L 3 AL 204/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 5 AL 80/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 204/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. An der rein tatsächlich vom Versicherten herbeigeführten eigenen Beschäftigungslosigkeit ändert der Umstand, dass er sich zunächst nicht arbeitssuchend gemeldet und kein Arbeitslosengeld beantragt hat, nichts. Denn es kommt nicht auf die Arbeitslosigkeit an, für die eine Leistung geltend gemacht wird, sondern auf die durch die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführte.
2. Unabhängig vom Vorliegen eines Verstoßes gegen arbeitsrechtliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen durch den Arbeitgeber liegt ein wichtiger Grund jedenfalls erst dann vor, wenn der Arbeitnehmer erfolglos versucht hat, die ihn zur Kündigung veranlassenden Gründe zu beseitigen, oder wenn von vornherein nachweislich feststeht, dass ein solcher Versuch unzumutbar ist. Wenn danach festzustellen ist, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorlag, ist weiter zu prüfen, ob sich der Arbeitslose hierauf auch berufen kann, ob er sich insbesondere hinreichend um eine Anschlussbeschäftigung bemüht hat (Anschluss an BSG, Urteil vom 21. Oktober 2003 – B 7 AL 92/02 RSozR 4-4300 § 144 Nr. 19).
3. Das allgemeine Interesse, sich beruflich weiterzubilden, neu zu orientieren und gegebenenfalls eine selbständige Tätigkeit vorzubereiten, wiegt nicht höher als das Interesse der Solidargemeinschaft, zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit dem Arbeitnehmer abzuverlangen, ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 10. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. März 2015 wegen Eigenkündigung festgestellten Sperrzeit.

Der am 1985 geborene Kläger ist ausgebildeter Bauingenieur und war zuletzt als Bauleiter für ein A ... Bauunternehmen beschäftigt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis am 20. Oktober 2014 zum 31. Dezember 2014, um sich für das Jahr 2015 eine "Auszeit" zu nehmen.

Der Kläger beantragte am 15. Oktober 2015 mit Blick auf einen begehrten Gründungszuschuss Arbeitslosengeld und meldete sich am 3. November 2015 rückwirkend zum 16. Oktober 2015 vom Leistungsbezug ab, um den Anspruch auf Gründungszuschuss zu erhalten.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 3. November 2015 bei einer Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen Arbeitslosengeld für den 15. Oktober 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 32,07 EUR. Sie stellte gleichfalls mit Bescheid vom 3. November 2015 nach Anhörung eine Sperrzeit für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. März 2015 fest. Das Beschäftigungsverhältnis sei durch Eigenkündigung gelöst worden. Der Kläger habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Der angegebene Grund, "eine persönliche Auszeit/Selbstbestimmung" nehmen zu wollen, habe den Eintritt einer Sperrzeit bei der Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft nicht abwenden können. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes seien nicht erkennbar. Auch wenn die Gründe für die Kündigung subjektiv bedeutsam gewesen seien, liege ein wichtiger Grund nur vor, wenn die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses objektiv nicht mehr zugemutet werden könne. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen und mindere die Dauer des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld um 90 Tage, das heißt um ein Viertel.

Mit E-Mail vom 9. November 2015 begründete der Kläger seinen Widerspruch gegen die festgestellte Sperrzeit damit, dass er bisher keinerlei Leistungen der Versichertengemeinschaft in Anspruch genommen habe und dies auch nicht vorhabe. Weiter trug er vor: "Mit einer ständigen durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, maximal 2 Wochen zusammenhängenden Urlaub im Jahr unter ausbeuterischen Überbelastung von jungen und ungebundenen Arbeitskräften (zu denen ich mich zählte) ist eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung meinerseits schlichtweg nicht gegeben gewesen. Ein Versprechen des Niederlassungsleiters in A ..., mich ab 2014 in und um A ... zu beschäftigen, wurde nicht eingehalten. Im Gegenteil, es erfolgte eine Versetzung in die Niederlassung nach S ... Anfang 2014.

