Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 371/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 163/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer unter Zuerkennung des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und in Äthiopien geboren. Seit dem Jahr 1984 hat er ausweislich der in den Verwaltungsakten dokumentierten Datenlage der Beklagten rentenrechtliche Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt unter der Versicherungsnummer xxxx1063xxxx.
Am 10. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Änderung seiner Versicherungsnummer durch Änderung des Geburtsdatums auf den xx. Oktober 1951. Er legte einen Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 14. August 2013 vor, wonach u.a. aufgrund rechtsmedizinischer Gutachten feststehe, dass der Kläger nicht am xx. Oktober 1963 geboren sei. Im Ergebnis sei ein wahrscheinlicher Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955 ermittelt worden. Eine genaue Sachaufklärung sei nicht mehr möglich, daher sei das Geburtsdatum mit dem xx. Oktober 1951 auf den Mittelwert des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums Düsseldorf festgelegt worden. Außerdem legte der Kläger seinen Personalausweis (ausgestellt am 25. November 2013) und eine Eheurkunde (ausgestellt am 21. November 2013) über die Eheschließung am 19. September 1988 vor. Sie enthalten jeweils das Geburtsdatum xx. Oktober 1951 für den Kläger.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2014 ab. Für die gesetzliche Rentenversicherung sei gem. § 33a SGB I das Geburtsdatum maßgebend, dass sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber dem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur abgewichen werden, wenn festgestellt wird, dass ein Schreibfehler vorliegt oder wenn sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Den hiergegen am 9. April 2014 eingegangen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass nach intensiver gesundheitlich Untersuchung und Begutachtung das Geburtsdatum durch das zuständige Gericht in Frankfurt a.M. berichtigt worden sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 zurück. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berichtigung des für ihn verwendeten Geburtsdatums oder Neuvergabe seiner Versicherungsnummer. Die Voraussetzungen des § 33 a Sozialgesetzbuch I (SGB I) lägen nicht vor. Ein rechtsmedizinisches Gutachten über ein mutmaßliches Lebensalter sei vom Gesetzgeber ganz bewusst nicht als geeignetes Beweismittel zum Nachweis für das Vorliegen eines unrichtigen Geburtsdatums zugelassen worden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 11. August 2014 Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Er verfolgt sein Begehren auf Änderung der Versicherungsnummer weiter und trägt vor, in Äthiopien seien bis vor kurzem keine Geburtsurkunden erstellt worden. Erst im Jahre 1999 sei für ihn eine Geburtsurkunde mit dem Datum xx. Oktober 1946 erstellt worden und seitens des Sozialgerichts in Äthiopien bescheinigt worden. In seiner ursprünglichen Heiratsurkunde und im Familienbuch sei noch 1963 als Geburtsdatum eingetragen. Bei Angabe seines Geburtsdatums im Jahre 1983 habe er den genauen Unterschied zwischen dem julianischen und dem gregorianischen Kalender nicht gekannt und daher aufgrund einer falschen Umrechnung sein Geburtsdatum anstatt mit dem xx. Oktober 1946 mit dem xx. Oktober 1963 angegeben. Er sei damals der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Auch habe der Kläger die Angaben nur gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt gemacht. Es fehle daher an einer Angabe gegenüber der Beklagten als Sozialleistungsträger.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 1. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer unter Zugrundelegung des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf Bitten des Gerichts hat die Beklagte im Verfahren das Muster eines Sozialversicherungsausweises vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidungsgründe ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da der vorliegende Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden durch Schreiben vom 16. September 2015 (zugestellt jeweils am 8. Oktober 2015) zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer auf der Grundlage des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich nach der Vorschrift des § 33a des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I). Die Vorschrift lautet:
Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt (Abs. 1).
Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum darf nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt oder 2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Abs. 2).
Die Absätze 1 und 2 gelten für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend (Abs. 3).
