Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 517/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 911/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 19.9.2017 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 33.147,82 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
I. Dabei legt der Senat die Beschwerde der Antragstellerin dahingehend aus, dass sie die durch den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.7.2014 in der Fassung des Bescheides vom 9.2.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.3.2017 durch die Antragsgegnerin erhobene Nachforderung für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 betrifft.
1. Zwar hat sie im ursprünglichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg vom 24.4.2017 die aufschiebende Wirkung für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2008 begehrt, obgleich die Antragsgegnerin die Beitragsnacherhebung bereits durch Bescheid vom 9.2.2017 auf die Zeit ab dem 1.1.2007 begrenzt hatte, der Antrag insoweit bereits teilweise unzulässig gewesen ist und er im Übrigen nicht das vollständige Begehren umfasste.
2. Allerdings beantragt die Antragstellerin nunmehr im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage vom 12.4.2017 anzuordnen. Diese hat sie ausdrücklich in der Klageschrift auf die den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 betreffende Nachforderung beschränkt. Der Senat kann dabei offen lassen, ob es sich vorliegend um eine Antragserweiterung um die Nachforderung für das Jahr 2009 handelt, denn jedenfalls hat sich die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 17.11.2017 darauf rügelos eingelassen.
II. Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und insbesondere form- und fristgerecht am 16.10.2017 (§§ 173 Satz 1, 64 Abs. 2, 63 SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 25.9.2017 zugestellten Beschluss des SG Duisburg vom 19.9.2017 ist zulässig. Ihr fehlt es auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.11.2014 die Aussetzung der Vollziehung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens angeordnet und das Widerspruchsverfahren zunächst bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, BSGE 120, 209) ruhend gestellt (Wiederaufnahme mit Schreiben v. 20.6.2016). Allerdings hat sie sodann mit Schreiben vom 19.1.2017 gegenüber der Antragstellerin verdeutlicht, dass ein "weiteres Ruhen" nicht mehr in Betracht komme. Dementsprechend hat sie im Bescheid vom 9.2.2017 ihre Entscheidung vom 17.11.2014 auf den Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides, mithin auf den 22.3.2017, begrenzt.
III. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das SG hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12.4.2017 gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.7.2014 in der Fassung des Bescheides vom 9.2.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.3.2017 zu Recht abgelehnt. Denn es ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der gebotenen summarischen Prüfung im Eilverfahren überwiegendes dafür spricht, dass die Antragsgegnerin in den zugrundeliegenden Bescheiden zu Recht nach § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von zuletzt noch 132.591,27 Euro festgesetzt hat.
a) Dabei galt für die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der Unwirksamkeit des durch die Antragstellerin genutzten Tarifvertrages der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nach § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), wonach die Entgeltansprüche auf der Grundlage vergleichbarer Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleihers zu berechnen gewesen sind (sog. equal-pay-Löhne), ein eingeschränkter Prüfzeitraum bis zum 31.12.2009. Der Senat schließt sich diesbezüglich nach eigener Prüfung und Meinungsbildung der die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ablehnenden Entscheidung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen zutreffende Ausführungen (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
b) Die Nacherhebung für den Zeitraum ab dem 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 bezog sich hingegen auf die fehlerhafte Verbeitragung von Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall (244,80 Euro) und Arbeitszeitkontenabgeltungen (21,19 Euro, 124,24 Euro, 483,68 Euro und 692,53 Euro). Auf diese Nachforderungen beziehen sich auch die durch die Antragsgegnerin erhobenen Säumniszuschläge. Sie wurde durch die Antragstellerin ausdrücklich nicht angegriffen.
2. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine von der Entscheidung des SG abweichende Beurteilung:
a) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Sie ergeben sich weder aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots des Vertrauensschutzes noch durch das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen aus einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt (dazu ausführlich: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, 1 BvR 2314/12, juris; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O.; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil v. 13.3.2013, 5 AZR 954/11, BAGE 144, 306; Senat, Beschluss v. 10.8.2015, L 8 R 488/14 B ER, juris). Demgegenüber hat das BSG die Frage, ob die Beitragsnacherhebung wegen "equal pay"-Ansprüchen bei Unanwendbarkeit von der CGZP geschlossener Tarifverträge auch für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 vermittelt über die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG gegen das Transparenzgebot bei der Richtlinienumsetzung und die Unternehmerfreiheit nach Art. 16 Grundrechtecharta verstößt, bislang offen gelassen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.). Diese Rechtsfrage ist aber schon deshalb günstigstenfalls als offen zu betrachten, weil das BSG zwischenzeitlich eine entsprechende rückwirkende Beitragsforderung in der Sache bestätigt hat (vgl. BSG Urteil vom 18.1.2018, B12 R 3/16 R, juris). Überwiegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides lassen sich daraus nicht ableiten.
