L 10 U 933/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 U 1320/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 933/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.01.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist (noch) die Gewährung von Verletztenrente streitig.

Der am 1964 geborene Kläger erlitt am 08.11.2010 gegen 7.00 Uhr im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Baumaschinist der T. Rohrleitungsbau GmbH einen Arbeitsunfall, als er beim Absteigen von der Ladefläche eines Lkw mit dem rechten Fuß abrutschte, umknickte, auf die rechte Schulter fiel und sich dabei jedenfalls eine nachfolgend ausgeheilte Zerrung des rechten Sprunggelenks sowie eine Prellung der rechten Schulter zuzog (vgl. Unfallschilderung des Klägers vom 07.03.2011, L 18, S. 1 VerwA; Unfallanzeige vom 20.03.2011, L 28 VerwA). Der Kläger arbeitete zunächst weiter, brach die Arbeit wegen zunehmender Schulterschmerzen jedoch gegen 15.00 Uhr ab und stellte sich um ca. 16.00 Uhr bei dem Durchgangsarzt Dr. M. , Gemeinschaftspraxis in der A. , vor. Dieser ging nach Untersuchung des Klägers (Befund rechte Schulter: Druckschmerz ventral und AC-Gelenk, keine Klaviertaste, Anteversion/Retroversion frei, Elevation aktiv 100 Grad, Impingement-Zeichen nicht prüfbar) diagnostisch von einer Prellung der rechten Schulter aus und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 12.11.2010. Er sah eine Kontrolle in einer Woche vor und ggf. eine Magnetresonanztomographie (MRT) zum Ausschluss einer Rotatorenmanschettenruptur (vgl. Durchgangsarztbericht vom 08.11.2010, L 1 VerwA).

Am 10.11.2010 sprach der Kläger bei seinem Arbeitgeber vor, wobei sie sich, um das anstehende Projekt vor Beginn der Winterpause fertigstellen zu können, darauf einigten, dass der Kläger unter Vermeidung jeglichen körperlichen Einsatzes eine Kolonne beaufsichtigt. Dementsprechend wurde der Kläger unter Schonung der rechten Schulter bis zum 26.11.2010 tätig. Nachfolgend wurde witterungsbedingt auf den Baustellen nicht gearbeitet (vgl. Auskunft des Arbeitgebers vom 15.03.2017, Bl. 43/44 Senatsakte).

Auf Veranlassung des Dr. M. (der Zeitpunkt ist nicht dokumentiert) wurde am 14.01.2011 in der radiologischen Praxis des Dr. B. eine MRT der rechten Schulter durchgeführt, die - so die entsprechende Beurteilung - eine "komplette und vermutlich frischere Ruptur der Supraspinatussehne ventralseitig (passend zum Unfallereignis im November)" zeigte (vgl. L 4 VerwA). In seinem Zwischenbericht an die Beklagte vom 03.02.2011 führte Dr. M. nachfolgend aus, er habe auf Grund anhaltender Schmerzen zu einer Sehnennaht geraten. Die Resorptionszyste im Tuberculum majus und die Rotatorenruptur der Gegenseite spreche für einen länger zurückliegenden unfallfremden Vorschaden. Der MRT-Befund und der Unfallmechanismus (direkter Sturz auf Schulter mit Adduktionstrauma) spreche für eine Traumaursache. Letztlich müsse dies in einem Zusammenhangsgutachten geklärt werden. Als Baggerfahrer sei der Kläger arbeitsfähig (vgl. L 5 VerwA). Die Operation wurde angesichts der beim Kläger im Bereich der linken Schulter noch vorhandenen Restbeschwerden nach arthroskopischer Naht einer Supraspinatussehnenruptur im Februar 2010 zunächst für Mai geplant (vgl. Arztbrief des Dr. M. vom 03.02.2011, L 35 S. 2 VerwA), schließlich jedoch erst am 21.12.2011 durchgeführt, wobei im Rahmen einer Arthroskopie eine Sehnenrekonstruktion durchgeführt wurde (vgl. Operationsbericht L 35 S. 6 VerwA).