Maßgebend für die für den Kläger bei der Beklagten geführten Versicherungsnummer ist folglich das Geburtsdatum, das sich aus seiner ersten Angabe gegenüber einem Sozialleistungsträger oder einem Arbeitgeber ergibt. Eine Ausnahme kommt nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 2 in Betracht. Dies ist nur dann der Fall, wenn festgestellt wird, dass ein Schreibfehler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Eine Berücksichtigung von Korrekturen, die zeitlich nach der erstmaligen Angabe stattgefunden haben, ist nicht möglich. § 33a SGB I gilt für alle Bereiche des SGB, ohne dass in den besonderen Teilen davon abgewichen werden darf (vgl. § 37 SGB I). Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut unterschiedslos auf alle Korrekturen durch in- und ausländische Behörden anzuwenden (vgl. hierzu Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Februar 2010, Az.: L 2 R 362/09, Juris).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts keinen Anspruch auf die Änderung seiner Versicherungsnummer auf der Grundlage des von ihm behaupteten Geburtsdatums xx. Oktober 1951.
Die Argumentation des Klägers, dass er gegenüber den Sozialversicherungsträgern niemals eine Angabe zu seinem Geburtsdatum gemacht habe, sondern lediglich gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt ist nicht überzeugend. Der Kläger muss sich die dort gemachten Angaben als auch gegenüber den Sozialleistungsträgern gemacht zurechnen lassen. Der Kläger hat das Geburtsdatum xx. Oktober 1963 nämlich offenbar gegenüber der Arbeitsverwaltung und seinen Arbeitgebern langjährig ohne Beanstandung geführt. Wie sich aus dem ausgedruckten Datensatz der Beklagten in den Verwaltungsakten ersehen lässt, war der Kläger zunächst ab März 1984 und in späteren Jahren immer wieder im Leistungsbezug bei Arbeitslosigkeit und ab 1991 auch immer wieder langjährig in einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Arbeitsverwaltung hat dem Kläger folglich unter diesem Geburtsdatum Leistungen gewährt und für ihn rentenrechtliche Zeiten gemeldet. Die Arbeitgeber haben den Kläger ebenfalls unter dem von der Beklagten verwendeten Geburtsdatum geführt und für ihn Sozialversicherungsbeträge und insbesondere Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Die unbeanstandete Benutzung des Geburtsdatums steht im Rahmen des § 33a SGB I der Angabe gleich. Dem Kläger muss im Übrigen bewusst gewesen sein, dass beim Bezug von Leistungen der Arbeitsverwaltung und bei Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Arbeit er mit dem von allen Beteiligten benutzten Geburtsdatum auch bei der Beklagten geführt wird.
Das von der Beklagten zugrunde gelegte Geburtsdatum ergibt sich im Übrigen auch für den Unkundigen darüber hinaus aus dem von der Beklagten ausgestellten Sozialversicherungsausweisen, den die Kammer als Muster von der Beklagten angefordert hat. Einen solchen hat der Kläger laut Datenlage der Beklagten 1995 und 1998 erhalten. Dort wird ausdrücklich gefragt, ob das Geburtsdatum in der Versicherungsnummer enthalten ist und gegebenenfalls um Fehlermeldung gebeten. Der Kläger kann sich nach alledem nicht darauf berufen, dass er den Sozialversicherungsträgern gegenüber bis zu seinem Antrag auf Änderung der Versicherungsnummer im Dezember 2013 noch gar keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht habe.
Ein Schreibfehler oder ein reiner, offensichtlicher Rechenfehler liegt nicht vor. Der Vortrag des Klägers er habe sein Geburtsdatum versehentlich mit dem xx. Oktober 1963 angegeben, weil er sich bei der Umrechnung verrechnet habe, überzeugt nicht. Die Differenz zwischen dem äthiopischen und abendländischen Kalender beträgt etwa 7 Jahre und 8 Monate, d.h. der xx. Oktober 1946 (äthiopische Zeitrechnung) hätte den xx. Juni 1954 (abendländische Zeitrechnung) ergeben (vgl. hierzu den Kalenderrechner im Internet http://www.nabkal.de/kalrech8.html, recherchiert am 26. April 2016). Sollte der Kläger eine Umrechnung 1983 tatsächlich auf der Grundlage des Geburtsdatums xx. Oktober 1946 - das nach seinem Vortrag erst 1999 bei Erstellung einer äthiopischen Geburtsurkunde bescheinigt wurde - versucht haben, so kann dieser Rechenfehler (gleicher Geburtstag und -monat aber 17 Jahre später) jedenfalls vom Gericht in keinster Weise nachvollzogen werden.