b) Es spricht nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand auch mehr dafür als dagegen, dass die Forderung der Antragsgegnerin für die Jahre 2007 bis 2009 (Differenzbetrag zu equal-pay-Ansprüchen) unverjährt ist.
aa) Bezüglich der Nachforderung für das Jahr 2009 kommt eine Verjährung im Hinblick auf die im Zeitraum vom 12.12.2013 bis 26.6.2014 durchgeführte Prüfung nicht in Betracht. Denn nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Im Anschluss erfolgte eine Hemmung durch Bescheiderlass nach § 52 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
bb) Hinsichtlich der Nachforderung für die Jahre 2007 und 2008 spricht aus derzeitiger Sicht gleichfalls mehr dafür als dagegen, dass auch diese sich als unverjährt erweisen wird.
(1) Die rechtlichen Voraussetzungen der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind geklärt. Danach ist Voraussetzung, dass der Beitragsschuldner die Beiträge vorsätzlich vorenthalten hat. Es reicht aus, dass der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist. Weiter genügt es, dass der Beitragsschuldner bedingt vorsätzlich gehandelt, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzel-falles und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger. Ist eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., m.w.N.). "Kenntnis" in diesem Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Fahrlässigkeit, auch in der Form der "bewussten Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O.; BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Senat, Urteil v. 22.6.2016, L 8 R 1024/14, juris).
Ist nicht eine natürliche Person sondern eine juristische Person oder - wie vorliegend - eine Kapitalgesellschaft Beitragsschuldner, ist in erster Linie auf die Kenntnis der für sie handelnden vertretungsberechtigten Organwalters (vgl. BGH, Urteil v. 8.12.1989, V ZR 246/87, NJW 1990, 975 m.w.N.) abzustellen. Handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist also die Kenntnis zumindest von einem der Geschäftsführer maßgebend. Außerdem ist das Wissen derjenigen Mitarbeiter zuzurechnen, die mit der Wahrnehmung der Pflichten des Arbeitgebers bei der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bevollmächtigt sind. Darüber hinaus kann das Wissen anderer Mitarbeiter zuzurechnen sein, sofern dieses Wissen bei ordnungsgemäßer Organisation im Betrieb weiterzugeben und im Rahmen der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten abzufragen ist (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 13.12.2000, V ZR 349/99, NJW 2001, 359; BSG, Urteil v.16.12.2015, a.a.O.).
(2) Der umfangreiche Vortrag der Antragstellerin lässt nach derzeitigem Sach- und Streitstand nur den Schluss zu, dass ihre Geschäftsführer die Entwicklung der Rechtsprechung zur rückwirkenden Tariffähigkeit nach dem Beschluss des BAG v. 14.12.2010 (1 ABR 19/10, NZA 2011, 289) eingehend verfolgt haben (z.B. Schriftsätze v. 4.7.2017, v. 27.7.2017 und v. 13.10.2017).
(a) Insofern war der Antragstellerin bereits nach eigenem Bekunden spätestens im Jahr 2012 - nach dem Beschluss des BAG über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde vom 22.5.2012 (1 ABN 27/12 i.V.m BAG, Beschluss. v. 23.5.2012, 1 AZB 58/11) - bekannt, dass die Rückwirkung der Tarifunfähigkeit der CGZP rückwirkend rechtskräftig feststand. Schon aus diesem Grund ist es hinsichtlich des Beitragsjahres 2008 überwiegend wahrscheinlich, dass die Möglichkeit der Beitragspflicht erkannt und die Zahlung gleichwohl unterlassen worden ist. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., m.w.N.).