An eine Partnerschaft sowie Familienplanung (Kinder usw.) war unter o.g. Aspekten nicht zu denken. Daher meine Entscheidung, die Firma auf eigenen Wunsch zu verlassen. Natürlich musste ich davon ausgehen, arbeitslos zu werden, dies habe ich auch nie geleugnet. Aber wie zuvor erwähnt, habe ich der Versichertengemeinschaft hierdurch nicht geschadet."

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Arbeitslosengeld für 269 Kalendertage für die Zeit vom 1. Dezember 2015 bis zum 29. August 2016 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 32,07 EUR.

Mit zwei Änderungsbescheiden vom 16. Februar 2016 änderte die Beklagte den täglichen Leistungsbetrag in den beiden Bewilligungsbescheiden auf 54,82 EUR und die Anspruchsdauer auf 270 Tage beziehungsweise 269 Tage ab.

Mit Bescheid vom 8. März 2016 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 7. März 2016 wegen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auf.

Die Beklagte wies den gegen die Sperrzeitentscheidung erhobenen Widerspruch vom 9. November 2015 mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2016 zurück. Der Kläger habe keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt. Die Arbeitslosigkeit sei daher zumindest grob fahrlässig herbeigeführt worden. Es sei zumutbar gewesen, das Beschäftigungsverhältnis zumindest bis zum Beginn einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber fortzusetzen. Hinsichtlich des Vorbringens zur Arbeitszeit hätte der Kläger an seinen Arbeitgeber herantreten können. Eine Urlaubsgewährung von zusammenhängend maximal zwei Wochen im Jahr sei weder ungesetzlich noch unüblich. Auch das weitere Vorbringen begründe keinen wichtigen Grund. Die zwölfwöchige Sperrzeit bedeute unter Berücksichtigung der für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen keine besondere Härte.

Der Kläger meldete sich am 20. September 2016 erneut arbeitsuchend und beantragte mit Wirkung zum 20. September 2016 Arbeitslosengeld. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 23. September 2016 und Widerspruchsbescheid vom 25. November 2016 bestandskräftig abgelehnt. Der Kläger habe bereits am 15. Oktober 2015 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von 360 Tagen erworben. Dieser Anspruch sei nach einer Minderung um 90 Tage wegen der verfahrensgegenständlichen Sperrzeit, einer Minderung um 97 Tage wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld und einer Minderung um 173 Tage wegen des Bezugs von Gründungszuschuss vollständig erfüllt und daher verbraucht.

Vom 21. November 2016 bis zum 31. Januar 2017 war und seit dem 1. März 2017 ist der Kläger wieder als Angestellter erwerbstätig.

Der Kläger hat am 16. März 2016 Klage erhoben. Er habe das Beschäftigungsverhältnis beendet, um sich eine sechsmonatige berufliche Auszeit zu nehmen. Er habe während dieser Zeit geprüft, welche weitere berufliche Entwicklung ihm möglich sei. Zu berücksichtigen sei, dass er ursprünglich davon ausgegangen sei, nahtlos wieder einen beruflichen Einstieg zu vollziehen. Erst aufgrund der beabsichtigten selbständigen Tätigkeit sei ein Leistungsbezug notwendig geworden, da dieser Voraussetzung für den Erhalt der Fördermittel gewesen sei.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2016 abgewiesen. Der Kläger habe die Arbeitslosigkeit ohne wichtigen Grund zumindest grob fahrlässig herbeigeführt.

