ermessensausübung ist gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (BSG a.a.O.: "Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle"). Die Entscheidung, ob eine Aufforderung ergehen soll, wird zunächst geleitet von dem Grundsatz der gesetzlichen Verpflichtung des Leistungsberechtigten nach § 12a SGB II zur Realisierung vorrangiger Sozialleistungen. Es entspricht daher pflichtgemäßem Ermessen des Leistungsträgers, im Regelfall von der Ermächtigung zur Aufforderung zur Antragstellung Gebrauch zu machen. Relevante Gesichtspunkte, um von einer Aufforderung abzusehen, können daher nur solche sein, die einen atypischen Fall begründen. Dies kommt nur bei besonderen Härten im Einzelfall in Betracht, die unter keinen Unbilligkeitstatbestand i.S.d. UnbilligkeitsV fallen, aber die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente aufgrund außergewöhnlicher Umstände als unzumutbar erscheinen lassen (BSG, a.a.O.).

Insoweit hat der Beklagte zunächst sein Entschließungsermessen erkannt, wie sich bereits aus der Begründung der Aufforderung vom 19. Oktober 2015 ergibt, wonach er seine Entscheidung nach "Abwägung aller Gesichtspunkte" des Einzelfalles getroffen hat, die sodann im Einzelnen dargelegt werden. Im Widerspruchsbescheid hat sich der Beklagte überdies mit der Bedeutung der Eingliederungsvereinbarung für die Aufforderung zur Rentenantragstellung auseinandergesetzt.

Ermessenfehler sind nicht erkennbar. Insbesondere folgen aus dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit der Klägerin am 9. Oktober 2015 keine atypischen Umstände. Das Sozialgericht hat richtig und mit überzeugender Begründung, die sich der Senat zu eigen macht, erkannt, dass die Aufforderung zur Rentenantragstellung nicht im Widerspruch zur kurz zuvor abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung stand, da die Klägerin während der – ungewissen – Dauer des Rentenverfahrens weiter alle Möglichkeiten zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen hatte und der Beklagte zur Vermittlung der Klägerin auf den ersten Arbeitsmarkt verpflichtet blieb, selbst wenn entsprechende Bemühungen praktisch unterblieben worden sein sollten. Letzteres wäre nur für die Frage der Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung bedeutsam gewesen, hätte aber nicht dazu führen können, dass im Falle der Klägerin von der Aufforderung zum Rentenantrag abzusehen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sei nur ergänzend – und ohne dass es darauf ankäme – darauf hingewiesen, dass die Klägerin jedenfalls ausweislich des Beratungsvermerkes über das Gespräch mit dem Arbeitsvermittler am 9. Oktober 2015 geäußert hatte, nicht von der Arbeitsvermittlung unterstützt werden zu wollen.

Ebenso richtig ist der Hinweis des Sozialgerichts, dass die Pflicht zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente in der Eingliederungsvereinbarung schon gar nicht hätte geregelt werden können, weil es sich dabei um einen unzulässigen Vertragsgegenstand gehandelt hätte. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II (in der bis zum 31.7.2017 geltenden Fassung) soll zwar die Eingliederungsvereinbarung "insbesondere bestimmen, welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben". Die Vorschrift bezieht sich aber allein auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, während die Beantragung unterhaltssichernder Leistungen Dritter nicht Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung sein soll (Müller, in: Hauck/Noftz, a.a.O., Stand: Juli 2012, § 15 Rn. 41, 57; s. auch BSG, Urteil vom 2.4.2014 – B 4 AS 26/13 R).

Zu darüber hinaus gehenden Ermessenserwägungen musste sich der Beklagte nicht veranlasst sehen, weil weitere Anhaltspunkte für atypische Umstände fehlen, die ein Abweichen vom gesetzlichen Regelfall nahe gelegt hätten. Insbesondere sind weder die isolierte Betrachtung der Höhe des Leistungsanspruchs nach dem SGB II oder dem SGB XII noch die Höhe der vorrangigen Sozialleistung geeignet, eine Unzumutbarkeit ihrer Inanspruchnahme aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu begründen (BSG, Urteil vom 15.8.2015, a.a.O.), zumal hier auch die abschlagsfreie Rente den Bedarf der Klägerin (gegenwärtig 800,22 Euro) nicht hätte decken können. Die aus der Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente resultierenden dauerhaften Rentenabschläge und die damit einhergehenden geringeren Rentenerhöhungen hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, sie können daher keine außergewöhnliche Härte begründen (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

III. Ein Grund, gem. § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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