Demgegenüber kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, ihre Geschäftsführung habe dennoch darauf gehofft, dass die Entscheidung auf die bei dem BVerfG darauffolgend eingelegte Verfassungsbeschwerde sie letztlich doch noch von der Beitragspflicht entbinden werde. Dass sich diese Hoffnung auf der Basis einer berechtigten Einschätzung der Tatsachen- und Rechtslage zu einem Vertrauen in den Nichteintritt der Pflichtverletzung verdichtet hat, ist nicht erkennbar. Ein lediglich noch nicht bis zum BVerfG ausgeschöpfter Rechtsweg begründet ein diesbezügliches Vertrauen jedenfalls nicht. Dementsprechend hat das BVerfG die eingelegte Verfassungsbeschwerde bereits wegen offensichtlicher Unbegründetheit nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, a.a.O., juris). Es verwies im Übrigen darauf, dass die dortigen Beschwerdeführerinnen damit hätten rechnen müssen, dass der CGZP die Tariffähigkeit fehlte, denn an deren Tariffähigkeit hätten von Anfang an erhebliche Zweifel bestanden. Mit den angegriffenen Entscheidungen der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit realisierte sich demnach das "erkennbare Risiko", dass später in einem Verfahren die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt werden könnte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, a.a.O.; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., jeweils juris).
(b) Es spricht derzeit, auch Überwiegendes dafür, dass die Nachforderung für das Jahr 2007 unverjährt ist. Nach den Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Klageschrift (dort S. 5) informierten sich ihre Geschäftsführer in den ihnen zugänglichen Quellen nach den rechtlichen Folgen der Entscheidung des BAG v. 14.12.2010. Ihnen war demnach nach Bekanntgabe dieses Beschlusses bewusst, dass mögliche Beitragsnachforderungen im Raum standen. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin war die Rechtslage danach auch nicht mehr streitig. So ließ das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg die Rechtsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) nicht zu. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen waren seiner Ansicht nach vom BAG bereits geklärt (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 9.1.2012, 24 TaBV 1285/11, 24 TaBV 1338/11, 24 TaBV 1368/11, 24 TaBV 1395/11, 24 TaBV 1612/11 -, Rn. 197, juris).
(c) Dass im Übrigen noch zu der Frage der Verjährung - insbesondere hinsichtlich der Forderung für das Jahr 2007 - im Hauptsacheverfahren ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sein werden, führt nicht dazu, dass der Antrag im einstweiligen Rechtschutz Erfolg hat und es zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; juris, jeweils m.w.N.), mithin, ob die Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist. Vor diesem Hintergrund hätte es im Eilverfahren der Antragstellerin oblegen, substantiiert vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass sie aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen im Rahmen der bestehenden Rechtslage eine Beitragsforderung nicht für möglich gehalten hat bzw. darauf vertraute, nicht von einer Beitragsbelastung betroffen zu sein (vgl. Senat, Beschluss v. 18.5.2016, L 8 R 658/14 B ER; Senat, Beschluss v. 10.7.2016, L 8 R 977/15 B ER, juris), was im Wesentlichen jedoch unterblieben ist. Der Hinweis auf eine bloße Hoffnung, die Beitragspflicht vermöge sich trotz eindeutiger Rechtsprechung bei nicht im Wesentlichen abweichenden Sachverhalt nicht bewahrheiten, kann nicht zwangsläufig als Vertrauen auf das Nichteintreten der Pflichtverletzung und damit "nur" als bewusste Fahrlässigkeit gewertet werden.
c) Die Verpflichtung, Säumniszuschläge zu verlangen, folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Die Antragsgegnerin hat vorliegend Säumniszuschläge i.H.v. 368,00 Euro erhoben. Sie beziehen sich auf die fehlerhafte Verbeitragung von Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall und Arbeitszeitkontenabgeltungen. Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge nach § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen derzeit keine überwiegenden Anhaltspunkte. Gegenteiliges hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Sie hat vielmehr den Zeitraum, in dem die Säumniszuschläge entstanden sind, grundsätzlich ausdrücklich aus ihrer Antragstellung ausgeklammert.
3. Die Vollziehung des Beitragsbescheides bedeutet auch keine unbillige Härte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für die Antragstellerin verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senat, Beschluss v. 13.7.2011, L 8 R 287/11 B ER, juris). Entsprechendes wurde weder substantiiert vorgetragen noch entsprechend glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller im Übrigen an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese hat als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung) zu entscheiden (vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch jüngst BSG, Urteil v. 28.5.2015, B 12 R 16/13 R, juris, Rdnr. 23; Senat, Beschlüsse v. 23.9.2015, L 8 R 677/14 B ER und v. 6.6.2016, L 8 R 84/15 B ER; jeweils juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachenstreitwerts auszugehen (Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
I. Dabei legt der Senat die Beschwerde der Antragstellerin dahingehend aus, dass sie die durch den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.7.2014 in der Fassung des Bescheides vom 9.2.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.3.2017 durch die Antragsgegnerin erhobene Nachforderung für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 betrifft.