Gegen das ihm am 21. November 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Dezember 2016 Berufung eingelegt. Neun Monate habe er ohne die Inanspruchnahme von Sozialleistungen gelebt. Dies sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Am 15. Oktober 2015 habe er sich allein deshalb doch zur Beantragung von Arbeitslosengeld gezwungen gesehen, weil er sich in der Folge entschlossen habe, einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen und dies ihm nur bei Inanspruchnahme einer Förderung möglich gewesen sei. Der Bezug von Arbeitslosengeld sei Grundvoraussetzung für den Erhalt der Fördermittel gewesen. Er habe sein Arbeitsverhältnis beendet, da massiv Überstunden gefordert worden seien und er nicht länger gewillt gewesen sei, mehr als 40 bis 45 Stunden die Woche tätig zu sein. Die in den Jahren 2012 bis 2014 geleisteten Arbeitsstunden würden aus der zur Akte gereichten Auflistung hervorgehen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, mit seinem Arbeitgeber zu sprechen, um eine Reduzierung der Arbeitsstunden zu erreichen. Der Umfang der Mehrarbeit habe weder eine Vorbereitung der selbständigen Tätigkeit noch eine Vorsprache bei der Beklagten zur Beratung ermöglicht. Vor diesem Hintergrund sei die Idee der beruflichen Auszeit entstanden. Da er als Bauleiter einen gefragten Beruf habe, sei er davon ausgegangen, dass er keine Leistungen beantragen müsse. Es habe seinerzeit auch Stellen für Bauleiter gegeben, so dass ein Wiedereinstieg möglich gewesen sei. Er habe damit im Hinblick auf den aktuellen Arbeitsmarkt nicht unbedacht das Arbeitsverhältnis gekündigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 10. Oktober 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit der Kläger ein Recht auf Selbstbestimmung geltend mache, bestehe kein wichtiger Grund, der einer Sperrzeit entgegenstehe, da der wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses decken müsse. Zwar könne ein wichtiger Grund für das Lösen des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer vorliegen, wenn die vom Arbeitnehmer verlangte Arbeit gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße. Der Vortrag zu den Überstunden sei jedoch erstmalig pauschal im Widerspruchsverfahren erfolgt. Weder sei die Regelung im Arbeitsvertrag bekannt, noch welche Bemühungen der Kläger hinsichtlich einer möglichen Abhilfe unternommen habe. Jedenfalls wäre das bestehende Arbeitsverhältnis im Sinne der Versichertengemeinschaft möglichst dicht bis zum Beginn einer neuen Beschäftigung aufrechtzuerhalten gewesen. Das Nehmen einer Auszeit im Rahmen der beruflichen Selbstbestimmung sei dem Kläger zuzugestehen. Es handele sich jedoch um Umstände, die allein seinen persönlichen Bedürfnissen entsprechen würden und somit nicht die Annahme eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitregelung rechtfertigen könnten. Für die Verwirklichung persönlicher Belange habe die Solidargemeinschaft nicht einzustehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist statthaft, da Leistungen von mehr als 750,00 EUR betroffen sind (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Ausgehend von einem täglichen Leistungsbetrag von 54,82 EUR und bezogen auf den Zeitraum der Sperrzeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. März 2015 wird der genannte Grenzwert unzweifelhaft überschritten.

II. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.

Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist eine isolierte Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG), mit welcher sich der Kläger allein gegen den Sperrzeitbescheid vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2016 wendet. Die Zahlung von Arbeitslosengeld begehrt der Kläger für den Zeitraum der Sperrzeit ausdrücklich nicht. Er hat sich erst am 15. Oktober 2015 arbeitssuchend gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt. Ein Leistungsbegehren ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

Jedoch hat die Wirksamkeit des Sperrzeitbescheides zur Folge, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld von ursprünglich 360 Kalendertage um ein Viertel der Anspruchsdauer, das heißt um 90 Tage, gemindert wird (vgl. § 148 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – [SGB III]). Ohne die Minderung der Anspruchsdauer hätte eine Sperrzeit nur eine Verlagerung des Leistungsbezugs um die jeweilige Sperrzeitdauer zur Folge. Aus diesem Grunde wurde in das vor dem SGB III geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zum 1. Januar 1978 zusätzlich zum Ruhen des Leistungsanspruchs eine Anrechnung auf die Anspruchsdauer eingeführt (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG i. d. F. von Artikel 1 Nr. 6 des Gesetzes vom 12. Dezember 1977 [BGBl. S. 2557]).

Vorliegend hat sich die Minderung der Anspruchsdauer auch tatsächlich ausgewirkt. Die Beklagte hat ausdrücklich aufgrund der mit der Sperrzeit verbundenen Minderung der Anspruchsdauer den später vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 20. September 2016 bis zum 20. November 2016 mit Bescheid vom 23. September 2016 und Widerspruchsbescheid vom 25. November 2016 bestandskräftig versagt.