Die Beklagte holte nach Beiziehung medizinischer Unterlagen sowie eines Vorerkrankungsverzeichnisses die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. ein, der die Auffassung vertrat, dass wesentlich mehr gegen als für einen Zusammenhang zwischen dem Sturz des Klägers und der Rotatorenmanschettenläsion rechts spreche. So sei das Unfallereignis mit einem direkten Anpralltrauma nicht geeignet, eine Ruptur der Supraspinatussehne zu verursachen und der Erstbefund mit guter Beweglichkeit des rechten Schultergelenks (Vorheben des rechten Armes frei, seitliche Elevation bis 100 Grad möglich) entspreche nicht dem bei einer frischen Verletzung zu erwartenden Funktionsverlust. Auch habe der Kläger zunächst noch weiterarbeiten können, was kein verletzungskonformes Verhalten darstelle. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe im Übrigen ein Hochstand des rechten Oberarmkopfes vorgelegen und im Bereich des Tuberculum majus hätten röntgenologisch Zeichen für eine seit langem bestehende Affektion der rechten Rotatorenmanschette vorgelegen; auch kernspintomographisch sei diesbezüglich eine Zyste im Tuberculum majus nachweisbar. Die Resorptionszyste im Tuberkulum majus sowie das Impingement-Syndrom auf der linken Seite mit degenerativer Ruptur der Supraspinatussehne sowie Tendinose der Subscapularissehne sprächen zudem für einen länger zurückliegenden unfallfremden Vorschaden (vgl. L 53 S. 1/2 VerwA).

Mit Bescheid vom 13.09.2012 lehnte die Beklagte wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08.11.2010 die Gewährung einer Rente sowie Leistungen der Unfallversicherung über den 13.12.2010 hinaus ab. Der Unfall habe lediglich zu einer Prellung der Außenseite des rechten Schultergelenks und des rechten Oberarmes sowie einer leichten Zerrung des rechten oberen Sprunggelenks geführt. Unfallunabhängig lägen ein subtotaler degenerativer Riss der rechten Supraspinatussehne, degenerative Veränderungen des rechten Bizepssehnenankers sowie der rechten Bizepssehne, eine Funktionsbeeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit durch mäßiggradige hypertrophe Arthrose des rechten Schultergelenks sowie bei gebogenem Schultereckgelenk vor. Die über den 13.12.2011 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit beruhe nicht auf dem Arbeitsunfall. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2013 zurück.

Am 28.02.2013 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, der MRT-Befund vom 14.01.2011, der eine frische Rotatorenmanschettenruptur zeige, mache die Folgen seines Sturzes hinreichend deutlich.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört, u.a. den Allgemeinarzt Dr. S. (hausärztliche Behandlungen seit 1993, u.a. wegen rezidivierenden Depressionen seit 2000, schmerzhaften Schultersteifen beidseits, chronischem HWS-Syndrom) und Dr. T. aus der Gemeinschaftspraxis in der A. , der über Behandlungen in der Praxis seit August 1998 u.a. wegen Rotatorenmanschettenruptur links 2005 und 2010 (OP am 22.02.2010), einem Impingement-Syndrom beider Schultern 2009 und einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur rechts bei Unfall am 13.01.2011 mit Operation am 21.12.2011 berichtet hat. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. Dr. R. , Direktor des Zentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie im Universitätsklinikum M. , auf Grund Untersuchung des Klägers im Juli 2014 eingeholt. Dem Sachverständigen hat der Kläger berichtet, er habe nach dem Unfall mit Unterstützung eines Helfers auf dem Verladeplatz mit dem Kran weiterhin die Dielen auf den Lkw geladen, diesen danach selbst noch ca. 20 Minuten zur Baustelle gefahren und sei dort mit dem Minibagger noch ca. drei Stunden seiner Arbeit nachgegangen, bevor er sie gegen 11.00 Uhr abgebrochen und mit dem VW-Bus, den er selbst gelenkt habe, nach Hause gefahren sei. Der Sachverständige hat einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Schädigung der Supraspinatussehne verneint, da ein diese Sehne schädigender Ablauf nicht feststellbar sei und die Fortführung der Arbeit nach dem Unfall gegen eine traumatische Sehnendurchtrennung spreche, da eine solche mit einer sofortigen massiven Schmerzhaftigkeit und einem Funktionsverlust einhergehe. Zudem spreche die Funktionalität der Schulter anlässlich der Erstuntersuchung gegen eine frische Zerreißung der Supraspinatussehne. Im Übrigen habe bereits zum Unfallzeitpunkt eine Schädigung der Supraspinatussehne mit degenerativen Veränderung an ihrem Ansatz am Oberarmkopf im Sinne einer Zystenbildung als Ausdruck degenerativer Veränderungen bestanden. Auch die Schädigung der Sehne im Bereich der linken Schulter spreche für ein höheres Degenerationsrisiko hinsichtlich der Sehne rechtsseitig.