1. Zwar hat sie im ursprünglichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg vom 24.4.2017 die aufschiebende Wirkung für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2008 begehrt, obgleich die Antragsgegnerin die Beitragsnacherhebung bereits durch Bescheid vom 9.2.2017 auf die Zeit ab dem 1.1.2007 begrenzt hatte, der Antrag insoweit bereits teilweise unzulässig gewesen ist und er im Übrigen nicht das vollständige Begehren umfasste.
2. Allerdings beantragt die Antragstellerin nunmehr im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage vom 12.4.2017 anzuordnen. Diese hat sie ausdrücklich in der Klageschrift auf die den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 betreffende Nachforderung beschränkt. Der Senat kann dabei offen lassen, ob es sich vorliegend um eine Antragserweiterung um die Nachforderung für das Jahr 2009 handelt, denn jedenfalls hat sich die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 17.11.2017 darauf rügelos eingelassen.
II. Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und insbesondere form- und fristgerecht am 16.10.2017 (§§ 173 Satz 1, 64 Abs. 2, 63 SGG) eingelegte Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 25.9.2017 zugestellten Beschluss des SG Duisburg vom 19.9.2017 ist zulässig. Ihr fehlt es auch nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.11.2014 die Aussetzung der Vollziehung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens angeordnet und das Widerspruchsverfahren zunächst bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, BSGE 120, 209) ruhend gestellt (Wiederaufnahme mit Schreiben v. 20.6.2016). Allerdings hat sie sodann mit Schreiben vom 19.1.2017 gegenüber der Antragstellerin verdeutlicht, dass ein "weiteres Ruhen" nicht mehr in Betracht komme. Dementsprechend hat sie im Bescheid vom 9.2.2017 ihre Entscheidung vom 17.11.2014 auf den Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides, mithin auf den 22.3.2017, begrenzt.
III. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Das SG hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12.4.2017 gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 2.7.2014 in der Fassung des Bescheides vom 9.2.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.3.2017 zu Recht abgelehnt. Denn es ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der gebotenen summarischen Prüfung im Eilverfahren überwiegendes dafür spricht, dass die Antragsgegnerin in den zugrundeliegenden Bescheiden zu Recht nach § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von zuletzt noch 132.591,27 Euro festgesetzt hat.
a) Dabei galt für die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der Unwirksamkeit des durch die Antragstellerin genutzten Tarifvertrages der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nach § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), wonach die Entgeltansprüche auf der Grundlage vergleichbarer Arbeitnehmer der Stammbelegschaft des Entleihers zu berechnen gewesen sind (sog. equal-pay-Löhne), ein eingeschränkter Prüfzeitraum bis zum 31.12.2009. Der Senat schließt sich diesbezüglich nach eigener Prüfung und Meinungsbildung der die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ablehnenden Entscheidung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen zutreffende Ausführungen (vgl. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
b) Die Nacherhebung für den Zeitraum ab dem 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 bezog sich hingegen auf die fehlerhafte Verbeitragung von Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall (244,80 Euro) und Arbeitszeitkontenabgeltungen (21,19 Euro, 124,24 Euro, 483,68 Euro und 692,53 Euro). Auf diese Nachforderungen beziehen sich auch die durch die Antragsgegnerin erhobenen Säumniszuschläge. Sie wurde durch die Antragstellerin ausdrücklich nicht angegriffen.
2. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine von der Entscheidung des SG abweichende Beurteilung:
a) Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Sie ergeben sich weder aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots des Vertrauensschutzes noch durch das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen aus einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt (dazu ausführlich: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, 1 BvR 2314/12, juris; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O.; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil v. 13.3.2013, 5 AZR 954/11, BAGE 144, 306; Senat, Beschluss v. 10.8.2015, L 8 R 488/14 B ER, juris). Demgegenüber hat das BSG die Frage, ob die Beitragsnacherhebung wegen "equal pay"-Ansprüchen bei Unanwendbarkeit von der CGZP geschlossener Tarifverträge auch für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 vermittelt über die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG gegen das Transparenzgebot bei der Richtlinienumsetzung und die Unternehmerfreiheit nach Art. 16 Grundrechtecharta verstößt, bislang offen gelassen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.). Diese Rechtsfrage ist aber schon deshalb günstigstenfalls als offen zu betrachten, weil das BSG zwischenzeitlich eine entsprechende rückwirkende Beitragsforderung in der Sache bestätigt hat (vgl. BSG Urteil vom 18.1.2018, B12 R 3/16 R, juris). Überwiegende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides lassen sich daraus nicht ableiten.