Bereits die Aufhebung der festgestellten Sperrzeit würde in den Folgezeiträumen zur notwendigen Überprüfung der nachfolgenden Zeiträume und Bescheide nach § 44 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) führen, so dass der Kläger ausnahmsweise auch allein mit der Anfechtungsklage sein Rechtsschutzziel erreichen kann.

III. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 25. März 2015 festgestellte Sperrzeit und die damit einhergehende Minderung der Anspruchsdauer des bewilligten Arbeitslosengeldes für 90 Tage ist rechtmäßig. Der Kläger hat sein Beschäftigungsverhältnis mit der A ... Baufirma zum 31. Dezember 2014 gekündigt und vorsätzlich seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt, ohne dafür einen wichtigen Grund gehabt zu haben.

a) Rechtsgrundlage für die Sperrzeitentscheidung ist § 159 SGB III in der hier maßgebenden, seit 1. Januar 2013 geltend Fassung (vgl. Artikel 4 Nr. 8 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 [BGBl. I S. 2467]).

Nach § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III liegt versicherungswidriges Verhalten vor, wenn die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (vgl. § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Ein versicherungswidriges Verhalten hat nicht nur das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit zur Folge (vgl. § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III), sondern gemäß § 148 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 SGB III auch die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Nach § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III hat die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

b) Die Voraussetzungen einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe liegen vor.

Der Kläger hat durch Eigenkündigung sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und sich dadurch versicherungswidrig im Sinne von § 159 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB III verhalten.

(1) Ein Arbeitnehmer löst das Beschäftigungsverhältnis, wenn er selbst kündigt oder einen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Vertrag schließt (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 1995 – 11 RAr 27/95BSGE 77, 48 ff. = juris Rdnr. 23 m. w. N.). Maßgebend ist, dass der Arbeitslose an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitgewirkt und dadurch die Arbeitslosigkeit (genauer: Beschäftigungslosigkeit) verursacht hat. Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er seine Arbeitslosigkeit jedenfalls dann grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 49/04 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 10 = juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 6/11 RBSGE 111, 1 ff. = SozR 4-4300 § 144 Nr. 23 = juris Rdnr. 15).

Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der Kündigung keine Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis. Dies war auch in keiner Weise beabsichtigt, da er eine Auszeit zur Familienplanung und beruflichen Neuorientierung nehmen wollte. Damit führte der Kläger seine Arbeitslosigkeit für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 jedenfalls grob fahrlässig herbei.

An der rein tatsächlich vor Kläger herbeigeführten eigenen Beschäftigungslosigkeit ändert der Umstand, dass er sich zunächst nicht arbeitssuchend gemeldet und kein Arbeitslosengeld beantragt hat, nichts. Denn es kommt nicht auf die Arbeitslosigkeit an, für die eine Leistung geltend gemacht wird (hier erstmals am 15. Oktober 2015 und nunmehr noch ab dem 20. September 2016), sondern auf die durch die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführte (hier ab 1. Januar 2015). Es ist unerheblich, ob ein Leistungsanspruch überhaupt entsteht oder ob er zum Beispiel wegen Ruhens aus anderen Gründen nicht geltend gemacht wird (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 RBSGE 84, 225 ff. = SozR 3-4100 § 119 Nr. 17 = juris Rdnr. 22; Karmanski in: Brand SGB III [7. Aufl., 2015], § 159 Rdnr. 18). Auch hat das Bundessozialgericht beispielsweise im Urteil vom 5. August 1999 ausgeführt, dass der Gesetzgeber das zum 1. Juli 1969 in Kraft getretene Arbeitsförderungsgesetz in Abkehr von den Regelungen im Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aus dem Jahr 1927 von einer Bindung der Sperrzeit an Entstehung und Fortbestand des Leistungsanspruches bewusst abgesehen, also bewusst auf die Prüfung einer konkreten Schädigung verzichtet hat, um eine weitgehende Vereinfachung der Bearbeitung der Leistungsfälle zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999, a. a. O., juris Rdnr. 24). Die Erwägungen des Klägers, unter anderem in der E-Mail vom 9. November 2015, dass er der Versichertengemeinschaft durch seine Eigenkündigung nicht geschadet habe, sind deshalb nicht entscheidungserheblich.

