Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 RS 9/15
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 1/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RS 8/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger als promovierten Diplom-Chemiker Zeiten der Zugehörigkeit zum Alters- und Versorgungssystem der technischen Intelligenz und die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Auf Antrag des am ... 1932 geborenen Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2000 den Zeitraum vom 1. März 1961 bis 31. Juli 1965 als nachgewiesene Zeiten der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen fest. Die Beschäftigungszeit als Diplom-Chemiker vom 1. August 1965 bis 30. Juni 1990 im VEB ... könne nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt werden. Die Qualifikation als Diplom-Chemiker entspreche nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2002 zurück. Der Kläger erhob Klage beim Sozialgericht Halle (S 6 RA 328/04). Dieses Verfahren wurde im Hinblick auf die Musterprozesse beim BSG mit Beschluss vom 4. September 2002 ruhend gestellt. Das auf Antrag der Beklagten wiederaufgenommene Klageverfahren S 12 RA 439/04 blieb für den Kläger erfolglos (Urteil vom 21. September 2006). Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt wies die Berufung des Klägers mit Urteil ohne mündliche Verhandlung am 6. November 2008 – L 1 R 501/06 zurück, nachdem es zuvor ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Richter am Landessozialgericht ... als unbegründet abgelehnt hatte. Den Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme seines zweitinstanzlichen Verfahrens vom 26. Mai 2009 wies das LSG Sachsen-Anhalt in mündlicher Verhandlung unter Anwesenheit des Klägers am 24. März 2011 ab. Das Bundessozialgericht verwarf mit Beschluss vom 11. Juli 2011 die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig.
Den Antrag des Klägers vom 16. Mai 2011 auf Überprüfung des Feststellungsbescheids wies die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2011 als unbegründet zurück. Die Klage vor dem Sozialgericht Halle S 6 R 971/11 wurde mit Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2011 abgewiesen, nachdem der Kläger zuvor erfolglos einen Befangenheitsantrag gegen den Richter am Sozialgericht gestellt hatte. Der Kläger reichte Berufung beim Landessozialgericht ein und stellte zugleich ein Ablehnungsgesuch des zuständigen 1. Senats sowie weitere Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit bezüglich des Richters am Landessozialgericht ... und des Präsidenten des Landessozialgerichts ... Das LSG wies die Berufung mit Urteil ohne mündliche Verhandlung am 20. August 2013 durch den Einzelrichter (L 1 RS 3/12) zurück. Am 30. Januar 2014 beantragte der Kläger erneut die Wiederaufnahme des Verfahrens. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 verwarf das LSG die Wiederaufnahmeklage als unzulässig (L 1 RS 4/14 WA). Anhörungsrüge und Gegenvorstellung des Klägers gegen diesen Beschluss verwarf das LSG mit Beschluss vom 29. Januar 2015 (L 1 RS 5/15 RG WA). Ein Rechtsschutzgesuch des Klägers vom 10. März 2015 verwarf das BSG mit Beschluss vom 24. März 2015 als unzulässig (B 5 RS 2/15 S), nachdem es zuvor auf eine Eingabe des Klägers vom 15. Januar 2015 äußerte, nichts weiter veranlassen zu wollen.