b) Es spricht nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand auch mehr dafür als dagegen, dass die Forderung der Antragsgegnerin für die Jahre 2007 bis 2009 (Differenzbetrag zu equal-pay-Ansprüchen) unverjährt ist.
aa) Bezüglich der Nachforderung für das Jahr 2009 kommt eine Verjährung im Hinblick auf die im Zeitraum vom 12.12.2013 bis 26.6.2014 durchgeführte Prüfung nicht in Betracht. Denn nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Im Anschluss erfolgte eine Hemmung durch Bescheiderlass nach § 52 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
bb) Hinsichtlich der Nachforderung für die Jahre 2007 und 2008 spricht aus derzeitiger Sicht gleichfalls mehr dafür als dagegen, dass auch diese sich als unverjährt erweisen wird.
(1) Die rechtlichen Voraussetzungen der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind geklärt. Danach ist Voraussetzung, dass der Beitragsschuldner die Beiträge vorsätzlich vorenthalten hat. Es reicht aus, dass der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist. Weiter genügt es, dass der Beitragsschuldner bedingt vorsätzlich gehandelt, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzel-falles und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger. Ist eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., m.w.N.). "Kenntnis" in diesem Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Fahrlässigkeit, auch in der Form der "bewussten Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O.; BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Senat, Urteil v. 22.6.2016, L 8 R 1024/14, juris).
Ist nicht eine natürliche Person sondern eine juristische Person oder - wie vorliegend - eine Kapitalgesellschaft Beitragsschuldner, ist in erster Linie auf die Kenntnis der für sie handelnden vertretungsberechtigten Organwalters (vgl. BGH, Urteil v. 8.12.1989, V ZR 246/87, NJW 1990, 975 m.w.N.) abzustellen. Handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist also die Kenntnis zumindest von einem der Geschäftsführer maßgebend. Außerdem ist das Wissen derjenigen Mitarbeiter zuzurechnen, die mit der Wahrnehmung der Pflichten des Arbeitgebers bei der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bevollmächtigt sind. Darüber hinaus kann das Wissen anderer Mitarbeiter zuzurechnen sein, sofern dieses Wissen bei ordnungsgemäßer Organisation im Betrieb weiterzugeben und im Rahmen der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten abzufragen ist (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 13.12.2000, V ZR 349/99, NJW 2001, 359; BSG, Urteil v.16.12.2015, a.a.O.).
(2) Der umfangreiche Vortrag der Antragstellerin lässt nach derzeitigem Sach- und Streitstand nur den Schluss zu, dass ihre Geschäftsführer die Entwicklung der Rechtsprechung zur rückwirkenden Tariffähigkeit nach dem Beschluss des BAG v. 14.12.2010 (1 ABR 19/10, NZA 2011, 289) eingehend verfolgt haben (z.B. Schriftsätze v. 4.7.2017, v. 27.7.2017 und v. 13.10.2017).
(a) Insofern war der Antragstellerin bereits nach eigenem Bekunden spätestens im Jahr 2012 - nach dem Beschluss des BAG über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde vom 22.5.2012 (1 ABN 27/12 i.V.m BAG, Beschluss. v. 23.5.2012, 1 AZB 58/11) - bekannt, dass die Rückwirkung der Tarifunfähigkeit der CGZP rückwirkend rechtskräftig feststand. Schon aus diesem Grund ist es hinsichtlich des Beitragsjahres 2008 überwiegend wahrscheinlich, dass die Möglichkeit der Beitragspflicht erkannt und die Zahlung gleichwohl unterlassen worden ist. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., m.w.N.).