Mit Urteil vom 27.01.2015 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. Dr. R. abgewiesen. Der Riss der Supraspinatussehne im Bereich der rechten Schulter sei nicht hinreichend wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es spreche mehr gegen als für einen ursächlichen Zusammenhang.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 12.02.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.03.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und an seiner Auffassung festgehalten, dass die Rotatorenmanschettenruptur Folge des Arbeitsunfalls sei. Er hat darauf hingewiesen, dass er nach dem Unfall zwar weitergearbeitet habe, jedoch nicht schmerzfrei, sondern unter erheblichen Schmerzen. Unzutreffend sei auch, dass sich anlässlich der ersten Untersuchung noch eine relativ gute Beweglichkeit gezeigt habe. Er hat auf den MRT-Befund des Dr. B. hingewiesen, der eine vermutlich frischere Ruptur beschrieben habe. Insgesamt spreche mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.01.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat Dr. M. aus der Gemeinschaftspraxis in der A. ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, einen Ausdruck der geführten Patientendokumentation beigezogen und ein radiologisches Gutachten bei Prof. Dr. Dr. W. , Facharzt für Radiologie/Neuroradiologie und seinerzeit Leitender Oberarzt in der Diagnostischen Interventionellen Radiologie im Universitätsklinikum Heidelberg, eingeholt. Nach Auswertung der MRT-Aufnahmen handele es sich seiner Auffassung zu Folge bei der Supraspinatussehnenruptur am ehestehen um eine frische Full-Thickness-Ruptur, die durchaus durch ein ca. zehn Wochen zurückliegendes Unfallereignis begründet worden sein könne. Typische Zeichen einer länger zurückliegenden Sehnenschädigung im Bereich der Supraspinatussehne fänden sich nicht. Der Senat hat darüber hinaus das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. , Orthopädisches Forschungsinstitut S. , auf Grund Untersuchung des Klägers im September 2017 eingeholt. Der Sachverständige hat es unter Abwägung der für und gegen einen Unfallzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte zwar für möglich, jedoch nicht für wahrscheinlich erachtet, dass der Kläger bei dem erlittenen Sturz am 08.11.2010 einen Supraspinatussehnenriss erlitt. Dies gelte gerade auch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. Dr. W ...

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2013 lediglich noch insoweit, als die Beklagte mit diesen Bescheiden die Gewährung von Verletztenrente ablehnte. Hierauf hat der Kläger sein Begehren im Berufungsverfahren beschränkt (vgl. Bl. 41 LSG-Akte) und die im Klageverfahren gestellten weiteren Anträge nicht mehr weiterverfolgt.

Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletztenrente hat das SG die Klage allerdings zu Recht abgewiesen. Denn soweit es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden ablehnte, dem Kläger Verletztenrente zu gewähren, ist die Entscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn dem Kläger steht Verletztenrente wegen Folgen des am 08.11.2010 erlittenen Arbeitsunfalls nicht zu.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Anspruch auf eine Rente Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Die dargelegten Voraussetzungen für die von ihm beanspruchte Verletztenrente erfüllt der Kläger nicht. Zwar erlitt der Kläger am 08.11.2010 einen Arbeitsunfall - wovon die Beklagte ausweislich des angefochtenen Bescheides auch selbst ausging -, allerdings ist nicht festzustellen, dass es bei diesem Ereignis auch zu dem im MRT vom 14.01.2011 dokumentierten strukturellen Schaden und damit zu dem Riss im Bereich der Supraspinatussehne kam, dessen Folgen die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers einschränken.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Gesundheitsschaden geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können; sie müssen daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 20.12.2016, B 2 U 16/15 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 60). Nur hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung sowie der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, a.a.O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Begründung); hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob neben der versicherten Ursache weitere Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn (erste Stufe) zum Gesundheitsschaden beitrugen. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Nach diesen Grundsätzen erachtet es der Senat ebenso wenig wie das SG für wahrscheinlich, dass das Ereignis vom 08.11.2010 beim Kläger zu einem Riss im Bereich der Rotatorenmanschette der rechten Schulter, nämlich der Supraspinatussehne, führte. Der Senat schließt sich der Auffassung des SG an, das gestützt auf das schlüssige und überzeugende Gutachten des Prof. Dr. Dr. R. zu der Einschätzung gelangt ist, dass gewichtigere Gründe gegen einen Unfallzusammenhang sprechen und damit nicht wahrscheinlich gemacht werden kann, dass das angeschuldigte Ereignis zu der in Rede stehenden Schädigung im Bereich der Rotatorenmanschette führte. Dabei hat der Sachverständige die für die Beurteilung maßgeblichen Gesichtspunkte im einzelnen dargelegt (insbes. Primärbefund am Unfalltag mit relativ guter Beweglichkeit, Verhalten nach dem Unfall mit Weiterführung der Arbeit, MRT-Befund), diese gewürdigt, gewichtet und gegen einander abgewogen und ist dabei zu der überzeugenden Beurteilung gelangt, dass mehr Gesichtspunkte gegen als für einen Zusammenhang zwischen dem Sturz des Klägers und der ca. zehn Wochen später objektivierten Supraspinatussehnenläsion sprechen. Der Senat sieht insoweit deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend hierzu weist der Senat darauf hin, dass sich auch der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Dr. B. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme in diesem Sinne äußerte und ebenso wie der Sachverständige Prof. Dr. Dr. R. davon ausging, dass gerade der Erstbefund am Unfalltag mit einem freien Vorheben des rechten Armes und einer bis 100 Grad möglichen seitlichen Elevation nicht mit einer frischen Verletzung zu vereinbaren ist, da eine frische Zerreißung im Bereich der Rotatorenmanschette eher zu einem Funktionsverlust führt und die auftretende erhebliche Schmerzsymptomatik meist die Einstellung der beruflichen Tätigkeit nach sich zieht. Wie der Kläger anlässlich seiner Untersuchung bei dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. R. dargelegt hat, hat er jedoch - selbst wenn dies entsprechend seines Vorbringens im Berufungsverfahren nur unter erheblichen Schmerzen möglich war - weitergearbeitet und war noch in der Lage, nach dem Beladen den Lkw zur Baustelle zu fahren, dort einen Minibagger zu bedienen und anschließend den VW-Bus zu lenken, um mit diesem nach Hause zu fahren.

In diesem Sinne äußerte sich auch der vom Senat im Berufungsverfahren hinzugezogene Sachverständige Dr. W. , und zwar gerade auch unter Berücksichtigung des vom Senat darüber hinaus eingeholten radiologischen Gutachtens des Prof. Dr. Dr. W. , der nach erneuter Auswertung der MRT-Aufnahmen vom 14.01.2011 - ebenso wie Dr. B. im Rahmen seiner Erstbefundung - davon ausgegangen ist, dass die Schnittaufnahmen einen relativ frischen Supraspinatussehnenriss dokumentieren und weiter dargelegt hat, dass dieser Riss durch ein Ereignis vor ca. zehn Wochen eingetreten sein könnte und damit auch anlässlich des Ereignisses vom 08.11.2010. Überzeugend hat Dr. W. jedoch deutlich gemacht, dass maßgebliche Gesichtspunkte gleichwohl dagegen sprechen, dass der Supraspinatussehnenriss gerade anlässlich des Sturzes des Klägers am 08.11.2010 auftrat. Überzeugend hat er dabei dargelegt, dass sich beim Kläger eine isolierte Verletzung im Bereich des Musculus supraspinatus zeigte, während Unfallverletzungen in aller Regel mit zusätzlichen Verletzungen einhergehen und gerade auch der Erstbefund des Dr. M. vom 08.11.2010 im Wesentlichen unspezifisch war und keinen sicheren Hinweis auf eine Verletzung der Rotatorenmanschette zeigte, vielmehr die dokumentierte Beweglichkeit im Bereich der rechten Schulter mit einer freien Anteversion und Retroversion und einer aktiven Elevation bis 100 Grad gerade gegen eine akute Sehnenruptur sprechen. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen kommt hinzu, dass auch der klinische Verlauf mit einer frischen Verletzung nicht vereinbar ist, da frische Muskelzerreißungen im Bereich der Rotatorenmanschette zu einer erheblichen Schmerzsymptomatik mit Einblutung in das Gelenk und in aller Regel zu einer Einstellung der beruflichen Tätigkeiten führen, insbesondere wenn im Rahmen der Tätigkeit, wie gerade beim Kläger, der Einsatz der oberen Extremitäten und Belastungen des Schultergelenks erforderlich sind. Hierbei seien Patienten mit einer Verletzung der Rotatorenmanschette - so Dr. W. weiter -, gerade wenn keine fassbaren degenerativen Vorschädigungen vorhanden sind, nicht in der Lage, körperliche Arbeiten durchzuführen und gerade auch nicht einen Lkw oder Pkw zu führen oder über drei Stunden unmittelbar nach dem Unfallgeschehen einen Minibagger zu bedienen, wie dies der Kläger tat. Ausgehend hiervon hat es der Sachverständige für den Senat überzeugend nicht für wahrscheinlich erachtet, dass der vom Kläger am 08.11.2010 erlittene Sturz zu der nachfolgend im Januar 2011 objektivierten Supraspinatussehnenruptur führte, wenngleich er dies nicht ausschließen wollte und für möglich erachtet hat.

