Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 AS 6335/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 1252/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juli 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Übernahme von Mietschulden als Darlehen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes.
Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2018 (Klage und Antrag auf einstweilige Anordnung) macht die Antragstellerin geltend, sie bewohne ihre Wohnung mit 69 m² in der H seit 1995, seit Auszug ihres Sohnes 2014 allein. Sie erhalte von dem Antragsgegner monatlich 525,02 Euro zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, die der Vermieterin direkt ausbezahlt würden. Die Kosten der Wohnung lägen seit Februar 2018 bei insgesamt 722,86 Euro. Wegen eines Mietrückstandes von 1.909,14 Euro sei ihr mit Schreiben vom 14. Februar 2018 fristlos gekündigt und in der Folge Räumungsklage erhoben worden. Die fristlose Kündigung könne nur durch Zahlung der ausstehenden Mietschulden abgewendet werden, § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Räumungsklage sei mit Zustellung der Klageschrift am 16. Mai 2018 rechtshängig geworden. Die Schonfrist des § 569 Abs.3 Nr.2 Bürgerliches Gesetzbuch(BGB) laufe am 16. Juli 2018 ab. Die Antragstellerin befinde sich in einer gesundheitlichen Ausnahmesituation. Die künftigen Mietforderungen seien gesichert in Folge eines geschlossenen Untermietvertrages über die Hälfte der Wohnungskosten, so dass die Kosten für Unterkunft und Heizung künftig nicht mehr unangemessen hoch seien. Der Untermieter sei bisher schlicht nicht eingezogen, da die Antragstellerin eine erneute Kündigung wegen unerlaubter Überlassung der Wohnung befürchtet habe. Die fristgemäße Kündigung, die mit der fristlosen Kündigung ausgesprochen worden sei, sei abweisungsreif, da verfrüht. Die ordentliche Kündigungsfrist laufe mindestens bis zum 30. November 2018, § 573c Abs. 1 BGB. Es müsse außerdem davon ausgegangen werden, dass eine fristgemäße Kündigung wegen Zahlungsverzugs aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB durch die genannten Argumente – spätestens wegen der notwendigen strengen Interessenabwägung, die auch bis vor dem BGH stets zugunsten psychisch erkrankter Mieter ausgehe, verlöre.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung unter dem Vorbehalt des Ausgangs der Hauptsache vorläufig verpflichtet, Mietschulden der Antragstellerin in Höhe von 2.698,09 Euro als Darlehen zu übernehmen und den genannten Betrag unmittelbar an die Vermieterin, die A G GmbH & Co. KG auszuzahlen.
Hilfsweise, sich gegenüber der Vermieterin vorbehaltlos zur Befriedigung der bis zum 16. Juli 2018 fälligen Miete und Nutzungsentschädigung zu verpflichten.
Überreicht wurde das Kündigungsschreiben vom 14. Februar 2018, womit das Mietverhältnis zum einen fristlos und zum anderen vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Termin gekündigt wurde. Mit der eingereichten Klageschrift vom 11. April 2018 wegen Räumung und Zahlung wurde erneut fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt. Eingereicht wurden u.a. Arztbriefe, Untermietvertrag.
Der Antragsgegner verwies u. a. darauf, dass die Wohnung nicht erhaltenswert sei.
Mit Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juli 2018 wurde der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Dagegen richtet sich die am 5. Juli 2018 beim Sozialgericht Berlin eingegangene Beschwerde der Antragstellerin: Es sei unbestritten, dass die Wohnung der Antragstellerin inzwischen unangemessen teuer sei. Die angegriffene Entscheidung überrasche dadurch, dass die gut dokumentierte und im Übrigen unbestrittene Krankheitsgeschichte der Antragstellerin lediglich zu der Frage diskutiert werde, ob sie in der Lage sei, umzuziehen; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein entsprechender Nachweis zu tatsächlich freien, verfügbaren und angemessenen Wohnungen vom Antragsgegner zu führen sei. Dies habe der Antragsgegner wohlweislich bereits nicht versucht. Auch die Bewertung der zukünftigen Sicherung der Miete durch den wirksamen Untermietvertrag sei in der Bewertung verkürzt geraten. Der Untermieter möchte vor allen Dingen die Antragstellerin durch Zahlung der Untermiete unterstützen. Die Zahlung könne auch unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsmittel auch aus dem Ausland veranlasst werden.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4.Juli 2018 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung unter dem Vorbehalt des Ausgangs der Hauptsache vorläufig zu verpflichten, Mietschulden der Antragstellerin in Höhe von 2.698,09 Euro als Darlehen zu übernehmen und den genannten Betrag unmittelbar an die Vermieterin, die A H GmbH & Co. KG auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens des Anordnungsgrundes (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 86 b Rdnr. 16 b).
Ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – zitiert nach juris).
Nach diesen Maßstäben ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern:
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II gilt:
1Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. 2Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. 3Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist vorrangig einzusetzen. 4Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
Zwar handelt es sich nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss um Schulden im Sinne dieser Vorschrift (vgl. zur Abgrenzung von Schulden für eine Unterkunft einerseits und den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung andererseits BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R – Rdnr. 17, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 38; BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R – Rdnr. 17, abgedruckt in BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41).
Allerdings sind die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift nicht glaubhaft gemacht. Eine Ermessensreduzierung auf Null, die im Hinblick auf für § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II den Anspruch begründen könnte, liegt nicht vor.
Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden der Erhalt der Wohnung ist (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R –, BSGE 106, 190-199, SozR 4-4200 § 22 Nr 41, Rn. 23). Allerdings könnte die Wohnung auch nach Übernahme der Schulden durch den Antragsgegner nicht erhalten werden.
Aus diesem Grund ist die Übernahme auch nicht gerechtfertigt und notwendig um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden (§ 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II).
Zwar kann gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB die fristlose Kündigung mit Begleichung der Mietschulden abgewandt werden, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet hat.
Allerdings kann damit die erfolgte ordentliche Kündigung nicht abgewendet werden, denn die Vorschrift ist nicht anwendbar bei einer ordentlichen Kündigung gemäß § 573 Abs. I, II Nr. 1 BGB: Wird die ordentliche Kündigung ausgesprochen, kann die Befriedigung des Vermieters hinsichtlich der fälligen Miete nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses führen, denn § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB findet nach der Rechtsprechung des BGH bei einer Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Anwendung (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 – VIII ZR 102/06, Rdnr. 11, zitiert nach juris, m. w. N.).
Die ordentliche Kündigung ist nach Aktenlage auch begründet. Gemäß § 573 Abs. I, II Nr. 1 BGB kann der Vermieter kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, wobei ein berechtigtes Interesse insbesondere vorliegt, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Soweit der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB erfüllt wird, stellt dies eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung eines Mieters im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar (Bundesgerichtshof – BGH - Urteil vom 25. Oktober 2006 –, Rdnr. 9, zitiert nach juris,).
Der BGH hat in jener Entscheidung ausgeführt, dass der mehr als zwei Monate andauernde Verzug mit der Entrichtung von Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe eines Betrages, der – wie dort – die Bruttomiete von zwei Monaten überschreitet, eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung eines Mieters im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt. Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB berechtige dieser Umstand den Vermieter sogar zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Nach Auffassung des Gesetzgebers handele es sich bei einem solchen Verhalten also um eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter regelmäßig als unzumutbar erscheinen lässt. Es begründe daher jedenfalls ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Soweit die Antragstellerin in der Antragsschrift für sich Erfolgsaussichten in einem Gerichtsverfahren hinsichtlich der ordentlichen Kündigung annimmt auf Grundlage einer Rechtsprechung "bis vor den BGH stets zugunsten psychisch erkrankter Mieter", ist aktuell dazu kein Sachverhalt glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen im angefochtenen Beschluss.
Nach allem ist infolge der bereits erfolgten ordentliche Kündigung auch ein Anordnungsgrund zu verneinen, denn auch eine Zahlung der Mietschulden könnte den durch die wirksame ordentliche Kündigung drohenden Verlust der gegenwärtigen Wohnung -wenn auch erst nach dem 30. November 2018- nicht verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werde, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Übernahme von Mietschulden als Darlehen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes.
Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2018 (Klage und Antrag auf einstweilige Anordnung) macht die Antragstellerin geltend, sie bewohne ihre Wohnung mit 69 m² in der H seit 1995, seit Auszug ihres Sohnes 2014 allein. Sie erhalte von dem Antragsgegner monatlich 525,02 Euro zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, die der Vermieterin direkt ausbezahlt würden. Die Kosten der Wohnung lägen seit Februar 2018 bei insgesamt 722,86 Euro. Wegen eines Mietrückstandes von 1.909,14 Euro sei ihr mit Schreiben vom 14. Februar 2018 fristlos gekündigt und in der Folge Räumungsklage erhoben worden. Die fristlose Kündigung könne nur durch Zahlung der ausstehenden Mietschulden abgewendet werden, § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Räumungsklage sei mit Zustellung der Klageschrift am 16. Mai 2018 rechtshängig geworden. Die Schonfrist des § 569 Abs.3 Nr.2 Bürgerliches Gesetzbuch(BGB) laufe am 16. Juli 2018 ab. Die Antragstellerin befinde sich in einer gesundheitlichen Ausnahmesituation. Die künftigen Mietforderungen seien gesichert in Folge eines geschlossenen Untermietvertrages über die Hälfte der Wohnungskosten, so dass die Kosten für Unterkunft und Heizung künftig nicht mehr unangemessen hoch seien. Der Untermieter sei bisher schlicht nicht eingezogen, da die Antragstellerin eine erneute Kündigung wegen unerlaubter Überlassung der Wohnung befürchtet habe. Die fristgemäße Kündigung, die mit der fristlosen Kündigung ausgesprochen worden sei, sei abweisungsreif, da verfrüht. Die ordentliche Kündigungsfrist laufe mindestens bis zum 30. November 2018, § 573c Abs. 1 BGB. Es müsse außerdem davon ausgegangen werden, dass eine fristgemäße Kündigung wegen Zahlungsverzugs aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB durch die genannten Argumente – spätestens wegen der notwendigen strengen Interessenabwägung, die auch bis vor dem BGH stets zugunsten psychisch erkrankter Mieter ausgehe, verlöre.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung unter dem Vorbehalt des Ausgangs der Hauptsache vorläufig verpflichtet, Mietschulden der Antragstellerin in Höhe von 2.698,09 Euro als Darlehen zu übernehmen und den genannten Betrag unmittelbar an die Vermieterin, die A G GmbH & Co. KG auszuzahlen.
Hilfsweise, sich gegenüber der Vermieterin vorbehaltlos zur Befriedigung der bis zum 16. Juli 2018 fälligen Miete und Nutzungsentschädigung zu verpflichten.
Überreicht wurde das Kündigungsschreiben vom 14. Februar 2018, womit das Mietverhältnis zum einen fristlos und zum anderen vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Termin gekündigt wurde. Mit der eingereichten Klageschrift vom 11. April 2018 wegen Räumung und Zahlung wurde erneut fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt. Eingereicht wurden u.a. Arztbriefe, Untermietvertrag.
Der Antragsgegner verwies u. a. darauf, dass die Wohnung nicht erhaltenswert sei.
Mit Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. Juli 2018 wurde der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Dagegen richtet sich die am 5. Juli 2018 beim Sozialgericht Berlin eingegangene Beschwerde der Antragstellerin: Es sei unbestritten, dass die Wohnung der Antragstellerin inzwischen unangemessen teuer sei. Die angegriffene Entscheidung überrasche dadurch, dass die gut dokumentierte und im Übrigen unbestrittene Krankheitsgeschichte der Antragstellerin lediglich zu der Frage diskutiert werde, ob sie in der Lage sei, umzuziehen; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein entsprechender Nachweis zu tatsächlich freien, verfügbaren und angemessenen Wohnungen vom Antragsgegner zu führen sei. Dies habe der Antragsgegner wohlweislich bereits nicht versucht. Auch die Bewertung der zukünftigen Sicherung der Miete durch den wirksamen Untermietvertrag sei in der Bewertung verkürzt geraten. Der Untermieter möchte vor allen Dingen die Antragstellerin durch Zahlung der Untermiete unterstützen. Die Zahlung könne auch unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsmittel auch aus dem Ausland veranlasst werden.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4.Juli 2018 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung unter dem Vorbehalt des Ausgangs der Hauptsache vorläufig zu verpflichten, Mietschulden der Antragstellerin in Höhe von 2.698,09 Euro als Darlehen zu übernehmen und den genannten Betrag unmittelbar an die Vermieterin, die A H GmbH & Co. KG auszuzahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens des Anordnungsgrundes (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 86 b Rdnr. 16 b).