Den Antrag des Klägers vom 3. Februar 2015 auf Überprüfung seines Feststellungsbescheids lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2015 ab. Der Kläger erhob am 25. Februar 2015 Widerspruch und führte Folgendes aus: Chemiker von seien die Initiatoren der Zusatzversorgung Technische Intelligenz gewesen und Chemiker seien daher im Unrechtsstaat selbstverständlich in diese Zusatzversorgung von Anfang an einbezogen. In einem wahren Rechtsstaat sehe er sich nicht in der Lage, die Fehlurteile des 4. Senats des BSG als Recht und Gesetz anzuerkennen. In einem Willkürstaat wäre ihm wohl nichts anderes übrig geblieben. Er sei nach der I-gruppe (I für Technische Intelligenz) entlohnt worden und habe eine monatliche Treueprämie erhalten. Die Industriechemiker verspürten nicht, dass das Recht richtig angewandt und von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Er sehe sich daher gezwungen, den Zusatzversorgungsträger aufzufordern, seine Lügenthese wegen Mangels an nachprüfbaren Dokumenten umgehend zurückzuziehen. Es solle berücksichtigt werden, wieviel Schaden das Ansehen der Bundesrepublik als Rechtsstaat durch das Verhalten dieser Bundesbehörde bereits erlitten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 18. Mai 2015 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und u.a. ausgeführt, für die Benachteiligung von Industriemechanikern habe die Beklagte eine Lügenthese erfunden. Für diese gebe es bisher keine Beweise. Auch fehle eine Stellungnahme der Beklagten zu ihrer Behauptung, ihre Entscheidung würde weder gegen eine gesetzliche Bestimmung noch gegen eine Rechtsverordnung noch gegen eine Verwaltungsordnung oder Dienstanweisung verstoßen. Aber sie verstoße gegen Gesetzesbestimmungen der DDR. Dies könne jedermann in der 1. DB von 1950 nachlesen. Es gebe keinen Beweis dafür, dass die 2. DB von 1951 die Absicht gehabt habe, die Industriechemiker auszuklammern. Die Beklagte negiere die Systematik er Berufe von 1949 BRD/1950 DDR und die 2. DB und Systematik der Berufe.
Der Kläger beantragt,
folgende offene Rechtsfrage zu klären: Wie ist es möglich, dass eine Bundesbehörde wie die Deutsche Rentenversicherung Bund in diesem Rechtsstaat Lügen über uns Industriechemiker der DDR verbreiten darf, diese Lügenthese dann in die Tat umsetzen darf und uns Industriechemiker rechtlich und finanziell benachteiligen darf, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.
den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 7. März 2000 Zeiten der Zugehörigkeit zum Alters- und Versorgungssystem der technischen Intelligenz und die entsprechenden Arbeitsentgelte für den Zeitraum vom 1. August 1965 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1. unzulässig.
Der Antrag zu 1. richtet sich gegen den unzutreffenden Klagegegner, nämlich die Deutsche Rentenversicherung Bund. Beklagte im konkreten Verfahren ist aber nicht die Deutsche Rentenversicherung Bund, sondern die Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme. An die Stelle der geschlossenen Versorgungseinrichtungen der DDR trat als eigenständige bundesdeutsche Behörde ein neu geschaffener sog. Versorgungsträger, der in einem, der späteren Rentenfeststellung, vorgelagerten Verfahren zunächst die für eine Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen maßgeblichen Daten vorab feststellt und insoweit einen sog. Datenfeststellungsbescheid erteilt. In diesem ersten Schritt sind vom Versorgungsträger u.a. auch die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem und die Höhe der aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens festzustellen. Insoweit haben es die Betroffenen – auch der Kläger – mit zwei unterschiedlichen Behörden zu tun. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich beim Versorgungsträger auch in organisatorischer Hinsicht um eine vom Rentenversicherungsträger unabhängige eigenständige Behörde mit besonderer Sachkunde handelt. Auf der Grundlage des geltenden Rechts sind mit der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Versorgungssystemen zwei verschiedene Behörden im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X befasst. Eine gegen den Rentenversicherungsträger gerichteter Antrag auf Klärung von sog. Systemzeiten ist unzulässig. Im Übrigen wäre ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf die von ihm aufgeworfene Frage nach positivem Recht schlechthin nicht gegeben. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Die den Kläger betreffende Rechtsfrage über die Nicht-Einbeziehung von Chemikern in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 ist durch die Rechtsprechung des BSG (letztmalig mit Urteil vom 10. April 2002) entschieden. Bezüglich der Nichteinbeziehung von Chemikern haben sich sämtliche Landessozialgerichte in Deutschland zwischenzeitlich, zumindest im Ergebnis, der Rechtsprechung des BSG angeschlossen. Die mag der Kläger für falsch halten. Angesichts einer ganzen Serie von diesbezüglichen Entscheidungen wird der Kläger lernen müssen, sich damit abzufinden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat Verfassungsbeschwerden von Chemikern nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie nach Auffassung des BVerfG keine Aussicht auf Erfolg haben. Das BVerfG hat betont, dass es keine Revisionsinstanz sei. Es könne nur prüfen, ob die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des BSG willkürlich sei. Das BVerfG sei nicht dazu berufen, die Vorschriften über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz der DDR sowie die Zusatzversordnungen "richtiger" als die Fachgerichte auszulegen. Es sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das BSG bei der Prüfung der Zugehörigkeit zu einer zusätzlichen Altersversorgung am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis der DDR anknüpfte. Damit werde zwar möglicherweise anders verfahren als zu DDR-Zeiten. Die Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der DDR herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Für das Vorliegen von Willkür bei der Auslegung der Rechtsvorschriften der DDR durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sah das Bundesverfassungsgericht keine Anhaltspunkte.