Lediglich ergänzend merkt deshalb der Senat an, dass der Kläger letztlich doch Leistungen der Versichertengemeinschaft in Anspruch nahm. Zum einen beantragte und bezog er für den 15. Oktober 2015 und vom 1. Dezember 2015 bis zum 6. März 2016 Arbeitslosengeld. Zum anderen erhielt er antragsgemäß einen Gründungszuschuss, eine Leistung der aktiven Arbeitsförderung (vgl. § 3 Abs. 2 i. V. m. § 93 f. SGB III). Der Anspruch auf Gründungszuschuss hing unter anderem davon ab, dass der Kläger bis zur Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage betrug und nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruhte (vgl. § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit wiederum setzt unter anderem voraus, dass der Betreffende arbeitslos ist (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1, § 138 SGB III) und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2, § 141 SGB III). Zur Inanspruchnahme des Gründungszuschusses sah sich der Kläger veranlasst, weil er, wie er im Gerichtsverfahren angab, die – von ihm bereits vor der Kündigung ins Auge gefasste – selbständige Tätigkeit ohne eine Förderung nicht hätte aufnehmen können. Nach dem Geschehensablauf war deshalb die vom Kläger ausgesprochene Eigenkündigung der kausale Ausgangspunkt dafür, dass er nachfolgend Leistungen der Arbeitsförderung in Anspruch nehmen wollte und auch nehmen konnte.

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (zuletzt BSG, Urteil vom 12. September 2017 – B 11 AL 25/16 R – juris Rdnr. 16) ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für das versicherungswidrige Verhalten unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Sperrzeit soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat. Eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen; ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss vielmehr objektiv gegeben sein. Die irrtümliche oder subjektive Annahme eines wichtigen Grundes reicht nicht (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2017, a. a. O., u. a. mit Verweisen auf BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 RBSGE 89, 243 ff. = SozR 3-4300 § 144 Nr. 8 = juris Rdnr. 20 und BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 6/11 RBSGE 111, 1 ff. = SozR 4-4300 § 144 Nr. 23 = juris, jeweils Rdnr. 17). Dabei hat der wichtige Grund nicht nur die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten Zeitpunkt der Beendigung zu umfassen (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 2017, a. a. O., u. a. mit Verweisen auf BSG, Urteil vom 12. November 1981 – 7 RAr 21/81BSGE 52, 276 ff. = SozR 4100 § 119 Nr. 17 = juris Rdnr. 23 und BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 49/04 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 10 = juris Rdnr. 17). Dies bedeutet im Fall einer Arbeitsaufgabe, dass ein wichtiger Grund nur durch solche Umstände begründet wird, die eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses als nicht mehr zumutbar erscheinen lassen. In diesem Rahmen obliegt es dem Versicherten jedoch auch, den Eintritt des Versicherungsfalls zu vermeiden, das heißt den wichtigen Grund möglichst auszuräumen (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 RSozR 3-4100 § 119 Nr. 14 = juris Rdnr. 17).

(3) Gemessen hieran bestand vorliegend kein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger.

(3.1) Soweit der Kläger vorträgt, die konkreten Arbeitsbedingungen, insbesondere der Umfang der abzuleistenden Überstunden und die Urlaubsregelungen, hätten die Kündigung notwendig gemacht, ist der Vortrag nicht ausreichend, um zu dem Schluss zu gelangen, dass dem Kläger die – gegebenenfalls auch nur kurzzeitige – Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 2014 hinaus nicht mehr zumutbar war.