Der Kläger kann keinerlei Dokumente vorlegen, die vor der Erteilung seiner jetzigen Versicherungsnummer im Jahre 1984 ausgestellt worden sind. Der Personalausweis wurde ausgestellt am 25. November 2013, die Eheurkunde mit Eheschließungsdatum am 19. September 1988 am 21. November 2013. Der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt a.M. trägt das Datum vom 14. August 2013. Die Originalheiratsurkunde von 1988 und das Familienbuch des Klägers enthalten nach eigener Aussage der Klägerseite noch das Geburtsdatum 1963.
In Übrigen würden die vom Kläger vorgelegten Urkunden im Rahmen der Beweiswürdigung nicht genügen, um einen Nachweis über das von ihm gewünschte Geburtsdatum zu führen. Selbst dann, wenn sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Abgabe im Sinne des § 33a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt, ist nämlich nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden ist, ob aus einer älteren Urkunde nunmehr ein anderes Geburtsdatum abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 9/01 R, Juris). Für den Vollbeweis ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, wonach kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen des strittigen Tatbestandsmerkmales zweifelt, erforderlich. Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 14. August 2013 Ergebnis der dort durchgeführten Beweiswürdigung unter Berücksichtigung mehrerer medizinischer Gutachten, Zeugenaussagen und Urkunden lediglich war, dass ein wahrscheinlicher Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955 ermittelt wurde. Das Gericht hatte daraufhin das Geburtsdatum auf den Mittelwert des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums Düsseldorf festgelegt. Damit fehlt aber ein Vollbeweis für das tatsächliche Geburtsdatum weiterhin völlig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer unter Zuerkennung des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und in Äthiopien geboren. Seit dem Jahr 1984 hat er ausweislich der in den Verwaltungsakten dokumentierten Datenlage der Beklagten rentenrechtliche Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt unter der Versicherungsnummer xxxx1063xxxx.
Am 10. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Änderung seiner Versicherungsnummer durch Änderung des Geburtsdatums auf den xx. Oktober 1951. Er legte einen Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 14. August 2013 vor, wonach u.a. aufgrund rechtsmedizinischer Gutachten feststehe, dass der Kläger nicht am xx. Oktober 1963 geboren sei. Im Ergebnis sei ein wahrscheinlicher Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955 ermittelt worden. Eine genaue Sachaufklärung sei nicht mehr möglich, daher sei das Geburtsdatum mit dem xx. Oktober 1951 auf den Mittelwert des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums Düsseldorf festgelegt worden. Außerdem legte der Kläger seinen Personalausweis (ausgestellt am 25. November 2013) und eine Eheurkunde (ausgestellt am 21. November 2013) über die Eheschließung am 19. September 1988 vor. Sie enthalten jeweils das Geburtsdatum xx. Oktober 1951 für den Kläger.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. April 2014 ab. Für die gesetzliche Rentenversicherung sei gem. § 33a SGB I das Geburtsdatum maßgebend, dass sich aus der ersten Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber dem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur abgewichen werden, wenn festgestellt wird, dass ein Schreibfehler vorliegt oder wenn sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Den hiergegen am 9. April 2014 eingegangen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass nach intensiver gesundheitlich Untersuchung und Begutachtung das Geburtsdatum durch das zuständige Gericht in Frankfurt a.M. berichtigt worden sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 zurück. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berichtigung des für ihn verwendeten Geburtsdatums oder Neuvergabe seiner Versicherungsnummer. Die Voraussetzungen des § 33 a Sozialgesetzbuch I (SGB I) lägen nicht vor. Ein rechtsmedizinisches Gutachten über ein mutmaßliches Lebensalter sei vom Gesetzgeber ganz bewusst nicht als geeignetes Beweismittel zum Nachweis für das Vorliegen eines unrichtigen Geburtsdatums zugelassen worden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 11. August 2014 Klage vor dem Sozialgericht erhoben. Er verfolgt sein Begehren auf Änderung der Versicherungsnummer weiter und trägt vor, in Äthiopien seien bis vor kurzem keine Geburtsurkunden erstellt worden. Erst im Jahre 1999 sei für ihn eine Geburtsurkunde mit dem Datum xx. Oktober 