Insoweit hat das BVerfG die Möglichkeit aufgezeigt, dass es in der Sache nicht unbedingt der Rechtsprechung des BSG und dessen Auslegung zur 2. DB folgen würde. Es bleibt dem BVerfG jedoch verwehrt, eine andere Auslegung vorzuziehen. Konkret hat das BVerfG jedoch eindeutig erklärt, dass die vom BSG vorgenommene Auslegung verfassungskonform ist und in keiner Richtung ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Somit ist nun rechtskräftig vom BSG und vom BVerfG entschieden, dass Chemiker, wenn sie zu DDR-Zeiten keine Versorgungszusage erhalten haben, nicht obligatorisch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen sind. Aufgrund der Entscheidungen des BVerfG werden sämtliche Landessozialgerichte die Klagen bzw. Berufungen von Chemikern auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz negativ entscheiden.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger als promovierten Diplom-Chemiker Zeiten der Zugehörigkeit zum Alters- und Versorgungssystem der technischen Intelligenz und die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Auf Antrag des am ... 1932 geborenen Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2000 den Zeitraum vom 1. März 1961 bis 31. Juli 1965 als nachgewiesene Zeiten der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen fest. Die Beschäftigungszeit als Diplom-Chemiker vom 1. August 1965 bis 30. Juni 1990 im VEB ... könne nicht als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt werden. Die Qualifikation als Diplom-Chemiker entspreche nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2002 zurück. Der Kläger erhob Klage beim Sozialgericht Halle (S 6 RA 328/04). Dieses Verfahren wurde im Hinblick auf die Musterprozesse beim BSG mit Beschluss vom 4. September 2002 ruhend gestellt. Das auf Antrag der Beklagten wiederaufgenommene Klageverfahren S 12 RA 439/04 blieb für den Kläger erfolglos (Urteil vom 21. September 2006). Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt wies die Berufung des Klägers mit Urteil ohne mündliche Verhandlung am 6. November 2008 – L 1 R 501/06 zurück, nachdem es zuvor ein Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Richter am Landessozialgericht ... als unbegründet abgelehnt hatte. Den Antrag des Klägers auf Wiederaufnahme seines zweitinstanzlichen Verfahrens vom 26. Mai 2009 wies das LSG Sachsen-Anhalt in mündlicher Verhandlung unter Anwesenheit des Klägers am 24. März 2011 ab. Das Bundessozialgericht verwarf mit Beschluss vom 11. Juli 2011 die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig.