Ist im Eilverfahren eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – zitiert nach juris).
Nach diesen Maßstäben ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern:
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 22 Abs. 8 SGB II gilt:
1Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. 2Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. 3Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist vorrangig einzusetzen. 4Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
Zwar handelt es sich nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss um Schulden im Sinne dieser Vorschrift (vgl. zur Abgrenzung von Schulden für eine Unterkunft einerseits und den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung andererseits BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R – Rdnr. 17, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 38; BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R – Rdnr. 17, abgedruckt in BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41).
Allerdings sind die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift nicht glaubhaft gemacht. Eine Ermessensreduzierung auf Null, die im Hinblick auf für § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II den Anspruch begründen könnte, liegt nicht vor.
Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil das gesetzliche Ziel der Übernahme der Schulden der Erhalt der Wohnung ist (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 58/09 R –, BSGE 106, 190-199, SozR 4-4200 § 22 Nr 41, Rn. 23). Allerdings könnte die Wohnung auch nach Übernahme der Schulden durch den Antragsgegner nicht erhalten werden.
Aus diesem Grund ist die Übernahme auch nicht gerechtfertigt und notwendig um drohende Wohnungslosigkeit abzuwenden (§ 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II).
Zwar kann gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB die fristlose Kündigung mit Begleichung der Mietschulden abgewandt werden, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet hat.
Allerdings kann damit die erfolgte ordentliche Kündigung nicht abgewendet werden, denn die Vorschrift ist nicht anwendbar bei einer ordentlichen Kündigung gemäß § 573 Abs. I, II Nr. 1 BGB: Wird die ordentliche Kündigung ausgesprochen, kann die Befriedigung des Vermieters hinsichtlich der fälligen Miete nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses führen, denn § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB findet nach der Rechtsprechung des BGH bei einer Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Anwendung (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 – VIII ZR 102/06, Rdnr. 11, zitiert nach juris, m. w. N.).
Die ordentliche Kündigung ist nach Aktenlage auch begründet. Gemäß § 573 Abs. I, II Nr. 1 BGB kann der Vermieter kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesses an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, wobei ein berechtigtes Interesse insbesondere vorliegt, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Soweit der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB erfüllt wird, stellt dies eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung eines Mieters im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar (Bundesgerichtshof – BGH - Urteil vom 25. Oktober 2006 –, Rdnr. 9, zitiert nach juris,).
Der BGH hat in jener Entscheidung ausgeführt, dass der mehr als zwei Monate andauernde Verzug mit der Entrichtung von Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe eines Betrages, der – wie dort – die Bruttomiete von zwei Monaten überschreitet, eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung eines Mieters im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellt. Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB berechtige dieser Umstand den Vermieter sogar zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Nach Auffassung des Gesetzgebers handele es sich bei einem solchen Verhalten also um eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter regelmäßig als unzumutbar erscheinen lässt. Es begründe daher jedenfalls ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Soweit die Antragstellerin in der Antragsschrift für sich Erfolgsaussichten in einem Gerichtsverfahren hinsichtlich der ordentlichen Kündigung annimmt auf Grundlage einer Rechtsprechung "bis vor den BGH stets zugunsten psychisch erkrankter Mieter", ist aktuell dazu kein Sachverhalt glaubhaft gemacht. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen im angefochtenen Beschluss.
Nach allem ist infolge der bereits erfolgten ordentliche Kündigung auch ein Anordnungsgrund zu verneinen, denn auch eine Zahlung der Mietschulden könnte den durch die wirksame ordentliche Kündigung drohenden Verlust der gegenwärtigen Wohnung -wenn auch erst nach dem 30. November 2018- nicht verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werde, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved