S 35 AS 1018/18 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 AS 1018/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. 3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antrag vom 16.04.2018, mit welchem die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren, hat keinen Erfolg.

1. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (das heißt die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (das heißt die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen Leistungsanspruches) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).

Vorliegend fehlt es an dem erforderlichen Anordnungsanspruch. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gegen den Antragsgegner haben.

Wie das Gericht bereits mit Beschluss vom 24.01.2018 im Verfahren S 35 AS 4291/17 ER ausgeführt hat, ist der 1986 geborene, in H. wohnhafte, erwerbsfähige, einkommens- und vermögenslose Antragsteller zu 1. mit polnischer Staatsbürgerschaft nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähiger Leistungsberechtigter, jedoch von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen und mit ihm auch seine Töchter, die Antragstellerinnen zu 2. und 3. (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II).

Danach sind ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1), Ausländerinnen und Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben (Nr. 2a), deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (Nr. 2b) oder die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten (Nr. 2c), und jeweils ihre Familienangehörigen, sowie Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Nr. 3).

Der Leistungsanspruch ist zwar nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3 SGB II aus-geschlossen. Der Antragsteller zu 1. hält sich seit mehreren Jahren in Deutschland auf und ist auch nicht Leistungsberechtigter nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Antragsteller ist jedoch nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, denn der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, über ein Aufenthaltsrecht zu verfügen.

Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens kann der Antragsteller seinen Aufenthalt auf kein materielles Freizügigkeitsrecht als ggf. das zur Arbeitssuche stützen.

Soweit die Antragsteller sich darauf berufen, dass der Widerspruch gegen die Feststellung im Bescheid vom 23.09.2017, dass kein Freizügigkeitsrecht besteht, aufschiebende Wirkung hat, ist dies in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich. Dies allein vermag kein materielles Freizügigkeitsrecht begründen, welches dazu führt, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hier keine Anwendung findet (vgl. zum Erfordernis eines materiellen Freizügigkeitsrechts BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 24/14 R, Rn. 14 m.w.N., zitiert nach juris).

Der Antragsteller zu 1. ist arbeitslos und daher weder Arbeitnehmer i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) noch selbständig tätig (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU). Ein Aufenthaltsrecht nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. 4 FreizügG/EU ist schon deswegen ausgeschlossen, weil der Antragsteller nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt, sondern existenzsichernde Leistungen gerade mit dem hier geführten Eilverfahren begehrt.

Auch eine Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ist nicht erkennbar. Der Antragsteller ist seit seiner Haftentlassung 2013 arbeitssuchend. Begründete Aussichten darauf, eine Beschäftigung zu finden, sind nicht ersichtlich.

Soweit der Antragsteller zu 1. geltend macht, von seiner am 03.11.2017 geborenen Tochter ein Freizügigkeitsrecht ableiten zu können, kann das Gericht dem nicht folgen. Das Gericht geht davon aus, dass die dritte Tochter des Antragstellers zu 1. ebenfalls nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, da sich der Antragsteller zu 1. angibt, seine Tochter würde über ein Freizügigkeitsrecht verfügen. Zwar ist der Antragsteller zu 1. als Verwandter in absteigender Linie Familienangehöriger im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Die jüngste Tochter wird indes ihrerseits – wenn überhaupt – nur über ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU verfügen, denn dass die Neugeborene über ausreichend Existenzmittel verfügt (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU), ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller zu 1. ist daher nicht berechtigt, seinerseits sein Freizügigkeitsrecht von dem abgeleiteten Freizügigkeitsrecht seiner jüngsten Tochter abzuleiten, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ergibt, der Freizügigkeitsberechtigte nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU ausdrücklich nicht in Bezug nimmt.

Auch nach Einsichtnahme der Ausländerakte des Antragstellers besteht überwiegend wahrscheinlich kein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU zugunsten des Antragstellers zu 1. Das Daueraufenthaltsrecht erwerben nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 in Verbindung mit § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich seit 5 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU setzt dabei voraus, dass der Betroffene während eines zusammenhängenden Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt war. Dabei kann sich ein Daueraufenthaltsrecht auch aus Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen in Deutschland ergeben, bevor der Drittstaat der Europäischen Union beigetreten ist. Diese Aufenthaltszeiten sind aber nur berücksichtigungsfähig, sofern der Betroffene nachweisen kann, dass sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden. Die Berücksichtigungsfähigkeit hängt also davon ab, ob der Ausländer einen Freizügigkeitstatbestand erfüllt hätte, wenn er während des vorangegangenen Zeitraums als Unionsbürger anzusehen gewesen wäre. Der ununterbrochene Fünfjahreszeitraum muss auch nicht bis zuletzt angedauert haben, sondern kann auch weiter zurück in der Vergangenheit liegen (BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 – 10 C 8/12).