1946 erstellt worden und seitens des Sozialgerichts in Äthiopien bescheinigt worden. In seiner ursprünglichen Heiratsurkunde und im Familienbuch sei noch 1963 als Geburtsdatum eingetragen. Bei Angabe seines Geburtsdatums im Jahre 1983 habe er den genauen Unterschied zwischen dem julianischen und dem gregorianischen Kalender nicht gekannt und daher aufgrund einer falschen Umrechnung sein Geburtsdatum anstatt mit dem xx. Oktober 1946 mit dem xx. Oktober 1963 angegeben. Er sei damals der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen. Auch habe der Kläger die Angaben nur gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt gemacht. Es fehle daher an einer Angabe gegenüber der Beklagten als Sozialleistungsträger.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 1. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Versicherungsnummer unter Zugrundelegung des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf Bitten des Gerichts hat die Beklagte im Verfahren das Muster eines Sozialversicherungsausweises vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidungsgründe ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da der vorliegende Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden durch Schreiben vom 16. September 2015 (zugestellt jeweils am 8. Oktober 2015) zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer auf der Grundlage des Geburtsdatums xx. Oktober 1951 zu erteilen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich ausschließlich nach der Vorschrift des § 33a des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I). Die Vorschrift lautet:
Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt (Abs. 1).
Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum darf nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass 1. ein Schreibfehler vorliegt oder 2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Abs. 2).
Die Absätze 1 und 2 gelten für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend (Abs. 3).
Maßgebend für die für den Kläger bei der Beklagten geführten Versicherungsnummer ist folglich das Geburtsdatum, das sich aus seiner ersten Angabe gegenüber einem Sozialleistungsträger oder einem Arbeitgeber ergibt. Eine Ausnahme kommt nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 2 in Betracht. Dies ist nur dann der Fall, wenn festgestellt wird, dass ein Schreibfehler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt. Eine Berücksichtigung von Korrekturen, die zeitlich nach der erstmaligen Angabe stattgefunden haben, ist nicht möglich. § 33a SGB I gilt für alle Bereiche des SGB, ohne dass in den besonderen Teilen davon abgewichen werden darf (vgl. § 37 SGB I). Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut unterschiedslos auf alle Korrekturen durch in- und ausländische Behörden anzuwenden (vgl. hierzu Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Februar 2010, Az.: L 2 R 362/09, Juris).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger zur Überzeugung des Gerichts keinen Anspruch auf die Änderung seiner Versicherungsnummer auf der Grundlage des von ihm behaupteten Geburtsdatums xx. Oktober 1951.
Die Argumentation des Klägers, dass er gegenüber den Sozialversicherungsträgern niemals eine Angabe zu seinem Geburtsdatum gemacht habe, sondern lediglich gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt ist nicht überzeugend. Der Kläger muss sich die dort gemachten Angaben als auch gegenüber den Sozialleistungsträgern gemacht zurechnen lassen. Der Kläger hat das Geburtsdatum xx. Oktober 1963 nämlich offenbar gegenüber der Arbeitsverwaltung und seinen Arbeitgebern langjährig ohne Beanstandung geführt. Wie sich aus dem ausgedruckten Datensatz der Beklagten in den Verwaltungsakten ersehen lässt, war der Kläger zunächst ab März 1984 und in späteren Jahren immer wieder im Leistungsbezug bei Arbeitslosigkeit und ab 1991 auch immer wieder langjährig in einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Arbeitsverwaltung hat dem Kläger folglich unter diesem Geburtsdatum Leistungen gewährt und für ihn rentenrechtliche Zeiten gemeldet. Die Arbeitgeber haben den Kläger ebenfalls unter dem von der Beklagten verwendeten Geburtsdatum geführt und für ihn Sozialversicherungsbeträge und insbesondere Rentenversicherungsbeiträge abgeführt. Die unbeanstandete Benutzung des Geburtsdatums steht im Rahmen des § 33a SGB I der Angabe gleich. Dem Kläger muss im Übrigen bewusst gewesen sein, dass beim Bezug von Leistungen der Arbeitsverwaltung und bei Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Arbeit er mit dem von allen Beteiligten benutzten Geburtsdatum auch bei der Beklagten geführt wird.