Den Antrag des Klägers vom 16. Mai 2011 auf Überprüfung des Feststellungsbescheids wies die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2011 als unbegründet zurück. Die Klage vor dem Sozialgericht Halle S 6 R 971/11 wurde mit Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2011 abgewiesen, nachdem der Kläger zuvor erfolglos einen Befangenheitsantrag gegen den Richter am Sozialgericht gestellt hatte. Der Kläger reichte Berufung beim Landessozialgericht ein und stellte zugleich ein Ablehnungsgesuch des zuständigen 1. Senats sowie weitere Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit bezüglich des Richters am Landessozialgericht ... und des Präsidenten des Landessozialgerichts ... Das LSG wies die Berufung mit Urteil ohne mündliche Verhandlung am 20. August 2013 durch den Einzelrichter (L 1 RS 3/12) zurück. Am 30. Januar 2014 beantragte der Kläger erneut die Wiederaufnahme des Verfahrens. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 verwarf das LSG die Wiederaufnahmeklage als unzulässig (L 1 RS 4/14 WA). Anhörungsrüge und Gegenvorstellung des Klägers gegen diesen Beschluss verwarf das LSG mit Beschluss vom 29. Januar 2015 (L 1 RS 5/15 RG WA). Ein Rechtsschutzgesuch des Klägers vom 10. März 2015 verwarf das BSG mit Beschluss vom 24. März 2015 als unzulässig (B 5 RS 2/15 S), nachdem es zuvor auf eine Eingabe des Klägers vom 15. Januar 2015 äußerte, nichts weiter veranlassen zu wollen.
Den Antrag des Klägers vom 3. Februar 2015 auf Überprüfung seines Feststellungsbescheids lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2015 ab. Der Kläger erhob am 25. Februar 2015 Widerspruch und führte Folgendes aus: Chemiker von seien die Initiatoren der Zusatzversorgung Technische Intelligenz gewesen und Chemiker seien daher im Unrechtsstaat selbstverständlich in diese Zusatzversorgung von Anfang an einbezogen. In einem wahren Rechtsstaat sehe er sich nicht in der Lage, die Fehlurteile des 4. Senats des BSG als Recht und Gesetz anzuerkennen. In einem Willkürstaat wäre ihm wohl nichts anderes übrig geblieben. Er sei nach der I-gruppe (I für Technische Intelligenz) entlohnt worden und habe eine monatliche Treueprämie erhalten. Die Industriechemiker verspürten nicht, dass das Recht richtig angewandt und von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Er sehe sich daher gezwungen, den Zusatzversorgungsträger aufzufordern, seine Lügenthese wegen Mangels an nachprüfbaren Dokumenten umgehend zurückzuziehen. Es solle berücksichtigt werden, wieviel Schaden das Ansehen der Bundesrepublik als Rechtsstaat durch das Verhalten dieser Bundesbehörde bereits erlitten habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 18. Mai 2015 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und u.a. ausgeführt, für die Benachteiligung von Industriemechanikern habe die Beklagte eine Lügenthese erfunden. Für diese gebe es bisher keine Beweise. Auch fehle eine Stellungnahme der Beklagten zu ihrer Behauptung, ihre Entscheidung würde weder gegen eine gesetzliche Bestimmung noch gegen eine Rechtsverordnung noch gegen eine Verwaltungsordnung oder Dienstanweisung verstoßen. Aber sie verstoße gegen Gesetzesbestimmungen der DDR. Dies könne jedermann in der 1. DB von 1950 nachlesen. Es gebe keinen Beweis dafür, dass die 2. DB von 1951 die Absicht gehabt habe, die Industriechemiker auszuklammern. Die Beklagte negiere die Systematik er Berufe von 1949 BRD/1950 DDR und die 2. DB und Systematik der Berufe.
Der Kläger beantragt,
folgende offene Rechtsfrage zu klären: Wie ist es möglich, dass eine Bundesbehörde wie die Deutsche Rentenversicherung Bund in diesem Rechtsstaat Lügen über uns Industriechemiker der DDR verbreiten darf, diese Lügenthese dann in die Tat umsetzen darf und uns Industriechemiker rechtlich und finanziell benachteiligen darf, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.
den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 7. März 2000 Zeiten der Zugehörigkeit zum Alters- und Versorgungssystem der technischen Intelligenz und die entsprechenden Arbeitsentgelte für den Zeitraum vom 1. August 1965 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1. unzulässig.
Der Antrag zu 1. richtet sich gegen den unzutreffenden Klagegegner, nämlich die Deutsche Rentenversicherung Bund. Beklagte im konkreten Verfahren ist aber nicht die Deutsche Rentenversicherung Bund, sondern die Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme. An die Stelle der geschlossenen Versorgungseinrichtungen der DDR trat als eigenständige bundesdeutsche Behörde ein neu geschaffener sog. Versorgungsträger, der in einem, der späteren Rentenfeststellung, vorgelagerten Verfahren zunächst die für eine Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen maßgeblichen Daten vorab feststellt und insoweit einen sog. Datenfeststellungsbescheid erteilt. In diesem ersten Schritt sind vom Versorgungsträger u.a. auch die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem und die Höhe der aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens festzustellen. Insoweit haben es die Betroffenen – auch der Kläger – mit zwei unterschiedlichen Behörden zu tun. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich beim Versorgungsträger auch in organisatorischer Hinsicht um eine vom Rentenversicherungsträger unabhängige eigenständige Behörde mit besonderer Sachkunde handelt. Auf der Grundlage des geltenden Rechts sind mit der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Versorgungssystemen zwei verschiedene Behörden im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X befasst. Eine gegen den Rentenversicherungsträger gerichteter Antrag auf Klärung von sog. Systemzeiten ist unzulässig. Im Übrigen wäre ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf die von ihm aufgeworfene Frage nach positivem Recht schlechthin nicht gegeben. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Die den Kläger betreffende Rechtsfrage über die Nicht-Einbeziehung von Chemikern in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 ist durch die Rechtsprechung des BSG (letztmalig mit Urteil vom 10. April 2002) entschieden. Bezüglich der Nichteinbeziehung von Chemikern haben sich sämtliche Landessozialgerichte in Deutschland zwischenzeitlich, zumindest im Ergebnis, der Rechtsprechung des BSG angeschlossen. Die mag der Kläger für falsch halten. Angesichts einer ganzen Serie von diesbezüglichen Entscheidungen wird der Kläger lernen müssen, sich damit abzufinden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat Verfassungsbeschwerden von Chemikern nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie nach Auffassung des BVerfG keine Aussicht auf Erfolg haben. Das BVerfG hat betont, dass es keine Revisionsinstanz sei. Es könne nur prüfen, ob die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des BSG willkürlich sei. Das BVerfG sei nicht dazu berufen, die Vorschriften über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz der DDR sowie die Zusatzversordnungen "richtiger" als die Fachgerichte auszulegen. Es sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sich das BSG bei der Prüfung der Zugehörigkeit zu einer zusätzlichen Altersversorgung am Wortlaut der Versorgungsordnungen orientiert und nicht an eine Praxis der DDR anknüpfte. Damit werde zwar möglicherweise anders verfahren als zu DDR-Zeiten. Die Gerichte sind aber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die in der DDR herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Für das Vorliegen von Willkür bei der Auslegung der Rechtsvorschriften der DDR durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sah das Bundesverfassungsgericht keine Anhaltspunkte.
Insoweit hat das BVerfG die Möglichkeit aufgezeigt, dass es in der Sache nicht unbedingt der Rechtsprechung des BSG und dessen Auslegung zur 2. DB folgen würde. Es bleibt dem BVerfG jedoch verwehrt, eine andere Auslegung vorzuziehen. Konkret hat das BVerfG jedoch eindeutig erklärt, dass die vom BSG vorgenommene Auslegung verfassungskonform ist und in keiner Richtung ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Somit ist nun rechtskräftig vom BSG und vom BVerfG entschieden, dass Chemiker, wenn sie zu DDR-Zeiten keine Versorgungszusage erhalten haben, nicht obligatorisch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen sind. Aufgrund der Entscheidungen des BVerfG werden sämtliche Landessozialgerichte die Klagen bzw. Berufungen von Chemikern auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz negativ entscheiden.
Kosten sind nicht zu erstatten.
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