Unabhängig vom Vorliegen eines Verstoßes gegen arbeitsrechtliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen durch den Arbeitgeber des Klägers liegt ein wichtiger Grund jedenfalls erst dann vor, wenn der Arbeitnehmer erfolglos versucht hat, die ihn zur Kündigung veranlassenden Gründe zu beseitigen, oder wenn von vornherein nachweislich feststeht, dass ein solcher Versuch unzumutbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Oktober 2003 – B 7 AL 92/02 RSozR 4-4300 § 144 Nr. 19 = juris Rdnr. 20; Karmanski, in: Brand, SGB III [7. Aufl., 2015], § 159 Rdnr. 123 f.). Wenn danach festzustellen ist, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorlag, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes weiter zu prüfen, ob sich der Arbeitslose hierauf auch berufen kann, ob er sich insbesondere hinreichend um eine Anschlussbeschäftigung bemüht hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Oktober 2003, a. a. O., Rdnr. 21).

Ein wichtiger Grund in diesem Sinne lässt sich vorliegend nicht feststellen. Denn von Klägerseite wurde nicht vorgetragen, wann, in welcher Form und mit welchem Ergebnis der Kläger das als rechtswidrig empfundene Verhalten seines damaligen Arbeitsgebers beanstandete und warum ihm konkret zum Zeitpunkt der Kündigung ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar gewesen wäre. Ein entsprechender Vortrag unterblieb, obwohl der Kläger durch den Senat im Hinblick auf § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass auch mit Blick auf den konkreten Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vorzutragen ist, welche arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelungen bestanden, welche konkreten Maßnahmen unternommen wurden, um eine Abhilfe zu erreichen, und warum es ihm nicht möglich oder unzumutbar war, aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus eine berufliche Neuorientierung zu erreichen. Der Kläger war ausdrücklich aufgefordert worden, eventuellen Schriftverkehr vorzulegen und Zeugen zu benennen. Warum es dem Kläger unter den konkreten Umständen unzumutbar war, gegen die beanstandeten Arbeitsbedingungen vorzugehen oder aus dem bestehende Arbeitsverhältnis heraus eine neue Tätigkeit zu suchen, erschließt sich daher – auch nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung – nicht. Dass, wie behautet, keine Zeit bestanden haben soll, etwas gegen die behaupteten Missstände zu unternehmen, ist gleichfalls nicht nachvollziehbar.

Zudem erklärte der Kläger selbst, er hätte aufgrund seiner Ausbildung und der Situation auf dem Arbeitsmarkt den Wiedereinstieg vollziehen können, da es seinerzeit Stellen für Bauleiter gegeben habe. Der Vortrag des Klägers zielt daher erkennbar auf den Umstand, dass er sich durch die zeitliche Inanspruchnahme, im Ergebnis unabhängig vom konkret ausgeübten Arbeitsverhältnis, nicht in der Lage sah, die beabsichtigte berufliche Neuorientierung parallel zur Berufstätigkeit vorzubereiten. Dies ist aber kein wichtiger Grund.

(3.2) Allein der Wunsch nach einer Auszeit zur beruflichen Neuorientierung stellt, auch wenn in dieser Phase absichtsgemäß keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden, keinen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass der Kläger, wie jeder Arbeitnehmer, ein Recht auf berufliche Neuorientierung hat. Die Sperrzeitvorschrift tangiert primär das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz (GG). Denn zum grundrechtlich geschützten Bereich gehört nicht nur die Freiheit der Berufswahl, sondern auch die Beibehaltung, die Aufgabe und der Wechsel des Arbeitsplatzes (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 – 1 BvR 71/57BVerfGE 9, 338 ff. = NJW 1959, 1579 = juris Rdnr. 22). Mit der Sperrzeitandrohung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung zu sichern. Diese wäre gefährdet, wenn der Versicherte den Versicherungsfall bewusst herbeiführen oder aufrechterhalten könnte, ohne Einbußen an der Versicherungsleistung hinnehmen zu müssen (Lenkungsfunktion). Dabei müssen die die Versichertengemeinschaft entlastenden verhaltenssteuernden Eingriffe sachgerecht und vernünftig sein, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und dürfen die Grenzen des Zumutbaren nicht überschreiten (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90BVerfGE 84, 133 ff. = juris Rdnr. 66 ff.). Zweifel an der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit der Sperrzeitregelung bestehen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 1991 – 11 RAr 99/90SozR 3-4100 § 119a Nr. 1 = juris Rdnr. 23 f.).