Das von der Beklagten zugrunde gelegte Geburtsdatum ergibt sich im Übrigen auch für den Unkundigen darüber hinaus aus dem von der Beklagten ausgestellten Sozialversicherungsausweisen, den die Kammer als Muster von der Beklagten angefordert hat. Einen solchen hat der Kläger laut Datenlage der Beklagten 1995 und 1998 erhalten. Dort wird ausdrücklich gefragt, ob das Geburtsdatum in der Versicherungsnummer enthalten ist und gegebenenfalls um Fehlermeldung gebeten. Der Kläger kann sich nach alledem nicht darauf berufen, dass er den Sozialversicherungsträgern gegenüber bis zu seinem Antrag auf Änderung der Versicherungsnummer im Dezember 2013 noch gar keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht habe.
Ein Schreibfehler oder ein reiner, offensichtlicher Rechenfehler liegt nicht vor. Der Vortrag des Klägers er habe sein Geburtsdatum versehentlich mit dem xx. Oktober 1963 angegeben, weil er sich bei der Umrechnung verrechnet habe, überzeugt nicht. Die Differenz zwischen dem äthiopischen und abendländischen Kalender beträgt etwa 7 Jahre und 8 Monate, d.h. der xx. Oktober 1946 (äthiopische Zeitrechnung) hätte den xx. Juni 1954 (abendländische Zeitrechnung) ergeben (vgl. hierzu den Kalenderrechner im Internet http://www.nabkal.de/kalrech8.html, recherchiert am 26. April 2016). Sollte der Kläger eine Umrechnung 1983 tatsächlich auf der Grundlage des Geburtsdatums xx. Oktober 1946 - das nach seinem Vortrag erst 1999 bei Erstellung einer äthiopischen Geburtsurkunde bescheinigt wurde - versucht haben, so kann dieser Rechenfehler (gleicher Geburtstag und -monat aber 17 Jahre später) jedenfalls vom Gericht in keinster Weise nachvollzogen werden.
Der Kläger kann keinerlei Dokumente vorlegen, die vor der Erteilung seiner jetzigen Versicherungsnummer im Jahre 1984 ausgestellt worden sind. Der Personalausweis wurde ausgestellt am 25. November 2013, die Eheurkunde mit Eheschließungsdatum am 19. September 1988 am 21. November 2013. Der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt a.M. trägt das Datum vom 14. August 2013. Die Originalheiratsurkunde von 1988 und das Familienbuch des Klägers enthalten nach eigener Aussage der Klägerseite noch das Geburtsdatum 1963.
In Übrigen würden die vom Kläger vorgelegten Urkunden im Rahmen der Beweiswürdigung nicht genügen, um einen Nachweis über das von ihm gewünschte Geburtsdatum zu führen. Selbst dann, wenn sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Abgabe im Sinne des § 33a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt, ist nämlich nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden ist, ob aus einer älteren Urkunde nunmehr ein anderes Geburtsdatum abzuleiten ist (BSG, Urteil vom 31. Januar 2002, B 13 RJ 9/01 R, Juris). Für den Vollbeweis ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, wonach kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen des strittigen Tatbestandsmerkmales zweifelt, erforderlich. Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Dies ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Frankfurt a.M. vom 14. August 2013 Ergebnis der dort durchgeführten Beweiswürdigung unter Berücksichtigung mehrerer medizinischer Gutachten, Zeugenaussagen und Urkunden lediglich war, dass ein wahrscheinlicher Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955 ermittelt wurde. Das Gericht hatte daraufhin das Geburtsdatum auf den Mittelwert des rechtsmedizinischen Gutachtens des Universitätsklinikums Düsseldorf festgelegt. Damit fehlt aber ein Vollbeweis für das tatsächliche Geburtsdatum weiterhin völlig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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