Soweit der Kläger meint, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Sturz und der nachfolgend objektivierten Supraspinatussehnenruptur lasse sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. herleiten, trifft dies nicht zu. Insoweit verkennt der Kläger, dass sich mit dem vorliegenden radiologischen Befund als solchem ein Unfallzusammenhang weder nachweisen noch wahrscheinlich machen lässt. Dieser Befund lässt zwar Aussagen zur Ursache der Läsion zu, mithin ob diese eher degenerativer Natur oder traumatisch bedingt ist, und die Ausgestaltung des sich zeigenden Defekts ermöglicht ggf. eine grobe Schätzung des Entstehungszeitpunkts. Wenn der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. daher dargelegt hat, dass am ehesten von einer frischen Ruptur auszugehen sei, die sich mit einem zehn Wochen zurückliegenden Ereignis vereinbaren lasse, stellt dies lediglich einen Gesichtspunkt dar, der für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der später diagnostizierten Supraspinatussehnenruptur spricht, der jedoch wiederum unter Berücksichtigung der weiteren bei der Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien zu würdigen ist. Dies hat der Sachverständige Dr. W. für den Senat überzeugend getan und ist gerade unter Berücksichtigung des Erstbefundes und des klinischen Verlaufs nach dem Sturz des Klägers zu der Einschätzung gelangt, dass es zwar möglich erscheint, dass der Sturz zu der in Rede stehenden Substanzverletzung führte, dies jedoch nicht als hinreichend wahrscheinlich zu erachten ist.