Der Antragsteller selbst macht geltend, dass er sich seit 1987 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält. Die Einreise wird durch die Ausländerakte des Antragstellers zwar bestätigt. Auch soweit der Antragsteller sich bis Ablehnung der Verlängerung seines Aufenthaltstitels im Jahr 2005 rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, vermag dies allein kein Daueraufenthaltsrecht begründen. Vielmehr muss der Antragsteller zu 1. auch während dieser Zeit tatsächlich freizügigkeitsberechtigt gewesen sein (BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – 10 C 8/12, Rn- 20 zitiert nach juris; VG Hamburg, Urteil vom 17.02.2010 – 19 K 2386/09 m.w.N.). Hierfür ist indes weder etwas glaubhaft gemacht worden, noch sonst erkennbar.

Denn mit Bescheid vom 24.06.2005 hat das Bezirksamt M. der H. den Antrag des Antragstellers zu 1. vom 29.01.2004 auf Verlängerung des Aufenthaltstitels als auch auf Ausstellung einer Freizügigkeitsbescheinigung abgelehnt und die Abschiebung des Antragstellers zu 1. angedroht. Der Widerspruch gegen den Bescheid wurde mit Bescheid vom 09.01.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht H. wurde zurückgenommen (Beschluss vom 25.09.2006 – 6 K 369/06). Es liegt damit eine bestandkräftige Entscheidung darüber vor, dass der Antragsteller bis 2005 kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat. Wenn sich der Antragsteller daher darauf beruft, dass er als Kind von seinen Eltern unterhalten wurde, die ihrerseits zwar Sozialhilfe bezogen, aber dies nicht im unangemessenen Maße, weil ihnen die Ausübung einer selbständigen oder einer vergleichbaren unselbständigen Tätigkeit untersagt wurde, so kann er damit nicht durchdringen. Dem steht die bestandskräftige Entscheidung über die Ablehnung der Ausstellung einer Freizügigkeitsbescheinigung entgegen. Im Übrigen hält das Gericht die jahrzehntelange Inanspruchnahme von Sozialhilfe auch vor dem Hintergrund dessen, dass eine Wohnsitznahmen zur in H. gestattet war, als unangemessen. Denn zwar war eine selbständige Tätigkeit als auch eine vergleichbare unselbständige Tätigkeit untersagt, nicht aber eine abhängige Beschäftigung ohne Führungsverantwortung.

Es liegen im Übrigen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Antragsteller zu 1. seit der Abschiebung im Februar 2007 und anschließender Wiedereinreise fünf Jahre lang durchgängig mit Freizügigkeitsrecht in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Dass der Antragsteller mit Ausnahme der Zeit seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt in K. im Jahr 2013 erwerbstätig war, ist weder geltend gemacht, noch sonst wie ersichtlich. Aus den vom Antragsteller eingereichten Strafurteilen ergibt sich auch, dass der Antragsteller keine Ausbildung absolviert hat.

Auch ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche besteht seither überwiegend wahrscheinlich nicht durchgängig. Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind u.a. zwar Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU). Die Arbeitssuche des Antragstellers ist jedoch nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens bisher erfolglos geblieben. Eine realistische Chance auf einen Arbeitsplatz ist für Antragsteller daher nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht ersichtlich. Dass der Lebensunterhalt des Antragstellers in der Vergangenheit anderweitig sichergestellt war, ist ebenfalls nicht erkennbar. Aus dem Bescheid des Bezirksamtes W. vom 23.09.2017 geht hervor, dass die Mutter des Antragstellers zu 1. ebenfalls Leistungen nach dem SGB II bezieht, nach den Angaben des Antragstellers selbst bezieht er seit 1987 ununterbrochen Sozialleistungen.

Unabhängig davon, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz Nr. 2 c) SGB II europarechtskonform ist (vgl. zum Streitstand Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7 Rn. 99.28), kann sich der Antragsteller zu 1. nicht auf ein aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO 492/11/EU) abgeleitetes Aufenthaltsrecht berufen, weil die Antragstellerin zu 2. und 3. hier zur Schule gehen.