Demgegenüber kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, ihre Geschäftsführung habe dennoch darauf gehofft, dass die Entscheidung auf die bei dem BVerfG darauffolgend eingelegte Verfassungsbeschwerde sie letztlich doch noch von der Beitragspflicht entbinden werde. Dass sich diese Hoffnung auf der Basis einer berechtigten Einschätzung der Tatsachen- und Rechtslage zu einem Vertrauen in den Nichteintritt der Pflichtverletzung verdichtet hat, ist nicht erkennbar. Ein lediglich noch nicht bis zum BVerfG ausgeschöpfter Rechtsweg begründet ein diesbezügliches Vertrauen jedenfalls nicht. Dementsprechend hat das BVerfG die eingelegte Verfassungsbeschwerde bereits wegen offensichtlicher Unbegründetheit nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, a.a.O., juris). Es verwies im Übrigen darauf, dass die dortigen Beschwerdeführerinnen damit hätten rechnen müssen, dass der CGZP die Tariffähigkeit fehlte, denn an deren Tariffähigkeit hätten von Anfang an erhebliche Zweifel bestanden. Mit den angegriffenen Entscheidungen der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit realisierte sich demnach das "erkennbare Risiko", dass später in einem Verfahren die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt werden könnte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 25.4.2015, a.a.O.; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., jeweils juris).
(b) Es spricht derzeit, auch Überwiegendes dafür, dass die Nachforderung für das Jahr 2007 unverjährt ist. Nach den Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Klageschrift (dort S. 5) informierten sich ihre Geschäftsführer in den ihnen zugänglichen Quellen nach den rechtlichen Folgen der Entscheidung des BAG v. 14.12.2010. Ihnen war demnach nach Bekanntgabe dieses Beschlusses bewusst, dass mögliche Beitragsnachforderungen im Raum standen. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin war die Rechtslage danach auch nicht mehr streitig. So ließ das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg die Rechtsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) nicht zu. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen waren seiner Ansicht nach vom BAG bereits geklärt (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 9.1.2012, 24 TaBV 1285/11, 24 TaBV 1338/11, 24 TaBV 1368/11, 24 TaBV 1395/11, 24 TaBV 1612/11 -, Rn. 197, juris).
(c) Dass im Übrigen noch zu der Frage der Verjährung - insbesondere hinsichtlich der Forderung für das Jahr 2007 - im Hauptsacheverfahren ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sein werden, führt nicht dazu, dass der Antrag im einstweiligen Rechtschutz Erfolg hat und es zu einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; juris, jeweils m.w.N.), mithin, ob die Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist. Vor diesem Hintergrund hätte es im Eilverfahren der Antragstellerin oblegen, substantiiert vorzutragen und glaubhaft zu machen, dass sie aufgrund nachvollziehbarer Erwägungen im Rahmen der bestehenden Rechtslage eine Beitragsforderung nicht für möglich gehalten hat bzw. darauf vertraute, nicht von einer Beitragsbelastung betroffen zu sein (vgl. Senat, Beschluss v. 18.5.2016, L 8 R 658/14 B ER; Senat, Beschluss v. 10.7.2016, L 8 R 977/15 B ER, juris), was im Wesentlichen jedoch unterblieben ist. Der Hinweis auf eine bloße Hoffnung, die Beitragspflicht vermöge sich trotz eindeutiger Rechtsprechung bei nicht im Wesentlichen abweichenden Sachverhalt nicht bewahrheiten, kann nicht zwangsläufig als Vertrauen auf das Nichteintreten der Pflichtverletzung und damit "nur" als bewusste Fahrlässigkeit gewertet werden.
c) Die Verpflichtung, Säumniszuschläge zu verlangen, folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Die Antragsgegnerin hat vorliegend Säumniszuschläge i.H.v. 368,00 Euro erhoben. Sie beziehen sich auf die fehlerhafte Verbeitragung von Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall und Arbeitszeitkontenabgeltungen. Für eine unverschuldete Nichtentrichtung der Beiträge nach § 24 Abs. 2 SGB IV bestehen derzeit keine überwiegenden Anhaltspunkte. Gegenteiliges hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Sie hat vielmehr den Zeitraum, in dem die Säumniszuschläge entstanden sind, grundsätzlich ausdrücklich aus ihrer Antragstellung ausgeklammert.
3. Die Vollziehung des Beitragsbescheides bedeutet auch keine unbillige Härte. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für die Antragstellerin verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelänge darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (Senat, Beschluss v. 13.7.2011, L 8 R 287/11 B ER, juris). Entsprechendes wurde weder substantiiert vorgetragen noch entsprechend glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller im Übrigen an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese hat als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung) zu entscheiden (vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch jüngst BSG, Urteil v. 28.5.2015, B 12 R 16/13 R, juris, Rdnr. 23; Senat, Beschlüsse v. 23.9.2015, L 8 R 677/14 B ER und v. 6.6.2016, L 8 R 84/15 B ER; jeweils juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachenstreitwerts auszugehen (Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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