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass auch der Sachverständige Dr. W. davon ausgegangen sei, dass die objektivierte Ruptur der Supraspinatussehne nicht bereits vor dem Unfallereignis vorgelegen habe, führt dies nicht weiter. Denn die Bejahung der Frage nach dem Vorbestehen der in Rede stehenden strukturellen Verletzung würde den Kausalzusammenhang ausschließen. Die Verneinung dieser Frage, spricht demnach zwar nicht gegen einen Kausalzusammenhang, belegt ihn indessen auch nicht. Vielmehr - und gerade dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten geleistet - sind neben dem radiologischen Befund und seiner Bewertung auch die sonstigen Aspekte, hier also insbesondere der klinische Erstbefund mit weitgehend freier Beweglichkeit sowie die unmittelbar nach dem Ereignis aus dem Verhalten des Klägers ableitbare Symptomatik in die Abwägung einzustellen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass im vorliegenden Verfahren nicht zu klären ist, durch welche Umstände es zu der Ruptur der Supraspinatussehne kam. Maßgebend ist allein, ob das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache ist, was der Senat verneint. Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass auch ein späteres Ereignis nach dem 08.11.2010 als Ursache nicht auszuschließen ist. Konkret hat Dr. T. in seiner dem SG erteilten Auskunft über eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur rechts bei Unfall am 13.01.2011 berichtet (und zwar an zwei Stellen seiner Auskunft), also für den Tag vor der durchgeführten MRT-Untersuchung am 14.01.2011. Auf die Rückfrage des Senats hat Dr. M. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge zwar ausgeführt, dass ein erneuter Unfall vom 13.01.2011 nicht bekannt sei und es sich insoweit offensichtlich um eine Fehlinformation handele, allerdings hat sich Dr. M. zu der an ihn gerichteten Frage nach den konkreten Vorstellungsdaten des Klägers zwischen dem Unfall am 08.11.2010 und Januar 2011 nicht weiter geäußert und seine Auskunft beschränkt auf die am Unfalltag erhobenen Befunde, obwohl der Kläger nach seinen eigenen Angaben nachfolgend ein weiteres Mal bei Dr. M. vorsprach. Auch die vom Senat beigezogene Patientendokumentation wurde lediglich unvollständig und mit "ausgewählten Einträgen" (vgl. Bl. 36 Senatsakte) vorgelegt, wobei diese keinerlei Vorstellungen zwischen dem 27.05.2010 und 19.05.2011 ausweist, obwohl der Kläger in diesem Zeitraum ausweislich des Durchgangsarztberichts doch jedenfalls am 08.11.2010 vorstellig wurde und offenbar auch anlässlich einer nachfolgenden Kontrolle, auf Grund derer die MRT vom 14.01.2011 veranlasst wurde. Zudem ist von einer weiteren Vorstellung nach Durchführung der MRT-Untersuchung auszugehen, die Grundlage des erwähnten Zwischenberichts vom 03.02.2011 wurde. Einer abschließenden Klärung bedarf es nicht, weil auch bei fehlendem Nachweis eines weiteren Schadensereignisses an dem von Dr. T. genannten Datum die Beurteilungskriterien für die Kausalitätsprüfung in Bezug auf den Arbeitsunfall vom 08.11.2010 gleichbleiben.

Soweit der Kläger zuletzt geltend gemacht hat, der Sachverständige Dr. W. habe den Unfallhergang falsch wiedergegeben, überzeugt dies den Senat nicht. Denn wenn er nunmehr behauptet, er habe sich mit beiden Armen und aller Kraft am Lkw festgehalten und nachdem der linke Arm auf Grund seiner Vorschädigung der Belastung nicht mehr Stand gehalten habe, sei er nur noch am rechten Arm am Lkw gehangen und durch das Lösen des linken Armes habe sich der rechte Arm verdreht, bevor sich auch dieser gelöst habe und er auf die rechte Schulter zu Boden gestürzt sei, handelt es sich um eine gänzlich neue Schilderung des Unfallhergangs, die deutlich von den Darlegungen abweicht, wie sie vom Kläger während des Verfahrens in gleicher Weise mehrmals vorgebracht wurden, nämlich dass er beim Absteigen von der Ladefläche eines Lkw mit dem rechten Fuß abrutschte, umknickte und auf die rechte Schulter fiel. Mit diesem Ablauf ist der Unfallhergang im Durchgangsarztbericht vom 08.11.2010, in der Unfallanzeige vom 20.03.2011 und in der eigenen Unfallschilderung des Klägers vom 07.03.2011 dokumentiert und so haben auch die Sachverständigen Prof. Dr. Dr. R. und Dr. W. die Schilderungen des Klägers in ihren Gutachten wiedergegeben. Vor diesem Hintergrund erachtet der Senat die Schilderung, wonach es beim Kläger am Lkw hängend zu einer Verdrehung im Schultergelenks gekommen sei, als ein dem gewünschten Ergebnis angepasster Sachvortrag.

Soweit der Kläger zuletzt angeregt hat, das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. , dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. mit der Fragestellung vorzulegen, ob er einen Unfallzusammenhang für hinreichend wahrscheinlich erachte, wovon auf Grund seines Gutachtens auszugehen sei, ist es nicht erforderlich, den Sachverständigen mit dieser Fragestellung, die das orthopädische, nicht aber das von Prof. Dr. Dr. W. vertretene Fachgebiet der Radiologie betrifft, zu befassen.

Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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