Nach Art. 10 VO 492/11/EU können die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates, der im Hoheitsgebiet eines anderen Gebietsstaats beschäftigt oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsmitgliedsgebiet dieses Mitgliedsstaates wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als Kind eines Arbeitnehmers gebunden. Voraussetzung eines solchen Aufenthaltsrechts wegen fortdauernder Ausbildungen ist es, dass der bereits während einer etwaigen Beschäftigung eines Elternteils wahrgenommene Schulausbildung in einer in Deutschland gelegenen Einrichtung weiterhin regelmäßig nachgekommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 43/15 R m.w.N.).

Aus Art. 10 VO Nr. 492/11/EU leitet sich dann ein eigenständiges Aufenthaltsrecht auch jedes Elternteils ab, der die tatsächliche Sorge für ein Kind ausübt, das sein Schulbesuchsrecht wahrnimmt: Das einem Kind zuerkannte Recht, im Aufnahmemitgliedstaat weiterhin unter den bestmöglichen Voraussetzungen am Unterricht teilzunehmen, impliziert notwendig das Recht des Kindes auf gemeinsamen Aufenthalt mit der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehmenden Person (vgl. EuGH, Urteil vom 23.2.2010, Rechtssache C-310/08).

Da der Antragsteller zu 1. jedenfalls seit 2013 keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen, die Antragstellerinnen zu 2. und 3. sind 2008 und 2010 geboren und sind damit erst nach 2013 ins schulpflichtige Alter gekommen. Sie besuchen laut Bestätigung der Schule vom 12.10.2017 die Schule seit dem Schuljahr 2015/2106. Die Arbeitnehmereigenschaft des Antragstellers zu 1. ist daher nie mit dem Schulbesuch der Antragstellerinnen zu 2. und 3. zeitlich zusammen gefallen.

Der Antragsteller zu 1. kann sich auch nicht mehr auf die Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II berufen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen abweichend von Satz 2 Nummer 2 Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Dabei beginnt die 5-Jahresfrist nach Satz 4 mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zwar ist davon auszugehen, dass der Antragsteller zu 1. seit mindestens fünf Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, denn dies setzt nicht voraus, dass zugleich ein materielles Freizügigkeitsrecht bestanden haben muss (LSG Hamburg, Beschluss vom 25.04.2017 – L 4 AS 106/17 B ER). Mit Bescheid vom 23.09.2017 hat das Bezirksamt W. indes festgestellt, dass die Antragsteller kein Freizügigkeitsrecht genießen. Dass der Bescheid von den Antragstellern angefochten wurde und das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung (LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2017 - L 4 SO 55/17 B ER zum gleichlautenden § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.05.2017 - L 15 AS 627/17 B ER).

Im Übrigen vermag das Gericht auch nicht erkennen, dass der Bescheid des Bezirksamtes W. vom 23.09.2017 offensichtlich rechtswidrig ist. Die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU, auf welches sich der Antragsteller beruft, setzt aber voraus, dass sich der Antragsteller hier länger als 10 Jahre rechtmäßig, also freizügigkeitsberechtigt aufhält (VG Hamburg, Beschluss vom 10.02.2017 – 19 E 1318/17; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht,12. Aufl. 2018, § 6 FreizügG/EU Rn. 56). Dies ist wie oben ausgeführt, nicht glaubhaft gemacht.

Schließlich steht dem Antragsteller zu 1. auch kein anderweitiges Aufenthaltsrecht zur Seite. Insbesondere dürfte dem Antragsteller zu 1. kein Aufenthaltsrecht nach § 25 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aus humanitären Gründen zustehen. Denn ungeachtet der besonderen Voraussetzungen des § 25 AufenthG müssen stets auch die allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthG für die Erteilung eines Aufenthaltserlaubnis vorliegen. Abgesehen davon, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers zu 1. im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht sichergestellt ist, dürfte angesichts der zahlreichen Straftaten des Antragstellers zu 1. als Wiederholungstäter ein Ausweisungsinteresse im Sinne des § 53 AufenthG bestehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).

Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) steht dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II des Antragstellers zu 1. nicht entgegen, weil die Antragsteller polnische Staatsangehörige und Polen kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens ist. Durchgreifende Gründe, dieses völkerrechtliche Abkommen zwischen bestimmten Staaten, die zwar mittlerweile größtenteils zur EU gehören, auf die Staatsangehörigen auch anderer Mitgliedstaaten der EU auszudehnen sind nicht zu erkennen (BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 14 AS 15/14 R; BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15).

Mit dem Antragsteller zu 1. sind auch die Antragstellerinnen zu 2. und 3. als Familienangehörige von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ausgenommen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II).

2. Dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann nicht entsprochen werden, denn der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Eilverfahren fehlt die gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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