Das Bundessozialgericht hat aus Artikel 12 Abs. 1 GG abgeleitet, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offenstehen muss, befristete – ihnen attraktiv erscheinende – Arbeitsverhältnisse, zu Ungunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 RSozR 4-4300 § 144 Nr. 9 = juris Rdnr. 19). Dabei kann der Arbeitnehmer sich dann auf einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeitrechts berufen, wenn die (nahtlose) Aufnahme der befristeten Beschäftigung mit einem Wechsel in ein anderes Berufsfeld und der damit verbundenen Erlangung zusätzlicher Fertigkeiten oder einer qualifikationsgerechten Beschäftigung bei höherer Vergütung verbunden ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 55/05 RSozR 4-4300 § 144 Nr. 14 = juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 73/05 R – juris Rdnr 16; BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 57/05 R – info also 2007, 73 = juris Rdnr 17). In diesem Zusammenhang reicht eine konkrete Aussicht auf eine unbefristete Verlängerung des zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses im Sinne einer nicht fern liegenden Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, a. a. O., juris Rdnr. 19 i. V. m. Rdnr. 5). Wenn jedoch von vornherein feststeht, dass das Anschlussarbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses besteht, hat es das Bundessozialgericht als fraglich angesehen, ob auch in diesem Fall ein wichtiger Grund im Sinne des § 159 SGB III vorliegt, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv aufweist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, a. a. O., juris Rdnr. 19).

Gemessen hieran kann sich der Kläger im Hinblick auf seine beabsichtigte berufliche Veränderung nicht auf einen eine Sperrzeit ausschließenden, wichtigen Grund berufen.

Die nahtlose Aufnahme einer neuen Tätigkeit stand vorliegend bereits nicht im Raum.

Das allgemeine Interesse sich beruflich weiterzubilden, neu zu orientieren und gegebenenfalls eine selbständige Tätigkeit vorzubereiten, wiegt nicht höher als das Interesse der Solidargemeinschaft, zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit dem Arbeitnehmer abzuverlangen, ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Es wäre dem Kläger zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis auch während der Phase der beruflichen Neuorientierung aufrecht zu erhalten und sich gegebenenfalls von der Beklagten beraten zu lassen. So besteht nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 SGB III die Verpflichtung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Vermeidung oder zur Beendigung von Arbeitslosigkeit ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Die berufliche Neuorientierung hätte der Kläger jedenfalls auch während seiner Freizeit oder in seinem Urlaub forcieren können. Auch der Wechsel in ein ihn weniger zeitlich beanspruchendes Arbeitsverhältnis oder ein Rücksprache beim Arbeitgeber zur beabsichtigten weiteren beruflichen Entwicklung hätte zur zeitlichen Entlastung beitragen können. Seine Wünsche nach Selbstverwirklichung, nach weniger Arbeit und nach einer Familiengründung lassen die Verpflichtung aus § 2 Abs. 5 Nr. 1 SGB III jedenfalls nicht als unzumutbar erscheinen.

c) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich nach § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Zur Beurteilung der Frage, ob der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit nach den für ihren Eintritt maßgeblichen Tatsachen für den Arbeitslosen eine besondere Härte bedeutet, sind die Gesamtumstände des Einzelfalls zu bewerten. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer (zwölf Wochen) im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2001 – B 7 AL 4/01 R –, SozR 3-4100 § 119 Nr. 22, SozR 3-4100 § 110 Nr. 3, SozR 3-4300 § 144 Nr. 6, SozR 3-4100 § 117a Nr. 1 = juris Rdnr. 21 m. w. N.). Derartige Umstände sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch sind solche ersichtlich.

d) Die Verhängung der Sperrzeit ist damit nicht zu beanstanden. Zudem hat die Beklagte zutreffend die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 90 Tage, das heißt um ein Viertel der Anspruchsdauer, festgestellt. Hierbei handelt es sich um eine weitere Rechtsfolge der Sperrzeit. Gemäß § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III mindert sich aufgrund der Verhängung der Sperrzeit der Anspruch auf Arbeitslosengeld um die Anzahl der Tage einer Sperrzeit; in den Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die der oder dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet, zusteht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

V. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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